Materialien für die schulische und außerschulische...

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Materialien für die schulische und außerschulische Bildung Herausgeber Gebrüder Beetz Filmproduktion Berlin GmbH & Co. KG Heinrich-Roller-Straße 15, 10405 Berlin Geschäftsführer: Reinhardt Beetz, Christian Beetz In Zusammenarbeit mit Agentur für Bildung – Geschichte, Politik und Medien e.V. Dieffenbachstraße 76, 10967 Berlin Autorinnen Nadja Grintzewitsch, Birgit Marzinka, Tanja Schmoller, Hannah Kappes Lektorat Robert Sigel, Werner Dreier Bildnachweise Siehe jeweilige Quellenangabe

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Materialien für die schulische und außerschulische Bildung

HerausgeberGebrüder Beetz Filmproduktion Berlin GmbH & Co. KG

Heinrich-Roller-Straße 15, 10405 BerlinGeschäftsführer: Reinhardt Beetz, Christian Beetz

In Zusammenarbeit mitAgentur für Bildung – Geschichte, Politik und Medien e.V.

Dieffenbachstraße 76, 10967 Berlin

AutorinnenNadja Grintzewitsch, Birgit Marzinka, Tanja Schmoller, Hannah Kappes

LektoratRobert Sigel, Werner Dreier

BildnachweiseSiehe jeweilige Quellenangabe

Einführung 01 Zum Webprojekt 02 Kurzinterview mit den Filmemachern 04Unterrichtsmaterial: Einführung für Lehrkräfte 07

ZIM – Ziel, Inhalt, Methode 09

Modul 1: Einführung und Webmodul 15 Leitfaden 15

Modul 2: Auswertung des Webprojekts 17Leitfaden 17

Modul 3a: Sichtweisen auf den Holocaust 19Leitfaden 19Arbeitsblatt zu Modul 3a – Sichtweisen auf den Holocaust 21 Hintergrundtext: Reise nach Polen 25

Modul 3b: Reisen nach Polen 28Leitfaden 28Arbeitsblatt zu Modul 3b: Entwicklung der israelischen Erinnerungskultur 30Lösungsblatt zu Modul 3b: Zeittafel zur israelischen Erinnerungskultur 31Hintergrundtext: Die Gründung Israels – eine Zusammenfassung 32Arbeitsblatt zu Modul 3b: Lückentext zur Staatsgründung Israels 35

Modul 4: Gedenkkulturen in Israel, Österreich und Deutschland 36Leitfaden 36Arbeitsblatt zu Modul 4: Gedenkkultur in Israel 38Arbeitsblatt zu Modul 4: Gedenkkultur in Österreich 40Arbeitsblatt zu Modul 4: Gedenkkultur in Deutschland 42

Modul 5: Erinnerungsprojekt 44Leitfaden 44Arbeitsblatt zu Modul 5 – Erinnerungsprojekt 45

Weiterführende Literatur 50

INHALT

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EINFÜHRUNGIn Auschwitz tanzen? Auf Gräbern Selfies machen? In Gaskammern filmen? Völlig ge-schmacklos oder total in Ordnung? #uploading_holocaust ist ein multimediales Web-projekt, das herausfinden will, wie Jugendliche heute mit der Erinnerung an den Ho-locaust umgehen und wie sie sich eine zeitgemäße Erinnerungskultur im digitalen Zeitalter vorstellen.

Wie geht Erinnern heute? Dieser Frage nähert sich #uploading_holocaust durch eine Kombination aus Videomaterial und interaktivem Fragebogen. Ausgangspunkt für das Webprojekt sind original YouTube-Videos von jüdischen Schülern aus Israel, die jedes Jahr die an den jährlich stattfindenden so genannten Reisen nach Polen teilnehmen: Für viele Teilnehmer bedeutet dies eine einwöchige Klassenfahrt auf den Spuren ihrer Vorfahren, die in Polen durch das Nazi-Regime ums Leben kamen. Die Eindrücke dieser Fahrt halten die Jugendlichen in YouTube-Videos fest, die einen authentischen und be-wegenden Einblick in ihren Umgang mit der Vergangenheit gewähren.

Das Webprojekt konfrontiert deutschsprachige Jugendliche mit den YouTube-Videos der israelischen Jugendlichen und nimmt sie als Anlass, die eigene Haltung in Bezug auf den Holocaust zu reflektieren. Wie relevant ist das Thema für die 4. Generation über-haupt noch? Welchen Tabus und Erwartungen stehen die Jugendlichen heute gegen-über? Inwiefern können deutschsprachige Jugendliche die Emotionen der israelischen Jugendlichen nachvollziehen? Gibt es zwischen den Nachfahren der Opfer-, Täter- und Mitläufergesellschaften heute noch Berührungsängste?

Ziel von #uploading_holocaust ist es, das ver-meintliche Desinteresse von Jugendlichen zum Thema auf den Prüfstand zu stellen und Diskus-sionen zum Umgang mit dem Holocaust in Gang zu setzen – nicht nur im Unterricht, in der Familie und in sozialen Medien, sondern auch über Län-dergrenzen hinweg.

Jedes Jahr reisen ca. 25.000 israelische Schüler mit ihren Lehrkräften nach Polen, um die Erinnerung an den Holocaust leben-dig zu halten. Diese besondere Klassenfahrt wird in Israel “Journey to Poland” genannt. Diese Gedenkreise ist eine Mischung aus der Suche nach Spuren der eigenen Fami-liengeschichte, Geschichtsvermittlung, Pil-gerfahrt, und Verarbeitung eines kollektiven Traumas. Gedenkzeremonien spielen eine wichtige Rolle auf den “Reisen nach Polen“.

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Die Ausgangsfrage des Webprojekts lautet: Wie gehen Jugendliche in Deutschland und Österreich heute mit der Erinnerung an den Holocaust um?

Ziel ist es, durch das Webprojekt ein vielschichtiges Stim-mungsbild zur derzeitigen Erinnerungskultur zu erzeugen und unter Jugendlichen Reflexionsprozesse und Diskussio-nen in Gang zu setzen, wie sie mit der Vergangenheit um-gehen (wollen).

Hierfür werden Videoclips aus dem Dokumentarfilm #uploading_holocaust und deutschsprachige YouTube-Vi-deos mit einem interaktiven Fragebogen kombiniert.

Es entsteht eine klare lineare Nutzerführung in sechs kurzen Kapiteln. Jedes Kapitel beginnt mit einem kurzen thematischen Videoclip. Darin sehen die Nutzerinnen und Nutzer, wie gleichaltrige israelische Jugendliche von ihren Erfahrungen auf der „Reise nach Polen“ berichten. Im An-schluss werden die User mit ihrer eigenen Haltung zu den jeweiligen Themenfeldern konfrontiert.

Die Fragen sind keine Wissensfragen, sondern zielen auf die Emotionen und Einstellungen der Nutzerinnen und Nutzer ab.

Um die Nutzerinnen und Nutzer auf Augenhöhe abzuholen, startet das Webprojekt mit dem deutschsprachigen You-Tuber Jakob Gentsch.

Die Nutzerinnen und Nutzer beantworten Fragen zu ver-schiedenen Themenblöcken und erhalten nach Eingabe ih-rer Antwort eine Echtzeitvisualisierung, die ihre Meinung in Relation zu den anderen Nutzerinnen und Nutzern stellt. Die Gesamtergebnisse aller User werden im Januar 2017 veröffentlicht.

Zum Webprojekt

Screenshots aus dem Webmodul #uploading_holocaust©gebrueder beetz filmproduktion

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Die Nutzer und Nutzerinnen lernen durch das Material der israelischen Jugendlichen eine Perspektive kennen, die ihnen sonst meist verschlossen bleibt. Es geht nicht darum, sich gegenseitig zu be- oder verurteilen, sondern das israelische Material als Anknüp-fungspunkt für die Reflexion über das eigene Verhalten zu nutzen.

Die reine Nutzungsdauer des Projekts liegt insgesamt bei ca. 25-30 Minuten.

Das Webprojekt ist auch auf die Nutzung in Gruppen, z.B. Schulklassen oder Work-shops zugeschnitten:

Auf der Startseite www.uploading-holocaust.com können die Gruppenleiter ihre Gruppe registrieren und verwalten. Sie haben die Möglichkeit, jedem Mitglied einen individuellen Code zu geben, der vor Start des Projekts auf der Startseite eingegeben wird. So lassen sich die Ergebnisse der Gruppenmitglieder untereinander auswerten. Jeder Teilnehmer der Gruppe sollte das Webprojekt allerdings alleine durchführen, um Raum für mög-lichst ehrliche Antworten zu haben.

Zum Webprojekt

Screenshots aus dem Webmodul #uploading_holocaust©gebrueder beetz filmproduktion

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Kurzinterview mit den Filmemachern

Rund 22.200 Video-Clips finden sich unter dem Suchbegriff „Journey to Poland“ bei YouTu-be. In ihren Videos teilen die israelischen Schülerinnen und Schüler private und bewegen-de Momente. Die israelische Fassung des Dokumentarfilms #uploading_holocaust wurde bereits im April 2016 zum israelischen Holocaust-Gedenktag im Fernsehen gezeigt. Ein Interview mit den Regisseuren Udi Nir und Sagi Bornstein.

Warum habt ihr mit dem Projekt #uploading_holocaust begonnen?Die letzten Überlebenden des Holocaust haben inzwischen ein sehr hohes Alter erreicht. Viele befürchten, dass der Holocaust mit ihrem Tod zur Legende wird, zu einem lange zurückliegenden Mythos. Wenn man sich YouTube-Videos anschaut, die in Gedenkstät-ten entstanden sind und von den Usern selbst hochgeladen wurden, kann man diesen Prozess beobachten. Die Videos sagen viel aus über jugendliches Denken, das Bildungs-system und den (israelischen) Umgang mit der Geschichte.

Welches Bild habt ihr von den „Reisen nach Polen“ gewonnen?Als wir uns die „Reisen nach Polen” genauer angeschaut haben, stellten wir fest, dass viele Erwachsene in Israel nur Basiswissen darüber haben. […] In unseren Augen sind die Reisen aber ein faszinierender Einblick in das israelische nationale Narrativ über den Holocaust, und die Art, wie jungen Israelis beigebracht wird, kollektiv zu denken und zu handeln. Der Holocaust ist in Israel in vielerlei Hinsicht ein Tabu.

Udi Nir, Jahrgang 1990, ist Autor, Regisseur und Pro-duzent. 2008 verweigerte er den israelischen Militär-dienst und saß dafür 21 Tage im Gefängnis. Die „Reise nach Polen“ machte Udi Nir selbst als Jugendlicher mit. Erst Jahre später begann er, die Reisen in Frage zu stellen. Bild: ©gebrueder beetz filmproduktion

Sagi Bornstein, Jahrgang 1978, blickt auf eine 20-jäh-rige Erfahrung als Regisseur, Produzent und Cutter zurück. Bei #uploading_holocaust musste er im Schnitt den Überblick über die hunderte Quellen YouTube-Material behalten, die er zu einer Gesam-terzählung zusammensetzte. Bild: ©gebrueder beetz filmproduktion

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Kritische Nachfragen darüber, die Art wie in der Gesellschaft und in den Schulen über das Thema geredet wird, sind nicht gern gesehen.

Was für einen Einfluss hatte das verwendete YouTube-Material auf eure Arbeit?Nachdem wir herausgefunden haben, dass es so viel Material auf YouTube gibt, nahm der Film eine andere Wendung als gedacht. Neben einer Dokumentation über die Reisen nach Polen haben wir auch damit begonnen, die neu entstandene Erinnerungskultur im Zeitalter des World Wide Web zu untersuchen. Sie beeinflusst die Art, wie Geschichte heute geschrieben wird.

Warum sollte #uploading_holocaust auch in Deutschland und Österreich gezeigt werden?Indem wir uns an ein internationales Publikum wenden, wollen wir die Zuschauerinnen und Zuschauer auffordern, in sich selbst hineinzuhorchen und Fragen zu stellen. Welchen Blick habe ich auf den Holocaust oder andere katastrophale Ereignisse, die sich in der Vergangenheit abgespielt haben? Wie ist die Geschichte des Landes, in dem ich wohne, gesellschaftlich aufgearbeitet? Welches Narrativ wird verwendet, hat es ein bestimmtes Ziel? Und hat sich dieses Narrativ verändert, seit es das Internet gibt? Natürlich sind wir uns im Klaren darüber, dass es Unterschiede gibt zwischen der israelischen Sichtweise und einer deutschen oder österreichischen Perspektive auf den Holocaust.

