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62 FIRMEN IM FOKUS 62 Martin Kirner, Geschäftsführer der Kirner Schleifmaschinen GmbH & Co. KG Seit 2009 schreibt Martin Kirner die Erfolgsgeschichte seines Großvaters in 3. Generation fort. Als Betriebswirt mit großer Affinität zur Technik hat er das Wohl des gesamten Unternehmens im Blick.

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FIRMEN IM FOKUS

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Martin Kirner, Geschäftsführer der

Kirner Schleifmaschinen GmbH & Co. KG

Seit 2009 schreibt Martin Kirner die Erfolgsgeschichte seines Großvaters in

3. Generation fort. Als Betriebswirt mit großer Affinität zur Technik hat er das Wohl

des gesamten Unternehmens im Blick.

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Folgenden Satz könnte sich Anton Kirner, Gründer von Kirner Schleifmaschinen, zu Eigen gemacht

haben: „ Man kann keine Spuren hinterlassen, wenn man in die Fußstapfen eines anderen tritt“. An-

ton Kirner ist sicherlich nie in die Fußabdrücke eines anderen marschiert, vielmehr hat er schon im-

mer seinen eigenen Weg mit einem Gespür für den Markt verfolgt. Er war schon zu Beginn des 20sten

Jahrhunderts ein Innovator par excellence. Gelernt hatte er Uhrmacher – eine Handwerkskunst, die

im Schwarzwald bis ins späte 20. Jahrhundert weltweite Bedeutung hatte. Mit einem besonderen

Talent für Technik und Mechanik, einer unermesslichen Schaffensfreude und einer Vision für die

Entwicklung von Maschinenbearbeitungsmöglichkeiten, um Zahnräder zu fräsen, gelang es ihm als

Pionier in den 30er Jahren Geschichte zu schreiben. Auch die Idee des Fahrtenschreibers oder andere

mechanische Zeiterfassungssysteme stammen aus der Feder von Anton Kirner. Dabei war Kirner´s

Weg alles andere als geebnet. Zwei Weltkriege, die Inflation 1929, die Besatzung durch die Alliierten

und die Enteignung waren Ereignisse, die maßgeblich die Kirner Unternehmensgeschichte prägten.

Trotz allem hielt er an seinen Ideen und Visionen fest und konnte sich nach dem zweiten Welt-

krieg als Hersteller von Schleif- und Abrichtmaschinen einen Namen in der Branche machen. Seit

2009 schreibt nun sein Enkelsohn Martin Kirner die Erfolgsgeschichte in der dritten Generation fort.

„Vieles was uns ausmacht ist tatsächlich noch meinem Großvater zu verdanken“, gibt Martin Kirner

zu verstehen, „er war seiner Zeit weit voraus, hatte das ´Tüftlergen´ verinnerlicht und immer das Be-

streben, bestmögliche Ergebnisse zu erzielen“. Kennenlernen konnte Martin Kirner seinen Großvater

nie, trotzdem erfülle sein Geist nach wie vor das unter Denkmal gestellte „Kirnergebäude“ und er sei

stolz darauf, das Erbe und die Tradition seines Großvaters fortsetzen zu dürfen.

Kirners Spuren: Innovation und Schaffenskraft

DIAMOND BUSINESS: Als Ihr Groß-vater 1961 verstorben ist, hat Ihr Va-ter Bernhard die Geschicke von Kir-ner übernommen. Maßgeblich hat er die Internationalisierung von Kirner Schleifmaschinen vorangetrieben. Seit 2009 sind Sie nun als Geschäfts-führer eingesetzt. In welchen Berei-chen entdecken Sie Ihre Stärken be-ziehungsweise Ihre Aufgaben?

Martin Kirner: Nun, die Situation hat sich in den letzten Jahren/ Jahrzehnten gravierend geändert. Durch die Globa-lisierung wird Deutschlands Wettbe-werbsposition ständig angefochten, der Preisdruck wächst und die Fle-xibilitätsanforderungen steigen. Wir produzieren nach wie vor ausschließ-lich in Deutschland. Qualität, Service

und Verlässlichkeit sind für uns die wichtigsten Wettbewerbsvorteile.

