Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

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Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente- Analysen an martensitischen und austenitischen Nickel-Titan Formgedächtnislegierungen Dissertation zur Erlangung des Grades Doktor-Ingenieur der Fakultät für Maschinenbau der Ruhr-Universität Bochum von Christian Großmann aus Mülheim an der Ruhr Bochum, 2011

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Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente- Analysen an martensitischen und austenitischen

Nickel-Titan Formgedächtnislegierungen

Dissertation zur

Erlangung des Grades Doktor-Ingenieur

der Fakultät für Maschinenbau der Ruhr-Universität Bochum

von

Christian Großmann

aus Mülheim an der Ruhr

Bochum, 2011

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Dissertation eingereicht am: 21.11.2011 Tag der mündlichen Prüfung: 12.01.2012 Erster Referent: Prof. Dr.-Ing. Gunther Eggeler Zweiter Referent: Prof. Dr.-Ing. Martin Franz-Xaver Wagner

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Vorwort

Die vorliegende Dissertationsschrift entstand zwischen Mai 2007 und Juni 2011 während

meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Ruhr-Universität Bochum und der

TU Chemnitz. Als Mitglied der Emmy Noether Forschungsgruppe Zwillingsbildung

beschäftigte ich mich in dieser Zeit mit der Forschung an Formgedächtnislegierungen. Die

erfolgreiche Zusammenarbeit und stete Diskussionsbereitschaft meiner Kollegen hat

wesentlich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen. Dafür möchte ich mich bei allen

beteiligten Personen außerordentlich bedanken.

Ich möchte mich ausdrücklich bei Prof. Dr.-Ing. Gunther Eggeler für die Übernahme des

Referats bedanken. Er hat maßgeblichen Anteil daran, dass ich mich bereits in den ersten

Semestern meines Maschinenbaustudiums für das spannende Forschungsgebiet der

Materialwissenschaft begeisterte. Prof. Dr.-Ing. Martin F.-X. Wagner, Leiter der Forschungs-

gruppe Zwillingsbildung, gebührt ein besonderer Dank für die Übernahme des Koreferats und

die interessanten Aufgabenstellungen im Laufe meiner Promotion. Er stand mir in meiner Zeit

als wissenschaftlicher Mitarbeiter stets und äußerst kompetent mit Rat und Tat zur Seite.

Herrn Prof. Dr.-Ing. Roland Span danke ich für die Übernahme des Vorsitzes der

Promotionskommission.

Ich bedanke mich überdies bei meinen (ehemaligen) Bürokollegen Frau Dr.-Ing. Janine

Pfetzing-Micklich, Herrn Dipl.-Ing. Andreas Schäfer und Frau Dipl.-Ing. Stefanie Jaeger für

die vielen interessanten und amüsanten Gespräche, ihre stete Hilfsbereitschaft und für die

Tatsache, dass es im Büroalltag niemals wirklich langweilig wurde. Auch die studentischen

Hilfskräfte Safa Mogharebi, Lars Lückemeyer, Alexander Monas und André Wieczorek

haben mich aktiv und mit großem Einsatz in meinen Forschungsvorhaben unterstützt. Dafür

möchte ich mich ebenfalls recht herzlich bedanken.

Abschließend danke ich meinen Freunden und meiner Familie für die Unterstützung in den

letzten 10 Jahren, die ich heute bereits an der Ruhr-Universität verbracht habe. Sie alle haben

dazu beigetragen, dass ich trotz einiger schwieriger Phasen niemals den Glauben und Mut

verloren habe, die gesteckten Ziele zu erreichen. Meiner Freundin Sabrina danke ich für Ihr

großartiges Verständnis und den unglaublichen Rückhalt, der Sie mir gewesen ist.

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„Die Hoffnung ist der Regenbogen über den herabstürzenden Bach des Lebens.“

Friedrich Nietzsche

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Inhaltsverzeichnis I

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ...................................................................................................................... I

Abkürzungen, Symbole und Formelzeichen ........................................................................ III

1. Einleitung und Grundlagen ................................................................................................. 1

1.1 Die martensitische Phasenumwandlung in NiTi ......................................................... 2

1.2 Die Formgedächtniseffekte ............................................................................................ 7

1.3 Martensitzwillinge in NiTi .......................................................................................... 11

1.4 Experimentelle Beobachtungen bei pseudoelastischer Verformung ...................... 16

1.5 Funktionelle Ermüdung von NiTi unter zyklischer Beanspruchung ...................... 18

1.6 Die Finite-Elemente-Methode ..................................................................................... 19

2. Aufgabenstellung ................................................................................................................ 24

3. Finite-Elemente-Simulationen ........................................................................................... 26

3.1 Elastisch anisotrope Untersuchungen von martensitischen Zwillings-

grenzflächen .................................................................................................................. 26

3.2 Einachsige Zugversuche an pseudoelastischen Draht- und Bandproben ............... 34

3.3 Zugversuche an gekerbten und gelochten Blechproben .......................................... 40

3.4 Untersuchungen zum Stoffgesetz und zur Netzabhängigkeit .................................. 45

3.5 Zyklische Versuche an ausgewählten Probengeometrien ......................................... 46

4. Ergebnisse ........................................................................................................................... 50

4.1 Kompatibilitätsspannungen an Zwillingsgrenzflächen ............................................ 50

4.2 Lokalisierung der martensitischen Phasenumwandlung ......................................... 63

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II Inhaltsverzeichnis

4.3 Einfluss der Probengeometrie auf das Umwandlungsverhalten ............................. 69

4.4 Zyklische Versuche ...................................................................................................... 81

4.5 Einfluss der Umwandlungsdehnung und der Netzdichte auf die Austenit-

Martensit-Phasengrenze ............................................................................................... 88

5. Diskussion ........................................................................................................................... 92

5.1 Herleitung eines analytischen Modells zur Berechnung von Kompatibilitäts-

spannungen an martensitischen Zwillingsgrenzflächen ............................................ 92

5.2 Experimentelle Einflüsse zur Stabilisierung der lokalisierten Umwandlung ...... 101

5.3 Ausbreitungsverhalten und Eigenschaften von Phasengrenzen in NiTi .............. 104

5.4 Spannungs- und Verformungszustände an Meso-Phasengrenzen in

Drahtproben ................................................................................................................ 108

5.5 Degradation der funktionellen Eigenschaften unter zyklischer Beanspruchung 111

6. Zusammenfassung und Ausblick .................................................................................... 114

7. Literatur ............................................................................................................................ 119

8. Anhänge .............................................................................................................................. A1

Anhang A: Das Transformations-Dehnungs-Modell nach Azadi ................................ A1

Anhang B: Erweiterung des Modells auf funktionelle Ermüdung ............................. A12

Anhang C: Ermittlung der Materialparameter aus experimentellen Datensätzen ... A14

Anhang D: Implementierung des Quellcodes als VUMAT-Subroutine ..................... A17

Bisherige Veröffentlichungen ......................................................................................... A49

Lebenslauf ........................................................................................................................ A51

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Abkürzungsverzeichnis III

Abkürzungen, Symbole und Formelzeichen

Lateinische Symbole und Abkürzungen

A Querschnittsfläche in mm2 / Geometriefaktor / Konstante

A Austenit / Konstante

a Gitterkonstante in 10-10m

A0 Ausgangsquerschnittsfläche in mm2

a0 Gitterkonstante einer kubischen Einheitszelle in 10-10m

A0,A Querschnittsfläche in mm2 an der Stelle A

A0,B Querschnittsfläche in mm2 an der Stelle B

AF austenite finish-Temperatur in °C

Ag Silber

aij Koeffizienten der Matrix A

A ij Matrix

Al Aluminium

AS austenite start-Temperatur in °C

at.-% Atom-Prozent

Au Gold

B Bor / Probenbreite / Konstante

b Breite in mm / Gitterkonstante in 10-10m

B19’ Kristallstruktur des Martensits

B2 Kristallstruktur des Austenits

Ba Barium

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IV Abkürzungsverzeichnis

C Kohlenstoff / Steifigkeitsmatrix

C, Cijkl Steifigkeitsmatrix

c Gitterkonstante in 10-10m

c1 Sättigungsspannung Belastungsplateau in MPa

c2 Exponentialkoeffizient Belastungsplateau

c3 Sättigungsspannung Entlastungsplateau in MPa

c4 Exponentialkoeffizient Entlastungsplateau

c5 Maximale bleibende Dehnung in % der Transformationsdehnung

c6 Exponentialkoeffizient bleibende Dehnung

Cd Cadmium

Co Kobalt

CT Kompakt-Zugversuch (engl.: compact tension)

Cu Kupfer

D Durchmesser in mm

DIC Digitale Bildkorrelation (engl.: digital image correlation)

DSC Differenzkalorimeter (engl.: differential scanning calorimeter)

E effektiver Elastizitätsmodul

EA Elastizitätsmodul des Austenits in GPa

EM Elastizitätsmodul des Martensits in GPa

EWE Einwegeffekt

F Kraft in N

Fe Eisen

FE Funktionelle Ermüdung

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Abkürzungsverzeichnis V

FEM Finite-Elemente-Methode

FG Formgedächtnis

FGE Formgedächtniseffekt(e)

FGL Formgedächtnislegierung(en)

FGP Formgedächtnispolymer(e)

G Freie Gibbssche Enthalpie in J

∆G Differenz der freien Gibbsschen Enthalpie in J

Ga Gallium

Gew.-% Gewichts-Prozent

H Enthalpie in J

IPi Nummer eines Integrationspunktes

Ji Invariante des Spannungstensors

k Fließkonstante

K Steifigkeitsmatrix

K1 Normalenvektor einer Ebene

K2 Normalenvektor einer Ebene

K2‘ Normalenvektor einer Ebene

KOS Koordinatensystem

L Länge in mm

L0 freie Messlänge in mm

M Martensit

m Masse in kg

M Massenmatrix

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VI Abkürzungsverzeichnis

MF martensite finish-Temperatur in °C

Mn Mangan

MS martensite start-Temperatur in °C

N Zyklen bei funktioneller Ermüdung

Ni Nummer eines Knoten im FEM-Netz

Ni Nickel

NiTi Nickel-Titan

O Sauerstoff

Pb Blei

Pd Palladium

PE Pseudoelastizität, pseudoelastisch

Pt Platin

PUT Phasenumwandlungs-Temperatur(en)

q& massenspezifischer Wärmefluss in W/g

R Kristallstruktur der R-Phase

r Radius in mm

s Scherbetrag

S Entropie in J/K

S Deviatorischer Anteil des Spannungstensors

S, Sijkl Nachgiebigkeitsmatrix

Si Silizium

t Zeit in s / Probendicke in mm

T (Umgebungs)-Temperatur in °C / Probendicke in mm

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Abkürzungsverzeichnis VII

T0 Gleichgewichts-Temperatur in °C

Ti Titan

U innere Energie in J

u Verschiebung in x-Richtung in mm

u� Geschwindigkeit in m/s

u� Beschleunigung in m/s2

v Verschiebung in y-Richtung in mm

V Volumen in m3

VUMAT Explizite benutzerdefinierte Materialroutine

w Verschiebung in z-Richtung in mm

Y Yttrium

Zi Zyklusnummer

Zn Zink

Zr Zirkon

ZWE Zweiwegeeffekt

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VIII Abkürzungsverzeichnis

Griechische Symbole

α Winkel im Kristallgitter in °

β Winkel im Kristallgitter in °

γ Winkel im Kristallgitter in °, Volumenanteil des Martensits

δ Querhauptverschiebung in mm

δ•

Querhauptgeschwindigkeit in mm/min

εεεε, εij Dehnungstensor

ε, ε� wahre Dehnung in %

ε0 technische Dehnung in %

εel elastische Dehnung in %

εirr bleibende Dehnung in %

εpl plastische Dehnung in %

ε��, Δε�� Transformationsdehnung in %

∆ε Transformationsdehnung in % / Differenzdehnung in %

ε , ε� Kompatibilitätsdehnung in %

Δε, Δε� Differenz der Kompatibilitätsdehnung in %

ε� , ε�� Aufgebrachte Dehnung in %

Δε�,Δε�� Differenz der aufgebrachten Dehnung in %

Ι Kristall / Variante

ΙΙ Kristall / Variante

η� Scherrichtung

η� Scherrichtung

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Abkürzungsverzeichnis IX

� Scherrichtung

ν effektive Querkontraktionszahl

νA Querkontraktionszahl für den Austenit

νM Querkontraktionszahl für den Martensit

ρ Dichte in kg/m3

σσσσ, σij Spannungstensor

σ, σi wahre Spannung in MPa

σ0 technische Spannung in MPa

σ1 obere Spannung im Belastungsplateau in MPa

σ2 untere Spannung im Belastungsplateau in MPa

σ3 untere Spannung im Entlastungsplateau in MPa

σ4 obere Spannung im Entlastungsplateau in MPa

σAM Spannung des Belastungsplateaus im Zugversuch in MPa

σMA Spannung des Entlastungsplateaus im Zugversuch in MPa

σ�� Spannung bei Beginn der Umwandlung in den Martensit in MPa

(engl.: martensite nucleation)

σ� Spannung bei Ende der Umwandlung in den Martensit in MPa

(engl.: martensite completion)

σ�� Spannung bei Beginn der Umwandlung in den Austenit in MPa

(engl.: austenite nucleation)

σ� Spannung bei Ende der Umwandlung in den Austenit in MPa

(engl.: austenite completion)

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X Abkürzungsverzeichnis

��,��� Plateauspannung bei der Hinumwandlung in MPa

σ����,�ü�� Plateauspannung bei der Rückumwandlung in MPa

σY Fließspannung in MPa

σ Von-Mises-Vergleichsspannung in MPa

σ, σ� Kompatibilitätsspannung in MPa

Δσ, Δσ� Differenzkompatibilitätsspannung in MPa

σ�,σ�� Aufgebrachte Spannungen in MPa

Δσ�,Δσ�� Differenz der aufgebrachten Spannung in MPa

θ Winkel in Zylinderkoordinaten in °

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Einleitung und Grundlagen 1

1. Einleitung und Grundlagen

Das Formgedächtnis (FG) beschreibt im Allgemeinen die Fähigkeit eines Werkstoffs, sich

nach einer Gestaltänderung an seine ursprüngliche Form zu erinnern und diese entweder

thermisch oder mechanisch induziert wieder einzunehmen [1]. Diese außergewöhnliche

Materialeigenschaft wird als Formgedächtniseffekt (FGE) bezeichnet und kann sowohl in

Polymeren und Keramiken als auch in Legierungen beobachtet werden.

Polyurethane, Polyetherester und Polynorbornen als Formgedächtnispolymere (FGP) sind,

speziell im Hinblick auf biomedizinische Anwendungen, Gegenstand der aktuellen Forschung

[2-4]. Auch keramische Materialen wie YBaCuO oder PbTiO3 weisen ein Formgedächtnis auf

[5, 6]. Die technologisch größte Relevanz erzielen jedoch die Formgedächtnislegierungen

(FGL). Der FGE konnte unter anderem in folgenden Legierungssystemen nachgewiesen

werden: AuCd, CuAlNi, FePd, FeMnSi, CoNiGa, NiFeGa, TiPd, NiMnGa, und NiTi [7-14].

Im Vergleich zu anderen FGL zeigen die NiTi-FGL eine besonders günstige Kombination

von guten mechanischen Eigenschaften und funktioneller Stabilität [1, 15]. Darüber hinaus ist

ihre Korrosionsbeständigkeit und Biokompatibilität ein wesentlicher Grund dafür, weshalb

sich unter der Vielzahl von FGL die NiTi-basierten FGL in der praktischen Anwendung

durchgesetzt haben [16, 17].

Abb. 1-1: Einige Anwendungsbeispiele hochflexibler NiTi-Komponenten aus der Medizintechnik: a) Wurzel-kanalbohrer aus der Dentaltechnik von der Firma Eway Dental Inc. Ltd. [18] b) Verschiedene Stentstrukturen der Firma SAES Getters [19], die zur Stabilisierung von Blutgefäßen eingesetzt werden.

Ca. 80-90 % aller Anwendungen von NiTi finden sich im Markt der Medizintechnik [20]. Sie

verteilen sich in dieser Branche überwiegend auf medizinische Geräte und Werkzeuge

(Gewebespreizer, Führungsdrähte in Kathetern oder Endoskopen) oder Implantate (Stents,

Okkluder, Knochenklammern, Kieferhalteelemente oder Zahnspangendrähte) [21]. In der

Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau, der Ventiltechnik, der Mikrosystemtechnik und

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2 Einleitung und Grundlagen

vielen anderen Industriebereichen werden FGL ebenfalls bereits angewendet [22-27]. Dort

kommen NiTi-Komponenten u.a. in Entriegelungsmechanismen oder anderen Aktorik-

anwendungen zum Einsatz. Vor dem Hintergrund der aktuellen Themen Energieeffizienz und

CO2-Reduktion können die besonderen funktionellen Eigenschaften des Materials einen

wichtigen Beitrag zur Entwicklung zukünftiger Technologien leisten. Standardbauteile, wie

servoelektrische Stellantriebe, die heute millionenfach eingesetzt werden, könnten durch

einfache NiTi-Draht-Aktoren substituiert werden. Das damit verbundene Gewichts-

einsparungspotential kann unter günstigen Umständen zu einem deutlichen Anstieg der

industriellen Nachfrage nach diesen Werkstoffen führen und sie damit auch für weitere

Anwendungsfelder wirtschaftlich attraktiv machen.

1.1 Die martensitische Phasenumwandlung in NiTi

Der Formgedächtniseffekt in metallischen Formgedächtnismaterialien beruht auf einer

reversiblen martensitischen Phasenumwandlung [1]. Hierbei handelt es sich um eine

Umwandlung erster Ordnung im festen Zustand. Eine diffusionslose Scherung des

Kristallgitters ermöglicht bereits bei relativ niedrigen Temperaturen die Umwandlung

zwischen verschiedenen Kristallstrukturen. Auf der atomaren Längenskala vollzieht sich

dabei eine kooperative Bewegung von Atomen, die makroskopisch reversible Dehnungen in

einer Größenordnung von ca. 10 % zur Folge hat.

Abb. 1-2 zeigt schematisch die Umwandlung beim Abkühlen aus der Hochtemperaturphase

Austenit in die bei niedrigeren Temperaturen stabile Phase Martensit. Die austenitische

Phase besitzt eine geordnete kubisch-raumzentrierte B2-Struktur mit einer Gitterkonstanten

von a0 = 3.015 Å [28]. Betrachtet man eine solche B2-Elementarzelle, so befinden sich auf

den Eckpunkten der Elementarzelle Ti-Atome, während sich ein Ni-Atom im Zentrum

aufhält. Die martensitische Umwandlung in NiTi kann durch eine Scherung sowie Änderung

der Gitterkonstanten beschrieben werden. Abb. 1-2b zeigt, dass innerhalb einer austenitischen

Elementarzelle eine tetragonale Struktur identifiziert werden kann (fett gezeichnete schwarze

Linien). Wird diese tetragonale Zelle geschert und ist gleichzeitig die Relaxation der

Gittervarianten zugelassen, so ergibt sich die in Abb. 1-2d dargestellte monokline

B19’-Struktur, die als Martensit bezeichnet wird. Ihre Gitterkonstanten sind a = 4.108 Å,

b = 2.898 Å und c = 4.646 Å [29]. Mit dem monoklinen Winkel � = 97.78° ist die Struktur

vollständig definiert. Bei der Nukleation eines Martensitkeims in einer Austenit-Matrix führt

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Einleitung und Grundlagen 3

der beschriebene Scherprozess zu einer Verzerrung des umliegenden Kristallgitters. Die

daraus resultierende und energetisch ungünstige Erhöhung der Verzerrungsenergie kann durch

verschiedene Akkommodationsprozesse reduziert und ggf. minimiert werden. Plastisches

Gleiten oder mechanische Zwillingsbildung sind Vorgänge, welche mit der Entstehung von

Versetzungen verbunden sind und daher irreversibel sind. Im Gegensatz dazu kann sich durch

die Bildung unterschiedlicher Martensitvarianten eine sogenannte Selbstakkommodation

einstellen. Die einzelnen martensitischen Varianten liefern dabei Verformungsanteile in

unterschiedliche Richtungen und ordnen sich so an, dass die ursprüngliche

Abb. 1-2: Schematische Darstellung der Phasenumwandlung von Austenit (B2) zu Martensit (B19’) in NiTi. a) Hochtemperaturphase Austenit, b) tetragonale Kristallstruktur (mit dicken Linien gekennzeichnet) innerhalb einer Anordnung von vier kubischen Elementarzellen des Austenits, c) die Scherung (angedeutet durch zwei Pfeile) der tetragonalen Struktur bei gleichzeitiger Relaxation der Gitterkonstanten resultiert in der monoklinen Elementarzelle des B19’-Martensits, d).

makroskopische Form in guter Näherung erhalten bleibt. Dieser Prozess kommt idealerweise

ohne die Entstehung von Versetzungen aus, weswegen er unter idealisierten Bedingungen

einen vollständig reversiblen Charakter aufweist. Die einzelnen Martensitvarianten besitzen

spezielle Orientierungsbeziehungen zueinander und ordnen sich als sogenannte Zwillinge an.

Im dreidimensionalen Kristall können aufgrund der Symmetrie der monoklinen B19’-Struktur

in NiTi 12 einkristalline Martensitvarianten gebildet werden [30], aus denen sich wiederum

verschiedene Zwillingstypen zusammensetzen können.

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4 Einleitung und Grundlagen

Die temperaturinduzierte Phasenumwandlung ist durch charakteristische Temperaturen

gekennzeichnet, die jeweils den Beginn und das Ende der Umwandlung zwischen den

unterschiedlichen Kristallstrukturen definieren. Wird aus der Hochtemperaturphase abgekühlt,

so setzt die Umwandlung in den Martensit bei der Martensit-Start-Temperatur MS ein und ist

mit dem Erreichen der Martensit-Finish-Temperatur MF vollständig abgeschlossen. Bei der

Umwandlung des Martensits in den Austenit werden die Temperaturen analog mit Austenit-

Start-Temperatur AS und Austenit-Finish-Temperatur AF bezeichnet. Die Phasenum-

wandlungstemperaturen (PUT) können durch verschiedene physikalische Methoden ermittelt

werden. Neben der Bestimmung der PUT über den spezifischen elektrischen Widerstand

haben sich differenzkalorimetrische Untersuchungen, welche Umwandlungswärmen bei einer

Phasenumwandlung detektieren, etabliert. Abb. 1-3 zeigt anhand einer für NiTi-FGL

typischen DSC-Kurve (engl.: Differential Scanning Calorimetry) die Messung der PUT über

eine Tangentenschnittmethode. Hierbei wird an die Flanken der exothermen (Abkühlen) und

endothermen (Aufheizen) Peaks eine Tangente angelegt und mit der jeweiligen Grundlinie

(engl.: Baseline) der Umwandlung zum Schnitt gebracht. Die auf diese Weise konstruktiv

ermittelten Schnittpunkte werden bei diesem Auswertungsverfahren als Umwandlungstem-

peraturen definiert.

Abb. 1-3: Die charakteristischen Umwandlungstemperaturen der martensitischen Phasenumwandlung können u.a. durch kalorimetrische Untersuchungen bestimmt werden. Beim Abkühlen aus dem Austenit beginnt die Umwandlung mit der Martensit-Start-Temperatur MS und ist mit dem Erreichen der Martensit-Finish-Temperatur MF abgeschlossen.

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Einleitung und Grundlagen 5

NiTi ist eine intermetallische Phase, die im binären System Nickel und Titan auftritt. Abb. 1-4

zeigt einen Ausschnitt aus dem Zustandsdiagramm in einem Bereich von 600 – 1800 °C. Die

Phase tritt nur in einem sehr schmalen Konzentrationsbereich auf, der sich von ca. 49 –

55 at.-% Ni erstreckt. Thermomechanische Behandlungen von NiTi können unter gewissen

Umständen zu Ausscheidungsreaktion führen [31]. Je nach Legierungszusammensetzung und

lokaler Matrixkonzentration kann es dabei zur Ausscheidung von entweder Ni-reichen

Phasen, wie der metastabilen Phase Ni4Ti3 [32], oder aber Ti-reicher Phasen, wie NiTi2,

kommen [33]. Aus technologischer Sicht müssen derartige Ausscheidungsreaktionen

kontrolliert werden, da sie die chemische Zusammensetzung in der umgebenden Matrix

verändern und damit die Umwandlungstemperaturen verschieben. Abb. 1-5 zeigt, dass eine

Veränderung des Ni-Gehalts in der Matrix um 0.1 at.-% die Umwandlungstemperaturen um

etwa 8 K verschiebt. Dies hat wiederum einen signifikanten Einfluss auf die makroskopischen

Eigenschaften des Materials und kann ggf. zu Schwierigkeiten bei der thermomechanischen

Verarbeitung führen.

Abb. 1-4: Ausschnitt aus dem binären Zustandsdiagramm des System Nickel-Titan, modifiziert nach [34]. Die intermetallische Phase NiTi (durch den schraffierten Bereich gekennzeichnet) kann in einem eingeschränkten Ni-Konzentrationsbereich zwischen 49 – 55 at.-% beobachtet werden.

Thermodynamisch kann die Phasenumwandlung auch über die Betrachtung der freien

Gibbsschen Enthalpie beschrieben werden. Sie stellt die thermodynamische Triebkraft der

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6 Einleitung und Grundlagen

Umwandlung dar und ist unter der Voraussetzung eines konstanten Drucks definiert als

G � H ! TS (1-1)

Hierbei entspricht H der Enthalpie, T der Temperatur und S der Entropie. Gl. (1-1) zeigt, dass

bei niedrigen Temperaturen das Umwandlungsverhalten durch den energetischen Term

(Enthalpie) dominiert wird. Bei steigenden Temperaturen gewinnt der entropische Term

Abb. 1-5: Die Martensit-Start-Temperatur weist eine starke Abhängigkeit von der Ni-Konzentration auf [35].

zunehmend an Bedeutung. Abb. 1-6 zeigt schematisch, dass ein thermodynamisches

Gleichgewicht zwischen zwei Phasen (jeweils charakterisiert über eine G(T)-Kurve) vorliegt,

wenn die Bedingung

∆G � 0 (1-2)

erfüllt ist. Die Temperatur im Phasengleichgewicht wird auch als Gleichgewichtstemperatur

T0 bezeichnet. Ein System ist bestrebt, die freie Energie zu minimieren und verändert daher

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Einleitung und Grundlagen 7

seinen Zustand, um diesem Prinzip zu folgen. Es kann dies entweder erreichen, indem es

seine Enthalpie verringert, oder indem es die Entropie vergrößert. Die Phasenumwandlung

Abb. 1-6: Schematische Darstellung der G(T)-Verläufe für Austenit (GA) und Martensit (GM). Bei der Abkühlung erfolgt die Phasenumwandlung in den Martensit bei der Martensit-Start-Temperatur Ms, die niedriger als die Gleichgewichtstemperatur T0 ist. Der Beginn der Phasenumwandlung erfordert eine Unterkühlung, um die notwendige Triebkraft für Keimbildungsprozesse bereitzustellen.

findet in der Realität nicht exakt bei T0 statt, sondern erfordert eine gewisse Unterkühlung,

um Keimbildungsprozesses zu ermöglichen. Dies steht in direktem Zusammenhang mit den

Phasenumwandlungstemperaturen und der thermischen Hysterese (vgl. Abb. 1-3).

1.2 Die Formgedächtniseffekte

Obwohl alle Formgedächtniseffekte mit der martensitischen Phasenumwandlung dem

gleichen Grundmechanismus unterliegen, können diese dennoch in drei Ausprägungen

auftreten. Die verschiedenen Effekte unterscheiden sich dabei makroskopisch in ihrem

thermomechanischen Verhalten. Mikrostrukturelle Ursachen, wie die Zwillingsbildung, aber

auch das Vorliegen von Gitterdefekten, spielen eine ebenfalls eine entscheidende Rolle für

das Materialverhalten. Die jeweiligen Zusammenhänge werden im Folgenden für die drei

Effekte – Einwegeffekt (EWE), Zweiwegeffekt (ZWE) und Pseudoelastizität (PE)

beschrieben.

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8 Einleitung und Grundlagen

Der EWE (thermisches Formgedächtnis) zeigt einen sogenannten pseudoplastischen

Charakter: Eine scheinbar plastische Verformung kann durch eine Erwärmung wieder

kompensiert werden. Abb. 1-7 beschreibt schematisch das Materialverhalten im

dreidimensionalen Spannungs-Dehnungs-Temperatur-Raum. Im Ausgangszustand liegt im

Gefüge des Werkstoffs ein regellos verzwillingter Martensit vor. Wird dieser belastet, so

verformt er sich auf dem Weg von (0) zu (1) zunächst linear elastisch. Mit dem Überschreiten

einer kritischen Spannung an Punkt (1) beginnt der Martensit zu entzwillingen. Dabei

wachsen zur Spannungsrichtung günstig orientierte Varianten auf Kosten anderer. Diese

Reorientierung des Martensits läuft bei annähernd konstanter Spannung bis Punkt (2) ab.

Abb. 1-7: Schematische Darstellung des Einwegeffektes im Spannungs-Dehnungs-Temperaturdiagramm. Nach einer pseudoplastischen Verformung kann die Ausgangsgestalt durch eine Erwärmung über die Austenit-Finish-Temperatur wieder vollständig herstellt werden.

Makroskopisch erzielt dieser Verformungsmechanismus Dehnungen in einer Größenordnung

von bis zu 10 % [1]. Wird der Martensit von Punkt (2) zu (2’) weiter belastet, so verformt er

sich zunächst linear elastisch und im Anschluss daran durch das Entstehen von irreversiblen

Gitterdefekten (Versetzungen) plastisch. Wird das Material jedoch ab Punkt (2) bis Punkt (3)

elastisch entlastet, so kann eine bleibende Verformung beobachtet werden. Eine

anschließende Erwärmung setzt bei dem Überschreiten der Austenit-Start-Temperatur ab

Punkt (4) die Rückumwandlung vom Martensit in den Austenit und damit in eine exakt

festgelegte Gitterkonfiguration in Gang. Die pseudoplastische Verformung wird durch diese

Phasenumwandlung nahezu vollständig (Punkt(5)) aufgehoben, so dass bei diesem Prozess

die ursprüngliche makroskopische Gestalt des Materials wiederhergestellt wird. Nach einer

Abkühlung und dem Durchschreiten der Martensit-Start- und anschließend Martensit-Finish-

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Einleitung und Grundlagen 9

Temperatur, stellt sich die ursprüngliche Mikrostruktur (verzwillingter Martensit) ein, ohne

die makroskopische Form zu verändern.

Beim ZWE erfolgt die Formänderung des Materials unter (geringer) konstanter Spannung

ausschließlich über die Änderung der Temperatur. Der Werkstoff wandelt dabei zwischen der

Hochtemperaturgestalt (Austenit) und der Tieftemperaturgestalt (Martensit) um. Anders als

beim EWE liegt nach einer Abkühlung kein regellos verzwillingter Martensit vor. Innere

Spannungen sorgen für eine Ausrichtung des Martensits. Diese Spannungen werden durch

Ausscheidungen oder Versetzungen in das Material eingebracht, welche durch vorgeschaltete

thermomechanische Behandlungen im Vorfeld entstanden sind. Das gezielte Einstellen dieses

Verhaltens wird auch als „Trainieren“ bezeichnet [36-38]. Der ZWE ist schematisch in

Abb. 1-8 dargestellt. Ausgehend von erhöhten Temperaturen im Punkt (0) wird durch

Abkühlen beim Unterschreiten der Martensit-Start-Temperatur die Phasenumwandlung

eingeleitet. Dabei klappt das Gitter von der kubisch raumzentrierten Kristallstruktur des

Austenits in einen ausgerichteten Martensit in Punkt (2). Dabei wird eine

Umwandlungsdehnung ∆+ erzielt, die für die makroskopische Formänderung verantwortlich

ist. Eine anschließende Erwärmung startet bei Überschreiten der Austenit-Start-Temperatur in

Punkt (3) die Rückumwandlung in den Austenit. Mit dem erneuten Erreichen des Punkts (0)

befindet sich das Material wieder im Ausgangszustand. Die beim ZWE erzielten

Deformationen sind betragsmäßig etwas geringer als es beim EWE.

Abb. 1-8: Schematische Darstellung des Zweiwegeffekts im Dehnungs-Temperatur-Diagramm. Ein thermo-mechanisch „trainiertes“ Material kann unter konstanter Last durch alternierendes Heizen und Kühlen zwischen zwei definierten Gestalten umwandeln.

Page 26: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

10 Einleitung und Grundlagen

Die Pseudoelastizität (PE) beschreibt ein mechanisches Formgedächtnis. Sie tritt im Vergleich

zum EWE bei höheren Temperaturen (oberhalb von AF) auf, wenn also der Austenit

thermodynamisch stabil vorliegt. Die Phasenumwandlung in den Martensit erfolgt dann

spannungsinduziert und bedarf keiner Änderung der Temperatur. Die Rückumwandlung in

den Austenit geschieht durch eine rein mechanische Entlastung. Abb. 1-9 stellt das

Materialverhalten schematisch bei pseudoelastischer Verformung dar. Die Probe befindet sich

im Ausgangszustand zunächst in der austenitischen Kristallstruktur, Punkt (0). Durch eine

Verformung wird der Austenit elastisch verzerrt, bis eine kritische Spannung erreicht wird,

welche die spannungsinduzierte Phasenumwandlung in den Martensit bei Punkt (1) markiert.

Diese Umwandlung von Punkt (1) nach (2) vollzieht sich bei einer nahezu konstanten

Spannung, so dass ein Belastungsplateau beobachtet werden kann. Aufgrund der

mechanischen Belastung entstehen vornehmlich zur wirkenden Spannung günstig orientierte

Varianten des Martensits. Makroskopische Dehnungen in einer Größenordnung von 8 – 10 %

können durch die pseudoelastische Verformung erreicht werden [1]. Nachdem der

Abb. 1-9: Schematische Darstellung des pseudoelastischen Materialverhaltens im Spannungs-Dehnungs-Diagramm.

Austenit vollständig umgewandelt ist, würde eine weitere Verformung der Probe den

Martensit elastisch und anschließend plastisch verformen. Eine Rückverformung der Probe,

beginnend kurz hinter dem Belastungsplateau, entlastet den Martensit elastisch, bis ab einer

kritischen Spannung (Punkt (3)) die Rückumwandlung in den Austenit einsetzt. Analog zur

Umwandlung während der Belastung vollzieht sich die Umwandlung des Martensits in den

Austenit auf einem niedrigeren Spannungsplateau, welches nun als Entlastungsplateau

Page 27: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Einleitung und Grundlagen 11

bezeichnet wird. Wenn das Material wieder vollständig austenitisch ist (Punkt (4)), verhält

sich dieses wieder rein elastisch, bis der Ausgangszustand bei Punkt (0) erneut erreicht ist.

1.3 Martensitzwillinge in NiTi

Zwillinge im materialwissenschaftlichen Sinne sind Kristalle, die aus zwei Teilen bestehen

und dabei besondere Orientierungsbeziehungen zueinander aufweisen. Zwillingsstrukturen

können auf verschiedenen Längenskalen in Mikrostrukturen diverser Werkstoffe beobachtet

werden. Oft werden sie in Verformungs-, Glüh- und Umwandlungs-Zwillinge unterteilt.

Verformungs- oder Deformations-Zwillinge werden durch eine mechanische Verformung

erzeugt. Glüh-Zwillinge entstehen bei der Rekristallisation stark verformter Kristalle.

Umwandlungs-Zwillinge werden bei der martensitischen Phasenumwandlung gebildet.