Wie waren die Reaktionen in Israel auf euren Dokumentarfilm?Der Film wurde am israelischen Holocaust-Gedenktag auf dem meistgesehenen Kanal (Keshet) zur Prime Time gezeigt. Die Filme, die normalerweise an diesem Tag laufen, handeln vom Holocaust selber. #uploading_holocaust handelt davon, wie wir in Israel heutzutage mit dem Holocaust umgehen und stellt dies in Frage. Dieser Blickwechsel war für viele Zuschauer und Zuschauerinnen problematisch. In dem normalerweise sehr traditionell aufgebauten Umfeld des Holocaust-Gedenktags waren das verwendete Ma-terial, der „junge Blick“ und Kritik am bestehenden Narrativ sehr ungewöhnlich.

Kurzinterview mit den Filmemachern

Szenen aus dem Dokumentarfilm #uploading_holocaust ©gebrueder beetz filmproduktion

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Es gab hitzige Debatten. […] Andere wiederum waren überrascht, wie sich die Reisen nach Polen entwickelt haben. Einige Eltern überlegen inzwischen, ihre Kinder nicht mehr auf diese Reisen zu schicken. In der Zeitung Haaretz stand der folgende Satz: “Die Bot-schaft, die hier gesendet wird, sollte uns alle nachdenklich stimmen.”

Wie haben die Schülerinnen und Schüler, von denen ihr das Material hattet, auf den Film reagiert?Die meisten waren sehr aufgeregt und freuten sich darauf, ihre Clips im Fernsehen zu sehen. Manche hatten Verständnis für die Kritik an den Reisen, andere fanden die Bot-schaft, die hier rüberkam, natürlich schwierig. Uns ist es wichtig zu sagen, dass wir keine Kritik an den Jugendlichen üben wollten, sondern an der Organisation und Durchführung der Reisen.In einem Fall waren die Lehrkräfte und Jugendliche einer Schule, mit der wir in engem Kontakt standen, zunächst sehr unglücklich darüber, wie ihre Clips in den Film einge-bettet wurden. Einige Wochen nach der Ausstrahlung bekamen wir jedoch eine E-Mail von der Schule. Sie schrieb, dass in den Klassen viel debattiert wurde, über die Reisen nach Polen, deren Art der Durchführung und auch über die Erinnerung an den Holocaust im Allgemeinen. Sie spürten, dass der Film wichtige Fragen aufgeworfen hatte, über die man normalerweise nicht spricht – und das ist in ihren Augen exakt das, was Kunst tun sollte. […] Über dieses Feedback haben wir uns natürlich sehr gefreut.

Kurzinterview mit den Filmemachern

Szenen aus dem Dokumentarfilm #uploading_holocaust ©gebrueder beetz filmproduktion

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Unterrichtsmaterial: Einführung für Lehrkräfte

Das Bildungsmaterial ist für die Sekundarstufe II bzw. für Jugendliche ab etwa 15 Jahren geeignet. Es umfasst fünf verschiedene Module, von denen die ersten beiden direkt in Verbindung mit dem Online-Modul stehen und Bearbeitung und Auswertung umfassen. Optional kann das letzte Modul als Einstieg verwendet werden, um ein eigenes Erinne-rungsprojekt an den Holocaust zu starten.

Ziel des Materials: Die Schülerinnen und Schüler sollen Informationen zu den „Reisen nach Polen“ erhalten, sich einen Überblick zur deutschen, österreichischen und israeli-schen Erinnerungskultur verschaffen und einen Standpunkt entwickeln, wie sie selbst mit der eigenen Geschichte umgehen möchten.

Einsatz im Unterricht: Zentrale Funktion des Online-Moduls #uploading_holocaust ist es, die thematische Reflexion zu initiieren und in der Folge ein Stimmungsbild innerhalb einer Klasse bzw. einer Lerngruppe zu erhalten. Hierfür sind zwei Unterrichtsstunden an-gesetzt. Weitere Module beschäftigen sich tiefergehend mit der Thematik. Daher ist das Material auch zur Vorbereitung auf einen Gedenkstättenbesuch, auf einen deutsch-isra-elischen Austausch oder für eine Projektwoche ideal geeignet. Es kann also nicht nur im Geschichts- Politik- Religions- oder Ethikunterricht, sondern auch im außerschulischen Kontext eingesetzt werden.

Voraussetzung für einen erfolgreichen Einsatz im Unterricht sind möglichst vorange-gangene Unterrichtseinheiten zu den Themenkomplexen Nationalsozialismus und Ho-locaust. Optimalerweise haben die Schüler_innen bereits eine NS-Gedenkstätte besucht oder streben dies an. Um die Bedeutung der „Reisen nach Polen“ nachvollziehen zu kön-nen, sollte man zudem einen Überblick über die Gedenkkultur Israels und, damit zu-sammenhängend, über die Entwickung des Staates erhalten haben. Diesbezüglich sind diesem Unterrichtsmaterial weitere Materialien beigefügt (Zeitstrahl, Lückentext).

Umfang des Materials: Die Nutzung und die Auswertung des Webmoduls können inner-halb von zwei Schulstunden (à 45 Minuten) erfolgen. Um tiefer in die Thematik der Er-innerungskulturen in Deutschland, Österreich und Israel einzusteigen, sind mindestens vier weitere Schulstunden nötig. Für die Vorbereitung und Durchführung eines eigenen Gedenkprojekts kann je nach Vorhaben mindestens eine Projektwoche bis hin zu einem ganzen Schuljahr eingeplant werden.

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Übersicht und zeitlicher Umfang:

Modul 1: Webprojekt: 45 MinutenModul 2: Auswertung des Webprojekts: 45 MinutenModul 3: Vertiefung

a) Sichtweisen auf den Holocaust: 45 Minuten b) Staatsgründung Israels (zur Vertiefung im Geschichts- oder Politikunter richt): 45 Minuten

Modul 4: Gedenkkulturen in Israel, Deutschland und Österreich: 90 MinutenModul 5: Einführung zur Entwicklung eines eigenen Gedenkprojekts: 45 Minuten (ggf. weitere 45 Minuten für Konzeption)

Zeitlicher Aufwand für die Gestaltung eines eigenen Erinnerungsprojekts: individuell

Unterrichtsmaterial: Einführung für Lehrkräfte

Screenshots aus dem Webmodul #uploading_holocaust©gebrueder beetz filmproduktion

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ZIM – ZIEL, INHALT, METHODE

Modul 1 – Einführung und Webmodul – 45 Minuten

Zeit Ziel Inhalt Methode Materialien

10 Min. Die Schülerinnen und Schüler für die Thema-tik interessieren; einen ersten Einstieg schaf-fen, in das Webprojekt einführen

Hintergrundin-formationen zum Projekt, Ausgabe der Gruppencodes

Kurzinput Lehrkraft

Im Vorfeld: Vorbereitung mit dem vorliegenden Heft (Hintergrund-infos)Im Vorfeld: Gruppe erstellen auf HomepageBeamer, Laptop mit Internetzu-gang, LeinwandTafel oder Whiteboard, Kreide/Marker

30 Min. Den SuS die Möglich-keit geben, individuell und anonym ihre Mei-nung zum Themenkom-plex „Erinnern an den Holocaust“ zu äußern. Die Ergebnisse der Umfrage können im Unterricht ausgewertet werden.

Jugendliche bear-beiten eigenständig das Webmodul #uploading_ho-locaust

Einzelarbeit; Meinungs-umfrage in Form eines Webmoduls

Je Schüler_in ein PC mit Internet-anschluss, ggf. Smartphones;Kopfhörer zwingend erforderlich

5 Min. Einen Überblick über den weiteren Ablauf verschaffen

Modul 2 in der nächsten Stunde ankündigen

Kurzinput Lehrkraft

ggf. Tafel oder Whiteboard

Anmerkung: Für die sich anschließende Methode Gallery Walk ist ein (Farb-)Drucker mit ausreichend Papier vonnö-ten. Einplanen: Datenstick, falls der verwendete Rechner nicht mit dem Schuldrucker verbunden sein sollte.

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Modul 2 – Auswertung des Online-Moduls – 45 Minuten

Zeit Ziel Inhalt Methode Materialien

5 Min. Die SuS erhalten eine Orientierung über die Umfrageergebnisse innerhalb ihrer Klas-sengemeinschaft

Die SuS schauen sich die ausge-druckten Grafiken an, die an der Wand hängen

Gallery Walk Ausgedruckte Grafiken mit den Ergebnissen der UmfrageTesafilmAlternative: Ergebnisse am Rech-ner begutachten; aber: Wechsel der Methodik sinnvoll, da ab-wechslungsreicher

15 Min. Die SuS erarbeiten in Kleingruppen einen Standpunkt zu den Um-frageergebnissen und bereiten die Diskussion vor

Die SuS tauschen sich in Dreier- oder Vierergruppen über die Umfrageer-gebnisse aus. Sie orientieren sich an bereitgestellten Fragen.

Kleingrup-penarbeit

Lehrkraft: Diskussionsfragen aus dem Leitfaden zur Auswertung gut sichtbar bereithalten (Tafel, Whiteboard, PowerPoint)SuS: Blatt Papier, Stifte

25 Min. Die SuS erarbeiten einen kritischen Standpunkt zu den Umfrageergebnissen und erhalten die Mög-lichkeit, weitere Fragen zum Webprojekt zu stellen

Jede Arbeits-gruppe erhält die Möglichkeit, ihre erarbeitete Posi-tion anzubringen. Beantwortung möglichst je Frage; kein gruppenweiser Vortrag, da Wieder-holungsgefahr

Diskussion im Plenum, Bespre-chung der Ergebnisse (nach Fragen geordnet

ggf. Beamer, Laptop mit Internet-zugang, Leinwand, um bei etwa-igen Nachfragen Szenen erneut zeigen zu können

Ggf. Hausaufgabe: Verfassen einer Kurznachricht (siehe Leitfaden zur Auswertung des Webprojekts)

ZIM – ZIEL, INHALT, METHODE

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Modul 3a – Vertiefung – Sichtweisen auf den Holocaust – 45 Minuten

Zeit Ziel Inhalt Methode Materialien

20 Min. Die SuS kennen die verschiedenen Statem-ents der jüdisch-isra-elischen Jugendlichen zum Thema Holocaust

Sechs Statements von Protagonistin-nen und Protago-nisten des Films #uploading_ho-locaust zum Thema Holocaust

Einzelarbeit, LeseübungZuruf: Nach-frage der Lehrkraft, ob Unklarheiten bestehen. Spontane Reaktionen auf die Statements zulassen.

Ausgedruckte Arbeitsblätter: Modul 3a – Sichtweisen auf den Holocaust

25 Min. Die SuS entwickeln eine eigene Haltung im Umgang mit dem Holocaust bzw. im Umgang mit der Erinnerung an den Ho-locaust. Sie beginnen zu verstehen, dass es je nach Herkunft und Land unterschiedlich geprägte Sichtweisen auf den Holocaust geben kann.

Drei bis vier Thesen werden nach der Barometermethode abgewogen und diskutiert

Barometer: Die Teilneh-mer/innen positionieren sich bezüg-lich ihrer Meinungen und Gefüh-le durch Hinstellen im Raum

Kreppband oder Packpapier, Tesafilm, Filzstift, Scherealternativ KreideAusschneiden eines Papierstrei-fens (ca. 2,50 m x 20 cm) bzw. Ziehen einer Linie durch den Raum, Markierungsmöglichkeiten an den Enden und in der Mitte:Ablehnung – Toleranz – Zustim-mung | Negative Gefühle – neut-ral – positive Gefühle

Ggf. Hausaufgabe: Schriftliche Beantwortung der Fragen auf dem Arbeitsblatt

ZIM – ZIEL, INHALT, METHODE

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Modul 3b: Vertiefung – Reisen nach Polen – 45 Minuten

Zeit Ziel Inhalt Methode Materialien

10 Min. Die SuS lernen, dass es in Israel auch Kritik an den Reisen nach Polen gibt

Ausschnitte aus dem Interview mit dem israelischen Historiker Yariv Lapid zum Thema Reisen nach Polen

Sichtung der Intervie-wausschnitte im Plenum

Beamer, Leinwand, Laptop mit InternetanschlussKurzinterviews mit Yariv Lapid (2x3 min): Fahrten nach Polen, Kritik an den Fahrten nach PolenEventuell müssen die Szenen zwei Mal gezeigt werden, falls der Inhalt nicht sofort erfasst werden kann.