Dabei ist Qualität der wichtigste stra-tegische Hebel, um in diesem Markt-umfeld zu bestehen. Wir befinden uns in einem Nischenmarkt mit hoch-wertigen besonderen Produkten und Leistungen, besitzen ausgereifte Ma-schinenkonzepte und präsentieren individuell für unsere Kunden best-mögliche Lösungen. Unsere Kunden wissen das zu schätzen und honorie-ren das, indem sie oft mehr als nur eine Maschine von uns kaufen oder uns weiterempfehlen.

Nach Ihrem Studium zum Dipl.-Betriebswirt (FH) und dem Aufbau-

_________von Katja Dümpert

studium Wirtschaftsingenieurwesen waren sie zunächst als Vertriebsmit-arbeiter und –leiter bei mittelständi-schen Unternehmen in Baden-Würt-temberg beschäftigt. Vor 20 Jahren sind Sie dann in den elterlichen Be-trieb gewechselt. Fehlen Ihnen als Hersteller von Abricht- oder Schleif-maschinen ein stückweit die funda-mentalen Kenntnisse im Maschinen-bau?

Der Schwabe würde mich als „Nei-gschmeckter“ Ingenieur betiteln. Von Haus aus bin ich tatsächlich ein BWLer, allerdings habe ich auch eine große Affinität zur Technik und bin auch privat ein ambitionierter Modellbau-er. Wenn es um technische Lösungen im Unternehmen geht, schaue ich sehr

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Ladebetrieb beim Kunden

genau hin und überzeuge mich von den Vorteilen, die technische Verän-derungen erwarten lassen. Aber Sie haben Recht, zwischenzeitlich ist al-les so spezifisch geworden, dass man sehr schnell zum Dilettanten wird. Glücklicherweise kann ich auf meine Mitarbeiter und Konstrukteure zählen, die die Geometrie und Mathematik verinnerlicht haben und uns auch im Bereich der Schleifsoftware weit nach vorne gebracht haben. Ich bin eher in der „Breite“ unterwegs und habe das

gesamte Wohl von Kirner im Auge. Als Firmenchef kann und muss ich nicht immer über alle Detailkenntnis-se verfügen.

Wo liegen bei Kirner die Kernkom-petenzen?

Wir bedienen drei Produktbereiche. Zum einen die CNC- Schleifmaschi-nen mit spezifischer Ausrichtung, dann die Abrichtmaschinen und zum

anderen haben wir eine eigene Schlei-ferei zur Produktion von Nadelhalter-platten, die als chirurgische Instru-mente eingesetzt werden. Dadurch erreichen wir eine sehr stabile Situati-on im Unternehmen. Tatsächlich sind wir in jedem der drei Bereiche star-ken Schwankungen unterworfen und können gerade durch die Splittung für eine ausgewogene Risikostreuung sorgen.

Gibt es einen USP in Ihrem Unter-nehmen?

Besonders leistungsstark und innova-tiv sind wir in der Entwicklung und in der Automatisierungstechnik. Unsere Schleifmaschinen arbeiten mit sechs Achsen und haben damit einen beson-deren Reifegrad erreicht. Die sechste Achse steht zwar in der Regel als Re- dundant, aber unsere Kunden schät-zen den Vorteil, den die zusätzliche Achse bringt. Wir garantieren eine einfachere Handhabung der Maschi-nen und damit kürzere Rüst- und Still-standzeiten. Die dynamischen Achsen bringen Zeit- und Kostenersparnis mit großen Auswirkungen bei der Serien-produktion 24/7. F

otos: Kirner Schleifmaschinen GmbH & Co. KG

Schleifscheibenpaket mit Topfscheibe

Schleifscheibenpaket

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Welche Chancen sehen Sie in den nächsten Jahren bezüglich Ihrer Pro-dukte?

Ich sehe einen wachsenden Bedarf an Qualitätsprodukten im asiatischen Markt - vor allem außerhalb der Volu-menmärkte. Auch als Nischenanbieter bieten sich für uns unschätzbare Mög-lichkeiten, die wir nutzen sollten. Von daher wird es zukünftig auch darum gehen, diese Märkte zu erschließen.

Welchen Herausforderungen sehen Sie sich gegenübergestellt?

