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magazin forschung November 2013

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Prof. Dr. Stefan Diebels

Dr. Michael Roland

Theoretische Mechanik

Prof. Dr. Julia Karbach

Pädagogische Psychologie

Dr. Sonja M. Kessler

Yvette Simon

Stephan Laggai

Prof. Dr. Alexandra K. Kiemer

Pharmazeutische Biologie

Dr. Anja Friedrich

Dr. Antje Biermann

Kathrin Kaub

F.-Sophie Wach,

Corinna Reichl

Stephanie Ruffing

Dirk Hochscheid-Mauel

Dr. Werner Bedersdorfer

Prof. Dr. Frank M. Spinath

Prof. Dr. Julia Karbach

& Prof. Dr. Roland Brünken

Bildungswissenschaften / Psychologie

Kurznachrichten

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Optimierungsstrategie für das Verfüllen von Schienbeinfrakturen mit körpereigenem Knochengewebe

Wie effektiv sind »Gehirnjogging« und »Gedächtnistraining«? – Aktuelle Befunde der kognitiven Trainingsforschung

Erst schwillt sie, dann schrumpft sie – die Rolle von p62 in Lebererkrankungen

Lehramtstudium auf dem Prüfstand

Aus der Forschung

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In der Medizin ist es mittlerweile üblich, komplizierte Knochenfrakturen mit Hilfe von Aufnahmen aus der Computertomographie (CT) auf künstliche Knochen zu übertragen. Diese präoperative Methode ist ein sehr hilfreiches Werkzeug bei der Planung und Konzipierung von neuen Operationstechniken bei Knochenbrüchen. CT-Aufnahmen des künstlichen Knochens in Verbindung mit mechanischen Versuchen am Knochenmodell sind ein exzellenter Ausgangspunkt für die Vorbereitung und Planung einer computerassistierten Chirurgie.

Der folgende Beitrag veranschaulicht dieses neue Verfahren anhand einer komplizierten Fraktur des Schienbeins, die mit einem Implantat behandelt werden musste. Der Bruch war in diesem Fall nach längerer Behandlungszeit nicht vollständig ausgeheilt, was eher ungewöhnlich ist. In solchen Fällen ist es üblich, körpereigenes Knochengewebe aus der Hüfte zu entnehmen und dieses in die ungeheilten Bereiche der Frak-tur zu implantieren.

Da dieser Eingriff allerdings eine große Belastung für den Patienten darstellt, haben wir gemeinsam mit Dr. Thorsten

Tjardes und Dr. Robin Otchwemah von den Kliniken der Stadt Köln Untersuchungen angestellt, um die Knochen-entnahme auf ein sinnvolles Minimum reduzieren zu können. Dazu müssen die im Schienbein-Implantat-System auftreten-den Spannungen während eines Vorwärtsschrittes möglichst genau bekannt sein. Die Basis für diese patientenbasierten Untersuchungen bilden umfangreiche Simulationsrechnun-gen zusammen mit mechanischen Experimenten zu deren Validierung (Abbildungen 1 und 2).

Optimierungsstrategie für das Verfüllen von Schienbeinfrakturen mit körpereigenem KnochengewebeProf. Dr. Stefan DiebelsDr. Michael RolandTheoretische Mechanik

Abb. 1 und 2 : Versuchsaufbau zur Validierung der Simulationen

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Abb. 3: a) Original CT-Aufnahme

b) Original CT-Aufnahme nach Anwendung der Filterung

c) automatische Segmentierung der Knochen- und Implantatstrukturen

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Bildverarbeitung und NetzgenerierungAusgehend von den Aufnahmen einer Computer tomo-

graphie können dank moderner Bildverarbeitungsmethoden automatisiert sogenannte Finite-Elemente Rechengitter er-zeugt werden. Dazu werden in einem ersten Schritt kantenver-bessernde anisotrope Diffusionsfilter, die in der ›Mathema-tical Image Analysis Group‹ von Prof. Joachim Weickert an der Universität des Saarlandes entwickelt werden, auf das Originalbild (Abbildung 3a und 3b) angewandt. Zusammen mit einer geeigneten adaptiven Schwellwertanalyse kann so die genaue Struktur der Knochen, des Implantats und seiner Verankerung aus dem ursprünglichen Bild gewonnen und segmentiert werden (Abbildung 3c).

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Die nun auf die wesentlichen Informationen reduzierten Bild-daten können dann auf ein Finite-Elemente Rechengitter abgebildet werden, indem die einzelnen Bildinformationen oder Pixel mittels des bekannten Bildabstandes zu dreidimen-sionalen Objekten, sogenannten Voxeln, erweitert werden.

Abbildung 4 zeigt das so gewonnene Modell eines Schien-beins mit einem verschraubten Implantat (blau) und einem

rot markierten Frakturbereich. Da es von orthopädischer Seite von großer Bedeutung ist, die Simulationsergebnisse

explizit für das Implantat zu kennen, um Rückschlüsse auf dessen Verhalten während der Patientenbewegung ziehen zu können, wurde dieses noch einmal isoliert dargestellt (Ab-bildung 5).

Algorithmische OptimierungsstrategieUm optimale Füllstellen innerhalb des Frakturbereichs zu

finden, wird in einem ersten Schritt ein sogenanntes Worst-Case-Szenario erstellt. Dazu wird postuliert, dass die gesamte Fraktur nur mit Weichgewebe gefüllt ist und noch keinerlei Knochengewebe eingesetzt worden ist. Für dieses so erstellte Schienbein-Materialmodell werden im Anschluss die Ver-gleichsspannungen in Abhängigkeit vom Körpergewicht des Patienten während der verschiedenen Positionen eines Vor-wärtsschrittes berechnet.

Für unseren Beispielpatienten zeigt sich dabei, dass das Span-nungsmaximum an einer Übergangsstelle zwischen dem ge-sunden Knochenmaterial und dem weichen Frakturbereich auftritt (Abbildung 6a) und zwar bei einem Beugungswinkel des Schienbeines von 45 °, dem angenommenen Maximalwin-kel während eines normalen Vorwärtsschrittes. Zur besseren Vergleichbarkeit der hier dargestellten Abbildungen wird diese Spannungsspitze mit dem Wert 100 versehen und alle weiteren Ergebnisse an dieser Zahl skaliert.

Um mit unserer Optimierungsstrategie zu beginnen, wird nach dem Worst-Case-Szenario als größtmöglicher Gegen-satz ein Best-Case-Szenario berechnet. Hier wird von einer optimalen und vollständigen Verfüllung des Frakturbereichs mit körpereigenem Knochengewebe und dadurch einer sehr guter Kraftübertragung ausgegangen. Abbildung 6b zeigt, dass bei gleichem Beugungswinkel nun ein deutlich geringe-res Spannungsmaximum vorliegt.

Ausgehend von einer anschließenden Analyse der drei-dimensionalen Spannungsverteilung innerhalb der Kno-chen-Implantat-Struktur werden die Bereiche der Fraktur bestimmt, in denen nur sehr geringe Spannungen auftreten. Für diese werden dann in dem erstellten Schienbein-Mate- rialmodell die Parameter von verfülltem Knochengewebe auf Weichgewebe herabgesetzt. In unserem Beispiel war dies für etwa 50 % des Frakturbereichs möglich.

In einer erneuten Simulation der Spannungsverteilung während eines Vorwärtsschritts zeigte sich, dass für unse-ren Beispielpatienten trotz der Reduktion nur eine Erhö-hung der Spannungsspitze von unter einem Prozent be-zogen auf das Best-Case-Szenario auftrat. Dies bedeutet, dass etwa die Hälfte des Frakturbereichs keinen nennenswer-ten Einfluss auf die maximalen Spannungswerte hat und vom mechanischen Gesichtspunkt aus auch nicht verfüllt werden muss. Dieser nur zur Hälfte verfüllte Frakturbereich bildet den Ausgangspunkt für eine weitere Simulation des Schien-bein-Materialmodells mit anschließender Spannungsanalyse und weiterer Reduktion des Füllbereichs.

Insgesamt konnten wir diese algorithmische Vorgehens-weise sechsmal anwenden, bevor die Zunahme der maximalen Spannungswerte einen medizinisch nicht mehr sinnvollen Wert annahm. Zusammenfassend zeigte sich, dass eine Reduktion der Frakturfüllung um etwa 96 % möglich war. Die Zunahme der maximalen Spannungen in Abbildung 6c ist mit dem Wert 83 immer noch nahe am Bereich des optimalen Best-Case-Szenarios mit einem Wert von 79. In der Tabelle sind die Simulationsergebnisse für die ver-schiedenen Beugungswinkel und die verschiedenen Verfül-lungsgrade (Worst-Case, Best-Case, Optimierung) zusam-mengefasst.

Abb. 5: Darstellung des verwendeten Implantats

Abb. 4: Transparent dargestelltes Rechengitter für die Simulationen,

Implantat (blau) und Frakturbereich (rot)

Beugungswinkel des Schienbeins während des Vorwärtsschrittes � = 0˚ � = 10˚ � = 20˚ � = 30˚ � = 40˚ � = 45˚

unverfüllter Frakturbereich (Worst-Case): 9,2 31,4 53,4 73,7 91,2 100,0

Vollständig verfüllter Frakturbereich (Best-Case): 5,8 23,4 41,3 57,8 72,2 79,4

Optimierte Verfüllung des Frakturbereichs: 7,8 27,3 44,9 61,1 76,2 83,7

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Abb. 6a: Simulationsergebnis des Worst-Case-Szenarios

6b: Simulationsergebnis des Best-Case-Szenarios

6c: Simulationsergebnis nach erfolgter Optimierung

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Um diese Vorgehensweise in zukünftigen Operationsplanun-gen anwendbar zu machen, sind die von mechanischer Seite zwingend zu verfüllenden Frakturbereiche genau lokalisiert und visualisiert worden (siehe Abbildung 7b). Im Vergleich zur gesamten Fraktur aus Abbildung 7a ist erkennbar, dass eine Reduktion auf zwei Knochenstege und eine Schrauben-verankerung möglich ist.

Sollte sich eine solch starke Reduktion des zu verfüllen-den Frakturbereichs als sinnvoll erweisen, wäre dies eine sehr

starke Entlastung der Patienten, da die Entnahme von körper-eigenem Knochengewebe aus der Hüfte auf ein notwendiges Minimum reduziert werden könnte. Darüber hinaus würden sich die Heilungschancen erhöhen, da der Körper ständig Knochengewebe in intensiv belasteten Bereichen auf- und in weniger stark belasteten Bereichen abbaut. Da hier eine Fokusierung auf die mechanisch belasteten Frakturstellen ermöglicht wird, würde dieser Prozess sinnvoll ausgenutzt und unterstützt.

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Da es bei Patienten mit komplizierten Frakturen und Im-plantaten immer wieder Fälle gibt, in denen es zu unerwarte-ten und nicht vorhersagbaren Verformungen des Implantats kommt, was die Heilung und Behandlung nachhaltig beein-flusst und verschlechtert, wurde bei den Simulationen stets ein besonderes Augenmerk auf diesen Bereich gelegt, um eventuell auftretende Belastungsspitzen künftig besser pro-gnostizieren zu können.

Um eine bessere Visualisierung der Spannungen innerhalb des Implantats und seiner Verschraubungen zu ermöglichen, können diese auch separat vom Knochengewebe aus den Bilddaten gewonnen und dargestellt werden (Abbildung 7).

Weitere Anwendungsmöglichkeiten in Medizin und Biomechanik

Die hier vorgestellten Methoden zur Generierung von Finite-Elemente Rechengitter und der darauf basierenden (Optimierungs-) Algorithmen können auch auf zahlreiche andere Fragestellungen aus der Medizin und der Biome-chanik angewandt werden. Beispielsweise kann die vorge-stellte Segmentierungsstrategie an Stelle der CT-Daten auch modifiziert auf MRT-Bilder angewandt werden. Damit wird ermöglicht, neue patientenspezifische Sachverhalte zu un-tersuchen. Darüber hinaus kann die Optimierung der Frak-turverfüllung auch umgedreht auf das Implantat angewandt werden, um für dieses eine optimale und patientenangepasste Form zu entwickeln – eine Problematik, an der wir bereits zu arbeiten begonnen haben.

Der Lehrstuhl für Technische Mechanik (LTM) ist zwar ingenieurwissenschaftlich geprägt, arbeitet aber in vielen Be-reichen und Projekten interdisziplinär mit Wissenschaftlern anderer Forschungsbereiche und Universitäten zusammen. Dies spiegelt sich sowohl in zahlreichen Kooperationen mit Industriepartnern wider als auch in der heterogenen Zu-sammensetzung der Arbeitsgruppe. Diese untersucht von der Modellierung über die numerische Simulation bis hin zu experimenteller Untersuchung an eigenen Prüfständen die ganze Bandbreite mechanischer Fragestellungen.

