Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

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Ausgabe 2015 · www.sachsen-tourismus.de Stadt- Schönheiten Sachsen VON ZWICKAU IN DIE SÜDSEE Unterwegs mit dem Expressionisten Max Pechstein SO SCHMECKT DIE WELT IN RADEBEUL Kulinarisches Reisefieber in Altkötzschenbroda LUFTIGES KAMENZ Abheben und genießen in der Oberlausitz

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Ausgabe 2015 · www.sachsen-tourismus.de

Stadt- Schönheiten

Sachsen

VON ZWICKAU IN DIE SÜDSEEUnterwegs mit dem Expressionisten Max Pechstein

SO SCHMECKT DIE WELT IN RADEBEULKulinarisches Reisefieber in Altkötzschenbroda

LUFTIGES KAMENZAbheben und genießen in der Oberlausitz

Page 2: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

Unterwegs

04 Annaberg-Buchholz

Traumwelten in ihren schönsten Formen

08 Görlitz

Wie Jerusalem einst an die Neiße kam

10 Bautzen

Von Wasserkunst und Spreegeflüster

16 Kamenz

Die Oberlausitz aus luftiger Perspektive

20 Freiberg

Ein verschwundener Kulturschatz

kehrt zurück

Menschen

24 Plauen

Ein Künstlerleben mit vielen Facetten

28 Zwickau

Fernweh und farbenfrohe Südseeträume

Genuss

32 Meißen

Ein Jahrtausend sächsischer Gerstensaft

34 Radebeul

Kötzschenbrodaer Weltreise

der Köstlichkeiten

Kultur

38 Pirna

Stadtkirchengeschichten

aus vielen Jahrhunderten

42 Grimma

Barocke Überraschung im Muldental

46 Zittau

Die Reiseabenteuer des Fastentuchs

50 Torgau

Wo aus der Reformation Politik wurde

54 Kulturhöhepunkte 2015/2016

56 dreizehn Stadtschönheiten Sachsen

58 Impressum

59 Kontakt

LEIPZIG

DRESDEN

Kamenz

Bautzen

Görlitz

ZittauPirna

Meißen

GrimmaRadebeul

Freiberg

ZwickauAnnaberg-Buchholz

Plauen

Torgau

CHEMNITZ

1

2

3

4

5

6

1 Vogtland

2 Erzgebirge

3 Elbsandsteingebirge

4 Oberlausitz

5 Sächsisches Elbland

6 Sächsisches Burgen- und Heideland

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Liebe Leserinnen und Leser,

die dritte Ausgabe unseres Städtemagazins trägt zwar einen neuen Namen, aber

der Inhalt bleibt vertraut: interessante, spannende und überraschende Geschich­

ten aus dreizehn Städten im Freistaat.

Lesen Sie, welche Rolle Schloss Hartenfels in Torgau für den Erfolg der Re­

formation hatte und welche weltbewegenden Entwicklungen hier in Gang gesetzt

wurden. Erfahren Sie, wie der Zwickauer Expressionist Max Pechstein seinen künst­

lerischen Weg fand und dafür bis in die Südsee reiste, oder wo man in Annaberg fan­

tastische Traumwelten entdecken kann.

Oder Sie gehen mit diesem Heft gleich mehrfach auf die Reise: Eine davon

liegt schon 500 Jahre zurück und führte von Görlitz nach Jerusalem. Eine weitere

folgt heute dem Lockruf kulinarischer Köstlichkeiten von Radebeul bis über den

Atlantik, und von Kamenz reisen Sie nicht weit, aber dafür hoch – sehen Sie die

Oberlausitz aus der Vogelperspektive.

In Bautzen lernen Sie eine Tuchhändlerin aus vergangenen Zeiten kennen, in

Freiberg kommt ein musikalischer Schatz ans Licht und bei Grimma wartet eine ar­

chitektonische Überraschung. Auf dem Meißner Burgberg werden Freunde kühlen

Biers klüger, in Pirna erzählt die Stadtkirche St. Marien aus ihrer reichen Geschichte,

Plauen feiert einen Künstler der besonderen Art und in Zittau findet ein dramati­

sches Abenteuer ein gutes Ende.

Eine unterhaltsame Reise wünscht Ihnen die

Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen

SACHSEN IST ... WELT- BEWEGEND.

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UNTERWEGS IN ANNABERG-BUCHHOLZ

Annaberg-Buchholzim Erzgebirge

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UNTERWEGS IN ANNABERG-BUCHHOLZ

Der erste Gedanke: Die Bergwelt steht kopf ! Gebirgsgipfel

aus Kunststoff ragen von der Decke gen Fußboden, kaum

dass man die »Manufaktur der Träume« betritt. Und wie

in einem Bergwerksstollen ziehen Eindringlinge von au­

ßen instinktiv den Kopf ein, wenn sie die fremde Umge­

bung betreten. Wer sich hier im wahrsten Sinne des Wor­

tes »klein macht«, erhält Zutritt in eine Welt, die auf den

ersten Blick nur für Kinder gemacht scheint. Tatsächlich

eröffnet sich beim Betrachten von abertausenden winzi­

gen Holzfiguren ein faszinierender Bilderbogen über die

Kultur und Tradition der Menschen im Erzgebirge – bis in

unsere Zeit hinein.

Die »Manufaktur der Träume« in Annaberg-Buchholz ist ein wahres Schatzkästchen:Hier nehmen Wunsch und Wirklichkeit der Menschen im Erzgebirge Gestalt an – winzig und bezaubernd.

LEBENDIGE TRAUMWELTEN

Die »Geduldsflaschen« zählen zu den originellsten Ausstellungsstücken der »Manufaktur der Träume«5

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AUS DEN STUBEN INS MUSEUMDas schönste Beispiel dafür sind die »Weihnachtsberge«,

die seit dem 18. Jahrhundert untrennbar mit der Erz­

gebirgsweihnacht verbunden sind. Die meisten dieser

Miniaturlandschaften schnitzten die Bergleute selbst

und fügten über Jahre oder Jahrzehnte immer neue

Stücke hinzu, liebevoll ausgestaltet und dekoriert. In der

»Manufaktur der Träume« sind mehrere dieser Kunst­

werke zu bewundern, jedes hat seinen ganz eigenen Stil und

erklärt ohne Worte die Faszination, die Erika Pohl­Ströher

zu einer lebenslangen Sammelleidenschaft befeuerte.

Aufgewachsen im Vogtland, blieb die Schweizer Stifter in

ihrer sächsischen Heimat auch aus der Ferne immer ver­

bunden. Das Vermögen ihrer Familie, die einst den Wella­

Konzern gründete, erlaubte ihr den Aufbau einer Samm­

lung erzgebirgischer Volkskunst, aus der sich die »Manu­

faktur der Träume« mitten in Annaberg speist.

Weil das Leben nicht nur aus Weihnachten besteht und zu­

mindest früher jeder Mann stets sein »Tscherpermesser«

in der Tasche hatte, reicht die Traumwelt der Ausstellung

weit über Weihnachtsberge und Pyramiden hinaus. Ein

großer Teil der Exponate stellt Szenen der Bergarbeit un­

ter Tage dar, aber auch das Dorfleben mit all seinen Fes­

ten und natürlich fantasievolle Spielsachen finden sich

in bunter Vielfalt in den Vitrinen. Viele Spielzeuge ha­

ben mechanische Funktionen, weil Kinder es damals wie

heute lieben, Dinge in Bewegung zu setzen. Auch des­

halb finden kleine Besucher der Ausstellung immer wie­

der Knöpfe, Kurbeln oder Bildschirme in kindgerech­

ter Höhe, deren Betätigung Licht ins Dunkel bringen

kann oder richtig Schwung in eine Sache. Und wenn mal

etwas nicht gleich funktioniert, so hört man, stecke wohl der

Museumskobold dahinter.

UNTERWEGS IN ANNABERG-BUCHHOLZ

Die Exponate lassen nicht nur Kinderaugen leuchten

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MEISTERWERKE ZUM STAUNENNatürlich sind auch Erwachsene leichter zu begeistern, wenn

sich etwas bewegt. Die »Bergwerkstürme« oder »Kasten­

bergwerke« zählen deshalb zu den beliebtesten Ausstel­

lungsstücken. Meist als Arbeiten talentierter Freizeitbastler

entstanden, bilden die mechanischen Miniaturen kleinste De­

tails im Bergwerksbetrieb nach und erstrecken sich oft über

mehrere Etagen. Die Teile der Maschinerie sind dabei meist

erkennbar selbstgefertigt und mit viel Erfindungsreichtum

umgesetzt: Zigarrenkistendeckel dienen als Antriebsräder,

Zimmermannsnägel als Achsen oder Wellen und Konserven­

blech als Zahnräder. Damit man die vielen bemerkenswerten

Details nicht übersieht, erlauben Displays oft tiefere Einblicke

in die Funktionsweise. Neben diesen mechanischen Wunder­

werken bringen manche der Schnitzarbeiten auch durch ihre

schiere Vielfältigkeit die Betrachter zum Staunen. Farben­

prächtige Bergmannszüge tragen hunderte Figuren, Spielzeu­

ge wie die Arche Noah sind mit rund 200 Tieren ausgestat­

tet. Dazu werden handgeschnitzte Souvenirs und Spielsachen

präsentiert, die schon vor einem Jahrhundert ihren Weg bis

nach Amerika fanden und den Bergarbeiterfamilien ein Zu­

brot verschafften, sorgfältig durch Verleger organisiert. Zwi­

schen Puppenstuben, Reifentieren und mancher Kuriosität

wird – natürlich – immer wieder auch Weihnachten in der

»Manufaktur der Träume« gefeiert. Bergmänner und Engel

mit Kerzen in den Händen sind neben Nussknackern, Pyra­

miden und »Raachermannl« natürlich die Klassiker, doch

auch hier ist die Vielfalt der Sammlung berauschend. Be­

sonders am Ende des Rundgangs, wenn zu erhebender Mu­

sik ein geschnitzter Engelschor vom Himmel herabsinkt ...

• www.manufaktur­der­traeume.de

UNTERWEGS IN ANNABERG-BUCHHOLZ

DIE TRADITION LEBTWas die Ausstellung im Nachbarhaus beginnt, führt

die Schnitzschule »Paul Schneider« im Kultur­

zentrum »Erzhammer« am Marktplatz weiter.

Im hohen, lichten Dachgebälk begeistert Schullei­

ter Ingolf Gleisl Lernende aller Altersgruppen für

die Tradition des Schnitzens. Er folgt damit dem

1975 verstorbenen Gründer und Namensgeber der

Schnitzschule, dessen Figuren bis heute wegen ih­

rer ausdrucksstarken Gesichter bewundert werden.

»Unsere Angebote richten sich an Kinder oder

Schulklassen und auch an Erwachsene, vom Anfän­

ger bis zum Könner«, erklärt Ingolf Gleisl. Ihm ist

es wichtig, dass die alte Tradition des Schnitzens im

Erzgebirge lebendig bleibt und natürlich auch Er­

wachsenen und Kindern anderswo Freude bereitet.

»Für Annaberg­Besucher mit längerer Anreise bie­

ten wir deshalb auch Schnitz­Urlaube an«, so Gleisl.

In einer Woche könne man durchaus die wichtigs­

ten Grundlagen erlernen. Viele der Schnitz­Urlau­

ber kämen dann immer wieder zum Schnitzen nach

Annaberg, freut er sich.

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UNTERWEGS IN GÖRLITZ

Zwischen Görlitz und Jerusalem liegen mehr als 2.700 Kilometer. Dennoch sind beide Städte seit einem halben Jahrtausend miteinander verbunden.

JERUSALEM AM NEISSE-UFER

Als Georg Emmerich aufbrach, stand ein einsames Wegekreuz

auf jenem Acker, der einmal zur wichtigsten Sehenswürdig­

keit der Stadt werden sollte. Im Frühling des Jahres 1465 war

Emmerich mit über 40 Jahren kein junger Mann mehr und

der Anlass zu seiner großen Reise war daher kaum als »ju­

gendliche Verfehlung« zu bezeichnen. Der Sohn des angese­

henen Bürgermeisters von Görlitz hatte sich – unter histo­

risch nicht geklärten Umständen – mit der Ratsherrentochter

Benigna Horschel eingelassen. Das gemeinsame Kind wurde

zum Problem, da eine Heirat aus politischen Gründen nicht

in Frage kam. Als letzte Option blieb Emmerich der ultimati­

ve Bußgang: die Reise nach Jerusalem zum Grab Jesu Christi.

Die Mühen dieser Pilgerreise zum heiligen Ort würden ihn

zumindest in den Augen der Kirche rehabilitieren.

BUßFAHRT INS HEILIGE LANDSein Wohlstand ersparte Emmerich freilich eine jahrelange

»tour de force« durch den Balkan, Kleinasien, über den Li­

banon und zurück. Stattdessen reiste er über gut ausgebau­

te Handelswege nach Venedig, wo er sich gen Alexandria

einschiffte. So erreichte der reuige Sünder nach nur 14 Wo­

chen Jerusalem, wo ihn der Franziskaner­Abt Fransiscus von

Piazenza am 11. Juli 1465 zum »Ritter vom Heiligen Grab«

schlug. Als Mitglied dieses erlauchten Zirkels war Georg

Emmerich die Sündenvergebung durch Mutter Kirche gewiss.

