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114 guitar 10/12 GEAR [ effekt-special] Marktübersicht: Digital-Delays Klanglandschaften Die bunten Achtziger waren auch für Musiker eine aufregende Zeit, in der man mitunter das Gefühl hatte, in einem Science-Fiction-Streifen zu leben. So kam Anfang jenes Jahrzehnts die Digitaltechnik bei uns Gitarristen an, und die ersten Digital-Delay-Pedale tauchten auf Pedalboards auf. Zuvor hatte man analoge Pedale oder, wie „uns’ Eddie“, noch Tape-Echos benutzt. Nun versprach die neue Technologie unvorstellbar lange Echo-Zeiten und saubere Klangqualität bei den Wiederholungen. Technologie erlaubt es heutzutage, mit Peda- len saubere und lange Delays zu erzeugen, die in den Achtzigern nur mit kühlschrankgroßen Racks möglich gewesen wären. Marktübersicht Waren die ersten Digital-Delays noch recht kostspielig, ist es heute möglich, ein solches Pedal für weit unter 100 Euro zu erwerben. So bietet das D8 FAB von Danelectro nicht nur Delayzeiten bis zu 600 Millisekunden und einen schön altmodisch angehauchten Sound („the sound of yesteryear “), sondern es besitzt auch eine Danelectro-typische Hingucker- Optik und ist für schlappe 24,90 Euro zu haben. Für nur fünf Euro mehr bietet Harley Benton mit dem Digital Delay die gleiche Maximal-Delay-Zeit, True-Bypass und stär- keren Einschlag auf modernere Echo-Sounds. Beide Geräte bieten mit drei Reglern eigentlich alles, was man normalerweise bei einem Digital-Delay braucht, speziell wenn es um das „Anfetten“ des Solosounds und etwas im Laufe der Jahre immer besser geworden. Aktuelle Geräte ermöglichen eine technische Qualität, die sogar über der einer CD liegt. Die Anwendung Am einfachsten ist es natürlich, das Pedal direkt auf dem Pedalboard vor den Amp zu schalten. Allerdings hat diese Anschlussmöglich- keit einen deutlichen Nachteil: Nutzt man die Verzerrung des Amps, dann werden auch die Wiederholungen des Pedals ver- zerrt, worunter die Klangqualität leidet. Schaltet man den Effekt in den Loop des Amps, also zwischen Vor- und Endstufe, wird das Pedal (oder 19“-Gerät) mit dem bereits verzerrten Signal gefüttert und wiederholt dann dieses, was für eine sauberere Wiedergabe sorgt. Steht man also auf präzise Echo-Sounds à la Steve Lukather oder The Edge, ist es empfehlenswert, sein Delay im Loop zu betreiben. Geht es nur um ein leichtes Ambience-Delay (also eine oder wenige Wie- derholungen mit beispielsweise 40 Milli- sekunden), um den Sound für Soli anzufetten, ist es natürlich ebenfalls möglich, das Echo vor dem Amp zu betreiben – Vorsicht jedoch beim Grad der Verzerrung, sonst wird es schnell „lautmalerisch“. Eine Vorführung dazu seht und hört ihr im Video zu diesem Artikel unter www.guitar.de. Berühmte Vertreter In der Kategorie berühmte Digital-Delays ist vor allem die DD-Serie von Boss zu erwähnen, die seit ihrer Einführung mit dem wohl ersten Digital-Delay, dem DD-2 (dessen Chip auf dem des 19“-Geräts Roland SDE-3000 beruhte), auf Millionen von Pedalboards zu finden war und ist. Sie ist inzwischen in der aktuellen Versi- on DD-7 erhältlich. Auch das Ibanez HD1000 (kurzzeitig bei Steve Lukather im Rack zu fin- den) war in den 1980er Jahren sehr beliebt, bot es doch bis zu 504 Millisekunden Delayzeit (da- mals eine Revolution) und zusätzlich Harmoni- zer, Flanger und Chorus. Oft wurden Rackgeräte wie die Lexicon- PCM-Serie, das tc electronic 2290 oder das Roland SDE-3000 verwendet, aber bessere Außen oldschool , innen moderne Technik: Harley Benton Digital Delay (Straßenpreis: 29,90 Euro) W ie immer bei Neuentwicklungen gab es technische Besonderheiten. Hier war es vor allem die gefürch- tete „digitale Verzerrung“, wenn die Geräte mit zu viel Signal übersteuert wurden. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Und ganz so sauber wie erwartet war das Effektsignal bei den Urahnen der heutigen Digital-Delays auch nicht, da die Wandler noch nicht die er- forderliche Qualität brachten. Nach und nach wurden die Geräte besser, denn mehr und mehr lernten die Entwickler bei Firmen wie Boss, Ibanez, Eventide oder DOD, die digitale Technik besser zu nutzen. Damit war es plötzlich möglich, Delayzeiten von ein bis zwei Sekunden zu erzeugen. Brian May, der bei seinem Live-Solospot gerne lange Delays einsetzt, um spontan seine legendären „Gitarrenchöre“ ganz ohne Harmonizer zu zaubern, wird diese Entwicklung genauso begrüßt haben wie The Edge, der mit seinen „Soundscapes“ auf den U2-Alben zur Legende wurde und sich seinen Sound noch mühsam mit einem analogen Gerät erarbeiten musste. Eine interessante Entwicklung war, dass viele Gitarristen nach dem „Digital! Sauber! Präzise!“-Wahn sich plötzlich den analogen Klang zurückwünschten – den weniger prä- zisen, aber dafür wärmeren Sound, den man auf vielen legendären Alben hört. So begann man mit der Quadratur des Kreises und versah immer mehr digitale Delay-Pedale mit Algorithmen, die den Klang eines analogen Pedals nachahmen sollten. Speziell in den letzten Jahren wurde durch Klangtüftler auch die Loop-Option immer begehrter. Auch diese Möglichkeit ist inzwischen in vielen Pedalen mit dabei, so dass man – etwas Übung vorausgesetzt – auf der Bühne den Sound mehrerer Gitarristen einzig mit der Gitarre und einem Delay-Pedal samt Loop-Option erzeugen kann. Die Technik Technisch gesehen, arbeiten digitale Echos ähnlich wie die analoge Variante. Das Signal wird in eine Art Speicher aufgenommen und später wieder abgespielt. Bei digitalen Geräten muss das analoge Signal vorher noch in Nul- len und Einsen umgewandelt, also digitalisiert werden. Die hierfür notwendigen Wandler sind © PPVMEDIEN 2012