Abb. 7 a: Simulationsergebnis des Best-Case-Szenarios

Abb. 7 b: Simulationsergebnis des Best-Case-Szenarios

Abb. 8: Simulationsergebnis des Best-Case-Szenarios

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Prof. Dr.-Ing. Stefan Diebelsstudierte von 1984 bis 1989 Maschinenbau und Mecha-

nik an der Technischen Hochschule Darmstadt. Nach dem Abschluss als Diplomingenieur der Fachrichtung Mechanik erfolgte 1992 die Promotion im Fachbereich Mechanik der TH Darmstadt mit einem Thema aus der Strömungsmechanik. Mit dem Wechsel an das Institut für Mechanik (Bauwesen) der Universität Stuttgart wanderte der Fokus auf die Mo-dellierung und numerische Simulation komplexer Kontinua. Dabei wurden vor allem Fragen von Größeneinflüssen auf die mechanischen Eigenschaften sowie der Einfluss der Mehrphasigkeit in mikroskopisch heterogenen Materialien sowohl theoretisch als auch numerisch untersucht. Die Habi-litation erfolgte 2000, seit 2002 lehrt Prof. Diebels im Bereich Technische Mechanik der Universität des Saarlandes. Die Forschungsinteressen sind weiterhin die kontinuumsmechani-sche Modellierung heterogener und mehrphasiger Werkstoffe, die experimentelle Charakterisierung der mechanischen Eigenschaften sowie die numerische Umsetzung der nicht-linearen Modelle.

Dr. Michael Rolandstudierte Mathematik mit Nebenfach Physik an der TU

Kaiserslautern und promovierte anschließend an der Uni-versität des Saarlandes im Fachbereich Mathematik über die numerische Simulation von Populationsbilanzen mittels der Finite-Elemente-Methode. Im Rahmen eines DFG-Projektes forscht er nun im Bereich der patientenbasierten Simulation in der Biomechanik und Medizin.

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In den letzten Jahren ist das wissenschaftliche Interesse an kognitiven Trainingsinterventionen kontinuierlich gestiegen. Im Fokus der Forschung standen dabei sowohl die kognitiven und neuronalen Mechanismen, die trainingsbedingten Lei-stungsveränderungen zugrunde liegen, als auch der mögliche Nutzen kognitiver Trainings im Hinblick auf die Anwendung im pädagogischen und klinischen Kontext, z. B. bei Kindern mit Aufmerksamkeitsstörungen oder älteren Menschen mit altersbedingten kognitiven Defiziten.

Studien zur Effektivität kognitiver Trainingsinterventio-nen zeigen, dass die kognitive und neuronale Plastizität, d. h. die mögliche Veränderbarkeit der kognitiven Leistungsfä-higkeit und der zugrunde liegenden Aktivität im Gehirn, von der Kindheit bis ins hohe Alter bedeutend ist (Karbach & Schubert, 2013). Trainiert man eine bestimmte Fähigkeit, wie beispielsweise das schnelle Wechseln zwischen zwei Auf-gaben, verbessert sich die Leistung in diesen Aufgaben nor-malerweise recht schnell und stark. Interessanterweise zeigt sich darüber hinaus in zahlreichen Studien, dass sich compu-terbasiertes kognitives Training auch positiv auf die Leistung in Aufgaben auswirken kann, die nicht trainiert wurden: So verbesserte ein Aufgabenwechseltraining nicht nur die Leis- tung in strukturell ähnlichen untrainierten Wechselaufgaben (naher Transfer), sondern auch die Leistung in Gedächtnis-aufgaben, Handlungskontrolle und logischem Schlussfolgern (weiter Transfer) (s. Abbildung 1; Karbach & Kray, 2009). Obwohl Transfereffekte dieser Art über einen weiten Alters-bereich hinweg berichtet werden, sind sie häufig nicht sehr robust und teilweise stark umstritten (z. B. Shipstead, Re-dick & Engle, 2012).

Ein Grund für die bislang heterogene Befundlage mögen die großen Unterschiede hinsichtlich der Art des Trainings, dessen Intensität und Dauer, sowie der methodischen Zugän-ge sein, die die Vergleichbarkeit einzelner Studien sehr stark einschränken. Beispielsweise umfasst das Training in einigen Studien nur wenige Tage, während in anderen mehrere Mo-nate trainiert wird. Ebenso variieren die Trainingsaufgaben häufig im Grad ihrer Adaptivität, d. h. der Anpassung der Aufgabenschwierigkeit an die Leistung des Trainierenden, oder dahingehend, mit welcher Art von Kontrollbedingung das Training verglichen wird.

Wie kann ein kognitives Training aussehen? Um sinnvoll zwischen verschiedenen Arten kognitiver

Trainingsinterventionen differenzieren zu können, unter-scheidet man üblicherweise drei Arten kognitiven Trainings: Strategiebasierte Interventionen werden häufig im Rahmen von Gedächtnistrainings eingesetzt und umfassen z. B. as-soziative Techniken wie die Methode der Orte, bei der die Informationen, die erinnert werden sollen, mit bestimmten Örtlichkeiten verknüpft werden. Ein Training derartiger Strategien führt häufig zu großen Leistungsverbesserun-gen in der Trainingsaufgabe, die über längere Zeitspannen aufrechterhalten werden können, aber nur zu sehr geringen Transfereffekten (Rebok, Carlson & Langbaum, 2007; Verhaeghen, Marcoen & Goossens, 1992).

Multimodale Trainings dagegen sind meist komplexer und beanspruchen eine Vielzahl kognitiver Prozesse. Typische Beispiele sind das computerbasierte Training mit Hilfe von Programmen, die viele unterschiedliche Aufgaben enthalten, oder das Training mit Hilfe von Videospielen, das zwar breite, aber eher kleine Transfereffekte induziert (e. g., Basak, Boot, Voss & Kramer, 2008). Der größte Nachteil dieser Trainings-

Wie effektiv sind »Gehirnjogging« und »Gedächtnistraining«? – Aktuelle Befunde der kognitiven TrainingsforschungProf. Dr. Julia KarbachPädagogische Psychologie

»Kognitives Training«, »Denktraining« und »Gehirnjogging« – diese Begriffe beschrei-ben eine Vielzahl von Trainingsprogrammen, die auf verschiedenste Art und Weise dazu dienen sollen, unsere kognitive Leistungsfähigkeit zu steigern. Viele dieser Pro-gramme sind computerbasiert und werden kommerziell vertrieben. Allerdings kommt man bei der Vielfalt der Produkte nicht umhin, sich zu fragen: Wie effektiv ist kogni-tives Training? Und was genau macht eine bestimmt Art von Training wirkungsvoll? Welche kognitiven Fähigkeiten kann man durch Training verbessern? Und wer von uns profitiert am meisten von welcher Art des Trainings? Fragen dieser Art werden im »Cognition & Development Lab« in der Pädagogischen Psychologie untersucht.

Abb. 1: Effektstärken (standardisierte Leistungsdifferenz zwischen Prätest und

Posttest) der Transfereffekte eines Aufgabenwechseltrainings zu

untrainierten Aufgaben (Aufgabenaufrechtechterhaltung, kognitive Flexibi-

lität, Inhibition, Arbeitsgedächtnis, logisches Schlussfolgern) für Kinder

(links) und ältere Erwachsene (rechts). Für alle untersuchten Maße sind die

Leistungszugewinne in der Trainingsgruppe signifikant höher als in

der Kontrollgruppe.

Kinder

Aufrechterhaltung

Kontrollgruppe

Trainingsgruppe

Flexibilität

Inhibition

Arbeitsgedächtnis

Schlussfolgern

Effektstärke (d)

0,00 1,00 2,000,50 2,501,50

Ältere Erwachsene

Effektstärke (d)

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form ist die Tatsache, dass die komplexe Natur multimodaler Trainings kaum Rückschlüsse darauf erlaubt, welche spezifi-schen Aspekte für die Transfereffekte verantwortlich sind.

Im Gegensatz dazu werden bei prozessbasierten Trainings grundlegende Verarbeitungskapazitäten gefördert, z. B. die Verarbeitungsgeschwindigkeit oder exekutive Funktionen (siehe Infobox), die typischerweise starken altersbedingten Veränderungen unterliegen und ihren Höhepunkt im jungen Erwachsenenalter erreichen (z. B. Kray, Eber & Karbach, 2008; Li et al., 2004). Einige computerbasierte Trainings exe-kutiver Funktionen haben von der Kindheit bis ins hohe Al-ter vielversprechende weite Transfereffekte gezeigt (siehe Diamond, 2012; Karbach, Mang & Kray, 2010; Lustig, Seidler & Reuter-Lorenz, 2009), während Trainings der Verarbeitungsgeschwindigkeit zwar starke Leistungsverbes-serungen in der Trainingsaufgabe, aber kaum Transfereffekte erbrachten (Verhaeghen, 2014). Insgesamt legen bisherige Befunde nahe, dass prozessbasierte Trainings exekutiver Kon-trolle effektiver zu sein scheinen als strategiebasierte Inter-ventionen. Ihre positiven Effekte sind nicht nur bei gesunden Probanden nachweisbar, sondern z. B. auch bei Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit / Hyperaktivitätsstörung (ADHS) (Klingberg, 2010; Kray, Karbach, Hänig & Freitag, 2012).

Wer profitiert am meisten?Ein Aspekt, der in der kognitiven Trainingsforschung von

hohem Interesse ist, betrifft die Frage, welche Individuen am meisten von einem kognitiven Training profitieren. Sind es eher diejenigen, die kognitiv weniger Leistungsfähig sind,

oder profitieren eher Personen, die ohnehin schon sehr leis- tungsfähig sind?

Frühe strategiebasierte Gedächtnistrainingsstudien ha-ben bei gesunden jungen Probanden häufig größere trai-ningsbedingte Zugewinne berichtet als bei Kindern und älteren Menschen (siehe Titz & Karbach, im Druck; Verhaeghen et al., 1992). Diese sog. Schereneffekte (auch »Matthäuseffekte«) legen nahe, dass gesunde junge Pro-banden deswegen mehr vom Training profitierten, weil sie über effizientere kognitive Ressourcen verfügten, um neue Strategien zu erlernen und anzuwenden. Im Gegensatz dazu haben zahlreiche prozessbasierte Trainings exekutiver Funktionen gezeigt, dass Kinder und ältere Menschen mehr profitierten als junge Erwachsene (z. B. Cepeda, Kramer & Gonzalez de Sather, 2001; Karbach & Kray, 2009; Kray et al., 2008). Diese sog. Kompensationseffekte deu-ten darauf hin, dass bei jungen Erwachsenen aufgrund ihrer höheren kognitiven Leistungsfähigkeit weniger Raum für Verbesserungen besteht und somit die Gruppen mit schwä-cherer Leistung mehr vom Training profitieren. Dieses Be-fundmuster zeigt sich nicht nur hinsichtlich des Vergleichs verschiedener Altersgruppen, sondern auch bei einer syste-matischen Analyse individueller Unterschiede trainingsbe-dingter Leistungszugewinne auf latenter Ebene (Karbach & Spengler, 2012).

Obwohl diese und andere Befunde darauf hindeuten, dass prozessbasiertes Training exekutiver Kontrollfunktionen für leistungsschwächere Individuen effizienter zu sein scheint als strategiebasierte Interventionen, fehlte in der Literatur bislang ein systematischer Vergleich der Befunde über die

Arbeitsgruppe »Cognition & Development Lab«

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existierenden Studien hinweg. Ergebnisse einer solchen Ana-lyse sind einerseits von hoher Relevanz für das Verständnis der kognitiven und neuronalen Grundlagen von kognitiver Plastizität und andererseits von großer Bedeutung für die Anpassung von Trainingsinterventionen an Individuen mit

spezifischen Bedürfnissen, wie z. B. Patienten mit kognitiven Defiziten.

Meta-Analyse der Effekte kognitiven Trainings im Alter Um diese Forschungslücke zu schließen, wurden in ei-

ner aktuellen Studie in Zusammenarbeit mit Prof. Paul Verhaeghen (Georgia Institute of Technology, Atlanta) Daten aus knapp 50 Studien reanalysiert, die in den letzten 30 Jahren publiziert wurden und in denen bei älteren Er-wachsenen exekutive Kontrollfunktionen trainiert wurden. Dabei wurde auf die Technik der Meta-Analyse zurückge-griffen, die es erlaubt, die Ergebnisse vieler Einzelstudien basierend auf ihren Effektstärken zu vergleichen und den Einfluss sogenannter Moderatorvariablen, wie z. B. des Alters der Probanden oder der Anzahl absolvierter Trainingseinhei-ten, zu untersuchen. Im Rahmen der Meta-Analyse sollten vor allem zwei Fragen beantwortet werden: (1) Wie effektiv ist ein Training exekutiver Kontrolle (Arbeitsgedächtnis, In-hibition, kognitive Flexibilität, s. Infobox)? Hierzu wurde das Training einerseits mit passiven Kontrollgruppen verglichen, in denen die Probanden nicht an einer Intervention teilge-nommen hatten. Andererseits wurde das Training mit aktiven Kontrollgruppen verglichen, in denen die Probanden zwar an einer Intervention teilnahmen, in der aber nicht exekutive Kontrollfunktionen trainiert wurden (z. B. Wissenstraining, oder Quizzaufgaben). (2) Gibt es Altersunterschiede bzgl. der Leistungsgewinne in der trainierten Aufgabe und bzgl. der Transfereffekte zwischen jungen und älteren Erwachsenen?