Das kümmerte allerdings seine Widersacher aus dem Kreis

um die Familie Horschel wenig, die weiterhin Ränke schmie­

deten und mit der sogenannten Pulververschwörung die Stadt

Görlitz und den Rat um Emmerich senior ins Verderben stür­

zen wollten. Gleichwohl: Der üble Plan wurde aufgedeckt,

die Verschwörer wurden alle hingerichtet – seltsamerweise bis

auf den Ratsherren Horschel, dessen Tochter samt Kind spä­

ter noch in Ehren unter die Haube kommen sollte. Offenbar

war man sich – Pilgerreise hin oder her – doch noch einig ge­

worden. Für Georg Emmerich jedenfalls war der glimpfliche

Ausgang seiner Verfehlung nicht das Ende der Geschichte,

sondern der Beginn einer noch größeren. Görlitzin der Oberlausitz

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UNTERWEGS IN GÖRLITZ

DER RATSHERR ALS BAUMEISTERJahre später hatte sich Georg Emmerich längst als Ratsherr

verdient gemacht. Als Bürgermeister trug er Verantwortung

für seine Stadt, was damals auch die Sorge um das Seelen­

heil der Görlitzer einschloss. Eine Pilgerreise nach Jerusa­

lem war für die allermeisten Menschen der Zeit undenk­

bar und so entschied sich der Stadtrat für eine damals recht

populäre Lösung: den Nachbau der Grabeskirche im Hei­

ligen Land. Vor den Toren von Görlitz sollte der Bau zum

Zentrum eines »Klein­Jerusalem« werden und ein Pilger­

ort für die Menschen aus der Region. Woher die Baupläne

stammen, ist bis heute nicht geklärt. Von seiner Reise hat­

te Emmerich sie wohl nicht mitgebracht, auch wenn die In­

schrift in der Adamskapelle dies behauptet. Als sicher gilt,

dass der maurisch­romanische Bau die äußere Form der

Jerusalemer Grabeskirche im 15. Jahrhundert recht detail­

getreu wiedergibt, wenngleich in verkleinerter Form. Die

Errichtung begann auf Beschluss des Görlitzer Rats im Jahr

1481. Zeitgleich entstanden andere Bauten des Ensembles:

der Salbstein mit der Skulptur »Die Beweinung Jesu« von

Hans Olmützer und die zweigeschossige Doppelkapelle zum

Heiligen Kreuz. Sie beherbergt im Untergeschoss die Adams­

kapelle und darüber die Golgathakapelle. Auf den ersten

Blick betont schlicht gestaltet, entfaltet sich in den beiden

Andachtsräumen eine Fülle christlicher Symbolik. Besonders

auffällig : ein Riss in der Wand der Adamskapelle, der die welt­

bewegende Wirkung von Christi Tod ins Blickfeld rücken soll.

EIN FROMMES LANDSCHAFTSKUNSTWERKDas Besondere am Görlitzer Heiligen Grab sind jedoch nicht

die Gebäude – in Deutschland gab es einst über ein Dutzend

derartiger Bauwerke. Außergewöhnlich ist die Anlage eines

Gartens um die Kapellen und dessen Einbindung in die Land­

schaft. Denn Emmerichs ehrgeizige Planung folgte seinerzeit

dem Ziel, den neuen Wallfahrtsort in ähnliche räumliche Be­

ziehungen wie in Jerusalem zu stellen. Blickte man dort vom

Hügel der Grabeskirche zur Stadt, lag der Tempel direkt in

der Sichtachse, ebenso das Richthaus von Pontius Pilatus. In

Görlitz nimmt die doppeltürmige Pfarrkirche St. Peter und

Paul den Platz des Tempels ein, in einer Linie mit dem Rat­

haus. Die Anhöhen nördlich der Grabeskapelle stehen in die­

ser Deutung für den Ölberg mit dem Garten Gethsemane, der

Wasserlauf im Tal dazwischen bekam den Namen des bibli­

schen Baches Kidron zugewiesen.

Der Weg von St. Peter und Paul zum Heiligen Grab wurde in

spätere Jahren als »Kreuzweg« gegangen, wie die »Via Do­

lorosa« in Jerusalem soll er in eintausend Schritten zum Ziel

führen. Der Brauch der Sündenvergebung durch Pilgerreisen

und Wallfahrten verschwand zwar auch in Görlitz bald nach

dem Einzug der Reformation, doch das Heilige Grab ist bis

heute eine wichtige Sehenswürdigkeit. Zur Osterzeit kommt

die Anlage bis heute jedes Jahr zu religiösen Ehren. Mehrere

Osterandachten der evangelischen Kirchen der Stadt finden

auf dem einstigen Acker statt und die katholischen Männer

beginnen hier am Karfreitag ihren Bußgang zu einer der vier

katholischen Kirchen von Görlitz.

• www.heiligesgrab­goerlitz.de

Die Grabeskapelle nach Jerusalemer Vorbild Eindrucksvoll schlicht gestaltet – die Golgathakapelle

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UNTERWEGS IN BAUTZEN

SPREE-GESCHICHTEN

Die Geschichte der stolzen Burgstadt Bautzenist so eng mit der nahen Spree verwoben,

dass man von einer Beziehung auf Leben und Tod sprechen kann.Und die lässt sich bis heute auf spannende Weise erleben.

Bautzenin der Oberlausitz

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Page 11: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

UNTERWEGS IN BAUTZEN

Eine stolze Frau führt die Runde der Besucher über buckeli­

ges Straßenpflaster. Am Brunnen vor dem Rathaus hat sie sich

als Tuchhändlerin Teda vorgestellt – und damit als Teil der

vornehmsten Gesellschaft Bautzens. Denn die Tuchhändler

waren es, die an der Kreuzung zweier Handelswege den Reich­

tum in die Stadt brachten, deren Türme seit Jahrhunderten

weithin sichtbar über die Weite der Oberlausitz ragen. Fest

gegründet auf hartem Granitfels, ist Bautzen durchaus wehr­

haft und doch verwundbar, wie Tedas Geschichten zeigen.

Viele drehen sich um den wunden Punkt der Stadt: das Was­

ser. Denn zwar scheint die Spree im Tal nah und lieblich, doch

der Weg der Fluten hinauf auf den steinernen Sockel der Stadt

forderte die Bautzener über die Zeiten immer wieder aufs Äu­

ßerste heraus. Brunnen ließen sich durch den harten Stein

nicht treiben. Erfindergeist war gefragt.

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DER FEIND IN DEN STADTMAUERNTeda kennt sich aus in ihrer Stadt. Sie hat – im Gegen­

satz zu den meisten Frauen ihrer Zeit – eine Schule be­

sucht und die alten Chroniken studiert. Daher weiß sie,

dass nicht allein das Händlergeschick von Männern wie

ihrem Ehegatten für den Wohlstand der Stadt sorgte. Viel­

mehr sei auch jenen Meistern zu danken, die Bautzen mit

modernsten Mitteln mit Wasser versorgten. Immer wie­

der weist Teda beim Spaziergang auf steinerne Tröge hin,

die sich in der ganzen Stadt finden. Sie erzählt von der

»Wasserkunst«, die viele Dutzend dieser Tröge füllte. Ob­

wohl sie damit ein Gebäude meint, betont sie das Wört­

chen »Kunst« auf besondere Weise. Die kleine Reisege­

sellschaft erfährt den Grund schon bald, als sie hinter dem

Nikolaitor den Friedhof erreicht.

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Dann nämlich bietet sich ein wundervoller Ausblick auf

den Fluss, der Bautzen an drei Seiten umfließt. Diese Lage

und zwei gewaltige Stadtmauern machten die Stadt gleich­

sam uneinnehmbar. Nur: Der größte Feind der Stadt lau­

erte nicht vor diesen Mauern, sondern in den Küchen­

herden und Öfen der Bewohner. Kein Kriegsangriff mit

Wurfmaschinen und Kanonen hat Bautzen je in die Knie

gezwungen, doch der Feuerteufel war in 1.013 Jahren

Stadtgeschichte ein stetiger Gast. Ganze 44 Stadtbrände

zählte die Tuchhändlerin Teda in den staubigen Folianten

der Archive. Wieder und wieder brannte die Stadt, und

immer schien das Wasser der Spree nah und war doch zu

fern, um die Stadt zu retten.

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BAUTZEN

MÖNCH MIT VISIONENErst 1496 gelang die Wende. Der Breslauer Mönch Martin

Gregor hatte sich erboten, der Stadt gegen freie Kost und

Logis eine »Wasserkunst« zu errichten. Ein Jahr lang werkel­

te er mit hölzernen Wasserrädern und kupfernen Röhren, bis

er die Herren der Stadt am Tag vor Allerheiligen zu seinem

Werk bat. Doch als er die gewaltige Apparatur in Gang setz­

te, passierte … nichts. Der Legende nach wurde der Mönch

als Hochstapler festgesetzt, floh des Nachts aus der Haft

und fiel später erschöpft vor der Stadt in einen tiefen Schlaf.

Teda beschreibt lebhaft den Traum des Mönchs: Eine »dicke,

fette Kröte« sah er in den Röhren sitzen. Erschrocken wachte

er auf und eilte unter Lebensgefahr zurück nach Bautzen. Tat­

sächlich fand er die Kröte, befreite die Rohre und von da an

floss das Wasser, wie es nie zuvor in Bautzen geflossen war. Die

Kraft der Spree pumpte es fortan 30 Meter in die Höhe, von

wo es in die ganze Stadt verteilt wurde. Im Jahr 1514 soll es be­

reits 238 Wassertröge in der Bautzener Innenstadt gegeben ha­

ben. Später wurde der hölzerne Bau Gregors durch den Stein­

turm ersetzt, der nun seit 1558 die Stadtsilhouette prägt. Hier

endet der Spaziergang mit Tuchhändlerin Teda. Die wird wie­

der zur Stadtführerin Franziska Henke und entlässt ihre Gäste

in eine neue Geschichte.

BEGEISTERNDE TECHNIKDie beginnt bei Tilo Rosjat und seiner Mutter, die 1991 ge­

meinsam als Pächter die »Alte Wasserkunst« zu Bautzen über­

nahmen. Damals war der Bau mit zehn Ebenen vor allem ein

beliebter Aussichtsturm, doch der gelernte Mechaniker Rosjat

wollte mehr. 1994 machte er sich daran, die Technik auf der

unteren Etage aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken. Sie

stammte zwar nicht mehr aus dem Spätmittelalter, sondern ver­

mutlich aus dem frühen 20. Jahrhundert – schließlich wurde

noch bis 1965 mit einer Elektroturbine Wasser aus der Spree

emporgepumpt. Zwei Jahre arbeitete Tilo Rosjat mit mehreren

Mitstreitern und pünktlich zum 500. Jubiläum liefen die Ma­

schinen wieder. Wasser wird indes nicht mehr gepumpt – die

Originalmechanik produziert heute ganz zeitgemäß Ökostrom.

Teile der ursprünglichen Pumptechnik sind im Museums­

turm ebenfalls zu besichtigen. Wer sich bis auf die Aussichts­

plattform wagt, lernt unterwegs auf etlichen Schautafeln jede

Menge zur Bautzener Stadtgeschichte. Und die sieht man dann

hoch oben über der Spree in einem ganz neuen Licht.

• www.altewasserkunstbautzen.de

• www.sagenhaftes­bautzen.de

Gut versteckt: der Turm der WasserkunstTuchhändlerin Teda auf ihrem Weg durch die Stadt

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Die aktuelle Technik in der »Alten Wasserkunst« stammt aus dem frühen 20. Jahrhundert

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UNTERWEGS IN KAMENZ

HIMMELÜBER KAMENZ

Kamenz blickt auf ein wechselhaftes Jahrhundert derFlugtradition zurück. Bis heute ist die Flugbegeisterung auf dem Flugplatz der Stadt ungebrochen. Warum?Nach einem Blick aus dem Flugzeug fenster stellt sich diese Frage nicht mehr.

Kamenzin der Oberlausitz

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UNTERWEGS IN KAMENZ

Kamenz blickt auf ein wechselhaftes Jahrhundert derFlugtradition zurück. Bis heute ist die Flugbegeisterung auf dem Flugplatz der Stadt ungebrochen. Warum?Nach einem Blick aus dem Flugzeug fenster stellt sich diese Frage nicht mehr.

Halb Kamenz muss auf den Beinen gewesen sein an jenem

26. März des Jahres 1911. Alle schauten in den Himmel,

wo der kleine »Grade Eindecker« seine Runden über den

Kasernen der Garnison drehte. So manchem Beobachter

wird der Atem gestockt haben, als der Pilot Oswald Kahnt

zur Landung auf dem Exerzierplatz ansetzte. Die Begeiste­

rung dieses Tages muss so groß gewesen sein, dass die

Kamenzer Chronisten ihn im Stadtarchiv später

als Beginn der Luftfahrttradition notierten.

Kurz darauf wurde ein Fliegerverein gegrün­

det und die Kamenzer setzten sich für einen

Verkehrsflughafen ein. Wenn auch die Euphorie der Kamen­

zer zwischenzeitlich aus verschiedenen Gründen gedämpft

wurde, erfüllte sich ihr Wunsch schließlich doch. 1916 gab

der sächsische König sein Placet für den Bau einer Militär­

fliegerstation, die im Juli 1918 in Betrieb ging – und schon

im Mai des nächsten Jahres nach dem verlorenen Krieg und

den Bestimmungen des Versailler Vertrags aufgelöst wurde.