15 Min. Die SuS eignen sich Expertenwissen an, reflektieren es und vertiefen so ihr Wissen zum Thema

Reflexion des Inter-viewausschnitts im Plenum

Zuruf, Plen-um, Diskus-sion

Fragen siehe Modul 3b: Leitfaden Reisen nach Polen

10 Min. Die SuS können die Reisen nach Polen in einen Gesamtkontext einordnen

Zentrale Daten und Ereignisse der israelischen Erinne-rungskultur

Zeitstrahl/Zeitleiste

Anmerkung: Ist die Bearbeitung des Moduls 4 geplant, kann dieser Teil übersprungen werden, da sich sonst einiges doppeln würde.Vorbereitung: Beschriftung von bunten Moderationskarten mit Daten und Ereignissen aus der Zeitleiste zur Erinnerungskultur IsraelsEvtl. Vorbereitung der Lehrkraft: Sichtung weiterer Interviewaus-schnitte mit Yariv Lapid, z.B. zum Eichmann-ProzessEinen Streifen Papier (ca. 2m x 20cm) mit „Entwicklung der Erinnerungskultur in Israel“ be-schriften und auf einen Tisch/auf den Boden kleben. Alternativ mit Kreide auf den Boden zeichnenTesafilm

10 Min. S.o. Erläuterung der Zeitleiste

Ggf. Input Lehrkraft

S.o.

Ggf. Hausaufgabe je nach Schwerpunkt

ZIM – ZIEL, INHALT, METHODE

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Modul 4: Gedenkkulturen – 90 Minuten

Zeit Ziel Inhalt Methode Materialien

45 Min. Die SuS erarbeiten sich die Gedenkkultur eines Landes und reflektie-ren diese

Anhand von drei Interviews zu drei verschiedenen Ländern erarbeite-ten sich die SuS die Inhalte und berei-ten die Präsentati-on vor

Videoclips anschauen, Arbeitsblatt zu einem Land bear-beiten und die Ergebnis-se auf einer Wandzeitung festhalten

Vorbereitung der Lehrkraft: Sich-tung der VideoclipsRechner, Laptops, TabletsWandzeitung oder Flipchartpa-pier, StifteKreppband, um die Wandzeitun-gen an der Wand zu befestigen

20 Min. Die SuS lernen die Gedenkkulturen der anderen beiden Länder kennen

Die SuS präsentie-ren sich gegensei-tig die Ergebnisse

Präsentation im Plenum oder in einer Art World Café, wobei die World Café Me-thode u.U. etwas länger dauern kann

Wandzeitung

20 Min. Reflexion der verschie-denen Gedenkkulturen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede kennen-lernen

Die SuS erarbeiten sich die Unterschie-de und Gemein-samkeiten

Beantwor-tung einiger Fragen im Plenum

Wandzeitung

5 Min. Orientierung der SuS Ausblick auf die nächste Stunde oder Erklärung der Hausaufgabe

Plenum

Ggf. Hausaufgabe (Arbeitsblätter zum Modul 5, Vorablektüre)

ZIM – ZIEL, INHALT, METHODE

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Modul 5: Einführung zum Erinnerungsprojekt – 45 Minuten

Zeit Ziel Inhalt Methode Materialien

10 Min. Die SuS erhalten einen Überblick über bereits durchgeführte Gedenk-projekte in Deutsch-land und Österreich. Sie reflektieren und bewerten diese für sich selbst.

Kurztexte bzw. Zu-sammenfassungen von Gedenkpro-jekten, die bereits von deutschen und österreichischen SuS durchgeführt wurden.

Einzelarbeit Ausgedruckte Arbeitsblätter zum Modul 5 – ErinnerungsprojektAnmerkung: Die Lektüre der Arbeitsblätter kann auch als Hausaufgabe erfolgen. Dadurch bleibt für Gruppendiskussion und Ergebnissicherung mehr Zeit übrig.

15 Min. Die SuS diskutieren die für sie interessantes-ten Gedenkformen.

Die SuS diskutieren die Ergebnisse ihrer Überlegun-gen innerhalb der Gruppe.

Gruppenar-beit

Papier, Stifte für NotizenAnmerkung: Bestehen starke Meinungsdifferenzen innerhalb der Gruppe, so sollte die Lehr-kraft moderierend eingreifen. Im Notfall können Plätze auch doppelt vergeben werden.

20 Min. Die SuS verständigen sich innerhalb der Klas-sengemeinschaft da-rüber, welche Formen des Gedenkens sie für zeitgemäß halten

Visualisierung der Gruppenergebnis-se in Form eines Rankings

Kurzvor-stellung der Ergebnisse im Plenum

Tafel/Whiteboard o.ä., Kreide bzw. Whiteboardmarker

Hausaufgabe: Möglichst detaillierte Ideenskizze für ein eigenes Erinnerungsprojekt (schriftlich, gruppenweise). Alternativ kann hierfür eine weitere Unterrichtsstunde veranschlagt werden. Es könnte je nach Interessenschwer-punkt notwendig sein, die Gruppen neu zu formieren. Es sollte je nach Ergebnis überlegt werden, ob überhaupt und

wenn ja, wie das Erinnerungsprojekt umgesetzt werden kann.

ZIM – ZIEL, INHALT, METHODE

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MODUL 1: EINFÜHRUNG WEBMODUL

Leitfaden

Allgemeine HinweiseDie Lehrkraft sollte die Inhalte des Webmoduls #uploading_holocaust gut kennen und es im Idealfall bereits selbst bearbeitet haben. Das kann bequem von zu Hause aus im Zuge der Unterrichtsvorbereitung passieren.

Um Ergebnisse zu erhalten, die innerhalb der Klasse bzw. der außerschulischen Lern-gruppe ausgewertet werden können, ist das Erstellen einer Gruppe auf der Homepage des Webmoduls unter www.uploading-holocaust.com nötig (blauer Bereich). Das Ein-richten der Gruppe nimmt nur ca. fünf Minuten in Anspruch. Sollte zu Beginn nicht fest-stehen, wie viele Gruppenmitglieder teilnehmen werden, können nachträglich Gruppen-codes hinzugefügt werden.

Für die Bearbeitung des Moduls ist eine Unterrichtsstunde à 45 Minuten vorgesehen. Im Idealfall schließt Modul 2 als Auswertungsform direkt an die Unterrichtsstunde an. Die beiden Module können gut innerhalb einer Doppelstunde bearbeitet werden. Die Nut-zung ist jedoch auch in zwei Einzelstunden möglich.

MethodenvorschlagEinführend vermittelt die Lehrkraft grundlegende Informationen zum Webmodul (Kurz-input). Geklärt werden sollten insbesondere folgende Punkte:

• Wer steht hinter dem Projekt? (Die gebrueder beetz filmproduktion, die Regisseure Sagi Bornstein und Udi Nir sowie die beteiligten Sendeanstalten und Institutionen (siehe Deckblatt)

• Worum geht es in den kurzen Clips? (Es geht um israelische Jugendliche, die sich auf die sogenannte Reise nach Polen begeben, siehe auch Hintergrundtext: Reise nach Polen)

• Was ist das Ziel des Webprojekts? (Ziel ist, Jugendliche zu aktivieren, darüber nach-zudenken, welche Bedeutung sie dem Kapitel Nationalsozialismus und Holocaust zu-messen und wie sie daran erinnern möchten. Die Ergebnisse können Grundlage einer weiterführenden Diskussion werden.)

• Die Ergebnisse können innerhalb der Lerngruppe ausgewertet werden, gehen aber auch in die Gesamtauswertung des Projekts in Deutschland und Österreich ein.

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Zur eigenständigen Bearbeitung des Webmoduls an den Rechnern sind laut ZIM (siehe auch ZIM – Ziel, Inhalt, Methode) 30 Minuten Zeit vorgesehen. Die Bearbeitung selbst dauert nur 25 Minuten. Das Hochfahren des Rechners, Rückfragen an die Lehrkraft, wie-derholtes Abspielen einer Szene u.ä. können jedoch zusätzliche Zeit in Anspruch nehmen.Das Webmodul kann auch mit Smartphones durchgeführt werden, solange diese mit dem WLAN verbunden sind. Dieser Einsatz folgt den medialen Gewohnheiten der Ju-gendlichen. Die Nutzung des eigenen Smartphones im Schulunterricht setzt jedoch ei-nen gewissen Reifegrad der Lerngruppe voraus, da sie immer auch stark ablenkend wirken kann. In jedem Fall sind Kopfhörer dringend erforderlich, um die Mitschülerinnen und Mitschüler nicht zu stören.

MODUL 1: EINFÜHRUNG WEBMODUL

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MODUL 2: AUSWERTUNG DES WEBPROJEKTS

Leitfaden

Allgemeine HinweiseDer Ansatz der Anonymität sollte in der Auswertung beibehalten werden, auch, um eine Bloßstellung einzelner Schülerinnen und Schüler zu vermeiden. Einzelne Aussagen, die beispielsweise bei der Freitexteingabe entstehen, sollten daher für die unten stehende Methode nur in Ausnahmefällen verwendet werden; etwa, um stark antisemitische Äu-ßerungen innerhalb der Klassengemeinschaft zu thematisieren. Die Ergebnisse der Um-frage können unterschiedlich ausfallen. Die hier allgemein gehaltene Auswertungsform kann je nach Ergebnis ergänzt oder abgeändert werden.

Methodenvorschlag• Die Lehrkraft kann die Ergebnisse im Bereich der Gruppenverwaltung in Echtzeit

aufrufen und ausdrucken. Die Ergebnisse werden nach Kapitel geordnet (möglichst bunt) an die Wand gehängt. In Form eines „Gallery Walks“ bekommen die Jugendli-chen nun einige Minuten die Möglichkeit, die Ergebnisse in Ruhe anzuschauen. Dies sollte möglichst in Stillarbeit passieren (Variation: Die Ergebnisse werden weiterhin am Rechner angeschaut und ausgewertet. Dies ist bei Doppelstunden von Vorteil, da der Lehrkraft möglicherweise nicht genug Zeit bleibt, die Gesamtansicht der Ergeb-nisse auszudrucken)

• Während sich die Schülerinnen und Schüler die Ergebnisse anschauen, werden die unten stehenden Fragen an die Tafel / auf das Whiteboard geschrieben bzw. per Po-werPoint an die Wand geworfen

Vorschlag Fragen für die DiskussionIn Dreier- oder Vierergruppen können nun folgende Fragen vordiskutiert werden:• Wie fandet ihr das Webprojekt im Allgemeinen?• Gibt es Abschnitte, die ihr inhaltlich nicht verstanden habt?• Was denkt ihr über die Ergebnisse der Umfrage?• Gibt es ein Ergebnis, das euch besonders überrascht oder auffällt?• Gibt es ein Ergebnis, das euch überhaupt nicht überrascht?• Welche Ergebnisse seht ihr kritisch und aus welchem Grund?

Die Ergebnisse der Dreier- und Vierergruppen können nun im Plenum besprochen wer-den. Die Auswertung erfolgt nicht als Gruppenvortrag, da sich dann viele Punkte wieder-holen würden, sondern orientiert sich an den Fragen.

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Ziel ist, einen Überblick über die Ergebnisse zu erhalten und sie kritisch zu reflektie-ren. Ist ein längeres Erinnerungsprojekt geplant, dienen die Ergebnisse als erste Orien-tierung, in welcher Form die Schülerinnen und Schüler weiterarbeiten möchten (siehe auch Modul 5: Erinnerungsprojekt).

Vorschlag für HausaufgabeAufgabe: Verfassen Sie schriftlich und in Ihren eigenen Worten eine fiktive Kurznachricht (WhatsApp, WeChat, Line, SMS…), in der Sie kurz das wichtigste Umfrageergebnis zusam-menfassen. Die Nachricht sollte nicht mehr als 320 Zeichen inkl. Leerzeichen umfassen, das Doppelte einer normalen SMS. Gängige Abkürzungen sind erlaubt. (Variationen: Die Nachricht an eine reale Person abschicken/in die WhatsApp-Gruppe der Klasse stellen/einen großen Handybildschirm auf ein Plakat zeichnen, alle Antworten hineinschreiben lassen und im Klassenzimmer neben den ausgedruckten Umfrageergebnissen aufhän-gen)

MODUL 2: AUSWERTUNG DES WEBPROJEKTS

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MODUL 3A: SICHTWEISEN AUF DEN HOLOCAUST

Leitfaden

Allgemeine HinweiseIn diesem Modul befassen sich die Schülerinnen und Schüler einerseits mit Statem-ents, welche die – real existierenden – israelischen Jugendlichen zum Thema Holocaust verfasst haben, siehe Arbeitsblatt zu Modul 3a – Sichtweisen auf den Holocaust. (Hin-weis: Für diesen Arbeitsteil sind maximal 20 Minuten vorgesehen. Eine differenzierte, kritische Auseinandersetzung mit den Zitaten erfordert einen größeren Zeitrahmen.) Zum anderen entwickeln die SuS mit Hilfe eines Meinungsbarometers eine eigene Po-sition in Bezug auf den Holocaust und die eigene Erinnerungskultur und vertreten sie sichtbar für alle. Die Methoden stellen einen ersten Schritt dar, zu vermitteln, dass es je nach Herkunftsland, tradierter Familiengeschichte und Gedenkkultur Unterschiede in der Wahrnehmung des Holocaust gibt.

