Manifest des Kongresses für kulturelle Freiheit, Berlin ... · PDF fileChiaromonte) und...

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  • Manifest des Kongresses fr kulturelle Freiheit,Berlin, 26. 30. Juni 1950

    ZusammenfassungDieses Manifest diente als Abschludokument des Kongresses fr kulturelle Freiheit,einer Veranstaltung, auf der sich Ende Juni 1950 etwa 121 antikommunistischeSchriftsteller, Knstler, Politiker und Intellektuelle aus nahezu smtlichen westlichenLndern, besonders aber aus den USA, Grobritannien, Frankreich, Italien undWestdeutschland, in West-Berlin trafen. Dort diskutierten sie die Mglichkeiten einerkonzertierten antikommunistischen Aktion prowestlicher Intellektueller im Kampfgegen den stalinistischen Kommunismus. Aus dem Berliner Kongre erwuchs dannder Congress for Cultural Freedom (CCF), eine weltweit operierende Organisationliberaler, antikommunistischer Intellektueller, die 1967 ihre Ttigkeit einstellen mute,nachdem Beweise an die ffentlichkeit gedrungen waren, die belegten, da der CCFvom US-amerikanischen Geheimdienst CIA finanziert worden war.

    Einleitung

    Das Manifest von 1950 war zugleich Schlupunkt und Startfanfare. Es beendete eineseit den spten 1930er Jahren anhaltende Phase der Verunsicherung linksliberalerund sozialdemokratischer, vormals hufig kommunistischer Intellektueller undPolitiker ber ihren Kurs gegenber der Sowjetunion und dem Stalinismus. Seit etwa1943 hatten sich vor allem in den Vereinigten Staaten und Grobritannien kleinere,voneinander unabhngige Zirkel gebildet, in denen schon frh darber diskutiertworden war, wie man der kulturell-ideologischen Offensive der Sowjetunion und derkommunistischen Parteien in aller Welt begegnen sollte. Zu diesen Gruppen zhltenbeispielsweise die New York Jewish Intellectuals, die sich um die Zeitschriften "NewLeader", "Partisan Review" und "Commentary" gesammelt hatten, darunter IrvingKristol, Norman Podhoretz, Philip Rahv und andere mehr, aber auch die denDemokraten nahestehende Union for Democratic Action (UDA), aus der nach demZweiten Weltkrieg die Americans for Democratic Action (ADA) hervorgehen sollte(hierzu zhlten zum Beispiel John Kenneth Galbraith, George F. Kennan, J. RobertOppenheimer oder Arthur M. Schlesinger Jr.), der amerikanischeGewerkschaftsverband American Federation of Labor (AFL) angefhrt von IrvingBrown, britische Intellektuelle um die Zeitschrift "Horizon" , darunter George Orwell,sowie vereinzelte Politiker und Schriftsteller aus Italien (Ignazio Silone, NicolaChiaromonte) und Frankreich (Raymond Aron). Zu ihnen gesellten sich im Laufe derZeit weitere wichtige zeitgenssische Persnlichkeiten, die ebenfalls oft einenkommunistischen Hintergrund hatte, so etwa der Philosoph und Schriftsteller ArthurKoestler, die frhere Vorsitzende der Kommunistischen Partei Deutschlands, RuthFischer oder die Philosophen und Publizisten Sidney Hook und James Burnham.Insgesamt handelte es sich um recht disparate Zirkel, die unterschiedlich radikaleFormen von Antikommunismus meist mit liberalen Reformideen verbanden.Es war dann der Publizist und Herausgeber der von den US-amerikanischenBesatzungsbehrden in Westdeutschland initiierten Kulturzeitschrift "Der Monat",Melvin J. Lasky, der ab 1948 angesichts der wachsenden kommunistischen

