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Schulische und außerschulische Bildungssituation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund Jugend-Migrationsreport Ein Daten- und Forschungsüberblick Monika Stürzer, Vicki Täubig, Mirjam Uchronski, Kirsten Bruhns

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  • Schulische und außerschulische Bildungssituation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund

    Jugend-Migrationsreport Ein Daten- und Forschungsüberblick

    Monika Stürzer, Vicki Täubig, Mirjam Uchronski, Kirsten Bruhns

  • Monika Stürzer, Vicki Täubig, Mirjam Uchronski, Kirsten Bruhns

    Schulische und außerschulische Bildungssituation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund Jugend-Migrationsreport. Ein Daten- und Forschungsüberblick

  • Das Deutsche Jugendinstitut e.V. (DJI) ist ein sozialwissenschaftliches Forschungsinstitut. Es untersucht die Lebenslagen und die Entwicklung von Kindern, Jugendlichen, Frauen, Männern und Familien sowie darauf bezogene öffentliche Angebote zu ihrer Unterstützung und Förderung. Schwerpunkte seiner Arbeit in den o.g. Bereichen sind unter anderem: – Dauerbeobachtung zum Wandel von Lebensverhältnissen, – Studien zu aktuellen gesellschaftspolitischen Fragestellungen, – Praxisbegleitung und Evaluation von Modellprojekten, – Beratung von Politik und Praxis der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe, – Unterstützung bei der Erstellung von Berichten der Bundesregierung. Das Deutsche Jugendinstitut hat seinen Sitz in München und eine Dependance in Halle/Saale. Mit derzeit rund 140 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist das DJI im Bereich der Forschung zu Kindern, Jugendlichen, Frauen, Männern und Familien das größte nicht universitäre Forschungsinstitut in Deutschland. Träger des 1963 gegründeten Instituts ist ein gemeinnütziger Verein mit Mitgliedern aus Politik, Wissenschaft, Verbänden und Institutionen der Jugend und Familienhilfe.

    Die Forschungsgruppe „Migration, Integration und interethnisches Zusammenleben“ befasst sich mit den interkulturellen Beziehungen, Verständigungs- und Integrationsprozessen von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund. Im Mittelpunkt der Forschungsgruppe stehen das interethnische Zusammenleben sowie die interkulturellen Beziehungen unter Kindern und Jugendlichen verschiedener Herkunftskultur. Dabei werden vorrangig die Voraussetzungen, Rahmenbedingungen und Entwicklungsverläufe gelingender interethnischer Beziehungen unter Zugewanderten und Einheimischen untersucht, ohne dabei den Blick für Brüche, Widersprüche, Konflikte und Probleme zu versperren. Impressum © 2012 Deutsches Jugendinstitut e.V. Forschungsgruppe Migration, Integration und interethnisches Zusammenleben Nockherstraße 2, 81541 München Telefon: (089) 62306-274 Telefax: (089) 62306-162 ISBN 978-3-86379-074-5

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    Inhaltsverzeichnis

    Vorwort (Thomas Rauschenbach) 9

    Einleitung 11

    1 Allgemeinbildende Schulen (Monika Stürzer) 14

    1.1 Die wichtigsten Ergebnisse 15 1.2 Datenquellen 17 1.3 Befunde 18 1.3.1 Schülerinnen und Schüler mit und ohne Migrationshintergrund 18 1.3.2 Der Übertritt von der Grundschule auf weiterführende Schulen 23 1.3.3 Bildungswege im Sekundarbereich 25 1.3.4 Schulabschlüsse 34 1.3.5 Förderschulen 46 1.3.6 Einstellungen zur Schule 49 1.3.7 Klassenwiederholungen 51 1.3.8 Lehrkräfte mit Migrationshintergrund 52 1.4 Ausblick 54 1.4.1 Zusammenfassung der Befunde 54 1.4.2 Bewertung der Datenlage 56 1.4.3 Forschungsbedarf 57

    2 Berufliche Ausbildung (Mirjam Uchronski) 59

    2.1 Die wichtigsten Ergebnisse 60 2.2 Datenquellen 62 2.3 Befunde 64 2.3.1 Von der Schule in …?: Übergänge an der 1. Schwelle 64 2.3.2 Chancen auf einen vollqualifizierenden Ausbildungsplatz 68 2.3.3 Vollqualifizierende Ausbildungsgänge in Betrieben 70 2.4 Ausblick 86 2.4.1 Zusammenfassung der Befunde 86 2.4.2 Bewertung der Datenlage 89 2.4.3 Forschungsbedarf 90

    3 Studium (Mirjam Uchronski) 91

    3.1 Die wichtigsten Ergebnisse 92 3.2 Datenquellen 94 3.3 Befunde 96 3.3.1 Übergänge in die Hochschule 96 3.3.2 Studium 104 3.3.3 Studienabschluss 118

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    3.3.4 Berufseinmündung (Monika Stürzer) 124 3.4 Ausblick 128 3.4.1 Zusammenfassung der Befunde 128 3.4.2 Bewertung der Datenlage 129 3.4.3 Forschungsbedarf 131

    4 Jugendarbeit (Vicki Täubig) 132

    4.1 Die wichtigsten Ergebnisse 133 4.2 Datenquellen 135 4.2.1 Datenauswahl 135 4.2.2 Die Studien auf einen Blick 136 4.3 Befunde 140 4.3.1 Jugendverbandsarbeit und freiwilliges Engagement 140 4.3.2 Offene Angebote (in Einrichtungen) 155 4.3.3 Mobile Jugendarbeit/Streetwork 159 4.3.4 Jugenderholung 161 4.3.5 Internationale Jugendbegegnung 162 4.3.6 Außerschulische Jugendbildung 163 4.4 Ausblick 164 4.4.1 Zusammenfassung der Befunde 164 4.4.2 Bewertung der Datenlage 166 4.4.3 Forschungsbedarf 166