MethodenvorschlagDie SuS lesen sich in Einzelarbeit die kurzen Aussprüche der israelischen Jugendlichen durch („Was bedeutet der Holocaust für mich?“). Per Zuruf wird anschließend abgefragt, welchen Ausspruch sie persönlich am ehesten nachvollziehen können. Zudem kann das Material mit dem Inhalt der Filmszenen verknüpft werden, um es in einen Gesamtkon-text zu setzen („Welche Person ist euch aus den Filmszenen im Gedächtnis geblieben und warum?“ „Spiegelt sich diese Einstellung in den gezeigten Filmszenen wider?“). Anschließend geht die Diskussion über in ein Meinungsbarometer (zur Vorbereitung des Barometers siehe ZIM – Ziel, Inhalt, Methode: Modul 3a). Die Jugendlichen positionieren sich anhand ihrer Meinungen und Gefühle durch Hinstellen im Raum. Sie orientieren sich an Thesen, die von der Lehrkraft laut vorgelesen werden.

Vorschlag für Thesen zum MeinungsbarometerDie Thesen können provokant sein („Ich bin der Meinung, dass der Holocaust heutzuta-ge keine Relevanz mehr für mich und meine Generation hat“) und mit der Lebenswelt der Jugendlichen verknüpft sein. Sie können im besten Fall sogar eine Abwehrhaltung provozieren („Es gibt keine Lüge, die nachhaltiger und verändernder gewirkt hat, […] als dieser Holocaust.“, Zitat der mehrfach verurteilten deutschen Holocaust-Leugnerin Ur-sula Haverbeck, 2015, ARD Panorama).

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Sie können auf ein konkretes Ereignis abzielen, beispielsweise auf eine anvisierte Ge-denkstättenfahrt oder einen Austausch („An den Orten des Verbrechens kann man den Holocaust besser erfassen als im Geschichtsunterricht“).

Welche Thesen Sie als Lehrkraft letztendlich wählen, bleibt Ihnen überlassen, da Sie die Zusammensetzung ihrer Klasse/ihrer Lerngruppe und den weiteren Unterrichtsverlauf am besten einschätzen können. Es lohnt sich, ein paar Minuten in die Vorbereitung der Thesen zu investieren. Die Barometermethode ist in der Regel beliebt bei Schülerinnen und Schülern, da sie es erlaubt, Meinungen und Gefühle transparent zu machen. Eine Diversität in den Antworten kann der Ausgangspunkt fruchtbarer Diskussionen sein.

Die Thesen können die Emotionen der SuS (kritisch!) hinterfragen („Den Holocaust kann man nur begreifen, wenn man sich in die Lage der Opfer hineinversetzt“) und moralische Fragen oder Fragen zur Täterschaft aufwerfen („Die Schuld am Holocaust trägt einzig und allein Adolf Hitler“).

Sollte der Fall eintreten, dass sich alle SuS auf einer Seite positionieren, kann es sinn-voll sein, wenn Sie als Lehrkraft die Rolle des Agent provocateur, das heißt, Sie nehmen selbst die argumentative Gegenseite ein.

Nicht zuletzt kann auch mit Zitaten bekannter Persönlichkeiten gearbeitet werden.

Vorschlag für HausaufgabeUm wieder auf die anfänglichen Statements der jüdisch-israelischen Jugendlichen zu-rückzukommen, befinden sich auf dem Arbeitsblatt zu Modul 3a – Sichtweisen auf den Holocaust tiefer gehende Fragen. Diese können schriftlich beantwortet und in der dar-auf folgenden Stunde mündlich besprochen bzw. als Leistungskontrolle eingesammelt werden.

MODUL 3A: SICHTWEISEN AUF DEN HOLOCAUST

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Arbeitsblatt zu Modul 3a – Sichtweisen auf den Holocaust

Die folgenden Schülerinnen und Schüler haben Filmmaterial auf YouTube hochgeladen, das für den Film #uploading_holocaust verwendet wurde. Ihnen allen gemeinsam ist, dass sie heute in Israel leben und sich in ihrer Schulzeit auf die sogenannte „Reise nach Polen“ begeben haben. Viele von ihnen haben Verwandte im Holocaust verloren. Aufgabe: Lesen Sie zunächst die verschiedenen Statements der Jugendlichen zum The-ma Holocaust durch.

Name: Shlomi Yahav• Alter: 18• Klassenstufe: 12 • Aus Nehora, einem kleinen Dorf im Süden Israels• Hobbys: Mit Freunden abhängen, mit seiner Freundin Zeit

verbringen, Probleme lösen• „Der Holocaust ist das, was meinem Volk passiert ist, und in

meinen Augen ist es der Grund, warum wir einen eigenen Staat brauchen. Ich will verstehen, was meine Vorfahren durchgemacht haben. Dadurch kann ich das Leben besser wertschätzen.“

Name: Sahar Sade• Alter: 16• Klassenstufe: 11• Aus Hadera, einer Stadt in Nordisrael nahe dem Mittelmeer• Hobbys: Surfen, Skateboarden, Reisen in Israel und um die

Welt• Hat die Brüder seines Großvaters durch den Holocaust

verloren; sein Großvater kämpfte in der sowjetischen Ar-mee gegen die Nazis

• „Der Holocaust bedeutet für mich, dass ein Großteil mei-nes Volkes ausgelöscht wurde und dass er das Leben aller Juden beeinflusst – damals wie heute.“

Screenshots aus dem Webmodul #uploading_holocaust©gebrueder beetz filmproduktion

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Name: Stav Swarz• Alter: 17• Klassenstufe: 11• Aus Shadmot Dvora, einem kleinen Dorf in der Nähe vom

See Genezareth• Hobbys: Reiten, Lesen und Reisen• Hat die Familie ihres Großvaters väterlicherseits durch

den Holocaust verloren• „Der Holocaust erinnert mich daran, dass wir alle Men-

schen sind und ein Recht darauf haben, frei und glücklich zu sein. Nach so einer Katastrophe können wir nur nach vorne sehen.“

Name: Yael Zilber• Alter: 17• Klassenstufe: 11• Aus Hadera, einer Stadt in Nordisrael nahe dem Mittelmeer• Hobbys: Singen, Tanzen, Malen• Ihre Großeltern konnten kurz vor dem 2. Weltkrieg aus Po-

len fliehen• „Der Holocaust ist eine Lektion fürs Leben – dass man zu-

sammenstehen muss, nicht naiv sein darf und die herauf-ziehenden Gefahren nicht ignorieren darf.“

Name: Lior Zilber• Alter: 16• Klassenstufe: 11• Aus Hadera, einer Stadt in Nordisrael nahe dem Mittel-

meer• Hobbys: Tanzen, Fitness, Lesen• Hat die Verwandten ihres Großvaters im Holocaust verlo-

ren• „Holocaust bedeutet für mich, die Erinnerung wach zu hal-

ten. Es ist meine Pflicht, der nächsten Generation vom Ho-locaust und den Grausamkeiten zu erzählen.“

Arbeitsblatt zu Modul 3a – Sichtweisen auf den Holocaust

Screenshots aus dem Webmodul #uploading_holocaust©gebrueder beetz filmproduktion

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Name: Ron Dagan• Alter: 16• Klassenstufe: 11• Aus Hadera, einer Stadt in Nordisrael nahe dem Mittel-

meer• Hobbies: Ihr Job, mit Freunden herumhängen und manch-

mal auch für sich alleine sein• Ihre Großeltern mussten ihr Zuhause zurücklassen, um

dem Holocaust zu entgehen• „In meinen Augen war der Holocaust das grauenhafteste

Ereignis, das es je gegeben hat. Aber manchmal muss et-was Extremes geschehen, damit sich etwas ändert. Der Holocaust ist das Ereignis gewesen, das uns dazu ge-bracht hat, zu kämpfen und den Staat Israel zu gründen.“

Aufgaben:

1. Welches der obenstehenden Statements kannst du am ehesten nachvollziehen? Be-gründe.___________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________

2. Warum sollten sich deiner Meinung nach heutzutage noch Menschen mit dem Ho-locaust auseinandersetzen?___________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________

3. Vergleiche die Aussagen der jüdisch-israelischen Jugendlichen mit den Ergebnissen der Online-Umfrage, die ihr gemacht habt sowie den Ergebnissen der Unterrichtsge-spräche. Wo gibt es Unterschiede in der Sichtweise auf den Holocaust bzw. Gemeinsam-keiten zwischen euch? Nenne Beispiele._____________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________

Arbeitsblatt zu Modul 3a – Sichtweisen auf den Holocaust

Screenshot aus dem Webmodul #uploading_holocaust©gebrueder beetz filmproduktion

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Optionale Zusatzaufgaben

4. „Der Holocaust ist eine Lektion fürs Leben – dass man zusammenstehen muss, nicht naiv sein darf und die heraufziehenden Gefahren nicht ignorieren darf.“

a) Was meint Yael mit „heraufziehenden Gefahren“? b) Was waren die Handlungsoptionen für europäische Jüdinnen und Juden zur Zeit des Nationalsozialismus?

5. „Der Holocaust ist das Ereignis gewesen, das uns dazu gebracht hat, zu kämpfen und den Staat Israel zu gründen.“ Recherchiere, wie es zur Staatsgründung Israels kam (sie-he Hintergrundtext zur Staatsgründung Israels). Analysiere die Aussage von Ron.

Arbeitsblatt zu Modul 3a – Sichtweisen auf den Holocaust

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Der Holocaust gehört zur Familiengeschichte vieler Jüdinnen und Juden, die heute in Israel beheimatet sind. Er wird in israelischen Schulen bereits ab der Grundschule the-matisiert. Es beginnt mit Gedichten, Auszügen aus dem Tagebuch von Anne Frank, Au-genzeugenberichten und Liedern. Im Geschichtsunterricht ist der Holocaust aber erst auf der Oberschule Thema. Ein wichtiges Ereignis ist die sogenannte „Reise nach Polen“ in der 11. Klasse. Etwa eine Woche lang reisen die Schülerinnen und Schüler zu Orten in Polen, an denen der Holocaust zwischen 1941 und 1945 stattgefunden hat.

AnfängeAnfangs ging die Initiative für diese Holocaust-Gedenkreise von einzelnen Schulen aus. Zu Zeiten des Eisernen Vorhangs bestand so gut wie keine Möglichkeit für Israelis, nach Polen einzureisen, weswegen die Fahrten verstärkt ab 1990 angeboten wurden. Inzwi-schen bietet fast jede Oberschule die Möglichkeit, an den Orten des Geschehens über den Holocaust zu lernen.

Warum nach Polen und nicht nach Deutschland?Die deutschen Besatzer errichteten die Vernichtungslager ab 1941 im besetzten Polen, fernab von der deutschen Bevölkerung. Dort waren auch die größten jüdischen Gemein-den ansässig: Von sechs Millionen jüdischen Opfern stammten drei Millionen aus Polen. Alleine im Vernichtungslager Treblinka bei Warschau wurden bis zu 900.000 jüdische Männer, Frauen und Kinder, größtenteils polnischer Herkunft, mit Motorabgasen ermor-det. Viele Überlebende der Massenmorde wanderten nach dem Zweiten Weltkrieg nach Israel aus. So verwundert es nicht, dass die Gedenkstättenfahrten der jungen Israelis heute nicht nach Deutschland führen, sondern nach Polen – an jene Orte, an denen der Völkermord an den Juden Europas vorrangig stattfand.

Hintergrundtext: Die Reise nach Polen

Szene aus dem Dokumentarfilm #uploading_holocaust©gebrueder beetz filmproduktion

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“March of the Living“Zeitgleich mit dem israelischen Holocaust-Gedenktag im April finden in der Gedenkstätte Auschwitz Veranstaltun-gen statt, deren Höhepunkt der sogenannte „March of the Living“ (Marsch der Lebenden) ist. Holocaust-Überlebende und ihre Familien, Jugendliche und sonstige Interessierte aus aller Welt kommen zusammen, um den ca. drei Kilo-meter langen Weg zwischen den ehemaligen Lagern Auschwitz (dem Stammlager) und Auschwitz-Bir-kenau (dem Vernichtungskomplex) zurückzulegen. Der „March of the Living“ ist die größte Gedenkveranstaltung der Welt. Seit 1988 haben an dem Marsch 230.000 Men-schen aus 52 Ländern teilgenommen. 2005 waren erst-mals auch nichtjüdische Delegationen aus Deutschland und Österreich dabei. In Österreich und Deutschland läuft die Teilnahme unter dem Namen „March of Remem-brance and Hope“.