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Gear[effekt-special]

Marktübersicht: Digital-Delays

Klanglandschaften Die bunten Achtziger waren auch für Musiker eine aufregende Zeit, in der man mitunter das Gefühl hatte, in einem Science-Fiction-Streifen zu leben. So kam Anfang jenes Jahrzehnts die Digitaltechnik bei uns Gitarristen an, und die ersten Digital-Delay-Pedale tauchten auf Pedalboards auf. Zuvor hatte man analoge Pedale oder, wie „uns’ Eddie“, noch Tape-Echos benutzt. Nun versprach die neue Technologie unvorstellbar lange Echo-Zeiten und saubere Klangqualität bei den Wiederholungen.

Technologie erlaubt es heutzutage, mit Peda-len saubere und lange Delays zu erzeugen, die in den Achtzigern nur mit kühlschrankgroßen Racks möglich gewesen wären.

MarktübersichtWaren die ersten Digital-Delays noch recht kostspielig, ist es heute möglich, ein solches Pedal für weit unter 100 Euro zu erwerben.

So bietet das D8 FAB von Danelectro nicht nur Delayzeiten bis zu 600 Millisekunden und einen schön altmodisch angehauchten Sound („the sound of yesteryear “), sondern es besitzt auch eine Danelectro-typische Hingucker-Optik und ist für schlappe 24,90 Euro zu haben. Für nur fünf Euro mehr bietet Harley Benton mit dem Digital Delay die gleiche Maximal-Delay-Zeit, True-Bypass und stär-keren Einschlag auf modernere Echo-Sounds. Beide Geräte bieten mit drei Reglern eigentlich alles, was man normalerweise bei einem Digital-Delay braucht, speziell wenn es um das „Anfetten“ des Solosounds und etwas

im Laufe der Jahre immer besser geworden. Aktuelle Geräte ermöglichen eine technische Qualität, die sogar über der einer CD liegt.