Die Ergebnisse der Meta-Analyse liefern ein klares Bild: Das Training exekutiver Kontrolle führt zu deutlich größeren Leistungsverbesserungen als die aktiven und die passiven Kontrollbedingungen (Karbach & Verhaeghen, 2013). Das gilt sowohl für die Leistung in der Trainingsaufgabe, als auch für nahe und weite Transfereffekte. Dabei machte es keinen Unterschied, ob das Arbeitsgedächtnis trainiert wird oder andere Aspekte exekutiver Kontrolle. Darüber hinaus zeigten sich keine Altersunterschiede in der Höhe der Trainings- und Transfereffekte, d. h. ein Training exekutiver Kontrolle scheint über einen weiten Altersbereich hinweg ein effizientes Mittel zur Förderung der kognitiven Leistungsfähigkeit zu sein.

Arbeitsgedächtnistraining zur Förderung des Schulerfolges

Eine große Einschränkung, die die meisten kognitiven Trainingsstudien gemeinsam haben, ist die Tatsache, dass die Untersuchung von Transfereffekten auf die Leistung in la-borbasierten kognitiven Aufgaben beschränkt ist. Obwohl das Ziel vieler Interventionen letztendlich eine Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit im Alltag ist, gibt es kaum Studien, die entsprechende Maße untersucht haben. Eine Ausnahme bildet der Bereich schulischen Lernens in der Kindheit, dem in den letzten Jahren einige Trainingsstudien ihre Aufmerksamkeit gewidmet haben.

Exekutive Funktionen, insbesondere das Arbeitsgedächt-nis, nehmen eine zentrale Rolle beim Erwerb neuen Wissens und neuer Fähigkeiten ein und sind ein exzellenter Prädik-tor für akademischen Erfolg (Pickering, 2006; Swanson & Alloway, 2012). Das Arbeitsgedächtnis wird z. B. immer dann benötigt, wenn gelesene oder gehörte sprachliche In-formationen verarbeitet werden oder wenn Fakten in Bezie-hung gesetzt werden müssen, um übergeordnete Prinzipien zu erkennen und abzuleiten (Diamond, 2012). Entsprechend weisen beispielsweise die Arbeitsgedächtniskapazität und die Leistung in sprachlichen Bereichen und Mathematik im Grundschulalter einen hohen Zusammenhang auf. Daher liegt die Vermutung nahe, dass sich ein gezieltes Arbeits-gedächtnistraining auch positiv auf die schulische Leistung in diesen Bereichen auswirken könnte. Aktuelle Studien zeigen dementsprechend, dass bei Kindern mit Lern- und Aufmerksamkeitsstörungen oder Arbeitsgedächtnisdefiziten ein Arbeitsgedächtnistraining nicht nur zu einer Leistungs-verbesserung in anderen kognitiven Testaufgaben führt, sondern sich auch positiv auf die Lese- und Mathematiklei-stung auswirken kann (Titz & Karbach, im Druck). Eine aktuelle eigene Studie, die in Kooperation mit Prof. Torsten Schubert und Dr. Tilo Strobach (Humboldt Universität zu Berlin) durchgeführt wurde, zeigt ähnliche Ergebnisse in einer Gruppe gesunder Grundschüler: Nach 14 Sitzungen intensiven Arbeitsgedächtnistrainings lässt sich eine starke Verbesserung der Lesefähigkeit nachweisen (Karbach, Strobach & Schubert, 2013), allerdings nur dann, wenn das Training adaptiv war, d. h. wenn es sich kontinuierlich an die Leistungsfähigkeit der Kinder angepasst hat.

FazitInsgesamt hat die kognitive Trainingsforschung in den

letzten Jahren gezeigt, dass kognitives Training, vor allem im Bereich prozessbasierter Interventionen zur Förderung exekutiver Kontrolle, ein adäquates Mittel sein kann, um die kognitive Leistungsfähigkeit von Kindern, jungen und älte-ren Erwachsenen zu verbessern. Im Mittelpunkt aktueller

Was sind »exekutive Funktionen«?Exekutive Funktionen sind kognitive Kontrollfunk-

tionen, die die Handlungsplanung unterstützen und uns bei der Anpassung an wechselnde Umweltanforderun-gen helfen, z. B. in Situationen, in denen unangemessene Handlungsimpulse unterdrückt werden müssen. Exekutive Kontrollfunktionen werden von neuronalen Strukturen un-terstützt, bei denen v.a. der präfrontale Kortex eine wichtige Rolle spielt. Da dieser Teil des Gehirns bis in die Adoleszenz hinein reift und im Alter relativ früh von Abbau betroffen ist, unterliegen exekutive Funktionen ausgeprägten alters-bedingten Veränderungen (Casey, Tottenham, Liston & Durston, 2005; Hedden & Gabrieli, 2004). Man nimmt an, dass es drei zentrale Bereiche exekutiver Kontrolle gibt: (1) Inhibition, d. h. die Fähigkeit zur Hemmung unange-messener Handlungstendenzen und Interferenzen, (2) Ar-beitsgedächtnis, d. h. die Fähigkeit, Informationen für kurze Zeit zu erinnern und zu manipulieren und (3) kognitive Flexibilität, d. h. die Fähigkeit zum schnellen Wechseln zwi-schen Aufgaben und Handlungszielen (Miyake et al., 2000). Diese Prozesse bilden die Grundlage für übergeordnete Kontrollfunktionen wie logisches Schlussfolgern, Problem-lösen und Handlungsplanung (Diamond, 2012) und sind gute Prädiktoren für eine Reihe wichtiger Erfolgsmaße, wie Schul- und Ausbildungserfolg, körperliche Gesundheit und sozioökonomischer Status (siehe Zelazo & Lyons, 2012).

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Forschungsbemühungen stehen weitergehende Fragen, die sich z. B. damit beschäftigen, wie der Transfer des Trainings in den Alltag der Trainierenden unterstützt werden kann, wel-che Rolle soziale und motivationale Faktoren für den Trai-ningserfolg spielen und inwiefern kognitive Plastizität durch genetische Prädispositionen beeinflusst wird.

Referenzen:

– Basak, C., Boot, W. R., Voss, M. W., & Kramer, A. F. (2008). Can training in a real-time strategy

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– Cepeda, N. J., Kramer, A. F., & De Sather, J. C. M. G. (2001). Changes in executive control

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Prof. Dr. Julia Karbachstudierte Psychologie an der Universität des Saarlandes

und der Universität Santa Barbara (USA). Ihr Diplom 2005 und ihre Promotion 2008 absolvierte sie im Bereich kognitive Entwicklungspsychologie der Lebensspanne. Seit 2011 hat sie eine Juniorprofessur für Pädagogische Psychologie an der Uni-versität des Saarlandes inne. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Entwicklung und Plastizität kognitiver Funktionen und der Untersuchung von Prädiktoren für Schul- und Studienerfolg.

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Progression von der Fettleber zum LebertumorDas hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist die am weitesten

verbreitete Form von Leberkrebs. Sie stellt weltweit bei Männern die dritthäufigste und bei Frauen die sechsthäufig-ste krebsbedingte Todesursache dar (Mittal & El-Serag, 2013). Interessanterweise gibt es erhebliche geographische Unterschiede bezüglich des Auftretens des HCC: die Inzidenz ist in Entwicklungsländern zwei- bis dreimal höher als in den Industriestaaten (Hashimoto & Tokushige, 2012). Hier spielen die zugrundeliegenden Risikofaktoren der HCC-Ent-stehung eine entscheidende Rolle. In den meisten Fällen ist das HCC die Folge einer bestehenden Leberzirrhose. Die häu-figsten Ursachen einer Leberzirrhose sind Infektionen durch Hepatitis B- und C-Viren sowie übermäßiger Alkoholkonsum bzw. -abusus (>20-25 g / Tag). Weitere Risikofaktoren sind me-tabolische Erkrankungen sowie die Exposition von Toxinen wie beispielweise der Verzehr von mit Aflatoxinen konta-minierten Nahrungsmitteln. Zu den metabolischen Erkran-kungen zählen die Eisenspeicherkrankheit, Diabetes mellitus, Fettleibigkeit (BMI ≥30 kg / m2) und die Fettlebererkrankun-gen. Diese metabolischen Erkrankungen erklären den in den letzten Jahrzehnten zu beobachtenden steten Anstieg der Inzidenz des HCC in Europa und den Industriestaaten, was sich auch in den Zahlen des saarländischen Krebsregisters widerspiegelt (Abb.1).

So liegt die Neuerkrankungsrate in Mitteleuropa, Nor-damerika und Australien bei 5 Personen pro 100.000 Ein-wohnern pro Jahr, mit einem etwa 3 – 4-fach höheren Risiko für Männer (Mittal & El-Serag, 2013) (vgl. Abb. 1). Weil ein HCC in der Regel aufgrund fehlender Symptome erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird, verläuft die Erkrankung meist tödlich. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei etwa 6,5 Prozent, wobei die meisten Patienten nach Dia-gnosestellung weniger als ein Jahr überleben (Denzer 2006). Histologische Befunde von Patienten mit Fettlebern,

die durch metabolische Erkrankungen ausgelöst wurden, zeigen dabei Ähnlichkeiten zu Befunden von alkoholkran-ken Patienten, ohne dass ein nennenswerter Alkoholkonsum

besteht. Deshalb wird dieses Krankheitsspektrum auch als nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen (non-alcoholic fatty liver diseases, NAFLD) bezeichnet. NAFLD umfas-sen dabei eine Bandbreite von einfacher Fettleber über Fettleberentzündung (Nicht-alkoholische Steatohepatitis, NASH) bis hin zur Fibrose und Leberzirrhose (Angulo, 2002) (Abb. 2). Die Häufigkeit der NAFLD wird in den Indu-strieländern zwischen 6 und 33% angegeben, bei Adipösen sogar mit 70 – 95%. Die NAFLD ist hierbei häufig mit dem metabolischen Syndrom, bestehend aus Fettleibigkeit, Diabe-tes mellitus, erhöhten Blutfettwerten (Hypertriglyzeridämie:

Erst schwillt sie, dann schrumpft sie – die Rolle von p62 in Lebererkrankungen

Dr. Sonja M. KesslerYvette SimonStephan LaggaiProf. Dr. Alexandra K. KiemerPharmazeutische Biologie

Leberkrebs, genauer gesagt seine häufigste Form, das Hepatozelluläre Karzinom, nimmt gerade in den Industriestaaten als Todesursache stark zu. Hierzulande sind als Risikofaktoren vor allem metabolische Erkran-kungen wie Fettleibigkeit und Diabetes von Bedeutung. Durch metabolische Veränderungen kann es zu einer massiven Fetteinlagerung in die Leber kommen – sie »schwillt«. Bei der Pro gression der Fettleber zum Leberkrebs kommt es dann über eine Entzündung zur Zirrhose, d.h. einer Vernarbung und einem damit

verbundenen Funktionsverlust des Lebergewebes – die Leber »schrumpft«. Die molekularen und zellulären Me-chanismen, die zur Entstehung von Leberkrebs führen, sind bisher noch unzureichend bekannt. Wir interessie-ren uns für die Charakterisierung dieser molekularen Mechanismen in der Leber, die zunächst zur Entwick-lung einer Fettleber und später auch zum Leberkrebs beitragen. Unsere Arbeiten zeigen eine bedeutende Rolle des Proteins p62 im Krankheitsgeschehen und geben Hinweise auf mögliche neue Therapieoptionen.

Abb. 1: Häufigkeit des HCC im Saarland 1970 –2010.

Auszug aus dem saarländischen Krebsregister.

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≥150 mg / dl) und Bluthochdruck (≥130 mmHg systolischer Blutdruck), assoziiert, kann jedoch auch unabhängig davon diagnostiziert werden.