Verarbeitung des Erlebten Eine Woche lang sind die Jugendlichen mit der Vergangenheit konfrontiert, sehen Bil-der der Vernichtungsaktionen, lesen Zeitzeugenberichte, nehmen an Gesprächen teil und halten Gedenkzeremonien ab. Das Erlebte ist zum Teil schwer zu verarbeiten. Die Jugendlichen finden ihren eigenen Weg, mit den Eindrücken umzugehen. Einige lassen ihre Gefühle an Ort und Stelle heraus und teilen sie mit anderen, was als sehr befrei-end empfunden wird. Andere wickeln sich, wie im Film #uploading_holocaust häufig zu sehen ist, in ihre mitgebrachte israelische Flagge ein. Es wirkt, als wollten sie sich versichern, mittlerweile in einem sicheren Staat zu leben. Andere fangen an, Witze zu erzählen, die andernorts möglicherweise als geschmacklos empfunden werden würden. Häufig sagen die Jugendlichen aber auch, dass sie bestürzt darüber seien, “gar nichts zu empfinden“, - auch wenn ihre Körpersprache vielleicht etwas anderes aussagt.

Kritik an den Reisen nach PolenDas israelische Bildungsministerium unterstützt diese „Reisen nach Polen“, die zum Teil sehr umstritten sind. Viele Eltern und Lehrkräfte befürchten, die Jugendlichen würden hierdurch zu stark traumatisiert. Andere Stimmen meinen sogar, es fände eine Art „Ge-hirnwäsche“ statt. Die Jugendlichen würden durch die Reisen dazu gebracht werden, den israelischen Militärdienst, der in Israel Pflicht ist, kritiklos über sich ergehen zu lassen.

Hintergrundtext: Die Reise nach Polen

March of the Living von der KZ-Gedenkstätte Auschwitz nach Auschwitz-Birkenau im Jahr 2005 (Quelle: Marek Peters, www.marek-peters.com, GNU via Wikimedia Commons)

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Einige Schulen haben daher, trotz massiver Proteste einiger Eltern, die Fahrten nach Polen wiedereingestellt.Nicht alle Schülerinnen und Schüler nehmen an den Fahrten teil. Zum einen ist die ein-wöchige Reise mit umgerechnet 1500 Euro ziemlich teuer und somit nur für wohlhaben-de Familien erschwinglich. Zum anderen nehmen die rund 25% der Bevölkerung, die nicht jüdischen Glaubens sind sowie ultraorthodoxe Juden und Jüdinnen in der Regel nicht an den Reisen teil.Kritik kommt zudem von polnischer Seite. Viele Touristen und Touristinnen würden Polen als einen Ort wahrnehmen, der ausnahmslos aus Massengräbern und Vernichtungsla-gern bestanden hätte. Tatsächlich ist auch im Film #uploading_holocaust eine Szene zu sehen, in der ein israelischer Jugendlicher ironisch den folgenden Satz äußert: “Ich war erstaunt zu sehen, dass dieses Land auch in Farbe existiert.“ Die Gedenkstätten, die die Schüler und Schülerinnen besuchen, sind häufig an Ortschaften angeschlossen, in de-nen es Schulen, Geschäfte und Wohnviertel gibt.

ZeremonienJeder Besuch eines Ortes, an dem Massenmor-de stattfanden, wird mit einer Gedenkzeremonie beendet. Diese kann ganz unterschiedliche For-men annehmen. Von modernem Ausdruckstanz über Gesang bis hin zu Lesungen aus Zeitzeu-genberichten ist alles dabei. Häufig beschließen die israelischen Jugendlichen selbst, welche Form die Zeremonie annehmen soll. Die Durch-führung ist oft eine sehr emotionale Angelegen-heit, bei der Tränen fließen. Denn die Erinnerung an die Opfer beinhaltet für viele auch die Erin-nerung an eigene ermordete Familienmitglieder. Andere wiederum sind vielleicht nicht familiär betroffen, haben jedoch den Holocaust als einen Teil der jüdischen Identität – ihrer eigenen Identität – verinnerlicht.

Hintergrundtext: Die Reise nach Polen

Szene aus dem Dokumentarfilm #uploading_holocaust©gebrueder beetz filmproduktion

Zusammenfassung nach: Itay Lotem/Judith Seitz: Israel – nah im Osten. Herausgegeben von ConAct – Koordinie-rungszentrum Deutsch-Israelischer Jugendaustausch. Erschienen in der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Band 1358, Bonn 2013.

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MODUL 3B: REISE NACH POLEN

LeitfadenAllgemeine HinweiseDas Phänomen der Reisen nach Polen ist nur eine Facette der komplexen Gedenkkultur Israels, die sich von einer deutschen oder österreichischen Gedenkkultur natürlich un-terscheidet. Sie ist eng mit der Entstehungsgeschichte des Staates verwoben. Dieses Modul verfolgt daher zwei Ziele: Näher auf die Thematik der Reisen nach Polen einzuge-hen und sie gleichzeitig in ihren Entstehungskontext einzubetten, also die Entwicklung der Gedenkkultur in Israel. Ziel dieses Moduls ist es dagegen ausdrücklich nicht, die Ge-schichte des Nahostkonflikts allumfassend zu behandeln. Es dient allenfalls als Einstieg in die Entstehungsgeschichte des Staates. Optional wird daher ein Vertiefungstext zu dieser Thematik angeboten.

MethodenvorschlagZum Einstieg werden zwei dreiminütige Ausschnitte aus dem Interview mit Yariv Lapid gezeigt. Sie behandeln die Thematik der Reisen nach Polen aus der Sicht eines israeli-schen Experten. Die Aufgabe der Lehrkraft ist zunächst, zu erläutern, warum eine Kon-textualisierung notwendig ist (bislang nur aus der Sicht der Jugendlichen als Rezipienten – es gibt aber eine innerisraelische Debatte und Kritik an den Reisen) und den Experten Yariv Lapid kurz einzuführen.

Kurzbiografie: Yariv Lapid studierte Geschichte in Jerusalem und Hamburg. Von 2007 bis 2013 leitete er den Fachbereich Pädagogik der Gedenkstätte Mauthausen in Österreich. Seit 2013 ist er Direktor des humanistischen Zentrums der Gedenkstätte Haus der Ghet-tokämpfer (hebräisch: Lohamei ha-Gettaot) in Israel. Dort entwickelt er Programme für die Verständigung zwischen muslimisch-arabischen und jüdischen Israelis. Das Haus der Ghettokämpfer bietet auch Fortbildungsseminare für Gruppen an, die sich auf die Reise nach Polen begeben möchten.

Fragen, die nach Sichtung des Interviewausschnitts besprochen werden können (Zuruf, Plenum):

• Welche Details der Reisen nach Polen waren Ihnen bislang nicht bekannt?• Was kritisiert Yariv Lapid an den Reisen nach Polen?• Was hat sich in den letzten Jahren seiner Meinung nach grundlegend verbessert?

(Gruppenleiter/innen müssen nun eine Ausbildung erhalten, bevor sie die Gruppen nach Polen begleiten können)

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• Warum ist diese Verbesserung wichtig? (Fundiertes historisches Hintergrundwissen/keine Überforderung der SuS/politische Manipulation der SuS verhindern)

• Gibt es einen Aspekt im Interview, der Sie überrascht hat/überhaupt nicht über-rascht hat?

Anmerkung: Ist die Bearbeitung des Moduls 4 geplant, in dem es um einen Vergleich der Gedenkkulturen in Israel, Deutschland und Österreich geht, kann der folgende Teil auch ausgelassen werden. Es entstehen sonst Wiederholungen.

Anschließend wird das erworbene Wissen durch eine Zeitleiste in einen Gesamtkontext eingebettet. Für die Vorbereitung der Zeitleistenmethode können die Daten und Ereig-nisse aus der Zeitleiste zur Erinnerungskultur Israels verwendet werden. Schreiben Sie diese auf Moderationskarten und legen Sie sie bunt gemischt auf einem Tisch oder auf dem Boden aus. Die Aufgabe der Schülerinnen und Schüler ist es, die Karten in die rich-tige Reihenfolge zu bringen. Die Zeitleiste kann anschließend mit dem Smartphone ab-fotografiert werden. (Variation: Erfolgt zu Beginn der Stunde eine gemeinsame Bespre-chung der Hausaufgaben aus der vergangenen Stunde –siehe Modul 3a –, so können Sie aus Gründen der Zeitersparnis auch das Arbeitsblatt zum Modul 3b: Entwicklung der israelischen Erinnerungskultur verwenden.) Einige Ereignisse bedürfen möglicherweise der Erläuterung, so z.B. die zentrale Bedeutung der Gedenkstätte Yad Vashem für das Holocaustgedenken in Israel.

Vorschlag für HausaufgabeJe nachdem, welche Thematik im Unterricht weiter vertieft werden soll, kann als Haus-aufgabe die Lektüre eines Hintergrundtextes aufgegeben werden. Hierfür stehen zwei Texte zur Verfügung. Für die weitere Vertiefung im Politikunterricht empfiehlt sich der Hintergrundtext zur Staatsgründung Israels. Hierzu gehört auch ein Lückentext, der bei Bedarf als Leistungskontrolle verwendet werden kann.

Die Lösungen für den Lückentext lauten:[des] Osmanischen Reichs, Staat, Kibbuze/Kibbuzim, Mandat, Balfour-Erklärung, zionisti-sche, arabische, sechs, die UNO, David Ben-Gurion, 1948, Nakba

Ein weiterer Hintergrundtext fasst die Reisen nach Polen zusammen und ist für den Verbleib im Hefter vorgesehen.

MODUL 3B: REISE NACH POLEN

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Arbeitsblatt zu Modul 3b: Entwicklung der israelischen Erinnerungskultur

Aufgabe: Diese Zeittafel ist komplett durcheinandergeraten. Verbinde die richtigen Daten und Ereignisse mit Pfeilen.

1959 Nationalsozialistische Herrschaft in Deutschland. Etwa sechs Millio-nen Juden und Jüdinnen aus ganz Europa werden ermordet.

1948 Die sogenannten Reisen nach Polen werden verstärkt an jüdischen Schulen in Israel angeboten.

1977 Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wandern eine Million Juden und Jüdinnen nach Israel aus. Sie bringen eine ganz eigene Erinnerungskultur mit.

Aktuell Eröffnung des musealen Neubaus von Yad Vashem. Jährlich besu-chen zwei Millionen Menschen das Museum.

1990er Jahre Unterzeichnung des Wiedergutmachungsabkommens zwischen Israel und Deutschland. Deutschland zahlt Entschädigungen an den Staat Israel.

2005 Das Thema Holocaust bzw. Shoah wird als Thema in die israelischen Schulbücher aufgenommen.

1953 Jedes Jahr fahren etwa 25.000 Jugendliche auf die Gedenkstätten-fahrten nach Polen.

1933-1945 Prozess gegen SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann in Israel (Todesurteil). Erstmals treten Überlebende des Holocaust in der Öffentlichkeit als Zeugen und Zeuginnen auf.

Ende der 1980er Jahre

Der israelische Holocaust-Gedenktag (Jom ha-Shoah) wird gesetz-lich eingeführt. Er findet jedes Jahr zwischen Pessach (Ende April) und dem Unabhängigkeitstag (8. Mai) statt.

1952 Die Gedenkstätte Yad Vashem wird gegründet. Die Gedenkstätte hat den staatlichen Auftrag, den Holocaust zu dokumentieren und Informationen zu den Ermordeten zu sammeln.

1961 David Ben-Gurion ruft die Unabhängigkeit aus. Der Staat Israel wird gegründet.

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Lösungsblatt zu Modul 3b: Zeittafel zur israelischen Erinnerungskultur1933-1945Nationalsozialistische Herrschaft in Deutschland. Etwa sechs Millionen Juden und Jüdinnen aus ganz Europa werden ermordet.

1948David Ben-Gurion ruft die Unabhängigkeit aus. Der Staat Israel wird gegründet.

1952Unterzeichnung des Wiedergutmachungsabkommens zwischen Israel und Deutschland. Deutschland zahlt Entschädigungen an den Staat Israel.

1953Die Gedenkstätte Yad Vashem wird gegründet. Die Gedenkstätte hat den staatlichen Auftrag, den Holocaust zu dokumentieren und Informationen zu den Ermordeten zu sammeln.

1959Der israelische Holocaust-Gedenktag (Jom ha-Shoah) wird gesetzlich eingeführt. Er findet je-des Jahr zwischen Pessach (Ende April) und dem Unabhängigkeitstag (8. Mai) statt.

1961 Prozess gegen SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann in Israel (Todesurteil). Erstmals tre-ten Überlebende des Holocaust in der Öffentlichkeit als Zeugen und Zeuginnen auf.

1977Das Thema Holocaust bzw. Shoah wird als Thema in die israelischen Schulbücher aufgenom-men.

Ende der 1980er JahreDie sogenannten Reisen nach Polen werden verstärkt an jüdischen Schulen in Israel angebo-ten.

1990er JahreNach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wandern eine Million Juden und Jüdinnen nach Israel aus. Sie bringen eine ganz eigene Erinnerungskultur mit.