Abb. 1-10 zeigt exemplarisch Martensitzwillinge in nanokristallinem NiTi gezeigt [39] und

Glüh-Zwillinge in Reinkupfer [40] In der transmissionselektronenmikroskopischen Hellfeld-

Abb. 1-10: Zwillingsstrukturen auf verschiedenen Längenskalen und in unterschiedlichen Werkstoffen. a) Martensitische Zwillinge in nanokristallinem NiTi aus einer Arbeit von T. Waitz et al. [39], b) Zwillinge in rekristalliertem OFHC (engl.: Oxygen-Free High Conductivity) Kupfer, mit freundlicher Genehmigung von F. Otto [40].

aufnahme in Abb. 1-10a sind feine lamellare Zwillinge zu erkennen. Die einzelnen Lamellen

weisen eine Breite von nur wenigen nm auf. Abb. 1-10b zeigt im Gegensatz dazu

Rekristallisations-Zwillinge in einer OHFC (engl.: Oxygen-Free High Conductivity) Kupfer-

Legierung [40]. In diesem Beispiel sind die Zwillingsstrukturen um mehrere

Größenordnungen größer. Die Bildung martensitischer Zwillinge beeinflusst das

makroskopische Verhalten von NiTi-FGL und spielt daher eine wichtige Rolle für das

Verständnis der Formgedächtniseigenschaften (vgl. Kap. 1.2). Im Folgenden sollen die

Page 28: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

12 Einleitung und Grundlagen

wesentlichen Bestimmungselemente für die kristallographische Beschreibung von Zwillingen

aufgezeigt werden. Das hierfür verwendete Koordinatensystem wird in dieser Arbeit für alle

zwillingsrelevanten Darstellungen und Ergebnisse konsistent eingehalten; sämtliche

kristallographischen Bezeichnungen (Ebenen und Richtungen) sind an dieses System

angepasst. Abb. 1-11 beschreibt in Anlehnung an [41] die Bestimmungselemente schematisch

an einer Einheitskugel (Radius 1) und ihrem gescherten Zwilling. Die zweite Variante des

Zwillings (gescherte Einheitskugel) entsteht hierbei durch eine Scherung der ersten Variante

(ungescherte Einheitskugel) parallel zur Zwillingsebene (oder Zwillingsgrenzfläche) K1. Der

Normalenvektor von K1 zeigt in 2-Richtung im globalen kartesischen Koordinatensystem. η1

liegt parallel zur 1-Richtung und kennzeichnet die Scherrichtung, s den Betrag der Scherung.

K1 und K2 kennzeichnen relativ zur Scherung invariante Ebenen, die auch als Habitusebenen

bezeichnet werden. Die Ebene K2 wird durch die Scherung lediglich rotiert, woraus aus ihr

die K2’-Ebene wird. η2 ergibt sich aus dem Schnitt der Scherebene (Normalenvektor in

3-Richtung) mit K2. Analog gilt dies für η2’. An dieser Stelle sei hervorgehoben, dass die hier

beschriebene Scherung der Einheitskugel zwar zur Veranschaulichung der geometrischen

Beziehungen in beliebigen Zwillingen dient, aber nur im Fall von mechanischen

(Verformungs-)Zwillingen tatsächlich so auftritt. Je nach Symmetrie und Orientierungs-

beziehung werden Zwillinge in drei verschiedene Arten eingeteilt. In sogenannten

Typ I-Zwillingen weisen die beiden Zwillingsvarianten eine Spiegelsymmetrie bezüglich der

K1-Ebene zueinander auf. Zwillinge dieser Ausprägungen sind für K1 und η2 rational und für

K2 und η1 irrational indiziert. Typ II-Zwillinge weisen geometrisch eine Rotationssymmetrie

um die Scherrichtung η1 auf. Durch eine Rotation um 180° entsteht aus Variante I die

Variante II. Im Gegensatz zu den Typ I-Zwillingen sind hier K2 und η1 rational und K1 und η2

irrational indiziert. In dem besonderen Fall, dass sowohl K1 und η1, als auch K2 und η2

rational sind, weist der Zwilling eine Spiegelsymmetrie zur K1-Ebene sowie eine

Rotationssymmetrie bezüglich η1 auf. Zwillinge dieses Typs werden daher auch als

Verbindungs-Zwillinge (engl.: compound twins) bezeichnet [42]. In Tab. 1-1 sind, in

Anlehnung an die Übersicht von Otsuka und Ren in [41], die wichtigsten in NiTi auftretenden

Zwillingstypen mit ihren jeweiligen Bezeichnungs-Elementen zusammengefasst. Dabei ist zu

beachten, dass sich die Notation bzgl. Einzelner kristallographischer Richtungen von [41]

unterscheidet und sich konsequent an der Zuordnung von Gitterkonstanten bzw. Richtungen

aus [43] orientiert, um eine fehlerfreie Berücksichtigung der dort angegebenen elastischen

Konstanten zu ermöglichen. Abb. 1-12 zeigt schematisch die in NiTi am häufigsten

auftretenden Zwillingssysteme. Der (100)-Verbindungs-Zwilling kann in ultrafeinkörnigem

Page 29: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Einleitung und Grundlagen 13

NiTi beobachtet werden. In grobkörnigem Material hingegen tritt der <110>-Typ II-Zwilling

primär auf. Eher seltener werden Zwillinge vom Typ I beobachtet. Drei verschiedene

Typ I-Zwillinge sind in Abb. 1-13 (vgl. Tab 1-1) dargestellt. Die zweite Variante entsteht

jeweils durch eine Spiegelung an der η1 enthaltenden, senkrecht auf der Zeichnungsebene

stehenden, Ebene.

Abb. 1-11: Modifizierte Darstellung der wesentlichen Bestimmungselemente von Zwillingen nach Otsuka und Ren [41]. Die Scherung der oberen Hälfte einer Einheitskugel kann zur Beschreibung der mechanischen Zwillingsbildung herangezogen werden.

Tab. 1-1: Wichtige Zwillingssysteme in NiTi nach Otsuka und Ren [41]. Im Vergleich zu [41] sind die ersten und dritten Indizes vertauscht, um der Notation von [43] zu folgen.

Zwillingsmodus K1 ηηηη1 K 2 ηηηη2 s

(100*-Verb.-Zwilling &110* ,001- &001* ,100- 0.23848 <110> Typ II (12 1 0.72053) ,110- (110* ,12 1 1.57271- 0.2804 {110} Typ I (110* ,12 1 1.57271- ( 12 1.57271* ,110- 0.2804 {111} Typ I (111* ,1 0.51172 1.5117222222222222- (1 0.3375 0.6687522222222222) ,112- 0.14222 612117 Typ I &1211* ,1 0.45957 0.54043- (1 0.50611 0.24695) ,1122222- 0.30961

Verschiedene theoretische Arbeiten haben unabhängig voneinander gezeigt, dass

martensitische Kristallstrukturen in NiTi elastisch anisotrope Eigenschaften aufweisen

[43, 44].Von wissenschaftlich besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang das

mechanische Verhalten der Zwillingsgrenzfläche, die unterschiedlich zueinander orientierte

(und in sich jeweils elastisch anisotrope) Varianten miteinander verbindet. Da die

Page 30: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

14 Einleitung und Grundlagen

Abb. 1-12: Experimentell häufig beobachtete Zwillingssysteme in NiTi nach [45]. a) Der (100)-Verbindungs-Zwilling. Die Variante II des Verbindungs-Zwillings entsteht durch die homogene Scherung s in Richtung von η1. b) zeigt einen <110>-Typ II-Zwilling. Variante II entsteht hier durch eine Rotation von Variante I um η1. Die Orientierung der Varianten ist jeweils über die Achsen a und c rein geometrisch angedeutet.

geometrische Kompatibilität an der Grenzfläche gewährleistet bleiben muss, können sich die

Zwillingsvarianten nicht unabhängig voneinander verformen. Als Konsequenz der elastischen

Anisotropie entstehen daher unter äußerer Last sogenannte Kompatibilitätsspannungen.

Abb. 1-13: Zwillinge vom Typ I werden in NiTi seltener beobachtet. Die Variante II entsteht jeweils durch eine Spiegelung von Variante I an der K1-Ebene (die Richtung η1 liegt in der K1-Ebene). Die Orientierung der Varianten ist über die Achsen a und c gekennzeichnet. Die schematische Darstellung orientiert sich an einer Abbildung aus [45].

Gemperlova et al. stellten in [46] ein Modell für die Kompatibilitätsspannungen an der

Grenzfläche in unendlich ausgedehnten Bikristallen mit beliebiger Orientierung vor. Die

Berechnung der Kompatibilitätsspannungen erfordert eine Beschreibung der elastischen

Eigenschaften beider Kristall-Hälften in einem gemeinsamen Koordinatensystem. Im Rahmen

dieser Arbeit soll das Konzept durch die Berücksichtigung der elastischen Konstanten der

B19‘-Phase auf Zwillingsgrenzflächen in NiTi übertragen werden. Die konkreten

Page 31: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Einleitung und Grundlagen 15

Unterschiede im elastischen Verhalten zwischen den jeweiligen zusammengehörigen

Varianten I und II eines Zwillingssystems lassen sich aufgrund der besonderen

Orientierungsbeziehungen von Zwillingen in einfacher Form anhand der Änderungen in der

elastischen Nachgiebigkeitsmatrix zusammenfassen [45].

Für die Verbindungs-Zwillinge und die Zwillinge des Typs II gilt folgendes Schema:

•••

••••••••••

.symm

oo

oo

oo

oo

Für die Typ I-Zwillinge gilt:

••

•••••••••••

o

o

oo

oo

oo

.symm

Volle Punkte kennzeichnen dabei Komponenten, die unverändert bleiben. Kreise markieren

einen Vorzeichenwechsel. Diese hier vorgestellten Zusammenhänge ermöglichen eine starke

Vereinfachung des Gemperlova-Modells für Zwillingsgrenzflächen, vgl. Kap.5.1.

Page 32: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

16 Einleitung und Grundlagen

1.4 Experimentelle Beobachtungen bei pseudoelastischer Verformung

Eine Vielzahl experimenteller Arbeiten an makroskopischen Proben zeigt, dass die

spannungsinduzierte Phasenumwandlung in pseudoelastischem NiTi zu einer inhomogenen

Verformung des Materials führt [47-53]. Dieses Phänomen, welches auch als Lokalisierung

bezeichnet wird, konnte dabei für unterschiedliche Probengeometrien wie Drähte, Bänder,

Bleche oder auch Rohre sowohl unter einachsiger als auch unter mehrachsigen

Beanspruchungen beobachtet werden. Eine Ausnahme in diesem Verformungsverhalten stellt

die reine Torsionsbelastung von dünnwandigen Rohren dar [54], bei der sich die Verformung

der Probe homogen vollzieht. In [54] konnte ebenfalls gezeigt werden, dass sich ein nahezu

fließender Übergang zwischen homogener und lokalisierter Verformung über einen

Belastungswechsel von reiner Torsion zu einer Zugbelastung gezielt einstellen lässt.

Bei der spannungsinduzierten Phasenumwandlung bildet sich in einer austenitischen

NiTi-FGL unter äußerer Last Martensit (vgl. Kap. 1.2). Lokale Spannungserhöhungen führen

häufig dazu, dass die Keimbildung der martensitischen Phase ebenfalls lokal erfolgt. Meist

wird dies durch experimentelle Einspannbedingungen, oder aber geometrische Unstetigkeiten

wie Kerben oder Löcher begünstigt. So nukleiert bei einachsigen Zugversuchen oft Martensit

zunächst an den Einspannungen. Abb. 1-14a zeigt diese Umwandlungscharakteristik an einem

vollständigen Be- und Entlastungszyklus einer Flachzugprobe [55]. Zu Beginn des Versuchs

ist die Probe vollständig austenitisch. Ab einer kritischen, makroskopischen Verformung

entstehen im Einspannbereich martensitische Zonen, welche sich bei weiterer

dehnungskontrollierten Verlängerung der Probe Richtung Probenmitte ausbreiten. Die

Entlastung der vollständig in Martensit umgewandelten Probe führt zur Rückumwandlung in

den Austenit, wobei sich ein vergleichbares Ausbreitungsverhalten, nun aber für die

austenitischen Probenbereiche, darstellt. Die lokalisierte Phasenumwandlung kann durch

verschiedene experimentelle Methoden wie digitale Bildkorrelation (engl.: Digital Image

Correlation, kurz DIC), Thermographie, oder lokale Widerstandsmessungen untersucht

werden. Wie in Abb. 1-14 gezeigt reichen häufig bereits optische Methoden aus, um erste

qualitative Aussagen zum Verformungsverhalten pseudoelastischer NiTi-FGL zu gewinnen.

Von wissenschaftlich besonderem Interesse ist der Übergangsbereich zwischen dem noch

nicht umgewandelten Austenit und dem bereits umgewandelten Martensit während der

lokalisierten Umwandlung. Die gesamte Verformung konzentriert sich hierbei auf diesen

Bereich der Probe, während sich die äußeren Regionen in einem mechanisch quasistationären

Page 33: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Einleitung und Grundlagen 17

Abb. 1-14: Lokalisierung der martensitischen Phasenumwandlung im einachsigen Zugversuch und Ausbreitungsverhalten von Austenit-Martensit-Grenzflächen an einer NiTi-Bandprobe während der Be- und Entlastung, [55].

Zustand befinden und lediglich eine Translationsbewegung vollziehen. Für ein vertieftes

Verständnis der lokalisierten Umwandlung wäre es daher attraktiv, Spannungs- und

Verformungszustände an diesem Übergangsbereich zu charakterisieren und zu verstehen, um

diese in einem weiteren Schritt mit den makroskopischen Eigenschaften des Materials

sinnvoll verknüpfen zu können. Das Entstehungs- und Ausbreitungsverhalten sowie die

Anzahl dieser Bereiche, die aus makroskopischer Sicht als „Meso-Phasengrenzen“ bezeichnet

werden können [45], sind im Experiment sind von vielen unterschiedlichen Faktoren

abhängig. Die Temperatur, Mikrostruktur, Querhauptverschiebungsgeschwindigkeit oder die

Probengeometrie spielen in diesem Zusammenhang eine wesentliche Rolle. Die kombinierte

Untersuchung dieses Phänomens durch aufeinander abgestimmte Experimente und

Simulationen bietet die Möglichkeit, werkstoffwissenschaftliche Fragestellungen zur

Lokalisierung isoliert und aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.

Finite-Elemente-Simulationen, welche das makroskopische Verhalten von pseudoelastischen

NiTi-FGL gut reproduzieren, können einen Einblick in (Proben)bereiche gewähren, die im

Experiment nur schwierig oder teilweise gar nicht zugänglich sind, und machen daher einen

wesentlichen Teil der vorliegenden Arbeit aus.

Page 34: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

18 Einleitung und Grundlagen

1.5 Funktionelle Ermüdung von NiTi unter zyklischer Beanspruchung

Unter der Ermüdung von FGL wird die Veränderung von Materialeigenschaften unter

zyklischen (thermo-)mechanischen Beanspruchungen verstanden. Unterschieden werden muss

dabei zwischen der strukturellen und der funktionellen Ermüdung. Bei der strukturellen

Ermüdung führen zyklische Belastungen zur Bildung von Defekten in der Mikrostruktur, die

sich mit steigender Zyklenzahl akkumulieren. Bei kommt es nach dem lokalen Überschreiten

der Fließgrenze in einem ersten Stadium zur Entstehung von Rissen im Werkstoff. Noch

höhere Lastspielzahlen gehen mit dem Wachstum dieser Risse einher, bis letztendlich

vollständiges Versagen des Probenkörpers erfolgt. Auch Funktionswerkstoffe zeigen unter

zyklischen Belastungen einen Ermüdungseffekt. Hier tritt aus praktischer Sicht jedoch oft die

strukturelle Integrität in den Hintergrund: Die funktionelle Ermüdung beschreibt den

Umstand, dass sich die funktionellen Eigenschaften in Abhängigkeit der Lastspielzahl

verändern. So kann z.B. die Größe der reversiblen Dehnungen abnehmen. Für die Anwendung

ist es wichtig, abschätzen zu können, wie oft im Falle der FGL beispielweise der FGE

wiederholt werden kann, oder wie sich die Umwandlungstemperaturen verändern, wenn ein

FG-Aktor mehrfach thermisch oder mechanisch aktiviert wird.

Funktionelle Ermüdung wurde in einer Vielzahl verschiedener experimenteller und

theoretischer Arbeiten untersucht, z.B. [48, 56-59]. Es konnte gezeigt werden, dass der Effekt

unabhängig davon auftritt, ob die Phasenumwandlung thermisch oder mechanisch eingeleitet

wird. Thermische (lastfreie) Zyklen verursachen eine deutliche Verschiebung der

charakteristischen Umwandlungstemperaturen, die z.B. über kalorimetrische Untersuchungen

nachgewiesen werden können [60]. Die wiederholte spannungsinduzierte Umwandlung

hingegen verschiebt die Spannungsplateaus bei der Be- und Entlastung zu niedrigeren

Spannungen und hinterlässt selbst nach vollständiger Entlastung des Materials eine bleibende

Verformung (siehe Abb. 1-15). Akkommodationsversetzungen, die bei der Phasenum-

wandlung an der Austenit-Martensit-Grenzfläche entstehen, stellen eine mögliche Erklärung

für dieses Verhalten dar [61, 62].

Auch für das Verständnis von funktioneller Ermüdung in NiTi-FGL spielt das lokalisierte

Umwandlungsverhalten eine wichtige Rolle. Die mikrostrukturellen Veränderungen im

Werkstoff sind auf diejenigen Bereiche im Bauteil konzentriert, die eine Phasenumwandlung

durchlaufen. Dies ist die Ursache dafür, dass sich die funktionellen und mikrostrukturellen

Eigenschaften während der zyklischen Betätigung des FGE inhomogen und nur in den

Page 35: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Einleitung und Grundlagen 19

Abb. 1-15: Zyklische Versuche an pseudoelastischen NiTi-FGL, [48]. Das wiederholte Betätigen der martensitischen Phasenumwandlung führt zu irreversiblen mikrostrukturellen Veränderungen, die sich in den makroskopischen Eigenschaften des Werkstoffs widerspiegeln. Neben dem Absinken der Plateauspannungen ist dieses Verhalten durch eine Zunahme der bleibenden Dehnungen gekennzeichnet.

zyklisch beanspruchten Bereichen des Materials verändern. In experimentellen

Untersuchungen wird z.B. von multiplen Plateaus berichtet, wenn die Dehnungsamplitude

nach einer gewissen Anzahl an (thermo)-mechanischen Zyklen schrittweise erhöht wird [63].

Es ist aus diesem Grund wichtig, den Aspekt der funktionellen Ermüdung unter

Berücksichtigung der Lokalisierung zu untersuchen. Detaillierte Analysen der Spannungs-

und Verformungszustände speziell am Übergang vom ermüdeten Material zum noch nicht

umgewandelten Material sind bis heute in der Literatur noch nicht dokumentiert worden. Die

Prozesse speziell an Meso-Phasengrenzen sind daher noch nicht ausreichend verstanden und

geklärt.

1.6 Die Finite-Elemente-Methode

Die Finite-Elemente-Methode (FEM) ist ein numerisches Verfahren zur näherungsweisen

Lösung von (gekoppelten) Differentialgleichungen. Entwickelt wurde die Methode

ursprünglich für Probleme aus dem Bereich der Festkörpermechanik. Mitte der 50er Jahre des

20. Jahrhunderts wurde die FEM erstmalig in der Praxis eingesetzt, um strukturmechanische

Untersuchungen an Flugzeugflügeln durchzuführen [64]. Später fand die Methode Einzug in

Page 36: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

20 Einleitung und Grundlagen

andere Disziplinen und Industriezweige. Der universelle Charakter dieses Lösungsverfahrens

führte im Laufe der Zeit dazu, dass es heute eingesetzt wird, um thermische, mechanische,

elektrische, magnetische oder auch gekoppelte Probleme zu berechnen [65-71]. Abb. 1-16

zeigt als aktuelles Beispiel für eine konkrete Bauteilsimulation eine Finite-Elemente-Analyse

einer Felge für den Einsatz im Automobil.

Ein wohl definiertes Problem, welches über die FEM gelöst werden kann, setzt sich

zusammen aus der Geometrie des betrachteten Körpers, einer geeigneten räumlichen

Diskretisierung dieser Struktur (vgl. das sogenannte „Netz“ in Abb. 1-16), den

Materialeigenschaften sowie den relevanten Anfangs- und Randbedingungen. Letztere

müssen dabei so gewählt sein, dass sie keinen Widerspruch zueinander darstellen und

konsistent sind. Die Diskretisierung der Problemumgebung erfolgt, indem der betrachtete

Körper in eine endliche Anzahl von Teilgebieten, den sogenannten finiten Elementen, zerlegt

wird. Abb. 1-17 zeigt dies schematisch an einem beliebig geformten zweidimensionalen

Körper auf. Die Form der Elemente kann dabei durchaus unterschiedlich sein. Sie richtet sich

nach der Art und Dimension des Problems sowie nach der Geometrie der zu diskretisierenden

Struktur. Die räumlichen Stützstellen der Integration (Integrationspunkte) zur Lösung der

Gleichungssysteme werden aus historischen Gründen, in Anlehnung an die Gauß-Integration,

auch als Gaußpunkte bezeichnet. Auf den Gebieten zwischen den einzelnen

Integrationspunkten erfolgt eine Interpolation der betrachteten Größe (Spannung, Dehnung,

Kraft, etc.), die je nach Elementtyp entweder linear oder auch durch Polynome höheren

Grades erfolgen kann.

Abb. 1-18 zeigt exemplarisch ein zwei-dimensionales Element. Elemente sind definiert durch

die Positionen ihrer Knoten, die entgegengesetzt zum Uhrzeigersinn durchnummeriert

werden. An festgelegten Koordinaten innerhalb eines Elementes befinden sich die

Integrationspunkte (IP, in Abb. 1-18). Die Größe der Elemente charakterisiert die Netzdichte

der betrachteten Struktur. Der Fehler, der durch die Näherungslösung erfolgt, ist umso größer,

je gröber das Netz ist (siehe auch Abb. 1-17). Im Umkehrschluss wird der Fehler kleiner,

wenn das Netz verfeinert wird. Eine Netzverfeinerung erhöht jedoch den Rechenaufwand, so

dass für die Auswahl der Diskretisierung ein sinnvoller Kompromiss zwischen Rechenzeit

und Genauigkeit der zu berechnenden Ergebnisse getroffen werden muss. Die zu

definierenden Materialkennwerte hängen davon ab, welcher Werkstoff und welches

Verformungsverhalten betrachtet werden soll. Werden z.B. nur elastische Verformungen

Page 37: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Abb. 1-16: Anwendung der FEM auf ingenieurwissenschaftliche Problemstellungen. Beispiel einer FiniteElemente-Analyse für einer Felge [72]Bauteil.

Abb. 1-17: Schematische Darstellung der wird in viele kleine Elemente zerlegt, die über Knotenpunkte miteinander verbunden sind. Die Lösung des betrachteten physikalischen Problems wird nur an Integrationspunkten innerhalb der einzelnen Elemente exakt berechnet und auf die dazwischen liegenden Bereiche interpoliert. Der Fehler dieser Näherungslösung ist dabei umso kleiner, je feiner das Netz gewählt wird.

und die Poissonzahl des Materials festzulegen.

richtungsabhängige Größen (

werden. Um plastische Verformungen über die Fließgrenze hinaus durch die Simulationen

abbilden zu können, ist die Angabe von weiteren Informationen

Verfestigungsverhalten) notwendig.

Einleitung und Grundlagen

Anwendung der FEM auf ingenieurwissenschaftliche Problemstellungen. Beispiel einer Finite[72]. Die Farben kennzeichnen in diesem Bild die mechanische Spann

Schematische Darstellung der räumlichen Diskretisierung eines beliebigen Körpers. Die Struktur wird in viele kleine Elemente zerlegt, die über Knotenpunkte miteinander verbunden sind. Die Lösung des

Problems wird nur an Integrationspunkten innerhalb der einzelnen Elemente exakt berechnet und auf die dazwischen liegenden Bereiche interpoliert. Der Fehler dieser Näherungslösung ist dabei umso kleiner, je feiner das Netz gewählt wird.

l des Materials festzulegen. Bei anisotropen Materialeigenschaften müsse

richtungsabhängige Größen (z.B. die Komponenten der Steifigkeitsmatrix) angegeben

Verformungen über die Fließgrenze hinaus durch die Simulationen

nnen, ist die Angabe von weiteren Informationen

notwendig.

21

Anwendung der FEM auf ingenieurwissenschaftliche Problemstellungen. Beispiel einer Finite-Die Farben kennzeichnen in diesem Bild die mechanische Spannung im

beliebigen Körpers. Die Struktur wird in viele kleine Elemente zerlegt, die über Knotenpunkte miteinander verbunden sind. Die Lösung des

Problems wird nur an Integrationspunkten innerhalb der einzelnen Elemente exakt berechnet und auf die dazwischen liegenden Bereiche interpoliert. Der Fehler dieser Näherungslösung ist dabei

Bei anisotropen Materialeigenschaften müssen

die Komponenten der Steifigkeitsmatrix) angegeben

Verformungen über die Fließgrenze hinaus durch die Simulationen

nnen, ist die Angabe von weiteren Informationen (Fließkurven,

Page 38: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

22 Einleitung und Grundlagen

Abb. 1-18: Schematische Darstellung eines 2-dimensionalen Elements. Die lokale Knotennummerierung (Ni) erfolgt oft im entgegengesetzten Uhrzeigersinn. Innerhalb eines jeweiligen Elements befinden sich an element-spezifischen Koordinaten die sogenannten Integrationspunkte (IP).

Die Anfangsbedingungen und Randbedingungen eines Problems beschreiben den Zustand des

Körpers zu Beginn und die Restriktionen während der Simulation. Darunter fallen in erster

Linie aufgeprägte Verschiebungen und Kräfte, aber auch weitere Größen wie Druck,

Spannungen, Temperatur oder auch elektrische und magnetische Felder. Durch die richtige

Auswahl von Randbedingungen ist es möglich, Symmetrien bezüglich Geometrie oder

Belastungen auszunutzen, um nur einen Teil des betrachteten Körpers berechnen zu müssen

und auf diese Weise den erforderlichen Rechenaufwand zu reduzieren.

Mechanische Probleme (auf die sich die vorliegende Arbeit beschränkt) können entweder

statisch („implizit“) oder dynamisch („explizit“) untersucht werden. Die statische

Formulierung in ihrer einfachsten Ausprägung beschreibt Gl. (1-3):

Ku � F (1-3)

K entspricht der Steifigkeitsmatrix, u dem Verschiebungsvektor und F dem Kraftvektor, die

aus den jeweiligen Größen aller Elemente des Systems konstruiert werden. Der FEM-

Gleichungslöser (auch Solver genannt) versucht dabei, dieses Gleichungssystem durch

Invertierung der Steifigkeitsmatrix nach den Verschiebungen hin aufzulösen. Die

Steifigkeitsmatrix wird häufig auch als Jacobi-Matrix bezeichnet. Für einfache Probleme ist

diese eine schwach besetzte und positiv-definite Band-Matrix und kann relativ einfach

invertiert werden. Für komplizierte Stoffgesetze, wie z.B. für die in dieser Arbeit verwendete

Beschreibung pseudoelastischer NiTi-FGL, kann die Bestimmung der Jacobi-Matrix häufig

nur näherungsweise erfolgen und führt nicht selten zu Konvergenzproblemen. In solchen

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Einleitung und Grundlagen 23

Fällen kann auf die dynamische Formulierung eines FEM-Problems ausgewichen werden, die

Gl. (1-4) beschreibt. Hierbei ist M die Massenmatrix, ;� der Beschleunigungsvektor und F der

Kraftvektor.

Mu� � F (1-4)

Durch ein- und zweifache Zeitintegration können daraus die Geschwindigkeiten ;� und die

Verschiebungen u bestimmt werden. Diese explizite Lösungsmethode läuft unter Beachtung

einiger numerischer Aspekte in vielen Fällen, in denen die implizite Methode versagt, stabil.

Die dynamische Formulierung kann auch dann angewendet werden, wenn quasistatische

Experimente simuliert werden sollen. Diese Vorgehensweise ist zulässig, wenn sichergestellt

ist, dass der Anteil der kinetischen Energie des gerechneten Systems weniger als 10 % der

Gesamtenergie ausmacht [73].

Page 40: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

24 Aufgabenstellung

2. Aufgabenstellung

Die komplexen Eigenschaften von NiTi-FGL sind Ursache dafür, dass die zur

Charakterisierung des Werkstoffs erforderlichen experimentellen Untersuchungen nur mit

großem Aufwand betrieben werden können. Vor diesem Hintergrund besteht seitens der

Forschung und Industrie sowohl aus Kosten- als auch aus Zeitgründen ein großes Interesse

daran, das Materialverhalten in Simulationen erfolgreich beschreiben zu können. Eine

zentrale Fragestellung, die sich in diesem Zusammenhang ergibt, ist die Definition und

Auswahl geeigneter Stoffgesetze, welche die relevanten experimentellen Beobachtungen, wie

die lokalisierte Umwandlung, sinnvoll abbilden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen

zudem theoretische Untersuchungen zu werkstoffwissenschaftlichen Fragestellungen im

Bereich der NiTi-FGL durch die gezielte Anwendung der Finite-Elemente-Methode

durchgeführt werden. Es ist heute nicht bekannt, wie sich die elastisch anisotropen

Eigenschaften verzwillingter, martensitischer Mikrostrukturen auf die Spannungszustände an

Grenzflächen auswirken, wenn sie einer äußeren Belastung ausgesetzt sind. Zur quantitativen

Abschätzung der sich einstellenden Spannungen sollen in dieser Arbeit elastisch anisotrope

Finite-Elemente-Simulationen einfacher verzwillingter Strukturen durchgeführt werden. Als

Grundlage für diese numerischen Untersuchungen dienen elastische Konstanten, die in einer

früheren Arbeit von Wagner und Windl [43] durch Ab-initio-Simulationen ermittelt wurden.

Unter Berücksichtigung der jeweiligen kristallographischen Orientierungsbeziehungen sollen

auf diese Weise die wichtigsten Zwillingssysteme in martensitischen NiTi-FGL systematisch

untersucht werden. Den Ergebnissen dieser numerischen Simulationen sollen im Anschluss

daran analytische Betrachtungen gegenübergestellt werden. Ein allgemeines analytisches

Modell für Spannungen an Grenzflächen von Bikristallen nach Gemperlova et al. [46] soll

herangezogen und auf Zwillingsgrenzflächen in NiTi übertragen werden.

Im zweiten Teil der Arbeit sollen makroskopische Finite-Elemente-Simulationen zur

spannungsinduzierten Phasenumwandlung von pseudoelastischen NiTi-FGL durchgeführt

werden. Die numerische Simulation dieses Materialverhaltens hat sich in der Vergangenheit

als Herausforderung dargestellt. Es existieren nur wenige Stoffgesetze, die in Lage sind, die

wesentlichen Merkmale experimenteller Ergebnisse sowohl qualitativ als auch quantitativ

abzubilden. Neben dem allgemein nicht-linearen Materialverhalten zählen zu diesen

Merkmalen im Wesentlichen die Lokalisierung der Phasenumwandlung sowie die

funktionelle Ermüdung nach zyklischer Betätigung der Umwandlung. In der Literatur konnte

ein Stoffgesetz nach Azadi [74] identifiziert werden, welches zur Untersuchung von

Page 41: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Aufgabenstellung 25

pseudoelastischen FGL herangezogen werden kann. In der vorliegenden Arbeit soll dieses

Modell als VUMAT-Subroutine in der Finite-Elemente-Software Abaqus [75] implementiert

werden. Das Stoffgesetz, dass in seiner ursprünglichen Form [74] nicht für die Simulation der

funktionellen Ermüdung entwickelt wurde, soll anschließend erweitert werden, um auch

Untersuchungen zum zyklische Materialverhalten durchführen zu können. Im Vordergrund

der Simulationen stehen zunächst der Einfluss der Einspannungsbedingungen und

Probengeometrien auf die Lokalisierung der Phasenumwandlung sowie das generelle

Ausbreitungsverhalten von Austenit-Martensit-Grenzflächen in makroskopischen Bauteilen

und Halbzeugen wie Drähten, Bändern oder Blechen. Detaillierte Analysen zum Spannungs-

und Verformungszustand an den makroskopischen Übergangsbereichen sollen durchgeführt

werden, um ein besseres Verständnis des lokalen Materialverhaltens zu erlangen. Im letzten

Abschnitt sollen für ausgewählte Proben Versuche mit variierenden Dehnungsamplituden und

unter Berücksichtigung der funktionalen Ermüdung simuliert werden, die für die Entstehung

multipler Plateaus im Spannungs-Dehnungs-Verhalten verantwortlich sind. Der Einfluss der

funktionellen Ermüdung auf das Lokalisierungsverhalten soll schließlich in gelochten

Scheiben analysiert werden. Durch Variation der Lochgeometrien (elliptische Löcher mit

verschiedenen Achsenverhältnissen) kann so eine interessante Kombination von lokalisierter

Umwandlung, funktioneller Ermüdung und mehrachsigen Spannungszuständen, die

experimentell kaum zugänglich aber durchaus praxisnah sind, detailliert untersucht werden.

Page 42: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

26 Finite-Elemente-Simulationen

3. Finite-Elemente-Simulationen

Die Finite-Elemente-Simulationen wurden mit dem kommerziell erhältlichen Softwarepaket

Abaqus 6.8-1 der Firma Dassault Systems durchgeführt [75]. Für sämtliche Berechnungen

wurde ein konventioneller PC verwendet (Intel Core 2 CPU 3600, 1.86 GHz, 3 GB RAM). Im

ersten Teil der vorliegenden Arbeit werden Spannungszustände an martensitischen

Zwillingsgrenzflächen analysiert, die entstehen, wenn Zwillingsstapel durch äußere Normal-

oder Schubspannungen belastet werden. Diese Simulationen wurden durch Softwaremodule

realisiert, die standardmäßig bereits in Abaqus integriert sind (anisotrope Elastizität). Im

zweiten Teil wird das mechanische Verhalten von pseudoelastischen NiTi-FGL aus

makroskopischer Sicht betrachtet. Für dieses Materialverhalten existiert in Abaqus bislang

kein geeignetes Materialmodell, welches das lokalisierte Phasenumwandlungsverhalten sowie

die funktionelle Ermüdung berücksichtigt. Abaqus verfügt jedoch über eine integrierte

Schnittstelle, um Subroutinen, u.a. für die Definition des Materialverhaltens, in die

übergeordnete Simulation einzubinden. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein Materialmodell

nach Azadi et al. [74] als explizite Fortran-Routine (VUMAT) implementiert und

anschließend um eine Routine zur Berücksichtigung der funktionellen Ermüdung erweitert.

Nähere Informationen zum Stoffgesetz und zur Implementierung (Quellcode) sind dem

Anhang B zu entnehmen. Im Folgenden werden die Modelle und Materialeigenschaften der

einzelnen FE-Simulationen detailliert beschrieben.

3.1 Elastisch anisotrope Untersuchungen von martensitischen Zwillingsgrenzflächen

Geometrie

Die Probengeometrien für die vorliegenden Simulationen orientieren sich an experimentellen

Aufnahmen. In TEM-Hellfeldbildern zeigen sich martensitische Zwillinge häufig als feine

lamellare Strukturen. Davon ausgehend wurden die Zwillinge als Stapel alternierender

Varianten mit gleichbleibenden Schichtdicken angenommen. Abb. 3-1 beschreibt den

Übergang von der realen Mikrostruktur zur Geometrie im Modell. Ein Gefügebereich,

welcher martensitische Zwillinge aufweist (Abb. 3-1a), wird herausgegriffen und

entsprechend des Bildkontrasts neu gezeichnet (Abb. 3-2b). Zur einfacheren Aufprägung von

Belastungen und Randbedingungen wird der Zwillingsstapel als Würfel mit Außenseiten

parallel bzw. senkrecht zu den Zwillingsgrenzen konzipiert. In NiTi-FGL weisen

Page 43: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Finite-Elemente-Simulationen 27

martensitische Zwillinge häufig Schichtdicken von nur wenigen nm auf [76]. Es ist jedoch

nicht notwendig, diese exakten Abmessungen abzubilden, da die zugrunde liegende

Kontinuumsmechanik der FEM eine skaleninvariant ist. Daher wurden für alle

Zwillingsberechnungen arbiträre Längen für sämtliche Geometrien (30x30x30 Längen-

einheiten) verwendet.

Abb. 3-1: Modellbildung: a) TEM-Hellfeldaufnahme von martensitischen Zwillingsstrukturen in NiTi, [76]. b) Schematische Darstellung eines Zwillingsstapels in einem vergleichbaren Korn. Aus dem betrachteten Bereich wird gedanklich ein kubischer Körper (gekennzeichnet durch einen schwarzen Rahmen) herausgetrennt, der sich aus alternierenden Zwillingsvarianten (graue und weiße Bereiche) zusammensetzt.