    5 Resümee (Kirsten Bruhns) 168

    5.1 Bildung und Ausbildung in Deutschland: Einbahnstraße, Kreisverkehr oder Startrampe für Jugendliche mit Migrationshintergrund? 168

    5.2 Bildungs- und Ausbildungschancen – wohnortgebunden? 171 5.3 „Migrationshintergrund“ – eine komplexe Kategorie 173 5.3.1 Differenzierung nach Herkunftsländern – kulturelle

    Konstruktionen? 174 5.3.2 Generationenfolgen – Garanten für Annäherungsprozesse? 176 5.4 Migrationshintergrund und sozialer Hintergrund –

    alternative oder komplementäre Einflussfaktoren? 177 5.5 Geschlechterdifferenzen – nicht nur Gewinnerinnen

    und Verlierer 179 5.6 Die zeitliche Entwicklung von Potenzialen und Chancen

    in Bildung und Ausbildung 184 5.7 Datenlage – Datenbedarf 185

    Literaturverzeichnis 187

    Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 196

    Anhang 203

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    I. Tabellen- und Abbildungen 203

    A. Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen im Anhang 203 B. Tabellenanhang 206 C. Abbildungsanhang 210

    II. Grundstrukturen des formalen Bildungs- und Ausbildungs- systems in Deutschland 224

    A. Grundstruktur des allgemeinbildenden Schulsystems 224 B. Das deutsche Berufsbildungssystem 226 C. Grundstruktur des Hochschulsystems 233

    III. Glossar 239

    IV. Abkürzungsverzeichnis 256

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    Vorwort

    Aus heutiger Perspektive mag man es kaum glauben: Noch nicht einmal zehn Jahre ist es her, dass sich die deutsche Debatte über Migration aus ihrer Erstarrung befreit hat. Lange Zeit wurde Einwanderung hierzulande vor allem als ordnungs- und sicherheitspolitisches Thema im Rahmen einer „Ausländerpolitik“ diskutiert. Gestritten wurde über Fragen der doppelten Staatsangehörigkeit, debattiert wurde darüber, ob Deutschland nun ein Einwanderungsland sei oder nicht. Aber trotz aller Kontroversen bestand in einer Frage auffällig wenig Dissens: dass der Anteil der Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit insgesamt bei etwa 10 Prozent liegt. In-folgedessen wurde die Bedeutung dieser Thematik von der Politik als nicht sonderlich prioritär eingeschätzt, war dies doch eine insgesamt überschau-bare Größenordnung, die eher zu ideologischen Auseinandersetzungen als zu politischem Handeln Anlass zu geben schien.

    Dieses Ausgangsszenario hat sich in ausgesprochen kurzer Zeit auffällig verändert. Nachdem die ersten international vergleichenden Kompetenz-studien bei ihren Befragungen anstelle eines Staatsangehörigkeitskonzeptes ein Migrationskonzept zugrundelegten, bei dem nicht mehr die Nationalität, sondern der Tatbestand der eigenen oder der elterlichen Zuwanderung – in manchen Fällen auch der der Großeltern – in den Mittelpunkt gerückt wur-de, machte sich mit dem Mikrozensus auch die erste amtliche Statistik die-ses Erhebungskonzept zu eigen. Denn: Eine Betrachtung, die sich allein auf Nationalitäten konzentriert, blendet aus, dass Einwanderer im juristischen Sinn häufig längst keine „Ausländer“ mehr sind, weil sie vielfach bereits deutsche Pässe besitzen.

    Die Folgen dieser Neuvermessung waren ebenso überraschend wie fol-genreich. Ab 2006 – der erste Nationale Bildungsbericht legte hierauf sei-nen Schwerpunkt – wurde sichtbar, dass in Deutschland der Anteil der Be-völkerung mit Migrationshintergrund in Wirklichkeit nicht bei zehn, son-dern bei rund zwanzig Prozent liegt, also rund doppelt so hoch ist wie zu-vor angenommen. Aber damit nicht genug: Ein Blick auf den Altersaufbau macht deutlich, dass die Gruppe der Menschen mit Zuwanderungsgeschich-te eine deutlich andere Altersverteilung aufweist als der allgemeine Bevölke-rungsdurchschnitt. Infolgedessen hat bei den jungen Menschen unter 25 Jahren mehr als ein Viertel der Heranwachsenden und bei Kindern unter sechs Jahren sogar mehr als jedes dritte Kind einen Migrationshintergrund.

    Erst die öffentliche Wahrnehmung dieses Ausmaßes rückte die Debatte um Migration in den Mittelpunkt der politischen Aufmerksamkeit, zumal dies be-deutet, dass in den westdeutschen Metropolen innerhalb der Gruppe der Her-anwachsenden die Migrationsanteile unschwer 40 Prozent und mehr, in einigen Städten sogar über 50 Prozent erreichen. Mithin ist es nicht verwunderlich, dass jenseits der Frage der Nationalität inzwischen die Gruppe der Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit deutlich kleiner ist als die Gruppe derer, die eine familiäre Zuwanderungsgeschichte haben, weil sie selbst, ihre Eltern oder ihre Großeltern nach Deutschland eingewandert sind. Das bedeutet aber auch: Migration mit all ihren Folgen ist längst kein marginales Phänomen mehr – es

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    ist eine Entwicklung, die die Gesellschaft als Ganzes betrifft, verändert und herausfordert.

    Aufgrund dieser neu justierten Größenordnungen wurde – verstärkt durch die Ergebnisse der PISA-Studien sowie anderer Befunde der empiri-schen Bildungsforschung – das Thema Migration sehr viel dezidierter zu einer Angelegenheit der Kinder- und Jugendpolitik, der Familienpolitik und der Bildungspolitik. Pauschal, bisweilen zu pauschal, wurden Kinder mit Migrationshintergrund dabei zur Problemgruppe stilisiert, wurden im Gan-zen zu Benachteiligten des Sozial- und Bildungswesens; ein Migrationshin-tergrund galt automatisch als Risikofaktor, Zuwanderung glich einer un-überwindbaren Barriere bei der sozialen Integration.

