Magnificat- Vertonungen - Oratorien-Verein · PDF fileMichael Marz – Bass Christine...

download Magnificat- Vertonungen - Oratorien-Verein · PDF fileMichael Marz – Bass Christine Dobmeier, Sabrina Buck, –Trompete I ... rascht uns Bach nach einer hemiolischen Kadenz mit einer

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  • Johann Sebastian und

    Carl Philipp Emanuel Bach

    Magnificat-

    Vertonungen

    Fassungen D-Dur

    BWV 243 und Wq 215

    Programmheft 2,-

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    3. Advent, 15. Dezember 2013

    19.00 Uhr

    Evangelische Stadtkirche St. Dionys

    Esslingen am Neckar

  • 2

    Johann Sebastian Bach, Beginn des Magnificats, 2. Fassung D-Dur 1732/35

    BWV 243. Autographe Partitur (SBB Mus. ms. Bach P 39, Bl. 2r)

  • 3

    3. Advent, 15. Dezember 2013, 19 Uhr

    Evangelische Stadtkirche St. Dionys

    Esslingen am Neckar

    Johann Sebastian und

    Carl Philipp Emanuel Bach

    Magnificat-Vertonungen

    Fassungen D-Dur BWV 243

    und Wq 215

    Maren Jacob Sopran

    Kathrin Koch Alt

    Alexander Yudenkov Tenor

    Michael Marz Bass

    Christine Dobmeier, Sabrina Buck, Trompete I - III Florian Schiessler

    Tomoe Sonoda Pauken

    Constanze Ludwig, Felicitas Stoffel Horn I, II

    Annette Haberkern, Beate Dschler Flte I, II

    Martina Hasenzahl, Nico Winandy Oboe I, II, Oboe damore I-II

    Continuo:

    Oliver Hasenzahl, Ulrich Prinz, Fagott, Violoncello,

    Ulrich Keller, Alexander Strauss Kontrabass, Cembalo und Orgel

    Chor und Orchester des Oratorien-Vereins Esslingen

    Jrg Dobmeier Leitung

  • 4

    Zur Herkunft des Textes

    Das Magnificat, der Lobgesang Marias, gehrt zu den drei neutestamentlichen

    Cantica, die dem Lukas-Evangelium entnommen und fester Bestandteil der luthe-

    rischen und calvinistischen Kirchenmusik sind.

    1. Canticum Beatae Mariae Virginis, Luk 1,46-55, Magnificat erklingt in der

    Vesper.

    2. Canticum Zachariae, Luk 1,68-79; Benedictus Dominus Deus Israel erklingt

    in der Laudes (nach der Matutin).

    3. Canticum Simeonis, Luk 2,29-32, Nunc dimittis servum tuum erklingt in der

    Komplet (letzte Hore im Officium).

    Zur Bachzeit werden im lutherischen Leipzig noch drei Marienfeste gefeiert:

    Mariae Reinigung am 2. Februar, Mariae Verkndigung am 25. Mrz und Mariae

    Heimsuchung am 2. Juli und zu allen drei Festen hat Bach insgesamt ein Dutzend

    Kantaten geschrieben, die er in sehr unterschiedlichen Fassungen aufgefhrt hat.

    Bedeutsam ist die deutsche Fassung des Magnificats: Meine Seele erhebt den

    Herren BWV 10 zum 2.7.1724, der Tonus peregrinus wird in den Stzen 1, 5

    und 7 deutlich zitiert. Auerdem gab es im Leipzig der Bachzeit lateinische Kir-

    chenmusik, zu denen Bach Messen, Messenstze und ein Magnificat komponiert

    bzw. entsprechende Werke anderer Komponisten aufgefhrt hat.

    Textgrundlage fr das Magnificat ist das Lukas-Evangelium Kapitel 1, 46-55 in

    der lateinischen Version der Vulgata. Im Vespergottesdienst der Leipziger Haupt-

    kirchen St. Nikolai und St. Thomae wurde das Magnificat an gemeinen Sonnta-

    gen Teutsch gesungen (also: Meine Seele erhebt den Herren), an hohen Festen

    aber lateinisch musiciret (C.E. Sicul in den Annales Lipsiensis, Leipzig 1717).

    Hohe Feste im vorgenannten Sinne waren die jeweils ersten beiden Feiertage

    von Weihnachten, Ostern und Pfingsten, aber auch andere Feiertage wie Himmel-

    fahrt oder die Marienfeste.

    Die ursprngliche Magnificat-Fassung steht in Es-Dur BWV 243a, da diese

    mglicherweise schon zu Mariae Heimsuchung am 2.7.1723 aufgefhrt wird, hat

    Andreas Glckner im Bach-Jahrbuch 2003 mit guten Grnden dargestellt. Diese

    Frhfassung berliefert erst am Ende der autographen Partitur, vier weihnachtli-

    che Einlagestze, die durch eine Weihnachtskantate von Bachs Amtsvorgnger

    Kuhnau angeregt sind und auf eine szenische Darstellung der Weihnachtsge-

    schichte zurckweisen: Vom Himmel hoch tritt der Engel zu den Hirten und

    verkndigt ihnen Freut euch und jubiliert, zu Bethlehem gefunden wird das herz-

    liebe Jesulein. Die Menge der himmlischen Heerscharen tritt hinzu und singt

    Gloria in excelsis. Der vierte Satz Virga Jesse floruit ist als Wiegenlied gedacht

    zu dem in der szenischen Auffhrung blichen Kindelwiegen.