Die AnwendungAm einfachsten ist es natürlich, das Pedal direkt auf dem Pedalboard vor den Amp zu schalten. Allerdings hat diese Anschlussmöglich-keit einen deutlichen Nachteil: Nutzt man die Verzerrung des Amps, dann werden auch die Wiederholungen des Pedals ver-zerrt, worunter die Klangqualität leidet. Schaltet man den Effekt in den Loop des Amps, also zwischen Vor- und Endstufe, wird das Pedal (oder 19“-Gerät) mit dem bereits verzerrten Signal gefüttert und wiederholt dann dieses, was für eine sauberere Wiedergabe sorgt.

Steht man also auf präzise Echo-Sounds à la Steve Lukather oder The Edge, ist es empfehlenswert, sein Delay im Loop zu betreiben. Geht es nur um ein leichtes Ambience-Delay (also eine oder wenige Wie-derholungen mit beispielsweise 40 Milli-sekunden), um den Sound für Soli anzufetten, ist es natürlich ebenfalls möglich, das Echo vor dem Amp zu betreiben – Vorsicht jedoch beim Grad der Verzerrung, sonst wird es schnell „lautmalerisch“. Eine Vorführung dazu seht und hört ihr im Video zu diesem Artikel unter www.guitar.de.

Berühmte VertreterIn der Kategorie berühmte Digital-Delays ist vor allem die DD-Serie von Boss zu erwähnen, die seit ihrer Einführung mit dem wohl ersten Digital-Delay, dem DD-2 (dessen Chip auf dem des 19“-Geräts Roland SDE-3000 beruhte), auf Millionen von Pedalboards zu finden war und ist. Sie ist inzwischen in der aktuellen Versi-on DD-7 erhältlich. Auch das Ibanez HD1000 (kurzzeitig bei Steve Lukather im Rack zu fin-den) war in den 1980er Jahren sehr beliebt, bot es doch bis zu 504 Millisekunden Delayzeit (da-mals eine Revolution) und zusätzlich Harmoni-zer, Flanger und Chorus.

Oft wurden Rackgeräte wie die Lexicon-PCM-Serie, das tc electronic 2290 oder das Roland SDE-3000 verwendet, aber bessere

außen oldschool, innen moderne Technik: Harley Benton Digital Delay (Straßenpreis: 29,90 euro)

Wie immer bei Neuentwicklungen gab es technische Besonderheiten. Hier war es vor allem die gefürch-

tete „digitale Verzerrung“, wenn die Geräte mit zu viel Signal übersteuert wurden. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Und ganz so sauber wie erwartet war das Effektsignal bei den Urahnen der heutigen Digital-Delays auch nicht, da die Wandler noch nicht die er-forderliche Qualität brachten.

Nach und nach wurden die Geräte besser, denn mehr und mehr lernten die Entwickler bei Firmen wie Boss, Ibanez, Eventide oder DOD, die digitale Technik besser zu nutzen. Damit war es plötzlich möglich, Delayzeiten von ein bis zwei Sekunden zu erzeugen. Brian May, der bei seinem Live-Solospot gerne lange Delays einsetzt, um spontan seine legendären „Gitarrenchöre“ ganz ohne Harmonizer zu zaubern, wird diese Entwicklung genauso begrüßt haben wie The Edge, der mit seinen „Soundscapes“ auf den U2-Alben zur Legende wurde und sich seinen Sound noch mühsam mit einem analogen Gerät erarbeiten musste.

Eine interessante Entwicklung war, dass viele Gitarristen nach dem „Digital! Sauber! Präzise!“-Wahn sich plötzlich den analogen Klang zurückwünschten – den weniger prä-zisen, aber dafür wärmeren Sound, den man auf vielen legendären Alben hört. So begann man mit der Quadratur des Kreises und versah immer mehr digitale Delay-Pedale mit Algorithmen, die den Klang eines analogen Pedals nachahmen sollten.