VOM KRIEGSCHAUPLATZ ZUM SPORTFLIEGERMEKKAMehr als ein Jahrzehnt lag das Gelände nach der Demon­

tage aller flugtechnischen Einrichtungen im Dornröschen­

schlaf. Die Funktionsgebäude wurden längst anderweitig

genutzt, als 1935 in das Gebäude der ehemaligen Flugzeug­

werft ein Stützpunkt der Reichs­Segelflug­Bauschule 3 ein­

zog. Die Ära der Fliegerei fand ihren Fortgang. Dem Groß­

machtstreben der Hitlerregierung erschien der Flugplatz

Kamenz strategisch so gut gelegen, dass er bis 1939 für die

Luftwaffe wieder hergerichtet wurde. Die Pilotenausbildung

des Reichs fand in der Folge hier eine Heimat, die Weser­

Flugzeugbau GmbH ließ vor Ort das Sturzkampfflugzeug

Typ »Ju 87« herstellen und testen. Bis 1945 stationierte

die Luftwaffe in Kamenz verschiedene Ausbildungs­ und

Kampfverbände, bis der Flugplatz am 26. April 1945 von der

Roten Armee besetzt wurde, die nach Kriegsende Hangars

und Flughafengebäude sprengte.

Später fiel das Gelände an die kasernierte Volkspolizei der

DDR. Nun wurden hier Piloten auf russischen »Jakowlew«­

Maschinen ausgebildet. Ab 1954 übernahm die Nationale

Volksarmee das Kommando, die den Flugplatz ebenfalls für die

Flugzeugführerausbildung nutzte und eine Flugzeugwerkstatt

einrichtete. Damit schuf die NVA – sicherlich nicht geplant –

beste Bedingungen für einen zivilen Neubeginn nach der po­

litischen Wende in der DDR. Den gestaltet seit 1990 der Flie­

gerclub Kamenz e. V. (FCK) aktiv mit, der seit Oktober 2004

den Flugplatz betreibt und zu den Betriebszeiten im Tower je­

des Jahr mehr als 17.000 Flugbewegungen koordiniert.

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Page 18: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

UNTERWEGS IN KAMENZ

TRAUMRUNDEN ÜBER SACHSENPiloten aus der Region und ganz Deutschland sorgen für re­

gen Flugbetrieb auf der 1.100 Meter langen Start­ und Lan­

debahn: Motorflieger, Ultraleichtflugzeuge und Segelflieger

starten hier zur Flugausbildung oder einfach für luftige Rund­

flüge über die Umgebung. Schon die Lessingstadt selbst ist ei­

nen Blick aus der Luft wert: Der Marktplatz mit dem Rathaus

oder die mittelalterliche Klosterkirche St. Annen sind gut er­

kennbar und die Parkanlagen am Hutberg entfalten aus der

Cockpit­Perspektive einen ganz besonderen Reiz. Rund um

die Stadt wird das Grün des Frühlings von Seen und Teichen

unterbrochen, und dann kommt am Horizont schon Dresden

in Sicht. Die barocke Silhouette ist auch aus der Luft atembe­

raubend. Dem Flusslauf der Elbe folgend, prägen bald Sand­

stein und Wald das Bild am Boden. Pirna schiebt sich unter

der »Cessna 172« hindurch und nach einer weiten Schlei­

fe über die Festung Königstein und Rathen mit der Bastei

nimmt Pilot Bernd Ohlhoff wieder Kurs auf Kamenz. Nach

nur 45 Minuten Flugzeit hat der Passagier wieder festen Bo­

den unter den Füßen und einige der schönsten Ecken Sach­

sens gesehen. »Recht beliebt sind inzwischen auch Rundflü­

ge über die neuen Seen in der Oberlausitz«, sagt Ohlhoff, in

dessen Flugcenter »Milan« man nicht nur Rundflüge buchen,

sondern auch eine Pilotenausbildung machen kann.

Vom Tower winkt Daniel Meißner herab. Er hat an diesem

sonnigen Tag viel zu tun, aber wenn sein Dienst vorbei ist,

wird er vielleicht selbst noch mal ins Cockpit steigen und ge­

räuschlos im Segelflieger über die Landschaft gleiten. Auch

das geht in Kamenz, wo seit 2013 das Sächsische Landesleis­

tungszentrum Segelflug seinen Sitz hat. Und wenn Meißner

dann von seinen schönsten Momenten über der Landschaft

und unter den Wolken erzählt, wird klar, dass der Traum

vom Fliegen in Kamenz seit 1911 lebendig geblieben ist.

Und vor allem: dass es kein Traum bleiben muss ...

• www.fc­kamenz.de

• www.flugcentermilan.de

Daniel Meißner im Cockpit Gemeinde Ralbitz-Rosenthal mit Wallfahrtskirche

Flug über die Kamenzer Altstadt

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Page 19: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

UNTERWEGS IN KAMENZ

Lausitzer Seenland

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Page 20: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

UNTERWEGS IN FREIBERG

WEBERSKLEINE OPER

Carl Maria von Weber wurde in der Dresdner Semperoper zum Star seiner Zeit.

Der Weg des Komponisten begann jedoch in Freiberg :

Seine erste Oper wurde in der »Kleinen Semperoper« uraufgeführt,

war dann zwei Jahrhunderte verschollen und kommt hier nun wieder auf die Bühne.

Freibergim Erzgebirge

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Page 21: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

UNTERWEGS IN FREIBERG

Langsam wurde es Franz Anton von Weber klar: Die Wunder­

kindkarriere seines Sohns konnte er vergessen. Talentiert

war der Knabe ohne Frage, doch bald wurde er 14 Jahre

alt und war noch immer weit entfernt von der Popularität des

jungen Mozart, der die Fürstenhöfe in ganz Europa entzückte.

Seit Jahren war der einstige Lübecker Musikdirektor

von Weber nun schon landauf, landab mit dem kleinen Carl

Maria unterwegs. Ein Gastspiel hier, ein Engagement da.

Kurz gesagt: Es stand nicht zum Besten für Vater und Sohn.

Gemeinsam waren sie im Jahr 1800 nach Freiberg gereist,

um eine Geschäftsidee des Vaters umzusetzen, die sich aber

schnell als unpraktikabel erwies. So traf es sich gut, dass ein

alter Bekannter gerade am Ort mit seiner Theatergruppe

gastierte. Karl von Steinsberg präsentierte den Musikern das

Textbuch eines Singspiels und fragte an, ob der 13­jährige

Carl Maria von Weber die Komposition besorgen könne.

Offenbar wurde man sich einig und der junge Komponist

machte sich mit Feuereifer an die Arbeit.

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Page 22: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

UNTERWEGS IN FREIBERG

ACHTUNGSERFOLG FÜR EINEN TEENAGERSo weit, sagt Dr. Christoph Nieder, sei die Geschichte zu

Webers erster Oper »Das Waldmädchen« geklärt. »Der Jun­

ge schloss seine Arbeit in wenigen Wochen ab und die Vorstel­

lung am 1. November wurde mit großen Worten angekündigt«,

erzählt der Musikdramaturg am Freiberger Theater, auf des­

sen Wand heute ein Sgraffito an den Termin der denkwürdi­

gen Uraufführung erinnert. Das Stück war ein passabler Er­

folg und die örtliche Musikkritik würdigte den Komponisten

als hoffnungsvolles Talent: Man dürfe die Musik »als Blüten

betrachten, die erst in der Folge schönere und reifere Früchte

versprechen«. Gleichwohl war der Ertrag des Stücks geringer

als erhofft und Karl von Steinsberg zog weiter, die Noten des

»Waldmädchens« im Gepäck.

Danach verliert sich die Spur von Webers Opern­Erst­

ling. »Wir wissen noch von einigen wenigen Vorstellungen

in Chemnitz, Prag und Wien«, sagt Dr. Christoph Nieder,

»doch die Noten des Stücks waren dann für fast 200 Jahre

verschollen.« So stellte es durchaus eine Sensation für die

Musikwelt dar, als um das Jahr 2000 aus St. Petersburg die

Wiederentdeckung der Partitur gemeldet wurde.

Eher zufällig waren die Blätter bei Forschungsarbeiten im

Mariinski­Theater aufgetaucht. Dort hatte sie kein Weber­For­

scher vermutet, obwohl bekannt war, dass Steinsberg mehrere

überaus erfolgreiche Jahre in der Hauptstadt des Zarenreichs

verlebt hatte. Dass er die Weber­Noten behalten haben könn­

te, war offenbar niemandem in den Sinn gekommen.

EIN MUSIK-EVENT FÜR FREIBERGDass dieses Jugendwerk des Carl Maria von Weber nach rund

200 Jahren erstmals wieder in Freiberg erklingt, ist – trotz der

offenkundigen Logik – einer Verkettung glücklicher Umstände

zuzuschreiben. »Bisher haben noch nicht einmal die wichtigs­

ten Weber­Forscher einen Blick auf die Noten werfen dürfen«,

sagt Dr. Nieder nicht ohne Stolz. »Doch als eine Freiberger

Delegation in St. Petersburg über eine Kooperation anlässlich

des 250. Gründungsjubiläums der Bergakademie verhandelte,

kamen die Dinge in Bewegung.« Konkret darf die Musik der

Oper vier Mal konzertant aufgeführt werden: in Freiberg am

20. November sowie am 18. und 19. Dezember 2015. Hinzu

kommt eine Vorstellung am 5. Dezember im Theater Döbeln,

das mit Freiberg zum »Mittelsächsischen Theater« gehört.

Weber­Fans aus aller Welt werden sich dann die Klinke in

die Hand geben und dürfen sich zugleich ein Bild machen, ob

sich das Theater zu Recht als »Kleine Semperoper« rühmt.

• www.mittelsaechsisches­theater.de

Das Stadttheater Freiberg blickt auf eine 225-jährige Geschichte zurück

und ist damit das älteste städtische Theater, das ununterbrochen bespielt

wurde. Selbst Bühne und Zuschauerraum sind trotz mancher Umbauten

und Modernisierungen noch an ihren historischen Plätzen

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Page 23: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

UNTERWEGS IN FREIBERG

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Page 24: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

MENSCHEN IN PLAUEN

EIN VATEREIN SOHN

Plauenim Vogtland

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Page 25: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

MENSCHEN IN PLAUEN

Trotz seines Künstlernamens e.o.plauen war der ZeichnerErich Ohser in seiner Heimatstadt lange kaum bekannt.

Dabei haben seine Bildergeschichten sogar in Asien viele Freunde.Mit den Ausstellungen im neuen Erich-Ohser-Haus in Plauen

ändert sich das nun auf sehenswerte Weise.

Der Sohn sitzt über einem Hausaufsatz. Er schwitzt und

müht sich, aber die Arbeit will nicht gelingen. Da er­

barmt sich der Vater, nimmt den Stift und bringt den Auf­

satz für den Jungen zu Ende. Der präsentiert die Hausar­

beit am nächsten Tag in der Schule und sofort wird der

Lehrer stutzig. Er nimmt den Aufsatz und das Kind bei

der Hand, klingelt an der Wohnung der Familie und ...

legt den Vater gehörig übers Knie. Eine alltägliche, kleine Ge­

schichte mit überraschender Pointe: ohne ein Wort in nur

sechs sparsam gezeichneten Bildchen erzählt. Das ist der Zau­

ber der »Vater und Sohn«­Geschichten aus der Feder von Er­

ich Ohser, besser bekannt unter dem Pseudonym e.o.plauen.

Die erste von insgesamt rund 200 Bildgeschichten erschien

am 13. Dezember 1934 in der »Berliner Illustrierten Zei­

tung« und wurde sofort zu einem Erfolg bei den Lesern.

EIN LANGER WEG ZURÜCK NACH PLAUENDass Vater und Sohn heute in Bronze auf der Plauener Nobel­

straße herumtoben, ist dennoch nicht selbstverständlich.

Erst 2010 eröffnete hier, einen Steinwurf vom Rathaus ent­

fernt, das Erich­Ohser­Haus mit der »Galerie e.o.plauen«.

Über Jahrzehnte war der Name des Künstlers nur wenigen

Plauenern ein Begriff. Anders als im Westen Deutschlands

wurden die Bildgeschichten von »Vater und Sohn« in der

DDR nur äußerst spärlich verlegt. So wurde Ohsers Werk

vielerorts wesentlich populärer als in seiner Heimat. Selbst in

chinesischen Schulbüchern findet man die Bildergeschichten,

teils als Lernhilfe für den Deutschunterricht.

Doch nun bilden die wunderbar hergerichteten Räume

der Galerie einen perfekten Rahmen für den Blick auf den

Künstler Erich Ohser. Sein wechselhaftes Leben lässt sich an­

hand zahlreicher Dokumente nachvollziehen: 1903 in ärm­

lichen Verhältnissen geboren, zeigte der kleine Erich zwar

schon früh zeichnerisches Talent, absolvierte aber nach der

Schule eine Schlosserlehre. Erst ab 1920 konnte er sich an

der Staatlichen Akademie für Graphische Künste und Buch­

gewerbe in Leipzig vom Abendstudenten zum Meisterschüler

hocharbeiten. 1922 wurde ihm dann sogar ein Stipendium zu­

gesprochen. Vielleicht liegen in Ohsers schwierigem Weg zum

Erfolg die Gründe für den Facettenreichtum seines Werks.