AktuellJedes Jahr fahren zwischen 25.000 und 30.000 israelische Jugendliche auf die Gedenkstätten-fahrten nach Polen.

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VorgeschichteIm Jahr 70 nach Christus zerstörten die Römer den jüdischen Tempel auf dem Tempel-berg in Jerusalem. Die Jüdinnen und Juden, die auf dem Gebiet des heutigen Israel leb-ten, vertrieben sie ins Exil, nur wenige konnten im Land verbleiben. Die meisten lebten anschließend verstreut; sie siedelten sich vor allem in Europa neu an. Doch waren sie immer Benachteiligungen, Beleidigungen bis hin zu Verfolgungen und Morden ausge-setzt, da sie nicht der Mehrheitsgesellschaft angehörten. Im Mittelalter nahm der re-ligiös begründete Antijudaismus zu; Juden wurde vorgeworfen, sie gehörten zum Volk der Gottesmörder, würden christliche Kinder schlachten, Brunnen vergiften und Hostien schänden.

Ende des 19. Jahrhunderts gründete Judenfeindschaft nicht mehr nur auf religiösen Vorurteilen, sondern auf der Überzeugung, das Judentum sei „eine Rasse“, der man zahlreiche negative Eigenschaften zuschrieb und die man einer Verschwörung zu Beherrschung der Welt verdäch-tigte. Dies war die Geburtsstunde des Antisemitismus. Zur gleichen Zeit setzte sich die Idee durch, Nationalstaaten zu gründen. Auch bei Jüdinnen und Juden kam der Wunsch nach einem eigenen Staat auf. Denn ein moderner Staat, in dem niemand mehr Anfeindungen ausgesetzt sein müsse, schien für viele attraktiv. So auch dem Schriftstel-ler Theodor Herzl, dem Gründer der Zionistischen Weltor-ganisation (1897) in Basel.

Dieser neue jüdische Staat sollte dort gegründet werden, wo er sich bis zur Vertreibung durch die Römer befunden hatte: in Israel/Palästina. Zwar gab es auch andere Vorschlä-ge, so schlug Großbritannien beispielsweise ein Siedlungsgebiet im heutigen Uganda vor, aber diese Pläne wurden wieder verworfen. Um die Jahrhundertwende siedelten viele Jüdinnen und Juden aus Europa in die USA über; andere gingen nach Palästina, dem „Heiligen Land“ für Juden. Um 1900 lag der jüdische Anteil der Bevölkerung dort bei fünf Prozent.

Gründung erster SiedlungenPalästina war damals Teil des Osmanischen Reichs, und der osmanische Sultan Abdul Hamid II lehnte das zionistische Projekt ab. Trotzdem kamen mit der Zeit immer mehr jüdische Immigranten, vor allem aus Osteuropa. Sie kauften Land und besiedelten auch

Hintergrundtext: Die Gründung Israels

Theodor Herzl (Quelle: E.M. Lilien (The Bettman Archive via Corbis),

Public domain via Wikimedia Commons)

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die unfruchtbare Wüste, die Sümpfe und Moore. Nicht zu-letzt deshalb, weil Teile des fruchtbaren Lands bereits von palästinensischen Arabern bebaut waren.

Häufig waren die jüdischen landwirtschaftlichen Sied-lungen in einem so genannten Kibbuz organisiert. Das bedeutet, eine Gruppe von Menschen bewirtschaftete gemeinschaftlich und gleichberechtigt die Äcker und ver-sorgte die Tiere. Gegessen wurde gemeinsam, geschlafen in Gemeinschaftsunterkünften. Aller Besitz, so auch die Maschinen gehörte allen gemeinsam, die Erträge wurden unter den Arbeiterinnen und Arbeitern aufgeteilt. Der erste Kibbuz, Degania, wurde 1910 gegründet.

Erste KonflikteIm Ersten Weltkrieg besetzten britische Truppen das Gebiet Palästina. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Osmanische Reich aufgelöst und die britische Regierung übernahm das Gebiet des heutigen Palästina als sogenanntes Mandat, also als eine Art Kolonie, die in die Unabhängigkeit geführt werden sollte. Mit der sogenannten Balfour-Erklärung sicherte Großbritannien der zionistischen Weltorganisation 1917 zu, in Palästina einen eigenständigen Staat zu errichten. Allerdings sollten dabei auch die Rechte der arabi-schen Bevölkerung gewahrt bleiben. Zwei Jahre später einigten sich die zionistische und die arabische Seite im sogenannten Faisal-Weizmann-Abkommen auf eine politische Neuordnung Palästinas. Betont wurden die gemeinsame Abstammung von Juden und Arabern sowie die Religionsfreiheit; zudem wurde den Juden das Recht auf einen ei-genen Staat und den Muslimen die Zugänglichkeit zu den heiligen islamischen Stätten zugestanden.

Trotz dieser anfänglichen Übereinstimmung kam es zu-nehmend zu Konflikten zwischen jüdischen Siedlern und der arabisch-palästinensischen Nationalbewegung, die die Errichtung eines palästinensischen Staats zum Ziel hatte. Sie forderte die von den Briten versprochene Ei-genstaatlichkeit und Selbstbestimmung ein. Um weitere Eskalationen zu vermeiden, schränkte die britische Man-datsregierung die Einreise von Juden und Jüdinnen ab 1939 ein, obwohl ihr die antisemitische Verfolgung im nationalsozialistischen Deutschland und in den deutsch besetzten Gebieten bekannt war.

Hintergrundtext: Die Gründung Israels

Landversteigerung für die Gründung Tel Avivs im Jahr 1909

(Quelle: Avraham Soskin, Wikimedia Commons)

Bewohner des Kibbutz Gan Shmuel(Quelle: Wikimedia Commons, Public Domain)

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Der nationalsozialistische Völkermord an sechs Millionen Juden, die in Europa in den Konzentrations- und Vernich-tungslagern und bei Massenerschießungen getötet wor-den waren, war ein wichtiges Argument für die Befürwor-ter eines jüdischen Staates: Nie mehr sollten Juden hilflos und wehrlos Diskriminierung, Verfolgung und Ermordung ausgesetzt sein. Währenddessen spitzten sich die Kon-flikte in Palästina zu, und die britische Mandatsregierung bat die frisch gegründete UNO um Vermittlung. Im Mai 1947 beschäftigte sich die UN-Vollversammlung mit der Situati-on in Palästina und sie beschloss, das britische Mandat zu beenden. Die meisten Mitglieder stimmten für die Teilung Palästinas in einen jüdischen und in einen arabischen Staat; Jerusalem sollte eine neutrale Enklave werden. Dieser Plan wurde von den jüdischen Siedlern akzeptiert, von der arabischen Be-völkerung jedoch abgelehnt.

Gründung Israels1948 verließ die britische Mandatsregierung das Land. Am 14. Mai 1948 endete das britische Mandat. Am gleichen Nach-mittag rief David Ben Gurion im Stadtmuseum von Tel Aviv die Unabhängigkeit Israels aus. Noch in der Nacht erklärten Ägypten, Transjordanien, Syrien, Irak und Libanon Israel den Krieg. 1949 endete der erste Nahostkrieg mit dem Sieg Is-raels. In den nächsten Monaten wurden mit den einzelnen Staaten Waffenstillstandverträge beschlossen. Über 700.000 Palästinenser flohen während des Unabhängigkeitskrieges aus Israel oder wurden vertrieben. Im Sprachgebrauch der arabischen Bevölkerung heißt die Gründung Israels und die damit verbundene Flucht und Vertreibung daher „Nakba“ (Katastrophe). Im Laufe der nächsten Jahrzehnte folgten weitere militärische Konflikte und Kriege in dieser Region. Bis heute ist die Lage im Nahen Osten politisch sehr ange-spannt.

Hintergrundtext: Die Gründung Israels

Karte von Israel (Quelle: Wikimedia Commons, gemeinfrei)

Ben Gurion verliest die Unabhängigkeits-erklärung des Staates Israels

(Quelle: Rudi Weissenstein, Wikimedia Commons)

Zusammenfassung nach: Itay Lotem/Judith Seitz: Israel – nah im Osten. Herausgegeben von ConAct – Koordinierungszentrum Deutsch-Israelischer Jugendaustausch. Erschienen in der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Band 1358, Bonn 2013, S. 40-69.

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Arbeitsblatt zu Modul 3b: Lückentext zur Staatsgründung Israels

Um 1900 war Israel Teil des ______________________________. Zu dieser Zeit waren Tei-le des fruchtbaren Lands von palästinensischen Arabern besiedelt. Aufgrund der zu-nehmenden antisemitischen Ausgrenzung und Verfolgung und dem damit verbundenen Wunsch nach einem eigenen _________ siedelten sich immer mehr Juden in Palästina an. Sie kauften Land und bewirtschafteten ihre Felder häufig im Kollektiv und mit gemein-samem Besitz. Diese gemeinschaftlichen Siedlungen wurden ______________ genannt.

Im Ersten Weltkrieg besetzten britische Truppen das Gebiet Palästina. Nach dem Ersten Weltkrieg übernahm die britische Regierung das Gebiet als sogenanntes __________, also als eine Art Kolonie, die in die Unabhängigkeit geführt werden sollte.

Mit der sogenannten ______________________ sicherte Großbritannien der zionistischen Weltorganisation 1917 zu, einen eigenständigen Staat zu errichten. Allerdings sollten dabei auch die Rechte der arabischen Bevölkerung gewahrt bleiben. Zwei Jahre spä-ter einigten sich die _____________ und die _____________ Seite im sogenannten Fai-sal-Weizmann-Abkommen auf eine politische Neuordnung Palästinas. Trotz anfänglicher Übereinstimmung kam es zu immer mehr Konflikten.

Der nationalsozialistische Völkermord an _____ Millionen Juden, die in Europa in den Konzentrations- und Vernichtungslagern und bei Massenerschießungen getötet wor-den waren, war ein wichtiges Argument für die Befürworter eines jüdischen Staates. Am 29. November 1947 beschloss ________, das ehemalige britische Mandatsgebiet in einen jüdischen und einen arabischen Staat zu teilen. Nachdem die britischen Truppen abgezogen waren, rief ___________________ am 14. Mai ______ die Unabhängigkeit des Staates Israel aus.

Mehrere arabische Länder erklärten Israel daraufhin den Krieg. 1949 vereinbarten Israel und die arabischen Staaten einen Waffenstillstand. Über 700.000 Palästinenser flohen während des Unabhängigkeitskrieges aus Israel oder wurden vertrieben. Im Sprachge-brauch der arabischen Bevölkerung heißt die Gründung Israels und die damit verbunde-ne Flucht und Vertreibung daher _______ (Katastrophe).

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MODUL 4: GEDENKKULTUREN IN ISRAEL, ÖSTERREICH UND DEUTSCHLAND

Leitfaden

Allgemeine HinweiseZiel dieses Moduls ist die Ausarbeitung der verschiedenen Gedenkkulturen in Israel, Ös-terreich und Deutschland. Die Ausarbeitung erfolgt mit Hilfe von drei Interviews: Ya-riv Lapid aus Israel, Dr. Heidemarie Uhl aus Österreich und Martin Schellenberg aus Deutschland. Alle drei sind Experten auf dem Gebiet der jeweiligen Gedenkkulturen. Die Klasse oder Gruppe wird je nach Größe in drei oder sechs Kleingruppen aufgeteilt. Jede Kleingruppe beschäftigt sich mit der Gedenkkultur eines Landes. Die Ergebnisse halten die Schülerinnen und Schüler auf einer Wandzeitung oder auf Flipchartpapier fest. In einem zweiten Schritt referieren die Jugendlichen, was sie herausgefunden haben. In einer Abschlussdiskussion werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der jeweiligen Gedenkkulturen erarbeitet. Zur Vorbereitung können Sie sich alle Videoclips anschauen, um auf eventuelle Fragen der Jugendlichen eingehen zu können.

MethodenvorschlagFühren Sie in das Thema kurz ein und erklären Sie den SuS, was sie erarbeiten sollen und welches Ziel diese Doppelstunde haben wird. Teilen Sie die Klasse in drei oder sechs Kleingruppen ein, je nachdem, wie Sie die Gruppe einschätzen. Die Kleingruppen bear-beiten die Arbeitsblätter und notieren ihre Ergebnisse auf einer Wandzeitung bzw. auf Flipchartpapier. Für eine bessere Strukturierung können Sie die Themenblöcke überneh-men. Die Erarbeitung der Themen und die Vorbereitung der Präsentation werden den Rest der Unterrichtsstunde einnehmen.

Die einzelnen Gruppen können die Ergebnisse entweder vor der ganzen Klasse oder in einer Art World Café präsentieren. Hierfür werden die Kleingruppen untereinander neu gemischt und präsentieren sich gegenseitig ihre erarbeiteten Ergebnisse. Dies hat zum Vorteil, dass sich niemand während der Präsentation hinter den anderen „verstecken“ kann bzw. gegenüber redestarken SuS auch mal zu Wort kommen.