Speziell in den letzten Jahren wurde durch Klangtüftler auch die Loop-Option immer begehrter. Auch diese Möglichkeit ist inzwischen in vielen Pedalen mit dabei, so dass man – etwas Übung vorausgesetzt – auf der Bühne den Sound mehrerer Gitarristen einzig mit der Gitarre und einem Delay-Pedal samt Loop-Option erzeugen kann.

Die TechnikTechnisch gesehen, arbeiten digitale Echos ähnlich wie die analoge Variante. Das Signal wird in eine Art Speicher aufgenommen und später wieder abgespielt. Bei digitalen Geräten muss das analoge Signal vorher noch in Nul-len und Einsen umgewandelt, also digitalisiert werden. Die hierfür notwendigen Wandler sind

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mehr Fläche geht. In der nur leicht höheren Preisklasse spielt das DR400 von Behringer (Straßenpreis: 39,- Euro), das allerdings neben Echos auch Hall-Sounds bietet. Über elf ver-schiedene Modi kann man verschiedene Vari-anten dieser Effekte oder auch Kombinationen der beiden schnell abrufen. Ein Wandler mit 24 Bit, der Einsatz von Modeling für möglichst realistische akustische Simulationen plus eine Tap-Tempo-Funktion machen das Teil, speziell beim geforderten Preis, attraktiv für alle, die ein unkompliziertes Delay mit zusätzlichem Hall suchen.

Mike Matthews und sein Team von Electro-Harmonix schwören auf die Kombination digitaler Technologie mit warmem Analog-sound, zu hören beim EH #1 Echo (79,- Euro),

das eine „Analog Tone“-Schaltung verwendet und mit einer maximalen Echozeit von zwei Sekunden auch Klangtüftlern gefallen sollte. Der Effekt-Anteil wird über den „Blend“-Regler gesteuert.

Marshall liefert nicht nur legendäre Amps, sondern schafft auch für Pedalboards inno-vative Produkte. Das Echohead EH1 kommt mit Hochglanzoptik und verfügt über sechs verschiedene Modi wie beispielsweise „Hi-Fi“ (brillanter Digitalsound), „Analogue“, „Tape Echo“ (diese beiden Begriffe erklären sich von selbst), „Multi Tap“ (mehrere Echosignale, die verschiedene rhythmische Patterns erzeugen können), „Reverse“ (ein Rückwärts-Echo für psychedelische Sounds à la Jimi H.) und „Mod Filter“ (eine den Wiederholungen beigefügte Modulation für „Waber-Sounds“).

Nicht einfach abschneidenKlasse ist auch die Spillover-Funktion, die frü-her nur durch komplexe Rack-Schaltungen zu erzeugen war: Hier klingen die letzten Echos nach dem Ausschalten des Effekts noch nach, so dass der Effekt nicht abrupt abgeschnitten wird. True Bypass versteht sich von selbst. Preis: 98,- Euro.

Ebenfalls nicht zu vergessen ist das Flash-back von tc electronic. Dieses bietet neben den obligatorischen Delaysounds eine Looper-funktion und zehn Delaysettings, die neben der Simulation analoger Sounds (Tape, Analog Delay) unter anderem auch Ping-Pong- und Slap-Delays bereithalten. Dank des USB-An-schlusses kann das Pedal aus der Toneprint-Serie ständig mit frischen Toneprints nam-hafter Künstler versorgt werden – hier stehen alle Türen offen. Erhältlich ist das Flashback für 149,- Euro.

Natürlich ist es unmöglich, in einer solchen Aufstellung nicht die DD-Serie von Boss zu erwähnen. Hier ist die Version DD-3 wohl der

absolute Favorit und ein echter „Industrie-standard“. Das liegt nicht nur am Preis von 149,- Euro, sondern auch an der denkbar einfachen Bedienung, einer maximalen Ver-zögerung von 800 Millisekunden, der voll-kommen roadtauglichen, Boss-typisch nahezu unzerstörbaren Verarbeitung und Extras wie der Hold-Funktion, mit der man das Echo bei Bedarf endlos verlängern und dann darüber spielen kann – instant guitar duet! Nicht um-sonst ist es eines der beliebtesten und meist-verkauften Pedale überhaupt.