Das nämlich reicht weit über »Vater und Sohn« hinaus – und

ist durchaus widersprüchlich.

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Page 26: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

MENSCHEN IN PLAUEN

AUS DER NOT ZUM ERFOLGErste Zeichnungen für das Feuilleton der »Volkszeitung für

das Vogtland« waren der Grundstein für eine lebenslange

Freundschaft mit dem Redakteur Erich Knauf. Später freun­

dete sich Ohser zudem mit Erich Kästner an, der für die

»Neue Leipziger Zeitung« arbeitete. Eine freizügige Illustra­

tion zum frivolen Kästner­Gedicht »Abendlied des Kammer­

virtuosen« kosten allerdings beide den Job. Ohser folgte

Kästner leicht verzögert nach Berlin, wo er 1927 seine Kom­

militonin Marigard Bantzer heiratete. In den nächsten Jahren

reiste er, teils mit den Freunden Knauf oder Kästner, durch

Europa und machte sich mit Zeichnungen, Illustrationen und

treffsicheren Karikaturen einen Namen. Seine Arbeiten für

das Sozialdemokratische Blatt »Vorwärts« bescherten ihm

ab 1933 ein breites Publikum – und bald ein Berufsverbot

durch die Nationalsozialisten. Dass er schon im März 1934 –

wenn auch unter Pseudonym – wieder zeichnen durfte, wuss­

te Ohser als Geschenk zu schätzen und hielt sich fortan von

politischen Themen fern. Die scheinbar harmlosen, aber oft

hintergründigen Geschichten aus dem Leben von »Vater und

Sohn« wurden zum Verkaufsschlager. Sie spiegeln auch vie­

le Momente aus Ohsers inniger Beziehung zu seinem Sohn

Christian wider, der 1931 zur Welt gekommen war.

TRAGISCHES ENDE UND NEUER ANFANGIm Jahr 1940 fand die relativ ruhige Schaffensphase von Erich

Ohser ein Ende. Einmal mehr stellte der Zeichner seine Kunst

als scharfer Beobachter und Karikaturist in den Dienst einer

politischen Sache: Wohl auf Wunsch des Propaganda ministers

Joseph Goebbels zeichnete Ohser bis 1944 mehr als 800 Ka­

rikaturen für die nationalsozialistische Wochenzeitung »Das

Reich«. Dass er neben diesem offiziellen Engagement eine kon­

träre Privatmeinung pflegte und kundtat, sollte Erich Ohser

zum Verhängnis werden. Ende März wurden er und sein Freund

Knauf als »Wehrkraftzersetzer« denunziert und verhaftet. Oh­

ser nahm sich daraufhin in der Haft das Leben, Erich Knauf

wurde wenig später verurteilt und hingerichtet.

Angesichts dieser Tragik scheint es tröstlich, dass heute

vor allem die liebenswerten und lebensfrohen Zeichnungen

des schnauzbärtigen Vaters mit seinem pfiffigen Sohn das An­

denken an den Plauener Künstler Erich Ohser prägen. Und

dass es mit der »Galerie e.o.plauen« einen Ort gibt, wo des­

sen schelmischer Blick auf das Leben bewahrt wird.

• www.e.o.plauen.de

Die lichte Architektur des Museums bildet den perfekten Rahmen

für das vielfältige Werk Erich Ohsers

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Page 27: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

MENSCHEN IN PLAUEN

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Page 28: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

AUF NACH PALAU!

Zwickauim Erzgebirgsvorland

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Page 29: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

Der Maler Max Pechsteinzählt zu den wichtigsten Künstlern des Expressionismus.Seine Reisen führten ihn bis in die Südsee,doch sein Weg begann in Zwickau.

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Page 30: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

Die Suche nach neuen Welten war schon für den kleinen

Max ein Lebenselixier. Wann immer er konnte, stahl er sich

mit seinen Freunden aus dem Grau des Zwickauer In dus trie­

reviers in die Natur. Wilde Indianerspiele prägten seine

Kindheit, einmal vergaß er über seinen Abenteuern die klei­

ne Schwester, die er zu beaufsichtigen hatte, im Kinderwa­

gen. Auch wenn sich Max Pechstein in seinen Erinnerungen

später als »Bauernkind« bezeichnete, war das Gegenteil der

Fall: In die Abenddämmerung des 19. Jahrhunderts hinein­

geboren, wuchs der Knabe mit fünf Geschwistern in den

bescheidenen Verhältnissen einer Fabrikarbeiterfamilie auf.

Auch die Mutter arbeitete, sodass Max schon in jungen Jahren

oft die Verantwortung für kleinere Geschwisterkinder über­

tragen wurde – mit sehr wechselhaftem Erfolg.

VISION IM DOMIm Erwachsenenalter sollte Max Pechstein ein gespaltenes

Verhältnis zu seiner Heimatstadt pflegen, doch im Rückblick

seiner 1960 erschienenen »Erinnerungen« zeigt sich deut­

lich, wie ihn die Muldestadt prägte. Bei einer Stadtführung auf

Pechsteins Spuren werden viele Lebensstationen des Malers

auf faszinierende Weise lebendig, auch wenn die qualmenden

Schlote seiner Zeit heute Geschichte sind. Quer durch die Stadt

finden sich Bezüge zu Pechsteins Kindheit, Jugend und sei­

nen ersten Erfolgen als Künstler. Die ehrwürdige Katha rinen ­

kirche, in der einst Thomas Müntzer predigte, wird zur

Aussicht aus dem Dachfenster der Atelierwohnung von Pech­

steins Onkel. Ihn besuchte der Schuljunge gern und häufig –

»nach Malerei« habe es dort gerochen und die Wände voller

Bilder waren für ihn einen langen Marsch von der Bahnhofs­

straße durch die halbe Stadt wert. Der Onkel war eigentlich

Drechslermeister, doch seine Leidenschaft galt der Malerei.

Vielleicht entfachte er die große Liebe zur Kunst in seinem

Neffen. Er schenkte ihm Malutensilien, organisierte Zeichen­

unterricht und war ihm wohl ein treuer Begleiter auf seinen

Ausflügen in die Welt der Kunst.

Die ließ Max Pechstein nicht mehr los, schon im Al­

ter von 12 oder 13 Jahren will er laut seinen Notizen den

Entschluss gefasst haben, einmal Maler zu werden – in der

Marien kirche zu Zwickau. Dort ist er getauft und konfir­

miert worden, und ohne Frage ist kaum ein würdigerer Platz

für solch einen wichtigen Vorsatz denkbar. Dieser soll sogar

dazu geführt haben, dass der bisher mäßige und nicht be­

sonders fleißige Schüler Pechstein bald zu den Besten seiner

Klasse in der Backsteinschule am Georgenplatz zählte. Die

Karriere musste nach dem Schulabschluss trotzdem noch

warten: Pechstein begann eine wohl recht freudlose Lehre

als Dekorationsmaler in einer großen Firma, einen Steinwurf

von der Mulde entfernt. Doch ohne Frage war die handwerk­

liche Ausbildung ein solider Grundstock für sein späteres

Studium in Dresden. Und nicht zuletzt für dessen Finanzie­

rung durch Malerarbeiten.

MENSCHEN IN ZWICKAU

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Page 31: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

FREUNDSCHAFTSBANDE UND REISEFIEBERWährend seiner Zeit an der Dresdner Kunstakademie lernte

Pechstein erst Erich Heckel, später die Künstler Fritz Bleyl,

Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmitt­Rottluf kennen,

die ihn bald in ihre neu gegründete Künstlergemeinschaft

»Die Brücke« aufnahmen. Gemeinsam stellten sie ab 1906

ihre Werke aus – farbenfroh, oft mit ungewohnt grobem

Pinselstrich. Die neuen Welten, die Pechstein hier fand,

waren künstlerischer Natur. Eine der ersten Wanderaus­

stellungen der »Brücke« führte auch nach Zwickau und

wurde durchaus positiv aufgenommen. Eine Rückkehr in

seine Heimatstadt war für Pechstein freilich nicht mehr

denkbar. Er suchte nach Freiheit, die ihm bald auch in

Dresden nicht mehr genügte, reiste nach Italien, Paris

und später nach Berlin, wo er sich 1908 niederließ.

Sein Kontakt zu den »Brücke«­Kollegen wurde damit lo­

ser, mit Pechsteins wachsendem Erfolg kam es zur Entfrem­

dung und 1912 zum Bruch. Ohnehin war er in Gedanken

schon in der Südsee – auf den Spuren von Paul Gauguin

und Emil Nolde. Das wilde »Bauernkind« sehnte sich

noch immer nach unverfälschter Natur – weit entfernt von

der Enge Dresdens, Berlins, Europas. Von Zwickau ganz

zu schweigen. Dennoch sollte er genau dort bald wieder

ankommen, wenn auch nicht freiwillig. Denn zwar finan­

zierte ihm sein Berliner Kunsthändler den lang gehegten

Südseetraum, doch kurz nach Pechsteins Ankunft in Palau

im Sommer 1914 brach auf der anderen Seite des Globus

der Erste Weltkrieg aus. Der Maler musste in ein Inter­

nierungslager, wurde ausgewiesen und schlug sich mittellos

über Nagasaki, Honolulu, San Francisco und New York bis

zurück in die Heimat durch. Lediglich ein paar Südseeskizzen

hatte er noch im Gepäck, und selbst die nutzten ihm wenig :

Er wurde eingezogen und rückte in die Zwickauer Kaser­

ne ein, bevor es 1916 an die Westfront ging. Im Mai des

Folgejahrs wurde Pechstein vom aktiven Militärdienst frei­

gestellt, sofort fuhr er nach Berlin. Endlich wieder malen!

Ein neuer Lebensabschnitt begann für den Künst­

ler, und der Spaziergang auf seinen Zwickauer Spuren

ist am Ziel: dem jüngst eröffneten Max­Pechstein­Mu­

seum in den Kunstsammlungen Zwickau. Dort lassen

sich seine Wege weiter verfolgen. Für den Besucher be­

ginnt hier eine neue Reise. Ihren Anfang markieren wie­

derum frühe kunsthandwerkliche Arbeiten. Später macht

sie deutlich, wie Max Pechstein sein Südsee­Aben teuer

in farbensatten Werken verarbeitete, und schließlich ver­

zaubert sie die Betrachter mit einem sichtlich reifen Al­

terswerk. Ein bemerkenswertes Künstlerleben in Bildern.

• www.kunstsammlungen­zwickau.de

MENSCHEN IN ZWICKAU

Das Werk Max Pechsteins wird

in Zwickau erstaunlich vielfältig

ausgeleuchtet.

Frühe Dekorationsarbeiten finden

ebenso Raum wie das Spätwerk

des Künstlers

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Page 32: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

GENUSS IN MEISSEN

FLÜSSIGES GOLDIn Meißen wird in diesem Jahr

ein Jahrtausend des Biers gefeiert:in einer spannenden wie erhellenden Ausstellung auf dem Burgberg.

Bierliebhaber würden wohl von »Alkoholmissbrauch« spre­

chen, doch im Jahr 1015 hatten die tapferen Meißner keine

Wahl: Der Polenfürst Mieszko II. hatte die Meißner Burg in

Brand gesetzt und man musste die Flammen löschen. Doch

Wasser war knapp auf dem Burgberg, und so griffen die Frauen

nach den hölzernen Bottichen voller Honigbier, um Schlim­

meres zu verhindern. Der Brand sei dadurch gelöscht worden

und die Angreifer habe man bald darauf zurückgeschlagen,

notierte Bischof Thietmar von Merseburg damals. Heute gel­

ten seine Aufzeichnungen als erster Beleg für den Biergenuss

in Sachsen – Grund genug für den Rückblick auf ein Jahrtau­

send sächsischen Gerstensafts.

EIN THEMA, 250 ZEUGENDiese Rückschau wagt seit April die Ausstellung »PROST!

1.000 Jahre Bier in Sachsen.« auf der Albrechtsburg zu Mei­

ßen, wo die sächsische Bier­Zeitrechnung ihren Anfang nahm.

Sie nimmt die Besucher mit auf eine unterhaltsame wie inte­

ressante Reise durch die Kulturgeschichte des Biers im Frei­

staat, wo heute noch 57 Brauereien stehen. Zu denen zählt

auch die »Privatbrauerei Schwerter«, die seit 555 Jahren in

Meißen Bier produziert und sich älteste Privatbrauerei Sach­

sens nennt.

Bis zum Pils­Genuss unserer Tage war es ein langer Weg,

der in sieben prächtigen Burgräumen anhand von 250 Expo­

naten lebendig wird. Er beginnt beim Honigbier des Mittel­

alters, das im späten 11. Jahrhundert langsam einem Gebräu

mit Hopfen wich und noch wenig mit dem heutigen Getränk

gemein hatte. »Wir reden von einem obergärigen, trüben Bier

mit zwei bis drei Prozent Alkohol«, erklärt Museologe Falk

Dießner, der die Schau gemeinsam mit seinem Team konzi­

piert hat. »Unser heutiges untergäriges Bier, bei dem die Brau­

hefe auf den Boden des Gärbottichs sinkt, wurde erst populär,

als man beim Brauprozess die technischen Möglichkeiten zur

dauerhaften Kühlung hatte.«

Die Qualität des Biers war über viele Jahrhunderte eine

ziemlich unsichere Sache, denn die Brau­ und Schankrechte

waren etwa in Meißen an Grundstücke gebunden. Wer nah

am Markt wohnte, musste höhere Grundsteuern entrichten,

durfte aber zum Ausgleich eine größere Menge Bier brauen

und ausschenken. Per Losverfahren wurde geregelt, wer zu

welchen Zeiten brauen und sein »Schankzeichen« ins Fenster

hängen durfte.