Eine Fettleber entsteht, wenn sich vermehrt Fette in den Leberzellen ansammeln. Dieser Zustand kann ohne weitere Folgen und Symptome über Jahre hinweg vorliegen. In eini-gen Fällen kann es aber durch Beteiligung immunologischer Mechanismen zur Progression der Fettleber in eine Fettleber-entzündung kommen, die sich im weiteren Verlauf zur Fibrose und Zirrhose entwickeln kann. Diese pathophysiologische Veränderung wurde 1998 als sogenanntes »2-Hit-Model« vorgestellt (Abb.2) (Day & James, 1998). Die genauen zugrundeliegenden Mechanismen für die Pro-gression sind nach wie vor ungeklärt und bedürfen weite-

rer Aufklärung. Man geht heute davon aus, dass es sich um eine multifaktorielle Genese handelt, d. h. zahlreiche Faktoren können zur Progression der NAFLD beitragen. Als gesichert gilt eine Beteiligung genetischer Faktoren, einer Insulinresistenz, entzündungsfördernder Signalstoffe, oxidativen Stresses, mitochondrialer Veränderungen, apo-ptotischer Vorgänge und Endotoxinen (Dancygier, 2006). In jüngster Zeit wird immer deutlicher, dass zuletztgenannte Endotoxine, d. h. Zellwandbestandteile, die aus der bakteri-ellen Besiedlung des Darms stammen, das Fortschreiten der NAFLD beeinflussen können.

Abb 2: Spektrum der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankungen. Progression der

NAFLD ausgehend von der Fettleber, die durch Ansammlung von Lipiden

in die Leberzellen als 1. Hit initiiert wird. Diese kann durch einen 2. Hit zu

einer nicht-alkoholischen Fettleberentzündung (NASH) führen, die sich zu

Fibrose, Zirrhose und zum HCC weiterentwickeln kann (adaptiert von [Cohen et al.,

2011; Angulo et al., 2002; Vernon et al., 2011; Bedogni et al., 2005;

Neuschwander-Tetri & Caldwell, 2003; Day, 2005; and Loria et al., 2010]).

Abb. 3: p62 positives Leberkrebsgewebe (braun gefärbtes Gewebe) im Vergleich mit p62 negativem

gesundem Gewebe (oben rechts) (Kessler et al., 2013).

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p62 als erster HitIn einigen Fällen kann sich aus einer Langzeit-NAFLD ein

HCC entwickeln. Bei dem Übergang von einer chronischen Lebererkrankung zum Leberkrebs wurde festgestellt, dass der Körper dabei Antikörper gegen körpereigene Proteine her-stellt, die wahrscheinlich in Zusammenhang mit der Krebsent-wicklung stehen. So wurde 1999 bei einem Immunoscreening einer cDNA Expressions-Bibliothek von Autoantigenen eines HCC Patienten das RNA-bindende Protein p62 / IGF2BP2-2 ge-funden (Zhang et al., 1999). In einer weiteren Studie an mehreren HCC Patienten konnte zudem gezeigt werden, dass diese Patienten in 21% der Fälle Autoantikörper gegen p62 gebildet hatten (Zhang et al., 2001). Des Weiteren haben mehrere Untersuchungen gezeigt, dass p62 in Vorstufen des HCC, also in zirrhotischen Knoten, aber auch in verschiedenen

gastrointestinalen Karzinomen und im HCC verstärkt gebildet wird (Abb.3) (Liu et al., 2013; Kessler et al., 2013).

Die Bildung von p62 erfolgt in fötalen Lebern, nicht aber in gesunden Lebern von Erwachsenen (Lu et al., 2001). Daher zählt p62 zu den onkofötalen Proteinen, deren fötaler Charakter einer geringen Differenzierung entspricht, die auch gerade bösartige Tumore zeigen.

p62 ist ein zytoplasmatisches Protein, das an die mRNA des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors (insulin-like growth factor, IGF) 2 bindet, welcher ebenfalls onkofötal und ver-stärkt in HCC gebildet wird. p62 gehört zur Familie der IGF2 mRNA bindenden Proteine (IGF2BP), die in vergangenen Stu-dien bereits in den Zusammenhang mit HCC und metaboli-schen Erkrankungen wie Diabetes mellitus gebracht wurden. Der Befund, dass p62 im Tumorgewebe, nicht aber in der

Abb. 5: Zusammensetzung der Leberfette in p62 transgenen Mäusen. Dünnschichtchromatographische Trennung von

Leberlipidextrakten aus Wildtyp-Mäusen oder p62 Mäusen zeigt eine verstärkte Akkumulation aller

Fettklassen in den transgenen Tieren. Links: Detektion mit 2,7-Dichlorfluorescein, Rechts: Detektion mit

Schwefelsäure/Ethanol (Laggai et al., 2013).

Abb 4: Herstellung der p62 transgenen Mäuse. (A) Keine Expression von p62 mRNA. (B) Leber-spezifische p62 Expression in

doppelt positiven p62+/LT2+ Mäusen. (C) Fütterung mit Tetracyclin verhindert die p62 Expression (Tybl et al., 2011).

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gesunden Leber gebildet wird, lässt noch keine Aussage dar-über zu, ob und wie p62 das Krankheitsgeschehen beeinflusst. Die erste Charakterisierung der funktionellen Eigenschaften von p62 wurde mit Hilfe eines transgenen Mausmodells an unserem Institut durchgeführt. Das Vorgehen erfolgte dabei so, dass Mäusen das Gen für p62 in das Genom integriert wurde. In einem weiteren Mausstamm wurde ein Schalter (liver enriched activator protein, LAP) eingebaut, der dafür sorgt, dass das Ablesen des Gens nur in der Leber erfolgt. Bei Kreuzung der beiden Mausstämme miteinander wird p62 nur von solchen Mäusen gebildet, die p62 und LAP positiv sind, und diese Bildung erfolgt ausschließlich in der Leber. Die Bildung von p62 kann reguliert werden, da durch Gabe eines Tetracyclins der Schalter ausgeschaltet und somit die p62 Expression verhindert wird (Abb. 4) (Tybl et al., 2011).Ein spezifischer Befund in den Lebern dieser p62 transgenen Mäuse unter Normaldiät war die Induktion einer Fettleber. Hierbei waren in den Lebern der p62 transgenen Mäuse alle detektierbaren Fettklassen verstärkt akkumuliert (Abb. 5) (Laggai et al, 2013).

Die Anwesenheit von p62 verursacht mit der Einlagerung von Fetten in die Leber also den ersten Hit in der Entstehung der NAFLD (Abb. 2).

Für die Aufklärung des zugrundeliegenden Mechanis-mus der Fetteinlagerung war ein interessanter Befund, dass der den Fetteinbau fördernde Wachstumsfaktor IGF2 in den p62 transgenen Mäusen vermehrt gebildet wird (Abb. 6) (Tybl et al., 2011). Diesen Zusammenhang konnten wir auch in menschlichen Lebertumoren nachweisen. In den Gewe-beproben von Leberkrebspatienten, die hohe p62 Level zeigten, fanden wir ebenso hohe IGF2 Spiegel vor. Dies zeigt eine stark positive Korrelation von p62 und IGF2 (Abb. 6) (Kessler et al., 2013).

Da IGF2 eine hohe Ähnlichkeit zum anabolen Insu-lin zeigt und an die selben Rezeptoren bindet (Chao and

D’Amore, 2008), ist die Fettleberentstehung in den p62 trans-genen Mäusen zum größten Teil durch die erhöhten Igf2 Level zu erklären. p62 in späteren Krankheitsstadien

Um nun den Einfluss von p62 auch in der entzündlichen Fettleber zu untersuchen, wurden Wildtyp-Tiere und p62 transgene Tiere mit einer Methionin-Cholin-defizienten (MCD) Diät gefüttert. Die MCD Diät verstärkt und beschleu-nigt die Entstehung einer Fettleber, die schnell in einen ent-zündlichen Typ übergeht, der der menschlichen Steatohe-patitis sehr ähnlich ist (Leclercq et al., 2000). p62 erhöht in diesem Modell die Entzündungsreaktion, wie man am Beispiel einer verstärkten Bildung des Chemokins und Ent-zündungsmarkers MCP-1 erkennen kann. Außerdem führt p62 in diesem Modell zu einer gesteigerten Bildung von krank-haftem kollagenhaltigem Bindegewebe, einer sogenannten Fibrose (Abb. 7) (Simon et al., 2013).

p62 scheint somit nicht nur als erster Hit eine Rolle in der Fettleberentstehung zu spielen, sondern auch als zweiter Hit die Progression zur entzündlichen Fettlebererkrankung bis hin zur Fibrose zu steigern.

Abb. 6: Oben: Igf2 Expression im p62 trangenen Maus Modell. Durch Anschalten

des p62 Gens bei Abwesenheit eines Tetracyclins (Doxycyclin) wird die

Bildung von IGF2 ausgelöst (Tybl et al., 2011). Unten: IGF2 Expression ist

auch im humanen Lebertumor von p62 abhängig. Korrelation von p62 und

IGF2 in menschlichen Leberkrebsproben (Kessler et al., 2013).

Abb 7: Nach Rotfärbung von Fetteinlagerungen mittels Scharlachrot (oben) ist in

den p62 transgenen Tieren eine vermehrte, hier rötlich gefärbte Akkumulation

von Fetten zu beobachten. Die Siriusrot Färbung auf Kollagen in der Leber-

fibrose (unten) zeigt eine deutliche Kollageneinlagerung. In den Wildtyp-

Tieren ist beides weniger stark ausgeprägt (Simon et al., 2013).

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Da diese Erkrankungen eine Rolle in der Entstehung von Lebertumoren spielen, stellte sich nun die Frage, ob p62 auch die Entstehung bzw. das Fortschreiten von Leberkrebs direkt beeinflussen kann. Es sind zahlreiche Signalwege bekannt, die die Entstehung von Lebertumoren begünstigen (Stickel & Hellerbrand, 2010). Einerseits können Faktoren, die die Entstehung und das Wachstum von Tumoren erschweren, wie z. B. das Phosphate and tensin like homologue (PTEN), abge-schaltet sein. Andererseits können in Tumorzellen Signalwege aktiviert werden, die den Tumorzellen das Überleben erleich-tern, wie z.B. der Extra-regulated kinases (ERK)-Signalweg.

Tatsächlich ist in den Lebern der p62 transgenen Mäuse PTEN verringert (Tybl et al., 2011). In Hepatomzellen und menschlichem HCC-Gewebe konnten wir zudem zeigen, dass p62 den ERK-Signalweg aktivieren kann. In diesem Zellkul-

turmodell menschlicher Lebertumoren war zu beobachten, dass die Tumorzellen in Abwesenheit von p62 nach Gabe eines Chemotherapeutikums erfolgreicher abgetötet werden, wohingegen sie in Anwesenheit hoher p62-Spiegel vor dem Chemotherapeutikum geschützt sind (vgl. Abb. 8) (Kessler et al., 2013).

Somit ist p62 im HCC an der Chemoresistenz des Tumors beteiligt, was im Zusammenhang mit einer hohen Aggressivi-tät von Tumoren steht. Um dies in Patientenproben zu über-prüfen, wurden die gemessenen p62-Spiegel mit klinischen Daten des jeweiligen Patienten verglichen. Hierbei zeigte sich tatsächlich, dass eine hohe Expression von p62 mit einer schlechten Prognose zusammenhängt (Abb. 9) (Kessler et al., 2013).

Abb. 8: Ausmaß des Zelltods in menschlichen Lebertumorzellen durch Gabe des Chemotherapeutikums Doxorubicin (dox)

nach Ausschalten von p62 (si p62) gegenüber der Kontrolle (si co) (linke Seite) bzw. nach Überexpression,

d. h. erhöhter Bildung von p62 (p62) gegenüber der Kontrolle (co-v) (rechte Seite) (Kessler et al., 2013).

Abb. 9: Der Zusammenhang von p62 und schlechten Prognose-Parametern (schwarz ausgefüllte Felder). Eine schlechte Prognose

ist gekennzeichnet durch ein höheres Stadium (b/c bzw. 3/4) nach der Barcelona Clinic Liver Cancer (BCLC) bzw. der Tumor

Nodes (Lymphknoten) Metastasen (TNM) Klassifikation, dem Vorhandensein mehrerer Knoten (Multinodularität) sowie

einem großen Durchmesser (diameter > 5 cm) (Kessler et al., 2013).

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Zusammenfassung und AusblickDie Prozesse, die an der Entstehung der Fettlebererkran-

kungen und ihrem Fortschreiten zum Leberkrebs beteiligt sind, sind bisher nur unzureichend verstanden. Da das Hepa-tozelluläre Karzinom als häufigster Lebertumor eine Vielzahl von Signalwegen verändert und diese von Patient zu Patient variieren, ist eine möglichst genaue Aufklärung dieser Mecha-nismen äußerst wichtig, um eine wirksame Therapie für jeden einzelnen Patienten zu erreichen. Ein interessantes Zielob-jekt für die zukünftige Therapie scheint nach unseren Ergeb-nissen das IGF2 mRNA-bindende Protein p62 zu sein, das nicht nur die Entstehung einer Fettleber induziert, sondern auch das Fortschreiten dieser Lebererkrankung bis hin zum HCC begünstigt und verstärkt. Die genauere Charakterisierung von p62 bietet die Chance, zumindest für eine bestimmte Patientengruppe gezieltere Therapieformen zu entwickeln.