Es wird auch zukünftig darum gehen, bessere Lösungen für unsere Kunden bereitzuhalten. „Gleich gute“ Leistun-gen sind längst nicht ausreichend. Hier im Industriestandort Deutschland ha-ben wir durch das relativ hohe Lohn-niveau und durch kürzere Arbeits-zeiten einen klaren Standortnachteil. Politik und vor allem Gewerkschaften sollten nicht nur nationalstaatlich denken, sondern immer auf Verhält-nisse in anderen Ländern achten. Werfen wir beispielsweise einen Blick auf die Forderung der IG-Metall nach der 28-Stunden-Woche. Wie wollen

wir konkurrieren mit Ländern, die doppelt oder gar dreifach so lange arbeiten. Es gibt hier in Deutschland Errungenschaften, die ich als nicht schlecht erachten möchte, aber man sollte doch immer mit Maß und Ziel agieren. Wie lange kann man diesen Wirtschaftsstandort in Deutschland dann noch halten? Ein großes Thema, dem wir mehr und mehr gegenüberge-stellt werden, ist der Fachkräfteman-gel. Es könnte (noch) schwieriger wer-den, gute und qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Wir empfinden es schon als Herausforderung, geeignete und fähi-ge Auszubildende zu finden.

Wie zeichnet sich die Situation der-zeit ab?

Der deutschen Wirtschaft geht es prächtig, die Industrie verzeichnet mo-mentan den stärksten Boom seit über zwei Jahrzehnten. Der Auftragseingang ist gigantisch. Deshalb kommen auch unsere Lieferanten kaum noch mit den Bestellungen hinterher. Wir sehen uns mit der stärksten Verlängerung der Lieferzeiten seit Jahren konfrontiert. Genau genommen sprechen wir von Lieferzeiten von bis zu 60 Wochen.

Werkstückpaletten mit Doppelgreifer-Bestückungs-System

Demzufolge sind wir gezwungen, Lie-fertermine für unsere Maschinen zu nennen, die teilweise schon in das nächste Jahr reichen. Es stellt sich die Frage, wie lange die „Überhitzung“ noch anhält. Angeheizt wird diese Si-tuation von einem eklatanten Mangel an Fachkräften. Selbst wenn wir ein-stellen wollten, würde uns der Arbeits-markt keine adäquaten Mitarbeiter zur Verfügung stellen können.

Einige Ihrer Mitarbeiter haben trotz Ruhestand eine Weiterbeschäftigung

Mechanischer Fahrtenschreiber

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bei Kirner gewählt. Das spricht für ein positives Arbeitsklima. Gibt es dafür ein Rezept?

Ich habe großes Vertrauen in meine Mitarbeiter und lasse sie auch ein stückweit in Ihren Entscheidungen frei. Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass sie gerade deswegen zu guten Ergebnissen kommen und Freude an der Gestaltung haben. Sie nehmen Einfluss auf das gesamte System und sehen auf das Ganze. Was für die Mit-arbeiter eine Riesenmotivation bedeu-tet, ist für mich als Geschäftsführer eine enorme Erleichterung. Natürlich müssen bestimmte Vorgaben sein, aber ein geeigneter Entfaltungs- und Gestaltungsspielraum schafft Freude am Tun.

Welche Neuigkeiten gibt es bei Kir-ner?

In den letzten Jahren ist es uns gelun-gen, unseren Neubau abzuschließen und den „Showroom“ für unsere Kun-

den in das neue Gebäude zu verlagern. Außerdem haben wir die Produktion der Nadelhalterplatten dorthin verla-gert. In der Sparte Maschinenbau ist es uns gelungen, ein neues ERP-Sys-tem einzuführen. Das ein oder andere Projekt steckt noch in der „Pipeline“, aber aufgrund der hohen Auftragslage fehlen uns die Ressourcen, es umzu-setzen.

Wie sehen die Produkte der Zukunft bei Kirner aus?