Über Jahrhunderte galt: kein Bier ohne das Böttcherhandwerk

Meißenan der Elbe

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Page 33: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

GENUSS IN MEISSEN

»Da wussten die Meißner, wann sie auf gutes Bier hoffen durf­

ten«, sagt Falk Dießner und merkt an: »Dabei dürfen wir

aber nicht vergessen, dass Bier damals ein Grundnahrungs­

mittel darstellte. Oft war es gesünder als das verfügbare ‚Trink­

wasser’, da es beim Brauen lange gekocht wurde, was Keime

unschädlich machte.«

EIN TRANK MIT VIELEN FACETTENBeim weiteren Rundgang durch das originelle »Labyrinth«

aus gelben Bierkästen kommen ganz unterschiedliche As­

pekte rund ums Bier ans Licht. Ein Böttcher berichtet im

Video von seiner Arbeit und erklärt die Werkzeuge des aus­

sterbenden Handwerks. Der »Bierkrieg« zwischen Zittau

und Görlitz wird als Computerspiel thematisiert, und wer

sich mit dessen Geschichte auskennt, wählt besser klug, auf

welche Seite er sich stellt. Natürlich sind Trinkgefäße wie

ein germanisches Horn oder Prachthumpen zu bewundern,

Leihgaben aus ganz Deutschland beleuchten den Wandel

der Braukunst vom häuslichen Handwerk zur Industrie.

»Das Deutsche Museum in München hat uns unter ande­

rem einen Prototypen der Kühlmaschine von Carl von Lin­

de zur Verfügung gestellt«, sagt Museologe Dießner nicht

ohne Stolz. »Erst damit wurde die industrielle Produktion

von Bier in gleichbleibender Qualität möglich.«

Später führt der Rundgang vorbei an einer Galerie von Bier­

bäuchen, die den Pro­Kopf­Verbrauch des Gerstensafts in

Deutschland illustriert. Überraschender Sieger: der sächsische

Bauch, mit 135 Litern durchschnittlichem Bierverbrauch pro

Jahr. Den Abschluss findet die Zeitreise zünftig in der Knei­

pe mit Biergarten – wo sonst? Neben Kostproben wechseln­

der sächsischer Biere dürfen die Besucher hier auch versuchen,

im – simulierten – Vollrausch ein Fahrradschloss zu öffnen.

DER GENUSS BLEIBT IN MEISSENWenn die Sonderausstellung am 1. November ihre Pforten

schließt, bleibt ein Zeugnis der Geschichte dennoch in der

Albrechtsburg erhalten. Im »Großen Saal« illustriert das

Wandgemälde »Erstürmung der Burg Meissen 1015« von An­

ton Dietrich den dramatischen Löscheinsatz mit Meißner Bier

vor eintausend Jahren. Zum Durstlöschen sei den Meißen­Be­

suchern ein Spaziergang zum »Schwerter Schankhaus« am

Markt ans Herz gelegt. Nur einen Steinwurf vom historischen

Gründungsort am Meißner Tuchmachertor entfernt, werden

deftige Speisen und Bierspezialitäten frisch vom Fass serviert.

Im Ambiente des Kreuzgewölbes aus dem 17. Jahrhundert

fühlt man sich – ganz genussvoll – in eine andere Zeit versetzt.

• www.albrechtsburg­meissen.de

• www.privatbrauerei­schwerter.de

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Page 34: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

GENUSS IN RADEBEUL

Der historische Stadtkern von Altkötzschenbrodamit seinen Restaurants, Kneipen und Weinstubenist eine Welt für sich – und ein perfektes Ziel für kulinarische Reisen mit ganz unterschiedlichen Routen.

KÖSTLICH … WIEKÖTZSCHENBRODA

Wenn die Tage länger werden und die Abende lau, blüht

ganz Altkötzschenbroda auf. Der Radebeuler Stadtteil hat

sich in den letzten Jahren aufs Feinste herausgeputzt und ist

zu einem Treffpunkt für Genussreisende geworden. Man­

che zieht es nur in die Umgebung zu den edlen Weinen aus

dem Elbland, manche ans Mittelmeer zu Penne arrabiata

mit Barolo oder nach Spanien, wo köstliche Tapas zu Hau­

se sind und dunkelroter Rioja. Kulinarische Fernreisende

finden ihr Reiseziel im »Sa Limba« vis à vis der Friedens­

kirche. Einmal im Monat veranstaltet Restaurantchefin

Sabine Linack hier ihren »lateinamerikanischen Abend«

mit Köstlichkeiten von der anderen Seite des Atlantiks.

Sabine Linack im »Sa Limba« Radebeulan der Elbe

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Page 35: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

Der historische Stadtkern von Altkötzschenbrodamit seinen Restaurants, Kneipen und Weinstubenist eine Welt für sich – und ein perfektes Ziel für kulinarische Reisen mit ganz unterschiedlichen Routen.

KÖSTLICH … WIEKÖTZSCHENBRODA

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Page 36: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

GENIESSEN IN RADEBEUL

GAUMEN- UND OHRENFREUDENNeben den mediterranen Gerichten der »Sa Limba«­Karte

kommen zu diesen besonderen Abenden Spezialitäten aus

Südamerika auf den Tisch. »Viele Gäste kommen extra

wegen unserer Muscheln«, sagt Sabine Linack nicht ohne

Stolz. Argentinische Steaks werden serviert, frischer Fisch

und Meeresfrüchte wie frittierte Gambas schmücken die

Teller und Schälchen wie kleine Kunstwerke – fast zu schade

zum Essen. Extra für den Anlass hat die Tochter des Hau­

ses, die ihr Handwerk bei den besten Sommeliers der Ge­

gend lernte, passende Weine ausgewählt, und Musik darf

natürlich auch nicht fehlen. Für den Sound sorgen traditio­

nell Pato und Luis mit Gitarre und Gesang, leidenschaftlich,

rhytmisch, voller Sehnsucht nach Südamerika. Wenn sich

das Festmahl dem Ende zuneigt, kommt mit den Desserts

ein letzter Höhepunkt auf die Tafel, denn Sabine Linack ist

von Haus aus Konditorin. Das genießen die Gäste bei den

südländischen Nachspeisen oder – typisch deutsch – beim

nachmittäglichen Kaffee und Kuchen im »Sa Limba«. Und

schon ist man wieder in Altkötzschenbroda. Doch die Reise

ist noch nicht zu Ende ...

TORFIGES AROMAAuch die nächste Etappe kreuzt den Atlantik, wenn auch nur

über den Ärmelkanal. Wer die grüne Weite der britischen In­

seln liebt und die Lebensart der Angelsachsen, der findet in der

»Schmiede« von Ralf Morgenstern und Peter Krampen sein

Lieblingsplätzchen – an der Bar eines urgemütlichen Pubs. Die

Dekoration der niedrigen Decke des Gastraums besteht aus hun­

derten Whisky­Flaschen und ­Kartons, gleichsam ein Wink auf

die große Leidenschaft der beiden Gastgeber. Was vor zwei Jahr­

zehnten bei einer Irlandreise seinen Anfang nahm, ist »längst

zu einer Obsession« geworden, wie Ralf Morgenstern sagt.

Mehr als 200 Sorten Whisky und Whiskey darf der Genießer

hier probieren. Die Verkostungen mit dem Chef im Kellerge­

wölbe sind legendär und immer wieder lehrreich: Wie riecht

torfgeräucherte Gerste? Darf wirklich kein schottischer Whis­

ky die Insel im Fass verlassen? Und wie kommt ein Pub in Rade­

beul zu einer eigenen Abfüllung der Bruichladdich­Destillerie

auf der Insel Islay?

Vor allem die letzte Geschichte erzählt Ralf Morgen­

stern gern: »Da wir seit Jahren enge Kontakte nach Schott­

land pflegen, bekamen wir tatsächlich

die äußerst seltene Gelegenheit, ein

ganzes Fass zu kaufen«, erzählt er mit

leuchtenden Augen. »Weil schottischer

Whisky aber nur in der Flasche expor­

tiert werden darf, haben wir unser Fass

in einer Scheune vor Ort eingelagert,

insgesamt 211 Flaschen abgefüllt und

mit unseren eigenen Etiketten verse­

hen.« Trotz des hohen dreistelligen

Preises sind nur noch gut zwei Dutzend

Flaschen übrig.

Für ihr alljährliches Whisky­Festi­

val haben die »Schmiede«­Betreiber

eine weitere Spezialität in petto: »Wir

haben einen vorgereiften Whisky in ein

gebrauchtes Dornfelder­Weinfass eines

befreundeten Winzers aus Radebeul

abgefüllt«, schwärmt Ralf Morgen­

stern. Er ist vom Ergebnis der Verede­

lung begeistert und sicher, dass mancher

der 1.500 bis 1.800 Festival besucher auf

den Geschmack kommen wird.

Kein lateinamerikanischer Abend ohne Musik! • www.restaurant­salimba37.de

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Page 37: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

GENIESSEN IN RADEBEUL

AUSFLUG INS DAMALSUnd noch eine Reise hält Altkötzschenbroda bereit – in die

Vergangenheit. Genauer gesagt: in jene Zeit, als die Jahres­

zeiten noch elementare Bedeutung für die Menschen hatten.

Als die Saison den Speiseplan vorgab und die guten Gaben

der warmen Zeit für den Winter eingekocht wurden. »Die­

sem Gedanken folgen wir seit 2013 in Altkötzschenbroda«,

sagt Ivonne Neubert, die hier ihre »Speisekammer« betreibt.

Die meisten Gerichte des kleinen, gemütlichen Lokals ste­

hen säuberlich gestapelt und beschriftet in den Wandregalen.

»Tafelspitz« ist auf den Etiketten zu lesen, »Ochsenbäck­

chen« oder auch »Lammcurry«. Alles werde frisch aus natür­

lichen Zutaten gekocht, erzählt Ivonne Neubert – »und dann

wird es im Einweckglas konserviert und später auch serviert.«

Hinzu kommen regionale Beilagen, Gemüse der Saison und

»alles, worauf wir Lust haben«, so die Gastgeberin. Die Gäste

mögen das abwechslungsreiche Angebot aus traditioneller Kü­

che und exotischen Gerichten und auch, dass man seine Porti­

on Rinderroulade für den Sonntag einfach im Glas mitnehmen

und daheim genießen kann. Wie in der »guten alten Zeit« ...

Ivonne Neubert erzählt

Ralf Morgenstern bei der Whisky-Probe

• www.dresdner­speisekammer.de

• www.schmiede­radebeul.de37

Page 38: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

KULTUR IN PIRNA

BÜRGERSTOLZIN SANDSTEINDie Pirnaer Stadtkirche St. Marien ist ein Fest für die Augenund eine Lehrstunde für Architekturfans.Zugleich steckt der prachtvolle Bau voller Geschichtenaus fünf Jahrhunderten – von spannend bis vergnüglich.

Pirnain der Sächsischen

Schweiz38

Page 39: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

KULTUR IN PIRNA

Groß sollte die neue Kirche werden und repräsentativ

– das stand für die Pirnaer Bürger außer Frage. An der

Schwelle zum 16. Jahrhundert war die Stadt im Elbtal

so reich wie nie zuvor, und auch später nie wieder. Der

Handel an der Elbquerung hatte die Stadt erblühen las­

sen, und natürlich das Geschäft mit dem Sandstein. Da­

von bekamen die sächsischen Fürsten gar nicht genug,

die flussabwärts ihr Dresden zur Residenzstadt ausbau­

en ließen. Die Pirnaer lieferten, was die Steinbrüche

der nahen Sächsischen Schweiz hergaben, und wie die

Stadtkasse der Dresdner durch die kurfürstliche Bauwut

stetig abnahm, füllte sich die in Pirna. Mit dem Selbst­

bewusstsein wuchsen auch die Ambitionen für den Bau

einer neuen Kirche.

AN DER SCHWELLE DER ZEITENIm Jahr 1502 trat der renommierte Baumeister Peter

Ulrich in Pirna seinen Dienst an. Den Turm von 1479

nahm er als Fixpunkt seiner Planungen. Niemand ahnte

zu jener Zeit, dass es mehr als vier Jahrzehnte bis zur Fer­

tigstellung der Kirche dauern würde. Das lag einerseits

daran, dass die Finanzierung mit dem Tempo der Bauar­

beiter nicht Schritt halten konnte, was häufige Verzöge­

rungen mit sich brachte. Die verschafften Peter Ulrich so

viel Zeit, dass er parallel zu seinen Aufgaben in Pirna zwei

weitere Baustellen übernehmen konnte: Neben einem

Kirchbau in Lommatzsch leitete Ulrich ab 1507 auch den

Neubau der berühmten Annenkirche zu Annaberg, bis zu

seinem Tod sechs Jahre später. Zu dem Zeitpunkt stand

in Pirna noch nicht einmal das komplette Kirchenschiff.