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chronic liver disease to hepatocellular carcinoma. Clinical & Experimental Immunology, 125(1), 3–9.

Prof. Dr. Alexandra K. Kiemer studierte Pharmazie an der LMU München; Promotion

1995–1997 am Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der Tierärztlichen Fakultät der LMU München. 1998–1999 Mitarbeiterin an der Medizinischen Klinik II des Klinikums der Universität München-Großhadern und am Department Pharmazie, Zentrum für Pharmaforschung der LMU München. 2000–2002 Stipendiatin des Bayerischen Habilitationsförderpreises mit Auslandaufenthalten bei der Kyowa Hakko Kogyo Ltd. in Tokio, an den Universitäten von Florenz und Sydney und am Department of Immunology des Scripps Research Institute (La Jolla, USA). 2003: Habilitation in den Fächern Pharmazeutische Biologie und Pharmakologie an der LMU München und Wechsel an das Department of Molecular and Experimental Medicine des Scripps Research Institute (La Jolla), ab 2004 auch Tätigkeit an der UCSD (La Jolla). Nach einem abgelehnten Ruf auf eine Professur für Pharmakologie und Toxikologie der TU Dresden im Jahr 2004 ist sie seit 2005 Professorin für Pharmazeutische Biologie an der Universität des Saarlandes.

Forschungsschwerpunkte: molekulare Mechanismen von Entzündungsprozessen.

Dr. Sonja M. Keßler studierte Pharmazie an der Ernst-Moritz-Arndt Univer-

sität in Greifswald. Sie fertigte ihr Diplom bei der Beiersdorf AG Hamburg in Kooperation mit dem Institut für Pharma-zeutische Technologie und Biopharmazie der Ernst-Moritz-Arndt Universität, Greifswald, an. Für die Anfertigung ihrer Doktorarbeit wechselte sie 2007 in den Arbeitskreis von Frau Prof. Dr. A. K. Kiemer. Im Jahr 2011 reichte sie ihre Dissertation mit dem Titel »The IGF2 mRNA binding protein p62 as a regulator of IGF2 and H19 expression – potential implications in tumorigenesis« ein. Seitdem unterstützt sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin den Arbeitskreis von Frau Prof. Dr. A. K. Kiemer. 2012 war sie als EASL Dame Sheila Sherlock Fellowship Stipendiatin am Institut für Pathologie der Medizinischen Universität Graz, Österreich tätig.

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Yvette Simon hat Pharmazie an der Universität des Saarlandes studiert.

Während des Studiums hat sie einen Auslandsaufenthalt an der University of Exeter in Großbritannien im Rahmen des ERASMUS-Austauschprogramms des DAADs absolviert. Ihr Diplom in Pharmazie hat sie in Kooperation mit der Phar-mazeutischen Biotechnologie der Universität des Saarlandes an der University of New South Wales in Sydney, Australien durchgeführt und wurde im Herbst 2009 zur Apothekerin ap-probiert. Seit Juni 2010 ist sie als Doktorandin im Arbeitskreis von Frau Prof. Dr. A. K. Kiemer tätig. Ihre Dissertation mit dem Titel »The insulin-like growth factor 2 (IGF2) mRNA binding protein p62 / IGF2BP2-2 amplifies steatosis, inflam-mation, and fibrosis in murine non-alcoholic steatohepatitis (NASH)« hat sie kürzlich eingereicht.

Stephan Laggai studierte Pharmazie an der Universität des Saarlandes

und schloss das Studium 2009 mit der Approbation als Apo-theker ab. Er fertigte seine Diplomarbeit 2010 /11 am Arbeits-kreis von Frau Prof. Dr. A. K. Kiemer an. Dabei beschäf-tigte er sich mit der Rolle von p62 in einem Zellkulturmodell der Fettleber. Diese interessanten Arbeiten wurden mittels eines Stipendiums der Graduiertenförderung des Saarlandes nahtlos im Rahmen einer Doktorarbeit fortgesetzt. Dabei liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf der Untersuchung des durch p62 veränderten Fettstoffwechsels der Leber.

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Was macht eine gute Lehrkraft aus? Es besteht aus wissenschaftlicher Sicht Konsens darüber,

dass gute Lehrer eine möglichst breite fachliche, fachdidak-tische und pädagogische Wissensbasis besitzen sollten. Dar-über hinaus spielen jedoch auch Persönlichkeitsfaktoren wie bestimmte motivationale Orientierungen und Fähigkeiten zur Selbstregulation sowie angemessene Überzeugungen und Werthaltungen eine bedeutende Rolle, um qualitativ hoch-wertigen Unterricht planen und gestalten zu können (vgl. Abbildung 1).

So zeigen sich deutliche Zusammenhänge zwischen Selbst- wirksamkeitserwartungen (also die Überzeugung, als Lehr- kraft etwas bewirken zu können) und Lehrerenthusias- mus mit Merkmalen der Unterrichtsführung, der Verblei- benswahrscheinlichkeit im Beruf sowie pädagogischem Professionswissen (vgl. Baumert & Kunter, 2006). Auch Engagement, Geduld, Humor und Distanzierungsfähigkeit sind bedeutende Merkmale einer erfolgreichen Lehrkraft (Helmke, 2004; Klusmann, Kunter, Trautwein & Bau-mert, 2006). Neben den bereits genannten personenbezoge-nen Merkmalen wurden Einstellungen, Überzeugungen und Werthaltungen darüber, wie Lernen funktioniert und Unter-richt gestaltet sein sollte (sog. subjektiven Theorien) als ent-scheidende Voraussetzungen professionellen Lehrerhandelns diskutiert (Baumert & Kunter, 2006; Blömeke, 2004).

Wie wird man eine kompetente Lehrkraft?Kunter, Kleickmann et al. (2011) stellen im Rahmen

ihrer Studie COACTIV ein Kompetenzentwicklungsmodell für

Lehrkräfte vor (Abbildung 2). Dabei wird angenommen, dass berufsbezogene Kompetenzen und professionelles Verhalten als Resultat der professionsspezifischen Ausbildung erlern- und entwickelbar sind (Qualifikation) und dass gleichzeitig die Aneignung professioneller Kompetenzen – im Sinne der Wahrnehmung, Nutzung und Verarbeitung spezifischer Lernangebote – von bestimmten individuellen Persönlich-keitsmerkmalen (Eignung) beeinflusst wird.

Zu diesen personalen Charakteristika, von denen ange-nommen wird, dass sie erfolgreiche Lern- und Entwicklungs-prozesse begünstigen, können vor allem kognitive Fähigkei-ten sowie grundlegende psychosoziale und motivationale Ori-entierungen gezählt werden (vgl. z. B. Kunter, Kleickmann et al., 2011; Blömeke, 2009; Mayr, 2011). Hierbei lassen sich insbesondere die Persönlichkeitseigenschaften Extraversion, psychische Stabilität und Gewissenhaftigkeit mit engagier-tem Studierverhalten, guten Praxisleistungen im Studium, höherer Zufriedenheit in Studium und Beruf sowie einem kompetenteren Lehrerhandeln im Unterricht in Verbindung

bringen (Kunter, Kleickmann et al., 2011). Auch lehramts-spezifische Berufswahlmotive beeinflussen den Studienerfolg (vgl. Pohlmann & Möller, 2010). So zeigen sich signifikan-te Zusammenhänge zwischen spezifischen Berufswahlmoti-ven (z. B. Interesse an der Arbeit mit Kindern, Interesse an der Initiierung und Begleitung von Lernprozessen) und Ab-schlussnoten im Lehramtsstudiengang (Brühwiler, 2001), dem späteren Berufserfolg als Lehrkraft (Hanfstingl &

Lehramtstudium auf dem PrüfstandDr. Anja Friedrich, Dr. Antje Biermann, Kathrin Kaub, F.-Sophie Wach, Corinna Reichl, Stephanie Ruffing, Dirk Hochscheid-Mauel, Dr. Werner Bedersdorfer, Prof. Dr. Frank M. Spinath, Prof. Dr. Julia Karbach & Prof. Dr. Roland BrünkenBildungswissenschaften / Psychologie

Wer studiert Lehramt und wer wird eine gute Lehr-kraft? Wie entwickelt sich pädagogische Kompetenz im Verlauf der Ausbildung? Welche Faktoren beeinflussen den Studien- und Ausbildungserfolg von Lehramtsstudie-renden? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das vom Bun-

desministerium für Bildung und Forschung geförderte For-schungsprojekt SioS-L (Studie zu individuellen und organi-sationalen Einflüssen auf Studien- und Ausbildungserfolg in der Lehrerbildung) an der Universität des Saarlandes seit 2009. Erste interessante Ergebnisse liegen nun vor.

Abb. 1: Modell professioneller Handlungskompetenz nach Baumert & Kunter (2006)

Überzeugungen / Werthaltungen

Wissensbereiche(Wissen und Können)

Wissensfacetten

MotivationaleOrientierungen

SelbstregulativeFähigkeiten

Pädago-gisches Wissen

Fachwissen Fachdidakt. Wissen

Organisations- Wissen

Beratungs- Wissen

Professionswissen

Abb. 2: Kompetenzentwicklungsmodell für Lehrkräfte nach Kunter,

Kleickmann et al. (2011)

Kontext

Bildungssystem, Individuelle Schule

Persönliche Voraussetzungen

Kognitive Fähigkeiten, Motivation, Persönlichkeit

Professionelle

Kompetenz

Professionswissen

Motivationale

Merkmale

Überzeugungen

Selbstregulative

Fähigkeiten

Professionelles

Verhalten

Unterricht

Beratung

Kooperation

Allgemeines

Arbeitsverhalten

Schülerergebnisse

Fachlich

Motivational

Lehrerergebnisse

Weiterentwicklung

Beruflicher Aufstieg

Wohlbefinden

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Nutzung

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Mayr, 2007; Rauin & Meier, 2007) sowie dem Andauern berufsbezogenen Engagements (Brunner et al., 2006).

Neben den individuellen, relativ stabilen Persönlichkeits-merkmalen, die die Studierenden bereits zu Beginn ihrer Ausbildung mitbringen, bestimmen insbesondere die Art und Qualität der formalen und informellen Lerngelegenheiten die Entwicklung professioneller Lehrerkompetenzen (vgl. auch Blömeke, Kaiser & Lehmann, 2008; Blömeke, Kaiser & Lehmann, 2010; Darling-Hammond, 2006; Kennedy, Ahn & Choi, 2008). Die innerhalb der verschiedenen Pha-sen der Lehrerbildung angebotenen Lerngelegenheiten und deren tatsächliche Nutzung werden als entscheidende Voraus-setzungen für die Kompetenzentwicklung angesehen (Kun-ter, Kleickmann et al., 2011). Die Qualität und das Ange-bot dieser Lerngelegenheiten stehen wiederum in Verbindung mit den an den jeweiligen Ausbildungsorten vorgefundenen Kontexten. Hierbei wird angenommen, dass Lehrerfolg durch das Zusammenspiel universitärer Rahmenbedingungen (z. B. Inhalte, Themen und Anforderungen von Lehrveranstaltun-gen, Organisation des Studiengangs), spezifischer Merkmale der Dozenten (z. B. Fach- und Lehrkompetenz, Engagement) sowie bestimmter Aspekte des Auditoriums (z. B. Qualität von Referaten, Beteiligung, Störungen) bedingt wird. In ver-schiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass die Verfüg-barkeit und die Nutzung von bestimmten Lerngelegenhei-ten der universitären Ausbildung (z. B. Anzahl der belegten Kurse etc.) mit Unterschieden im professionellen Wissen von Lehrkräften einhergehen, die sich bis zu 20 Jahre nach Ausbildungsende nachweisen lassen (Blömeke, Felbrich et al., 2008; Blömeke & König, 2011; Brunner, Kunter, Krauss, Baumert et al., 2006; Kennedy et al., 2008; Kun-ter, Baumert et al., 2011). Weiterhin lässt sich feststellen, dass in der Lehrerbildung erworbenes Wissen dann erfolgrei-cher angewendet werden kann, wenn es in praxisbezogenen Lehr- / Lernarrangements erworben wurde (Mayr, 2003) und dass Studierende in Veranstaltungen mit der Möglichkeit zu selbstgesteuertem Lernen durchschnittlich höhere Lernerfol-ge erzielen (Kotzschmar, 2004). Darüber hinaus wird die Rolle der Mentoren vor allem in der zweiten Phase der Lehr-amtsausbildung (Referendariat) sowohl für die Entwicklung professioneller Kompetenzen, als auch für die emotionale Unterstützung diskutiert (Abs, 2005; Hobson, Ashby, Mal-derez & Tomlinson, 2009). Es konnten positive Zusam-menhänge der Betreuung durch einen Mentor mit der Höhe des Selbstvertrauens, des Selbstwertes, der Selbstreflexion und den Problemlösefähigkeiten der Kandidaten sowie ein

verbessertes Klassen-, Zeit- und Workload-Management der jungen Lehrer gezeigt werden (Lindgren, 2005; Malderez, Hobson, Tracey & Kerr, 2007; McIntyre & Hagger, 1996; Moor et al., 2005).