Vernetzung

Die Zwillingsstapel wurden durch 3-dimensionale Kontinuumselemente mit reduzierter

Integration (C3D8R) diskretisiert. Um aussagekräftige Informationen über Spannungen oder

Verformungen in einzelnen Varianten ablesen zu können, wurden die einzelnen

Zwillingsvarianten senkrecht zur Normalen der Grenzflächen mit jeweils acht Elementen

aufgebaut. Es wurden zwei verschiedene Orientierungen für die Würfel gewählt, um einzelne

Spannungskomponenten gezielt aufzuprägen. Beide Probengeometrien haben gemeinsam,

dass die Zwillingsvarianten senkrecht zur 2-Richtung orientiert sind. Abb. 3-2a zeigt den

Würfel, wie er verwendet wurde, um den Einfluss von reinen Normalspannungen zu

studieren. Die verschiedenen Farben kennzeichnen Materialbereiche, die den jeweiligen

Zwillingsvarianten zuzuordnen sind. In dem Fall ist das Netz aus etwas mehr als 100.000

Elementen aufgebaut. Abb. 3-2b zeigt den Würfel um 45° relativ zur 3-Achse gedreht, wobei

die Ausrichtung der Zwillingsvarianten unverändert bleibt. Diese Geometrie wurde mit etwas

mehr als 56.000 Elementen diskretisiert und erlaubt eine einfache Aufprägung von

Schubspannungen (vgl. Abb. 3-3). Im Vorfeld durchgeführte Studien zeigten, dass die

Ergebnisse für beide Vernetzungen konvergieren und sich durch noch höhere Netzdichten nur

unwesentlich verändern.

Page 44: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

28 Finite-Elemente-Simulationen

Abb. 3-2: Diskretisierung der Zwillingsstapel. a) Für den Fall einer Normalbelastung auf die Zwillings-grenzfläche, b) Zur Aufprägung einer Schubbelastung.

Materialeigenschaften

Das Material wurde elastisch anisotrop definiert. Für derartige Formulierungen werden

ausschließlich die elastischen Konstanten der Steifigkeitsmatrix benötigt. Die

Steifigkeitsmatrix weist im Allgemeinen 36 Komponenten auf. Aufgrund der Symmetrien von

Spannungs- bzw. Dehnungstensor verringert sich die Anzahl jedoch auf 21 unabhängige

Komponenten. Gl. 3-1 beschreibt die Relation zwischen Spannungen und Dehnungen durch

die Steifigkeitsmatrix C (verallgemeinertes Hookesches Gesetz in sogenannter Voigt-

Notation). In dieser Arbeit sollen Zwillingsstrukturen der martensitischen B19‘-Phase

untersucht werden. Die dafür benötigten elastischen Konstanten wurden einer theoretischen

Arbeit von Wagner und Windl [43] entnommen. Die cij aus [43] stellen Näherungswerte für

die elastischen Konstanten dar. Eine aktuelle Arbeit [77] wies eine hervorragende

Übereinstimmung zwischen den theoretischen Werten [43] und experimentellen Werten aus

Beugungs-Experimenten nach.

=>?>@

σ��σ��σAAσ��σ�Aσ�AB>C>D �

EFFFFGHc�� H c�� c�A c�J c�K c�Lc�� c�A c�J c�K c�LcAA cAJ cAK cALcJJ cJK cJLSymm. cKK cKLcLLOP

PPPQ

=>?>@

ε��ε��εAA2ε��2ε�A2ε�AB>C>D (3-1)

Gl. 3-2 zeigt die Steifigkeitsmatrix mit den entsprechenden Zahlenwerten (alle Angaben in

dieser Arbeit in GPa). Für die B19‘-Phase existieren lediglich 13 unabhängige Konstanten Es

ist zu beachten, dass diese auf das Koordinatensystem (kurz: KOS) bezogen sind, wie es in

Page 45: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Finite-Elemente-Simulationen 29

der Arbeit von Wagner und Windl [43] festgelegt wurde. Dabei sind die [100]- und

[010]-Richtungen der B19‘-Elementarzelle parallel zur 1- bzw. 2-Richtung des kartesischem

KOS. Aus diesem Grund wurde in der vorliegenden Dissertation das gleiche KOS konsistent

angewendet. Die in dieser Arbeit verwendeten elastischen Konstanten der

B19‘-Elementarzelle lassen sich für diese Orientierungen wie folgt zusammenfassen:

C � EFFFFG223 129 99 0 27 0241 125 0 !9 0200 0 4 076 0 !4Symm. 21 077OP

PPPQ (3-2)

Gemäß Abschnitt 1.3 (vgl. Abb. 1-11 sowie Abb. 3-2) werden die verzwillingten Strukturen

in einem globalen KOS beschrieben. Das für die jeweiligen Varianten gültige, lokale KOS

nach [43] muss daher in die Orientierungen des globalen KOS gedreht werden. Dabei ändern

sich die in Gl. 3-2 angegebenen Zahlenwerte. Um die exakten Werte für die zu berechnenden

Zwillingssysteme zu ermitteln, wurde mit der Software Mathematica 6.0 [78] eine Routine

programmiert, welche die Steifigkeitsmatrix entsprechend der Orientierungen der Zwillinge

rotiert und dadurch die gesuchten Zahlenwerte der elastischen Konstanten bestimmt. Die

Gl. 3-3 bis 3-12 stellen die elastischen Steifigkeitsmatrizen für die verschiedenen

Zwillingssysteme für jeweils beide Varianten dar. Man erkennt, dass die Matrizen jeweils die

in Abschnitt 1.3 zusammengefassten Bezeichnungen (gleiche Zahlenwerte für Variante I und

II mit systematischen Vorzeichenwechseln) erfüllen.

Page 46: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

30 Finite-Elemente-Simulationen

(100*-Verbindungs-Zwilling:

Variante I C � EFFFFG195.5 95.6 127.5 0 0 12.7234.3 126.5 0 0 14.1241 0 0 !9.275.9 !4 0Symm. 77.1 017.6OP

PPPQ (3-3)

Variante II C � EFFFFG195.5 95.6 127.5 0 0 !12.7234.3 126.5 0 0 !14.1241 0 0 9.275.9 4 0Symm. 77.1 017.6 OP

PPPQ (3-4)

[ 110 \-Typ II-Zwilling:

Variante I C � EFFFFG255.6 96.1 118 !1.3 0.7 10.3233.1 117.7 !16.5 17.7 29.6217.6 !11.9 !16.6 !12.556.3 1.5 12.9Symm. 59.6 !8.936.9 OP

PPPQ (3-5)

Variante II C � EFFFFG255.6 96.1 118 !1.3 !0.7 !10.3233.1 117.7 !16.5 !17.7 !29.6217.7 !11.9 16.6 12.556.3 !1.5 !12.9Symm. 59.6 !8.936.9 OP

PPPQ (3-6)

Page 47: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Finite-Elemente-Simulationen 31

61107-Typ I-Zwilling:

Variante I C � EFFFFG195.5 113.8 109.3 15.8 !9.5 8.3258.1 106.6 !1.1 !3.2 !2.4257.1 4.5 !0.5 5.756 9.1 !7.2Symm. 43.2 29.551.5OP

PPPQ (3-7)

Variante II C � EFFFFG195.5 113.8 109.3 !15.8 !9.5 !8.3258.1 106.6 1.1 !3.2 2.4257.1 !4.5 !0.5 !5.756 !9.1 !7.2Symm. 43.2 !29.551.5 OP

PPPQ (3-8)

61117-Typ I-Zwilling:

Variante I C � EFFFFG168.6 130.4 125.6 7.3 !29.9 22.4224.3 106.3 !18.2 12.2 7.1252.5 !1.1 8.3 !4.458.2 !0.2 4.3Symm. 64.4 !1.560.6OP

PPPQ (3-9)

Variante II C � EFFFFG168.6 130.4 125.6 !7.3 !29.9 !22.4224.3 106.3 18.2 12.2 !7.1252.5 1.1 8.3 4.458.2 0.2 4.3Symm. 64.4 1.560.6 OP

PPPQ (3-10)

Page 48: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

32 Finite-Elemente-Simulationen

612117-Typ I-Zwilling:

Variante I C � EFFFFG245.3 109.1 111.8 !4.8 11.2 0.5221.6 106.1 !29.2 !15.8 !25.2249 !1.8 9 11.550.2 2.8 !11.4Symm. 56 !16.641.8 OP

PPPQ (3-11)

Variante II C � EFFFFG245.3 109.1 111.8 4.8 11.2 !0.5221.6 106.1 29.2 !15.8 25.2249 1.8 9 !11.550.2 !2.8 !11.4Symm. 56 16.641.8 OP

PPPQ (3-12)

Randbedingungen und Lastfälle

Der Einfluss unterschiedlicher Spannungszustände wurde systematisch für die betrachteten

Zwillingssysteme untersucht. Gl. 3-13 fasst die Belastungszustände, wie sie von außen auf die

Zwillingsstapel aufgeprägt wurden, zusammen. Die Beanspruchung wurde derart aufgebracht,

dass immer nur exakt eine Spannungskomponente auf die Zwillingsgrenzfläche wirkt. Auf

zusätzliche Randbedingungen (RB), wie z.B. die Vorgabe oder Einschränkung von

Verschiebungen, wurde verzichtet, um das Auftreten von weiteren Spannungen zu

unterbinden.

σ � =>?>@100000B>

C>D, σ �

=>?>@010000B>

C>D, σ �

=>?>@001000B>

C>D, σ �

=>?>@000100B>

C>D , σ �

=>?>@000010B>

C>D , σ �

=>?>@000001B>

C>D (3-13)

Das Ziel der anschließenden Auswertungen ist es, an den Zwillingsgrenzflächen das

Verhältnis der entstehenden Spannung zu der von außen aufgebrachten Spannung zu

ermitteln. Aus diesem Grund wurde als äußere Referenzbelastung für alle Lastfälle einheitlich

Page 49: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Finite-Elemente-Simulationen 33

eine Spannung von 1 MPa gewählt. Abb. 3-3 zeigt schematisch die Probengeometrien mit den

eingezeichneten Beanspruchungen exemplarisch für jeweils einen ausgewählten

Belastungsfall. Um den Einfluss von Normalspannungen zu analysieren, wurde die Geometrie

aus Abb. 3-3a verwendet. Für die Erzeugung von reinen Schubspannungen in der Grenzfläche

wurde die Würfelstruktur in Abb. 3-3b benutzt. Um das Kräftegleichgewicht einzuhalten, war

es in diesen Fällen notwendig, jeweils vier Seiten des Körpers zu belasten. Der Einfluss der

verschiedenen Schubspannungskomponenten ]J , ]K und ]L wurde untersucht, indem die

Geometrie (bei unveränderter Vernetzung) nochmals rotiert wurde (90° um die 2-Achse / 90°

um die 3-Achse). Dabei bleibt die Orientierung der Zwillingsgrenzflächen relativ zur 2-Achse

unverändert.

Abb. 3-3: Die Zwillingsgrenzflächen trennen die verschiedenen Varianten (in grün und beige unterlegt) voneinander. Ihr Normalenvektor zeigt stets in Richtung der 2-Achse. a) Orientierung der Geometrie zur Aufprägung von Normalspannungen. b) Zur Aufbringung von reinen Schubspannungen wird die Struktur unter 45° mit Zug- und Druckspannungen belastet.

Page 50: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

34 Finite-Elemente-Simulationen

3.2 Einachsige Zugversuche an pseudoelastischen Draht- und Bandproben

Drahtproben

Zur Untersuchung der spannungsinduzierten Phasenumwandlung von pseudoelastischen NiTi-

FGL-Proben wurden quasistatische, einachsige Zugversuche an unterschiedlichen Proben-

geometrien simuliert. Dabei wurden Halbzeuggeometrien wie Drähte, Bänder oder Bleche

betrachtet. Es wurden dynamisch explizite Berechnungen unter Verwendung einer VUMAT

(siehe Anhang B) durchgeführt. Durch die geeignete Wahl der zeitlichen Inkrementierung

bieten auch dynamische Simulationen die Möglichkeit quasistatischer Analysen. Zur

Beurteilung, ob eine Berechnung die notwendigen Bedingungen erfüllt, können

Energiegrößen herangezogen werden, die Abaqus für die Auswertung zur Verfügung stellt:

Eine dynamische Rechnung kann dann als quasistatisch angenommen werden, wenn der

Anteil der kinetischen Energie des Systems kleiner als 10 % der Gesamtenergie ist. Für die in

dieser Arbeit präsentierten Berechnungen, wurde die Rechenzeit iterativ angepasst, so dass

diese Bedingung jeweils erfüllt wurde. Eingabeparameter, die nicht materialspezifisch sind,

aber dennoch einen Einfluss auf die Versuchsergebnisse haben, wurden im Vorfeld der

Simulationen systematisch studiert und zum Teil auf experimentelle Ergebnisse angepasst.

Diese Parameter sind in Tab. 3-1 aufgeführt. Ausgehend vom Aufbau experimenteller

Untersuchungen wurden die Versuchsbedingungen in entsprechende Finite-Elemente-Modelle

umgesetzt. Abb. 3-4a zeigt eine Aufnahme der Einspannbedingungen eines Drahtes im

Experiment. Üblicherweise wird der Draht an seinen äußeren Enden in Spannelementen

geklemmt. Clip-on-Extensometer werden benutzt, um die Längenänderung der Probe im

Zugversuch zu detektieren und im weiteren Verlauf die Dehnung zu bestimmen. Im

Gegensatz zur Einspannung ist der mechanische Einfluss dieser Elemente vernachlässigbar

und muss daher in der Simulation nicht weiter berücksichtigt werden. Die freie Messlänge der

Probe definiert sich über den Bereich zwischen den Klemmschneiden des Extensometers.

Abb. 3-4b stellt die Drahtprobe schematisch dar. Der Durchmesser des Drahtes lag in

Tab. 3-1: Allgemeine Parameter, die für alle FEM-Simulationen gelten

Art der Simulation Dynamisch explizit mit VUMAT

Dichte des Materials 6.5 g / cm³

Lineare Massenviskosität 1.2

Quadratische Massenviskosität 2

Massenskalierung 1*106

Page 51: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Finite-Elemente-Simulationen 35

Abb. 3-4: a) Experimenteller Aufbau für einachsige Zugversuche an Drahtproben, [79] und b) schematische Darstellung der Probengeometrie. Symmetrien bezüglich Geometrie und Belastung ermöglichen es, für die Simulation lediglich ein Achtel des Drahtes zu betrachten (durch eine Strichlinie markierter Bereich).

Anlehnung an Messungen z.B. aus [79] bei D = 1.2 mm, die Länge bei L = 20 mm und die

freie Messlänge bei L0 = 10 mm. Der grau eingefärbte Bereich an den Probenenden markiert

den Einspannbereich. Aufgrund der Symmetrie hinsichtlich Geometrie und Belastungen ist es

für die theoretischen Untersuchungen sinnvoll, lediglich ein Achtel der Probe zu betrachten.

Der letztlich simulierte Bereich ist in Abb. 3-4b durch die gestrichelten Linien eingegrenzt.

Abb. 3-5a zeigt schematisch die Achtelprobe mit der Länge L/2. Die freie Messlänge

reduziert sich für die Simulation auf L0/2. Die Verschiebungen werden im weiteren Verlauf in

x-Richtung mit u, in y-Richtung mit v und in z-Richtung mit w bezeichnet. Die

Randbedingungen (RB) sind derart gewählt, dass an allen inneren Oberflächen die

geometrische Kompatibilität während des Zugversuchs gewährleistet bleibt:

(1) u(0, y, z) = 0,

(2) v(x, 0, z) = 0,

(3) w(x, y, 0) = 0.

Die Auslenkung δ der Probe wird über die Verschiebung der oberen Stirnfläche bestimmt. Für

die durchgeführten Versuche am Draht gilt daher die zusätzliche RB:

(1) v(x, L/2, z) = δ = 1.0 mm.

Page 52: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

36 Finite-Elemente-Simulationen

Abb. 3-5: a) Geometrie und Randbedingungen der simulierten Drahtprobe und b) Darstellung des FEM-Netzes.

Um die Einspannbedingungen des Experiments abzubilden, wurde im oberen Bereich der

Probe über eine Länge von 2.5 mm eine Druckspannung von P = 10 MPa aufgebracht.

Abb. 3-5b zeigt die Geometrie, welche durch 1072 C3D8R-Elemente diskretisiert wurde. In

einem ersten Schritt (t = 100 s) wurde die Druckspannung linear zunehmend aufgebracht und

anschließend über die restliche Versuchsdauer konstant gehalten. Im zweiten Schritt wurde

die Probe zunächst verformt (t = 20.000 s) und anschließend wieder in den Ausgangszustand

überführt (t = 40.000 s). Die Verformung erfolgte dabei jeweils linear über die

Simulationszeit. Hier sei angemerkt, dass die Simulationszeiten nicht realistischen

experimentellen Zeiten entsprechen, sondern vielmehr im Wechselspiel mit numerischen

Dämpfungs- und Trägheits-Parametern für eine stabile Rechnung skaliert wurden. Um die

Ergebnisse der FEM-Simulationen mit denjenigen aus dem Experiment sauber vergleichen zu

können, wurden technische Spannungs-Dehnungs-Kurven ermittelt. Dazu wurde ein virtuelles

Extensometer definiert: Die Verschiebung eines ausgewählten Punktes auf der

Probenoberfläche relativ zur Messlänge L0/2 wurde herangezogen, um ganz analog zur

Funktionsweise eines Extensometers die technische Dehnung zu bestimmen. Die

Kraftmessung im Experiment erfolgt in der Regel über Kraftmessdosen oder ähnliche

Kraftaufnehmer. In der Simulation wurden zu diesem Zweck die Kräfte an den Knoten der

oberen (y = L/2) bzw. unteren (y = 0) Probenstirnseite ausgewertet. Aufgrund des

Kräftegleichwichtes sind diese Werte betragsmäßig gleich. Für die Spannungs-Dehnungs-

Page 53: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Finite-Elemente-Simulationen 37

Kurve muss lediglich das Vorzeichen entsprechend berücksichtigt werden. Die Summe der

Reaktionskräfte in Zugrichtung wurde anschließend zum Ausgangsquerschnitt der Probe in

Relation gesetzt, um die technische Spannung zu bestimmen. Durch diese Vorgehensweise

konnten die gesuchten Spannungs-Dehnungs-Kurven ermittelt werden. Die

Materialeigenschaften wurden für jeden Materialpunkt in einem lokalen Spannungs-

Dehnungs-Verhalten vorgegeben. Abb. 3-6 zeigt das verwendete Stoffgesetz schematisch auf.

Abb. 3-6: Schematische Darstellung des lokalen Stoffgesetzes im Spannungs-Dehnungs-Raum. Das grundlegende Materialverhalten ist definiert durch neun Parameter. Nicht gekennzeichnet sind die Querkontraktionszahlen für den Austenit und Martensit.

Die elastischen Eigenschaften des Werkstoffs werden über den Elastizitätsmodul und die

Querkontraktionszahl jeweils für Austenit und Martensit festgelegt. Neben der

Umwandlungs- oder Transformationsdehnung Δε werden diejenigen Spannungen

vorgegeben, die den Beginn (σ�� – MN engl.: für martensite nucleation) und das Ende (σ�

– MC engl.: für martensite completion) der spannungsinduzierten Phasenumwandlung, sowie

den Beginn (σ��) und das Ende (σ�) der Rückumwandlung vom Martensit in den Austenit,

kennzeichnen. Als Besonderheit weisen die inelastischen Kurvenäste negative Steigungen auf,

wodurch der lokalisierte Umwandlungscharakter begünstigt wird. Das Stoffgesetz nach Azadi

[74] ist ausführlich in Anhang A dieser Arbeit beschrieben. Dabei werden auch die

besonderen Aspekte der „Dehnungs-Entfestigung“ diskutiert. Tab. 3-2 fasst die

Materialparameter zusammen, wie sie für eine gute Abbildung experimenteller Datensätze

ermittelt worden sind.

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38 Finite-Elemente-Simulationen

Tab. 3-2: Verwendete Materialkennwerte für die Simulation der Drahtproben.

Materialkennwerte für Drahtproben E� 41.9 GPa

ν� 0.35

E� 22.1 GPa

ν� 0.35

σ�� 518 MPa

σ� 488 MPa

σ�� 76 MPa

σ� 106 MPa

Δε 0.04021

Bandproben

Abb. 3-7a zeigt eine Fotografie der Einspannbedingungen einer flachen NiTi-Bandprobe. An

den Probenenden sind die Einspannelemente und im mittleren Bereich wieder ein

Clip-on-Extensometer zu erkennen. Abb. 3-7b stellt die Flachzugprobe schematisch dar. Die

Einspannbereiche sind grau unterlegt. Für diese Geometrie können wieder Symmetrien

ausgenutzt werden. In dem vorliegenden Fall wird die (obere) Hälfte der Probe simuliert. Eine

gestrichelte Linie kennzeichnet die Symmetrieachse. Der Ursprung des Koordinatensystems

befindet sich im Zentrum der Probe. Die Probe weist eine Länge von L = 55 mm, eine Breite

B = 3.3 mm und eine Dicke T = 0.7 mm auf. Die freie Messlänge beträgt L0 = 25 mm.

Abb. 3-8a beschreibt den oberen Teil der Probe mit den Randbedingungen, Kräften,

Verformungen und Druckbelastungen. Die untere Seite der Probe darf sich nicht in

y-Richtung verschieben (Symmetrie). Die Auslenkung δ ist über die Verschiebung der oberen

Stirnfläche definiert. Für die durchgeführten Versuche am Band gilt:

(1) v(x, 0, z) = 0,

(2) v(x, L/2, z) = δ = 2.2 mm.

Page 55: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Finite-Elemente-Simulationen 39

Abb. 3-7: a) Experimenteller Aufbau für einachsige Zugversuche an Flachzugproben, [79] und b) schematische Darstellung der Probengeometrie in b). Symmetrie wird ausgenutzt, um die Hälfte der Probe zu betrachten (Bereich oberhalb der gestrichelten Linie).

Der Einspannbereich erstreckt sich über eine Länge von 5 mm. Sowohl auf der Vorderseite

als auch auf der Rückseite der Probe wurde eine Druckspannung in Höhe von P = 10 MPa

aufgebracht. Die Rechenzeit für einen vollständigen Zyklus (Be- und Entlastung) betrug

30.000 s. In einem vorgeschobenen Zeitschritt wurde die Druckbelastung innerhalb von 100 s

aufgeprägt. Tab. 3-3 fasst die Werkstoffkennwerte für die Berechnungen der Flachzugproben

in einer Übersicht zusammen. Die Kennwerte unterscheiden sich von den in Tab. 3-2

dargestellten Werten, da die tatsächlichen experimentellen Daten aufgrund von unter-

schiedlichen Texturen in Draht- und Bandmaterial ebenfalls deutliche Unterschiede

aufweisen.

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40 Finite-Elemente-Simulationen

Tab. 3-3: Materialkennwerte für die Simulation der Flachzugproben.

Materialkennwerte für Flachzugproben E� 38.0 GPa

ν� 0.35

E� 22.9 GPa

ν� 0.35

σ�� 465 MPa

σ� 435 MPa

σ�� 130 MPa

σ� 160 MPa

Δε 0.03589

3.3 Zugversuche an gekerbten und gelochten Blechproben

Der Einfluss geometrischer Fehlstellen, wie Kerben oder Löchern, auf die spannungs-

induzierte Phasenumwandlung wurde an pseudoelastischen NiTi-Blechen systematisch

analysiert. Die Abmaße der betrachteten Proben richten sich nach dem Material, welches

parallel zu den Simulationen in Experimenten untersucht wurde. Alle Bleche hatten dieselbe

Breite B = 25 mm und Dicke T = 1.1 mm. Im Vorfeld wurden Löcher und Kerben in einige

Proben eingebracht, um deren Einfluss auf die spannungsinduzierte Phasenumwandlung im

Zugversuch zu untersuchen. Abb. 3-8 zeigt vier verschiedene Proben. Die gestrichelten Linien

kennzeichnen jeweils den simulierten Bereich des Materials. Der Einspannbereich ist grau

unterlegt und hatte eine Länge von 14 mm. Abb. 3-8a zeigt eine homogene Probe ohne Loch

oder Kerbe, Abb. 3-8b eine Probe mit einer zentrischen Durchgangsbohrung. Beide Proben

wiesen eine Länge von L = 72 mm auf. Die freie Messlänge betrug in ersten Auswertungen

L0 = 40 mm, wurde aber für weiterführende Auswertungen auf L0 = 32.5 mm und L0 = 25 mm

erweitert. Der Durchmesser der Bohrung in Abb. 3-8b lag bei D = 2.5 mm. Für Vergleiche

mit anderen Proben wurde zusätzlich ein dimensionsloser Geometriefaktor A definiert, der

sich aus dem Verhältnis der horizontalen zur lateralen Ausdehnung der im Allgemeinen

elliptischen Aussparung berechnet. Er ist im Falle des Kreislochs in Abb. 3-8b gleich 1. Etwas

kürzere Proben wurden verwendet, die entweder beidseitig oder nur einseitig auf Höhe der

horizontalen Symmetrieachse gekerbt waren. Der Radius der Kerben entsprach dem halben

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Finite-Elemente-Simulationen 41

Abb. 3-8: Geometrie der Blechzugproben. Der Einspannbereich ist grau unterlegt. Der Ursprung des KOS befindet sich jeweils im Zentrum der Probe. a) Blechprobe ohne geometrische Fehlstellen, b) gelochte Probe, c) beidseitig gekerbte Probe, d) einseitig gekerbte Probe. Die Strichlinie markiert den berechneten Probenbereich. Für a) und b) wird ein Viertel der Probe berechnet, in c) und d) jeweils die Hälfte.

Durchmesser der Durchgangsbohrung aus Abb. 3-8b und war R = 1.25 mm. Abb. 3-8c und d

zeigen diese Proben. Ihre Länge war L = 66 mm. Die freie Messlänge wurde auf L0 = 20 mm

reduziert. Die Randbedingungen richten sich danach, ob ein Viertel oder die Hälfte der Probe

simuliert wird. Für die längeren Proben gilt:

(1) u(0, y, z) = 0,

(2) v(x, 0, z) = 0,

(3) v(x, L/2, z) = δ = 2.4 mm.

Für die kürzeren Proben wurden folgende Randbedingungen verwendet:

(1) v(x, 0, z) = 0,

(2) v(x, L/2, z) = δ = 2.4 mm.

Abb. 3-9 und Abb. 3-10 zeigen die FEM-Netze der in Abb. 3-8 dargestellten Geometrien. Die

skalierte Rechenzeit für einen vollständigen Zyklus (Be- und Entlastung) betrug 30.000 s. Als

Elementtyp wurden, wie bei allen anderen Simulationen C3D8R-Elemente ausgewählt. In der

Breite wurden für die Viertelproben 20 und für die Halbproben 40 Elemente, in der Tiefe

jeweils zwei Elemente verwendet. Die Netzdichte der betrachteten Bereiche ist miteinander

vergleichbar, wenngleich aufgrund der Probensymmetrien entweder ein Viertel (Abb. 3-8a

und b) oder die Hälfte (Abb. 3-8c und d) der ursprünglichen Probe betrachtet wurde. Die

Page 58: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

42

Elementanzahl variierte entsprechend der ve

Viertelproben jeweils bei ca. 2.000, bzw. bei ca. 4.00

Abb. 3-11 zeigt weitere Blechproben, diesmal mit unterschiedlich

sparungen in der Blechmitte. Diese Proben haben d

und Tiefe wie diejenigen aus Abb.

diesmal von A = 5 in Abb. 3-11

simuliert und es gelten die glei

Abb. 3-8:

Abb. 3-9: FEM-Netze für die simulierten Teilbereiche

Finite-Elemente-Simulationen

Elementanzahl variierte entsprechend der verschiedenen Geometrien leicht, lag für die

ca. 2.000, bzw. bei ca. 4.000 für die halben Proben.

zeigt weitere Blechproben, diesmal mit unterschiedlichen

sparungen in der Blechmitte. Diese Proben haben dieselben Maße in Bezug auf Länge, Breite

wie diejenigen aus Abb. 3-8a und b. Der Geometriefaktor der Aussparungen rei

11a bis zu A = 0.2 in Abb. 3-11d. Es wird ein Viertel der Bleche

simuliert und es gelten die gleichen Randbedingungen, wie für die entsprechenden Proben aus

(1) u(0, y, z) = 0,

(2) v(x, 0, z) = 0,

(3) v(x, L/2, z) = δ = 2.4 mm.

für die simulierten Teilbereiche der in Abb. 3-8a und b dargestellten NiTi

rschiedenen Geometrien leicht, lag für die

0 für die halben Proben.

elliptischen Aus-

ieselben Maße in Bezug auf Länge, Breite

a und b. Der Geometriefaktor der Aussparungen reicht

d. Es wird ein Viertel der Bleche

ntsprechenden Proben aus

ellten NiTi-Bleche.

Page 59: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Abb. 3-10: FEM-Netze für die simulierten Teilbereiche der Bleche.

Abb. 3-11: Geometrien von verschieden elliptisch gelochten erneut den Einspannbereich. Der GeomAusdehnung der jeweiligen Ellipse. Im Falle eines idealen KreisSymmetriegründen wird wieder nur ein Viertel der

Abb. 3-12 zeigt die Diskretisierungen der in Abb.

Elemente in der Breite und zwei

Finite-Elemente-Simulationen

simulierten Teilbereiche der in Abb. 3-8c und d dargestellten

von verschieden elliptisch gelochten Blechzugproben. Der graue Bereich kennzeichnet Der Geometriefaktor A beschreibt das Verhältnis von horizontaler zu waagerechter

Ausdehnung der jeweiligen Ellipse. Im Falle eines idealen Kreises ist A gleich 1 (siehe Abb.Symmetriegründen wird wieder nur ein Viertel der jeweiligen Probe simuliert.

Diskretisierungen der in Abb. 3-11 dargestellten Bleche. Es wurden

Elemente in der Breite und zwei Elemente in der Tiefe festgelegt. Die Gesamtzahl der

43

dargestellten gekerbten NiTi-

Blechzugproben. Der graue Bereich kennzeichnet etriefaktor A beschreibt das Verhältnis von horizontaler zu waagerechter

1 (siehe Abb. 3-8b). Aus

dargestellten Bleche. Es wurden 20

Die Gesamtzahl der

Page 60: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

44

Abb. 3-12: Diskretisierungen der in Abb. 3

Elemente liegt wieder für alle simulierten Blechbereiche bei ca. 2.000.

einen vollständigen Zyklus (Be

Materialparameter zusammen, welche für die

Tab. 3-4: Verwendete Materialkennwerte für die Simulation der Blechproben.

Finite-Elemente-Simulationen

n der in Abb. 3-12 dargestellten elliptisch gelochten Blechproben.

Elemente liegt wieder für alle simulierten Blechbereiche bei ca. 2.000. Die Rechenzeit für

einen vollständigen Zyklus (Be- und Entlastung) betrug auch hier 30.000 s.

Materialparameter zusammen, welche für die Rechnungen der Blechproben

4: Verwendete Materialkennwerte für die Simulation der Blechproben.

Materialkennwerte für Blechproben

EA 55.3 GPa

νA 0.35

EM 24.3 GPa

νM 0.35

σMN 440 MPa

σMC 410 MPa

σAN 111 MPa

σAC 141 MPa

∆ε 0.04550

n Blechproben.

Die Rechenzeit für

s. Tab. 3-4 fasst die

r Blechproben benutzt wurden.

4: Verwendete Materialkennwerte für die Simulation der Blechproben.

Page 61: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Finite-Elemente-Simulationen 45

3.4 Untersuchungen zum Stoffgesetz und zur Netzabhängigkeit

Systematische Analysen wurden durchgeführt, um den Einfluss der Umwandlungsdehnung im

Stoffgesetz auf die Versuchsergebnisse zu ermitteln und eine mögliche Netzabhängigkeit der

Lösungen auszuschließen. Zu diesem Zweck wurden am Beispiel der in Abb. 3-5 gezeigten

Drahtprobe neun verschiedene Simulationen durchgeführt. Für drei Netzdichten wurde das

Stoffgesetz aus Abb. 3-6 verwendet und mit jeweils drei Umwandlungsdehnungen ∆+

gerechnet. Als Umwandlungsdehnungen wurden zusätzlich zum bisherigen Wert aus den

Simulationen der Drahtprobe von ca. 4 % die beiden Extremwerte von 1 % und 10 %

angenommen. Alle anderen Parameter, wie die elastischen Eigenschaften oder die

Plateauspannungen, blieben unverändert. Abb. 3-13 stellt die Stoffgesetze schematisch dar.

Die Anzahl der Elemente variierte in dieser Netzstudie für die Achtel-Drahtprobe zwischen

936 (grob), 1920 (mittel) und 16320 (fein).

Abb. 3-13: Schematische Darstellung des lokalen Stoffgesetztes für drei verschiedene Umwandlungsdehnungen.

Page 62: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

46 Finite-Elemente-Simulationen

3.5 Zyklische Versuche an ausgewählten Probengeometrien

Es wurden zyklische Zugversuche an Draht- und Blechproben simuliert. Zu diesem Zweck ist

es erforderlich, das lokale Materialverhalten in Abhängigkeit des jeweiligen Zyklus zu

variieren, um dem Effekt der funktionellen Ermüdung Rechnung zu tragen. Die

Kurvenabschnitte, auf welchen sich die Phasenumwandlung vollziehen, wurden parallel zu

niedrigeren Spannungsniveaus verschoben. Dies wird erreicht, indem σ�� und σ� um

denselben Betrag verringert werden. Gleiches gilt für σ�� und σ�, wobei die Verschiebung

dieser Größen, experimentellen Beobachtungen entsprechend, weniger stark ausgeprägt ist als

für das obere Spannungsplateau. Um eine irreversible Dehnung zu erhalten, wird der erste

Abb. 3-14: In Anlehnung an Abb. 3-4 verändern sich die Materialparameter des lokalen Stoffgesetzes in Abhängigkeit der Zyklenzahl. Während die Plateauspannungen kontinuierlich absinken (parallele Verschiebung der inelastischen Kurvenäste zu niedrigeren Spannungen), erhöht sich die bleibende Dehnung (parallele Verschiebung des ersten Kurvenastes zu höheren Dehnungen).

Kurvenabschnitt (elastische Deformation des Austenits) bei steigender Zyklenzahl und

unverändertem Elastizitätsmodul zu größeren Dehnungen verschoben. Realisiert wird dies,

indem die Bedingung für das Ende der Phasentransformation in Abhängigkeit der Zyklenzahl

angepasst wird. Der Kurvenast der spannungsinduzierten Rückumwandlung wird

entsprechend verkürzt. Die elastische Entlastung setzt dadurch bereits bei größeren

Dehnungen ein als im vorangegangenen Zyklus. Abb. 3-14 beschreibt die genannten Aspekte

schematisch in einem lokalen Spannungs-Dehnungs-Diagramm. Es ist anzumerken, dass das

Materialverhalten von Materialpunkt zu Materialpunkt verschieden sein kann, je nachdem,

wie viele (partielle) Phasenumwandlungen dieser Punkt im bisherigen Versuchsablauf

erfahren hat. Gemäß Gl. 3-14 berechnen sich die Verschiebungen der Spannungsplateaus

Page 63: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Finite-Elemente-Simulationen 47

sowie der bleibenden Dehnung. Jeweils zwei Konstanten, A und B (für das Be- und

Entlastungsplateau sowie die irreversible Dehnung) müssen dazu durch einen exponentiellen

Fit der Gl. 3-14 an einen geeigneten experimentellen Datensatz bestimmt werden. Daraus

ergeben sich sechs Ermüdungsparameter, die zusätzlich im Stoffgesetz berücksichtigt werden

müssen. Nähere Informationen zum Stoffgesetz und zur Bestimmung der Materialparameter

sind Anhang C zu entnehmen.

f(N* � A(1 ! ed&e�** &3-14*

Tab. 3-5: Verwendete Materialparameter für zyklische Versuche der Drahtproben.

Materialkennwerte

E� 41.9 GPa

ν� 0.35

E� 22.1 GPa

ν� 0.35

σ�� 518 MPa

σ� 488 MPa

σ�� 226 MPa

σ� 256 MPa

Δε

c�

c�

cA

cJ

cK

cL

0.04021

100 MPa

0.25

50 MPa

0.25

0.0008

0.25

Für die Simulation der zyklischen Versuche am Drahtmaterial wurde die Geometrie aus

Abb. 3-5 verwendet. Die Probe wurde dreimal hintereinander mit jeweils ansteigender

Amplitude ausgelenkt und nach den ersten beiden Zyklen um jeweils 0.2 mm wieder

zurückgefahren. Die Auslenkung δ stieg von 0.4 mm im ersten Zyklus über 0.6 mm im

zweiten auf 0.8 mm im dritten Zyklus. Anschließend wurde die Probe vollständig entlastet.