39

Page 40: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

KULTUR IN PIRNA

Man muss den Pirnaer Bürgern allerdings zu Gute halten,

dass die äußeren Umstände für ihren Kirchbau nicht ide­

al waren: Zum Ende des Mittelalters nahm die Macht der

Kirche ab. In Wittenberg machte sich ein Mönch namens

Martin Luther weitreichende Gedanken. Diese Gemenge­

lage führte dazu, dass die stolze Stadtkirche St. Marien erst

im Jahr 1546 fertig wurde. Ihre Mauern waren noch von ka­

tholischen Arbeitern errichtet worden. Die prachtvollen Ge­

wölbe hingegen entstanden, als Pirna längst protestantisch

war. Auch aus dieser Spannung speisen sich etliche archi­

tektonische Besonderheiten, die Besucher bis heute begeis­

tern. Hinzu kommen Kuriositäten wie der »Hobelspan«,

eine völlig zweckfreie Gewölberippe im südlichen Kirchen­

schiff. Gedreht wie eine Locke, hängt sie von der Decke und

dient wohl allein dazu, die Kunstfertigkeit der Steinmetze

zu demonstrieren. Mindestens 96 dieser Handwerker waren

an dem Bau beteiligt, denn so viele individuelle Steinmetz­

zeichen fand man bei späteren Restaurierungsarbeiten.

EIN BEGEISTERTER DICHTERDie Reibungen der Reformation sollten die Geschicke des

Kirchbaus auch nach der Fertigstellung prägen. Die prunk­

volle Gestaltung der Fenster und die farbenfrohe Ausmalung

folgen im Stil noch der katholischen Tradition, allerdings

mit deutlich protestantischen Motiven – eine wirklich au­

ßergewöhnliche Kombination. Der ursprüngliche Marien­

altar, der aus einer der Vorgängerkirchen stammte, war mit

Luthers Lehre freilich wenig kompatibel. Schon bald nach

der Kirchweihe verkauften die frischgebackenen Protestan­

ten das wertvolle Stück ins katholische Aussig. Leider trafen

statt der vereinbarten Geldsumme nur ein paar Fässer Wein

in Pirna ein, deren Verkauf sich kaum auszahlte. Für einen

würdigen Altar stürzten sich die Pirnaer Bürger also einmal

mehr in Unkosten: 1.058 Reichstaler, 13 Groschen und 8½

Pfennige investierten sie in einen bemerkenswerten Sand­

steinaltar aus den Werkstätten der Gebrüder Michael und

David Schwencke. 1614 wurde das Kunstwerk geweiht und

ist bis heute der Blickfang der Kirche.

Der Taufsteinsockel stellt 26 Kleinkinder in ihrem Tageslauf dar – Dichterfürst Goethe war begeistertBlick auf den Altar von 161440

Page 41: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

KULTUR IN PIRNA

Davor und leicht zu übersehen steht der noch ältere Taufstein,

wohl aus dem späten 16. Jahrhundert. Außergewöhnlich ist

die Gestaltung seines steinernen Sockels. Den bevölkern 26

Figuren, die gemeinsam den Tagesablauf eines Kleinkinds dar­

stellen – sie schlafen, essen, spielen und beten. Johann Wolf­

gang von Goethe entdeckte das Kleinod 1813 auf der Durch­

reise nach Teplitz und war so hingerissen davon, dass er seiner

Gattin eine ausführliche Beschreibung schickte.

ENTDECKUNGSREISE IM GEWÖLBEWer die Stadtkirche St. Marien heute besucht, erlebt den Bau

strahlend renoviert nach rund 20 Jahren fortwährender Sa­

nierung, die 2014 ein Ende fand. Die heutige Ausstattung

der Kirche geht auf die letzte große Umgestaltung aus dem

Jahr 1802 zurück. Buntglasfenster und Wandgemälde wurden

damals entfernt, vielleicht als letzter Akt der Protestanten ge­

gen die prunkvolle und »zu katholische« Gestaltung. Glück­

licherweise ging auch den »Bilderstürmern« dieser Zeit das

Geld aus, sodass die Deckengestaltung entgegen der Planung

erhalten blieb und heute einen wunderbaren Kontrast zur

betont schlichten Wandgestaltung bildet. Ebenfalls eine ge­

nauere Betrachtung wert: die vorreformatorische Kanzel von

1520, die neben fantastisch ausgearbeiteten Hauptfiguren ei­

nige überaus originelle »Nebendarsteller« aufzuweisen hat.

Genaues Hinschauen lohnt sich auch beim Blick zur Decke:

Einige architektonische Ungereimtheiten wurden dort mehr­

fach recht kreativ gelöst. Wer noch mehr entdecken möchte,

macht sich auf die Suche nach der »Wilden Frau«.

Kleiner Tipp: Ganz in der Nähe ist eine Kanonenkugel

aus dem Dreißigjährigen Krieg zu sehen. Allerdings

stammt dieser »Volltreffer« nicht von den schwedischen

Angreifern, sondern aus einer sächsischen Kanone. Großen

Schaden richtete sie nicht an, und heute beschert sie den

Besuchern eine weitere Geschichte, von denen sich noch

Dutzende in St. Marien finden.

• www.kirche­pirna.de

Gewölbe mit KanonenkugelDer Taufsteinsockel stellt 26 Kleinkinder in ihrem Tageslauf dar – Dichterfürst Goethe war begeistert41

Page 42: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

KULTUR IN GRIMMA

Als Baumeister des Sachsenfürsten August des Starkenwurde Matthäus Daniel Pöppelmann weltbekannt.Doch seine Sporen verdiente sich der Architekt unter anderemin Kössern bei Grimma.

PÖPPELMANNS SPIELWIESE

Grimmaan der Mulde

42

Page 43: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

KULTUR IN GRIMMA

Damit war nicht zu rechnen. Eine Radtour ab Grimma führt

kreuz und quer durch das liebliche Tal der Mulde. Nur ein

kleiner Abstecher und dann ... Barock! Welch ein Anblick!

Kaum etwas unterscheidet das Örtchen Kössern von den üb­

rigen Dörfern in der Gegend, und so ist die Überraschung

perfekt. Mit frisch restaurierter Fassade steht das Jagdhaus aus

dem frühen 18. Jahrhundert an der Dorfstraße und wartet auf

Besucher. Oder besser gesagt: Bernd Wagner wartet auf Gäste,

denen er sein Schmuckstück präsentieren kann. Natürlich ist

es nicht wirklich »sein« Jagdhaus. Aber als Vorsitzender des

örtlichen Kulturvereins setzt er mit seinen Mitstreitern seit

Jahren viele Hebel in Bewegung, um diesem besonderen Bau

wieder zu altem Glanz zu verhelfen.

Barocksaal im Jagdhaus Kössern43

Page 44: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

KULTUR IN PIRNA

EIN REFUGIUM FÜR DEN KURFÜRSTENAlso steigen die Muldental­Radler ab und lassen sich entfüh­

ren in längst vergangene Zeiten. Schnell fallen Namen, die

aufhorchen lassen: Sachsenfürst August der Starke ist mit

von der Partie und auch sein Baumeister Pöppelmann. Beide

sind jedem Dresden­Touristen ein Begriff – aber was haben

sie mit Kössern bei Grimma zu tun? Den Grundstein ihrer

Beziehung legte die legendäre Jagdleidenschaft des Dresdner

Hofs. Der Lust des Königs an der Tierhatz ist nicht nur das

bekanntere Jagdschloss Moritzburg bei Dresden zu verdan­

ken, sondern auch das Jagdhaus zu Kössern. Damals war Wolf

Dietrich von Erdmannsdorff als Oberhofjägermeister hier für

die Hege und Pflege der Wildbestände zuständig. Dieses Amt

schloss auch den gelegentlichen Empfang der kurfürstlichen

Jagdgesellschaft ein, doch dafür fehlte der Raum. Das Erd­

manssdorffsche Rittergut am Ort war für derlei Anlässe weder

groß noch repräsentativ genug.

Bernd Wagner erzählt diese Geschichten, als sei er selbst

dabei gewesen, und es braucht nicht viel Fantasie für die Vor­

stellung, wie er seine Besucher gelegentlich kostümiert als

»Benno von Muldenknick« in die Vergangenheit mitnimmt.

UNTER BAROCKEM HIMMELAuch wenn die historischen Belege rar sind, gilt als sicher, dass

der Hofjäger den Landbaumeister Matthäus Daniel Pöppel­

mann engagierte, um ein angemessenes Jagdhaus im Stil der

Zeit zu entwerfen. Schließlich kannte er den exquisiten Ge­

schmack seines Herrn Friedrich August II. von Sachsen, auch

bekannt als August der Starke. Das weitläufige Vestibül des

Jagdhauses ist heute nur noch zu erahnen – zu viele Nachnutzer

der Vergangenheit brauchten kleinere Räume im Parterre. Das

große »Aaah!« ist ohnehin dem Barocksaal im Obergeschoss

vorbehalten. Edles Eichenparkett am Boden, hohe Fenster zum

Garten und erst die Decke! Farbenfroh umranden Stuck und

Trompe­l’œil­Malerei ein barockes Deckengemälde mit Szenen

frei nach der antiken Mythologie.

An die Stelle der kurfürstlichen Jagdgesellschaften tre­

ten heute Musiker, Dichter oder Schauspieler, die das Jagd­

haus seit Jahrzehnten mit kulturellem Leben füllen. »Bis zu

90 Personen haben hier Platz«, erklärt Bernd Wagner. Auch

für private Veranstaltungen werde der Raum gern genutzt.

unten: Bernd Wagner und Siri Köppchen in ihrem Element Ein Hingucker: die Barockfassade des Pöppelmann-Baus

44

Page 45: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

KULTUR IN PIRNA

VON DER MULDE AN DIE ELBE ... UND RETOURBeim Blick aus dem Fenster fällt der Blick auf eine ausgedehn­

te Streuobstwiese voller Apfelbäume. »Vom einstigen Barock­

garten gibt es leider keine Dokumente«, bedauert Wagner.

Zum Trost schenkt er frischen Apfelsaft aus eigener Produk­

tion ein. Sehr lecker – und eine perfekte Erfrischung vor der

Weiterreise an der Mulde.

Für den Architekten Pöppelmann wirkte das Bauprojekt

zu Kössern übrigens als Karriereschub. Bald wurde er zum

Oberlandbaumeister befördert und nach Dresden berufen.

Dort begann er 1711 gemeinsam mit dem Bildhauer Baltha­

sar Permoser die Arbeit an seinem Meisterstück: dem Zwin­

ger. Daneben entwarf er das Japanische Palais und Schloss Pill­

nitz. Nahe Torgau baute er das Hofgestüt von Graditz und

plante im Auftrag des Kurfürsten viele weitere Bauten – auch

wenn etliche Entwürfe nie umgesetzt wurden. Und auch ins

Mulden tal kehrte er nochmals als Baumeister zurück: Die

Grimmaer Brücke für die neue Eilpostlinie zwischen Leipzig

und Dresden stammt ebenfalls aus Pöppelmanns Zeichenfeder.

• www.jagdhaus­koessern.de

Siri Köppchen zeigt alte Akten aus dem Jagdhaus-Fundus

45

Page 46: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

KULTUR IN ZITTAU

Das Große Zittauer Fastentuchist heute die bedeutendste Sehenswürdigkeit der Stadt.Doch bis dahin musste es eine abenteuerliche Irrfahrt

über drei Jahrhunderte überstehen.

DIE LANGEREISE DES

FASTENTUCHS

Mächtig ragte St. Johannis in den Himmel der Oberlausitz.

Doch an diesem Frühjahrstag des Jahres 1472 hatte kaum

jemand in Zittau einen Blick für den gewaltigen Bau. Alles

Volk strömte durch das Portal in das Kirchenschiff. Jeder­

mann wollte einen Blick auf das großartige Kunstwerk

werfen, das nun zwischen den östlichen Vierungs pfeilern

hing. 8,20 Meter hoch und 6,80 Meter breit spannte sich

dort in prächtigen Farben das neue Fastentuch. 90 bib­

lische Geschichten waren darauf zu sehen, und die Men­

schen staunten über das Wunderwerk, gestiftet von ei­

nem reichen Zittauer Händler. Ganze 200 Jahre sollte das

Kunstwerk nun jedes Jahr über die 40 Tage der Fastenzeit

den Altar verbergen, bis er zu Ostern wieder enthüllt wur­

de – als Symbol für die erlösende Auferstehung Jesu Christi.

Zittauin der Oberlausitz

46

Page 47: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

KULTUR IN ZITTAU

47

Page 48: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

KULTUR IN ZITTAU

DAS ABENTEUER BEGINNT»... weil es vom Staube ziemlich verderbet und mürbe

worden«, befürchtete man, dass das Fastentuch »her­

abreißen, und durch seinen Fall Schaden und Lermen

in der Kirche anrichten« könnte. Deshalb wurde es

1672 wohl zum letzten Mal aufgehängt. Die Schäden

stellten sich nach der Wiederentdeckung des Fasten­

tuchs 1840 zwar als wesentlich geringer als befürchtet

heraus, aber diese Vorsichtsmaßnahme hatte das Fasten­

tuch wohl zum ersten Mal vor der Zerstörung gerettet.