Das Zauberwort Industrie 4.0 ist mo-mentan in aller Munde. Auch für uns bedeutet das, unsere zukünftigen Pro-dukte wettbewerbsfähig zu machen und Intelligenz in die Bauteile hinein zu bringen. Es geht darum, diese inter-netfähig zu machen, um damit die Ver-netzung und Regelung aller Systeme weitgehend ortsunabhängig zu errei-chen. Dennoch muss aber alles für den Anwender leicht beherrschbar sein, Standards müssen entwickelt werden und dem Kunden einen echten Nut-

FIRMEN-INFORMATION

Kirner Schleifmaschinen GmbH & Co. KG

Gegründet: 1919

Geschäftsführer: Martin Kirner

Gutachstr. 17-19 D-79822 Titisee-NeustadtTel. +49(0) 7651/9226-0

[email protected]

Produktportfolio: Schleifmaschinen, Abrichtmaschinen

Mitarbeiter: 28

Exportanteil: 2/3

zen bringen. Sind unsere Hausaufga-ben gemacht, wird es uns gelingen, nächstes Jahr nicht nur unser 100-jäh-riges Firmenjubiläum zu feiern, son-dern dann auch das 150ste…

Wo liegen Ihre wichtigsten Märkte?

Hauptsächlich in Deutschland, Euro-pa und zum Teil auch USA. An Bedeu-tung gewinnt, wie bereits erwähnt, der asiatische Markt.

Die GrindTec in Augsburg ist für Kir-ner die wichtigste fachspezifische Messe. Welche Erwartungen haben Sie an die Schleifmesse und gibt es weitere wichtige Messebeteiligun-gen?

Wir erwarten wieder spannende Ge-spräche und reges Interesse an unserer neuen Abrichtmaschine K 430 CNC so-wie der jetzt auch in gekapselten Aus-führung erhältlichen K 43 C evo. Auf der JIMTOF in Japan stellen wir zusam-men mit unserer Vertretung YKT regel-mäßig aus. Zukünftig wird für uns aber auch die IMTS in Chicago und auch die CIMT in Peking bedeutsam.

Rotierfrässortiment

Kugel-Zylinder-Fräser mit Diamantverzahnung

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Angenommen: Sie sind mit einem Politiker im Gespräch. Welche Än-derungen würden Sie sich wün-schen?

An sich bin ich kein politischer Mensch. Ich würde auch behaupten wollen, dass Politik kein guter Un-ternehmer ist. Es wäre leichter, wenn es weniger Reglementierungen gäbe – gerade für kleinere Unternehmen. Wir könnten eine Fachkraft nur da-für einstellen, die alle gesetzlichen Bestimmungen überwacht. Man muss sich als Unternehmer mit so vielen gesetzlichen Regelungen auseinan-dersetzen, die zeitraubend sind. Diese Zeit fehlt dann, um vernünftig produ-zieren zu können. Als kleines, mittel-ständisches Unternehmen haben wir natürlich ganz andere Ressourcen als ein Großunternehmen. Beispielsweise haben wir keine eigene Rechtsabtei-lung oder eine Abteilung für Arbeits-sicherheit oder einen eigenen Be-triebsarzt. Und wir stehen auch hier wieder in Konkurrenz mit anderen Ländern! Selbstverständlich haben Gesetze ihre Berechtigung, aber auch hier wäre Maß und Ziel ein geeigne-tes Instrument, um die Regelungswut einzudämmen.

Wer ist für Sie ein guter Ratgeber?

Meine Familie, gute Freunde, Mitar-beiter und ich höre auch oft auf meine innere Stimme.

Wie lautet Ihr Lebensmotto?

Das Beste aus jeder Situation zu ma-chen.

Was begeistert Sie?

Ich habe eine gewisse Affinität zum Extrem. Der Hang zu extremen, be-sonderen Leistungen in Sport und Be-ruf faszinieren mich. Mich interessie-ren vor allem die Menschen dahinter, welche Motivation treibt sie an.

In meiner Freizeit liebe ich es…

…Tennis oder Tischtennis zu spielen. Ich liebe Windsurfen und sonntags eine Joggingrunde um den Titisee. Da-nach ein gemütliches, ausgedehntes Frühstück mit meiner Familie.

Erfolg ist für mich…

…das zu erreichen, was ich mir vorge-nommen habe. Auf dem Weg dorthin aber auch Freude zu verspüren, denn der Weg ist auch immer das Ziel.