Offene ForschungsfragenTrotz der beschriebenen Forschungsergebnisse wird die

Frage »Wie wird man eine kompetente Lehrkraft?« nicht ein-deutig geklärt. Unklar bleibt bisher, welche Zusammenhän-ge zwischen verschiedenen personalen Studieneingangsvor-aussetzungen wie allgemeinen Persönlichkeits-, Interessens-, Einstellungs- und Leistungsvariablen und der Kompetenz-entwicklung im Verlauf der akademischen und beruflichen Lehramtsausbildung existieren (vgl. Kunter, Kleickmann et al., 2011). Gerade hinsichtlich der Entwicklung und Verän-derbarkeit der individuellen Merkmale im Verlauf der zwei-phasigen Lehramtsausbildung ist bislang nur wenig bekannt (Kunter & Baumert, 2011; Mayr, 2011). So lässt sich nicht feststellen, welche Variablen sich bereits zu Beginn des Stu-diums zur Vorhersage von Studienerfolg eignen und welche Variablen erst in späteren Abschnitten der Ausbildung eine Prognose für erfolgreiches Lehrerhandeln erlauben. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund der verschiedenen Ausbil-dungsschwerpunkte und der unterschiedlichen strukturellen Bedingungen im universitären und schulpraktischen Kontext interessant. Mögliche Entwicklungen und Veränderungen über beide Phasen der Lehrerausbildung hinweg entziehen sich somit bisher den Untersuchungen.

Das Forschungsprojekt SIOS-LGenau hier setzt das vom Bundesministerium für Bil-

dung und Forschung (BMBF) finanzierte Projekt SioS-L an. Um die Forschungsfragen möglichst umfassend beantwor-ten zu können, wird die Studie als Kooperation der Lehr-stühle Empirische Bildungsforschung (Prof. Dr. Roland Brünken), Pädagogische Psychologie (Prof. Dr. Julia Karbach) und Differentielle Psychologie und psycholo-gische Diagnostik (Prof. Dr. Frank M. Spinath) sowie des Zentrums für Lehrerbildung (Dr. Hans-Werner Be-dersdorfer) durchgeführt. Ziel des Projektes ist es, ein spezifisches Studien- bzw. Ausbildungserfolgsmodell für den Bereich der Lehrerbildung zu entwickeln (Abbildung 3). Die Projektergebnisse können sowohl im Rahmen der Ver-besserung von Qualifikations- und Ausbildungsmaßnahmen als auch für die Studierendenberatung und -auswahl nutzbar gemacht werden.

Forschungsteam, das die individuellen und organisationalen Einflüsse auf Studien- und Ausbildungserfolg in der Lehrerbildung untersucht.

Page 24: magazin - Universität des Saarlandes

Eine Ausgangsstichprobe von 737 Lehramtsstudierenden und eine Vergleichsgruppe von 191 Psychologiestudierenden wer-den über einen Zeitraum von sechs Jahren vom Beginn ihres Studiums über die gesamte zweiphasige Ausbildung (Univer-sität und Referendariat bzw. Bachelor und Master) bis in ihr Berufsleben hinein begleitet (Abbildung 4). Erfasst werden dabei verschiedene Kompetenzen der Lehramtsstudierenden (Professionswissen, pädagogische Handlungskompetenz), individuelle Merkmale (z. B. Lern- und Leistungsfaktoren, Berufsinteresse) und Merkmale der Ausbildung (z. B. An-gebot und Qualität von Lehre und Betreuung). Mit einer Teilstichprobe der Lehramtsstudierenden (N = 90) werden in den praktischen Teilen der Ausbildung (allgemeine und fachdidaktische Schulpraktika sowie Referendariat) Video-studien durchgeführt, um die Entwicklung handlungsnaher Kompetenzen (Klarheit und Strukturiertheit des Unterrichts, Schüleraktivierung, Umgang mit Unterrichtsstörungen) de-tailliert untersuchen zu können.

Das längsschnittliche Studiendesign erlaubt die Analyse von Entwicklungsverläufen und die Überprüfung kausaler Zusammenhänge zwischen bestimmten individuellen Per-sonenvariablen der Studierenden und deren Kompetenzent-wicklung, die bisher nur vermutet werden konnten und erst zum Teil empirisch gesichert sind. Einen weiteren Vorteil bie-tet die vielfältige Erfassung der professionellen Kompetenz mit Hilfe unterschiedlicher Methoden. Über die allgemein übliche Erfassung von Noten und selbsteingeschätzten Kom-petenzen hinaus wird das pädagogische Wissen als Teil des Professionswissens mit zwei spezifischen Wissenstests erfasst. Die Handlungskompetenz der Studierenden wird u. a. sowohl über Expertenurteile von Dozenten und Betreuungslehrern als auch über videographierte Unterrichtsentwürfe in Prakti-kums- und Referendariatsperioden erfasst. Durch dieses Vor-gehen ist es möglich, spezifische Indikatoren für unterschied-liche Facetten professioneller Kompetenz zu identifizieren.

Erste ErgebnisseBelastungserleben von Studierenden bereits zu Beginn

des Studiums hochDer Beruf des Lehrers gilt aufgrund hoher Arbeitsan-

forderungen und möglicher interpersoneller Konflikte mit Schülern als hoch belastend (van Horn, Schaufeli, & Enzmann, 1999). Entsprechend konnten Kieschke und Schaarschmidt (2008) ein gegenüber anderen Professio-nen deutlich erhöhtes Burnout-Risiko für die Berufsgrup-pe der Lehrer nachweisen. Zudem weisen Ergebnisse der Potsdamer Lehrerstudie bereits auf eine hohe Prävalenz ineffektiver Stressbewältigungsmuster unter Studierenden des Lehramts sowie Referendaren hin (Schaarschmidt & Kieschke, 2007). Aufbauend auf diesen Befunden wird im Projekt SioS-L untersucht, inwiefern gesundheitsschädliche Arbeits- und Verhaltensmuster auf Motive für die Wahl des Lehramtsstudiums zurückzuführen sind. Die Kenntnis von Zusammenhängen zwischen individuellen Berufswahlmoti-ven und einem späteren Belastungserleben ist von hoher praktischer Relevanz. So könnte den physischen und psychi-schen Belastungen von Burnout gefährdeten Lehrern sowie den damit einhergehenden negativen Konsequenzen auf Seiten der Institutionen (Einbußen der Unterrichtsqualität, Kosten durch Krankheitsausfall) durch gezielte Beratungen Studieninteressierter frühzeitig entgegen gewirkt werden.

Zur Untersuchung dieser Fragestellungen wurden in zwei aufeinander folgenden Jahrgängen 619 Lehramtsstu-dienanfänger der Universität des Saarlandes unmittelbar nach Aufnahme ihres Studiums befragt. Die Studienwahl-motive wurden hinsichtlich einer Wertkomponente (Pädago-gisches Interesse, Fachliches Interesse, Nützlichkeit), einer Erwartungskomponente (Fähigkeitsüberzeugung, Geringe Schwierigkeit) sowie Sozialer Einflüsse untersucht (Pohl-mann & Möller, 2010). Zudem wurden arbeitsbezogene Verhaltens- und Erlebensmuster erfasst. Schaarschmidt und Fischer (2008) unterscheiden hierbei vier Typen, die sich hinsichtlich ihres Arbeitsengagements, ihrer Wider-standsfähigkeit sowie berufsbegleitender Emotionen unter-scheiden. Ein gesundes arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster geht mit hohem beruflichem Engagement, einer ausgeprägten Widerstandsfähigkeit gegenüber Bela-stungen und einem allgemein positiven Lebensgefühl einher (Gesundheitstyp). Demgegenüber weisen andere Personen ausgeprägte Schonungstendenzen gegenüber beruflichen An-forderungen auf, was sich in einem verminderten Arbeitsen-gagement äußert (Schonungstyp). Schließlich werden zwei

gesundheitsschädigende Muster unterschieden. Während sich man-che Personen durch ein überhöhtes Engagement selbst überfordern und Schwierigkeiten haben, sich von ihrer Arbeit zu distanzieren (Arbeitstyp), weisen Personen mit Verhaltensweisen des Burnout-Ri-sikomusters bereits ein reduziertes Arbeitsengagement auf, das mit einer verminderten Belastbarkeit und einem negativem Lebensge-

fühl einhergeht (Burnouttyp). Die Ergebnisse der SioS-L Studie zeigen, dass jeweils

ein Viertel der Befragten hohe Übereinstimmungen mit den Verhaltensweisen des schonenden beziehungsweise gesun-

Abb. 3: Schematisches Studienverlaufsmodell"

Betrachtung während des Studiums Ende der 1. Ausbildungsphase

2. AusbildungsphaseBerufseintritt

Studienbeginn

Individuelle Voraussetzungen Studienerfolg Ausbildungs-/

BerufserfolgStudienverlauf

Individuelle Faktoren

Organisationale Faktoren

Projektphase 2Projektphase 1

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N=331

N=89

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Kohorte 1

Kohorte 2

Kohorte 4Psychologie

Studienanfänger

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Studienanfänger

5. Semester

Absolventen

Studienanfänger

Absolventen BA

Studienanfänger

Absolventen

Referendare

5. Semester

Absolventen MA

5. Semester

Referendare

Lehrer

Absolventen

Absolventen MA

Kohorte 3

Projektphase 1 Projektphase 2

Kohorte 5Psychologie

Abb. 4: Schematische Darstellung des längsschnittlichen Forschungsdesigns über beide Förderphasen hinweg.

N = Stichprobengröße.

Page 25: magazin - Universität des Saarlandes

den Typus angaben. Gleichzeitig ließen sich jedoch knapp die Hälfte der befragten Studienteilnehmer / -innen einem der beiden gesundheitsschädigenden Verhaltensmuster zu-ordnen. Insgesamt zeigte somit bereits ein deutlich höherer Anteil an Studienanfängern gesundheitsschädliche Erlebens- und Verhaltensmuster als dies in der Potsdamer Lehrerstudie der Fall war (Schaarschmidt & Kieschke, 2007). Darüber hinaus unterschieden sich die vier Typen in ihren Motiven für die Wahl des Lehramtsstudiums. Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass sich insbesondere Personen, die dem Burnout-Risikomuster zuzuordnen sind, durch ein reduzier-tes pädagogisches wie fachliches Interesse, eine geringere Fähigkeitsüberzeugung sowie der Motivation, das Lehramts-studium aufgrund der angenommenen geringen Schwierigkeit zu wählen, kennzeichnen. Darüber hinaus gaben Personen, deren Arbeits- und Verhaltensmuster dem Schonungstyp ent-sprachen, gegenüber Individuen des gesunden Typus seltener an, das Lehramtsstudium aufgrund ihres fachlichen Inter-esses oder ihrer Fähigkeitsüberzeugung gewählt zu haben. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Personen, die das Lehramtsstudium primär aus intrinsischen Motiven heraus wählen, über ein höheres Maß an Ressourcen verfügen und damit ein geringeres Burnout-Risiko aufweisen.

Aufbauend auf den dargestellten Befunden soll in zu-künftigen längsschnittlichen Betrachtungen ermittelt wer-den, inwiefern bestimmte Berufswahlmotive nicht nur die unmittelbaren Erlebens- und Verhaltensmuster, sondern auch mittelfristig die Gesundheit der Studierenden beeinflussen. Hierzu werden Zusammenhänge zwischen den zu Beginn des Studiums vorherrschenden Berufswahlmotiven und der psychischen und körperlichen Gesundheit der Studierenden sowie dem Auftreten von Burnout-Symptomen nach drei Jahren ermittelt.

Passen die beruflichen Orientierungen der Studierenden zu den Anforderungen im Lehramtsstudium?