Page 64: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

48

Tab. 3-5 fasst die Materialparameter für diese Simulation zusammen.

betrug insgesamt 37.000 s. In einer weiteren Simulation wurde eine gelochte Blechprobe

untersucht, die an der Ober-

wurde. Zur Reduktion der Rechenzeit wurde die Symmetrie der Belastung und Geometrie

ausgenutzt und in entsprechenden Randbedingungen berücksichtigt. Die Randbedingungen

ergaben sich wie folgt:

Abb. 3-15: Schematische Darstellung gelochte Blechprobe, die zyklische beansprucht

Die Probe wurde insgesamt fünfmal be

Spannungsamplitude betrug dabei 350

Entlastungszyklus auf 87.5 (25

die Geometrie, die Lastaufbringung und die Randbedingungen (durch Loslager angedeutet)

schematisch. Alle wichtigen Abmaße sind durch Variable A festgelegt, die in dieser

Rechnung 12.5 mm betrug. Das verwendete FEM

zentralen Probenbereich ist das Netz feiner, während es sich mit steigender Entfernung vom

Finite-Elemente-Simulationen

5 fasst die Materialparameter für diese Simulation zusammen. Die skalierte Rechenzeit

In einer weiteren Simulation wurde eine gelochte Blechprobe

und Unterseite mit einer Normalspannung

wurde. Zur Reduktion der Rechenzeit wurde die Symmetrie der Belastung und Geometrie

entsprechenden Randbedingungen berücksichtigt. Die Randbedingungen

(1) u(0, y, z) = 0,

(2) v(x, 0, z) = 0.

Schematische Darstellung der Geometrie, der Randbedingungen und der Belastungen für eine beansprucht wurde in a) und das entsprechende FEM-Netz in b).

Die Probe wurde insgesamt fünfmal be- und anschließend wieder entlastet. Die maximale

Spannungsamplitude betrug dabei 350 MPa und wurde nach Erreichen im jeweils folgenden

tungszyklus auf 87.5 (25 % der Maximalbelastung) wieder abgesenkt. Abb.

Lastaufbringung und die Randbedingungen (durch Loslager angedeutet)

schematisch. Alle wichtigen Abmaße sind durch Variable A festgelegt, die in dieser

mm betrug. Das verwendete FEM-Netz ist in Abb. 3-15

zentralen Probenbereich ist das Netz feiner, während es sich mit steigender Entfernung vom

Die skalierte Rechenzeit

In einer weiteren Simulation wurde eine gelochte Blechprobe

und Unterseite mit einer Normalspannung σ zyklisch belastet

wurde. Zur Reduktion der Rechenzeit wurde die Symmetrie der Belastung und Geometrie

entsprechenden Randbedingungen berücksichtigt. Die Randbedingungen

der Geometrie, der Randbedingungen und der Belastungen für eine Netz in b).

und anschließend wieder entlastet. Die maximale

MPa und wurde nach Erreichen im jeweils folgenden

ung) wieder abgesenkt. Abb. 3-15a zeigt

Lastaufbringung und die Randbedingungen (durch Loslager angedeutet)

schematisch. Alle wichtigen Abmaße sind durch Variable A festgelegt, die in dieser

15b abgebildet. Im

zentralen Probenbereich ist das Netz feiner, während es sich mit steigender Entfernung vom

Page 65: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Finite-Elemente-Simulationen 49

Lochrand aufweitet. Die Materialparameter, wie sie für diese Rechnung verwendet wurden,

sind in Tab. 3-6 zusammengefasst. Die skalierte Rechenzeit betrug 4.000 s.

Tab. 3-6: Verwendete Materialparameter für zyklische Versuche der Blechproben.

Materialkennwerte E� 55.3 GPa

ν� 0.35

E� 24.3 GPa

ν� 0.35

σ�� 435 MPa

σ� 405 MPa

σ�� 111 MPa

σ� 141 MPa

Δε

c�

c�

cA

cJ

cK

cL

0.044

100 MPa

0.25

50 MPa

0.25

0.0005

0.25

Page 66: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

50 Ergebnisse

4. Ergebnisse

In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der durchgeführten Finite-Elemente-Simulationen

dargestellt. Zunächst wird auf Kompatibilitätsspannungen in martensitischen Zwillings-

strukturen eingegangen. Im Anschluss daran folgen die Simulationen, welche sich mit dem

pseudoelastischen Materialverhalten von NiTi-FGL befassen und insbesondere die

Lokalisierung und funktionelle Ermüdung in den Vordergrund stellen. Einzelne Aspekte

dieser Ergebnisse werden im nachfolgenden Kapitel erneut aufgegriffen und vor dem

Hintergrund der Aufgabenstellungen dieser Arbeit näher diskutiert.

4.1 Kompatibilitätsspannungen an Zwillingsgrenzflächen

In den Simulationen zeigte sich, dass zusätzliche Spannungen überwiegend in den inneren

Probenbereichen der Zwillingsstapel beobachtet werden konnten. Aus diesem Grund werden

die räumlichen Verteilungen der Spannungsverläufe im Schnittbild als dreidimensionale

Kontur-Plots dargestellt. Detaillierte Auswertungen der Spannungen wurden für die Knoten

der mittleren Probenachse durchgeführt. Diese verlaufen jeweils senkrecht zu den Normalen

der Zwillingsgrenzflächen. Zur quantitativen Beurteilung dieser Spannungsverteilungen

wurden jeweils einzelne Spannungskomponenten herausgegriffen. Um die Ergebnisse

verschiedener Zwillingstypen und Beanspruchungsfälle untereinander vergleichen zu können,

wurden dimensionslose Verhältnisse von Kompatibilitätsspannungen (σC) zur externen

Beanspruchung (σA) gebildet und über die vertikale Koordinate der mittleren Probenachse

aufgetragen.

(100)-Verbindungs-Zwilling

Die durchgeführten Simulationen zeigten, dass nur bestimmte externe Belastungen zu

weiteren Spannungen in den Zwillingsstapeln führten. Im Vordergrund des Interesses stehen

daher diejenigen Belastungszustände, die Kompatibilitätsspannungen verursachen. Dennoch

soll exemplarisch anhand eines Beispiels dargestellt werden, wie sich ein Zwillingsstapel in

einem Fall verhält, wenn keine zusätzlichen Spannungen entstehen.

Page 67: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Abb. 4-1: (100)-Verbindungs-Zwilling im FENormalspannung von 1 MPa in 1-Richtung aufgebracht wurde.

In Abb. 4-1 ist die verformte Struktur

vorliegenden Fall wurde der Zwillingsstapel mit einer äußeren Belastung von

1-Richtung beaufschlagt. Diese Spannung verteilt sich homogen in der Probe, weshalb auf

eine Kontur-Darstellung an diese

jeweils benachbarten Varianten

Als Konsequenz daraus resultiert eine leicht wellige Außenkontur. Die weiß eingezeichnete

vordere Würfelkante verdeutlicht diesen Effekt.

Zwillingstyps sind die Varianten ansonsten spannungsfrei.

bestimmte Schubbeanspruchungen

Kompatibilitätsspannungen, die sich mit den von außen aufgebrachten Beanspruchungen

überlagern. Eine Beanspruchung in der Komponente

der Komponente σ5 nach sich. Abb.

Zwillingsgrenzfläche des Stapels ist hierbei mit einem schwarzen Pfeil markiert, während der

weiße Pfeil die zentrale Probenachse kennzeichnet. Diese wird für eine detailierte

Auswertung der Spannungen herangezogen

Kompatibilitätsspannungen bei jedem Übergang einer

Mittelachse des Stapels einen Vorzeichenwechsel vollziehen. In den beiden zentralen

Zwillingsvarianten bilden sich relativ homogen Spannungen aus, die zum lateralen

Probenrand hin deutlich abfallen. Je

Grenzfläche ist, desto ungleichmäßiger verteilen sich die Spannungen in den einzelnen

Varianten. In den äußersten Varianten sind

Ergebnisse

Zwilling im FE-Modell. Der verformte Zustand ist gezeigt, Richtung aufgebracht wurde.

ist die verformte Struktur eines (100)-Verbindungs-Zwillings

vorliegenden Fall wurde der Zwillingsstapel mit einer äußeren Belastung von

Richtung beaufschlagt. Diese Spannung verteilt sich homogen in der Probe, weshalb auf

Darstellung an dieser Stelle verzichtet werden kann. Es zeigt sich, dass sich die

jeweils benachbarten Varianten der Zwillingsstruktur auf unterschiedliche Weise verformen.

Als Konsequenz daraus resultiert eine leicht wellige Außenkontur. Die weiß eingezeichnete

lkante verdeutlicht diesen Effekt. Aufgrund der Symmetrie dieses

Zwillingstyps sind die Varianten ansonsten spannungsfrei. Im Gegensatz dazu führen

bestimmte Schubbeanspruchungen bei (100)-Verbindungs-Zwillingen zum Entstehen von

die sich mit den von außen aufgebrachten Beanspruchungen

. Eine Beanspruchung in der Komponente σ4 zieht beispielsweise eine Reaktion in

nach sich. Abb. 4-2a zeigt den entsprechenden Kontur

he des Stapels ist hierbei mit einem schwarzen Pfeil markiert, während der

weiße Pfeil die zentrale Probenachse kennzeichnet. Diese wird für eine detailierte

Auswertung der Spannungen herangezogen (Abb. 4-26). Allgemein ist auffällig, dass die

ätsspannungen bei jedem Übergang einer Zwillingsvariante entlang der

Mittelachse des Stapels einen Vorzeichenwechsel vollziehen. In den beiden zentralen

Zwillingsvarianten bilden sich relativ homogen Spannungen aus, die zum lateralen

h abfallen. Je größer der vertikale Abstand von

, desto ungleichmäßiger verteilen sich die Spannungen in den einzelnen

In den äußersten Varianten sind nahezu keine Spannungen mehr zu beobachten.

51

ist gezeigt, nachdem eine

Zwillings dargestellt. Im

vorliegenden Fall wurde der Zwillingsstapel mit einer äußeren Belastung von σ1 = 1 MPa in

Richtung beaufschlagt. Diese Spannung verteilt sich homogen in der Probe, weshalb auf

r Stelle verzichtet werden kann. Es zeigt sich, dass sich die

auf unterschiedliche Weise verformen.

Als Konsequenz daraus resultiert eine leicht wellige Außenkontur. Die weiß eingezeichnete

Aufgrund der Symmetrie dieses

Gegensatz dazu führen

Zwillingen zum Entstehen von

die sich mit den von außen aufgebrachten Beanspruchungen

zieht beispielsweise eine Reaktion in

2a zeigt den entsprechenden Kontur-Plot. Die mittlere

he des Stapels ist hierbei mit einem schwarzen Pfeil markiert, während der

weiße Pfeil die zentrale Probenachse kennzeichnet. Diese wird für eine detailierte

. Allgemein ist auffällig, dass die

Zwillingsvariante entlang der

Mittelachse des Stapels einen Vorzeichenwechsel vollziehen. In den beiden zentralen

Zwillingsvarianten bilden sich relativ homogen Spannungen aus, die zum lateralen

größer der vertikale Abstand von der mittleren

, desto ungleichmäßiger verteilen sich die Spannungen in den einzelnen

keine Spannungen mehr zu beobachten.

Page 68: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

52 Ergebnisse

Abb. 4-2: Schnittansichten des (100)-Verbindungs-Zwilling in der FEM-Simulation (linke Spalte) und normierte Spannungsverläufe entlang der mittleren Probenachse (rechte Spalte). Eine Schubbelastung der Komponente σ4 in a) verursacht eine zusätzliche Kompatibilitätsspannung σ5C in der Zwillingsstruktur. Eine Belastung in der Komponente σ6 führt zu den Kompatibilitätsspannungen σ1C und σ3C in c) und e).

Abb. 4-2b zeigt den Verlauf der Kompatibilitätsspannung σ5C, normiert auf die von außen

aufgebrachte Spannung σ4A. Die Spannungen sind entlang der mittleren Probenachse

aufgetragen. Die Position der mittleren Grenzfläche ist rot umrandet. Die Spannungswerte

dieser beiden benachbarten Varianten sind zusätzlich mittels durchgezogener schwarzer

Page 69: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Ergebnisse 53

Linien gekennzeichnet, um einen sichtbaren Vergleich zu den äußeren Varianten zu

ermöglichen. Dies gilt im Folgenden für alle weiteren Abbildungen. Es wird beobachtet, dass

die mittleren vier Varianten des Zwillingsstapels jeweils ähnliche Spannungswerte aufweisen,

wie sie an der mittleren Zwillingsgrenzfläche auftreten. Wie bereits im Kontur-Plot zu sehen

war, fallen die Spannungen nach außen hin stark ab und verschwinden letztlich komplett. Die

beschriebenen Sachverhalte gelten qualitativ für alle untersuchten Beanspruchungsszenarien.

Ein zahlenmäßiger Vergleich belegt, dass für die Komponente σ4 lediglich Kompatibilitäts-

spannungen auftreten, die ca. 5 % (σ5C in Abb. 4-2b) der aufgebrachten Spannung

entsprechen. Anders verhält es sich bei einer Beanspruchung in der Komponente σ6. Hier

werden zusätzliche Spannungen in einer Größenordnung zwischen ca. 40 % (σ1C in

Abb. 4-2d) und 100 % der externen Beanspruchung (σ3C in Abb. 4-2f) hervorrufen. Die

Ergebnisse lassen sich in einfacher Form übersichtlich in Matrixschreibweise

zusammenfassen. Dazu werden die numerisch ermittelten Kompatibilitätsspannungen in

Vektorform geschrieben und mit den aufgebrachten externen Spannungen über eine Matrix

verknüpft:

fσ�σAσKg � ha�� a�� a�A a�J a�K a�La�� a�� a�A a�J a�K a�LaA� aA� aAA aAJ aAK aALi EFFFFGσ��σ��σA�σJ�σK�σL�OP

PPPQ (4-1)

Für die (100)-Verbindungs-Zwillinge ergibt sich in Anlehnung an Abb. 4-2 für die

Spannungen an der mittleren Grenzfläche des Zwillingsstapels folgende Matrix jkl :

A�m � h0 0 0 0 0 0.41160 0 0 0 0 !1.005510 0 0 !0.052304 0 0 i (4-2)

Page 70: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

54 Ergebnisse

<110>-Typ II-Zwilling

Die Simulationen für den <110>-Typ II-Zwilling ergaben qualitativ sehr ähnliche Ergebnisse,

wie sie sich zuvor für den (100)-Verbindungs-Zwilling darstellten. Je weiter man sich von der

zentralen Grenzfläche in vertikaler Richtung entfernt, desto schwächer ausgeprägt sind die

Kompatibilitätsspannungen. An den Übergängen einzelner Varianten vollzieht sich wieder ein

Vorzeichenwechsel in Bezug auf die jeweiligen Kompatibilitätsspannungen. Anders als

zuvor, können für dieses Zwillingssystem jedoch immer Kompatibilitätsspannungen

beobachtet werden, egal in welcher Komponente eine externe Belastung aufgeprägt wird. So

führen Normalbelastungen (Abb. 4-3) zu einer Kompatibilitätsspannung σ5C. Diese liegen

relativ zur aufbrachten Beanspruchung entweder bei ca. 5 % (für σ1A in Abb. 4-3b), oder bei

knapp 30 % (Abb. 4-3d und f, respektive σ2A und σ3A). Auch die aufgeprägte Schubspannung

σ4A bewirkt ebenfalls eine Spannung in der Komponente σ5C, dargestellt in Abb. 4-4b. Die

Kompatibilitätsspannungen erreichen für diesen Beanspruchungsfall einen Wert von knapp

20 % der externen Beanspruchung. Die Schubspannungen σ5A und σ6A verursachen jeweils

die Kompatibilitätsspannungen σ1C und σ3C (Abb. 4-4d und f). Im Fall der Komponenten σ5A

liegen diese relativ dazu bei knapp 15 % für σ1C und 70 % für σ3C. Abb. 4-5 zeigt die

Ergebnisse für σ6A. Gegenüber σ5A liegen die Kompatibilitätsspannungen nochmals ein wenig

höher bei etwas über 20 % für die Komponente σ1C (Abb. 4-5b) und sogar bis zu 120 % für

σ3C (Abb. 4-5d).

Page 71: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Ergebnisse 55

Abb. 4-3: Schnittansichten des <110>-Typ II-Zwillings in der FEM-Simulation (linke Spalte) und normierte Spannungsverläufe entlang der mittleren Probenachse (rechte Spalte). Von außen auf den Zwillingsstapel aufgebrachte Normalspannungen ziehen in jedem Belastungsfall Kompatibilitätsspannungen des Typs σ5C nach sich.

Page 72: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

56 Ergebnisse

Abb. 4-4: Schnittansichten des <110>-Typ II-Zwillings in der FEM-Simulation (linke Spalte) und normierte Spannungsverläufe entlang der mittleren Probenachse (rechte Spalte). Eine Schubbelastung der Komponente σ4 verursacht eine zusätzliche Schubspannungen σ5C im Inneren der Zwillingsstruktur. Eine Belastung durch σ5 führt hingegen zu den zusätzlichen Spannungen σ1C und σ3C.

Page 73: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Ergebnisse 57

Abb. 4-5: Schnittansichten des <110>-Typ II-Zwillings in der FEM-Simulation (linke Spalte) und normierte Spannungsverläufe entlang der mittleren Probenachse (rechte Spalte). Eine Schubbelastung in der Komponente σ6 erzeugen zusätzliche Schubspannungen σ1C und σ3C.

Für den <110>-Typ II-Zwilling lassen sich die dargestellten Ergebnisse quantitativ wie folgt

in der Matrix Aij zusammenfassen:

A�m � h 0 0 0 0 !0.155979 !0.1804290 0 0 0 !0.679039 !1.187220.0534808 0.303728 !0.296677 0.208947 0 0 i (4-3)

Page 74: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

58 Ergebnisse

{nno7-Typ I-Zwilling

An dieser Stelle wird auf eine detaillierte Darstellung (Kontur-Plots und Spannungsverläufe)

der Ergebnisse zum Zwillingstyp I verzichtet, da sich qualitativ sehr ähnliche Ergebnisse, wie

bei den zuvor beschriebenen Systemen, einstellten. Der Vollständigkeit halber werden die

Ergebnisse kurz beschrieben und in komprimierter Form zusammengefasst.

Die Simulationen für die verschiedenen Typ I-Zwillingssysteme hatten allesamt gemein, dass

die Kompatibilitätsspannungen nur auftraten, wenn die Zwillingsstapel durch

Schubspannungen in den Komponenten σ4A und σ6A belastet wurden. Es konnten für alle

Typ I-Zwillingssysteme jeweils die Kompatibilitätsspannungen σ1C, σ3C und σ5C beobachtet

werden. Tendenziell traten die höchsten zusätzlichen Spannungen auf, wenn eine Belastung in

der Komponente σ6A vorlag. Dennoch konnten für die einzelnen Typen quantitative

Unterschiede identifiziert werden. Die {110}-Typ I-Zwillinge erreichen zusätzliche

Spannungen in einer Größenordnung von knapp 1 % bis maximal 83 % der aufgebrachten

Beanspruchung:

A�m � h0 0 0 !0.308778 0 0.8346200 0 0 0.304219 0 !0.2689010 0 0 0.009602 0 !0.195976i (4-4) 6npnn7-Typ I-Zwilling

Ein qualitativ ähnliches Bild wie für den {110}-Typ I-Zwilling zeigt sich für den

612117-Typ I-Zwilling. Für diesen Zwilling dominiert die Kompatibilitätsspannung σ3C. Die

Kompatibilitätsspannungen erreichen Werte zwischen 15 % und maximal 79 % relativ zur

äußeren Beanspruchung:

A�m � h0 0 0 0.354624 0 0.4644220 0 0 0.515387 0 0.7991650 0 0 !0.153144 0 !0.529974i (4-5)

Page 75: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Ergebnisse 59

6nnn7-Typ I-Zwilling

Für den {111}-Typ I-Zwilling resultieren Kompatibilitätsspannungen zwischen 2 % und

maximal 30 % relativ zur jeweiligen äußeren Beanspruchung:

A�m � h0 0 0 0.290611 0 0.2788690 0 0 0.144149 0 !0.1399580 0 0 0.0176248 0 !0.0329526i (4-6)

Ausbildung von Kompatibilitätsspannungen in Abhängigkeit der Variantenanzahl

Abb. 4-6: Schnittansicht der Typ II-Zwillingsstruktur aus Abb. 4-3c (sechs Varianten) sowie weitere Kontur-Plots für verschiedene Stapelgrößen. Mit steigender Variantenzahl erhöht sich die Anzahl der Varianten im Zentrum des Zwillingsstapels, die eine nahezu homogene Verteilung der Kompatibilitätsspannungen aufweisen. Für die Rechnung mit 12 Varianten, zeigen bereits die Hälfte aller Varianten (schwarz umrandeter Bereich) eine gleichmäßige Spannungsverteilung.

Für einen ausgewählten Belastungsfall des <110>-Typ II-Zwillings (Beanspruchung durch

σ2A) wurde die FEM-Simulation für verschiedene Strukturen mit steigender Variantenanzahl

wiederholt. Abb. 4-6 zeigt vier Kontur-Plots und beschreibt von links nach rechts, den

Einfluss, den eine ansteigende Anzahl an Zwillingsvarianten auf die Verteilung der

Kompatibilitätsspannungen in Inneren des Stapels hat. Eine steigende Anzahl an Varianten

vergrößert denjenigen Bereich im Zentrum des Stapels, in dem sich die

Kompatibilitätsspannungen nahezu homogen ausbilden. Während für einen Stapel mit sechs

Varianten die beiden mittleren Zwillingsvarianten noch keine homogene Spannungsverteilung

aufweisen, können bei 12 Varianten bereits sechs Varianten identifiziert werden (schwarzes

Page 76: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

60 Ergebnisse

Rechteck in Abb. 4-6 rechts), für die dies gilt. Unabhängig von der Anzahl der

berücksichtigten Varianten bleibt der Abfall der Spannungen zu den lateralen Bereichen des

Stapels. Die Ergebnisse zeigen sich ebenfalls, wenn die Spannungen entlang der Mittelachsen

für die unterschiedlich großen Zwillingsstapel ausgewertet werden. Aus Abb. 4-7a ist zu

entnehmen, dass für den Stapel mit 12 Varianten (offene Kreise) die Kompa-

tibilitätsspannungen der inneren sechs Varianten nahezu die gleichen Werte aufweisen, wie

sie an der mittleren Zwillingsgrenzfläche (schwarze durchgezogene Linien) vorliegen. Je

weniger Varianten der Stapel umfasst, desto eher zeigen sich Abweichungen von den Werten

der mittleren Grenzfläche. Der in Abb. 4-7a rot eingerahmte Bereich ist in Abb. 4-7b noch

einmal hervorgehoben und durch den roten Pfeil markiert.

Abb. 4-7: Quantitative Auswertungen der Kompatibilitätsspannungen entlang der mittleren Probenachse eines Typ II-Zwillingsstapels für unterschiedliche Stapelgrößen. In a) wird ersichtlich, dass die Spannungen für die Probe mit 12 Varianten bereits über einen großen Probenbereich (rot umrandetes Rechteck) nahezu exakt den Spannungen der mittleren Grenzfläche entsprechen. Dieser Bereich ist detailliert in b) dargestellt. Je mehr Varianten der Zwillingsstapel umfasst, desto geringer ausgeprägt sind die Abweichungen.

Einen Einblick in die Spannungsverteilung senkrecht zur Zwillingsgrenzfläche gibt Abb. 4-8,

in der das Ergebnis einer Simulation aus Abb. 4-3c in modifizierter Form dargestellt wird.

Knapp unterhalb (Abb. 4-8a) und oberhalb (Abb. 4-8b) der Grenzfläche (zu beachten ist der

Vorzeichenwechsels in der Spannung an der Grenzfläche) wird eine nahezu homogene

Spannungsverteilung beobachtet. Obwohl die Kompatibilitätsspannungen zum Rand hin

wieder deutlich abfallen, sind diese Probenbereiche von untergeordneter Bedeutung.

Page 77: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Ergebnisse 61

Spannungsverteilung in der näheren Umgebung der Grenzfläche

Abb. 4-8: Blick senkrecht auf benachbarte Probenbereiche der Grenzfläche des Zwillingsstapels aus Abb. 4-3c. Unmittelbar unterhalb der Grenzfläche in a) sowie oberhalb der Grenzfläche in b) zeigt sich eine überwiegend homogene Verteilung der Kompatibilitätsspannung. Die betrachteten Querschnitte sind schematisch in c) angedeutet.

Page 78: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

62 Ergebnisse

Die Ergebnisse des vorangegangenen Unterkapitels mit dem Fokus auf

Kompatibilitätsspannungen an Zwillingsgrenzflächen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1) Werden stapelförmige Strukturen mit einzelnen Varianten, die sich zueinander elastisch

anisotrop verhalten, einer äußeren Beanspruchung unterzogen, so entstehen an den

Grenzflächen und in den endlich ausgedehnten Volumina der einzelnen Varianten

zusätzliche Spannungen.

2) Elastisch anisotrope Finite-Elemente-Simulationen können grundsätzlich dazu verwendet

werden, um Kompatibilitätsspannungen für Zwillingsstrukturen numerisch zu bestimmen.

Durch Berücksichtigung der jeweiligen kristallographischen Orientierungen und

Symmetrien wurden die wichtigsten Zwillingssysteme in martensitischen NiTi-FGL

untersucht.

3) Es wurden drei Kompatibilitätsspannungen σ1C, σ3C und σ5C beobachtet, die sich mit den

externen Beanspruchungen überlagern und so zu einer deutlichen Spannungserhöhung in

der Struktur beitragen. Über die Zwillingsgrenzflächen hinweg vollziehen die

Spannungen einen Vorzeichenwechsel. Relativ zur aufgebrachten äußeren

Beanspruchung konnten zusätzliche Spannungsbeiträge zwischen wenigen Prozent bis zu

über 120 %, relativ zur jeweils aufgeprägten externen Spannung, beobachtet werden.

4) Randeffekte zeigten sich in den Probenbereichen, die sich frei verformen können. Sie

konzentrieren sich auf die äußeren Varianten des Stapels sowie die lateralen Ränder jeder

einzelnen Zwillingsvariante. Aus diesen Gründen erfolgten detaillierte Auswertungen in,

von solchen Randeffekten weniger betroffenen, zentralen Probenbereichen. Es konnte

gezeigt werden, dass die Spannungen sich räumlich homogener verteilen und sich umso

stärker der Lösung an der mittelersten Grenzfläche annähern, je mehr Varianten im

Zwillingsstapel berücksichtigt wurden.

Page 79: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Ergebnisse 63

4.2 Lokalisierung der martensitischen Phasenumwandlung

Drahtprobe

Abb. 4-9 beschreibt in einer Sequenz von 12 Einzelaufnahmen das Phasen-

umwandlungsverhalten einer Drahtprobe im einachsigen Zugversuch. Die ersten sieben

Aufnahmen zeigen Zeitpunkte zu unterschiedlichen (makroskopischen) technischen

Dehnungen (jeweils unterhalb einer Aufnahme angegeben) der Probe während der Belastung.

Die übrigen fünf Bilder zeigen das Verhalten der Probe, während sie wieder entlastet wird.

Die Kontur-Plots beschreiben in einem Farbschema von blau (Dehnungen < 1.2 %) nach rot

(Dehnungen > 6.0 %) die Entwicklung der wahren Dehnung (ε2) in Zugrichtung auf der

Oberfläche des rotationssymmetrischen Drahtes. Die leicht transparenten Probenköpfe (oben

und unten) markieren die Einspannbereiche, in denen ein homogener Druck von 10 MPa

während des gesamten Be- und Entlastungszyklus auf den Draht aufgebracht wurde. Zu

Beginn des Versuches (1) ist der Draht im unbelasteten Zustand vollständig austenitisch, was

durch ein weißes A auf der Probe gekennzeichnet ist. Bei einer makroskopischen Dehnung

von 1.2 % (2) hat in den Einspannbereichen des Drahtes lokalisiert eine spannungsinduzierte

Phasenumwandlung stattgefunden. Die rot dargestellten Bereiche sind zu diesem Zeitpunkt

bereits vollständig in Martensit umgewandelt. Zwischen den beiden deutlich voneinander

trennbaren Phasen Austenit (blau) und Martensit (rot) befindet sich ein Übergangsbereich

endlicher Breite, der auch als makroskopische Phasengrenze betrachtet werden kann. Dieser

Bereich ist senkrecht zur Zugrichtung ausgerichtet. Im weiteren Verlauf der Belastung (3-5)

bewegen sich die Phasengrenzen gleichförmig Richtung Probenmitte (weiße Pfeile in 2). Die

Materialbereiche, die von den Phasengrenzen überschritten wurden, sind danach vollständig

in Martensit umgewandelt. Bei einer makroskopischen Dehnung von 6.0 % (6) erfolgt in der

Drahtmitte eine Verschmelzung der beiden einzelnen Phasengrenzen und die Probe ist

anschließend vollständig (7) in Martensit umgewandelt. Nach einer weiteren geringfügen

Auslenkung der Probe wird diese wieder entlastet. Die lokale Dehnung nimmt über die

gesamte Probenoberfläche zunächst gleichmäßig ab. Der Martensit wird elastisch entlastet,

bis bei einer Dehnung von 5.0 % (8) am Übergang der Einspannungen zum freien

Probenbereich die Rückumwandlung in den Austenit einsetzt. Weiße Pfeile in (8) markieren

die Ausbreitungsrichtung der Phasengrenzen, die sich im weiteren Verlauf wieder auf die

Probenmitte zubewegen (9-10) und hinter sich umgewandelten Austenit zurücklassen.

Page 80: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

64 Ergebnisse

Abb. 4-9: Kontur-Plots des lokalen Dehnungsfeldes (wahre Dehnung) in Hauptzugrichtung für den einachsigen Zugversuch einer Drahtprobe.

Bei einer makroskopischen Dehnung von ca. 0.9 % verschmelzen die Phasengrenzen erneut in

der Probenmitte, so dass der freie Probenbereich vollständig in Austenit umgewandelt ist.

Abschließend wandeln in (11) auch die letzten martensitischen Bereiche zurück in den

Page 81: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Ergebnisse 65

Austenit um. Nach der Entlastung in (12) befindet sich die Probe wieder vollständig in der

austenitischen Phase. Die technische Spannungs-Dehnungs-Kurve für die in Abb. 4-9

dargestellte Simulation ist in Abb. 4-10 gezeigt. In dem Diagramm sind zusätzlich diejenigen

Datenpunkte eingetragen und entsprechend beschriftet, die in Abb. 4-9 zuvor als Kontur-Plots

Abb. 4-10: Technische Spannungs-Dehnungs-Kurve der Drahtprobe, wie aus der FEM-Simulation ermittelt. Die gekennzeichneten Datenpunkte markieren die entsprechenden Kontur-Plots aus Abb. 4-9.

dargestellt wurden. Während der Belastung (Auslenkung) der Probe verformt sich der

Austenit (Ausgangskonfiguration des Materials) zunächst linear-elastisch. Am Ende des

ersten Kurvenabschnittes erfolgt ab Punkt (2) bei einer Spannung von knapp 500 MPa, nach

einem leichten Abfall um 14 MPa, der Übergang in ein Spannungsplateau (σPlat,Hin = 486

MPa). Im Kontur-Plot aus Abb. 4-9 wird zu diesem Zeitpunkt die Nukleation des Martensits

in den Einspannungen beobachtet. Über dieses Belastungsplateau hinweg vollzieht sich

zwischen einer Dehnung von 0.9 % und 5.7 % die spannungsinduzierte Phasenumwandlung

des Austenits in den Martensit. Dies geschieht bei konstanter technischer Spannung während

einer gleichförmigen Ausbreitung der Phasengrenzen durch das Probenvolumen (3-6). Bei

einer technischen Dehnung von ca. 6.3 % wird ein Spannungsabfall um 24 MPa auf 462 MPa

beobachtet, ehe die Spannung erneut ansteigt und das Material vollständig in Martensit

umgewandelt ist (7). Bei der anschließenden Entlastung des jetzt vollständig martensitischen

Drahtes folgt die Kurve zunächst wieder einer linear-elastischen Geraden (8). Dieser

Kurvenast weist im Gegensatz zu der elastischen Verformung des Austenits (erster

Page 82: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

66 Ergebnisse

Kurvenabschnitt) eine deutlich geringere Steigung auf. Bei einer Dehnung von 4.5 % steigt

die Spannung nach einem monotonen Abfall bis auf 75 MPa wieder leicht an und mündet in

ein Entlastungsplateau (σPlat,Rück = 89 MPa). Austenit nukleiert lokalisiert in der Nähe der

Einspannungen (9) und breitet sich gleichförmig in Richtung Probenmitte aus, während die

Spannung bei der spannungsinduzierten Rückumwandlung (9-11) unverändert bleibt. Zum

Ende des Entlastungsplateaus steigt die Spannung nochmal leicht um 10 MPa an, bevor die

Kurve wieder in den anfangs beobachteten linear-elastischen Bereich übergeht. An dieser

Stelle ist der Draht bereits vollständig in den Austenit zurück umgewandelt. Bis zum Ende der

Simulation wird der Austenit elastisch entlastet.

Bandprobe

Abb. 4-11 beschreibt in einer Sequenz von 12 Einzelaufnahmen das Phasenumwandlungs-

verhalten einer Bandprobe im einachsigen Zugversuch. Die Aufnahmen zeigen wieder das

lokale Dehnungsfeld auf der Oberfläche der Probe zu unterschiedlichen (makroskopischen)

technischen Dehnungen (jeweils unterhalb einer Aufnahme angegeben). Die ersten sieben

Kontur-Plots beschreiben das Verhalten der Probe während der Belastung. Die übrigen fünf

Bilder zeigen die Probe bei der Entlastung. Wie für die Ergebnisse der Drahtprobe zuvor

beschreiben die Kontur-Plots in einem Farbschema von blau (Dehnungen < 1.2 %) nach rot

(Dehnungen > 6.0 %) die lokale Entwicklung der wahren Dehnung (ε2) auf der Oberfläche der

quaderförmigen Bandprobe. Die transparenten Bereiche (oben und unten) kennzeichnen die

Einspannungen, in denen ein homogener Druck von 10 MPa während des gesamten Be- und

Entlastungszyklus aufgebracht wurde. In Bezug auf das Phasenumwandlungsverhalten sowie

das Ausbreitungsverhalten der Austenit-Martensit-Phasengrenzen sind grundsätzlich zur

zuvor beschriebenen Drahtprobe keine wesentlichen Unterschiede festzustellen. Die

martensitische Umwandlung beginnt zunächst wieder in den Einspannungen (2). Die

Phasengrenzen weisen jetzt jedoch eine andere Gestalt auf, als es zuvor bei der Drahtprobe

der Fall war. Auf der Probenoberfläche des Drahtes waren die Phasengrenzen senkrecht zur

Zugrichtung ausgerichtet und wiesen über den Umfang eine konstante Breite auf. In der nicht

mehr rotationssymmetrischen Bandprobe hingegen bilden sich die Übergangsbereiche

zwischen Austenit und Martensit anders aus. Im Zentrum der Probe ist die Phasengrenze

relativ schmal ausgeprägt und weitet sich zu den Probenrändern hin deutlich auf. Bis auf diese

Besonderheit verhält sich die Probe im Zugversuch ähnlich wie die Drahtprobe. Der

Page 83: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Ergebnisse 67

Abb. 4-11: Kontur-Plots des lokalen Dehnungsfeldes (wahre Dehnung) in Hauptzugrichtung für den einachsigen Zugversuch einer Bandprobe.

Ausbreitung der Phasengrenzen in Richtung der Probenmitte (3-5) folgt die Verschmelzung

(6), bis die Probe vollständig in Martensit umgewandelt ist (7). Bei der Entlastung beginnt die

Page 84: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

68 Ergebnisse

Rückumwandlung ebenfalls wieder in der Nähe der Einspannungen (8). Von dort aus

bewegen sich die Phasengrenzen zunächst zur Probenmitte (9-10). Wenn das Material des

mittleren Probenbereiches in den Austenit zurück umgewandelt ist, wandeln anschließend die

Bereiche in den Einspannungen um (11), bis die Probe komplett in der austenitischen Phase

vorliegt (12).

Abb. 4-12: Technische Spannungs-Dehnungs-Kurve der Bandprobe. Die gekennzeichneten Datenpunkte markieren die entsprechenden Kontur-Plots aus Abb. 4-11.