    Mehr denn je erscheint in Anbetracht dieser Situation – als Korrektiv – zugleich eine nüchterne Betrachtung der Chancen auf Teilhabe, Integration und Bildung notwendig, die junge Menschen mit Migrationshintergrund haben. Von ihrem Erfolg oder Misserfolg im deutschen Bildungs- und Aus-bildungssystem hängen ihre ökonomischen und sozialen Zukunftsperspek-tiven ab, was wiederum die deutsche Gesellschaft nicht unwesentlich beein-flussen wird. Daher ist es notwendig, Risiken und Chancen, Barrieren und Erfolge gleichermaßen gezielt ins Blickfeld zu rücken.

    Dazu zählt etwa der Umstand, dass junge Menschen mit Migrationshin-tergrund geringere Chancen auf eine qualifizierte Berufsausbildung, auf ein Abitur oder den Besuch einer Hochschule haben – was allerdings nicht mit ethnischen Kategorien erklärbar ist. Es ist vor allem der sozioökonomische Status der Eltern, der den Erfolg der Jugendlichen im Bildungssystem be-einflusst. Dazu zählt allerdings auch die erfreuliche Tatsache, dass die Be-suchsquoten eines Gymnasiums von einer Migrantengeneration zur nächs-ten nachweislich steigen. Und schließlich deuten unsere eigenen AID:A-Daten darauf hin, dass Heranwachsende der dritten Migrantengeneration sich mit Blick auf ihre Bildungsabschlüsse ihren Altersgenossen ohne Zu-wanderungshintergrund auffällig annähern. Die Bildungsexpansion, die die deutsche Gesellschaft seit Jahrzehnten prägt, erreicht inzwischen offenbar auch eine wachsende Gruppe der Jugendlichen aus eingewanderten Fami-lien.

    Solche Befunde, die die Debatte versachlichen können, sind in Deutsch-land mit Blick auf Kinder und Jugendliche bisher nicht in einem Bericht gebündelt verfügbar. Um eine möglichst differenzierte, datenbasierte Be-standsaufnahme vorlegen zu können, hat sich das Deutsche Jugendinstitut – bei allen datentechnischen Unzulänglichkeiten – entschlossen, sowohl einen Kinder- als auch einen Jugend-Migrationsreport zu erstellen, in denen je-weils das verfügbare Datenmaterial zusammengetragen, aufbereitet und geordnet wird. Weil es höchste Zeit für eine solche empirisch gestützte Be-standsaufnahme ist, wird dieser Jugend-Migrationsreport hiermit vorgelegt.

    Thomas Rauschenbach Direktor des Deutschen Jugendinstituts

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    Einleitung

    Der hier vorgelegte Daten- und Forschungsüberblick zum Thema „Schuli-sche und außerschulische Bildungssituation von Jugendlichen mit Migra-tionshintergrund“ stellt weit gestreute und dadurch wenig überschaubare statistische und empirische Befunde zusammen. Den aktuellen Daten zur Situation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund liegt ein breiter Bil-dungsbegriff zugrunde, der neben Bildungsverläufen und -abschlüssen in Schulen (Kapitel 1), auch die Berufsausbildung (Kapitel 2) und die akademi-sche Ausbildung (Kapitel 3) sowie die non-formale Bildung im Bereich der Jugendarbeit (Kapitel 4) in den Blick nimmt. Damit werden Ergebnisse prä-sentiert, die einen Einblick in die Chancen von Jugendlichen mit Migra-tionshintergrund zur gesellschaftlichen Teilhabe und Integration geben. Seine Grenzen, aber auch Möglichkeiten, neue Perspektiven zu gewinnen, verdeutlicht abschließend das Resümee in Kapitel 5.

    Die Relevanz einer sorgfältigen Dokumentierung und Differenzierung der Situation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Bildung und Ausbildung sowie weiterführende Reflexionen zu deren Teilhabemöglich-keiten im deutschen Bildungs- und Ausbildungssystem erschließt sich nicht allein im Hinblick auf individuelle Entwicklungschancen und auch nicht ausschließlich unter einer sozialen und gerechtigkeitsorientierten Perspekti-ve. Die Forderung nach gleichberechtigter Teilhabe von Personen mit Mi-grationshintergrund erwächst auch vor dem Hintergrund des gesellschaftli-chen Wandels und der Gestaltung von Gesellschaft. Für eine Einwande-rungsgesellschaft gilt dies umso mehr, wenn absehbar ist, dass sich „Min-derheiten“ von Zugewanderten und ihren Nachkommen stetig aus dem quantitativen Randbereich heraus bewegen. In Deutschland ist ein solcher Prozess seit Jahren zu beobachten – je jünger die Altersgruppen, desto hö-her ist der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund an der gleichalt-rigen Bevölkerung.

    Bei den 15- bis unter 25-Jährigen, der im Jugend-Migrationsreport fokus-sierten Altersgruppe, lag der Anteil der Jugendlichen mit Migrationshinter-grund im Jahr 2009 laut →Mikrozensus bei knapp einem Viertel, das sind 2.339.000 von insgesamt 9.385.000 Jugendlichen (Statistisches Bundesamt 2010a). Von den Jugendlichen dieser – pauschal als „mit Migrationshinter-grund“ bezeichneten – Gruppe ist fast die Hälfte selbst zugewandert. Das heißt auch, dass mehr als die Hälfte nicht über Migrationserfahrungen ver-fügt (vgl. Abbildung 1).1 Personen mit eigener Migrationserfahrung werden zur ersten Generation von Migrantinnen/Migranten gezählt. Nicht selbst zugewanderte Personen gehören der zweiten und dritten, im Mikrozensus nicht differenzierten Generation an, d.h. es sind Kinder und Enkelkinder

    1 Die Summe dieser beiden Gruppen ergibt weniger als 100 Prozent, da bei 0,8 Prozent der Jugendlichen der Migrationshintergrund nicht durchgängig bestimmbar war. Zur Definition von „Migrationshintergrund“ im Mikrozensus vgl. Tabelle 1.

