Mahlgemeinschaft und Rituale LV „Hunger und Konsum“ Elisabeth Schrenk und Dieter Annerl...

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Mahlgemeinschaft und Rituale LV „Hunger und Konsum“ Elisabeth Schrenk und Dieter Annerl 24.11.2004

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Mahlgemeinschaft und Rituale

LV „Hunger und Konsum“Elisabeth Schrenk und Dieter Annerl

24.11.2004

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Überblick

• Grundsätzliches

• Warum Mahlgemeinschaft?

• Historischer Überblick

• Essen und Religion

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Grundsätzliches:Mahl bildet Gemeinschaft

Gemeinsames Mahl symbolisiert Gleichheit, Gemeinschaft, Zugehörigkeit

Teilen der Nahrung als erste gesellschaftliche Tat

Trotzdem: Essen ist „das Egoistische überhaupt“

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Warum Mahlgemeinschaft?

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Historisch-ökonomischer Ansatz

Mensch ist kein Zellulose-Esser

Jagd macht Arbeitsteilung notwendig

Aus Hunger entsteht „rationales Handeln“

Wirtschaftsgemeinschaft löst sich auf – Mahlgemeinschaft bleibt

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Mahlzeit als Überwindung des Naturalismus

Primitive Tatsächlichkeit wird zum kulturellen Vorgang

Hässlichkeit wird durch Stilisierung überdeckt

Stilisierung als Mittel zur Abgrenzung

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Essen als Ort der sozialen Kontrolle:Anomie-Theorie

Auflösung der Mahlgemeinschaft = Verlust der Autorität

Mensch kann mit Überversorgung

nicht umgehen

A N

O M

I E

Mensch braucht Autorität,

um Begierden zu drosseln

Mensch hat

grenzenlose Begierden

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Mahlgemeinschaft als Folge der Mutter-Kind-Figuration

Beziehung zur Mutter als Modell menschlicher Gemeinschaft

Gemeinsame Mahlzeit als Rückerinnerung

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Historischer Überblick

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Mahlgemeinschaft bei den Alten Griechen

Klar ausgeprägte Formen der Mahlgemeinschaft

Nur Männer Gemeinsamkeit als Kulturgemeinschaft Recht der Teilnahme

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Das Symposium

Trinkgelage Den Anfang machte ein Lied oder Gebet Symposiasten bildeten eine Gemeinde Oft Ausgangspunkt für politische

Verschwörungen Gleichheit Entstehen der Demokratie?!

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Mahlgemeinschaft im FMA

Ernährung = Code für soziale Stellung und Unterschied des Ranges

Nicht nur notwendiger Vorgang zur Erhaltung des Lebens

Auch für den mittelalterlichen Menschen hatte das Mahl eine tiefer gehende Bedeutung

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Das mittelalterliche Mahl

besaß:• friedens-• bündnis-• und gemeinschaftsstiftende Funktion

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Hauptfunktionen

Das Mahl beim Abschluss von Freundschaftsbündnissen

Das Mahl in genossenschaftlichen Vereinigungen

Das Mahl im Kontext von Verbrüderung und Totengedenken

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Die Ablehnung der Rituale

Definition Ritual ist eine Form der Kommunikation mittels einer Handlung,

die öffentlich-stereotypisiert und symbolisch ist.

Wandel der Lehrmeinung Ritual verliert in rationaler Welt Bedeutung Rituale haben immer die gleiche Bedeutung

Ablehnung von Ritualen in Religion und Alltag

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Minimalisierung des Rituals im Übergang zur Industriegesellschaft

Auflösung der traditionellen Wirtschaftsweise Trinkrituale im bäuerlichen Bereich Trinkrituale bei den Handwerkern

Rituale verlieren Gesamtzusammenhang Verelendung

Rückkehr der Rituale in minimalisierter Form

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Kampf um die häusliche Mahlgemeinschaft

Mahlzeit wird aus Haushalt herausgerissen Rettungsversuche Gemeinsame Mahlzeit wird hochgehalten

Gemeinsames Abendessen gewinnt an Bedeutung Trend weg von fixen Essenszeiten

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Variable Essenszeiten im VormarschIn Prozent der Personen mit den jeweiligen Rahmenbedingungen

0102030405060708090

1996 2002

unregelmäßigerArbeitstagregelmäßigerArbeitstag

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Die Zunahme der Individualität

In der Realität Festgeregelte Mahlzeiten nehmen ab Wechselnde Tischpartner – alleine Essen Keine Trennung zwischen Tischzeit und Nicht-Tischzeit Kultur- und gruppenspezifische Geschmacksrichtungen,

Vorschriften und Tabus nehmen ab In der Einstellung

Essen als lustvolle Entfaltung der Person Begrenzungen und Einschränkungen liegen im individuellen

Ermessen

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These

Rationales Handeln am Beginn und am Ende der häuslichen

Mahlgemeinschaft?

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Essen und Religion

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Essen und Ritual

Religionen, die Schweinefleisch verbieten Religionen, die Fleisch generell verbieten Religionen, die einen weitgehenden Verzicht

auf Essen gebieten – Fasten Tischgebete Essen als Teil des religiösen Ritus Asiatische Tempel mit Opfergaben

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Mahlgemeinschaft: Ausschluss – Einbindung in Gemeinde

Speisepraktiken Essensrituale NahrungsGEbote NahrungsVERbote

Sollen die besondere Identität eine religiösen Gemeinschaft von anderen unterscheiden.

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Opfergaben

Als Speise für die Götter Um Gottheit gnädig zu stimmen Um mit Gottheit zu kommunizieren Um Leben zu erhalten oder zu erneuern Um Abkommen zu bestätigen

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Mahldeutung im frühen Christentum

Mahl = Mittelpunkt des christlichen Gottesdienstes.

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Warum?

Wiederholungsbefehl von Jesus?

Fortsetzung der Mahlpraxis?

Vereinsmähler?

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Beispiele von Ritual und Mahlgemeinschaft

Kannibalismus „altaria“ = Brandopferstätte Verweigerung weltlicher Mahlgemeinschaft Día de los muertos in Mexiko Die Toten zu Tisch bitten Religiös – rituelle Speisen in Süditalien

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ZUSAMMENFASSUNG

Mahl = Verbindung von Kommunikation und Repräsentation

Gespräch zwischenmenschliche Annäherung Verweigerung der Gemeinsamkeit? Mahl als Symbol für Gemeinschaft