Zu Beginn des Studiums wurden die allgemeinen be-rufsbezogenen Interessenorientierungen von 500 Lehramts-studierenden erhoben und ausgewertet. Ausgehend von der Berufswahltheorie nach Holland (1997) können Personen und Berufe danach klassifiziert werden, wie ähnlich sie einem bestimmten Grundtypus sind. Es wird angenommen, dass die Passung zwischen den individuellen Merkmalen einer Person (Personentypus) und den spezifischen Anforderungsprofi-len der beruflichen Umwelt (Umwelttypus) mit einer Reihe günstiger Merkmale (Verweildauer in Studium und Beruf, Zufriedenheit, Lern- und Leistungserfolge) in Verbindung steht (Assouline & Mair, 1987; van Iddekinge, Putka & Campbell, 2011). Holland (1997) definiert sechs grundle-gende Personen- und Umwelttypen (vgl. hierzu auch Berg-mann & Eder, 2005; Rolfs & Schuler, 2002):

Praktisch-technisch (Realistic). Personen mit hohen praktisch-technischen Interessenorientierungen bevorzugen körperliche Tätigkeiten, die Koordination und Handgeschick-lichkeit erfordern und zu konkreten, sichtbaren Ergebnissen führen. Sie verfügen über Fähigkeiten im technischen und mechanischen Bereich.

Intellektuell-forschend (Investigative). Personen dieses Typs bevorzugen die Auseinandersetzung mit natur- oder so-zialwissenschaftlichen Phänomenen mithilfe systematischer Beobachtung und Forschung.

Künstlerisch-sprachlich (Artistic). Personen mit künst-lerisch-sprachlichen Interessen präferieren offene, kreative Aktivitäten. Ihre Fähigkeiten liegen im Bereich von Sprache, Kunst und Musik.

Sozial (Social). Personen mit hohen sozialen Interessen streben vor allem Tätigkeiten wie Unterrichten, Lehren, Aus-bilden und Versorgen an. Sie verfügen über gute Fähigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich.

Unternehmerisch (Enterprising). Personen dieses Typs zeigen hohe führungsbezogene Kompetenzen. Sie präferie-ren berufliche Kontexte, in denen Sie die Planung und Orga-nisation von Gruppen übernehmen und andere Menschen beeinflussen und anleiten können.

Konventionell (Conventional). Personen mit hohen kon-ventionellen Interessenorientierungen präferieren ordnend-verwaltende Tätigkeiten, bei denen der strukturierte und regelhafte Umgang mit Daten im Vordergrund steht und die ein hohes Maß an Genauigkeit erfordern.

Unsere Analysen zeigen, dass sich Lehramtsstudierende vor allem durch hohe Interessen in sozialen und unterneh-merischen beruflichen Tätigkeitsbereichen auszeichnen und – je nach Fachschwerpunkt – höhere intellektuell-forschende (Naturwissenschaftler), künstlerisch-sprachliche (Geistes- /Sprachwissenschaftler und Mischtypen) und konventionelle Orientierungen (Sportwissenschaftler) zeigen. Solche Fach-gruppenunterschiede konnten auch in Hinblick auf andere Merkmale nachgewiesen werden: Beispielsweise erzielten insbesondere die Lehramtsanwärter aus den naturwissen-schaftlichen Fachbereichen besonders gute Ergebnisse in den kognitiven Leistungstests (u. a. hohe Fähigkeiten im Denken /Schlussfolgern und im räumlichen Vorstellungsvermögen). Trotz dieser guten leistungsbezogenen Studieneingangsvor-aussetzungen scheinen die Naturwissenschaftler im Durch-

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schnitt mit deutlich ungünstigeren motivationalen Voraus-setzungen in ein Lehramtsstudium einzutreten: Im Vergleich zu ihren Kommilitonen aus den geistes-, sprach- und sport-wissenschaftlichen Lehramtsfachbereichen sind sie deutlich weniger interessiert an sozialen beruflichen Tätigkeiten, die einen Großteil der späteren Arbeit als Lehrer ausma-chen werden, und sind bereits im ersten Semester weniger zufrieden mit ihrem Studium. Inwiefern sich Interessen und Zufriedenheit über das Studium hinweg verändern, ist Teil zukünftiger längsschnittlicher Auswertungen.

Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Projekt Study Finder der UdS (Stoll & Spinath, 2008) war es möglich, auch Einschätzungen von Dozenten und Professoren aus der uni-versitären Lehrerbildung einzuholen. Die zuständigen Exper-ten aus verschiedenen Fachbereichen der Lehrerausbildung wurden gebeten einzuschätzen, welche Tätigkeiten und Anfor-derungen speziell für das Lehramtsstudium wichtig sind. Ein zentrales Ergebnis dieser Befragungen war, dass die Experten fachübergreifend die Tätigkeits- und Anforderungsschwer-punkte im Lehramtsstudium speziell in den intellektuell-forschenden, sozialen und konventionellen Bereichen sehen. Es stellt sich nun die Frage, inwiefern die Interesseno-rientierungen der Saarbrücker Lehramtsstudierenden mit dem Anforderungsprofil der Lehramtsausbildung überein-stimmen? Um diese Frage adäquat beantworten zu können, wurde für alle Studierenden ein Passungsindex gebildet, der die Informationen über die Interessenausprägungen der Stu-dierenden auf den drei für das Lehramtsstudium wichtigsten Dimensionen (intellektuell-forschend, sozial und konven-tionell) beinhaltet. Ein interessantes Ergebnis ist zunächst, dass die Studierenden aus allen Fachbereichen lediglich eine durchschnittlich hohe Anpassung an die Anforderungen im Lehramtsstudium zeigen. Gleichzeitig zeigen unsere Analy-sen, wie wichtig eine adäquate Anpassung im Studium ist: Diejenigen Studierenden, die stärker intellektuell-forschend, sozial und konventionell orientiert sind, sind im Durchschnitt auch zufriedener mit ihrem Studium, zeigen eine höhere An-strengungsbereitschaft und ein niedrigeres Belastungserleben.

Zufriedenheit wird bestimmt durch Persönlichkeit und Motivation

Die Studienzufriedenheit gilt immer mehr als wichtiger Bestandteil einer erfolgreichen universitären Ausbildung, da zufriedene Studierende z. B. eine höhere Stresstoleranz aufweisen (Schiefele & Jacob-Ebbinghaus, 2006), sel-

tener ihr Studium abbrechen (Aitken, 1982) und bessere Leistungen im Studium zeigen (Bean & Bradley, 1986). Um ein möglichst ganzheitliches Bild zu erhalten, wird in SioS-L die Studienzufriedenheit mehrdimensional erfasst, indem die Studienteilnehmer / -innen darüber Auskunft ge-ben, wie zufrieden sie mit den Inhalten ihres Studiums, den Studienbedingungen und der persönlichen Bewältigung der Studienbelastungen sind (Schiefele & Jacob-Ebbing-haus, 2006; Westermann, Heise, Spies & Trautwein, 1996). Im Rahmen der Studie soll zum einen untersucht wer-den, wie sich die Studienzufriedenheit über den Verlauf des Studiums verändert. Zum anderen wird analysiert, welche persönlichen Eigenschaften und organisationale Bedingun-gen – gemessen zu Beginn des Studiums – zu einer höheren Zufriedenheit nach der ersten Studienhälfte führt. Dank der zahlreichen Teilnahme unserer Studierenden an einer zweiten Erhebungswelle konnten erste Langzeitdaten von 254 Stu-dierenden gewonnen und ausgewertet werden. So stellte sich heraus, dass Studierende, die bezüglich ihrer Persönlichkeit höhere Werte auf dem Faktor Neurotizismus aufwiesen, d. h. eher ängstlich und weniger emotional stabil waren, nach der Hälfte ihres Studiums auch eine geringere Zufriedenheit in al-len drei Bereichen berichteten. Diesem Persönlichkeitsfaktor kommt dementsprechend eine umfassende Bedeutsamkeit zu. Darüber hinaus zeigte sich, dass die Studierenden nach zwei Jahren umso zufriedener waren, je mehr Wichtigkeit sie ihrem Studium bereits zu Beginn zugemessen hatten. Ebenfalls zu-friedener waren Studierende, die angaben sich aus fachlichem Interesse (intrinsisch motiviert) für das Lehramtsstudium ent-schieden zu haben. Demgegenüber waren Studierende, die sich aufgrund der Nützlichkeit (gute Vereinbarung von Fami-lie und Beruf; flexible Arbeitszeiten, finanzielle Sicherheit) für das Lehramtsstudium entschieden hatten, eher unzufrieden mit der Bewältigung der Studienbelastungen.

Welche Lehrer machen besseren Unterricht?Eine weitere Fragestellung der Studie befasst sich mit der

Entwicklung der Handlungskompetenz von Studierenden und den Voraussetzungen, die ein Studierender mitbringen muss, um guten Unterricht durchführen zu können.

Um diese Frage zu beantworten, wird eine kleinere Teil-stichprobe von Lehramtsstudierenden (N = 90) bei ihren Unterrichtsversuchen in drei Praktikumsphasen gefilmt. Die bislang vorhandenen Videoaufzeichnungen wurden durch geschulte Experten hinsichtlich der Unterrichtsqualität ein-geschätzt. Zu den Merkmalen der Unterrichtsqualität zählen in Anlehnung an die bisherige Forschung (1) die Klarheit und Strukturiertheit des Unterrichts (inwieweit sind die Ziele der Stunde deutlich, ist die Stunde klar gegliedert usw.), (2) die Schülerorientierung bzw. Lernprozessbegleitung (inwieweit werden Schülerinnen und Schüler bei ihrem Lernprozess unterstützt) und (3) ein effektiver Umgang mit Störungen.

Aus der bisherigen Forschung liegen einige Ergebnisse zum Zusammenhang von einzelnen Persönlichkeitsmerkma-len und der Unterrichtsqualität vor. Lehrkräfte, die von ihren Fähigkeiten überzeugt sind, auch schwierige Unterrichtssi-tuationen meistern zu können, weisen eine bessere Instruk-tionsqualität auf, sie stellen anspruchsvollere Aufgaben und sind geduldiger, wenn Schüler Fehler machen. Die gleichen Zusammenhänge lassen sich beobachten, wenn Lehrer eher der Überzeugung sind, dass Schüler besser lernen, wenn sie sich selbständig Dinge erarbeiten und Dinge ausprobieren

Abb. 5: Welche Verhaltensmuster prädestinieren dazu, eine kompetente Lehrkraft

zu werden?

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können (konstruktivistische Überzeugung) (z. B. Baumert & Kunter, 2011; Lipowsky, 2006). Auch Persönlichkeits-merkmale weisen einen Zusammenhang mit dem Handeln auf: Lehrpersonen, die gewissenhafter und offener für Erfah-rungen sind, zeigen bessere Praxisleistungen (Hanfstingl & Mayr, 2007).

In den bisherigen Studien wird das Unterrichtshandeln oftmals mittels Fragebögen durch die Lehrpersonen selbst oder durch die unterrichteten Schüler erfasst. Diese Einschät-zungen können jedoch unterschiedlichen Verzerrungen un-terliegen. Eine Ergänzung in der SioS-L-Studie stellen Video-aufzeichnungen dar. Ein Vorteil von Videoaufzeichnungen besteht in einer angenommenen höheren Objektivität bei der Einschätzung der Unterrichtsmerkmale, da Videos mehrmals angeschaut werden können und auch immer von mindestens zwei Personen eingeschätzt werden. Erste Ergebnisse scheinen die in der Forschung gefundenen Zusammenhänge von individuellen Persönlichkeitsmerkma-len und dem beobachtbaren Handeln einer Lehrkraft zu be-stätigen. Darüber hinaus spielen möglicherweise Geschlech-tereffekte eine Rolle in dem Sinne, dass z. B. bei Männern und Frauen unterschiedliche Motive für die Wahl eines Lehramts-studiums ein besseres Instruktionsverhalten vorhersagen.

Weitere Analysen sollen ein noch genaueres Bild davon aufzeigen, wie sich das Instruktionsverhalten der Lehramts-studierenden im Verlauf des Studiums entwickelt, und welche weiteren Personenmerkmale dafür eine Rolle spielen.

Projektleitung

Prof. Dr. Julia KarbachKurzprofil auf S. 11

Prof. Dr. Roland Brünken studierte Psychologie in Trier, Düsseldorf und Aachen.

Nach dem Diplom 1993 folgte eine Assistentenzeit am Lehr-stuhl für Instruktionspsychologie der Uni Erfurt von 1994-2001, wo er 1998 auch promovierte. Nach Stationen als Nach-wuchsgruppenleiter in Erfurt und Lehrstuhlvertreter in Salz-burg war er von 2003 bis 2006 als Professor für Psychologie des Lehrens und Unterrichtens an der Unversität Göttingen tätig. Seit 2006 ist er als Professor für empirische Bildungs-forschung an der Universität des Saarlandes, wo er derzeit auch als Dekan und Senator tätig ist. Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehören die empirische Lehr-Lernforschung mit Bezug zu Neuen Medien, pädagogisch-psychologische Fragen in der Verkehrspsychologie, insbesondere in Hinblick auf die Entwicklung und Diagnose von Fahrkompetenzen bei

jungen Autofahrern sowie die Analyse und Förderung der Entwicklung professioneller Kompetenzen im Studium u. a. bei Lehramtsstudierenden.