Auch das Spannungs-Dehnungs-Verhalten der Bandprobe zeigt grundsätzlich keine

Unterschiede zur Drahtprobe auf. Während das Flachband ausgelenkt wird verformt sich der

Austenit bis zu Punkt (2) zunächst linear-elastisch. Bei einer Spannung von knapp 450 MPa

fällt diese bei einer weiteren Auslenkung um 12 MPa ab. Danach läuft die Kurve in ein

Spannungsplateau (σPlat,Hin = 438 MPa). Über dieses Belastungsplateau hinweg vollzieht sich

zwischen einer Dehnung von 1.2 % und 5.6 % die spannungsinduzierte Phasenumwandlung

vom Austenit in den Martensit (2-6). Bei einer technischen Dehnung von ca. 5.7 % wird ein

Spannungsabfall um 8 MPa auf 430 MPa beobachtet. Danach ist die Probe vollständig in den

Martensit umgewandelt (7). Anschließend steigt die Spannung erneut an, bis die Belastung

der Probe gestoppt wird und die Entlastung beginnt. Der Martensit verformt sich zunächst

wieder linear-elastisch. Bei einer Dehnung von 4.2 % und einer Spannung von 128 MPa steigt

die Spannung wieder leicht um 13 MPa an und geht in ein Entlastungsplateau

Page 85: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Ergebnisse 69

(σPlat,Rück = 141 MPa) über (8). Der Austenit nukleiert lokalisiert in der Nähe der

Einspannungen und breitet sich gleichförmig Richtung Probenmitte aus, während die

Spannung bei der Rückumwandlung (9-11) konstant bleibt. Zum Ende des

Entlastungsplateaus steigt die Spannung um 4 MPa an. Die Kurve verläuft danach wieder im

linear-elastischen Bereich des Austenits, bis das Flachband vollständig entlastet ist.

4.3 Einfluss der Probengeometrie auf das Umwandlungsverhalten

In dem folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse von FEM-Simulationen an NiTi-

Blechproben dargestellt. Im Fokus des Interesses liegt hierbei der Einfluss, den geometrische

Fehlstellen wie Löcher, Ellipsen oder Kerben auf das Lokalisierungsverhalten und die

spannungsinduzierte Phasenumwandlung haben.

Homogene Blechprobe und Blechprobe mit zentrischem Kreisloch

Abb. 4-13 beschreibt in einer Sequenz von 12 einzelnen Bildern das Verhalten einer

homogenen Blechprobe im Zugversuch. Die Belastung wird in den ersten sechs Aufnahmen

gezeigt, während die restlichen Bilder die Entlastung beschreiben. Die lokale Dehnung wird

wie bisher (bei unveränderter Skala) als Kennzeichnung der jeweiligen Phase herangezogen.

Die Einspannungen am oberen und unteren Probenende sind durch transparente Bereiche

hervorgehoben. In (2) können bei einer makroskopischen Dehnung der Probe von 0.8 % erste

Materialbereiche in den Einspannungen beobachtet werden, die spannungsinduziert in den

Martensit umzuwandeln. In den Einspannungen ist die Umwandlung bei (3) vollständig

abgeschlossen. Die Spannung ist im Vergleich zu Bild (2) bei nahezu gleicher Dehnung um

etwa 21 MPa angestiegen. Die Phasengrenzen bewegen sich mit ansteigender Dehnung in

einer fingerförmigen Weise Richtung Probenmitte (4-5). Bei einer Dehnung von 6.7 % ist die

Phasenumwandlung abgeschlossen und das Blech vollständig martensitisch. Wenn die Probe

entlastet wird, wandelt die Probe zunächst wieder in der Nähe der Einspannungen zurück in

den Austenit (7). Vereinzelte Probenbereiche im zentralen Bereich des Bleches verbleiben

partiell noch in der martensitischen Konfiguration (8) und wandeln erst zu einem späteren

Zeitpunkt in den Austenit zurück (9). Nachdem die mittleren Bereiche des Bleches wieder

austenitisch (10) sind, beginnen auch die Einspannungen mit der Phasenumwandlung (11), die

Page 86: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

70 Ergebnisse

Abb. 4-13: Kontur-Plots des lokalen Dehnungsfeldes (wahre Dehnung) in Hauptzugrichtung für den einachsigen Zugversuch einer Blechprobe.

in (12) vollständig abgeschlossen ist. Die technische Spannungs-Dehnungs-Kurve dieser

Simulation ist in Abb. 4-14 gezeigt. Prinzipiell wird das pseudoelastische Verhalten sehr gut

abgebildet. Ausgeprägte elastische Bereiche für den Austenit und zu Beginn der Entlastung

für den Martensit sind genauso zu erkennen, wie die für die spannungsinduzierte

Phasenumwandlung typischen Spannungsplateaus. Einige Nukleationseffekte, die mit der in

Abb. 4-13 dargestellten Umwandlungscharakteristik korrelieren, spiegeln sich bei genauerer

Betrachtung im mechanischen Verhalten durch Knicke und Sprünge im Kurvenverlauf

wieder. Ab einer makroskopischen Dehnung von ca. 4.5 % fällt die Spannung des

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Ergebnisse 71

Belastungsplateaus von ursprünglich 413 MPa sukzessive ab, bis sie letztlich am Ende des

Plateaus einen Wert von nur noch 392 MPa aufweist. Die Kontur-Plots aus Abb. 4-13 zeigen,

dass genau zu diesem Zeitpunkt die letzten noch verbleibenden Probenbereiche mit der

Umwandlung beginnen. Es kommt dabei zu einer überdurchschnittlich großen Anzahl an

Phasengrenzen, wie sie in den bisherigen Simulationen nicht beobachtet werden konnte. In

dieser Simulation ist auffällig, dass die Spannungsplateaus deutliche Schwankungen

aufweisen, was mit der fingerförmigen Art des Umwandlungsverhaltens einhergeht.

Abb. 4-14: Technische Spannungs-Dehnungs-Kurve der Blechprobe. Die gekennzeichneten Datenpunkte markieren die entsprechenden Kontur-Plots aus Abb. 4-13.

Im Gegensatz zur homogenen Blechprobe beginnt die spannungsinduzierte Umwandlung bei

der zentrisch gelochten Probe nicht in den Einspannbereichen, wie Abb. 4-15 zeigt.

Stattdessen beginnt sie an den lateralen Rändern des Lochs. Von dort aus wandeln unter

einem Winkel von ca. 56° (gekennzeichnet durch weiße Pfeile in 2), relativ zur Zugrichtung,

Materialbereiche in Martensit um und wachsen zunächst Richtung Probenrand (2).

Anschließend bewegen sich die Austenit-Martensit-Phasengrenzen gleichförmig auf die

Einspannungen zu (3-6). Ober- und unterhalb des Lochs verbleiben partiell umgewandelte

Materialbereiche (weißer Pfeil in (6)), die bei der Entlastung als Ausgangspunkte für die

Rückumwandlung dienen (7-10). Bei den letzten verbleibenden martensitischen Bereichen,

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72 Ergebnisse

Abb. 4-15: Kontur-Plots des lokalen Dehnungsfeldes (wahre Dehnung) in Hauptzugrichtung für den Zugversuch einer zentrisch gelochte Blechprobe (1).

handelt es sich um dieselben Regionen, die zuvor bei der Hinumwandlung als erstes in den

Martensit umgewandelt waren (11).

Abb. 4-16 beschreibt das Spannungs-Dehnungs-Verhalten der Blechprobe mit einem Loch in

der Probenmitte (Reduktion des effektiven Probenquerschnitts). Die Nukleation des

Martensits erfolgt bei einer deutlich niedrigeren Spannung von etwa 400 MPa. Mit

fortschreitender Umwandlung steigt die Spannung zunächst bis zu einem maximalen Wert

von 427 MPa an, um bei einer Dehnung von ca. 4 % bis zum Ende der Phasenumwandlung in

ein Plateau zu münden (412 MPa). Gegen Ende des Belastungsplateaus sinkt die Spannung

nochmals minimal um 3 MPa auf 409 MPa. Nach der Entlastung wird beim Beginn der

Page 89: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Ergebnisse 73

Rückumwandlung diesmal kein Absinken der Spannung beobachtet. Die Rückumwandlung

vollzieht sich über ein nahezu homogenes Entlastungsplateau (120 MPa). Zum Ende des

Plateaus erfolgt ein leichter Spannungsanstieg um 8 MPa, gefolgt von einem stärker

ausgeprägten Spannungsabfall, bevor sich die elastische Entlastung des Austenits wieder

anschließt.

Abb. 4-16: Technische Spannungs-Dehnungs-Kurve der gelochten Blechprobe.

Page 90: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

74 Ergebnisse

Bleche mit elliptischen Aussparungen

Abb. 4-17: Vergleichende Kontur-Plots des lokalen Dehnungsfeldes (wahre Dehnung) in Hauptzugrichtung für unterschiedlich zentrisch gelochte und elliptisch gelochte Probengeometrien (A=1, 0.5, 0.2). Dargestellt ist ein vergrößerter Ausschnitt in der direkten Umgebung der Probenmitte.

Die obere Reihe in Abb. 4-17 zeigt ausgewählte Aufnahmen (gleiche Spalte bedeutet dabei

eine gleiche makroskopische Verschiebung der Proben) für die bereits dargestellte Probe mit

einem zentrischen Loch aus Abb. 4-15. In der mittleren und unteren Reihe sind dem Proben

gegenübergestellt, die im Zentrum elliptische Aussparungen mit verschiedenen Halbachsen-

Verhältnissen A (vertikal zu horizontal) für die Ellipsen aufweisen. Die Phasenum-

wandlungen beginnen bei allen Proben jeweils an den lateralen Rändern der Aussparungen

(1). Das Ausbreitungsverhalten ist für alle Proben sehr ähnlich (2-3). Am Ende der

Umwandlung zeigen sich jedoch erkennbare Unterschiede im Bereich der Aussparungen

(weiße Pfeile in 4). Je mehr die Ellipse in vertikaler Richtung gestaucht ist (A<<1), desto

größer sind die Materialbereiche, die nicht in Martensit umwandeln. Bei der Entlastung

beginnt die Rückumwandlung jeweils in den Zonen, die zuvor nicht oder nur unvollständig

umgewandelt waren. Im weiteren Verlauf zeigt sich für die betrachteten Proben wieder eine

vergleichbare Umwandlungscharakteristik (5-6).

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Ergebnisse 75

Abb. 4-18 vergleicht in einem Spannungs-Dehnungs-Diagramm das mechanische Verhalten

der in Abb. 4-17 dargestellten Proben. Lediglich zu Beginn der Hinumwandlung sowie zum

Ende der Rückumwandlung können leichte Unterschiede (wenige MPa) im mechanischen

Verhalten identifiziert werden. Ein kleineres Halbachsenverhältnis A der Aussparung führt zu

einer geringfügig höheren Spannung zu Beginn der spannungsinduzierten Umwandlung.

Qualitativ zeigen die elliptisch gelochten Proben anschließend nahezu den gleichen Verlauf.

Zum Ende der Rückumwandlung zeigen die elliptisch gelochten Proben (A = 0.5 und A = 0.2)

für das Entlastungsplateau einen weichen Übergang in den elastischen Bereich des Austenits,

ohne dass eine merkliche Spannungserhöhung oder ein Spannungsabfall beobachtet wird.

Abb. 4-18: Vergleich von technischen Spannungs-Dehnungs-Kurven für verschieden gelochte Blechproben.

Page 92: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

76 Ergebnisse

Abb. 4-19 zeigt in einer Sequenz von jeweils sechs Bildern Kontur-Plots von unterschiedlich

gelochten Proben für jeweils gleiche makroskopische Auslenkungen. Die obere Reihe zeigt

ausgewählte Abbildungen für die bereits dargestellte Probe mit einem zentrischen Loch aus

Abb. 4-15. In der mittleren und unteren Reihe sind dem Proben gegenübergestellt, die im

Zentrum elliptische Aussparungen mit verschieden Verhältnissen (vertikal zu horizontal) für

die Halbachsen der Ellipsen aufweisen. Die Phasenumwandlung beginnt jeweils an den

lateralen Rändern der Aussparungen. In der unteren Reihe wird die Nukleation am Lochrand

(bei gleicher makroskopischer Auslenkung) zunächst unterdrückt. Sie beginnt im Vergleich

zu den beiden anderen Proben erst bei größeren Probenauslenkungen (1). Das

Ausbreitungsverhalten der Phasengrenzen ist für alle Proben wieder sehr ähnlich (2-3). Am

Ende der Umwandlung zeigen die beiden oberen Proben partiell umgewandelte Zonen ober-

und unterhalb des Lochs (weiße Pfeile in 4), die sich bei der unteren Probe nicht darstellen.

Bei der Rückumwandlung vom Martensit in den Austenit verhält es sich ähnlich. Während die

Umwandlungen bei den beiden oberen Proben von den partiell umgewandelten

Abb. 4-19: Vergleichende Kontur-Plots des lokalen Dehnungsfeldes (wahre Dehnung) in Hauptzugrichtung für unterschiedlich zentrisch gelochte Probengeometrien (A=1, 2 und 5). Dargestellt ist ein vergrößerter Ausschnitt in der direkten Umgebung der Probenmitte.

Page 93: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Ergebnisse 77

Materialbereichen ausgehen, beginnt sie bei der unteren Probe in deutlichem Abstand zur

Aussparung (5-6).

In Abb. 4-20 wird das mechanische Verhalten von den drei Blechproben, die zuvor in

Abb. 4-19 in gezeigt wurden, in einem Spannungs-Dehnungs-Diagramm gegenübergestellt.

Zu Beginn der spannungsinduzierten Phasenumwandlung vom Austenit in den Martensit

sowie zum Ende der Rückumwandlung können Unterschiede im mechanischen Verhalten der

verschiedenen Proben beobachtet werden. Besonders prägnant zeigt sich dieser Sachverhalt

bei der Nukleation des Martensits zu Beginn des Belastungsplateaus. Je schmaler (horizontale

Stauchung) die elliptische Aussparung ist (also je größer das Halbachsenverhältnis A ist),

desto größer waren diejenigen Spannungen, welche zu Anfang des Belastungsplateaus

beobachtet wurden. Zum Ende der Rückumwandlung zeigen die elliptisch gelochten Proben

(A = 2 und A = 5) für das Entlastungsplateau einen weichen Übergang in den elastischen

Bereich. In den wesentlichen charakteristischen Merkmalen weisen die elliptisch gelochten

Proben qualitativ erwartungsgemäß einen vergleichbaren Spannungs-Dehnungs-Verlauf auf.

Abb. 4-20: Vergleich von technischen Spannungs-Dehnungs-Kurven für verschieden gelochte Blechproben (A =1, 2, 5).

Page 94: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

78 Ergebnisse

Bleche mit Kerben

Abb. 4-21: Vergleichende Kontur-Plots (lokales Dehnungsfeld in Hauptzugrichtung) für unterschiedlich seitlich gekerbte Blechproben. Die obere Reihe zeigt eine beidseitig gekerbte, die untere Reihe eine einseitig gekerbte Probe.

Abb. 4-21 vergleicht das Verhalten von zwei unterschiedlich gekerbten Blechproben in

jeweils sechs Kontur-Plots. Die spannungsinduzierten Phasenumwandlungen beginnen

jeweils an den Kerben. Während sie bei der oberen Probe gleichmäßig an beiden Kerben

einsetzt, erfolgt dies bei der unteren Probe ausschließlich an der einzelnen Kerbe (1). Dies hat

auch Konsequenzen für die Ausbreitung der Phasengrenzen. Während sie sich bei der

beidseitig gekerbten Probe V-förmig durch die Probe fortbewegen, erfolgt dies bei der

einseitig gekerbten Probe unter einem Winkel von +56° (nach oben) bzw. -56° (nach unten)

relativ zur Zugrichtung. Zum Ende der Phasenumwandlung zeigen sich an den Kerben

unvollständig und zum Teil überhaupt nicht umgewandelte Materialbereiche (3). Von diesen

Stellen ausgehend setzt bei der anschließenden Entlastung die Rückumwandlung des

Materials ein. Bei der einseitig gekerbten Probe nukleiert Austenit sowohl im zuvor nicht

umgewandelten Bereich als auch in der Probenmitte. Die Ausbreitungsrichtungen bestimmter

lokal vorliegender Phasengrenzen sind durch weiße Pfeile gekennzeichnet (4-5). Analog zur

Belastung wandeln bei der Entlastung diejenigen Bereiche als letztes in Austenit um, die sich

zuvor auch als erstes in den Martensit umgewandelt haben.

Page 95: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Ergebnisse 79

Abb. 4-22 beschreibt das mechanische Verhalten der beiden gekerbten Blechproben.

Qualitativ ist das Spannungs-Dehnungs-Verhalten der Proben untereinander gut vergleichbar.

Die einseitig gekerbte Probe zeigt zu Beginn der spannungsinduzierten Umwandlung leicht

höhere Spannungen. Im weiteren Verlauf der Hinumwandlung relativeren sich die

Unterschiede wieder. Auch bei der Rückumwandlung ist das Verhalten sehr ähnlich. Nach der

elastischen Entlastung des Martensits erfolgt ein sanfter Übergang in das Entlastungsplateau.

Zum Ende des Entlastungsplateaus können für die einseitig gekerbte Probe leicht höhere

Spannungen beobachtet werden.

Abb. 4-22: Vergleich zweier technischer Spannungs-Dehnungs-Kurven für verschieden gekerbte Blechproben.

Page 96: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

80 Ergebnisse

Die Ergebnisse der vorangegangenen Abschnitte 4.2 und 4.3 lassen sich wie folgt

zusammenfassen:

1) Mit dem verwendeten Stoffgesetz ist es möglich, das Materialverhalten von

pseudoelastischen NiTi-FGL mittels Finite-Elemente-Simulationen erfolgreich

abzubilden. Alle wesentlichen in experimentellen Untersuchungen beobachtbaren

Phänomene, wie Spannungsplateaus, Nukleationsereignisse oder das

Ausbreitungsverhalten von Meso-Phasengrenzen, spiegeln sich in den Ergebnissen

detailliert wieder. Dies gilt sowohl für lokale Dehnungsverteilungen auf den

Probenoberflächen als auch für die berechneten technischen Spannungs-Dehnungs-

Kurven.

2) In allen Simulationen konnte ein stark ausgeprägt lokalisiertes Umwandlungsverhalten

beobachtet werden. Es wurde versucht, möglichst exakt experimentelle Einspann-

bedingungen zu realisieren, indem die Probenköpfe einer geringfügigen (zum

allgemeinen Spannungszustand während des Versuchs vernachlässigbaren) Druck-

spannung ausgesetzt werden. Es wurde beobachtet, dass für homogene Proben, die

keinerlei geometrische Schwächungen (Löcher, Kerben) aufwiesen, die Phasenum-

wandlung stets in den Einspannungen beginnt und sich danach in die mittleren

Probenbereich hin ausdehnt.

3) Löcher und Kerben in den Proben ziehen nach sich, dass die Nukleation des Martensits

nicht mehr in den Einspannungen beginnt. Sie setzt in diesen Fällen in den zur

Aussparung lateral benachbarten Materialbereichen ein. Von dort aus wurden

unterschiedliche Formen des Wachstums der martensitischen Bereiche beobachtet.

Während sie sich im Falle des Drahtes und Bandes sehr homogen und gleichmäßig

darstellt, zeigt sich bei den Blechproben teilweise eine finger- oder V-förmige

Ausbreitung des Martensits.

Page 97: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Ergebnisse 81

4.4 Zyklische Versuche

Abb. 4-23: Kontur-Plot des Martensitanteils für verschiedene Zeitpunkte des zyklischen Zugversuches am Draht. Die ersten fünf Zyklen sind jeweils zum Ende der Belastung abgebildet. Mit ansteigender Zyklenzahl verlagern sich die Austenit-Martensit-Phasengrenzen bei gleicher Auslenkung der Probe geringfügig weiter Richtung Probenmitte (durch die weißen Strichlinien angedeutet). Im sechsten Zyklus wird im Zentrum der Probe während der Belastung eine weitere Nukleation des Martensits beobachtet. Analog entsteht in unmittelbarer Umgebung der Probenmitte bei der Entlastung Austenit.

Die Ergebnisse der zyklischen Simulationen werden im Folgenden dargestellt. In der

Simulation wurde die Probe zunächst fünfmal jeweils bis zu einer Dehnung von etwas mehr

als. 2.5 % ausgelenkt und anschließend fast vollständig entlastet. Im Anschluss an den fünften

Zyklus wurde die Probe bis zu einer Dehnung von ca. 7 % ausgelenkt und wieder entlastet.

Page 98: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

82 Ergebnisse

Abb. 4-23 beschreibt anhand eines Kontur-Plots die Martensitverteilung für ausgewählte

Zeitpunkte während der Simulation. Wie in den Simulationen zuvor beginnt die

spannungsinduzierte Phasenumwandlung in den Einspannungen. Von dort aus bewegen sich

die Austenit-Martensit-Phasengrenzen in Richtung Probenmitte. Durch die geringe

Dehnungsamplitude erfolgt jedoch nur eine partielle Phasenumwandlung des Drahtes und der

mittlere Bereich der Probe verbleibt zunächst in der austenitischen Phase. Es wird beobachtet,

dass sich die Phasengrenzen mit steigender Zyklenzahl geringfügig weiter in Richtung

Probenmitte verschieben. Dies ist durch die beiden gestrichelten Linien angedeutet. Im

sechsten Zyklus wird die Probe über die bisherige Dehnungsamplitude hinaus ausgelenkt, so

dass die Probe nicht mehr nur partiell sondern nun vollständig umwandelt. Nachdem die

Phasengrenzen die zuvor umgewandelten Bereiche des Drahtes überschritten haben, ist im

Zentrum der Probe eine weitere Nukleation von Martensit zu erkennen. Die neuen

Phasengrenzen wachsen auf die bereits im Draht vorhandenen zu, bis die Probe vollständig

umgewandelt ist. Bei der anschließenden Entlastung beginnt die Rückumwandlung in den

Austenit in unmittelbarer Umgebung der Probenmitte. Von dort aus bewegen sich die

Phasengrenzen zunächst in Richtung Probenmitte, bis dieser Bereich vollständig in Austenit

zurückumgewandelt ist. Danach bewegen sich die verbliebenen Phasengrenzen auf die

Einspannungen des Drahtes zu, bis die Probe vollständig in den Austenit umgewandelt ist.

Abb. 4-24 beschreibt das Spannungs-Dehnungs-Verhalten der zyklisch beanspruchten

Drahtprobe. In den ersten fünf Zyklen ist deutlich zu erkennen, dass mit steigender

Zyklenzahl die Plateauspannungen sukzessive abfallen. Dies gilt gleichermaßen für die Be-

(Punkt 1) als auch in etwas weniger stark ausgeprägt für die Entlastungsplateaus (Punkt 2). Je

mehr Zyklen das Material erfahren hat, desto geringer ist die Änderung der

Plateauspannungen zwischen zwei aufeinanderfolgenden Zyklen. Wenn die anvisierte

Dehnungsamplitude in einem Zyklus erreicht wurde, ist das jeweilige Belastungsplateau auf

das Spannungsniveau zurückgekehrt, welches beim ersten Zyklus vorgelegen hat. In ähnlicher

Weise kann dies bei näherer Analyse auch für die Entlastungsplateaus beobachtet werden.

Des Weiteren ist festzustellen, dass sich eine geringfüge irreversible Dehnung einstellt

(Punkt 3). Nachdem im sechsten Zyklus die Dehnungsamplitude der vorangegangenen Zyklen

überschritten wurde, kann ein Spannungsabfall um ca. 30 MPa beobachtet werden, der im

Kontur-Plot (siehe Abb. 4-23) mit einer weiteren Nukleation von Martensit im mittleren

Probenbereich korreliert (Punkt 4). Bei der abschließenden Entlastung kann im

Entlastungsplateau ein ebenso starker Spannungsanstieg registriert werden. Dieser zeigt sich,

wenn im Zentrum der Probe bereits Martensit in Austenit umwandelt (siehe Abb. 4-23),

Page 99: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Ergebnisse 83

während im restlichen Bereich der Probe die Umwandlung noch nicht vollständig

abgeschlossen ist (Punkt 5).

Abb. 4-24: Spannungs-Dehnungs-Verhalten einer Drahtprobe in einer zyklischen Simulation. Nach fünf Zyklen mit einer Dehnungsamplitude von ca. 2.5 % wurde die Probe anschließend bis fast 7 % ausgelenkt und anschließend wieder entlastet. Wichtige Merkmale im mechanischen Verhalten sind mit Pfeilen gekennzeichnet.

Abb. 4-25 zeigt eine zyklisch beanspruchte und gelochte Blechprobe im spannungs-

kontrollierten Zugversuch. Die Belastung wurde auf der oberen Probenkante aufgebracht. Der

Martensitanteil γ ist im belasteten Zustand des fünften Zyklus als Kontur-Plot dargestellt. Die

weiße Strichlinie in der Umgebung des zentrischen Lochs markiert einen Bereich der Probe,

der im Folgenden detailiert betrachtet wird. Der rote Pfeil an der unteren Probenkante

kennzeichnet einen Pfad, über den verschiedene Größen ausgewertet werden. Die Abbildung

zeigt, dass die spannungsinduzierte Phasenumwandlung auch im spannungskontrollierten

Zugversuch, wie in dehnungskontrollierten Simulationen zuvor, wieder am Lochrand beginnt.

Von dort aus breitet sich Martensit in Richtung des rechten Probenrandes aus. Während in

unmittelbarer Entfernung zum Loch der Austenit vollständig umgewandelt ist, zeigen sich in

zunehmender Entfernung nur noch Bereiche, die partiell oder gar nicht umwandeln.

Abb. 4-26 zeigt die lokale Martensitverteilung für fünf Zyklen in direkter Umgebung

(gestrichelter Bereich in Abb. 4-25) des Lochs. Im ersten Zyklus (Abb. 4-26a) ist der Austenit

selbst direkt am Lochrand noch nicht vollständig in Martensit umgewandelt. Der weiße Pfeil

zeigt auf einen partiell umgewandelten Bereich. Nach der Entlastung und erneuten Belastung

Page 100: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

84 Ergebnisse

Abb. 4-25: Kontur-Plot des Martensitanteils γ für eine Viertel-Blechprobe nach fünf Zyklen einer spannungsinduzierten Phasenumwandlung. Die weiße gestrichelte Umrandung in der näheren Umgebung des Lochrands markiert einen Detailausschnitt. Der rote Pfeil kennzeichnet einen Pfad, über den verschiedene Größen ausgewertet werden.

wandelt das Material bereits im zweiten Zyklus am Lochrand (Abb. 4-26b) vollständig in den

Martensit um. Es ist zu beobachten, dass sich die partiell umgewandelten Bereiche nun auch

auf Gebiete erstrecken, die weiter vom Lochrand entfernt sind als im Zyklus zuvor. Dieses

Verhalten setzt sich mit steigender Zyklenzahl kontinuierlich fort. Im vierten Zyklus

(Abb. 4-26d) zeigt sich, dass der vollständig umgewandelte Bereich anders orientiert ist und

nun beinahe in die gleiche Richtung gewachsen ist, wie die partiellen Bereiche in den Zyklen

davor. Der partiell umgewandelte Materialbereich (durch den weißen Pfeil gekennzeichnet)

verläuft unter einem Winkel von ca. 58° zur vertikalen Probenachse. Im fünften Zyklus setzen

sich die beschrieben Umwandlungscharakteristika fort und die räumliche Ausbreitung der

spannungsinduzierten Umwandlung schreitet weiter voran. Ausgehend vom Lochrand wurden

in lateraler Richtung die Entwicklung des Martensitanteils und der Von-Mises-

Vergleichsspannung ausgewertet. Abb. 4-27a zeigt den Verlauf des Martensitanteils für die

fünf Zyklen jeweils zum Ende des Belastungszyklus. Es ist zu erkennen, dass im ersten

Zyklus (N = 1) der Austenit am Lochrand noch nicht vollständig umgewandelt ist. Mit

steigender Entfernung vom Loch fällt der Martensitanteil monoton ab, bis vollständig

austenitische Materialbereiche (γ = 0) erreicht werden. Ein qualitativ ähnliches Bild zeigt sich

auch für die nachfolgenden Zyklen. Im zweiten Zyklus (N = 2) beträgt γ am Loch fast 1. In

den nachfolgenden Zyklen fällt der maximale Wert für den Martensitanteil direkt am

Page 101: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Ergebnisse 85

Abb. 4-26: Lokale Verteilung des Martensitanteils γ für fünf Zyklen in der Detailansicht. Mit steigender Zyklenzahl bildet sich ausgehend vom Lochrand der Probe spannungsinduzierter Martensit, der sich auf zunehmend größere Probenbereiche ausdehnt.

Lochrand kontinuierlich weiter ab. Der Verlauf der Vergleichsspannung ist in Abb. 4-27b

gezeigt. Vom Lochrand ausgehend steigt die Spannung von ca. 410 MPa im ersten Zyklus

zunächst auf 430 MPa an und fällt danach mit steigender Entfernung wieder ab. In einer

Entfernung von ca. 2.5 mm erfolgt erneut ein leichter Anstieg der Spannung um etwa 10 MPa,

gefolgt von einem monotonen Absinken. In den weiteren Zyklen erreicht die Spannung direkt

am Loch immer niedrigere Werte. Vom Loch ausgehend steigt sie zunächst an, um in einem

Abstand von 1 mm zum Loch erst stark abzufallen und danach wieder auf ein Niveau von ca.

430 MPa anzusteigen. Wie zuvor erreicht die Spannung in jedem Zyklus ihr Maximum von

ca. 430 MPa in einer Distanz von 1.5 mm zum Loch. Danach fällt sie zum rechten Probenrand

hin wieder kontinuierlich ab.

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86 Ergebnisse

Abb. 4-27: Verlauf des Martensitanteils in a) und der Von-Mises-Vergleichsspannung in b) in Abhängigkeit von der Entfernung zum Lochrand.

Page 103: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Ergebnisse 87

Die Ergebnisse der zyklischen Simulationen können wie folgt zusammengefasst werden:

1) Die Simulation des dehnungskontrollierten Zugversuchs an der Drahtprobe zeigt, dass

eine zyklische Betätigung der spannungsinduzierten Phasenumwandlung zu einem Abfall

der Plateauspannungen sowie einem Anstieg der bleibenden Dehnung führt. Wird die

Dehnungsamplitude in aufeinander folgenden Zyklen erhöht, so erreichen die

Phasengrenzen in dem jeweils nachfolgenden Zyklus Probenbereiche, die zuvor nicht

umgewandelt waren. Wenn die Austenit-Martensit-Phasengrenzen einen solchen

Materialbereich passieren, kann im Spannungs-Dehnungs-Diagramm ein Anstieg der

Spannung auf das Niveau des ursprünglichen Spannungsplateaus beobachtet werden.

Dieses Verhalten kann im Entlastungsplateau auch, jedoch nur schwach ausgeprägt,

beobachtet werden. Diese Ergebnisse spiegeln sehr gut das experimentell beobachtete

Verhalten wider.

2) Die Simulation des spannungskontrollierten Zugversuchs an einer gelochten Blechprobe

zeigt, dass die funktionelle Ermüdung das Nukleations- und Wachstumsverhalten von

Martensit in einer Austenit-Matrix maßgeblich beeinflusst. Martensit entsteht am

seitlichen Lochrand und wächst danach in Richtung des Probenrands. Mit steigender

Zyklenzahl kann eine allmähliche Veränderung der Orientierung des Martensits

beobachtet werden. Nachdem der Martensit in den ersten Zyklen zunächst senkrecht zum

Lochrand wächst, stellt sich in späteren Zyklen eine Vorzugswachstumsrichtung unter

einem Winkel von ca. 58° zur Zugrichtung ein. Von Zyklus zu Zyklus wandelt mehr

Austenit in den Martensit um und die martensitischen Bereiche bewegen sich (bei jeweils

gleicher Last) allmählich weiter auf den Probenrand zu.

Page 104: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

88 Ergebnisse

4.5 Einfluss der Umwandlungsdehnung und der Netzdichte auf die Austenit-Martensit-

Phasengrenze

Eine systematische Studie wurde durchgeführt, um den Einfluss der Umwandlungsdehnung

und der Netzdichte auf die Austenit-Martensit-Phasengrenzen zu untersuchen. Im

Vordergrund des Interesses standen dabei die geometrischen Abmessungen der Phasengrenze,

sowie die Dehnungsverteilung über die Phasengrenze. Abb. 4-28 zeigt die Phasengrenze und

den umgebenden Bereich für neun verschiedene Simulationen in der Mittelebene einer

Drahtprobe. Die Martensitverteilungen sind über die Phasengrenzen hinweg als Kontur-Plots

dargestellt. Von links nach rechts steigt in den Abbildungen die Umwandlungsdehnung,

während sich die Netzdichte von oben nach unten erhöht. Die Umwandlungsdehnung wurde

zwischen 1 %, 4 % und 10 % variiert, während zusätzlich drei verschiedene Netzdichten

eingestellt wurden. Im Allgemeinen sind die Ergebnisse für alle Simulationen sehr ähnlich.

Auf die Abmessungen der Phasengrenzen kann lediglich ein sehr geringer Einfluss durch die

Umwandlungsdehnung und die Netzdichte beobachtet werden. Alle Simulationen haben

gemeinsam, dass die Phasengrenze in der vertikalen Mittelachse der Probe die geringste

Ausdehnung aufweist und sich nach außen hin aufweitet. Dieser Effekt ist bei den groben

Netzen (Abb. 4-28 a-c) ebenfalls zu erkennen. Dort ist er jedoch weniger stark ausgeprägt als

bei den feineren Netzen. Die Unterschiede in der lokalen Dehnung der beiden Phasen (γ = 1

für Martensit und γ = 0 für Austenit), verursacht durch die unterschiedlichen Umwandlungs-

dehnungen, ziehen nur geringfügige Veränderungen in der Geometrie der Phasengrenzen nach

sich. Für eine präzisere Auswertung wurden für die Probenmitte und die Randfaser des

Drahtes die lokalen wahren Dehnungen über die Phasengrenze ausgewertet. Abb. 4-29 zeigt

sechs Diagramme, in denen die lokalen wahren Dehnungen für verschiedene Simulationen

miteinander verglichen werden. Die Abb. 4-29a, c und e (linke Spalte) beschreiben für die

einzelnen Umwandlungsdehnungen den Einfluss, den die Netzdichte auf die

Dehnungsverteilung hat. Die Abb. 4-29b, d und f (rechte Spalte) zeigen, welchen Einfluss die

Änderung der Umwandlungsdehnung auf die Ergebnisse für verschiedene Netzdichten haben.

Die linke Spalte belegt, dass eine Variation der Netzdichten im betrachteten Rahmen keine

nennenswerten Auswirkungen auf die lokalen Dehnungsverteilungen haben. Die Unterschiede

der einzelnen Dehnungsverläufe sind vernachlässigbar. In der rechten Spalte wird deutlich,

dass eine Erhöhung der Umwandlungsdehnung lediglich den Dehnungsgradienten über die

Austenit-Martensit-Phasengrenze verändert. Der Gradient wird umso größer, je größer die

Page 105: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Ergebnisse 89

Abb. 4-28: Querschnittansicht einer Drahtprobe. Für jeweils drei verschiedene Netzdichten und Umwandlungsdehnungen wurden Simulationen durchgeführt, um deren Einfluss auf die Ausbildung der Austenit-Martensit-Phasengrenze zu untersuchen.

Umwandlungsdehnung ist. Die Breite der Phasengrenzen bleibt dabei nahezu konstant. Dieses

Verhalten konnte für sämtliche Netzdichten beobachtet werden. Qualitativ ähnliche

Ergebnisse ergaben sich für die Dehnungsverteilung in der Randfaser des Drahtes. Abb. 4-30

beschreibt die Dehnungsverteilung auf der Drahtoberfläche. Im Gegensatz zu den inneren

Probenbereichen weist die Phasengrenze in allen Simulationen außen eine größere

Ausdehnung auf. Der Übergang vom Austenit zum Martensit vollzieht sich hier weniger

scharf über einen größeres Probenvolumen. Nennenswerte Unterschiede in den Ergebnissen

für die verschiedenen Netzdichten und Umwandlungsdehnungen konnten auch auf den

Drahtoberflächen nicht festgestellt werden.

Page 106: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

90 Ergebnisse

Abb. 4-29: Verteilung der wahren Dehnung über die Austenit-Martensit-Phasengrenze für die Mittelachse der Drahtprobe.

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Ergebnisse 91

Abb. 4-30: Verteilung der wahren Dehnung über die Austenit-Martensit-Phasengrenze für die Randfaser der Drahtprobe.

Page 108: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

92 Diskussion

5. Diskussion

5.1 Herleitung eines analytischen Modells zur Berechnung von Kompatibilitäts-

spannungen an martensitischen Zwillingsgrenzflächen

In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der elastisch anisotropen

Finite-Elemente-Simulationen von Zwillingsstrukturen in martensitischem NiTi diskutiert. Es

wird ein analytisches Modell zur Berechnung von Kompatibilitätsspannungen an

Zwillingsgrenzflächen hergeleitet. Die Ergebnisse, die dieses analytische Modell liefert,

sollen im Anschluss mit den numerischen Ergebnissen aus dieser Arbeit verglichen werden.