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    von Zugewanderten. Von den Jugendlichen mit Migrationshintergrund hat die Mehrheit (59%) eine deutsche Staatsangehörigkeit.

    Von den deutschen Jugendlichen mit Migrationshintergrund verfügt der größere Teil nicht über eigene Migrationserfahrungen: Über 80% haben mindestens einen Elternteil, der zugewandert oder als Ausländer in Deutsch-land geboren ist. Von denjenigen, die eigene Migrationserfahrungen haben, gehören fast drei Viertel zu den Spätaussiedlerinnen/-aussiedlern, lediglich ein gutes Viertel hat die deutsche Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung erhalten.2

    Abbildung 1: Jugendliche im Alter von 15 bis unter 25 Jahren nach Mi-grationshintergrund, Migrationserfahrung und Staatsange-hörigkeit im Jahr 2009 (in %)

    ME = eigene Migrationserfahrung Quelle: Statistisches Bundesamt (2010a), Fachserie 1, Reihe 2.2, Tab. 2; eigene Berechnungen und Darstellung Auch wenn der Bericht das Ziel verfolgt, die Bildungssituation und die Bil-dungschancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund darzustellen, so beruhen viele der präsentierten Daten nicht auf dem im Mikrozensus ver-wendeten „Zuwanderungs- bzw. Migrationskonzept“. Insbesondere bil-dungsstatistische Daten orientieren sich am „Staatbürgerschafts- bzw. Aus-länderkonzept“, das zwischen einer ausländischen und deutschen Staatsbür-gerschaft unterscheidet. In diesen Statistiken werden – folgt man den Daten

    2 Nach § 4 Abs. 3 StAG erwirbt ein Ausländer „die deutsche Staatsangehörigkeit (…) unter bestimmten Bedingungen auf Antrag durch Einbürgerung (§§ 8 bis 16, 40b, 40c StAG). Die deutsche Staatsbürgerschaft durch Geburt erwerben Kinder mit mindestens einem deutschen Elternteil. Werden Kinder ausländischer Eltern in Deutschland geboren (Ius-Soli-Prinzip), so erhalten sie die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil seit mindestens acht Jah-ren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und ein Daueraufenthalts-recht hat“.

    76 24

    Personen ohne MigrationshintergrundPersonen mit Migrationshintergrund

    48 52 59 41

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    des Mikrozensus – also lediglich 41% der Jugendlichen mit Migrationshin-tergrund erfasst. Repräsentative Untersuchungen verwenden unterschiedli-che Definitionen von Migrationshintergrund, teilweise legen sie zusätzlich zu anderen Merkmalen ein „Sprachkonzept“ zur Bestimmung eines Migra-tionshintergrundes zugrunde, das sich an der in der Familie verwendeten Sprache orientiert.

    Der vorliegende Daten- und Forschungsüberblick folgt in den Kapiteln 1 bis 4 einem ähnlichen Aufbau: Die wichtigsten Ergebnisse stehen am Anfang eines jeden Kapitels. Die Datenquellen werden knapp dargestellt. Dies erlaubt einen schnellen

    Überblick über zentrale Merkmale der herangezogenen Erhebungen so-wie Statistiken und beschreibt die unterschiedlichen Definitionen bzw. Operationalisierungen von „Migrationshintergrund“.

    Die Befunde beschreiben ausführlich die statistisch und empirisch unter-legte Bildungssituation von Jugendlichen mit und ohne Migrationshin-tergrund. Soweit die Datenbasis es zulässt, werden sowohl wichtige be-reichsbezogene Spezifizierungen als auch Unterschiede nach zentralen Merkmalen dargestellt, wie Herkunftsland, Migrationsstatus, Geschlecht und Bundesland. Wenn eine Beschreibung zeitlicher Entwicklungen möglich ist, werden mehr oder weniger langfristige Trends herausgear-beitet, die in einigen Feldern positive Erwartungen auf eine Verbesse-rung gesellschaftlicher Teilhabe von Jugendlichen mit Migrationshinter-grund begründen können.

    Der Ausblick dient der Zusammenfassung der Befunde und aus der Be-wertung der Datenlage wird weiterer Forschungsbedarf formuliert.

    Zu dieser Veröffentlichung haben viele Fachleute aus Wissenschaft und Forschung sowie fachkundige Kolleginnen und Kollegen durch ihre freund-liche und kompetente Expertise und Unterstützung beigetragen. Ihnen möchten wir herzlich danken.

    Lesehilfe: Einige Tabellen und Abbildungen sind nicht in den laufenden Text inte-griert, sondern finden sich im Anhang (Punkt I.B. und I.C.). Sie sind durch ihre Nummerierung zu erkennen. Diese beginnt mit A und be-zeichnet nach einem Bindestrich mit der ersten Ziffer den Gliederungs-punkt des Kapitels, mit der zweiten Ziffer die laufende Nummer der Tabelle oder Abbildung im Anhang. Beispiele: „Tabelle A-3.1“ (Tabelle 1 aus Kapitel 3 im Anhang); „Abbildung A-1.4“ (Abbildung 4 aus Kapitel 1 im Anhang).

    Die Tabellen- und Abbildungsverzeichnisse listen getrennt voneinander die im Text und die im Anhang dargestellten Tabellen und Abbildungen auf.