  • Friedensoffensive in den USA und Westeuropa die Koordination dieserunterschiedlichen Organisationen, Gruppen und Einzelpersonen in die Hand nahm.Dabei wurde er schon frhzeitig von dem CIA-Agenten Michael Josselsonuntersttzt. Angesichts kommunistischer Propagandaerfolge durchIntellektuellenkonferenzen in Paris und New York, aber auch angesichtsnationalneutralistischer Strmungen gerade in Frankreich, Italien undWestdeutschland, wollten Lasky und seine Mitarbeiter ein ffentlichkeitswirksamesZeichen gegen den kommunistischen und neutralistischen Einflu in Europa setzen.So kamen sie auf die Idee, eine Art "Weltparlament" liberaler Intellektuellereinzuberufen, das sich faktisch hauptschlich aus den Beitrgern des "Monat"zusammensetzte. Auf diesem Kongre sollte dem kommunistisch besetzten Begriffdes "Friedens", wie er etwa von den sogenannten "Weltfriedenspartisanen" benutztwurde, das westliche Konzept der Freiheit (der Kultur) entgegengesetzt werden. DieFinanzierung lag bei der AFL und der CIA. Rasch einigten Lasky, Koestler, Fischerund Josselson sich auf Berlin als symboltrchtigen Standort fr diese Veranstaltung.Vom 26. bis 30. Juni 1950 fand dann der Kongre fr kulturelle Freiheit inWest-Berlin statt.Rasch zeigte es sich, da die anwesenden Politiker und Intellektuellen zwar allesamtantikommunistische Positionen vertraten, allerdings in ganz unterschiedlich radikalerForm. Auf der einen Seite stand, angefhrt von Koestler, Burnham und FranzBorkenau, eine Fraktion ehemaliger Stalinisten, die einen mitunter fanatischen Tonanschlug. Ihnen stellte sich eine Gruppe Moderater entgegen. Unter ihnen ragtenSilone, der britische Philosoph Alfred J. Ayer, der deutsche Historiker Golo Mann undder britische Historiker Hugh Trevor-Roper heraus. Da allerdings ausgerechnetwhrend des Kongresses nordkoreanische Truppen Sdkorea berfielen und damitden Koreakrieg auslsten, setzten sich gegen Ende der Veranstaltung die radikalenAntikommunisten durch. Das Manifest, von Koestler, Mans Sperber, Lasky,Burnham, Schlesinger und Hook verfat, trug ihren Stempel. In ihm wurde einabsolutrer Primat der Freiheit verfochten, whrend jede Form des Totalitarismusstrikt verurteilt wurden.Mit dem Manifest endete indes nicht die Geschichte des Kongresses fr kulturelleFreiheit. Angesichts der kommunistischen Bedrohung beschlo man noch imSommer 1950, den Kongre als Congress for Cultural Freedom (CCF)organisatorisch zu perpetuieren. Erst in Brssel, dann in Paris wurde einGeneralsekretariat eingerichtet, von dem aus Josselson und der exilrussischeMusiker Nicholas Nabokov die internationalen Aktivitten der neuen Organisation aufder Grundlage des Manifests von 1950 orchestrierten. Diese Aktivitten bestandenzuvrderst in der Publikation hochwertiger Kulturzeitschriften nach dem Vorbild des"Monats", so etwa "Preuves" in Frankreich, "Tempo Presente" in Italien oder"Encounter" in Grobritannien und den Vereinigten Staaten. Zustzlich organisierteman Groveranstaltungen und Konferenzen, gerne in Frankreich und Italien, wostarke kommunistische Parteien und ein ausgeprgter Antikommunismus existierten.Schlielich wurden weltweit nationale Sektionen des CCF gegrndet, mit deren Hilfeman auf die jeweilige rtliche Situation reagieren wollte.Ab 1952 verloren dann das Manifest und die dahinterstehenden radikalantikommunistischen Kreise innerhalb des CCF an Einflu. Insbesondere MichaelJosselson, der CIA-Agent in der Kongrefhrung, trat fr eine technokratischere,moderate Variante des Antikommunismus ein. Dem aus den USA einstrmendenMcCarthyismus standen er und die anderen Gemigten skeptisch bis feindseliggegenber. Sptestens ab 1955 verfocht der CCF eine Ideologie, die in derForschung als Konsensliberalismus bezeichnet wird, eine Mischung aus