Im Plenum werden im Anschluss Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet. Dabei können Sie folgende Fragen an die Klasse stellen:

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• An welchem Tag wird in den drei Ländern an den Holocaust und andere Verbrechen des NS-Regimes gedacht? Auf welche Weise? Warum gibt es solche Unterschiede?

• Wie wurde mit den Tätern in der jeweiligen Gesellschaft umgegangen? (Anmerkung: Für Israel könnte der Eichmann-Prozess als Beispiel herangezogen werden)

• Wie wurde mit den Opfern in der jeweiligen Gesellschaft umgegangen? • Gab es zu einem bestimmten Zeitpunkt einen Wandel in der Erinnerungskultur und

wenn ja, was waren die Gründe dafür?

Vorschlag für HausaufgabeDie beiden Interviewpartner und die -partnerin haben ein Schlusswort an die Jugend-lichen gerichtet. Die Aufgabe der SuS ist es, sich alle drei anzuschauen und diese zu beurteilen. • Was ist der jeweilige Inhalt der Schlusswörter?• Was denkst du darüber? • Gibt es ein Schlusswort, das dir sehr zusagt? Lehnst du eins davon komplett ab? Be-

gründe deine Position.

Videoclips:• Yariv Lapid: Statement Jugendliche• Heidemarie Uhl: Schlussbemerkung• Martin Schellenberg: Schlussbemerkung

MODUL 4: GEDENKKULTUREN IN ISRAEL, ÖSTERREICH UND DEUTSCHLAND

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Arbeitsblatt zu Modul 4: Gedenkkultur in Israel

Zur Person:Yariv Lapid studierte Geschichte in Jerusalem und Hamburg. Von 2007 bis 2013 leitete er den Fachbe-reich Pädagogik der Gedenkstätte Mauthausen in Ös-terreich. Seit 2013 ist er Direktor des humanistischen Zentrums der Gedenkstätte Haus der Ghettokämpfer (hebräisch: Lohamei ha-Gettaot) in Israel. Dort entwi-ckelt er Programme für die Verständigung zwischen muslimisch-arabischen und jüdischen Israelis. Das Haus der Ghettokämpfer bietet auch Fortbildungsse-minare für Gruppen an, die sich auf die Reise nach Polen begeben möchten.

Aufgabe: Erarbeitet euch anhand des Videointerviews mit Lapid Yariv die wichtigsten Stationen der israelischen Erinnerungskultur. Schreibt die Ergebnisse in Stichworten auf ein gro-ßes Plakat bzw. Flipchartpapier, um die Ergebnisse später präsentieren zu können. Über-legt euch, wie ihr das Plakat gestalten möchtet. Schaut euch bitte nur die Clips mit Lapid Yariv an: https://www.youtube.com/playlist?list=PLSUkf0cmgnzZJR5IAAhG2rw_UDEBjin1e

Umgang der Überlebenden mit dem HolocaustSchaut euch Stück für Stück das Video an und beantwortet folgende Fragen:Wie gingen die Überlebenden in den ersten Jahren nach dem Krieg mit ihren Erfah-rungen um? Womit waren sie in den ersten Jahren zunächst beschäftigt? Welche Ein-stellung hatten die Überlebenden zu ihrer alten Heimat? Wann begannen sie über die Vergangenheit zu sprechen? Welche Rolle spielte hierbei der Eichmann-Prozess? Wann kam das erste Schulbuch zum Thema Holocaust heraus? Wie wirkten sich die Kriege auf die Überlebenden aus?Videoclip: Überlebende Umgang

Yad VashemBereits 1942, also noch während des Holocausts, gab es die ersten Initiativen im dama-ligen Palästina, an den Holocaust zu erinnern. 1953 wurde die Gedenkstätte Yad Vashem (dt. „Denkmal und Name“) gegründet. Das Museum besuchen jährlich inzwischen zwei Millionen Menschen. Erkläre, wie es zur Gründung von Yad Vashem kam und wie die israelische Gesellschaft dazu stand. Wann wurden hingegen in Berlin und Wien die nati-onalen Holocaust-Denkmäler eingeweiht? Welche zentralen Aufgaben hat Yad Vashem?

Screenshot aus dem Interview

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Videoclips:• Erinnern erste Jahre (anschauen ab 1:30 Minute)• Yad Vashem

Jom HaShoahDer Holocaust–Gedenktag (hebr. „Jom HaShoah“, Tag der Katastrophe) ist einer der zen-tralen Feiertage in Israel. Was passiert an diesem Tag? Was wird an den Schulen ge-macht?

Videoclips:• Jom HaShoa Schulen• Israel pauses on Holocaust Memorial Day (ABC-News) auf YouTube: https://youtu.be/

TYeOEAsHS78

Rolle der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen:Am Jom HaShoah finden sehr viele Gespräche mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen statt. Aber auch sonst spielen sie eine zentrale Rolle. Warum? Was kann dadurch vermittelt werden?Videoclip: Rolle Zeitzeug_innen

Bedeutung des Holocaust bei den Jugendlichen:Hat in den letzten Jahren die Bedeutung des Holocaust bei den Jugendlichen eher zuge-nommen oder eher abgenommen? Was ist nach Meinung von Yariv Lapid der wichtigste Aspekt für Jugendliche hinsichtlich der israelischen Identität? Würdest du dem zustim-men?Videoclip: Jüdische Identität (anschauen bis 0:44 Minuten)

Überlegt euch, wie ihr den anderen die Ergebnisse präsentieren möchtet.

Arbeitsblatt zu Modul 4: Gedenkkultur in Israel

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Arbeitsblatt zu Modul 4: Gedenkkultur in Österreich

Zur Person:Dr. Heidemarie Uhl studierte Geschichte und Germa-nistik an der Universität Graz. Zwischen 1988 und 2001 arbeitete sie an verschiedenen Forschungsprojek-ten der Universität Graz mit. Seit 2001 ist sie wissen-schaftliche Mitarbeiterin bei der Akademie der Wis-senschaften in Wien. Ihre Forschungsschwerpunkte sind österreichische Erinnerungspolitik und Zeitge-schichte.

Aufgabe:Erarbeitet euch anhand des Videointerviews mit Dr. Heidemarie Uhl die wichtigsten Sta-tionen der österreichischen Erinnerungskultur. Schreibt die Ergebnisse in Stichworten auf ein großes Plakat bzw. Flipchartpapier, um die Ergebnisse später präsentieren zu können. Überlegt euch, wie ihr das Plakat gestalten möchtet. Schaut euch bitte nur die Clips mit Dr. Heidemarie Uhl an: http://bit.ly/2eLyxkl

Opferthesen:Schaut euch bitte die Clips an und arbeitet heraus, was Heidemarie Uhl unter „erster“ bzw. unter „zweiter“ Opferthese versteht und welche Auswirkungen diese „Opferhaltung“ Österreichs auf die österreichischen Gedenkstätten und Museen und auf die Schulbü-cher hatte: Videoclips: • Opferthese Österreichs• Zweite Opferthese • Auswirkungen Opferthese• Opferthese Schulbücher

Ende der OpfertheseWas führte dazu, dass die „Opferhaltung“ in Österreich in den 1980er Jahren aufgegeben wurde? Welche neuen Fragen sind aufgekommen?Videoclip: Ende Opferthese in Österreich

Screenshot aus dem Interview

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An wen wird erinnert:Schaut euch bitte einen Clip an und notiert, an wen direkt nach dem 2. Weltkrieg/zwi-schen den 1950er und 1980er Jahren/an wen heute in Österreich erinnert wird. Videoclip: An wen wird erinnert

Gedenktag:An welchem Tag wird in Österreich der Opfer des Nationalsozialismus gedacht? Warum wurde dieses Datum ausgewählt?Videoclip: Österreich Holocaust Gedenktag

Mauthausen:Welche Bedeutung hat die KZ-Gedenkstätte Mauthausen für die österreichische Erinne-rungslandschaft?Videoclip: Bedeutung Gedenkstätte Mauthausen

Überlegt euch, wie ihr den anderen die Ergebnisse präsentieren möchtet.

Arbeitsblatt zu Modul 4: Gedenkkultur in Österreich

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Arbeitsblatt zu Modul 4: Gedenkkultur in Deutschland

Zur Person:Martin Schellenberg studierte Geschichte, Philo-sophie und Theaterwissenschaften in Berlin und Jerusalem. Zwischen 2007 und 2011 war er wissen-schaftlicher Mitarbeiter in der Bildungsabteilung der Gedenkstätte Bergen Belsen. Er ist seit 2011 Leiter der Pädagogischen Dienste der Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen und der Internationalen Ju-gendbegegnungsstätte Haus Szczypiorski. Geforscht hat er zur Geschichte der Konzentrationslager und zur Erinnerung an den Holocaust im israelischen Spielfilm.

Aufgabe:Erarbeitet euch anhand des Videointerviews mit Martin Schellenberg die wichtigsten Stationen der deutschen Erinnerungskultur. Schreibt die Ergebnisse in Stichworten auf ein großes Plakat bzw. Flipchartpapier, um die Ergebnisse später präsentieren zu kön-nen. Überlegt euch, wie ihr das Plakat gestalten möchtet. Schaut euch bitte nur die Clips mit Martin Schellenberg an: https://www.youtube.com/playlist?list=PLSUkf0cmgnzbU-weWztgD1xmSQd9tbyyEZ

Umgang mit Tätern in der ehemaligen BRD:Schaut euch bitte die Clips an und notiert, wie nach dem 2. Weltkrieg und den Jahrzehn-ten darauf mit den Tätern in der ehemaligen Bundesrepublik umgegangen wurde. In welchen Berufen arbeiteten viele Täter in den 1950er und 1960er Jahren? Wann wurde dies zum ersten Mal in Frage gestellt? Videoclips: • 50er Jahre Umgang mit NS• Umgang mit Tätern • 1960er Jahre

Veränderungen im Umgang mit dem Nationalsozialismus (NS) in der BRD:In diesen beiden Clips werden zwei Politiker hervorgehoben, die ein Umschwenken im gesellschaftlichen Umgang mit der NS-Geschichte einleiteten. Um welche beiden Politi-ker handelt es sich? Wofür sind sie bekannt? Welche Folgen hatte ihr Handeln?Videoclips: • Öffnung Ostpolitik Willy Brandt• Rede Bundespräsident Weizsäcker (bis Minute 2:22)

Screenshot aus dem Interview

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Umgang mit dem Nationalsozialismus in der DDR:In der Deutschen Demokratischen Republik wurde ganz anders mit dem Nationalso-zialismus umgegangen. Was verstand man in der DDR unter einem antifaschistischen Staat? An wen hat man in der DDR hauptsächlich erinnert?Videoclips:• DDR antifaschistischer Staat• DDR Gedenkkultur

Umgang mit den ehemaligen Konzentrationslagern:An vielen Orten in Deutschland standen ehemalige Konzentrationslager oder deren Au-ßenlager. Was passierte direkt nach dem Zweiten Weltkrieg mit den ehemaligen Kon-zentrationslagern? Wie kam es zu einem Umdenken im Umgang mit den Orten?Videoclip: Gedenkstätten

Erinnerungskultur nach 1990:Nach der Wiedervereinigung Deutschlands änderte sich auch die Erinnerungsland-schaft. Was veränderte sich? Welche Auswirkungen hatten diese Veränderungen auf die KZ-Gedenkstätten in Deutschland?Videoclip: Erinnerungskultur ab 1990

Gedenken an die Opfer:Das Gedenken an die Opfer hat sich in den letzten 70 Jahren stark verändert. Was genau änderte sich? An welche Opfer wird bis heute kaum erinnert? Wann erfolgte ein Umden-ken?Videoclip: An welche Opfer wird heute erinnert

Überlegt euch, wie ihr den anderen die Ergebnisse präsentieren möchtet.

Arbeitsblatt zu Modul 4: Gedenkkultur in Deutschland

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MODUL 5: ERINNERUNGSPROJEKT

Leitfaden

Allgemeine HinweiseDie Planung und Durchführung eines eigenen Projektes zur Erinnerung an den Holocaust benötigt Zeit. Auch sollten die Schülerinnen und Schüler selbst wählen können, welche Erinnerungsform sie bevorzugen. Je nach Art des Projekts kann die Laufzeit daher le-diglich eine Woche betragen oder aber über ein ganzes Schuljahr gehen (z.B. Thema für eine Geschichts-AG). In diesem Modul werden einige Beispiele für Erinnerungsprojekte in Deutschland und Österreich aufgezeigt, die bei Bedarf ergänzt werden können. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Methodik und der Altersstufe der Teilnehmenden. Zudem wird in diesem Leitfaden beispielshaft eine Erinnerungsform besprochen, die gut zum Ausgangsthema passt: Erstellung und Schnitt eines eigenen Handyvideos, das via YouTube unter dem Hashtag #uploading_holocaust hochgeladen werden kann.