  • 5

    Zur berlieferung bei Johann Sebastian Bach

    Beide Fassungen des Magnificat, sowohl die Frhfassung Es-Dur BWV 243a von

    1723, als auch die Neufassung in D-Dur BWV 243 entstanden um 1732/35, sind

    nur als autographe Partituren auf uns gekommen (SBB P 38 und P 39). Da smtli-

    che Originalstimmen fehlen, ist es insbesondere fr die Frhfassung unmglich,

    den Bezugsstimmton (Chor- oder Kammerton) mit letzter Sicherheit zu bestim-

    men. Ob die Transposition der ungewhnlichen Tonart Es-Dur nach D-Dur nur

    wegen der Trompeten erfolgte, die ohnehin im Chorton und nicht im Kammerton

    gestimmt waren oder die Auffhrung im tiefen Kammerton erfolgt ist, wie neu-

    erdings behauptet wird, bleibt umstritten. Auffhrungsstimmen knnten uns sofort

    eine schlssige Begrndung liefern.

    Sehr wahrscheinlich ist es Bachs erstes ausgedehnteres Grochorwerk nach seinem

    Leipziger Amtsantritt am 1. Sonntag nach Trinitatis (30.5.1723), das er im Alter

    von 38 Jahren komponiert. Es ist erstaunlich, welch vielfltige musikalische und

    formale Mittel Bach einsetzt, der bis zu diesem Zeitpunkt keine kompositorische

    Erfahrung im oratorischen Bereich hat (keine Johannes- oder Matthus-Passion,

    kein Weihnachts-, Oster- oder Himmelfahrts-Oratorium, keine h-Moll-Messe,

    keine Kyrie-Gloria-Messen). Auerdem verbietet der durchlaufende lateinische

    Text eine Wiederholung, z.B. die Form einer Da Capo-Arie.

    Die autographe Partitur der D-Dur-Fassung zeigt sich deutlich als Reinschrift,

    verzichtet auf die weihnachtlichen Einlagestze und damit einer festen Zuordnun-

    gen innerhalb des Kirchenjahres dem Proprium zuzurechnen. Wie bei den Mes-

    sen, gehrt der zeitlose, Sprachgrenzen berschreitende lateinische Text dem

    Ordinarium an. Gleichwohl hat der Herausgeber Alfred Drr die Einlagestze

    einen halben Ton abwrts transponiert, um deren Auffhrung auch bei einer

    weihnachtlichen Auffhrung in D-Dur zu ermglichen, in dieser Form werden sie

    in unserer Auffhrung an den jeweils entsprechenden Stellen erklingen.

    Die Fhigkeiten der Leipziger Stadtpfeifer waren ihm nur von den beiden Probe-

    stcken (Bewerbungskantaten) BWV 22 und 23 zum 7.2.1723 bekannt. In der

    Frhfassung verwendet er noch Flauti (Blockflten), Querflten setzt er in

    Leipzig erstmals zum Ende des ersten Kantatenjahrganges in BWV 67 zum

    16.4.1724 ein. Vernderungen des Instrumentariums bei der Tiefertransposition, die

    z.T. aus Umfangsgrnden nicht vermeidbar waren, sollen nur angedeutet werden.

    Die obligate Oboe in Satz 3 Quia respexit wird z.B. durch eine Oboe damore

    ersetzt, in Satz 9 Esurientes weichen die ursprnglichen Flauti (Blockflten) den

    Querflten, der Tonus peregrinus in Satz 10 Suscepit Israel wird nicht mehr auf

    der Trompete, sondern auf Oboen ausgefhrt.

  • 6

    Zum Tonus peregrinus

    Der Tonus peregrinus, der fremde Ton, auch seit dem spten Mittelalter als 9.

    Psalmton neben den acht regulren bezeichnet, wird dann eingesetzt, wenn

    textlich der sogenannte Pilgerpsalm In exitu Israel de Aegypto (Psalm 113 der

    Vulgata) oder nur als Stichwort Suscepit Isael auftritt. Fremd deshalb, weil er

    ber zwei sich unterscheidende Tenores oder Tubae (Haltetne) vor und nach

    der Mediatio verfgt (einen Ganzton). Aus der Gregorianik, dem monastischen

    Officium des Mittelalters kommend, hat sich dieser Brauch beim deutschen Mag-

    nificat der lutherischen Liturgie erhalten. Er ist als Cantus firmus, geblasen von

    zwei Oboen, in Satz 10 mit seinen drei vokalen Oberstimmen und dem Basset-

    chen (hochliegender Continuo) besonders gut zu hren. Sogenante Bachkenner

    sind meist verblfft, wenn sie erfahren, wie lebendig Gregorianik und Marienver-

    ehrung im Leipzig der Bachzeit noch gepflegt werden. Bleibt anzumerken, da

    C.P.E. Bach bei der berarbeitung seines Magnificats als Jngerer genau diese

    Verwendung in Satz 4 Et misericordia verwirft und durch einen neuen, cantus-

    firmus-freien Satz ersetzt (K. Hofmann, 1977).

    Einsatz vielfltiger musikalischer und formaler Mittel

    So rckwrts gewandt die fnfstimmige Besetzung des Chores zunchst anmutet,

    so vielfltig ist Bachs Verwendung sehr unterschiedlicher musikalischer Formen,

    um den Text rhetorisch und bildhaft auszudeuten. Der Eingangssatz ist konzertie-rend, also im modernsten Stil seiner Zeit, mit groer Besetzung geschrieben:

    3 Trompeten, Pauken, 2 Querflten, 2 Oboen, Streicher, fnfstimmiger Chor und

    Continuo. Das instrumentale Vor- und Nachspiel umfasst 46 Takte, der Chorteil

    gerade 44 Takte. Bach lt immer wieder einzelne Instrumental- oder Vokal-

    Chre miteinander