Flaggschiff DD-7Das derzeitige Flaggschiff der DD-Serie von Boss ist das DD-7. Allein die bloße Anzahl der Features ist beeindruckend, bietet es doch eine maximale Delay-Zeit von 6,4 Sekunden und einen Looper mit bis zu 40 Sekunden Aufnahmezeit. Dazu kommen Modulations-effekte und ein Analogmodus, der den Klassiker DD-2 simuliert. Auch eine Tap-Tempo-Funktion ist vorhanden, die über ein optionales, externes Pedal gesteuert wird. Kein Wunder also, dass sich auch der aktuellste Nachwuchs der DD-Serie zu einem modernen Standard gemausert hat. Der Straßenpreis beträgt 179,- Euro.

Auch bei Delay-Pedalen gibt es heutzutage Signature-Modelle. Die Traditionsfirma Vox hat zusammen mit Shred-Meister Joe Satriani die Time Machine entworfen, ganz nach den Vorstellungen des Gitarrengiganten.

Joe wünschte sich die Option, von einem sauberen digitalen Effekt auf analoge Sounds wechseln zu können, und genau dafür sind die Modi „Modern/Vintage“ beziehungsweise „Hi-Fi/Lo-Fi“ gedacht. Die maximale Delayzeit von beeindruckenden 5.800 Millisekunden (!) ist für Tüftler und Klangbastler ein Traum. Gleichzeitig beeindruckt das Pedal durch denkbar einfache Bedienung auch im Live-Einsatz. Unschlagbar ist hier die Tap-Tempo-

Immer wieder sexy und lecker: die Kreationen von electro-Harmonix – hier das eHX #1 echo (79,- euro)

Marshall kann auch effekte: der echohead eH-1 (98,- euro)

Dank USB-anschluss unerhört vielseitig: tc electronic Flashback (149,- euro)

ein echter Klassiker in Weiß: Boss DD-3 (149,- euro)

aktualisiert und in noch schickerem Gewand: Boss DD-7 (179,- euro)

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Funktion, über die man in Echtzeit das Tempo eintappen kann, so dass das Pedal die Delay-Zeit auf das vorgegebene Tempo des jeweiligen Songs anpasst – immerhin klingen Delays dann am allerbesten, wenn sie dem Tempo des Songs angepasst werden.

Damit hören die Features allerdings noch nicht auf, denn man kann über die zwei Ausgänge („Dry“ und „Wet“) zwei Amps anfahren, und wer auf das „Malmsteen-Echo-Inferno“ steht, sollte mal während des Spiels die Regler betätigen – surfi ng with the alien für 170,- Euro.

Bei Tech 21 hat man sich viele Gedanken zur Praxistauglichkeit von Delays gemacht und im Boost D.L.A. einige äußerst interessante Features verwirklicht. Dazu zählt beispiels-weise der integrierte Boost von bis zu 9 dB, so dass man für Soloeinlagen mit einem Tritt das Signal boosten und Delay hinzufügen kann.

Individuell fl atternAuch beim D.L.A. ist analog angehauchter Sound mit einer maximalen Verzögerung von einer Sekunde angesagt – das Ziel war, die individuellen Charakteristika analoger Delays und Band-Echos („Flutter“, also die digitale Simulation von Gleichlaufschwankungen) wiederzugeben und mit den Möglichkeiten di-gitaler Technologie zu kombinieren.

Auch hier kann das Tempo „eingetappt“ werden. Über die Triplet-Funktion stellt sich das Pedal aufs Song-Tempo ein und gibt die Echos im Triolenrhythmus wieder. Auch eine Spillover-Funktion ist vorhanden, hier unter dem Namen „Trail“. Wer es abgefahren mag, sollte mit dem Feedback-Regler experimen-tieren, denn damit kann man das Pedal in die Selbst-Oszillation treiben – volle Deckung! Natürlich wurde ein True-Bypass integriert, und durch einen Puffer werden die damit leider oft verbundenen Schaltgeräusche elimi-niert. Preis: 179,- Euro.