    Begriffe, vor denen ein Pfeil steht, „→“, werden im Glossar im Anhang (Punkt III.) genauer erläutert. Das Glossar ist alphabetisch geordnet.

    Ebenfalls im Anhang finden sich Ausführungen zu den Grundstruktu-ren des formalen deutschen Bildungs- und Ausbildungssystems (Punkt II.) sowie ein Abkürzungsverzeichnis (Punkt IV.).

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    1 Allgemeinbildende Schulen (Monika Stürzer)

    Typisch für das bundesdeutsche Schulsystem (vgl. Anhang II. A.) sind zum einen seine föderale Struktur und zum anderen seine Mehrgliedrigkeit.

    Föderale Struktur bedeutet, dass für die einzelnen Bundesländer Kultur-hoheit besteht und sie somit selbst für Gesetzgebung und Verwaltung in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Kultur zuständig sind.3 Mit dem Begriff der Mehrgliedrigkeit wird darauf rekurriert, dass das im Hamburger Abkommen der westlichen Bundesländer festgelegte dreigliedrige Schulsys-tem (→Hauptschule – →Realschule – →Gymnasium) de facto in keinem Bundesland mehr existiert und zusätzlich noch das Förder- bzw. Sonder-schulsystem dazu kommt. Die schulische Situation kann sich also für Kin-der und Jugendliche je nach dem Bundesland, in dem sie leben, völlig unter-schiedlich darstellen.

    Prinzipiell ist das deutsche Schulsystem durchlässig, sowohl nach oben als auch nach unten. Empirisch wird allerdings auf die geringe Wechselquo-te innerhalb des Schulsystems und auf einen überwiegenden „Abwärtswech-sel“ hingewiesen (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 66). Das heißt, deutlich mehr Kinder erleben einen Bildungsabstieg als einen Bildungsaufstieg.

    Im folgenden Kapitel werden nach der Darstellung der wichtigsten Er-gebnisse (Abschnitt 1.1) und einem Überblick über die zentralen Daten-quellen (Abschnitt 1.2) in Abschnitt 1.3 detailliert die Befunde zur Situation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in den allgemeinbildenden Schu-len dargestellt. Den Abschluss bildet ein Ausblick (Abschnitt 1.4) mit einer Zusammenfassung der Befunde, einer Bewertung der Datenlage und mit Ausführungen zum Forschungsbedarf.

    3 „Die 1946 im Westen gebildeten Länder knüpften staatsrechtlich an den Föderalismus im Kaiserreich (...) und in der Weimarer Republik (…) an. Das Grundgesetz von 1949 bestimmt die Fortsetzung der traditional föderalen Ordnung insbesondere in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Kultur. Die primäre Zuständigkeit für Gesetzgebung und Verwaltung in den genannten Bereichen, die sogenannte Kulturhoheit, liegt danach bei den Ländern“ (Sekretari-at der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder 2009, S. 29).

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    1.1 Die wichtigsten Ergebnisse

    1. Ausländische Schüler/innen sind in allgemeinbildenden Schulen in Deutschland benachteiligt: Sie besuchen häufiger Haupt- und Förderschulen und verlassen die Schule öfter ohne Abschluss.

    2. In den letzten 20 Jahren nahmen höher-wertige Bildungsabschlüsse von ausländischen Schülerinnen und Schülern zu.

    3. Der Abstand zwischen ausländischen und deutschen Jugendlichen mit Hochschulreife hat sich im Zeitverlauf vergrößert.

    4. Die schulischen Bildungswege und -abschlüs-se differieren bei Schülerinnen/Schülern mit Migrationshintergrund zum Teil erheblich nach folgenden fünf Kriterien:

    a) Herkunftsland: Am häufigsten besuchen vietnamesische Kinder ein Gymnasium – auch häufiger als deutsche. Schüler/innen serbischer, italienischer oder türkischer Staatsangehörigkeit sind deutlich häufiger an Hauptschulen und seltener an Gymnasien anzutreffen.

    b) Generationszugehörigkeit: Jugendliche der dritten Migrantengeneration (Geburtsland Deutschland, Großeltern zugewandert) nähern sich den Jugendlichen ohne Migrationshintergrund an: beim Abitur, bei Klassenwiederholungen sowie bei der Einstellung zu Noten und Zeugnissen.

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    c) Geschlecht: Ausländische Mädchen / junge Frauen sind im deutschen Schulsystem erfolgreicher als Jungen / junge Männer. Sie besuchen häufiger Gymnasien und erreichen höherwertige Abschlüsse.

    d) Bundesländer: Es gibt zwischen den Bundesländern erhebliche Differenzen in den Bildungsgängen bzw. Schulformen. In Bundesländern ohne Hauptschulen besuchen ausländische Schüler/innen häufiger das Gymnasium.

    e) Sozialer Status: Mit höherem sozialen Status (sowohl bei Jugendlichen mit als auch ohne Migrationshintergrund) steigt der Gymnasial-besuch und die Höhe der erreichten Abschlüsse.

    5. Kinder und Jugendliche, die im Ausland geboren sind (erste Generation), wiederholen fast doppelt so häufig einmal oder mehrmals eine Klasse wie diejenigen ohne Migrationshinter-grund

    6. In ihren Einstellungen zur Schule und zu den Schulanforderungen ähneln sich Schüler/innen mit und ohne Migrationshintergrund.

    7. Noten und Zeugnisse haben für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund eine deutlich größere Bedeutung als für jene ohne Migrations-hintergrund.