Denn wenn nicht der »Zahn der Zeit« die wertvolle

Textilie angegriffen hätte, wäre sie zusammen mit der

Johanniskirche dem verheerenden Zittauer Stadtbrand

von 1757 zum Opfer gefallen.

Stattdessen war das Fastentuch im feuersiche­

ren Gewölbe der ehrwürdigen Ratsbibliothek un­

tergebracht, die nach der Reformation im alten

Franziskaner kloster eingerichtet wurde. Mit vielen

anderen Schätzen wurde es dort bewacht vom Bib­

liothekar Christian August Meyer, der zur Sicherheit

bei den kostbaren Büchern geblieben war, während

sein eigenes Haus in Flammen aufging.

Dennoch geriet das Tuch in den nächsten Jahr­

zehnten in Vergessenheit. Erst 1840 stieß der Bib­

liothekar Lange wieder auf die große Kiste mit dem

aufgerollten Fastentuch: eine wissenschaftliche Sen­

sation. Der sächsische Altertumsverein in Dresden

unter der Leitung des späteren Königs Johann von

Sachsen wurde auf den Fund aufmerksam und stellte

das Fastentuch 1842 erstmals wieder aus. Bis 1876

blieb es in der Residenzstadt und kehrte dann zurück

nach Zittau. Dort fehlte jedoch der Raum für eine

Dauerausstellung. Das Große Fastentuch wurde bis

1933 nur gelegentlich gezeigt.

KRIEGSWIRREN UND EINE BADESTUBEDie Zeit der Ausstellungen endete mit den Kriegs­

vorbereitungen Deutschlands. Das Fastentuch lager­

te bis Anfang 1945 im Museumsdepot. Als jedoch

am 14. Februar die Kunde von der verheerenden

Dresdner Bombennacht Zittau erreichte, wurde man

im Museum nervös. Man beschloss, die wichtigsten

Stücke der Sammlungen in Sicherheit zu bringen,

fort aus der Stadt, einem möglichen Ziel der Bom­

ber. Kurzerhand wurde ein Trupp Kriegsgefangener

mit dem Abtransport der Exponate betraut. Ihr Ziel:

48

Page 49: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

die Klosterruine auf dem Oybin vor den Toren der Stadt. Dort waren

die wertvollen Stücke, darunter das Fastentuch, vorerst in Sicherheit.

Allerdings nur bis zum Mai. Dann nämlich besetzten Soldaten der Ro­

ten Armee den Kurort Oybin und stießen rasch auf die Preziosen in der

Burgruine.

Der seltsame große Wandbehang kam ihnen offenbar gerade recht: In

vier Teile zerschnitten, nutzten die Sowjetsoldaten das Tuch zur Abdich­

tung und Dekoration einer provisorischen Badestube nach russischer Tra­

dition. Nach dem Abzug der Truppen entdeckte ein Oybiner Bürger die

Fetzen im Wald. Trotz ihres erbärmlichen Zustands fanden sie den Weg

zurück ins Zittauer Museum.

Dort allerdings blieb das Große Fastentuch wohl auch aus politischen

Gründen über die Jahrzehnte der DDR unangetastet, abgesehen von einer

ersten Reinigung und einem späteren unvollendeten Restaurierungsver­

such. Erst die Wende brachte neue Hoffnung für das Fastentuch. 1990 kam

es bei der ersten Revision vollständig, aber in 17 Teilen zutage.

ALPENLÄNDISCHE AUFERSTEHUNGDer ersten öffentlichen Euphorie über die Wiederentdeckung des

Schatzes folgten freilich keine Taten. Zu sehr war man mit den großen

Fragen der Wiedervereinigung beschäftigt. Auch erste Spendeninitia­

tiven in Zittau konnten nicht annähernd die nötigen Mittel für eine

Restaurierung aufbringen. Doch der Zittauer Museumsleiter und His­

toriker Dr. Volker Dudeck ließ nicht locker, und auf einer Urlaubsreise

in Tirol war ihm das Glück hold. Ein Fachkollege gab ihm den Hinweis

auf die Schweizer Abegg­Stiftung, die sich schon seit Jahrzehnten der

Erforschung und Bewahrung alter Textilien von Weltrang widmete.

Schon die erste Anfrage elektrisierte die Schweizer Fachleute. Bald

lag die Zusage der kostenfreien Restaurierung vor, lediglich Transport

und Versicherung waren von den Zittauern zu finanzieren. Das war eine

realistische Aufgabe für Volker Dudeck und seine Mitstreiter. Am 11.

April 1994 traf das Große Fastentuch in Riggisberg bei Bern ein, wo es in

den kommenden Monaten fachgerecht restauriert wurde.

Bereits im Mai des Folgejahrs begann mit der ersten Ausstellung in

der Schweiz eine neue Ära des Großen Fastentuchs. Das Kleinod war wie­

der für die Öffentlichkeit zugänglich und würde es auch bleiben. Denn in

Zittau wurde unterdessen ein würdiger Ort für seine Präsentation herge­

richtet. Und was konnte besser geeignet sein als der letzte Ausstellungsort

vor dem Krieg? So wurde die einstige Kirche zum Heiligen Kreuz kurzer­

hand zum Museum, dem perfekten Platz für die wichtigste Sehenswür­

digkeit Zittaus – und zur Endstation einer schicksalhaften Reise.

Neben dem Großen beherbergt die Stadt übrigens auch das ebenso

einzigartige Kleine Zittauer Fastentuch. Ebenfalls in der Schweiz restau­

riert, ist es im Kulturhistorischen Museum Franziskanerkloster zu be­

wundern. Erst dessen Besichtigung macht den Besuch in der »Stadt der

Fastentücher« komplett.

• www.www.zittau.eu/fastentuecher

Dieser Beitrag basiert auf den Recherchen von Dr. Volker Dudeck, nachzulesen im Heft »Die Zittauer Fastentücher« (www.verlag-oettel.de - ISBN 978-3-938583-42-5). 49

Page 50: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

KULTUR IN TORGAU

Torgauan der Elbe

50

Page 51: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

KULTUR IN TORGAU

DIEMACHTSPIELE VON TORGAU

Auf der Landkarte der Reformation spielt Torgau

oft nur eine Nebenrolle – zu Unrecht.

Eine aufwendige Schau rückt die Elbestadt in ein

anderes Licht. Hier wurden nach 1517 viele

entscheidende Weichen gestellt.

Natürlich kennt man die Stätten der Re­

formation. Wittenberg – der Thesen­

anschlag an der Schlosskirche! Oder Ei­

senach – wo Luther inkognito auf der

Wartburg das Neue Testament über­

setzte! Aber Torgau? Die 1. Nationa­

le Sonderausstellung »Luther und die

Fürsten« will dieses Fragezeichen zum

Ausrufezeichen machen. Mit einer Fül­

le von Exponaten und Dokumenten

zeigt die Schau an drei Standorten, wie

Torgau zum politischen Zentrum der

Reformation wurde und deren Wirkung

immens beeinflusste. Vieles dreht sich

dabei um die sächsischen Kurfürsten,

die in Torgau residierten, angefangen

mit Friedrich III. Auch als Friedrich der

Weise bekannt, fällt vor allem sein Name

häufig in einem Atemzug mit dem des

Reformators Martin Luther.

Blick in die Ausstellung »Luther und die Fürsten«

Abendmahlkelch (ca. 2. Hälfte 13. Jahrhunderts)

51

Page 52: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

KULTUR IN TORGAU

DAS ZENTRUM DER MACHTAuch wenn der Kurfürst seinen »Schützling« wohl nie per­

sönlich empfangen hat, ist Luthers weltbewegender Erfolg

ohne ihn und seine Nachfolger auf Schloss Hartenfels nicht

denkbar. Friedrich III. gründete 1502 in Wittenberg die Uni­

versität, an der Martin Luther später lehren sollte und die zum

geistigen Mittelpunkt seiner angestrebten Kirchenerneue­

rung wurde. Als der Reformator durch das päpstliche Urteil

von 1518 zum Ketzer erklärte wurde, erkannte Friedrich III.

dies nicht an. Zwei Jahre später fiel Luther nach dem Worm­

ser Reichstag unter den kaiserlichen Bann und der sächsische

Kurfürst ließ ihn unter dem Decknamen »Junker Jörg« auf

der Wartburg verstecken. Spätestens damit hatte er den Kon­

flikt von der innerkirchlichen auf die politische Bühne beför­

dert und sich gegen den Papst und seinen ebenfalls katholi­

schen Kaiser gestellt. »Damit wurden Torgau und später

auch Schloss Hartenfels für viele Jahrzehnte zum politischen

Zentrum der protestantischen Bewegung«, erklärt Dirk

Syndram von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.

Als Kurator der groß angelegten Ausstellung will er »zeigen,

wie wichtig gerade die sächsischen Fürsten für den Erfolg

der Reformation waren«. In Torgau trafen sich die evangeli­

schen Fürsten über Jahrzehnte und gründeten etwa 1526 den

Torgauer Bund als erstes protestantisches Verteidigungsbünd­

nis. Luther erarbeitete hier gemeinsam mit Melanchthon,

Jonas und Bugenhagen die Torgauer Artikel, die in die

»Confessio Augustana« einflossen, mit welcher die Fürs­

ten 1530 vor dem Augsburger Reichstag ihre Kirchenreform

rechtfertigten. Immer wieder war die Stadt Schauplatz histo­

risch bedeutsamer Ereignisse. Die Vielfalt der Exponate von

Leihgebern aus Deutschland, Europa und den USA verdich­

tet die Ausstellung zu einem faszinierenden Bilderbogen der

Reformation.

Prachtmitra des Erzbischofs Albrecht von Brandenburg (ca. 1514)Blick in die Ausstellung

52

Page 53: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

KULTUR IN TORGAU

VON POLITIK UND ALLTAGSchloss Hartenfels ist prägend für den besonderen Eindruck

von »Luther und die Fürsten«: ein historischer Schauplatz,

der heute nicht weniger beeindruckt als nach seiner Fertigstel­

lung im Jahr 1544. Damals hatte sich Martin Luther erneut

auf die beschwerliche Reise an die Elbe gemacht, um die neue

Schlosskapelle einzuweihen, den ersten protestantischen Kir­

chenneubau überhaupt. Der greise Reformator selbst stieg als

Prediger auf die Kanzel, die sich symbolträchtig in der Mitte

des Kirchenschiffs befindet, um die zentrale Bedeutung von

Gottes Wort zu betonen.

Luthers Predigt ist im Ausstellungszeitraum in der Schloss­

kapelle zu hören. Darüber hinaus führt der Rundgang an zwei

weitere Stationen außerhalb des Schlosses: die Superinten­

dentur und die Kanzlei in Torgau erweitern das Themenspek­

trum. »Hier wollen wir die Auswirkung der Reformation ab­

seits der großen Politik darstellen«, erklärt Kurator Syndram.

Das neue Selbstbewusstsein der Fürsten habe sich nicht nur

in Fragen des Glaubens gezeigt. »In der Verwaltung, im tägli­

chen Leben und in der Bildung hat diese Zeit viele Spuren hin­

terlassen«, sagt der Kunsthistoriker. Auch Luthers Verdienste

um die deutsche Sprache werden aufgezeigt, hat er doch mit

seiner Bibelübersetzung einen Grundstein für das heutige

Hochdeutsch gelegt. Sein »Kleiner Katechismus« war über

Jahrhunderte das wichtigste und oft einzige Schulbuch. Auch

zum Sprachschatz der Deutschen hat der Reformator viel bei­

getragen: Begriffe wie »Feuertaufe«, »Machtwort« oder

»Sündenbock« gelten als seine Schöpfungen. Redewendun­

gen wie die »ungelegten Eier« oder der »Stein des Ansto­

ßes« stammen von Luther, wie auch der Ausspruch: »Wer bei

den Wölfen sein will, muss mit ihnen heulen.« Manche Din­

ge ändern sich eben nie.

• www.luther.skd.museum

Thronender Heiliger Benno von Meißen (1625, Augsburg)Blick in die Ausstellung

53

Page 54: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

KULTURHÖHEPUNKTE IN SACHSEN

MEISSEN

19.–28. Juni 2015

Neue Burgfestspiele Meißen

4. Juli 2015

Lange Nacht der Kunst,

Kultur und Architektur

25.–27. September 2015

Meißner Weinfest

PLAUEN

12.–14. Juni 2015

56. Plauener Spitzenfest

10.–18. Juli 2015

Parktheater Plauen: »Faust«

– Oper von Charles Gounod

4.–20. Dezember 2015 und

8. Januar–14. Februar 2016

Dali­Ausstellung »Dali 2.0«

TORGAU

27. Juni–5. Juli 2015

33. Festwoche der Kirchenmusik

16.–26. Juli 2015

3. Internat. Sächs. Sängerakademie

auf Schloss Hartenfels

22.–24. April 2016

»Elbe Day«

PIRNA

1. August 2015

Pirnaer Hofnacht

20.–29. Mai 2016

Wagneriade

17.–19. Juni 2016

Pirnaer Stadtfest

RADEBEUL

19./20. September 2015

Schmalspurbahnfestival

auf der Lößnitzgrundbahn

2.–4. Oktober 2015

Historisches Weinfest

und Deutscher Winzerzug

6.–8. Mai 2016

25. Karl­May­Festtage 

ZITTAU

10.–12. Juli 2015

21. Stadtfest Zittau

 4. Juli–6. September 2015

Sommertheater

auf der Waldbühne Jonsdorf

 

4. Mai 2016

»Spectaculum Citaviae«

ZWICKAU

4.–14. Juni 2015

»Robert & Clara –

das Schumann­Fest 2015«

13.–15. August 2015

»Sachsen Classic 2015«

Sommer 2016

Große Neueröffnung

des August­Horch­Museums

WAS IST LOS IN SACHSEN?