Abb. 5-1: Schematische Darstellung zur Entstehung von Kompatibilitätsspannungen an Grenzflächen zweier elastisch anisotroper Kristalle nach Sutton und Ballufi [80].

Abb. 5-1 beschreibt schematisch am Beispiel von zwei zueinander elastisch anisotropen

Kristallen I und II die Ursachen für das Entstehen von zusätzlichen Spannungen an

Grenzflächen. Im unbelasteten Zustand (Abb. 5-1a) sind die beiden Kristalle durch eine

Grenzfläche (grau schattiert) miteinander verbunden. Wenn auf diesen Verbund eine externe

Beanspruchung in Form einer mechanischen Spannung (σ2A in Abb. 5-1) aufgebracht wird, so

versuchen die beiden einzelnen Kristalle, sich entsprechend ihrer unterschiedlichen

elastischen Eigenschaften zu verformen. Würden sich die Kristalle frei verformen können, so

würden sich verschiedene Verformungszustände (schematisch in Abb. 5-1b durch die

Differenzdehnung ∆ε1C angedeutet) einstellen. Jedoch sind die beiden Kristalle an der

Grenzfläche miteinander verbunden. Als Reaktion auf diese unterbundene Verformung,

entstehen zur Erhaltung der geometrischen Kompatibilität an der Grenzfläche zusätzliche

Spannungen (in Abb. 5-1c z.B. σ1C). Diese Spannungen werden auch als Kompatibilitäts-

spannungen bezeichnet. In dieser Arbeit wurden martensitische Zwillingsstrukturen in NiTi

Page 109: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Diskussion 93

auf ähnliche Weise betrachtet und untersucht. Zwillinge bestehen aus einer Vielzahl

alternierender Varianten, die jeweils elastisch anisotrop sind. Vor diesem Hintergrund wurden

die in Kap. 4.1 dargestellten Ergebnisse herausgearbeitet. Es zeigte sich, dass nur drei

verschiedene Kompatibilitätsspannungen an der Grenzfläche und innerhalb der einzelnen

Varianten entstehen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass an einer Grenzfläche nur zwei

Normalspannungen senkrecht zur Normalen sowie eine Schubspannung innerhalb der

Grenzfläche auftreten können. Die in dieser Arbeit gewählte Orientierung (Normalen der

Zwillingsgrenzflächen zeigen stets in 2-Richtung) führte dazu, dass nur die

Kompatibilitätsspannungen σ1C, σ3C und σ5C beobachtet werden konnten. An den

Grenzflächen konnte zudem ein Vorzeichenwechsel in den Spannungen beobachtet werden,

der auf die kristallographische Symmetrie der einzelnen Zwillingsstrukturen zurückzuführen

ist. An den Zwillingsgrenzflächen entstehen die Kompatibilitätsspannungen. Sie pflanzen sich

in die Volumina der einzelnen Varianten fort, wobei sie sich mit zunehmendem Abstand von

der Grenzfläche kontinuierlich abschwächen. An der nächsten Grenzfläche beginnt dieses

Verhalten erneut. Es zeigte sich, dass sich die Spannungen in den Zwillingsstapeln in der

Regel an dem Wert der mittleren Grenzfläche des Zwillingsstapels orientieren. Nur in den

Randbereichen der betrachten Zwillingsstapel änderte sich dies deutlich. Die Ursache hierfür

liegt in der Möglichkeit dieser Bereiche (laterale Ränder und Oberflächen), sich frei zu

verformen. Anstelle von Kompatibilitätsspannungen entstehen an diesen Stellen

Differenzdehnungen. In realistischen Mikrostrukturen sind, mit Ausnahme von freien

Oberflächen, solche Zustände nicht gegeben. Martensitische Zwillinge sind in der Regel

umgeben von Korngrenzen, Defekten oder anderen mikrostrukturellen Hindernissen, die eine

freie Verformung nicht zulassen. Vergleichbare Zustände konnten in den mittleren

Probenbereichen der untersuchten Zwillingsstapel realisiert werden. Obwohl die

kontinuumsbezogenen Finite-Elemente-Simulationen in dieser Arbeit mikrostrukturelle

Aspekte im Allgemeinen nicht berücksichtigen, kann davon ausgegangen werden, dass die

erzielten Ergebnisse für Kompatibilitätsspannungen eine gute Näherung für Spannungen an

Zwillingsgrenzflächen in realen Mikrostrukturen liefern.

Page 110: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

94 Diskussion

Analytisches Modell für Kompatibilitätsspannungen an Grenzflächen

Ein theoretisches Modell zur Berechnung von Kompatibilitätsspannungen an Grenzflächen

nach Gemperlova et al. [46] wurde aufgegriffen, um die Spannungen an Zwillings-

grenzflächen auf analytische Weise zu berechnen und mit den numerischen Ergebnissen

dieser Arbeit zu vergleichen. Als Eingangsgrößen für dieses Modell werden lediglich die

elastischen Nachgiebigkeiten der einzelnen Zwillingsvarianten herangezogen. Diese wurden

durch Invertierung der Steifigkeitsmatrizen aus Kap. 3.1 bestimmt. Ebenfalls Berück-

sichtigung fanden die besonderen Symmetrien der einzelnen Varianten eines Zwillings-

systems zueinander. Teilweise führt dies zu wesentlichen Vereinfachungen in den

nachfolgend beschriebenen Gleichungssystemen. Relativ überschaubare Terme ergeben sich

für die Berechnung der Kompatibilitätsspannungen der (100)-Verbindungs-Zwillinge und

<110> Typ II-Zwillinge. Komplizierte, aber dennoch handhabbare, Terme können für die

verschiedenen Typ I-Zwillingen hergeleitet werden. Die jeweilige Herleitung wird für die

einzelnen Zwillingssysteme im Folgenden dargestellt:

Als allgemeiner Zusammenhang zwischen Dehnung und Spannung gilt das Hookesche

Gesetz. Die Dehnungen sind über elastischen Nachgiebigkeiten mit den Spannungen

verknüpft:

ε� � s�m σm (5-1)

Wenn auf eine Struktur eine äußere mechanische Spannung σA aufgebracht wird, so würden

sich bei freier Verformung, entsprechend der jeweiligen Nachgiebigkeiten, bestimmte

Dehnungen εA einstellen:

ε�� � s�mσm� (5-2)

Weisen zwei Körper, wie im vorliegenden Fall zwei Zwillingsvarianten I und II,

unterschiedliche (elastisch anisotrope) Eigenschaften auf, so verformen sie sich ebenfalls

Page 111: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Diskussion 95

unterschiedlich. Die Dehnung ∆εC ergibt sich aus der Differenz der unterschiedlichen

Verformungsreaktionen εAII und εA

I:

∆ε� � ε��rr ! ε��

r (5-3)

Das Kräftegleichgewicht an der Grenzfläche erfordert, dass die Spannungen in beiden

Kristallen, bei entgegengesetztem Vorzeichen, den gleichen Betrag haben. Wie bereits

erläutert können an der Grenzfläche nur drei Spannungen auftreten: Dies sind die zwei

Normalspannungen σ1C, σ3C und die Schubspannung σ5C. Dementsprechend ergeben sich drei

Kompatibilitätsdehnungen in allgemeiner Form analog zu Gl. (5-1):

∆ε� � (s��r s s��

rr )σ�r s (s�A

r s s�Arr )σA

r s ts�Kr s s�K

rr uσKr (5-4)

∆εA � (s�Ar s s�A

rr )σ�r s (sAA

r s sAArr )σA

r s tsAKr s sAK

rr uσKr (5-5)

∆εK � ts�Kr s s�K

rr uσ�r s tsAK

r s sAKrr uσA

r s tsKKr s sKK

rr uσKr (5-6)

In Anlehnung an Kap. 3-1 können jetzt für die betrachteten Zwillingssysteme Symmetrien

und Vorzeichenwechsel in den Nachgiebigkeitsmatrizen berücksichtigt werden.

Verbindungs- und Typ II-Zwillinge:

Während die Gl. (5-4) bis Gl. (5-6) für Typ I unverändert bleiben, ergeben sich durch

Vorzeichenwechsel in einzelnen Komponenten für Verbindungs-Zwillinge und Zwillinge des

Typ II folgende Vereinfachungen für Kristall I:

Page 112: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

96 Diskussion

∆ε� � 2(s��σ� s s�AσA) (5-7)

∆εA � 2(s�Aσ� s sAAσA) (5-8)

∆εK � 2(sKKσK) (5-9)

Dieses Gleichungssystem lässt sich nach den Kompatibilitätsspannungen durch einfache

Umformungen auflösen:

]�v � ! wAA∆+�v ! w�A∆+Av2(w�A� ! w��w�A)

(5-10)

σA � s�A∆ε� ! s��∆εA2(s�A� ! s��s�A)

(5-11)

σK � ∆εK2sKK

(5-12)

Weiterhin gilt durch die Nachgiebigkeitsmatrix aus Kap. 3-1:

∆ε� � !2(s�KσK� s s�LσL�) (5-13)

∆εA � !2(sAKσK� s sALσL�) (5-14)

∆εK � !2(s�Kσ�� s s�Kσ�� s sAKσA� s sJKσJ� ) (5-15)

Page 113: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Diskussion 97

Die Gl. (5-13) bis Gl. (5-15) werden in die Gl. (5-10) bis Gl. (5-12) eingesetzt und liefern

damit die gesuchten Kompatibilitätsspannungen σiC in Abhängigkeit der aufgebrachten

äußeren Spannungen σjA:

]�v � (w�KwAA ! w�AwAK)]Kx s (w�LwAA ! w�AwAL)]Lx

w�A� ! w��w�A

(5-16)

]Av � (w��wAK ! w�Aw�K)]Kx s (w��wAL ! w�Aw�L)]Lx

w�A� ! w��w�A

(5-17)

]Kv � ! w�K]�x s w�K]�x s wAK]Ax s wJK]Jx

wKK (5-18)

Mit diesen Gleichungen können nun auf analytische Weise die Spannungen an den

Zwillingsgrenzflächen für (100)-Verbindungs-Zwillinge und <110>-Typ II-Zwillinge für

beliebige Spannungszustände σiA berechnet werden.

Typ I-Zwillinge:

Auf ähnliche Weise wie für die anderen Zwillingssysteme können die

Kompatibilitätsspannungen für Typ I-Zwillinge analytisch berechnet werden. Aus

Symmetriegründen fallen für die Kompatibilitätsdehnungen jedoch keine Terme weg und die

Kompatibilitätsdehnungen ergeben sich daher über zunächst nur wenig komplexere Terme

wie folgt:

∆+�v � 2(w��]�v s w�A]Av s w�K]Kv) (5-19)

∆+Av � 2(w�A]�v s wAA]Av s wAK]Kv) (5-20)

∆+Kv � 2(w�K]�v s wAK]Av s wKK]Kv ) (5-21)

Page 114: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

98 Diskussion

Dieses Gleichungssystem lässt sich wieder nach den Kompatibilitätsspannungen auflösen und

ergibt dann:

]�v � (wAK

� ! wAAwKK)∆+�v s (w�AwKK ! w�KwAK)∆+Av s (w�KwAA ! w�AwAK)∆+Kv2(w�A� wKK s w�K� wAA ! 2w�Aw�KwAK s w��(wAK� ! wAAwKK)) (5-22)

]Av � (w�AwKK ! w�KwAK)∆+�v s (w�K� ! w��wKK)∆+Av s (w��wAK ! w�Aw�K)∆+Kv2(w�A� wKK s w�K� wAA ! 2w�Aw�KwAK s w��(wAK� ! wAAwKK)) (5-23)

]Kv � (w�KwAA ! w�AwAK)∆+�v s (w��wAK ! w�Aw�K)∆+Av s (w�A� ! w��wAA)∆+Kv2(w�A� wKK s w�K� wAA ! 2w�Aw�KwAK s w��(wAK� ! wAAwKK)) (5-24)

Für die Kompatibilitätsdehnungen gilt in diesem Fall:

∆+�v � !2(w�J]Jx s w�L]Lx) (5-25)

∆+Av � !2(wAJ]Jx s wAL]Lx) (5-26)

∆+Kv � !2(wJK]Jx s wKL]Lx) (5-27)

Abschließend ergeben sich für Zwillinge des Typs I folgende Kompatibilitätsspannungen σiC

in Abhängigkeit der aufgebrachten Spannung σjA:

]�v � ,w�A(wAKwJK ! wAJwKK) s w�J(wAK� ! wAAwKK) s w�K(wAJwAK ! wAAwJK)-]Jxw�A� wKK s w�K� wAA s wAK� w�� ! w��wAAwKK ! 2w�Aw�KwAK

s ,w�A(wAKwKL ! wALwKK) s w�K(wAKwAL ! wAAwKL) s w�L(wAAwKK ! wAK� )-]Lxw�A� wKK s w�K� wAA s wAK� w�� ! w��wAAwKK ! 2w�Aw�KwAK (5-28)

Page 115: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Diskussion 99

]Av � ,w�A(w�KwJK ! w�JwKK) s wAJ(w��wKK ! w�K

� ) s wAK(w�Jw�K ! wJK)-]Jx

w�A� wKK s w�K

� wAA s wAK� w�� ! w��wAAwKK ! 2w�Aw�KwAK

s ,w�A(w�KwKL ! w�LwKK) s wAK(w�Kw�L ! wKL) s wAL(w��wKK ! w�K� )-]Lxw�A� wKK s w�K� wAA s wAK� w�� ! w��wAAwKK ! 2w�Aw�KwAK (5-29)

]Kv � ,w�J(w�AwAK ! w�KwAA) s wAJ(w�Aw�K ! w��wAK) s wJK(w��wAA ! w�A

� )-]Jxw�A

� wKK s w�K� wAA s wAK

� w�� ! w��wAAwKK ! 2w�Aw�KwAK

s,w�L(w�AwAK ! w�KwAA) s wAL(w�Aw�K ! w��wAK) s wKL(w��wAA ! w�A

� )-]Lxw�A

� wKK s w�K� wAA s wAK

� w�� ! w��wAAwKK ! 2w�Aw�KwAK

(5-30)

Mit den Gl. (5-10) bis (5-12) sowie Gl. (5-28) bis (5-30) werden die Kompatibilitäts-

spannungen analytisch berechnet. Anschließend werden sie den numerischen

FEM-Ergebnissen an der mittleren Grenzfläche aus Kap. 4.1 grafisch gegenübergestellt. Die

Abb. 5-2 und 5-3 belegen exemplarisch für die Verbindungs- und Typ II-Zwillinge die

exzellente Übereinstimmung der numerischen und analytischen Ergebnisse. Gleiches gilt für

alle Typ I-Zwillinge, auf deren Darstellung an dieser Stelle verzichtet wird. In allen

betrachteten Fällen zeigen die numerischen Ergebnisse nur minimale Abweichungen von den

jetzt auch analytisch berechneten Kompatibilitätsspannungen. Diese Kongruenz belegt, dass

sich der theoretische Ansatz nach Gemperlova auf Zwillingsstapel übertragen lässt. Dies gilt

sogar unter der Rahmenbedingung, dass das Modell für unendlich ausgedehnte (und damit

nicht reale) Kristalle formuliert ist, während die Simulationen an (mehr der Realität

entsprechender) Zwillingsstapeln mit endlichen Dimensionen durchgeführt wurden. Beide

Ansätze können demnach herangezogen werden, um Abschätzungen für

Kompatibilitätsspannungen an Zwillingsgrenzflächen vorzunehmen.

Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass durch die elastisch anisotropen Eigenschaften von

Zwillingsvarianten zusätzliche Spannungen an deren Grenzflächen entstehen können. Den

Berechnungen nach (analytisch wie numerisch), liegen diese zum Teil in derselben

Größenordnung wie die von außen aufgebrachten Beanspruchungen. Dies hat weitreichende

Konsequenzen für die Beurteilung des sich einstellenden Spannungszustandes an

Zwillingsgrenzflächen in realen Materialien. Die Simulationen deuten darauf hin, dass durch

die Überlagerung von Kompatibilitätsspannungen mit externen Spannungen an den

Zwillingsgrenzflächen bereits dann Gitterdefekte entstehen können, wenn die kritischen

Page 116: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

100 Diskussion

Abb. 5-2:Vergleich zwischen der theoretisch bestimmten und numerisch berechneten Kompatibilitätsspannungen an der mittleren Grenzfläche des Zwillingsstapels für den (noo)-Verbindungs-Zwilling.

Abb. 5-3: Vergleich zwischen der theoretisch bestimmten und numerisch berechneten Kompatibilitäts-spannungen an der mittleren Grenzfläche des Zwillingsstapels für den <nno>-Typ II-Zwilling.

Spannungen makroskopisch noch nicht erreicht sind. Die funktionelle Ermüdung von

Formgedächtnislegierungen wird in der Literatur auf die Defektakkumulation und die

Stabilisierung von Martensit durch Defekte zurückgeführt [48]. Diese Prozesse geschehen

während der Phasenumwandlung in der direkten Umgebung der Austenit-Martensit-

Phasengrenzen [62]. Die Akkommodationsversetzungen sind hierbei verantwortlich dafür, die

Kompatibilität der Mikrostruktur aufrecht zu erhalten, wenn das Kristallgitter eine

Phasenumwandlung vollzieht. Die Größenordnung der berechneten Kompatibilitäts-

spannungen sowie die vielfältigen (mehrachsigen) Spannungszustände, die solche

Spannungen an Grenzflächen hervorrufen können, legen nahe, dass

Kompatibilitätsspannungen im Zusammenhang mit funktioneller Ermüdung eine wesentliche

Rolle spielen. Die zusätzlichen Spannungen leisten einen Beitrag zur Verzerrungsenergie des

Systems. Neben der Grenzflächenenergie spielt diese eine zentrale Rolle, welche

Zwillingssysteme sich unter bestimmten mikrostrukturellen Gegebenheiten (nanokristallines

Gefüge, Ausscheidungsteilchen), bilden, um eine Minimierung der Energie in der

Page 117: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Diskussion 101

Mikrostruktur zu erzielen [39]. Auch ist bislang ungeklärt, in wieweit und unter welchen

Umständen Kompatibilitätsspannungen die Reorientierung von martensitischen Zwillingen

begünstigen oder entgegenwirken. Damit liefern die hier präsentierten Ergebnisse eine

interessante Grundlage für weiterführende Untersuchungen realer Mikrostrukturen und

werkstoffwissenschaftlich relevanter Fragestellungen.

5.2 Experimentelle Einflüsse zur Stabilisierung der lokalisierten Umwandlung

In dieser Arbeit wurde ein Transformationsdehnungs-Modell implementiert und verwendet

um pseudoelastische NiTi-FGL zu simulieren. Das Modell konzentriert sich dabei

ausschließlich auf die mechanischen Eigenschaften, weswegen ein Einfluss der funktionellen

Ermüdung auf die Phasenumwandlungstemperaturen in dieser Arbeit nicht berücksichtigt

wird. Aus diesem Grund können die Simulationsergebnisse streng genommen nur mit

experimentellen Daten verglichen werden, die bei einer isothermen Versuchsdurchführung

ermittelt werden. Solche Bedingungen können im Experiment in guter Näherung dann erzielt

werden, wenn bei gleichzeitig klimatisierten Versuchsbedingungen die Querhaupt-

geschwindigkeiten in der Zugprüfmaschine sehr gering sind (y� << 0.1 mm/min). Durch die

Phasenumwandlung wird Umwandlungswärme an die Umgebung abgegeben (Austenit zu

Martensit), bzw. von ihr absorbiert (Martensit zu Austenit). Bei zu hohen

Verformungsgeschwindigkeiten führt dies zu einer signifikanten Selbsterwärmung der Probe,

was wiederum einen Einfluss (Anstieg der Plateauspannung) auf die lokalen Eigenschaften

der Probe hat [58]. Unter Berücksichtigung dieser Randbedingungen sind die Ergebnisse

dieser Arbeit auf quasistatische experimentelle Untersuchungen übertragbar. In den meisten

Fällen ist die Übereinstimmung zwischen Experiment und Simulation selbst dann gegeben,

wenn die Zugversuche im jeweiligen Experiment mit etwas größeren Geschwindigkeiten

durchgeführt werden.

Die systematische FEM-Studie (siehe Kap. 4.5) hat ergeben, dass auch deutlich verschiedene

Netzdichten keinen nennenswerten Einfluss auf die Geometrie und mechanischen

Gegebenheiten an der Phasengrenze haben. Dies gilt ebenfalls für die Variation der

Umwandlungsdehnung im Stoffgesetz. Negative Steigungen im Stoffgesetz können unter

bestimmten Umständen Konvergenzprobleme zur Folge haben [81]. Dies konnte in dieser

Arbeit nicht beobachtet werden. Shaw et al. führen dies darauf zurück, dass der Anstieg der

Spannung im Anschluss an die negative Steigung des Belastungsplateaus (analog der Abfall

Page 118: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

102 Diskussion

der Spannung nach dem Durchlaufen des Entlastungsplateaus) wieder zu einer Stabilisierung

des Systems führt [81].

Die Ergebnisse zeigen, dass eine lokalisierte Phasenumwandlung sowohl durch die

Einspannung einer Probe als auch durch bestimmte Probengeometrien begünstigt werden

kann. Die Simulationen am Draht und Band (Abb. 4-9 bis Abb. 4-12) sind dadurch

gekennzeichnet, dass die Bildung der martensitischen Phase, nach einer bestimmten

Auslenkung der Probe jeweils in den Einspannbereichen beginnt. Anschließend kann eine

relativ gleichmäßige Ausbreitung des Martensits in Richtung Probenmitte beobachtet werden.

Im Experiment werden zugbeanspruchte FG-Halbzeuge und -proben üblicher Weise durch

eine homogene Klemmung in den äußeren Bereichen der Probe in die Prüfapparatur montiert.

Auch in der praktischen Anwendung werden FG-Aktoren häufig durch ähnliche

Mechanismen in technischen Systemen integriert. Durch eine Klemmung gerät die Probe in

den Einspannbereichen unter eine Druckbeanspruchung. Diese überlagert sich mit dem

Spannungszustand, der sich durch die Auslenkung der Probe im Material einstellt. Abb. 5-4

zeigt am Beispiel einer Bandprobe, die Spannungsverteilung unmittelbar nach der

Einspannung, jedoch vor der Auslenkung der Probe. Im Probenkopf beträgt die

Vergleichsspannung 10 MPa, während der restliche Bereich noch vollständig unbelastet ist.

Diese relativ geringen Spannungsunterschiede zwischen den Einspannungen und der freien

Probenlänge bleiben bei einer Auslenkung der Probe im weiteren Versuchsablauf erhalten und

reichen aus, um eine lokalisierte Phasenumwandlung in den Probenköpfen zu erzeugen. Wenn

die Probe im dehnungskontrollierten Versuch ausgelenkt wird, addieren sich die

Druckspannungen im Einspannbereich zu den entstehenden Spannungen auf und führen zu

einem Anstieg der Von-Mises-Vergleichsspannung. Dadurch beginnt die Phasenumwandlung

in den Einspannbereichen. Auch in einer Vielzahl von experimentellen Untersuchungen

unterschiedlicher Forschungsgruppen [48, 55, 74, 82, 83], wurde bei ähnlichen Proben und

Belastungsfällen ein vergleichbares Nukleationsverhalten beobachtet, wie es in den

Simulationen erfolgreich abgebildet werden konnte. Neben dem Einfluss durch

Einspannungen zeigt diese Arbeit auch, dass Löcher oder Kerben ebenfalls eine lokalisierte

Phasenumwandlung einleiten können. Die Ergebnisse zum Verhalten der gelochten und

gekerbten Blechproben (Abb. 4-15 bis Abb. 4-22) belegen, dass trotz einer durchgehenden

Einspannung (10 MPa Druckbelastung) der Einfluss von geometrischen Unstetigkeiten in den

hier betrachteten Dimensionen überwiegt. In allen Fällen wird beobachtet, dass die

Nukleation des Martensits bei einer Auslenkung der Probe stets in den Randbereichen eines

Page 119: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Diskussion 103

Abb. 5-4:Einfluss der Einspannung auf die Nukleation der martensitischen Phase. Der Spannungszustand ist nach der Einspannung als Kontur-Plot dargestellt.

Lochs oder einer Kerbe stattfindet. Anschließend breitet sich der Martensit, teilweise unter

bestimmten Winkeln zur Zugrichtung, weiter aus. Auch dieses Phänomen der Lokalisierung

von pseudoelastischen NiTi-FGL konnte in den bereits genannten experimentellen Arbeiten

[74, 81, 84] in ähnlicher Form beobachtet werden.

Die lokale Spannungserhöhung, die letztlich zur lokalisierten Phasenumwandlung führt, ist

auf die Reduzierung des tragenden Querschnitts sowie den bereits im elastischen Bereich

mehrachsigen Spannungszustand im Kerbgrund zurückzuführen. Abb. 5-5 beschreibt, das

Lokalisierungsverhalten an einer zentrisch gelochten Probe. Bei der homogenen Auslenkung

der Probe entsteht Martensit an den seitlichen Rändern des Lochs, Abb. 5-5a. Der tragende

Querschnitt B (siehe Abb. 5-5b) ist kleiner als alle anderen Querschnitte der Probe. Aus

diesem Grund führt die gleiche Belastung in diesem Querschnitt zu einer höheren Spannung.

Als Konsequenz wird daher in diesem Querschnitt die kritische Spannung zur

spannungsinduzierten Phasenumwandlung zuerst überschritten. Im Allgemeinen ist es dabei

gleichgültig, ob es sich um eine Kerbe, ein Loch oder eine andere Form der Aussparung

handelt. Alleine die Tatsache, dass der Querschnitt an einer ausgewählten Stelle der Probe

geschwächt ist, reicht aus, um die Lokalisierung einzuleiten. Für die praktische Anwendung

ist wichtig zu verstehen, wie Proben geometrisch gestaltet sein müssen, um entweder gezielt

eine lokalisierte Umwandlung einzustellen oder diese an anderer Stelle vielleicht zu

unterdrücken. Für die Simulation von pseudoelastischen FGL ist der Einsatz von

Stoffgesetzen erforderlich, welche die im Experiment beobachteten Phänomene erfolgreich

abbilden können. Auf diese Aspekte wird zu einem späteren Zeitpunkt (Kap. 5.5) noch einmal

im Detail eingegangen. Vor dem Hintergrund der in dieser Arbeit erzielten Ergebnisse ist es

daher zulässig, dass Transformationsdehnungs-Modell einzusetzen, um die

Page 120: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

104 Diskussion

spannungsinduzierte Phasenumwandlungen in pseudoelastischen NiTi-Komponenten zu

untersuchen, solange diese im Einsatz annähernd isothermen Bedingungen ausgesetzt sind.

Abb. 5-5: Einfluss von Querschnittreduzierungen auf das Nukleationsverhalten während der spannungs-induzierten Phasenumwandlung. Eine gelochte Blechprobe zeigt trotz Einspannung eine lokalisierte Umwandlung an den lateralen Randbereichen des Lochs in a). Die lokale Querschnittreduzierung der Probe (schematisch in b) dargestellt) führt zu einer Spannungserhöhung, welche die Entstehung von Martensit am Lochrand begünstigt.

5.3 Ausbreitungsverhalten und Eigenschaften von Phasengrenzen in NiTi

Das Ausbreitungsverhalten der Austenit-Martensit-Phasengrenzen ist u.a. davon abhängig, wo

in einer Probe die lokalisierte Umwandlung startet. Im Falle der Draht- und Flachbandproben

wird beobachtet, dass der Martensit sich zunächst in den Einspannungen bildet. Im Speziellen

erfolgt dies am direkten Übergang von der Einspannung zum nicht eingespannten Bereich.

Anschließend bewegen sich die Phasengrenzen zunächst auf die Probenränder zu. Erst

nachdem die Einspannbereiche vollständig umgewandelt sind, bewegten sich die

Phasengrenzen in Richtung Probenmitte. Bei den Drahtproben werden auf der

Probenoberfläche Phasengrenzen beobachtet, die eine konstante Breite über den Umfang

aufweisen und stets senkrecht zur Zugrichtung orientiert sind. Abb. 5-6 vergleicht die lokale

Dehnungsverteilung auf der Oberfläche eines pseudoelastischen Drahtes für ein Experiment

aus [79] und eine entsprechende Simulation aus dieser Arbeit (siehe Abb. 4-9). Sowohl die

Beträge als auch die Verteilungen der Dehnungen (Geometrie der Phasengrenze) stimmen

sehr gut überein.

Page 121: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Diskussion 105

Abb. 5-6: Gegenüberstellung der lokalen Dehnungsverteilung einer Drahtprobe für Experiment in a) und Simulation in b). Bei einem rotationssymmetrischen Draht zeigt sich auf der Oberfläche eine Phasengrenze, die über den Umfang eine konstante vertikale Ausdehnung aufweist.

Im Fall der Bandproben kann eine andere Geometrie für den Übergangsbereich von Austenit

zu Martensit beobachtet werden. Im mittleren Bereich der Proben weisen die Phasengrenzen

in der Simulation eine geringere Ausdehnung auf und weiten sich nach außen hin auf. Dies

kann auf diese Weise in Experimenten nicht beobachtet werden. In verschiedenen

experimentellen Arbeiten werden geneigte Übergangsbereiche unter Winkeln zwischen 51°

und 67° relativ zur Zugrichtung beobachtet [84]. Es wird auch davon berichtet, dass sich die

Ausrichtung der Phasengrenze symmetrisch zur Zugachse umkehrt [79], also beispielsweise

von einem Winkel von +55° in -55° umklappt. Abb. 5-7 zeigt ein Beispiel für die Neigung der

Phasengrenze aus [81] Eine eindeutige Erklärung konnte für dieses Verhalten auch in dieser

Arbeit nicht ermittelt werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit deuten jedoch darauf hin, dass die

aufgeweitete Morphologie der Phasengrenze durchaus als eine Kombination von zwei

möglichen energetisch gleichwertigen Vorzugsneigungen interpretiert werden kann. Die

Page 122: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

106 Diskussion

Aufweitungswinkel der Übergangszonen in den Simulationen von Bandproben entsprechen in

sehr guter Näherung den Werten, wie sie für eindeutige Neigungen der Phasengrenzen in

Experimenten beobachtet werden. Die Simulationen sind im Allgemeinen dadurch

gekennzeichnet, dass sämtliche Randbedingungen, Verformungen oder andere

Einflussfaktoren vollständig symmetrisch vorliegen. Daher ist der Schluss nahe liegend, dass

auch die Ergebnisse (Morphologie der Phasengrenzen) einen symmetrischen Charakter

ausweisen müssen. Wichtige Einflussfaktoren, wie Biegemomente, die im realen Experiment

durchaus auftreten können, tragen ebenfalls dazu bei, dass sich unter den vorherrschenden

Versuchsbedingungen eine von mehreren möglichen metastabilen Neigungen stabilisiert.

Abb. 5-7: Neigungswinkel des Austenit-Martensit-Übergangsbereich nach [81].

Page 123: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Diskussion 107

Abb. 5-8: Vergleich zwischen früheren Arbeiten anderer Forschungsgruppen [74, 81, 84] in a) – c) mit den Simulationsergebnissen aus dieser Arbeit in d) - f).

Zu den Einflussgrößen auf das Resultat zählen neben der in dieser Arbeit nicht

berücksichtigten realen Mikrostruktur des Materials damit auch die Einspannbedingung und

Lasteinleitung. Bereits geringste Abweichungen vom symmetrischen Idealfall (Simulation),

wie Biegemomente, Oberflächendefekte oder ungleichmäßige Einspannbedingungen können

verantwortlich dafür sein, dass sich eine Vorzugsneigung ausbildet. Diese Faktoren könnten

auch dafür verantwortlich sein, dass sich die Neigung der Phasengrenze unter bestimmten

Umständen in Bandproben ändern kann. Eine Kerbe könnte beispielsweise an einer

bestimmten Stelle in der Probe den Spannungszustand lokal derart beeinflussen, so dass es

energetisch günstiger ist, den Winkel anzupassen. Im Allgemeinen spiegeln die Ergebnisse

dieser Arbeit in Bezug auf die Phasengrenzen sowie auf ihr Ausbreitungsverhalten alle

wesentlichen Merkmale wieder, die auch andere Forschergruppen in der Vergangenheit

erzielen konnten [74, 81, 84]. Dies gilt gleichermaßen für experimentelle, als auch

theoretische Arbeiten, vgl. Abb. 5-8.

Page 124: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

108 Diskussion

Abb. 5-9: Detaillierte Betrachtung der Austenit-Martensit-Phasengrenze für eine Drahtprobe. Eine experimentelle DIC-Aufnahme [79] für die lokale Dehnung auf der Oberfläche zeigt a). In b) ist ebenfalls nun für die Simulation die Oberfläche abgebildet. Ein anderes Bild offenbaren die Ergebnisse der Simulation beim Blick auf den Längsschnitt in der Drahtmitte in c).

5.4 Spannungs- und Verformungszustände an Meso-Phasengrenzen in Drahtproben

Detaillierte Analysen zum Spannungs- und Verformungszustand der Phasengrenzen in

Drahtproben wurden in verschiedenen Probenbereichen durchgeführt. Wie bereits Abb. 5-6

aufzeigt, sind die Ergebnisse für den Zugversuch am Draht sowohl im Experiment wie in der

Simulation gut miteinander vergleichbar. Eine Neigung der Phasengrenze ist bei dieser

rotationssymmetrischen Probenform unwahrscheinlich und wird auch experimentell nicht

beobachtet. Die Austenit-Martensit-Phasengrenze weist im Draht, entgegen der ersten

Vermutung, über die Probenbreite keineswegs dieselben Ausdehnungen auf, wie Abb. 5-9c

zeigt. Auf den ersten Blick scheinen sich die Geometrien der Phasengrenzen für das Band und

den Draht deutlich zu unterscheiden. Auf der Probenoberfläche ist dies auch der Fall. Im

Innern des Drahtes hingegen wird ebenfalls beobachtet, dass sich die Phasengrenze schmal

darstellt und sich mit zunehmendem Abstand von der Mittelachse aufweitet. Bei der

Page 125: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Diskussion 109

Bandprobe ist die Übergangszone in der Mittelachse ebenfalls relativ schmal, während sie

sich zum Rand hin vergrößert. Abb. 5-10 zeigt schematisch die Phasengrenze eines Bandes,

die auf gleiche Weise im Längsschnitt eines Drahtes beobachtet wird. Durch einfache

geometrische Betrachtungen können diese Ergebnisse miteinander verknüpft werden. Wird

die Phasengrenze des Bandes um die Längsachse rotiert, so ergibt sich die Geometrie der

Übergangszone, wie sie für den Draht in der Simulation beobachtet wird. An den

oberflächennahen Bereichen des Drahtes kann sich das Material frei verformen. Dadurch ist

es möglich, den Übergang von Austenit zu Martensit mit einem wesentlich geringeren

Dehnungsgradienten zu realisieren. Die Phasengrenze weitet sich daher am Probenrand auf.

Dieser „weiche“ Übergang ist im Probeninnern hingegen nicht möglich, da sich das Material

in diesen Bereichen nicht frei verformen kann. Diese unterdrückte Verformung führt speziell

Abb. 5-10: Die Übergangszone zwischen Austenit und Martensit, wie sie im Draht vorliegt, ergibt sich durch die Rotation der aufgeweiteten Phasengrenze, die im Band beobachtet werden kann.

im mittleren Bereich der Probe in direkter Umgebung zur Phasengrenze zu Spannungen. Dies

belegt Abb. 5-11a, welche die Spannungsverteilung in Zugrichtung sowie den Verlauf des

Martensitanteils über die Phasengrenze darstellt. Die räumliche Ausdehnung der Austenit-

Martensit-Phasengrenze ist durch einen eingefärbten Bereich im Diagramm gekennzeichnet.

Es ist zu erkennen, dass hinter der Phasengrenze (im Martensit) eine Spannungserhöhung zu

verzeichnen ist. Direkt vor der Phasengrenze (im Austenit) ist die Spannung deutlich

niedriger. Die Differenz von ca. 150 MPa lässt sich nicht alleine durch die Wahl der

Materialparameter im Stoffgesetz (30 MPa Differenz durch negative Steigung in den

Spannungsplateaus) erklären. Eine mögliche Ursache dafür ist, dass sich zusätzliche

Spannungen aus der unterdrückten Verformung im mittleren Bereich der Probe ergeben. Dies

wird gestützt durch die Tatsache, dass die Spannungen in der Umgebung zur Phasengrenze

Page 126: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

110 Diskussion

sich überwiegend auf den zentralen Bereich der Probe konzentrieren, wie es Abb. 5-11b zeigt.