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    1.2 Datenquellen

    Tabelle 1: Verwendete Datenquellen im Kapitel Schule nach zentralen Merkmalen

    Studien Stichprobe (N, Alters-gruppe)

    Erhebungs-methode

    Erhe-bungs-

    zeitpunkt/-raum

    Räuml. Reich-weite Migrationshintergrund

    Mikrozensus (Statistisches Bundesamt 2010a, Fachse-rie 1, Reihe 2.2)

    Zufalls-stichprobe 1% aller Haushalte

    Amtliche Re-präsentativ-erhebung

    2009 Bundesgebiet

    Zu den Menschen mit Migrationshinter-grund zählen „alle nach 1949 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Zugewanderten, sowie alle in Deutschland geborenen Auslän-der und alle in Deutschland Geborenen mit mind. einem zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland gebore-nen Elternteil“

    AID:A – DJI-Survey (Deutsches Jugendinstitut)

    10- bis unter 25-jährige Schüler/ innen N = 3.216

    Telefonische Befragung

    2009 Bundesgebiet

    Nach den AID:A-Daten wird einer Per-son ein Migrationshintergrund zuge-schrieben, wenn sie selbst oder min-destens ein Elternteil nicht in Deutsch-land geboren ist; bezogen auf den Schulbesuch wird nach erster, zweiter und dritter Generation (bei bis unter 18-Jährigen) unterschieden

    Schulstatistik (Statistisches Bundesamt 2010b, Fachse-rie 11, Reihe 1)

    Totalerhe-bung

    Die Daten werden i.d.R. in den Bundes-ländern in elektronischer Form bei den Schulen erho-ben

    2009/2010 Bundesgebiet Differenzierung nach Staatsangehörig-keit – „Ausländerkonzept“

    TIMSS-Über-gangsstudie (Gresch/Becker 2010)

    N = 3.571 Schüler/ innen an 253 Schu-len

    Längsschnitt-befragung

    2006–2008 Bundesgebiet

    Es werden drei Herkunftsgruppen unterschieden: a) ohne Migrationshin-tergrund = beide Eltern wurden nach Auskunft der Kinder in Deutschland geboren, b) türkische Herkunft = min-destens ein Elternteil wurde in der Türkei geboren, c) Schüler/innen aus (Spät-)Aussiedlerfamilien = von Klas-senlehrer/in mitgeteilt

    Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland

    Vollerhe-bung der Integrati-onsschüler/innen

    Die Zahlen werden bei den Kultusmi-nisterien der Länder erfragt

    2009/2010

    Bundesgebiet; für ausländi-sche Integra-tionsschüler/ innen liegen keine Daten für die Bun-desländer Niedersach-sen, Baden-Württemberg, Saarland und Sachsen-Anhalt vor

    Differenzierung nach Staatsangehö-rigkeit – „Ausländerkonzept“; in Sach-sen „Migrationskonzept“

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    1.3 Befunde

    Im Folgenden wird nach einem Überblick über die Verteilung deutscher und ausländischer Schüler/innen auf die unterschiedlichen Schularten kurz erläutert, wie sich der Übertrittsprozess von der Grundschule auf die ver-schiedenen weiterführenden Schulen für ausländische und deutsche Kinder darstellt und wie sich für beide Gruppen in Folge die Bildungswege im Sekundarbereich gestalten. Daran anschließend werden die Schulabschlüsse der Jugendlichen vor dem Hintergrund ihres differenzierten Migrationssta-tus analysiert – betrachtet wird dabei auch der Zeitverlauf. Der darauf fol-gende Abschnitt beschäftigt sich mit der Situation an Förderschulen. Des-weiteren folgen Befunde über die Einstellung zur Schule und zur Häufigkeit von Klassenwiederholungen. Zuletzt werden die Anzahl und die Anteile ausländischer Lehrkräfte im deutschen Schuldienst analysiert. 1.3.1 Schülerinnen und Schüler mit und ohne Migrationshintergrund

    Nach der Schulstatistik sind 8,6%4 der Kinder und Jugendlichen, die eine allgemeinbildende Schule besuchen, Ausländer/innen (vgl. Abbildung 2).

    Ausländische Schüler/innen sind in speziellen Klassen zur Schulvorbe-reitung, die an Grundschulen angegliedert sind, überproportional vertreten (vgl. Abbildung 2).5 In diese gehen Kinder, die zwar schon schulpflichtig sind, jedoch von der Einschulung zurückgestellt werden, da ihnen die nöti-ge Schulreife fehlt. Nach dem einjährigen Besuch eines →Schulkindergar-tens oder einer →Vorklasse wird die Schulreife der Kinder erneut geprüft. Danach wird entschieden, ob sie in die erste Klasse der Regelschule oder in eine Förderschule eingeschult werden. Darüber hinaus gibt es für Kinder mit Migrationshintergrund, die die deutsche Sprache noch unzureichend beherrschen, in den meisten Bundesländern gesonderte Sprachförderkurse.6

    In der Grundschule sind Mädchen und Jungen ausländischer Staatsangehö-rigkeit in etwa entsprechend ihres Anteils an allen Schülerinnen/Schülern vertreten. Dieses Gleichgewicht verschiebt sich allerdings im →Sekundar-bereich in zwei Richtungen (vgl. Abbildung 2):

    An →Gymnasien und an →Schularten mit mehreren Bildungsgängen sind aus-ländische Schüler/innen mit weniger als 5% deutlich unterrepräsentiert. An →Hauptschulen sind sie hingegen mit fast 20% deutlich überrepräsentiert; d.h. hier hat jede/r fünfte Schüler/in eine ausländische Staatsangehörigkeit.

    Die →Realschule ist die einzige weiterführende Schulart, an der ausländi-sche Jugendliche entsprechend ihres Anteils an allen Schülerinnen/Schülern vertreten sind. Höher ist ihr Anteil an →integrierten Gesamtschulen und in der schulartunabhängigen →Orientierungsstufe.

    4 Eigene Berechnung nach Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.2 des Statistischen Bundesamtes. 5 In einigen Bundesländern existieren zur Schulvorbereitung sogenannte Vorklassen, in ande-

    ren Schulkindergärten; einige Bundesländer haben keines von beidem. 6 Sprachförderkurse werden vom Statistischen Bundesamt nicht unter den Schularten vermerkt.