Wer gerne Rockabilly oder Sounds im Stil von Pink Floyd spielt, für den sollte das Space Echo RE-20 von Roland interessant sein. Schließlich handelt es sich um eine ziemlich detailgetreue Nachbildung des legendären analogen Roland RE-201. Kristallklare, digi-

Delay-FachbegriffeDucking-Delay: Wechselt man beim Spielen zwischen langen Noten und schnelleren Pas-sagen, kann es sein, dass das Delay bei den schnellen Parts übertrieben ist. Ein Ducking-Delay „duckt“ sich sozusagen: Spielt man kurze, schnelle Noten, wird es leiser und ver-schwindet automatisch im Hintergrund, wird der Ton gehalten, wird es lauter.

Spillover: Schaltet man den Effekt aus, wird er abrupt abgeschnitten. Eine Spillover-Schal-tung erlaubt es, dass der Effekt auch nach dem Ausschalten noch zu Ende klingt, so dass der Wechsel natürlicher wirkt.

Reverse-Delay: Die Wiederholungen werden verkehrt herum abgespielt, so dass ein Rück-wärtseffekt entsteht.

Multitap-Delay: Mehrere miteinander gemischte Echos, teils mit verschiedenen Delay-zeiten, die für große Klangfl ächen sorgen können.

Feedback: Bestimmt, wie viel des Delaysignals wieder auf den Eingang gegeben wird und erneut die Schaltung durchläuft. So werden mehrere Wiederholungen erzeugt. Es gilt: Je mehr Feedback, desto mehr Wiederholungen, die langsam leiser werden.

Modulation Delay: Die Wiederholungen werden periodisch in der Tonhöhe verändert, was bei sehr kurzen Delayzeiten zu Effekten wie Chorus oder Flanger führt.

Tap-Tempo: Die Option, das Tempo des Songs per Schalter auf dem Pedal oder externem Schalter „einzuklopfen“. Tritt man beispielsweise im Takt des Songs Viertelnoten, stellt sich das Echo direkt auf das vorgegebene Tempo ein, so dass es in time ist.

tale Sounds sind zwar möglich, der Schwer-punkt liegt jedoch auf warmen, fetten Band-echo-Sounds. Neben der Option, nur Echo zum Sound hinzuzufügen, wurde ein Hall integriert, den man über die zwölf Modes beimischen kann.

Auch ein 2-Band-EQ ist vorhanden, und Roland hat jede Menge Zeit und Arbeit investiert, um klassische Komponenten des klassischen Tape-Echo-Sounds nachzuahmen (Gleichlaufschwankungen oder auch Sättigung der Magnetköpfe). Wer jemals ein langes Solo durch das Niederdrücken eines der Pedale beendet hat, wird wissen, warum das RE-20 ein echter Hit ist: Hiermit wird das „Hoch-laufen“ des Bandes simuliert, die Wiederho-lungen werden unaufhaltsam immer schneller und höher und schrauben sich in die Stratosphäre. Das Ganze klingt wie ein abhebendes UFO.

Wem die Möglichkeiten des Bedien-panels nicht reichen, der kann zusätzliche

Praxisnah dank Boost-Funktion: Tech 21 Boost D.L.a. (179,- euro)

Delay der extraklasse: Das replica von T-rex bedient erlesene Geschmäcker (363,- euro)Delay der extraklasse: Das replica von T-rex bedient

raketen-Design – Danelectros Variante eines digitalen Delays: Danelectro D8 FaB Delay (24,90 euro)

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Parameter über ein Expression-Pedal steuern, das allerdings im Grundpreis von 249,- Euro nicht enthalten ist.

Wer es neuzeitlicher mag und extrem hohe Ansprüche an die Vielseitigkeit seines Delays stellt, sollte das Delaylab von Vox unter die Lupe nehmen, denn „Laboratorium“ ist hier keineswegs übertrieben – es handelt sich um eine echte Delay-Workstation mit 30 ver-schiedenen Delaytypen, die zum Teil auf berühmten Echo-Geräten beruhen, aber auch Eigenkreationen des Herstellers beinhalten. Beispiele? Klassische Bandecho-Sounds sind genauso enthalten wie „Distortion Delay“ (also ein verzerrtes Delay) oder mehrere miteinander kombinierte Echos.

Die maximale Verzögerungszeit beträgt vier Sekunden, allerdings ist auch ein Looper enthalten, der Phrasen von bis zu 28 Sekunden Länge aufzeichnen kann, die dann wiederum mit Echo-Effekten versehen werden können.