»Elbe-Day« in Torgau

54

Page 55: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

KULTURHÖHEPUNKTE IN SACHSEN

GRIMMA

12.–14. Juni 2015

1. Landesmusikfest Sachsen

7./8. November 2015

Martinimarkt in der Klosterkirche

15. Mai 2016

15. Museumsfest

im Göschenhaus

BAUTZEN

25. Juni–2. August 2015

20. Bautzener Theatersommer –

»My Fair Lady«

9.–12. Juli 2015

11. Internationales Folklorefestival

Lausitz 2015

Mai 2016

1014. Bautzener Frühling

FREIBERG

20. Juni–12. September 2015

»Freiberger Sommernächte«

25.–28. Juni 2015

30. Freiberger Bergstadtfest

24. November–22. Dezember 2015

Freiberger Christmarkt

mit Bergparade

GÖRLITZ

16. Mai–18. Oktober 2015

Fotoausstellung »Görlitz –

Auferstehung eines Denkmals«

2.–4. Juli 2015

Internationales Straßentheaterfestival

»Via Thea«

13. September 2015

Tag des offenen Denkmals/

Handwerkermarkt

ANNABERG- BUCHHOLZ

21. Juni–23. August 2015

Annaberger Klosterfest

27. November–23. Dezember 2015

Annaberger Weihnachtsmarkt

27. Mai–5. Juni 2016

496. »Annaberger KÄT«

KAMENZ

21. Juni 2015

»Fête de la Musique«

21.–27. August 2015

Forstfest Kamenz

12./13. Dezember 2015

Märchenhaftes

Advents­Spectaculum

Freiberger Christmarkt

55

Page 56: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

DREIZEHN STADTSCHÖNHEITEN SACHSEN

Genuss und Aktivität im Zentrum der Sächsischen Weinstraße

• Historische Weingüter und gemütliche Straußwirtschaften

• Dorfanger Altkötzschenbroda und Karl­May­Museum

• Dampfbetr. Schmalspurbahn und nostalgische Schaufelraddampfer

• Hervorragende Anbindung zur Landeshauptstadt Dresden

Die 1.000 Jahre alte Stadt hält viele Überraschungen bereit

• Glanzvolles Meissener Porzellan®

• Entspannte Radtouren und gemütliche Weinproben beim Winzer

• Romantische Bummel durch versteckte Gassen der Altstadt

• Albrechtsburg als ältestes dt. Schloss und Meißner Dom

Die Stadt der Renaissance und Reformation

• Berühmt: Schloss Hartenfels mit Großem Wendelstein

• Bedeutend: von Luther geweihte Schlosskirche, 1. ev. Kirchenbau

• Bezaubernd: historische Renaissance­Altstadt, tägl. Führungen

• Beachtlich: 16 Museen und Ausstellungen

Viele Türme. Gute Aussicht.

• Romantische Altstadt mit Alter Wasserkunst, Ortenburg und Dom

• Mehr als 1.000 Baudenkmale aus acht Jahrhunderten

• Lebendige Kultur­, Kunst­ und Kneipenszene

• Einmalige Osterbräuche und Traditionen der Sorben

Ein städtebauliches Gesamtkunstwerk mit vielen Facetten

• Filmerprobte Kulisse durch 4.000 denkmalgeschützte Häuser

• Europäisches Flair in der deutsch­polnischen Zwillingsstadt

• Sakrale Impressionen zwischen Sonnenorgel und Heiligem Grab

• Aktive Erholung am Oder­Neiße­Radweg und am See

Die Stadt der Fastentücher im Dreiländereck

• Zeigt als einzige deutsche Stadt zwei mittelalterliche Textil­

kunstwerke von 1472 und 1573 in einer dauerhaften Präsentation

• Bezaubert mit historischem Stadtkern inmitten des "Grünen Rings"

• Lockt mit Zittauer, Iser­ und Riesengebirge vor der Haustür

BAUTZEN

GÖRLITZZITTAU

RADEBEULMEISSEN

TORGAU

DREIZEHN STADTSCHÖNHEITEN AUF EINEN BLICK

56

Page 57: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

DREIZEHN STADTSCHÖNHEITEN SACHSEN

Sandstein voller Leben

• Steinreich: historische Altstadt mit Sandsteinelementen,

• reich verzierten Bürgerhäusern, zeitgenössischer Sandsteinkunst

• Lebendig : Canalettos Marktplatzansicht original erlebbar

• Erleben: Baudenkmäler von Weltrang aus Pirnaer Sandstein

Gleich hinter Leipzig – die schönste Altstadt Mitteldeutschlands

• Historische Altstadt mit Pöppelmannbrücke und Mauerhäuschen

• Martin Luther, seine Frau Katharina von Bora und die Reformation

• Hängebrücke ­ per Muldenschiff zu Schiff­ und Wassermühle

• Nobelpreisträger Wilhelm Ostwald – zu Gast bei einem Genie

Weihnachtszauber in der Hauptstadt des Erzgebirges

• Sehen: Bergbautradition der Silberstraße in traumhafter Natur

• Machen: von Spitzenklöppeln über Schnitzkunst bis Stollenbacken

• Träumen: Erlebnismuseum "Manufaktur der Träume"

• Staunen: lebendige Marktpyramide, Bergmännische Krippe u.v.m.

Die Silberstadt Sachsens

• Hist. Altstadtkern mit Bürgerhäusern aus dem Spätmittelalter

• Terra Mineralia – eine der weltgrößten Mineralienausstellungen

• Dom St. Marien – Silbermann­Orgeln und Goldene Pforte

• Erzgebirg. Weihnachtsglanz – Christmarkt und Bergbautradition

Die Lessingstadt weckt Emotionen:

• Von Geburtsort bis Museum: Gotthold Ephraim Lessing fasziniert

• Sakrale Schätze wie z.B. spätgotische Schnitzaltäre begeistern

• Viele botanische Kostbarkeiten in der "grünen" Stadt entzücken

• Verschiedene Veranstaltungen und Feste beleben die Sinne

PLAUEN – echt spitze, nicht nur bei Spitze

• Attraktion Bierelektrische: im rollenden Gasthaus durch die Stadt

• Umgarnt vom Charme und der Schönheit der Plauener Spitze

• E.o.plauen: Vater und Sohn – Bilder sagen mehr als 1.000 Worte

• Natur pur: aktiv zu Fuß oder per Rad durchs schöne Vogtland

Oldtimerträume und Klassik

• Horch, Audi, Wanderer, Trabant – spannende Automobilgeschichte

• Robert und Clara Schumann – Geburtshaus, Museum, Konzertsaal

• Reformationsgeschichte am Lutherweg und in den Priesterhäusern

• Jugendstil und Gründerzeit – Johannisbad und "Neue Welt"

ANNABERG-BUCHHOLZGRIMMA

PLAUEN PIRNA

FREIBERG ZWICKAU

KAMENZ

LEIPZIG

DRESDEN

Kamenz Bautzen

Görlitz

ZittauPirna

Meißen Grimma

Radebeul

Freiberg

Zwickau

Annaberg-BuchholzPlauen

Torgau

CHEMNITZ

57

Page 58: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

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Schmidt, René Jungnickel, Thomas Glaubitz, Erich­Ohser e.o.plauen Stiftung, Fliegerclub Kamenz e. V. (Pilot), mikdam (iStockphoto), giorgiomtb1 (iStockphoto)

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AUSGABE 2015

VERÖFFENTLICHUNG Juni 2015

STADTSCHÖNHEITEN SACHSENLiebe Freunde schöner Städte! 13 säch­

sische Stadtschönheiten voll lebendiger

Geschichte machen Ihnen in diesem

Prospekt ihre Aufwartung. Damit hal­

ten Sie 13 treffende Argumente in den

Händen, auf dem Weg nach Dresden,

Leipzig oder Chemnitz Seitensprünge

zu wagen und die Reize unserer histori­

schen Städte zu erkunden. Ihre fotoge­

ne Romantik, ihr Mittelalter­Flair und

ihre lebhafte Ausstrahlung werden Ih­

nen gefallen. Ob Sie allein kommen, in

Familie, in der Gruppe oder im Verein

– Sie sind herzlich in unseren Städten

Annaberg­Buchholz, Plauen, Zwickau,

Freiberg, Grimma, Torgau, Meißen, Ra­

debeul, Pirna, Kamenz, Bautzen, Gör­

litz und Zittau willkommen. Wenn Sie

noch mehr Gründe benötigen, um sich

für eine Entdeckungsreise zu entschei­

den, dann bestellen Sie bei uns kosten­

frei die ausführliche Imagebroschüre

»Stadtschönheiten Sachsen. Lieblings­

plätze der Geschichte« oder alle 13

Stadtrundgänge im handlichen Po cket­

Format mit Kulturtipps und Ausflugs­

empfehlungen sowie Kontakten.

Ihre Tourismus-

Marketing Gesellschaft Sachsen

Hotline +49 (0) 351 - 49 17 00 · www.sachsen – tourismus.de

Telefon +49 (0) 351­49 17­00

info@sachsen ­ tour.de

www.sachsen ­tourismus.de

IMPESSUM

58

Page 59: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

ANNABERG–BUCHHOLZ

TOURIST–INFORMATION

Buchholzer Straße 2

09456 Annaberg­Buchholz

Telefon +49 (0) 3733­19 433

tourist­info@annaberg­buchholz.de

www.annaberg­buchholz.de

BAUTZEN/BUDYŠIN

TOURIST–INFORMATION

Hauptmarkt 1 · 02625 Bautzen

Telefon +49 (0) 03591­420 16

[email protected]

www.tourismus­bautzen.de

FREIBERG

TOURIST–INFORMATION

Burgstraße 1 · 09599 Freiberg

Telefon +49 (0) 3731­27 36 64

tourist­info@freiberg­service.de

www.freiberg­service.de

GÖRLITZ

TOURIST–INFORMATION

Obermarkt 32 · 02826 Görlitz

Telefon +49 (0) 3581­47 570

willkommen@europastadt­goerlitz.de

www.goerlitz.de

STADTINFORMATION

GRIMMA

Markt 23 · 04668 Grimma

Telefon +49 (0) 3437­98 58 285

[email protected]

www.grimma.de

KAMENZ-

INFORMATION

Schulplatz 5 · 01917 Kamenz

Telefon +49 (0) 3578­379 205

[email protected]

www.kamenz.de/tourismus

MEISSEN

TOURIST–INFORMATION

Markt 3 · 01662 Meißen

Telefon +49 (0) 3521­41 94 0

service@touristinfo­meissen.de

www.touristinfo­meissen.de

PLAUEN

TOURIST–INFORMATION

Unterer Graben 1 · 08523 Plauen

Telefon +49 (0) 3741­29 11 027

[email protected]

www.plauen.de/tourismus

TOURIST SERVICE PIRNA

Am Markt 7 · 01796 Pirna

Telefon +49 (0) 3501­556 446

[email protected]

www.pirna.de

RADEBEUL

TOURIST–INFORMATION

Meißner Straße 152 · 01445 Radebeul

Telefon +49 (0) 351­89 54 120

[email protected]

www.radebeul.de

TORGAU

TOURIST–INFORMATION

Markt 1 · 04860 Torgau

Telefon +49 (0) 3421­70 140

info@tic­torgau.de

www.tic­torgau.de

ZITTAU

TOURIST–INFORMATION

Markt 1 · 02763 Zittau

Telefon +49 (0) 3583­752 200

tourist­[email protected]

www.zittau.eu

ZWICKAU

TOURIST–INFORMATION

Hauptstraße 6 · 08056 Zwickau

Telefon +49 (0) 375­271 324­0

tourist@kultour­z.de

www.zwickautourist.de

KONTAKT

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Page 60: Magazin Stadtschönheiten Sachsen 2015

BEI UNS GAB ES SCHON E IN FAHRWERK,

ALS ANDERE NOCH E IN FUHRWERK HATTEN.

Die Sachsen hatten schon immer einen Sinn für Fort-

bewegung – und Fortschritt. Bereits 1904 gründete August

Horch in Zwickau seine erste Fabrik für „Motorwagen“.

Ab 1910 baute er in einem zweiten Werk Fahrzeuge

und gab ihnen den klangvollen Namen „Audi“. Heute

ist dort das August Horch Museum Zwickau – ein

eindrucksvolles Zeugnis für Sachsens goldenes Industrie-

zeitalter. Und nur eine von vielen Sehenswürdigkeiten

auf der Route der Industriekultur in Sachsen. Mehr

Informationen unter www.sachsen-industriekultur.de

oder bei der Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen,

Bautzner Straße 45-47, 01099 Dresden, Tel. 0351/491700.

TM 01 009 14 AZ Industriekultur Step04.indd 1 29.10.14 09:19