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    Während ausländische Kinder und Jugendliche an Freien Waldorfschulen7 kaum 2% der Schülerschaft ausmachen, sind sie an Förderschulen mit fast 14% überproportional häufig vertreten.8

    Darüber hinaus existieren private Schulen, die speziell auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund zugeschnitten sind. Dazu gehören zum einen die internationalen Schulen, die ein Angebot für Kinder von in internationalen Firmen beschäftigten Eltern bieten (BR-online: Privatschulen). Zum anderen gibt es Privatschulen von und für ein-zelne Nationalitäten – am bekanntesten sind die griechischen Schulen9, die über eine relativ lange Tradition verfügen. Erst in den letzten Jahren in die Diskussion gerieten Neugründungen türkischer Privatschulen. Initiiert wur-den diese Schulen zumeist von in Deutschland ansässigen türkischen El-tern, die nach dem „PISA-Schock“ beabsichtigen, ihren Kindern eine besse-re Förderung zukommen zu lassen (Gerlach 2007).

    An Abendschulen sind ausländische Schüler/innen im Vergleich zu ihrer durchschnittlichen Präsenz an allgemeinbildenden Schulen überproportio-nal häufig vertreten (vgl. Abbildung A-1.1).

    7 Waldorfschulen werden in der Schulstatistik als einzige Privatschulen separat erfasst. Sie sind die am dritthäufigsten besuchten Privatschulen in der Bundesrepublik Deutschland. Am häufigsten werden katholische, gefolgt von evangelischen Konfessionsschulen besucht (Bar-thels 2007), die jedoch nicht gesondert nachgewiesen werden.

    8 Förder- oder Sonderschulen besuchen Schüler/innen, bei denen davon ausgegangen wird, dass sie auf Grund körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen bzw. auf Grund von Verhal-tensauffälligkeiten in einer Regelschule nicht ausreichend gefördert werden können (vgl. Ab-schnitt 1.3.5).

    9 So gibt es z.B. alleine in München sieben griechische Schulen von der Grundschule bis zum Gymnasium.

  • 20

    Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.2; eigene Berechnungen und Darstellung

    Eine Differenzierung nach Migrationshintergrund belegt einen deutlich höheren Anteil von Schülerinnen/Schülern mit Migrationshintergrund (28%) als von Schülerinnen/Schülern ohne deutsche Staatsangehörigkeit (9%) in der Grundschule und im Sekundarbereich (ohne Schulkindergärten und Vorklassen) (vgl. Abbildung 3).10 In der Tendenz zeigt sich auch hier, dass Schüler/innen mit Migrationshintergrund in den Schulen des Sekundar-bereichs überproportional häufig in der Hauptschule vertreten und im Gymnasium unterrepräsentiert sind. Die Relationen zwischen dem Durch-schnittswert, der den Anteil der jungen Menschen mit Migrationshinter-grund an allen Schülerinnen/Schülern beschreibt, und den Werten, die den einzelnen Schularten zugeordnet sind, erscheinen jedoch weniger drama-tisch als bei Berücksichtigung der Staatsangehörigkeit. Ist der Anteil von ausländischen Schülerinnen/Schülern in der Hauptschule mehr als doppelt so hoch wie ihr Anteil an der Gesamtgruppe, so übersteigt er den Durch-

    10 Unterschiede ergeben sich nicht allein daraus, dass mit ausländischen Schülerinnen/Schülern lediglich ein Bruchteil der Schüler/innen mit Migrationshintergrund erfasst wird, sondern auch aus unterschiedlichen Erhebungsmethoden: Die Schulstatistik beruht auf Verwaltungsdaten, die sich auf ein bestimmtes Schuljahr beziehen; der Mikrozensus ist eine Haushaltsstichpro-be, in der die Schulbesuchsquoten durch die Frage nach dem Schulbesuch in den letzten zwölf Monaten vor der Erhebung festgestellt werden. Darüber hinaus sind keine Schulkinder-gärten und Vorklassen in den Daten des Mikrozensus enthalten. Zu den Unterschieden in den Daten vgl. auch Nold 2010, S. 140.

    13,1 8,0 12,5 19,6 4,9 8,44,4

    13,4 1,9 13,7 8,6

    86,9 92,0 87,580,4

    95,1 91,6 95,686,6

    98,186,3 91,4

    Ausländische Schüler/innen Deutsche Schüler/innen

    Abbildung 2: Schüler/innen an allgemeinbildenden Schulen nach Schularten und Staatsangehörigkeit, Schuljahr 2009/10 (in %)

  • 21

    schnittswert bei den Schülerinnen/Schülern mit Migrationshintergrund le-diglich um die Hälfte. Noch größere Unterschiede zeigen sich, wenn die Relationen der Durchschnittswerte zum Anteil der Schüler/innen in Gym-nasien betrachtet werden. Während dieser bei ausländischen Schülerin-nen/Schülern lediglich halb so hoch wie ihr Anteil an allen Schülerin-nen/Schülern ist, differieren die Daten bei jenen mit Migrationshintergrund lediglich um knapp 6 Prozentpunkte. Das heißt, dass gegenüber dem die Schulformen überschreitenden Durchschnittswert etwa ein Fünftel weniger das Gymnasium besuchen.