Der Spannungsgradient könnte verantwortlich dafür sein, dass sich die Phasengrenze durch

das Material bewegt.

Abb. 5-11: Die Spannungsverteilung und der Martensitanteil über die Phasengrenze ist in a) gezeigt. Kontur-Plots für Dehnung und Spannung sind in b) dargestellt.

Weitere wichtige Informationen können gewonnen werden, wenn die lokale Dehnung und der

Martensitanteil über die Phasengrenze ausgewertet werden. Abb. 5-12a zeigt, dass dies

sowohl für die Probenmitte (Pfad A), als auch am Probenrand (Pfad B) durchgeführt wurde.

Die Dehnungsverteilung wird über Pfad A aus der Simulation ausgewertet und den Daten aus

einem Experiment gegenübergestellt. Dabei handelt es sich um das Experiment, aus welchem

im Vorfeld der Simulation die Eingangsparameter für die FEM-Rechnungen abgeleitet

worden sind. In Abb. 5-12b ist zu erkennen, dass die Daten in guter Näherung

übereinstimmen. Die typische Streuung der experimentellen Daten ist für die durchgezogene

Linie zu erkennen, während dies bei der Simulation (gestrichelte Linie) erwartungsgemäß

nicht zu beobachten ist. Die räumliche Ausdehnung der Phasengrenze stimmt ebenfalls gut

überein. Für den einfachen Fall eines einachsigen Zugversuchs besteht damit eine gute

Korrelation zwischen der Dehnung in Zugrichtung sowie des Martensitanteils γ, wie die

Abb. 5-12c und d zeigen. In einachsigen Versuchen, wo die größten Verformungen

überwiegend in eine bestimmte Richtung orientiert sind, ist es daher zulässig, die

Phasenverteilung im Material anhand der lokalen Dehnungsverteilung abzuschätzen.

Page 127: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Diskussion 111

Abb. 5-12: Verlauf der Dehnung und des Martensitanteils über die Phasengrenze des in Abb. 5-8c markierten Bereiches. Über die mittlere Probenachse A und die Oberfläche B zeigt die Phasengrenze in a) eine unterschiedliche Ausdehnung. Ein Vergleich der lokalen Dehnung zwischen Experiment und Simulation zeigt b). In c) wird die lokale Dehnung für die beiden Pfade A und B gegenübergestellt. Die Korrelation zwischen Dehnung und Martensitanteil ist in d) dargestellt.

5.5 Degradation der funktionellen Eigenschaften unter zyklischer Beanspruchung

Es ist aus der Literatur bekannt, dass die zyklische Betätigung des Formgedächtniseffektes zur

funktionellen Ermüdung in NiTi-FGL führt. In der vorliegenden Arbeit wurde pseudo-

elastisches NiTi-Material mittels FEM-Simulation auch im Hinblick auf dieses Phänomen

untersucht. Die wesentlichen Merkmale der Ermüdung können sowohl im dehnungs-

Page 128: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

112 Diskussion

kontrollierten Zugversuch am Draht, als auch in einem spannungskontrollierten Versuch an

einer gelochten Scheibe abgebildet werden. Bei dem Draht wurde in Abb. 4-23 gezeigt, dass

sich die Umwandlungsfronten bei gleichbleibender Probenauslenkung zum Ende des jeweils

nachfolgenden Belastungszyklus geringfügig weiter in das Probeninnere vorgeschoben haben.

Die Ursache dafür liegt in der ermüdungsbedingten Verringerung der kritischen

Umwandlungsspannung. Wenn die Nukleation von Martensit bereits bei niedrigeren

Spannungen erfolgen kann, ist es den Phasengrenzen möglich, sich bei gleicher Auslenkung

der Probe weiter in die mittleren Bereiche fortzubewegen. Mit jedem weiteren (partiellen oder

vollständigen) Umwandlungszyklus schreitet die funktionelle Ermüdung in den betroffenen

Materialbereichen voran. Da die Probe in den ersten fünf Zyklen nicht vollständig, sondern

lediglich partiell umwandelt wird, bleiben die mittleren Probenbereiche von der Ermüdung bis

zu diesem Zeitpunkt vollkommen unbeeinflusst. Ihre mechanischen Eigenschaften

entsprechen daher weiterhin denjenigen, wie sie zu Beginn des Versuches in der gesamten

Probe vorlagen. Mit steigender Zyklenzahl stellen sich auf diese Weise zunehmend

heterogenere mechanische Eigenschaften über die Probenlänge ein. Wenn die

Dehnungsamplitude im Anschluss in einem weiteren Zyklus erhöht wird, bewegen sich die

Umwandlungsfronten in Bereiche der Probe, die bislang nicht ermüdet waren. Im Spannungs-

Dehnungs-Diagramm (Abb. 4-24) spiegelt sich dies in einem Anstieg des Belastungsplateaus

auf das Niveau des ersten Zyklus wieder. Dieses Phänomen wird als multiples Plateau

bezeichnet und ist auf die lokalisierte funktionelle Ermüdung zurückzuführen, wie sie erfolgt,

wenn Versuche mit variierenden Dehnungsamplituden durchgeführt werden. Qualitativ

ähnliche Ergebnisse, wie für die partiellen Umwandlungszyklen in der FEM-Simulation,

konnte auch Gugel et al. [57] in zyklischen Experimenten an pseudoelastischem NiTi-

Material aufzeigen. In Abb. 5-13 ist im Spannungs-Dehnungs-Diagramm das mechanische

Verhalten für 10 Zyklen dargestellt. Wie in Abb. 4-24 gezeigt, sind die wichtigsten Merkmale

der funktionellen Ermüdung zu erkennen. Zwar verläuft der elastische Bereich für den

Austenit im Experiment nicht exakt linear. Aber sowohl die Spannungserhöhung zu Beginn

der Umwandlung als auch der Abfall der Plateauspannungen und der Anstieg in der

irreversiblen Dehnung spiegeln sich in Experiment und Simulation gleichermaßen wider.

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Diskussion 113

Abb. 5-13: Spannungs-Dehnungs-Diagramm aus zyklischen Versuchen an pseudoelastischem NiTi, [57].

Die Ergebnisse für die zyklische und spannungskontrollierte Finite-Elemente-Simulation an

der gelochten Scheibe lassen sich auf ähnliche Weise erklären, da sie auf die gleichen

Ermüdungserscheinungen im Material zurückzuführen sind. In den Abb. 4-25 und 4-26 ist

dargestellt, dass die Nukleation am Lochrand einsetzt. Von dort aus breitet sich der Martensit

unter einem bestimmten Winkel in Richtung Probenrand aus. Die Spannung wurde dabei im

Versuch so gewählt, dass nur lochnahe Bereiche umwandeln und eine detailierte

Fortschrittsentwicklung im Ausbreitungsverhalten studiert werden konnte. Es zeigte sich, dass

die Ränder der umgewandelten Zonen mit jedem Zyklus näher an den Probenrand

heranreichen. Wie bei den zyklischen Versuchen am Draht ist dies darauf zurückzuführen,

dass die Ermüdung lokal zu einem Absinken der Plateauspannungen führt. Dadurch ist es dem

Martensit möglich, bei gleicher Spannung weiter in das Material hineinzuwachsen.

Für die praktische Anwendung ist dieses Materialverhalten dann von besonderer Bedeutung,

wenn pseudoelastische Bauteile über ihre Betriebsdauer veränderlichen Belastungs- und damit

Verformungszuständen ausgesetzt sind. Für die Auslegung von zyklisch beanspruchten FGL-

Komponenten ist das Verständnis der lokalen Änderung der mechanischen Eigenschaften von

entscheidender Bedeutung. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen daher auch mit Praxisrelevanz

auf, dass lokalisierte Umwandlung und funktionelle Ermüdung auch jenseits des einachsigen

Zugversuches auftreten und ein Bauteilverhalten beeinflussen können.

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114 Zusammenfassung und Ausblick

6. Zusammenfassung und Ausblick

Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Finite-Elemente-Methode eingesetzt, um

werkstoffwissenschaftliche Fragestellungen im Bereich der NiTi-FGL zu untersuchen. Der

erste Teil dieser Arbeit beschäftigte sich mit elastisch anisotropen Simulationen von

vereinfachten martensitisch verzwillingten Mikrostrukturen. Im zweiten Teil wurde das

Verhalten makroskopischer Halbzeuge vor dem Hintergrund der spannungsinduzierten

Phasenumwandlung in pseudoelastischen FGL detailliert analysiert.

Es wurden Finite-Elemente-Simulationen an den in NiTi wichtigen Zwillingssystemen

(100)-Verbindungs-Zwilling, <110>-Typ II, {111}-Typ I, 612117 -Typ I und {110}-Typ I

durchgeführt. Zu diesem Zweck wurde, in Anlehnung an experimentelle Beobachtungen, eine

Modellstruktur mit alternierenden Zwillingsvarianten abgeleitet und systematisch mit

unterschiedlichen Spannungszuständen beaufschlagt. Dabei entstehen an den

Zwillingsgrenzflächen zusätzlich zu den äußeren Spannungen weitere Spannungsbeiträge, die

auf den Erhalt der geometrischen Kompatibilität zurückzuführen sind. Diese

Kompatibilitätsspannungen reichen ausgehend von den Grenzflächen in die endlich

ausgedehnten Volumina der einzelnen Varianten hinein und liegen betragsmäßig zum Teil in

derselben Größenordnung wie die aufgebrachten externen Spannungen. Im Allgemeinen

werden an den Grenzflächen die drei Kompatibilitätsspannungen σ1C, σ3C

(Normalspannungen) und σ5C (Schubspannung) beobachtet, die sich mit der externen

Beanspruchung überlagern und so zu einer deutlichen Spannungserhöhung und zu einem

Anstieg der Verzerrungsenergie in der Struktur beitragen. Über die einzelnen

Zwillingsgrenzflächen hinweg vollziehen die Kompatibilitätsspannungen einen

Vorzeichenwechsel. Relativ zur aufgebrachten äußeren Beanspruchung konnten zusätzliche

Spannungsbeiträge von wenigen Prozent bis zu über 120 % beobachtet werden. Randeffekte

(starker Abfall der Spannungen) wurden in denjenigen Probenbereichen ausgemacht, die sich

frei verformen können. Sie konzentrieren sich daher auf die äußeren Varianten der

Zwillingsstapel sowie die lateralen Ränder jeder einzelnen Zwillingsvariante. Sinnvolle

Ergebnisse ergaben sich in den zentralen Probenbereichen. Es konnte gezeigt werden, dass

sich die Ergebnisse in den randfernen Bereichen des Volumens umso stärker der Lösung an

der zentralen Grenzfläche annähern, je mehr Varianten im Modell berücksichtigt wurden. Zur

Validierung der numerischen Ergebnisse wurde ein analytisches Modell nach Gemperlova

[46] herangezogen, das ursprünglich für die Berechnung von Kompatibilitätsspannungen an

Page 131: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Zusammenfassung und Ausblick 115

Grenzflächen von unendlich ausgedehnten Bikristallen hergeleitet wurde. Unter

Berücksichtigung der entsprechenden kristallographischen Beziehungen wurde dieses Modell

in dieser Arbeit auf martensitische Zwillingsgrenzflächen übertragen. Die analytischen

Ergebnisse dieses Modells zeigen eine exzellente Übereinstimmung mit denjenigen

Ergebnissen der numerischen FEM-Simulationen, die sich in den zentralen Probenbereichen

der Zwillingsstrukturen einstellten. Dies belegt die grundsätzliche Anwendbarkeit der in

dieser Arbeit vorgeschlagenen Vorgehensweise zur Berechnung von Kompatibilitäts-

spannungen an martensitischen Zwillingsgrenzflächen. In der Literatur wurden die nicht zu

vernachlässigenden Beiträge von Kompatibilitätsspannungen zur Verzerrungsenergie bislang

vollkommen außer acht gelassenen. In Bezug auf die wichtigen Aspekte der plastischen

Verformung und funktionellen Ermüdung sowie die Frage, wann sich welche

Zwillingssysteme bilden bzw. reorientieren, sollten Kompatibilitätsspannungen an

Zwillingsgrenzflächen in Zukunft Berücksichtigung finden, um ein genauere Beschreibung

der Zwillingsbildung im Werkstoff NiTi zu erreichen.

Berücksichtigt man die Kompatibilitätsspannungen, so ergeben sich im Vergleich zu

bisherigen Betrachtungen höhere Werte für die elastische Verzerrungsenergie. Weitere

Arbeiten werden zeigen müssen, ob die Beiträge der Kompatibilitätsspannungen einen

derartigen Einfluss haben, dass erklärt werden kann, warum sich unter bestimmten

mikrostrukturellen Gegebenheiten (z.B. ultrafeinkörniges Gefüge) oder unter komplexen

mehrachsigen Spannungszuständen ausgewählte Zwillingssysteme bevorzugt ausbilden.

Experimentelle Untersuchungen sind notwendig, um nachzuweisen, dass externe Belastungen

durch die elastische Anisotropie martensitischer Zwillinge zu Kompatibilitätsspannungen in

derselben Größenordnung führen. So müssten äußere Spannungen unterhalb der Fließgrenze

durch zusätzliche Beiträge von Kompatibilitätsspannungen bereits zur Versetzungsbildung in

unmittelbarer Umgebung der Zwillingsgrenzflächen führen.

Page 132: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

116 Zusammenfassung und Ausblick

Abb. 6-1: Schematische Darstellung einer CT (engl.: Compact Tension) Probe in a). Eine Detailaufnahme des Probenbereiches vor der Rissspitze in b) zeigt die Spannungsverteilung, wie sie im Allgemeinen vor einer Rissspitze zu erwarten ist.

Für die Simulation des makroskopischen Materialverhaltens von pseudoelastischen FGL

wurde in dieser Arbeit ein Stoffgesetz nach Azadi [74] in einer VUMAT-Subroutine

implementiert und auf funktionelle Ermüdung erweitert. Mit diesem Modell wurden

numerische Untersuchungen an verschiedenen Halbzeugen wie Drähten, Bändern und

Blechen durchgeführt. Alle wesentlichen mechanischen Phänomene, die in Experimenten

beobachtet werden, konnten in den FEM-Simulationen erfolgreich abgebildet werden. Dazu

zählen neben dem lokalisierten Charakter der spannungsinduzierten Phasenumwandlung

(Nukleationsverhalten) auch das Ausbreitungsverhalten der Austenit-Martensit-

Phasengrenzen, die funktionelle Ermüdung sowie das resultierende Spannungs-Dehnungs-

Verhalten. Durch die geeignete Wahl der Materialparameter ist es gelungen eine sehr gute

Übereinstimmung zwischen Simulation und Experiment herzustellen. Experimentelle

Einspannbedingungen wurden nachgeahmt, indem die Probenköpfe einer geringfügigen

Druckspannung ausgesetzt wurden. In den so simulierten Zugversuchen wurde beobachtet,

dass für homogene Proben, die keinerlei geometrische Unstetigkeiten (Löcher, Kerben)

aufweisen, die Phasenumwandlung stets in den Einspannungen beginnt und sich danach in

Richtung der mittleren Probenbereiche ausbreitet. Löcher und Kerben in den Proben

bewirken, dass die Nukleation des Martensits nicht mehr in den Einspannungen beginnt. Sie

setzt in diesen Fällen in den zur Aussparung lateral benachbarten Materialbereichen ein. Nach

der Nukleation wurden verschiedene Typen der Phasenausbreitung beobachtet. Während sie

sich im Falle des Drahtes und Bandes sehr homogen darstellte, zeigte sich bei den

Blechproben teilweise eine finger- oder V-förmige Ausbreitung der Phasengrenzen. Die

detaillierten Analysen zum Spannungs- und Verformungsverhalten innerhalb und in

Page 133: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Zusammenfassung und Ausblick 117

unmittelbarer Umgebung der Austenit-Martensit-Phasengrenzen haben wichtige Erkenntnisse

bereitgestellt, die dem Experiment heute nicht oder nur mit erheblichem Aufwand zu

entnehmen sind. Die allgemein gute Übereinstimmung von Simulation und Experiment (in

Bezug auf Dehnungsfelder) lässt den Schluss zu, dass die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit

eine gute Beschreibung der spannungsinduzierten Phasenumwandlung in pseudoelastischen

FGL liefern.

Abb. 6-2: Schematische Darstellung der Spannungsverteilung einer Simulation eines Nanoindentations-experimentes mit einem kugelförmigen Indentationskörper.

Das in dieser Arbeit implementierte Modell zur Simulation des pseudoelastischen

Materialverhaltens kann auch ohne weitere Anpassungen dazu genutzt werden, um weitere

interessante Fragestellungen, wie die spannungsinduzierte Umwandlung vor der Rissspitze in

einer CT-Probe (engl.: compact tension) (Abb. 6-1), oder bei der Nanoindentation (Abb. 6-2)

zu analysieren. Die Simulation von konkreten Bauteilen, wie z.B. eines Stents (Abb. 6-3), ist

möglich und kann wesentliche Informationen über das mechanische Verhalten dieser

Komponenten im Einsatz liefern.

Von theoretischer Seite ist es möglich, das bislang rein mechanische Modell in eine

thermomechanisch gekoppelte Variante zu überführen, die eine Temperaturabhängigkeit der

mechanischen Eigenschaften (Höhe oder Steigung der Spannungsplateaus), sowie die Berück-

sichtigung der Umwandlungswärmen (exo- und endotherme Reaktion bei Hin- und

Rückumwandlung) gewährleistet. Die Erweiterung des Modells um die Plastizität würde des

Weiteren die Begrenzung des Modells auf Dehnungen bis max. 10 % (Bereich nach der

elastischen Verformung des Martensits) aufheben.

Page 134: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

118 Zusammenfassung und Ausblick

Abb. 6-3: a) Schematische Darstellung einer Stentkomponente und b) rautenförmiges Basiselement, aus welchem sich der Stent durch Aneinanderreihung aufbaut.

In diesem Zusammenhang könnte ebenfalls ein richtungsabhängiges Fließverhalten

(Textureinfluss) durch geeignete Anpassungen des Quellcodes implementiert werden.

Theoretische Überlegungen nach Hill [85] könnten herangezogen werden, um eine gezielte

Anisotropie der Fließkurve einzustellen. Damit könnte die Simulation von oft ausgeprägt

texturiertem NiTi-FGL ermöglicht werden.

Page 135: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

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Anhänge A1

8. Anhänge

Anhang A: Das Transformations-Dehnungs-Modell nach Azadi Stoffgesetze für strukturmechanische Berechnungen erfüllen in erster Linie die Aufgabe, für

einen gegebenen Verformungszustand den entsprechenden Spannungszustand zu berechnen.

Im Allgemeinen ist dieser Spannungstensor von der Dimension 3x3 und symmetrisch. Für

symmetrische Tensoren gilt, dass sie nur sechs anstelle von neun unabhängigen Komponenten

aufweisen. Ein solcher Tensor kann durch eine geeignete Koordinatentransformation in ein

Hauptachsensystem überführt werden. In diesem Fall verschwinden bis auf die Diagonal-

elemente alle anderen Komponenten. Die Diagonalelemente des Tensors entsprechen nach der

Koordinatentransformation den Hauptspannungen ]�, ]� und ]A des Spannungstensors. Mit

diesen Hauptspannungen können durch festgelegte Rechenvorschriften [86] die folgenden

drei Invarianten des Tensors abgeleitet werden:

z� � ]� s ]� s ]A (A-1)

z� � ]�]� s ]�]A s ]A]� (A-2)

zA � ]�]�]A (A-3)

Die Invariante J2 wird dabei in vielen Fällen herangezogen, um ein Fließkriterium zu

definieren, welches für duktile Metalle häufig Anwendung findet. Es gilt, dass Fließen

einsetzt, wenn J2 einen kritischen Wert k erreicht. Diese Kenngröße hat dabei die Eigenschaft,

dass sie für zwei unterschiedliche Spannungszustände mit gleicher Verzerrungsenergie

betragsmäßig identisch ist. Darüber hinaus ist die Verzerrungsenergie unabhängig vom

hydrostatischen Anteil des Spannungstensors. Aus diesem Grund wird in Stoffgesetzen, die

auf der J2-Plastizität basieren, häufig mit dem deviatorischen Anteil des Spannungstensors

gearbeitet. Nach Abb. A-1 beschreibt das Fließkriterium einen Zylinder im dreidimensionalen

Hauptspannungsraum. In einer beliebigen deviatorischen Ebene kennzeichnet der Rand des

Zylinders die entsprechende Fließortkurve.

Page 142: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A2 Anhänge

Abb. A-1: Darstellung der Von-Mises-Fließkurve im dreidimensionalen Hauptspannungsraum.

Mit Bezug auf die zweite Invariante des Spannungstensors ist die Vergleichsspannung nach

von Mises definiert als:

]2 � 3z� (A-4)

Fließen tritt genau dann auf, wenn

z� ! { � 0 (A-5)

Dabei ist k mit der Fließspannung ]| in einem einachsigen Versuch gemäß Gl. A-6 verknüpft:

{ � ]|/ 3 (A-6)

Die bisherigen Ausführungen gelten für den elasto-plastischen Fall. Das Modell nach Azadi

[74] trifft in Analogie zum plastischen Fließen die Annahme, dass für pseudoelastische NiTi-

Page 143: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A3

FGL die spannungsinduzierte Phasenumwandlung einsetzt, wenn die Von-Mises-

Vergleichsspannung (bzw. J2) einen kritischen Wert überschreitet. Motiviert durch

experimentelle Arbeiten und theoretische Untersuchungen [50, 51, 54, 63, 81, 87, 88] wurde

der Ansatz gewählt, die Lokalisierung durch eine Entfestigung (engl.: softening) im

Stoffgesetz zu verankern. Im Gegensatz zur Verfestigung (engl.: hardening) führt dabei eine

ansteigende Verformung der Probe nicht zu einem Anstieg sondern zu einer (geringen)

Verringerung der wirkenden Spannung. Während ein Werkstoffverhalten mit Verfestigung

die Ausbildung einer Lokalisierung unterdrückt und durch lokale Verfestigung zu einer

homogenen Verformung der Probe führt, lässt ein Stoffgesetz mit Entfestigung die Bildung

einer mechanischen Instabilität ausdrücklich zu. Shaw & Kyriakides konnten bereits mit

einfachen elasto-plastischen Ansätzen Lokalisierungseffekte erfolgreich simulieren [81]. Sie

waren dabei jedoch auf die Belastung beschränkt, weil konventionelle plastische Stoffgesetze

einzig eine rein elastische Entlastung erlauben. Ein wichtiger Beitrag von Shaw & Kyriakides

Abb. A-2: Das lokale Stoffgesetz beschreibt im wahren Spannungs-Dehnungs-Raum durch neun Parameter das Materialverhalten für pseudoelastische FGL. Nicht gekennzeichnet sind die beiden Querkontraktionszahlen für den Austenit und den Martensit.

besteht darin, dass sie systematisch nachwiesen, dass die Beschränkung der Entfestigung mit

anschließend wieder (elastisch) zunehmender Spannung zu einem numerisch relativ stabilen

Problem führt [81] Die bei einfachen Entfestigungsmodellen bekannten Probleme (z.B. eine

Abhängigkeit der Lösung von der Netzdichte) werden so minimiert. Azadi et al. definieren in

ihrem Stoffgesetz, dass auch die Rückumwandlung bei Entlastung abbildet, für die lokalen

Materialeigenschaften neun Parameter, die im Vorfeld der Simulation aus experimentellen

Page 144: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A4 Anhänge

Messungen bekannt sein müssen. Es handelt sich dabei um die Elastizitätsmoduli des

Austenits und des Martensits, der Poissonzahlen beider Phasen, die umwandlungsbedingte

Dehnung (Transformationsdehnung) sowie vier charakteristische Spannungen. Abb. A-2 zeigt

schematisch eine entsprechende einachsige σ-ε-Kurve mit den charakteristischen Parametern.

Eine plastische Verformung führt in der Regel durch die Entstehung von Versetzungen zu

einer Verfestigung des Werkstoffs. Für die J2-Plastizität wird im Allgemeinen zwischen

isotroper und kinematischer Verfestigung unterschieden. Laut Definition sind alle

Spannungszustände innerhalb der Fließkurve rein elastisch. Auf der Fließkurve selbst findet

plastische Verformung statt. Per Definition sind Materialzustände außerhalb der Fließkurve

nicht zulässig. Sobald die Fließkurve erreicht wird, vergrößert sich diese isotrop in alle

Richtungen oder verschiebt sich im Fall der kinematischen Verfestigung in die entsprechende

Richtung. Abb. A-3 stellt exemplarisch das Verhalten verschiedener Verformungs-

mechanismen im Spannungs-Dehnungs-Diagramm und im Hauptspannungsraum gegenüber.

Abb. A-3a zeigt das Verhalten bei elastischer Verformung. Die Fließkurve wird nicht erreicht

und bleibt daher unverändert. In Abb. A-3b vergrößert sich die Fließkurve durch die

Verformung von Punkt A zu Punkt B bei isotroper Verfestigung gleichmäßig. Eine Entlastung

führt ohne weitere Veränderung der Fließkurve zum Ursprung in Punkt O zurück. Würde das

Material erneut belastet werden, setzt Fließen erst dann wieder ein, wenn die gestrichelte

Kurve erreicht ist. Die Beschreibung ist deutlich komplizierter, wenn pseudoelastisches

Materialverhalten mit Entfestigung in Abb. A-3c betrachtet wird. Mit dem Erreichen des

zweiten Kurvenabschnitts in Punkt A beginnt die Phasenumwandlung des Materials vom

Austenit in den Martensit. Im Gegensatz zum plastischen Fließen zieht die Entfestigung eine

gleichmäßige Verkleinerung der Fließkurve bis zu Punkt B nach sich.

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Anhänge A5

Abb. A-3: Vergleich verschiedener Verformungsmechanismen im Spannungs-Dehnungs-Diagramm (links) und im Hauptspannungsraum (rechts). a) Rein elastische Verformung, b) Isotrope Verfestigung bei plastischer Verformung und c) Entfestigung bei pseudoelastischer Verformung.

Eine anschließende Entlastung führt ab Punkt C auf den unteren Kurvenast und startet dort die

Rückumwandlung des Materials. Mit dem Voranschreiten der Phasenumwandlung vergrößert

sich die Fließkurve wieder, bis bei Punkt D das Ende der Umwandlung erreicht ist. Die

weitere Entlastung erfolgt erneut elastisch. Bei erneuter Belastung gilt nun wieder die

ursprüngliche Fließkurve.

Page 146: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A6 Anhänge

Im Folgenden soll das Stoffgesetz von Azadi kurz hergeleitet werden. Die folgende

Darstellung orientiert sich an [74] Wird von der Komponentenschreibweise abgewichen, so

gilt die Konvention, dass Vektoren in geschweiften und Tensoren in eckigen Klammern

geschrieben werden. Nicht gekennzeichnete Größen sind Skalare. Für das Modell nach Azadi

wird eine additive Zerlegung der Dehnung verwendet. Plastische Verformungen, die sich bei

weiterer Belastung an die Transformation anschließen würden, werden nicht berücksichtigt.

Die Dehnung setzt sich daher nach Gl. (A-7) aus den Anteilen für die elastische

Verformung +~� und für die Phasenumwandlung (Transformation) +�� zusammen. An dieser

Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Transformationsdehnung in dieser Arbeit alternativ zur

Notation in [74] mit ∆+ bezeichnet wird.

+kl � +kl~� s +kl

�� (A-7)

In diesem isotropen Stoffgesetz enthält �kl�� die makroskopischen elastischen Parameter E

und ν. Für den elastischen Anteil gilt mit der Nachgiebigkeitsmatrix �kl�� zwischen

Spannung und Dehnung der lineare Zusammenhang:

+kl~� � �kl��]�� (A-8)

Der Volumenanteil des Materials, welcher aus dem Austenit in Martensit umgewandelt ist,

wird über die dimensionslose Variable � erfasst. Er kann dafür herangezogen werden, um die

effektive Nachgiebigkeit des Werkstoffs an einem Materialpunkt zu berechnen. Die lokale

Nachgiebigkeit ergibt sich aus der elastischen Nachgiebigkeit des Martensits �kl��� und des

Austenits �kl��x gewichtet durch den Martensitanteil � nach Gl. (A-9) zu:

�kl�� � ��kl��� s (1 ! �*�kl��x (A-9)

Page 147: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A7

Auf ähnliche Weise können die makroskopischen elastischen Eigenschaften Elastizitätsmodul

und Poissonzahl über � nach Gl. (A-10) und Gl. (A-11) bestimmt werden:

� � �x����x�(�d�)��

(A-10)

� � ����x s (1 ! �*�x����x s &1 ! �*�� (A-11)

Die Vektoren und Tensoren werden im weiteren Verlauf in Voigt-Notation dargestellt.

Dadurch vereinfacht sich die Implementierung des Stoffgesetzes auf Quellcodeebene

erheblich und spart zudem durch den Wegfall dreier Komponenten Rechenzeit ein. Die

Anordnung der einzelnen Komponenten orientiert sich an der Konvention für explizite

Subroutinen der Finite-Elemente-Software Abaqus [75]. Gl. (A-12) zeigt die Vektoren für die

Dehnung 6+7, Spannung 6]7, und den deviatorischen Anteil 6�7 des Spannungstensors in

Voigt-Notation.

6+7 � =>?>@

+��+��+AA+��+�A+�AB>C>D

, 6]7 � =>?>@

]��]��]AA]��]�A]�AB>C>D, 6�7 �

=>?>@

�������AA�����A��AB>C>D

(A-12)

Es kann gezeigt werden, dass für die Transformationsdehnung +�� folgender Zusammenhang

gilt, [74] :

+�� � 32 Δ+��� 1]2 6�7 (A-13)

Dabei ist ]2 die Von-Mises-Vergleichsspannung.

Page 148: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A8 Anhänge

Für die Gesamtdehnung ergibt sich damit folgender Ausdruck:

6+7 � ,�(�)-6]7 s A� Δ+��� �

�p 6�7 (A-14)

Die lokale Nachgiebigkeit ,�(�)- berechnet sich analog zu Gl. (A-9) in neuer Notation zu:

,�(�)- � �,��- s (1 ! �*,�x- (A-15)

Der Beginn der Phasenumwandlung setzt ein, wenn die Von-Mises-Vergleichsspannung ]2 die

Fließbedingung �&�* nach Gl. (A-16) erfüllt. Es gilt dann:

]2 � �&�* (A-16)

Für die Hinumwandlung folgt die Fließbedingung �&�* dem oberen Kurvenast aus Abb. A-2

und ist definiert als:

�&�*�k� � &1 ! �*]�� s �]�v (A-17)

Analog gilt für die Rückumwandlung der Verlauf des unteren Kurvenastes aus Abb. A-2:

�&�*�ü�� � �]x� s &1 ! �*]xv (A-18)

Page 149: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A9

Gl. (A-14) kann allgemein wie folgt zusammengefasst werden:

6+7 � ,��(�)-6]7 (A-19)

���(�)� ergibt sich dabei zu:

���(�)� � ,�(�)- s ∆+���/(�(�))

EFFFFFFFFG 1 ! �

� ! �� 0 0 0

1 ! �� 0 0 0

1 0 0 0A� 0 0

����. A� 0

A�OPPPPPPPPQ (A-20)

∆+�� repräsentiert die im einachsigen Zugversuch ermittelte makroskopische Trans-

formationsdehnung. Gl. (A-19) kann durch Invertierung der Nachgiebigkeitsmatrix nach den

Spannungen aufgelöst werden. Die Lösung dieses Gleichungssystems erfolgt durch einen

modifizierten Newton-Raphson-Algorithmus [89]. Die somit berechneten Spannungen

werden anschließend an den Abaqus-Solver übergeben, damit dieser die nächste Iteration

durchführen kann. Aus Gl. (A-19) ergibt sich durch Invertierung der Nachgiebigkeitsmatrix

Gl. (A-21), mit der die neuen Spannungen berechnet werden können:

6σ7 � ,C�(γ)-d�6ε7 (A-21)

Bevor Gl. (A-21) jedoch gelöst werden kann, muss überprüft werden, ob die

Transformationsbedingung in der vorherigen Iteration erfüllt war und sich der Martensitanteil

geändert hat. Ist dies der Fall, so muss zunächst der neue Martensitanteil bestimmt werden.

Die Fließbedingung aus Gl. (A-16) kann umgestellt werden, so dass gilt:

Page 150: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A10 Anhänge

�(�) � ]2(�) ! �(�) � 0 (A-22)

Bei Gl. (A-22) handelt es sich rein formal um eine Nullstellensuche und sie kann daher

wiederum über einen Newton-Raphson-Algorithmus auf konventionelle Weise gelöst werden.

Der neue Wert des Martensitanteils ergibt sich durch Addition seiner Änderung zum

ursprünglichen Wert nach Gl. (A-23):

�k�� � �k s y�k�� (A-23)

Die Änderung des Martensitanteils kann iterativ nach Gl. (A-24) berechnet werden:

y�k�� � ! �k(����)k

(A-24)

Es kann gezeigt werden, dass sich der Nenner der rechten Seite aus Gl. (A-24) über

Gl. (A-25) berechnen lässt:

���� � ! 32 1]2 6�7�,��(�)-d� � ��� ��(�)� 6]7 ! ��� �(�)

(A-25)

Zur Implementierung des Stoffgesetzes (ohne Berücksichtigung der funktionellen Ermüdung)

in einem Quellcode werden die neun unabhängigen Variablen, die benötigt werden, noch

einmal kurz zusammengefasst. Tab. A-1 zeigt in einer Übersicht diese Größen sowie ihre

Bezeichnung im Quellcode.

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Anhänge A11

Tab. A-1: Materialkennwerte des Stoffgesetzes.

Bezeichnung Variable im Quellcode Größe Einheit

Elastizitätsmodul für den Austenit emoda �x GPa

Poissonzahl für den Austenit enuea �x -

Elastizitätsmodul für den Martensit emodm �� GPa

Poissonzahl für den Martensit enuem �� -

Obere Spannung Belastungsplateau sigmn ]�� MPa

Untere Spannung Belastungsplateau sigmc ]�v MPa

Untere Spannung Entlastungsplateau sigan ]x� MPa

Obere Spannung Entlastungsplateau sigac ]xv MPa

Transformationsdehnung detrans  + -

Page 152: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A12 Anhänge

Anhang B: Erweiterung des Modells auf funktionelle Ermüdung

Das Transformationsdehnungs-Modell nach Azadi beschreibt über ein lokales Stoffgesetz das

Materialverhalten von pseudoelastischen Formgedächtnislegierungen. Wie bereits in

Kap. 1-5 beschrieben, führt die zyklische Deformation von pseudoelastischen NiTi-FGL

abhängig von der Zyklenzahl zu einer Veränderung der funktionellen Eigenschaften. Dieser

Umstand findet bislang keine Berücksichtigung im ursprünglichen Stoffgesetz. Zur

Durchführung von zyklischen Versuchen wird das Modell in dieser Arbeit modifiziert, dass

den wesentlichen Merkmalen der funktionellen Ermüdung Rechnung getragen wird. Das

Absinken der Spannungen der Be- und Entlastungsplateaus sowie das Auftreten einer

kontinuierlich ansteigenden irreversiblen Verformung, jeweils als Funktion der Zyklen,

wurden durch zusätzliche Gleichungen im Quellcode implementiert. Diese Weiterentwicklung

des Azadi-Modells wird hier kurz erläutert. Aus experimentellen Arbeiten ist bekannt, dass

die Veränderungen der funktionellen Eigenschaften in den ersten Zyklen besonders stark

ausgeprägt sind und für hohe Zyklenzahlen in erster Näherung in einen Sättigungszustand

übergehen [48]. Die Annahme, dass alle Veränderungen im lokalen Materialverhalten über

eine Gleichung des selben Typs beschrieben werden können, lässt sich physikalisch dadurch

motivieren, dass die einzelnen Ausprägungen der funktionellen Ermüdung auf die gleichen

Veränderungen in der Mikrostruktur des realen Materials zurückgeführt werden können. In

Anlehnung an [90] wird in dieser Arbeit Gl. (A-26) wie folgt definiert:

�(¡) � j(1 ! ¢d&£�** (A-26)

Abb. A-4 zeigt den charakteristischen Kurvenverlauf von Gl. (A-26), welche in Abhängigkeit

der Zyklenzahl die Änderung einer Größe zu ihrem Funktionswert im ersten Zyklus darstellt.