Inspirierende TechnikAuch das Kombinieren verschiedener Rhyth-men miteinander ist möglich, so dass man allein mit dem Pedal experimentelle bis verrückte rhythmische Patterns erzeugen kann. Diese und sämtliche anderen Sound-kreationen kann man in 30 verschiedenen Presets abspeichern und blitzschnell abrufen. Das ist sehr inspirierend, da so auch Songideen entstehen können, die man dann live ohne Probleme wiedergeben kann.

Spillover ist natürlich vorhanden, die Programmwechsel erfolgen fließend und ohne Unterbrechungen beim Sound, und die Wandlerdaten mit 24 Bit und 48 kHz sollten selbst anspruchsvollen Ohren Freude bereiten.Die Möglichkeiten sind schier endlos, so dass man für den Preis von 245,- Euro (das Expres-sionpedal ist optional) einen unglaublich vielseitigen Effekt erwirbt.

Dieser digitale Kamerad schielt ganz klar in richtung analog: rocktron Celestial Delay (125,- euro)

Kann mehr als nur wiederholen: Dr400 von Behringer (39,- euro)

Der Look von früher, der Sound aktueller denn je: Boss re-20 (249,- euro) Das echo-Laboratorium von Vox: Delaylab (245,- euro)

Die Zielsetzung beim Replica von T-Rex ist eine gänzlich andere – wenige Features, dafür geht es einzig und allein um klassische, analoge Sounds (wieder einmal: Bandecho) mit höchstmöglicher Klangqualität. Trotzdem hat das Gerät einige Überraschungen unter dem Gehäuse, denn auch hier sind rhythmische Variationen bei den Wiederholungen möglich, so dass man blitzschnell interessante Sounds im passenden Tempo erzeugen kann.

Tüftler dürfte erfreuen, dass das Replica auch mit einer MIDI-Clock synchronisiert werden kann, sofern die Tap-Tempo-Funktion die teils hohen Ansprüche noch nicht voll-ständig erfüllt. Die Klangqualität ist beein-druckend, und tatsächlich beschwört das

Replica die klassischen Sounds der Siebziger herauf – analog, warm, fett und wunderschön old school. Zu haben für 363,- Euro.

Die Firma Eventide ist seit den späten Achtzigern durch die legendären 19“-Har-monizer (eingesetzt von Vai, Petrucci, Reid, Satriani und Co) auch in der Gitarrenszene berühmt. Statt sich auf den Lorbeeren auszuruhen, hat die Company vor einiger Zeit eine Serie von Pedalen entwickelt, bei denen das Timefactor für Delays zuständig ist.

Brillanter KlangDie hohen Erwartungen erfüllt das Gerät auf ganzer Linie, denn die Klangqualität ist Eventide-typisch brillant. Zudem hat sich der Hersteller jede Menge Features einfallen lassen. Dazu zählen zwei unabhängige Echos mit bis zu drei Sekunden Verzögerung, zehn Stereo- und Mono-Delay-Typen (beispielsweise Ping-Pong, Tape-Echo, Reverse), ein integrierter Looper (zwölf Sekunden) und vieles mehr. Eigene Kreationen lassen sich in Presets

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abspeichern und in verschiedenen Bänken organisieren, so dass man sie jederzeit sofort wieder abrufen kann.

Obwohl das Timefactor natürlich auch ganz einfache Slapback- und Single-Delays erzeugen kann, sind die Optionen so umfangreich, dass nicht nur eine gewisse Eingewöhnungszeit notwendig ist, sondern es selbst anspruchsvolle und experimentier-freudige Gitarristen befriedigen sollte: Hier werden einem wirklich sämtliche Delay-verwandten Wünsche von den Saiten ab-gelesen. Der Straßenpreis liegt bei 429,- Euro.

Im siebten Delay-HimmelEbenfalls in die Kategorie „Flexibel und vielseitig“ gehört das DL4 aus den Händen des Modelingpioniers Line 6. Dieses bietet 15 verschiedene Delays – vom Band-Echo bis zum modernen Digitaldelay ist alles da. Drei Delays können per Fußschalter bedient werden, der vierte dient als Tap-Tempo. Der Straßenpreis beträgt 259,- Euro.