Prof. Dr. Frank Spinath studierte und promovierte im Fach Psychologie an der

Universität Bielefeld. Nach einem halbjährigen postgradu-alen Fellowship am Kings College (London, UK) habilitier-te er an der Universität Bielefeld und wurde 2004 auf den Lehrstuhl für Differentielle Psychologie und Psychologische Diagnostik an der Universität des Saarlandes berufen. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der verhaltensgenetischen Erforschung von Intelligenz und Per-sönlichkeit, in der Untersuchung von Prädiktoren für Schul- und Studienerfolg sowie in der Entwicklung onlinebasierter Self-Assessments.

Dr. Hans Werner Bedersdorferarbeitete nach einem Lehramtsstudium von 1972 bis

1981 als Lehrer im saarländischen Schuldienst. Gleichzei-tig studierte er an der Universität des Saarlandes und der Pädagogischen Hochschule des Saarlandes und absolvierte im Jahr 1977 die Diplomprüfung (Schwerpunkt Pädagogi-sche Diagnose und Beratung). Von 1981 bis 1985 arbeitete er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität des Saarlandes (erziehungswissenschaftliche Lehrerbildung) und promovierte dort im Jahr 1987. Von 1985 bis zum Jahr 2001 leitete er das Institut für Lehrerfort- und -weiterbildung. Seit 2002 arbeitet er als Geschäftsführer des Zentrums für Leh-rerbildung der UdS.

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Wirkung Pflanzliche Sterole beugen Alzheimer vor

Dass sich Inhaltsstoffe aus Obst und Gemüse positiv auf unsere Gesundheit auswirken, ist kein Geheimnis. Pflanz-liche Sterole tragen beispielsweise dazu bei, den Choles- terinspiegel zu senken. Zudem scheinen sie der Entste-

hung von Alzheimer vorzubeugen, wie eine aktuelle Studie von Forschern der Universität des Saarlandes belegt. Die Mediziner um Marcus Grimm haben nachgewiesen, dass ein bestimmtes Sterol, das Stigmasterol, die Bildung von Eiweißen hemmt, die bei der Entwicklung der Krankheit eine wichtige Rolle spielen. Die Studie wurde im renom-mierten Journal of Neuroscience veröffentlicht.

»Pflanzliche Sterole kommen in unterschiedlicher Zu-sammensetzung etwa in Nüssen, Samen und Pflanzenölen vor. Sie sind das Äquivalent zum tierischen Cholesterin und können daher im Stoffwechsel an denselben Stellen wie das Cholesterin ihre Wirkung entfalten«, erklärt Marcus Grimm, Laborleiter in der Experimentellen Neurologie an der Uni-versität des Saarlandes. »Da sie auch den Cholesterinspiegel senken, werden sie vielseitig in der Nahrungsmittelindustrie und als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt.«

Ein erhöhter Cholesterinspiegel steht schon lange im Ver-dacht, das Risiko zu erhöhen, an Alzheimer zu erkranken. »Studien haben bereits gezeigt, dass Cholesterin die Bildung sogenannter seniler Plaques fördert«, berichtet Grimm. Diese Plaques bestehen aus Eiweißen, vor allem aus den Beta-Amy-loid-Proteinen, und lagern sich im Gehirn an den Nervenzel-len ab. Sie gelten als einer der Hauptauslöser von Alzheimer.

Das Forscherteam um Grimm hat nun zusammen mit Wissenschaftlern aus Bonn, Finnland und den Niederlanden untersucht, wie Sterole, die wir über die Nahrung aufnehmen, die Entstehung der Plaques-Proteine beeinflussen. Hierbei zeigte sich, dass insbesondere ein Sterol, das Stigmasterol, die Bildung unterbindet. »Stigmasterol wirkt auf unterschiedliche molekulare Prozesse, es senkt die Enzymaktivität, hemmt die Bildung Alzheimer relevanter Proteine und verändert die Struktur der Zellmembran«, sagt Grimm. »All dies zu-sammengenommen führt letztlich dazu, dass weniger Beta-Amyloid-Proteine entstehen.« Im Tierversuch konnten die Forscher diesen positiven Effekt bereits belegen.

Insgesamt konnten die Wissenschafter der Universität des Saarlandes in ihrer Studie zeigen, dass die unterschiedlichen Phytosterole verschiedene zelluläre Mechanismen beeinflus-sen und daher in ihrer Wirkung unterschiedlich zu bewerten sind. »Gerade im Hinblick auf Alzheimer scheint es sinnvoll zu sein, bei der Ernährung auf einzelne Phytosterole zu setzen anstatt auf ein Gemisch«, so Grimm weiter.

Informatik-Professor verbessert Datenschutz im Internet

Cyber-Angriffe von Hackern oder die jüngst aufgedeck-ten Ausspähaktionen von Geheimdiensten belegen immer wieder aufs Neue, dass persönliche Daten im Internet nicht sicher sind. Matteo Maffei, neu berufene Professor für In-formatik und Forscher am Center for IT-Security, Privacy, and Accountability (CISPA) an der Universität des Saarlan-des, arbeitet daran, die Privatsphäre der Menschen in der digitalen Welt zu schützen:

»Kryptographische Methoden wie Verschlüsselungs-verfahren nutzen die meisten Internetnutzer unbewusst, sobald sie sich mit ihrem Passwort bei einem sozialen Netz-werk oder bei einer Bank anmelden«, sagt Professor Matteo Maffei. »Problematisch wird es, wenn Hacker diesen Schutz aushebeln, um an sensible Daten wie Passwörter oder Kredit-kartennummern heranzukommen.« Maffei, der seit Anfang

Oktober eine Professur für sichere Systeme zum Schutz der Privatsphäre an der Saar-Uni inne hat, arbeitet mit seiner Gruppe deswegen an Lösungen, Computer, Handys und de-ren Apps sicherer zu machen: Die Informatiker entwickeln unter anderem Algorithmen, die automatisch Sicherheitslük-ken aufspüren können.

Darüber hinaus arbeiten die Saarbrücker Forscher um Maffei an neuartigen kryptographischen Techniken, um den Datenschutz im Internet zu garantieren etwa um die Privat-sphäre gegenüber Onlinewerbediensten sicherzustellen. »Die personalisierte Werbung spielt im Internet eine große Rol-le. Serviceprovider registrieren zum Beispiel, dass wir den neuesten Bestseller bei einem Online-Händler gekauft oder einen Flug bei einem Reiseportal gebucht haben«, erklärt Maffei. »Dementsprechend wird die auf uns zugeschnittene

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Werbung eingeblendet, wenn wir im Internet surfen, zum Beispiel für passende Hotels.« Der Informatiker entwickelt neue Methoden, um diese persönlichen Angaben im Internet künftig besser zu schützen. Beim Online-Kauf würden mit diesen Techniken persönliche Daten beispielsweise nur noch zwischen Verkäufer und Käufer ausgetauscht.

Ähnliche Verfahren könnten zudem die Kommunikation in sozialen Netzwerken sicherer machen und gewährleisten, dass sensible Daten nur einem bestimmten Teilnehmerkreis zugänglich sind. »Knackt ein Hacker beispielsweise ein Nut-zerprofil in einem so gesicherten Netzwerk, wäre es für ihn nicht möglich, auf die Nutzerdaten zuzugreifen, da diese ver-schlüsselt sind«, sagt Maffei.

Der Informatik-Professor forscht am Center for IT-Secu-rity, Privacy, and Accountability (CISPA) an der Saar-Uni. Das CISPA, eines der drei bundesweiten Kompetenzzentren für IT-Sicherheit, wurde 2011 mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung eingerichtet. Ziel des Zentrums ist es, Lösungen für die Kernprobleme der IT-Sicherheit in der digitalen Gesellschaft zu entwickeln.

Selbstheilende Kupferschichten sorgen für Innovationssprung bei der Herstellung von Smartphones

Wie ein Nervensystem verbinden elektronische Leiter-platten die Bauteile von Smartphones. Strom und Abwär-me werden dort über komplexe, dreidimensionale Kup-ferbahnen geleitet. Die Herstellung dieser hauchdünnen Kupferverbindungen auf großflächigen Leiterplatten ist anspruchsvoll. Ein entscheidender Innovationssprung ist Materialwissenschaftlern um Professor Frank Mücklich gelungen. Mit einer selbstheilenden Kupferschicht, die dünner als ein Zehntel einer Haaresbreite ist, konnten sie das Verkupfern der Leiterplatten wesentlich erleichtern. Für diese patentierte Erfindung wurden den Forschern in Hamburg der Innovationspreis 2013 des Deutschen Kup-ferinstitutes verliehen.

»Damit Smartphones immer flacher und leistungsfähi-ger werden, müssen auch ihre elektronischen Bauelemente schrumpfen und auf filigrane Weise miteinander vernetzt werden. Eine elektronische Leiterplatte ist heute ein äußerst komplexes, dreidimensionales Gebilde«, sagt Frank Mück-lich, Professor für Funktionswerkstoffe der Universität des Saarlandes und Leiter des Steinbeis-Forschungszentrums für Werkstofftechnik (MECS). Für die großflächige und präzise Fertigung von Leiterplatten wird das Galvanik-Verfahren genutzt. Die Leiterplatte wird dabei in eine kupferhaltige Säure, den Elektrolyt, getaucht. Dann fließt extrem starker elektrischer Strom durch die Platte und transportiert das Kupfer auf die Oberfläche und in winzige Bohrlöcher, die für spätere Bauteile und Kontakte vorgesehen sind. »Die Lei-terplatte wird dadurch mit einer gleichmäßigen Kupferschicht überzogen, die dünner ist als ein Zehntel des Durchmessers eines menschlichen Haares«, erklärt der Materialforscher.

Die Leiterplatten werden dabei von säureresistenten Ti-tanklammern gehalten, die den Strom auf die Platte leiten.

»Diese Halterungen müssen eine enorme elektrische Ener-gie auf wenigen Quadratmillimetern aushalten. Der extrem starke Strom schädigt sie bei jedem Durchlauf durch Fun-kenbildung, ähnlich wie ein Blitzeinschlag«, beschreibt Frank Mücklich das grundsätzliche Problem von modernen Galva-nik-Anlagen. Gemeinsam mit den Materialwissenschaftlern Dominik Britz und Christian Selzner untersuchte er die Schä-digungsvorgänge nicht nur im Elektronenmikroskop, sondern mit Hilfe von Tomographen auch in Nanodimensionen und sogar auf atomarer Ebene. »Wir mussten dabei erkennen, dass die bisherige Strategie nicht zum Erfolg führt. Es reicht nicht, immer neue Werkstoffe mit noch höherer Widerstands-kraft gegen diese zerstörerischen, viele tausend Grad heißen Funken zu entwickeln«, erläutert Mücklich. Denn auch sehr teure Edelmetalle wie Platin konnten diesen Prozess letztlich nur verzögern, aber nicht aufhalten. Stattdessen fanden die Materialforscher ein äußerst sparsames und zuverlässiges Verfahren. »Dieses ähnelt der Heilung von Wunden, mit der unser Körper zeitlebens die Haut regeneriert«, vergleicht Frank Mücklich.

Wie in einem Karussell wandern die Kontakte jetzt in der Produktionsanlage im Kreis herum und werden genauso wie die Leiterplatten immer wieder mit einer neuen dünnen Kup-ferschicht überzogen. »Damit erzeugen wir eine recycelbare Verschleißschicht auf den Kontakten, heilen aufgetretene

Schäden sofort aus und verbessern ganz nebenbei sogar die Leitfähigkeit der Halterungen um ein Vielfaches«, sagt der Materialforscher. Durch das neue Verfahren müssen die Hal-terungen in Zukunft nicht mehr aufwändig in den Produkti-onsstätten ausgebaut und ersetzt werden. Da in jeder der rund 600 Produktionsanlagen weltweit etwa 200 Halterungen im Einsatz sind, spart der Hersteller jetzt jährlich mehrere Millio-nen Euro. Professor Mücklich kann sich vorstellen, dass sich die selbst erneuernden Schutzschichten nach diesem Prinzip auch für andere Anwendungen einsetzen lassen. »Wenn Bau-teile während der Produktion stark beansprucht werden, soll-te man nicht nur über Hightech-Werkstoffe wie Titan nach-denken, sondern auch vergleichsweise alte, aber nicht weniger geeignete Materialien wie Kupfer oder Kupferlegierungen in die Überlegungen einbeziehen«, sagt Mücklich.

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