Dieses Verhalten zeigt sich sowohl für die Änderungen der jeweiligen Spannungsplateaus

(allerdings mit abfallendem Kurvenverlauf) als auch für die Entwicklung der irreversiblen

Dehnung. Die Konstante A stellt den oberen Schwellwert für die betrachtete Größe dar. Sie ist

betragsmäßig die maximale Differenz zwischen �&¡ � ∞* und �&¡ � 1*.

Page 153: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A13

Abb. A-4: Charakteristischer Verlauf des Spannungsplateauabfalls oder des Anstiegs der irreversiblen Verformung in Abhängigkeit der Zyklenzahl. Die Bestimmung aller ermüdungsrelevanten Parameter wird auf nur eine phänomenologische Gleichung zurückgeführt.

�(¡) entspricht entweder einer Spannungsdifferenz ∆]¥�¦�(¡) in MPa oder der

dimensionslosen irreversiblen Dehnung +k��(¡). Die Auswertung zahlreicher experimenteller

Datensätze zeigte, dass die Konstante B nur geringfügig variiert und üblicher Weise in einem

Bereich zwischen 0.24 und 0.26 liegt. Aus diesem Grund wurde sie in dieser Arbeit auf einen

Wert von 0.25 festgelegt. Für die Erweiterung des ursprünglichen Stoffgesetzes müssen drei

Konstantenpaare angegeben werden, die die Anzahl der Eingangsparameter damit auf

abschließend auf 15 erhöhen. Tab. A-2 gibt eine Übersicht der Variablen, die im Quellcode

zusätzlich notwendig sind, um funktionelle Ermüdung zu berücksichtigen. Abb. A-5 zeigt

schematisch das lokale Stoffgesetz, wenn funktionelle Ermüdung berücksichtigt wird. Mit

steigender Zyklenzahl fallen die Spannungsniveaus der oberen und unteren Kurvenäste.

Gleichzeitig nimmt die bleibende Dehnung inkrementell zu.

Tab. A-2: Weitere Materialkennwerte zur Berücksichtigung der funktionellen Ermüdung.

Bezeichnung Variable im Quellcode Größe Einheit

Sättigungsspannung Belastungsplateau cona1 c1 MPa

Exponentialkoeffizient Belastungsplateau conb1 c2 MPa

Sättigungsspannung Entlastungsplateau cona2 c3 MPa

Exponentialkoeffizient Entlastungsplateau conb2 c4 MPa

Maximale bleibende Dehnung (rel. zu ∆ε) cona3 c5 -

Exponentialkoeffizient bleibende Dehnung conb3 c6 -

Page 154: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A14 Anhänge

Abb. A-5: Das lokale Stoffgesetz unter Berücksichtigung funktioneller Ermüdung. Die Plateauspannungen sinken, während die bleibende Dehnung zunimmt. Die Änderung ist in den ersten Zyklen besonders stark ausgeprägt und wird mit steigender Zyklenzahl zunehmend schwächer.

Anhang C: Ermittlung der Materialparameter aus experimentellen Datensätzen

Die Parameter des Stoffgesetzes müssen in die FEM-Software Abaqus als wahre Größen

eingegeben werden. Experimentelle Datensätze enthalten in der Regel jedoch die technischen

Zusammenhänge der mechanischen Eigenschaften. Aus diesem Grund müssen zur

Bestimmung der Materialkennwerte für das verwendete Stoffgesetz Spannungen und

Dehnungen zunächst in wahre Größen umgerechnet werden. Dies erfolgt durch zwei einfache

Gleichungen:

+ � ln (1 s +¨* (A-27)

σ � σ¨&1 s ε¨* &A-28*

Abb. A-6 zeigt, wie anhand der wahren Spannungs-Dehnungs-Kurve der erste Variablensatz

bestimmt wird. Vom ersten Messpunkt bis zum Beginn des Belastungsplateaus wird eine

Tangente definiert. Ihre Steigung kennzeichnet den Elastizitätsmodul des Austenits. Nicht

berücksichtigt wird dabei eine mögliche R-Phasenumwandlung. Sie ist verantwortlich für eine

geringfügige Abweichung des linearen Verhaltens im ersten Kurvenabschnitt. Für die

Page 155: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A15

Abbildung des grundlegenden Materialverhaltens kann auf eine Berücksichtigung verzichtet

werden. Auf ähnliche Weise erfolgt die Bestimmung des Elastizitätsmoduls für den Martensit.

Abb. A-6: Die Bestimmung der Materialkennwerte für die Simulation erfolgt an der wahren Spannungs-Dehnungs-Kurve eines experimentellen Datensatzes.

Nachdem das Belastungsplateau durchschritten ist, treten in der realen Mikrostruktur im

Allgemeinen eine Vielzahl sich überlagernder Verformungsprozesse in Erscheinung. Als

Konsequenz kann im Experiment kein linearer Zusammenhang für diesen Bereich beobachtet

werden. Auch unterscheiden sich die Kurvenäste nach vollständiger Umwandlung für die

Belastung und die Entlastung deutlich. Als zweckmäßig hat sich daher erwiesen, eine

Ausgleichsgerade zu konstruieren, die näherungsweise durch das Ende des Belastungs-

plateaus und den Anfang des Entlastungsplateaus definiert ist. Die Spannungsplateaus werden

gleichermaßen durch Graden approximiert. Für die erfolgreiche Abbildung des lokalisierten

Umwandlungsverhaltens ist es erforderlich, dass diese negative Steigungen aufweisen.

Vorangegangene Studien haben gezeigt, dass eine Spannungsdifferenz von 30 MPa gute

Ergebnisse für die Simulation liefert. Zur Festlegung der entsprechenden Spannungswerte

wird eine Mittelspannung der Be- und Entlastungsplateaus berechnet. Die beiden gesuchten

Spannungen ergeben sich jeweils durch die Addition und Subtraktion der halben

Spannungsdifferenz (15 MPa) zur bzw. von der Mittelspannung. Die Transformations-

Dehnung ist durch den gedachten Schnittpunkt der Dehnungsachse mit dem Kurvenast der

elastischen Entlastung des Martensits gegeben. Die Anpassung an die bleibende Dehnung

erfolgt analog zur die Bestimmung des Elastizitätsmoduls des Austenits. Zur Bestimmung der

Page 156: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A16 Anhänge

Ermüdungskonstanten ist ein experimenteller Datensatz notwendig, der ausreichende

Informationen über das funktionelle Ermüdungsverhalten liefert. Je mehr

Umwandlungszyklen das Material erfahren hat, desto präziser erfolgt die Bestimmung der

Ermüdungskonstanten. Abb. A-7a zeigt einen experimentellen Datensatz mit 30

mechanischen Zyklen einer pseudoelastischen FGL aus einer experimentellen Arbeit [48]. Die

Abweichungen der beiden Plateauspannungen vom ersten Zyklus werden über die Zyklenzahl

aufgetragen. Gleiches wird für die irreversible Dehnung durchgeführt. Anschließend können

die Ermüdungsparameter durch das Anfitten von Gl. (A-26) an die drei Diagramme ermittelt

werden, (siehe Abb. A-7b).

Abb. A-7: Am Beispiel eines experimentellen Datensatzes aus [48] wird aufgezeigt, wie die Materialparameter für FEM-Simulationen bestimmt werden. Die Änderungen der Plateauspannungen und bleibenden Dehnungen werden erfasst und in einem zweiten Schritt über die Zyklenzahl aufgetragen. Gl. (A-26) wird für die entsprechenden Größen an den Datensatz gefittet und liefert auf diese Weise jeweils zwei Ermüdungskonstanten für das lokale Stoffgesetz.

Page 157: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A17

Anhang D: Implementierung des Quellcodes als VUMAT-Subroutine

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC C C Stoffgesetz zur Simulation von pseudoelastischen FGL C C C C unter Berücksichtigung von Lokalisierung und C C C C funktioneller Ermüdung C C C C C C Implementiert von C C C C Christian Großmann und Martin F.-X. Wagner C C C C Ruhr-Universität Bochum / TU Chemnitz C C C C März 2010 C C C CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

subroutine vumat(

C Eingangsvariablen nach Abaqus

1 nblock, ndir, nshr, nstatev, nfieldv, nprops, lanneal,

2 stepTime, totalTime, dt, cmname, coordMp, charLength,

3 props, density, strainInc, relSpinInc,

4 tempOld, stretchOld, defgradOld, fieldOld,

5 stressOld, stateOld, enerInternOld, enerInelasOld,

6 tempNew, stretchNew, defgradNew, fieldNew,

C Ausgangsvariablen nach Abaqus

1 stressNew, stateNew, enerInternNew, enerInelasNew )

Page 158: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A18 Anhänge

include 'vaba_param.inc'

C Dimensionen der Variablen nach Abaqus

dimension props(nprops), density(nblock),

1 coordMp(nblock,*),

2 charLength(*), strainInc(nblock,ndir+nshr),

3 relSpinInc(*), tempOld(*),

4 stretchOld(*), defgradOld(*),

5 fieldOld(*), stressOld(nblock,ndir+nshr),

6 stateOld(nblock,nstatev), enerInternOld(nblock),

7 enerInelasOld(nblock), tempNew(*),

8 stretchNew(*), defgradNew(*), fieldNew(*),

9 stressNew(nblock,ndir+nshr), stateNew(nblock,nstatev),

1 enerInternNew(nblock), enerInelasNew(nblock)

character*80 cmname

C Benutzerdefinierte Variablen und Dimensionen

real*8 gamma,celas(6,6),c2(6,6),cdach(6,6)

real*8 totstrain(6),eelas(6),etrans(6)

real*8 f1,f2,f3,smises,x(6)

real*8 sigmn,sigmc,sigan,sigac,gammamin,gammamax

Page 159: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A19

real*8 gamalt,dga(nblock),dgb(nblock),dgc

real*8 n1(nblock),n2(nblock),gammin(nblock),gammax(nblock)

real*8 dsigl,dsigu

real*8 cona1,conb1,cona2,conb2,cona3,conb3

real*8 emoda, emodm, e, enum, enua, xnu, detrans

integer nblock, z

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

C Lokale Materialparameter

emoda = props(1)

enua = props(2)

emodm = props(3)

enum = props(4)

sigmn = props(5)

sigmc = props(6)

sigan = props(7)

sigac = props(8)

detrans = props(9)

cona1 = props(10)

conb1 = props(11)

cona2 = props(12)

Page 160: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A20 Anhänge

conb2 = props(13)

cona3 = props(14)

conb3 = props(15)

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

C Startwerte für min. und max. Martensitvolumenanteil

gammamin = 0.0

gammamax = 1.0

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

C Beginn der Schleife über alle Materialpunkte

do z = 1,nblock

gamma = stateOld(z,7)

gamalt = gamma

n1(z) = stateOld(z,8)

n2(z) = stateOld(z,9)

dga(z) = stateOld(z,10)

dgb(z) = stateOld(z,11)

Page 161: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A21

dgc = stateOld(z,12)

gammin(z) = stateOld(z,13)

gammax(z) = stateOld(z,14)

gammamin = cona3*(1.-exp(-conb3*n1(z)))

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

C Berechnung der neuen Plataeuspannungen

dsigl=cona1*(1.-exp(-conb1*n1(z)))

sigmn=sigmn-dsigl

sigmc=sigmc-dsigl

dsigu=cona2*(1.-exp(-conb2*n1(z)))

sigac=sigac-dsigu

sigan=sigan-dsigu

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

C Reinitialisierung der Ausgangsspannungen

do i=1,6

Page 162: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A22 Anhänge

stressNew(z,i)=0.0

enddo

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

C Update der totalen Dehnungen

do j=1,6

totstrain(j)=stateOld(z,j)+strainInc(z,j)

stateNew(z,j)=totstrain(j)

enddo

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

C Update der Spannungen

do i=1,6

x(i)=stressOld(z,i)

enddo

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

2000 continue

Page 163: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A23

C Elastisch Verformung: gamma = const.

call elastic(x,celas,c2,cdach,smises,e,xnu,emoda,

& emodm,enua,enum,totstrain,gamma,detrans)

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

C Kontrolle, ob Transformationsbedingung erfüllt ist

if ((smises.GT.(1.0-gamma)*sigmn+gamma*sigmc).AND.

& (gamma.LT.gammamax)) then

call trans(sigmn,sigmc,x,smises,e,xnu,emoda,

& emodm,enua,enum,totstrain,gamma,detrans)

elseif ((smises.LT.(1.0-gamma)*sigac+gamma*sigan).AND.

& (gamma.GT.gammamin)) then

call trans(sigac,sigan,x,smises,e,xnu,emoda,

& emodm,enua,enum,totstrain,gamma,detrans)

else

goto 2001

endif

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

Page 164: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A24 Anhänge

C Kontrolle, ob gammamin < gamma < gammamax ist

if (gamma.LT.gammamin) then

gamma = gammamin

goto 2000

endif

if (gamma.GT.gammamax) then

gamma = gammamax

goto 2000

endif

2001 continue

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

C Änderung von gamma – Verformungshistorie

if ((gamma-gamalt).lt.0.) then

dgc=-1.

elseif ((gamma-gamalt).gt.0.) then

dgc=1.

else

dgc=0.

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Anhänge A25

endif

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

C Zyklenzähler

C dgc =dgb --> Zweimal hintereinander elastisch, keine Änderung

C dgc<0, dgb=0, dga>0 --> Nach Belastung jetzt Entlastung, Update gammax

C dgc>0, dgb=0, dga<0 --> Nach Entlastung jetzt Belastung, Update gammin

if (dgc.eq.dgb(z)) then

goto 99

endif

if ((dgc.lt.0.0).AND.(dgb(z).eq.0.0).AND.(dga(z).gt.0.0))then

gammax(z)=gamalt

n1(z)=stateOld(z,8)+(gammax(z)-gammin(z))/(gammamax-gammamin)

gammin(z)=0.

gammax(z)=0.

elseif ((dgc.gt.0.0).AND.(dgb(z).eq.0.0).AND.(dga(z).lt.0.0))then

gammin(z)=gamalt

n2(z)=n1(z)

elseif ((dgc.gt.0.0).AND.(dgb(z).eq.0.0).AND.(dga(z).eq.0.0))then

gammin(z)=0.

endif

Page 166: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A26 Anhänge

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

C Weiterschieben: dgc --> dgb --> dga

dga(z)=dgb(z)

dgb(z)=dgc

99 continue

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

C Aufspaltung der Dehnungen

do i=1,6

eelas(i) =0.0

etrans(i)=0.0

enddo

do i=1,6

do j=1,6

eelas(i)=eelas(i)+celas(i,j)*x(j)

enddo

enddo

do i=1,6

etrans(i)=totstrain(i)-eelas(i)

enddo

Page 167: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A27

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

C Update aller StateNew-Variablen

C 27 StateNew - 1 bis 6 bereits mit "totstrain(i)" belegt

stateNew(z,7)=gamma

stateNew(z,8)=n1(z)

stateNew(z,9)=n2(z)

stateNew(z,10)=dga(z)

stateNew(z,11)=dgb(z)

stateNew(z,12)=dgc

stateNew(z,13)=gammin(z)

stateNew(z,14)=gammax(z)

stateNew(z,15)=gammamin

do i=1,6

stateNew(z,15+i)=eelas(i)

stateNew(z,21+i)=etrans(i)

enddo

do i=1,6

stressNew(z,i)=x(i)

enddo

Page 168: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A28 Anhänge

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

C Ende der z-Schleife über Materialpunkte

enddo

return

end

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

C Subroutinen

subroutine trans(siga,sigb,x,smises,e,xnu,emoda,

& emodm,enua,enum,totstrain,gamma,detrans)

real*8 siga, sigb

real*8 x(6)

real*8 totstrain(6)

real*8 smises, e, xnu, emoda, emodm, enua, enum

real*8 tolgamma,errf,errx,gamma,detrans

integer ntrial, k1

real*8 dfdg, dgamma, f

Page 169: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A29

real*8 cdachinv(6,6),cdachdg(6,6),veca(6),vecb(6)

real*8 svec(6), A1, A2, A3, A4, B1

real*8 trace, YY

tolgamma=0.0001

ntrial = 100

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

C Beginn Newton-Raphson-Iterationen

do k1=1,ntrial

C Hauptaufgabe: dfdg ausrechnen

do i=1,6

do k=1,6

cdachinv(i,k)=0.

cdachdg(i,k)=0.

enddo

veca(i)=0.

vecb(i)=0.

enddo

Page 170: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A30 Anhänge

C 1a. cdachinv belegen

A1 = 2.0*(siga-gamma*siga+gamma*sigb)

A2 = 2.0*((gamma-1.0)*siga-gamma*sigb)

A3 = detrans*e*gamma

A4 = (2.0*xnu-1.0)*(3.0*A3-(xnu+1.0)*A2)

cdachinv(4,4)=1.0/((1.0+xnu)/e+3.0*detrans*gamma/A1)

cdachinv(5,5)=cdachinv(4,4)

cdachinv(6,6)=cdachinv(4,4)

cdachinv(1,1)=-e*(A3+(xnu-1.0)*A2)/A4

cdachinv(2,2)=cdachinv(1,1)

cdachinv(3,3)=cdachinv(1,1)

cdachinv(1,2)=-e*(A3-xnu*A2)/A4

cdachinv(1,3)=cdachinv(1,2)

cdachinv(2,1)=cdachinv(1,2)

cdachinv(2,3)=cdachinv(1,2)

cdachinv(3,1)=cdachinv(1,2)

cdachinv(3,2)=cdachinv(1,2)

C 1b. Spannungen berechnen

do i=1,6

x(i)=0.0

Page 171: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A31

do k=1,6

x(i) = x(i)+cdachinv(i,k)*totstrain(k)

enddo

enddo

C 1c. smises bestimmen

smises = x(1)**2+x(2)**2+x(3)**2

smises = smises-x(1)*x(2)-x(1)*x(3)-x(2)*x(3)

smises = sqrt(abs(smises+3.*(x(4)**2+x(5)**2+x(6)**2)))

C 1d. f belegen

f=smises-((1.-gamma)*siga+gamma*sigb)

C 1e. Kontrolle, ob schon konvergiert

if (abs(f).LE.tolgamma)then

goto 3000

endif

C 2. cdachdg belegen

B1=detrans*siga/((siga-gamma*siga+gamma*sigb)**2)

Page 172: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A32 Anhänge

cdachdg(1,1)=-1.0/emoda+1.0/emodm+B1

cdachdg(2,2)=cdachdg(1,1)

cdachdg(3,3)=cdachdg(1,1)

cdachdg(1,2)=enua/emoda-enum/emodm-B1/2.0

cdachdg(1,3)=cdachdg(1,2)

cdachdg(2,1)=cdachdg(1,2)

cdachdg(2,3)=cdachdg(1,2)

cdachdg(3,1)=cdachdg(1,2)

cdachdg(3,2)=cdachdg(1,2)

cdachdg(4,4)=-(1.0+enua)/emoda+(1.0+enum)/emodm+B1*3.0/2.0

cdachdg(5,5)=cdachdg(4,4)

cdachdg(6,6)=cdachdg(4,4)

C 3. veca belegen

trace=x(1)+x(2)+x(3)

svec(1)=x(1)-(1.0/3.0)*trace

svec(2)=x(2)-(1.0/3.0)*trace

svec(3)=x(3)-(1.0/3.0)*trace

svec(4)=2.*x(4)

svec(5)=2.*x(5)

svec(6)=2.*x(6)

Page 173: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A33

do i=1,6

do k=1,6

veca(i)=veca(i)+svec(k)*cdachinv(k,i)

enddo

veca(i)=-3.0/2.0*1.0/smises*veca(i)

enddo

C 4. vecb belegen

do i=1,6

do k=1,6

vecb(i) = vecb(i)+cdachdg(i,k)*x(k)

enddo

enddo

C 5. dfdg belegen

dfdg=0.

do i=1,6

dfdg=dfdg+veca(i)*vecb(i)

enddo

dfdg=dfdg-(sigb-siga)

Page 174: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A34 Anhänge

C 6. gamma neu berechnen

dgamma=-f/dfdg

gamma=gamma+dgamma

C Nach Iteration: E-Modul und nue neu berechnen

e=emoda*emodm

e=e/(gamma*emoda+(1.-gamma)*emodm)

xnu=gamma*enum*emoda+(1.-gamma)*enua*emodm

xnu=xnu/(gamma*emoda+(1.-gamma)*emodm)

C Ende der k1-Schleife

enddo

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

3000 continue

return

end

Page 175: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A35

C Ende des Hauptprogramms

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

C Beginn der Subroutinen

subroutine usrfun(smises,x,emod,nu,gamma,detrans,fjac)

real*8 smises, fjac(6,6), x(6), emod, nu, gamma, detrans

real*8 A1, A2, A3, B1, B2, B3

A1 = 3.*detrans*gamma

A2 = x(4)**2+x(5)**2+x(6)**2

A3 = 2.*(smises**3)

B1 = 2.*x(1)-x(2)-x(3)

B2 = -x(1)+2*x(2)-x(3)

B3 = -x(1)-x(2)+2*x(3)

fjac(1,1) = -1/emod-A1/(2.*A3)*(4.*A2+(x(2)-x(3))**2)

fjac(2,2) = -1/emod-A1/(2.*A3)*(4.*A2+(x(1)-x(3))**2)

fjac(3,3) = -1/emod-A1/(2.*A3)*(4.*A2+(x(1)-x(2))**2)

fjac(4,4) = (-nu-1.)/emod-A1/A3*(smises**2-3.*x(4)**2)

fjac(5,5) = (-nu-1.)/emod-A1/A3*(smises**2-3.*x(5)**2)

fjac(6,6) = (-nu-1.)/emod-A1/A3*(smises**2-3.*x(6)**2)

fjac(1,2) = nu/emod+A1/(2.*A3)*((x(1)-x(3))*(x(2)-x(3))+2.*A2)

fjac(1,3) = nu/emod+A1/(2.*A3)*((x(2)-x(1))*(x(2)-x(3))+2.*A2)

Page 176: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A36 Anhänge

fjac(2,1) = nu/emod+A1/(2.*A3)*((x(1)-x(3))*(x(2)-x(3))+2.*A2)

fjac(2,3) = nu/emod+A1/(2.*A3)*((x(2)-x(1))*(x(3)-x(1))+2.*A2)

fjac(3,1) = nu/emod+A1/(2.*A3)*((x(2)-x(1))*(x(2)-x(3))+2.*A2)

fjac(3,2) = nu/emod+A1/(2.*A3)*((x(1)-x(3))*(x(1)-x(2))+2.*A2)

fjac(4,5) = A1/A3*3*x(4)*x(5)

fjac(4,6) = A1/A3*3*x(4)*x(6)

fjac(5,4) = A1/A3*3*x(4)*x(5)

fjac(5,6) = A1/A3*3*x(5)*x(6)

fjac(6,4) = A1/A3*3*x(4)*x(6)

fjac(6,5) = A1/A3*3*x(5)*x(6)

fjac(1,4) = A1/A3*B1*x(4)

fjac(1,5) = A1/A3*B1*x(5)

fjac(1,6) = A1/A3*B1*x(6)

fjac(2,4) = A1/A3*B2*x(4)

fjac(2,5) = A1/A3*B2*x(5)

fjac(2,6) = A1/A3*B2*x(6)

fjac(3,4) = A1/A3*B3*x(4)

fjac(3,5) = A1/A3*B3*x(5)

fjac(3,6) = A1/A3*B3*x(6)

fjac(4,1) = A1/(2.*A3)*B1*x(4)

fjac(4,2) = A1/(2.*A3)*B2*x(4)

fjac(4,3) = A1/(2.*A3)*B3*x(4)

fjac(5,1) = A1/(2.*A3)*B1*x(5)

Page 177: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A37

fjac(5,2) = A1/(2.*A3)*B2*x(5)

fjac(5,3) = A1/(2.*A3)*B3*x(5)

fjac(6,1) = A1/(2.*A3)*B1*x(6)

fjac(6,2) = A1/(2.*A3)*B2*x(6)

fjac(6,3) = A1/(2.*A3)*B3*x(6)

return

end

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

subroutine ludcmp(a,n,np,indx,d)

integer n,np,indx(n),nmax

real*8 d,a(np,np),tiny

parameter (nmax=500,tiny=1.0e-20)

integer i,imax,j,k

real*8 aamax,dum,sum,vv(nmax)

d=1.

do i=1,n

aamax=0.

do j=1,n

Page 178: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A38 Anhänge

if (abs(a(i,j)).gt.aamax) aamax=abs(a(i,j))

enddo

if (aamax.eq.0.) pause 'Singularity in ludcmp'

vv(i)=1./aamax

enddo

do j=1,n

do i=1,j-1

sum=a(i,j)

do k=1,i-1

sum=sum-a(i,k)*a(k,j)

enddo

a(i,j)=sum

enddo

aamax=0.

do i=j,n

sum=a(i,j)

do k=1,j-1

sum=sum-a(i,k)*a(k,j)

enddo

a(i,j)=sum

dum=vv(i)*abs(sum)

if (dum.ge.aamax) then

imax=i

Page 179: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A39

aamax=dum

endif

enddo

if (j.ne.imax)then

do k=1,n

dum=a(imax,k)

a(imax,k)=a(j,k)

a(j,k)=dum

enddo

d=-d

vv(imax)=vv(j)

endif

indx(j)=imax

if(a(j,j).eq.0.)a(j,j)=tiny

if(j.ne.n)then

dum=1./a(j,j)

do i=j+1,n

a(i,j)=a(i,j)*dum

enddo

endif

enddo

return

Page 180: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A40 Anhänge

end

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

subroutine lubksb(a,n,np,indx,b)

integer n,np,indx(n)

integer i,ii,j,ll

real*8 a(np,np),b(n)

real*8 sum

ii=0

do i=1,n

ll=indx(i)

sum=b(ll)

b(ll)=b(i)

if (ii.ne.0)then

do j=ii,i-1

sum=sum-a(i,j)*b(j)

enddo

else if (sum.ne.0.) then

ii=i

endif

Page 181: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A41

b(i)=sum

enddo

do i=n,1,-1

sum=b(i)

do j=i+1,n

sum=sum-a(i,j)*b(j)

enddo

b(i)=sum/a(i,i)

enddo

return

end

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

subroutine matinv(a,n,np,y)

integer np,indx(np)

real*8 a(np,np),y(np,np)

do i=1,n

do j=1,n

y(i,j)=0.

Page 182: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A42 Anhänge

enddo

y(i,i)=1.

enddo

call ludcmp(a,n,np,indx,d)

do j=1,n

call lubksb(a,n,np,indx,y(1,j))

enddo

return

end

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

subroutine cmat(smises,xnu,e,detrans,gamma,celas,c2,cdach)

real*8 celas(6,6),c2(6,6),cdach(6,6),gamma,smises,xnu,e,detrans

C celas-matrix belegen

do i=1,3

do k=1,3

if (i.ne.k) then

celas(i,k)=-xnu/e

else

Page 183: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A43

celas(i,k)=1.0/e

endif

enddo

enddo

do i=4,6

do k=4,6

if (i.eq.k) then

celas(i,k)=(1.0+xnu)/e

endif

enddo

enddo

C c2-matrix belegen

do i=1,3

do k=1,3

if (i.ne.k) then

c2(i,k)=-0.5*detrans*gamma/smises

else

c2(i,k)=1.0*detrans*gamma/smises

endif

enddo

enddo

Page 184: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A44 Anhänge

do i=4,6

do k=4,6

if (i.eq.k) then

c2(i,k)=1.5*detrans*gamma/smises

endif

enddo

enddo

C cdach-matrix belegen

do i=1,6

do k=1,6

cdach(i,k)=celas(i,k)+c2(i,k)

enddo

enddo

return

end

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

subroutine elastic(x,celas,c2,cdach,smises,e,xnu,emoda,

& emodm,enua,enum,totstrain,gamma,detrans)

Page 185: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A45

real*8 x(6), celas(6,6), c2(6,6), cdach(6,6), p(6)

real*8 totstrain(6),fvec(6),fjac(6,6),celasinv(6,6)

real*8 smises, e, xnu, emoda, emodm, enua, enum

real*8 tolf,tolx,errf,errx,d, gamma, detrans

integer ntrial, k1, indx(6)

tolf=0.000000001

tolx=0.000000001

ntrial = 50

do k1=1,ntrial

C Beginn der k1-Schleife

do i=1,6

do k=1,6

celas(i,k)=0.0

c2(i,k)=0.0

cdach(i,k)=0.0

fjac(i,k)=0.0

enddo

enddo

smises = x(1)**2+x(2)**2+x(3)**2

Page 186: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A46 Anhänge

smises = smises-x(1)*x(2)-x(1)*x(3)-x(2)*x(3)

smises = sqrt(abs(smises+3.*(x(4)**2+x(5)**2+x(6)**2)))

if (smises.LT.1.0) then

smises = 1.0

endif

e=emoda*emodm

e=e/(gamma*emoda+(1.-gamma)*emodm)

xnu=gamma*enum*emoda+(1.-gamma)*enua*emodm

xnu=xnu/(gamma*emoda+(1.-gamma)*emodm)

C c-Matrizen belegen

call cmat(smises,xnu,e,detrans,gamma,celas,c2,cdach)

C fvec belegen

do i=1,6

fvec(i)=0.0

do k=1,6

fvec(i)=fvec(i)+cdach(i,k)*x(k)

enddo

fvec(i)=totstrain(i)-fvec(i)

enddo

Page 187: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Anhänge A47

errf=0.0

do i=1,6

errf=errf+abs(fvec(i))

enddo

if (errf.LT.tolf) then

goto 77

endif

C fjac belegen

call usrfun(smises,x,e,xnu,gamma,detrans,fjac)

do i=1,6

p(i)=-fvec(i)

enddo

call ludcmp(fjac,6,6,indx,d)

call lubksb(fjac,6,6,indx,p)

errx=0.0

do i=1,6

errx=errx+abs(p(i))

x(i)=x(i)+p(i)

enddo

if (errx.LT.tolx) goto 77

Page 188: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A48 Anhänge

C Ende der k1-Schleife

enddo

77 continue

smises = x(1)**2+x(2)**2+x(3)**2

smises = smises-x(1)*x(2)-x(1)*x(3)-x(2)*x(3)

smises = sqrt(abs(smises+3.*(x(4)**2+x(5)**2+x(6)**2)))

if (smises.LT.1.0) then

smises = 1.0

endif

return

end

C Ende der Subroutinen

CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC

Page 189: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Bisherige Veröffentlichungen A49

Bisherige Veröffentlichungen

Die hier aufgelisteten Arbeiten wurden überwiegend bereits veröffentlicht und werden zum

Teil in dieser Arbeit zitiert. Einige Veröffentlichungen sind von der vorliegenden Arbeit

losgelöst.

{1} C. Grossmann, A. Schaefer, M. F.-X. Wagner: A finite element study on localized

deformations and functional fatigue in pseudoelastic NiTi strips, Materials Science and

Engineering: A 527 (2009), 1172-1178

{2} C. Grossmann, J. Frenzel, V. Sampath, T. Depka, G. Eggeler: Elementary Transformation

and Deformation Processes and the Cyclic Stability of NiTi and NiTiCu Shape Memory

Spring Actuators, Metallurgical and Materials Transactions A 40A (2009), 2530-2544

{3} C. Grossmann, A. Schaefer, M. F.-X. Wagner: Finite element simulations of localized

phase transformations in pseudoelastic NiTi shape memory alloys subjected to multi-axial

stress states, Proceedings of the ICOMAT 2008, 525-530

{4} C. Grossmann, J. Frenzel, V. Sampath, T. Depka, A. Oppenkowski, Ch. Somsen,

K. Neuking, W. Theisen, G. Eggeler: Processing and property assessment of NiTi an NiTiCu

shape memory actuator springs, Materialwissenschaft und Werkstofftechnik 39 (2008),

499-510

{5} J. Olbricht, M. F.-X. Wagner, A. Condo, A. Dlouhy, C. Grossmann, A. Kroeger,

Ch. Somsen, G. Eggeler: A Transmission Electron Microscopy Procedure for in-situ Straining

of Miniature Pseudoelastic NiTi Specimens, International Journal of Materials Research 99

(2008), 1150-1156

Weitere Veröffentlichungen, die im Zeitraum meiner Tätigkeit am Institut für Werkstoffe

entstanden sind:

{6} C. Großmann: Hart wie Stahl, doch leichter und intelligenter, Industrieanzeiger Ausgabe

19, KW33 vom 16.08.2010

{7} Übungsbegleitendes Skriptum zur Vorlesung Werkstoffinformatik, zusammen mit André

Wieczorek und Dipl.-Ing. Stefanie Jaeger , 2010

Page 190: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A50 Bisherige Veröffentlichungen

{8} C. Großmann: In-situ-Untersuchungen zur spannungsinduzierten Martensitbildung an

einer einkristallinen Ni-reichen NiTi-Legierung, Studienarbeit 2007

{9} T. Depka, C. Großmann, A. Oppenkowski: Processing von NiTi-FGL-Federn und

Untersuchung des Ermüdungsverhaltens, Projektarbeit 2007

Page 191: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

Lebenslauf A51

Curriculum Vitae

Christian Helmut Großmann Eltern Staatsangehörigkeit Familienstand

Persönliche Daten Geboren am 06.05.1982 in Mülheim a.d. Ruhr Gartenstr. 69, 44869 Bochum Petra H. Großmann, Lageristin Rassim Dogan, Diplom-Ingenieur deutsch ledig

05/2007 – heute 05/2010 – heute 07/2009 – heute 05/2007 – 05/2010 Forschung: Lehre:

Berufstätigkeit Mitglied der Emmy Noether Forschungsgruppe „Zwillingsbildung“ wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Werkstofftechnik, TU Chemnitz Geschäftsführender Gesellschafter der Ingpuls GmbH wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Werkstoffwissenschaft, Ruhr-Universität Bochum Finite-Elemente-Simulationen von verzwillingten Martensitstrukuturen und pseudoelastischen NiTi-Formgedächtnislegierungen Betreuung der Vorlesung Werkstoffinformatik, des Werkstoffpraktikums – Versuch Schweißen, des Fachlabors Werkstoffe – NiTi-Formgedächtnislegierungen sowie Verwaltung der studentischen Hilfskräfte, Betreuung von Studien-, Projekt, und Bachelorarbeiten

10/2002 – 04/2007 04/2007 01 – 04/2007

Hochschulstudium Maschinenbau, Ruhr-Universität Bochum Abschluss: Diplom-Ingenieur (Gesamtnote Sehr Gut) Diplomarbeit: “Werkstoffwissenschaftliche Untersuchungen zum Akti-vierungsverhalten unterschiedlich thermomechanisch be-handelter NiTiCu-Federaktoren mit Hilfe eines optimierten Prüfstandes“ (Note 1,0)

06/2001 08/1992 – 06/2001 08/1990 – 06/1992 08/1988 – 06/1990

Schulbildung Abschluss Abitur (Note 2,1) Karl-Ziegler Gymnasium, Mülheim a.d. Ruhr Klostermarkt Grundschule, Mülheim a.d. Ruhr Pestalozzi Grundschule, Mülheim a.d. Ruhr

Page 192: Makroskopische und mikromechanische Finite-Elemente-Analysen ...

A52 Lebenslauf

09/2009 08/2009 09/2008 07/2008 06/2008 09/2007 07/2007

Auslandsaufenthalte und Konferenzbeiträge European Symposium on Martensitic Transformations, Prag, Tschechien – Vortrag International Conference on the Strength of Materials, Dresden – Posterbeitrag Shape Memory and Superelastic Technologies, Stresa, Italien – Vortrag Junior European Congress and Exhibition on Advanced Materials and Processes, Lausanne, Schweiz – Vortrag International Conference on Martensitic Transformations, Santa Fe, New Mexico, USA – Posterbeitrag European Materials Research Society, Warschau, Polen – Vortrag IDEA League Summer School – Multiscale Modelling in Materials Science and Engineering, Simonskall

10/2005 – 04/2007 07/2004 – 04/2005

Studienbegleitende Tätigkeiten studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Werkstoff-wissenschaft, Ruhr-Universität Bochum studentische Hilfskraft in der Arbeitsgruppe für numerische Methoden in der Mechanik und Simulationstechnik, Ruhr-Universität Bochum

04/2005 – 10/2005 05/2002 – 08/2002

Praktika Porsche AG – Entwicklungszentrum Weissach, Fachgebiet Werkstoffe, Abteilung Fahrwerk Vallourec & Mannesmann Röhrenwerke, Mülheim a.d. Ruhr,

07/2001 – 05/2002

Wehrersatzdienst Theodor-Fliedner Stiftung, Werkstätten für behinderte Menschen, Abteilung Schwerstpflege, Mülheim a.d. Ruhr

Englisch Spanisch Lateinisch

Fremdsprachen

Verhandlungssicher Grundkenntnisse Großes Latinum