  • Liberalismus, Pragmatismus, Keynesianismus, Internationalismus undKosmopolitismus. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Soziologen Aron, Edward Shilsund Daniel Bell zu den intellektuellen Vordenkern des CCF. Sie propagiertenzustzlich die Idee des "Endes der Ideologien", das heit die Vorstellung,fortgeschrittene Industriegesellschaften wrden aus Sachzwngen heraus ber kurzoder lang zugunsten einer pragmatischen Politik auf ideologische Vorgabenverzichten.Der CCF war in den 1950er und 1960er Jahren auch in Westdeutschland aktiv, wo erweniger Kommunisten als vielmehr Nationalneutralisten, etwa Anhnger Sartres oderMartin Niemllers attackierte. Unter seinen Mitgliedern fanden sich Sozialdemokratenwie Willy Brandt, Carlo Schmid, Ernst Reuter und Max Brauer, aber auch bekannteIntellektuelle, darunter Heinrich Bll, Siegfried Lenz, Stefan Andres und anderemehr. Insgesamt wird man kaum behaupten knnen, da die nationale Sektion desCCF in Westdeutschland besonders erfolgreich in ihren Aktionen war. Immerhingelang es ihr, gegen den Willen der Pariser CCF-Fhrung, die Spaltung desdeutschen PEN-Zentrums zu befrdern. Ansonsten war es primr "Der Monat", vondem erhebliche Wirkungen auf das geistige und politische Lebens Westdeutschlandsausgingen. Unter dem Banner des Antikommunismus traten "Der Monat" und derCCF in Westdeutschland unter anderem fr eine ideell-kulturelle Anpassung an dieVorgaben des angelschsisch konnotierten Westens ein. In der historischenForschung hat sich dafr der Begriff der "Westernisierung" eingebrgert.Insbesondere propagierte man gegen die deutsche geistesgeschichtliche Traditionden bewut politischen, liberalen Intellektuellen und befrderte innerhalb der SPDkonsensliberales und keynesianisches Gedankengut, was dazu beigetragen habendrfte, die Godesberger Wende der SPD zur nichtmarxistischen Volkspartei 1959 zubefrdern.In den mittleren 1960er Jahren kam es dann auf globaler Ebene zum erstallmhlichen und dann abrupten Ende des CCF. Einerseits waren die fhrendenIntellektuellen der Organisation allzu sehr der intellektuellen Lebenswelt der Jahrevor 1955 verhaftet geblieben. Ihre Vorstellungen von geistiger Exzellenz deckten sichnicht mehr mit denen einer neuen Generation. Folgerichtig hatte der CCF keinenNachwuchs mehr. Zudem lehnte die junge Neue Linke das konsensliberale,evolutionr-reformistische Gedankengut dieser frhen Reformer der 1950er Jahre,insbesondere die Lehre vom Ende der Ideologien rundweg ab. Schlielich wurde vonder linkskatholischen Zeitschrift "Ramparts" und der "New York Times" 1966/67enthllt, da die CIA den CCF in hohem Mae finanziert hatte. Zwar konnte nienachgewiesen werden, da die Meinungen der Mitglieder und Anhnger des CCFauf diese Weise "gekauft" worden waren, aber die Reputation der Organisation alsVorkmpferin intellektueller Freiheit war dahin. 1967 stellte sie ihre Ttigkeit ein. EineNachfolgeorganisation, die International Association for Cultural Freedom (IACF)unter Leitung des Reprsentanten der Ford-Foundation Shephard Stone dmpeltefr ein paar Jahre erfolglos dahin, ehe sie 1977 gleichfalls von der Bil