MethodenvorschlagDie Schülerinnen und Schüler erhalten zunächst das Arbeitsblatt zum Modul 5 – Erin-nerungsprojekte und lesen es sich in Einzelarbeit durch. (Anmerkung: Dieser Schritt kann auch im Vorfeld als Hausaufgabe aufgegeben werden.) Die für sie interessantes-ten Projektformen markieren sie für sich mit einem Kreuz (maximal drei). Anschließend finden sich die SuS in Gruppen zusammen (je nach Klassenstärke 4-5 Personen), verglei-chen ihre Ergebnisse und erstellen – wenn möglich – eine Top 3. Sie können hier auch schon eigene Ideen für Projekte mit einfließen lassen. Jede Gruppe schreibt nun die beliebtesten Gedenkformen an die Tafel/ans Whiteboard und erhält anschließend die Gelegenheit, ihre Wahl zu begründen bzw. die interne Diskussion mündlich zusammen-zufassen. Ergänzt werden kann die Diskussion durch weitere Projektbeispiele (Lehrkraft und/oder SuS). In einem zweiten Schritt sollen die SuS dazu animiert werden, über ein eigenes Gedenkprojekt nachzudenken und ihre Idee zu skizzieren. Es ist möglich, dass sich die Gruppen je nach Interessenschwerpunkt neu formieren müssen. Ziel ist, mög-lichst gleichstarke Projektgruppen zu erstellen. Natürlich kann sich die Gruppe auch für ein gemeinsames Gedenkprojekt (z.B. gemeinsame Ausstellung, Stolpersteinprojekt) entscheiden.

Vorschlag für HausaufgabeErstellung einer eigenen Projektskizze innerhalb der Gruppe, für höhere Jahrgänge mit Zeitplan und Arbeitsaufteilung (schriftlich).

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Die folgenden Beispiele sind reale Erinnerungsprojekte, die Schülerinnen und Schüler in Deutschland und Österreich durchgeführt haben.

1. Lies die Kurzbeschreibungen der Projekte. Welche Projekte sprechen dich an? Was findest du spannend und zeitgemäß? Was würdest du vielleicht selber gerne mal machen? Kreuze maximal drei Beispiele an.

2. Fallen dir weitere Beispiele für Gedenkprojekte ein, von denen du gehört hast und die du gut findest?

1. Errichtung eines Denkmals vor der AulaAn der Berliner Schiller-Oberschule fragten sich 15 Schülerinnen und Schüler einer 9. Klasse, warum an ihrer Schule zwar an die gefallen Soldaten des Ersten und Zweiten Weltkriegs (Gedenktafel, Denkmal) erinnert wird, jedoch nicht an die Opfer des National-sozialismus. Im Rahmen einer AG recherchierten sie mit Unterstützung des Hauses der Wannsee-Konferenz Biografien von ehemaligen jüdischen Schülerinnen und Schülern. Diese hatten spätestens nach der Reichspogromnacht im November 1938 das Gymnasi-um verlassen müssen. Die Schüler/innen fanden insgesamt 220 Namen heraus. Es ge-lang ihnen sogar, einen Überlebenden zu kontaktieren und zu treffen. Zur Erinnerung an die Ermordeten stellten sie eine historische Schulbank vor der Aula auf und gravierten ein Gedicht ein. Das Denkmal wurde 2015 vom Bezirksbürgermeister eingeweiht.

Mehr Informationen unter http://sgym.de/schule/kooperation_hdw/ortdesgedenkens/

Arbeitsblatt zu Modul 5: Erinnerungsprojekt

Schulbank der Berliner Schiller-Oberschule (Quelle: Schiller-Oberschule)

Denkmal für die ermordeten Juden Europas(Quelle: Wikimedia Commons, gemeinfrei

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2. Erstellung einer RadiosendungSchülerinnen und Schüler einer des Bundesgymnasiums/Bundesrealgymnasiums Bad Ischl (Österreich) gestalteten eine Radiosendung über ihre Fahrt in die Gedenkstätte Auschwitz. In Auschwitz nahmen sie an Führungen im ehemaligen Stammlager und im Vernichtungslager Birkenau teil. Sie trafen auch auf den Zeitzeugen Wilhelm Brasse, ei-nen überlebenden Häftling des Konzentrationslagers. Aus ihren Erlebnissen gestalteten die Achtklässler Kurzbeiträge für eine halbstündige Radiosendung. Sie wählten auch passende Musik für die Sendung aus. Die fertige Radiosendung wurde am 28. April 2012 im Freien Radio Salzkammergut ausgestrahlt. Sie kann online angehört werden.https://cba.fro.at/58585

3. Sammlung für einen StolpersteinSchülerinnen und Schüler der Stadtteilschule Arheilgen (Darmstadt) engagierten sich 2012 für die Verlegung eines sogenannten Stolpersteins in der Nähe ihrer Schule. Stol-persteine sind gold glänzende Steine mit eingravierten Namen und Lebensdaten von Menschen, die im Nationalsozialismus verfolgt wurden. Sie werden in den Gehweg einge-lassen, und zwar an dem Ort, wo die verfolgte Person zu-letzt lebte. Die Achtklässler recherchierten das Schicksal der Jüdin Dora Stern, die während der Novemberpogrome von einem Stein am Kopf getroffen und so schwer verletzt wurde, dass sie Monate später starb. Bei der Verlegung des Stolpersteins für Dora Stern gestalteten sie selbst-ständig das Programm. Den Stolperstein finanzierten die Schülerinnen und Schüler aus einem Kuchenverkauf.

Zeitungsbericht: http://www.fr-online.de/darmstadt/darmstadt-stolpersteine-schue-

ler-stiften-stolperstein,1472858,20819916.html

Arbeitsblatt zu Modul 5: Erinnerungsprojekt

Stolperstein in Berlin-Charlottenburg (Quelle: Axel Mauruszat via Wikimedia Commons)

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4. Durchführung eines TheaterprojektsDas Theaterstück “du bist anders?“ basierte auf neun Biografien einer Online-Ausstel-lung der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas (www.dubistanders.de). Hier wurden Jugendliche aus ganz Europa porträtiert, die in der Zeit des Nationalsozialis-mus als „anders“ ausgegrenzt und verfolgt wurden. Schülerinnen und Schülern der The-ater-AG am St-Pius-Gymnasium in Coesfeld entwickelten 2012/13 ein Stück, das Rassis-mus und das Elend der Verfolgung im Nationalsozialismus sichtbar macht. Die Elft- und Zwölftklässler charakterisierten ihre Arbeit so: “Der Gedanke, dass Menschen aufgrund ihres Andersseins diskriminiert, verfolgt und teilweise ermordet oder in den Tod getrie-ben werden, ließ uns nicht los. Wir haben aus den Lebensgeschichten der Jugendlichen Ereignisse und Dokumente herausgelöst, die uns berührt haben. Daraus entstand das Theaterstück, in dem den verfolgten Jugendlichen von damals ein Name zurückgegeben, in dem ihnen ein Denkmal gesetzt werden soll.“

http://www.dubistanders.de/Aktuelles/Bericht-ueber-das-Theaterprojekt-Du-bist-anders-am-St-Pius-Gym-

nasium-in-Coesfeld-Nordrhein-Westfalen

Arbeitsblatt zu Modul 5: Erinnerungsprojekt

Szenen aus dem Theaterprojekt "du bist anders" (Quelle: Sankt Pius Gymnasium in Coesfeld)

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5. Literarische ReflexionenIm März 2016 besuchten Schülerinnen und Schüler der G19-Oberschule in Wien die KZ-Gedenkstätte Mauthausen. Im Zuge der Nachbereitung des Besuchs verarbeiteten die Achtklässler ihre Eindrücke, Empfindungen und Gefühle in Form von kurzen, selbst verfassten Texten. Einige verfassten Gedichte, andere Prosatexte. Die fünf eindrück-lichsten Arbeiten wurden im Rahmen einer Gedenkveranstaltung in der ehemaligen Ge-stapo-Leitstelle in Wien von den Schülerinnen und Schülern selbst vorgelesen.

Ein Beispiel:Ich in MauthausenIch steh am Abgrund,Nebel wie tote Seelen,die Felswand schreit,stumm.Laura M.

http://www.erinnern.at/bundeslaender/wien/schulprojekte/literarische-reflexionen-einer-exkursi-

on-in-die-kz-gedenkstaette-mauthausen

6. Digitale Stadtrallye mit der App ActionboundIm April 2013 begaben sich Jugendliche aus München und Nürnberg auf Einladung eines Evangelischen Jugendzentrums auf eine handygestützte Reise in die Vergangenheit. Mit dem Smartphone und der App “Actionbound“ ausgestattet erkundeten sie die Innenstadt von München auf der Suche nach Gedenkorten, die mit der Zeit des Nationalsozialismus zusammenhängen. Dabei stießen sie u.a. auf den Standort einer ehemaligen Synago-ge die in der Nacht des 9. November 1938 niedergebrannt worden war sowie auf das Denkmal für die Widerstandsgruppe “Weiße Rose“. Die App funktioniert wie eine digitale Schnitzeljagd. Es müssen Fragen beantwortet werden, die dann zu der nächsten Station führen. Die Idee stieß auf Begeisterung: Als nächstes möchten die Jugendlichen in Nürn-berg gerne einen eigenen Rundgang entwickeln.

https://de.actionbound.com/

Arbeitsblatt zu Modul 5: Erinnerungsprojekt

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7. Ausstellung mit Zeichnungen zum Thema Holocaust2014 erstellten Schülerinnen und Schüler eines Kunstkurses des Bonner Fried-rich-Ebert-Gymnasiums eine Ausstellung für ihre Mitschüler/innen. Diese wurde zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar in der Schule eröffnet. Im Vorfeld hatten sich die Schüler/innen im Kunstkurs mit der Graphic Novel „Maus“ von Art Spiegelmann beschäf-tigt. Unter Anwesenheit der Presse führten die Künstler/innen selbst durch die Ausstel-lung. Ihre Zeichnungen fertigten sie mit Kreide auf schwarzem Tonpapier an. Sie wurden ergänzt durch verschiedene handgeschriebene Begriffe, wie „Selektion“, „Ungerechtig-keit“ oder „Hoffnung“.

Zeitungsbericht zur Ausstellungseröffnung: http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/stadt-bonn/Ein-drucksvolle-Ausstellung-von-Sch%C3%BClern-f%C3%BCr-Sch%C3%BCler-zur-Holocaust-Gedenkwoche-artic-

le1254014.html

8. History Maps onlineIn der Gedenkstätte Sachsenhausen (Oranienburg bei Berlin) erarbeiteten Jugendliche im Jahr 2013 digitale Karten unter Zuhilfenahme von Google Maps. Eine Woche lang re-cherchierten sie zu Biografien von ehemaligen Häftlingen, zur Geschichte des Konzent-rationslagers und zum Thema Zwangsarbeit in Oranienburg. Ihre Rechercheergebnisse fassten sie in Texten zusammen, fotografierten die aktuellen Orte und drehten kurze Handyvideos. Die Ergebnisse verknüpften sie mit der digitalen Karte und veröffentlich-ten anschließend alles auf einem Weblog. https://sachsenhausenprojekte.wordpress.com/2013/03/20/karte-der-recherchierten-orte-wah-

rend-der-studienwoche/

Screenshot der ProjektwebseiteGedenkstätte und Museum Sachsenhausen

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WEITERFÜHRENDE LITERATURBayerischer Jugendring/ConAct/Stadt Jerusalem (Hrsg.): Gemeinsam Erinnern – Brü-cken bauen. Handbuch für Erinnern und Gedenken in deutsch-israelischen Jugend- und Schülerbegegnungen, München 2014 (2. Auflage, Deutsch und Hebräisch).

Itay Lotem/Judith Seitz: Israel – nah im Osten, herausgegeben von ConAct – Koordinie-rungszentrum Deutsch-Israelischer Jugendaustausch. Erschienen in der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Band 1358, Bonn 2013.

MethodikBirgit Wenzel: Kreative und innovative Methoden. Geschichtsunterricht einmal andern, Schwalbach im Taunus 2010.

InternetquellenYuval Avivi: Why some Israeli high schools stopped trips to Poland, Al Monitor, 26. Febru-ar 2016, http://www.al-monitor.com/pulse/originals/2016/02/poland-high-school-ho-locaust-survivors-israel-flag.html#ixzz4MxNhh7lC (zuletzt eingesehen am 13. Oktober 2016).

Avi Sagi: The Holocaust and the Foundation of Jewish Identity, Azure no. 42, Autumn 5771/2010, http://azure.org.il/include/print.php?id=552 (zuletzt eingesehen am 13. Okto-ber 2016).