Wer lieber auf weniger Features und möglichst einfache Bedienbarkeit steht, wird sich beim Celestial Delay von Rocktron im siebten Himmel fühlen (celestial = himmlisch),

denn dieses Pedal aus Rocktrons Boutique-Serie setzt auf klassische Delay-Sounds und einfache, praxisbezogene Bedienung. Die maximale Delay-Zeit beträgt eine Sekunde, wobei man über einen Schalter speziell die Bereiche (lang/kurz) wechseln kann. Die klangliche Ausrichtung liegt im klassischen Bereich der „analogen Ära“. Auch hier wird die Klangcharakteristik von Bandechos nach-geahmt, wobei Rocktron sehr genau darauf geachtet hat, dass es keine digitalen Neben-geräusche oder Aussetzer gibt.

Der Schwerpunkt liegt also auf einfacher Bedienung und wenigen Features mit mög-lichst hoher Klangqualität. Für die meisten Ansprüche ist das oft schon ausreichend, denn nicht jeder kann mit Loopern oder endlos langen Verzögerungszeiten etwas anfangen. Preis: 125,- Euro.

Auch in deutschen Landen hat man sich Gedanken zum Delay gemacht. Die Damen und Herren bei Hughes & Kettner haben beim Replex ein Delay mit Röhrensounds kom-biniert, um der klassischen Kombination „Röhrenverstärker plus analoges Delay“ noch näher zu kommen – immerhin waren auch originale Tape-Echos oft mit Röhren aus-

gestattet, was sich auf den klassischen Sound dieser Teile auswirkte. Natürlich leistet das Pedal auch ganz einfach seine Dienste als digitales Delay: Linksanschlag am „Vintage Factor“-Poti. Wird dieser Regler jedoch weiter aufgedreht, gesellen sich nach und nach so-wohl Röhrenverzerrung als auch Modulation dazu, bis es beim Vollanschlag vollkommen überzeugende analoge Tape-Echo-Sounds generiert, die auch den Herren Gilmour und van Halen Freude machen würden.

Übrigens empfiehlt der Hersteller, das Replex für beste Resultate ganz klassisch direkt vor den Amp zu schalten, um dem Originalsound noch näher zu kommen (im-merhin gab es früher keine Einschleifwege an Amps). Und tatsächlich – es liefert be-eindruckend gute Vintage-Sounds, versehen mit starkem Röhrencharakter. Hier kann von kaltem Digitalsound keine Rede sein; statt-dessen schwelgt man blitzschnell im Black-more-Land. Der Preis liegt bei 555,- Euro.

FazitEs hat sich viel getan in den letzten 30 Jahren. Auch im Bereich Digital-Delays kann heutzu-tage praktisch jeder Anspruch befriedigt wer-den. Wer einfach nur ein simples Echo zum Anfetten des Sounds und etwas Räumlichkeit benötigt, wird bereits im niedrigsten Preisseg-ment fündig. Wer gerne tüftelt, experimentiert, Features wie Looper und Echo plus Modulation liebt und erwartet, muss etwas mehr investie-ren, bekommt dafür aber Unmengen an Opti-onen mit höchstmöglicher Klangqualität und dem Ergebnis aus jahrelanger Entwicklungs-arbeit, bei der die Kinderkrankheiten der Digi-taltechnologie ausgemerzt wurden.

Gleichzeitig sind wir Gitarristen größten-teils Traditionalisten, und so ist es kaum weiter verwunderlich, dass so viele Pedale sich klang-lich mehr oder weniger an den legendären Tape-Echo- und Analog-Sounds orientieren oder diese nachahmen können.

Egal, ob es also um Vintage-Sounds oder hochmoderne Sci-Fi-Sounds geht: Es ist für jeden Geschmack ein passendes Gerät erhältlich. Und damit bleibt die Qual der Wahl – Wahl – Wahl – Wahl …

Eric Vandenbergeventides Timefactor: Luxus pur für schlappe 429,- euro

Froschgrün und doch kein Tube Screamer: Line 6 DL4 (259,- euro) Satrianis Zeitmaschine: das Vox Time Machine (170,- euro)

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