    Abbildung 3: Schüler/innen nach besuchter Schulart1 und Migrationshin-tergrund, 2009 (in %)

    1

    Zu den „sonstigen Schulen“ zählen die Schulartunabhängige Orientierungsstufe; Schularten mit meh-reren Bildungsgängen, Gesamtschule, Waldorfschule und Sonderschule bzw. Förderschule Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung u.a. (2011), Datenreport 2011, Bd. I, Tab. 4c, S. 56; Daten des Mikrozensus

    a) Bundesländer Je nach Bundesland variieren die Anteile ausländischer Schüler/innen an allen Schülerinnen/Schülern beträchtlich (vgl. Abbildung 4). Am größten ist ihr Anteil in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen. In den übrigen westlichen Bundesländern erreichen die ausländischen Schüler/innen Antei-le von 4 bis circa 11%.11 Im Gegensatz dazu sind sie in keinem der östli-chen Flächenländer mit mehr als 2,4% vertreten. Die Anteile der ausländi-schen Gesamtbevölkerung in den einzelnen Bundesländern zeigen ein sehr ähnliches Bild. Auch hier liegen die Stadtstaaten vorne (Berlin 14%, Ham-burg 13,8% und Bremen 12,6%) und in den östlichen Bundesländer sind die Anteile ausländischer Bürger/innen mit weniger als 2,8% am niedrigsten (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2010a, S. 64f.).

    11 Um die Lesbarkeit des Textes zu verbessern werden mit Ausnahme kleiner Werte Prozentan-gaben gerundet.

    31,4 42,9 26,9 22,5 29,6 28,1

    68,6 57,1 73,1 77,5 70,4 71,9

    Mit Migrationshintergrund Ohne Migrationshintergrund

  • 22

    Quelle Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1 Tab. 3.2, Schüler/innen (Deutsche, Ausländer) nach Schularten und Ländern; eigene Berech-nungen und Darstellung

    b) Herkunftsländer Jugendliche mit Migrationshintergrund unterscheiden sich nicht nur nach dem Migrationsstatus (vgl. Abbildung 1). Vielmehr handelt es sich je nach dem Herkunftsland, dem Grund der Migration und dem sozioökonomi-schen Hintergrund um sehr unterschiedliche Gruppen und Personen.

    Um einen Überblick über die Entwicklung der größten Herkunftsgrup-pen von Schülerinnen/Schülern mit Migrationshintergrund zu erhalten, wer-den die Staatsangehörigkeiten zusammengefasst nach den Ländern bzw. Re-gionen „Türkei“, „sonstige ehemalige europäische Anwerbestaaten“12, „üb-riges Europa“ und „sonstige Staaten“13 im Zeitverlauf dargestellt (vgl. Ab-bildung 5).

    Der größte Teil der ausländischen Schüler/innen hatte im Jahr 2009 eine türkische Staatsangehörigkeit. Ihre Zahl liegt bei 298.714. Wie bei ihnen zeigt sich im zeitlichen Verlauf jedoch seit 2003 in allen Gruppen, außer der Gruppe „übriges Europa“, ein Rückgang. Die Zahl der ausländischen Schü-ler/innen lag im Jahr 2003 mit 951.314 am höchsten; im Jahr 2009 waren es fast 200.000 weniger (766.121). Deutliche Abnahmen zeigen sich bei den Zahlen ausländischer Schüler/innen aus den sonstigen ehemaligen Anwer-bestaaten. Nach wie vor hat jedoch die zweitgrößte Gruppe (48.045) einen italienischen Pass. Die Zahl der Schüler/innen aus dem außereuropäischen

    12 Nach der Definition des Statistischen Bundesamtes sind dies: Bosnien und Herzegowina, Griechenland, Italien, Kroatien, Montenegro, Portugal, Serbien, Slowenien und Spanien.

    13 Einschließlich Staatenlose.

    14,6

    13,413,0

    11,4 11,310,9

    8,4

    7,1

    6,2 6,0

    4,0

    2,41,9 1,9 1,6 1,6

    Abbildung 4: Anteile ausländischer Schüler/innen an allen Schü-lern/Schülerinnen nach Bundesländern im Schuljahr 2009/10 (in %)

  • 23

    Raum nahm in den letzten Jahren leicht ab, sie bilden aktuell die kleinste Gruppe.

    Die Gruppe „übriges Europa“ wächst vor allem aufgrund von Zuzügen aus Osteuropa nach wie vor an. Die meisten osteuropäischen Schüler/in-nen14 stammen aus Polen, der Russischen Föderation, Albanien, der Ukrai-ne und aus Mazedonien. Außer bei den polnischen Schülerinnen/Schülern sind aus diesen Ländern neuerdings jedoch keine Zuwächse mehr zu ver-zeichnen. Hingegen nehmen die Schülerzahlen aus Bulgarien, dem Kosovo und Rumänien zum Teil deutlich und – etwas schwächer – aus Ungarn zu.

    Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 4.2; eigene Berechnungen und Darstellung

    Vor dem Hintergrund der Daten des →Mikrozensus seit 2005 kann der Rückgang der Zahlen von Schülerinnen/Schülern mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit als Effekt des Rückgangs der Ausländerzahlen in den jüngeren Altersgruppen interpretiert werden. Er lässt sich zurückführen auf eine Abnahme der Zuwanderung von jungen Ausländerinnen/Ausländern, die Zunahme von Einbürgerungen und das Wirksamwerden der →Ius-Soli-Regelung (vgl. Fußnote 2).

    1.3.2 Der Übertritt von der Grundschule auf weiterführende Schulen

    Nach dem Besuch der Grundschule, der je nach Bundesland 4 bis 6 Jahre beträgt, erfolgt für die Kinder, die eine öffentliche Schule besuchen, der Übertritt auf eine weiterführende Schule. In welche Schulart sie wechseln, hat eine hohe erwerbsbiographische Bedeutung, da das Qualifikationsniveau des Schulabschlusses wesentlich die Ausbildungschancen bestimmt, sei es im dualen Berufsbildungssystem (vgl. Kapitel 2) oder im Hochschulbereich

    14 Ohne die oben genannten Anwerbeländer.

    Abbildung 5: Ausländische Schüler/innen nach Herkunftsregionen 2003 bis 2009 (abs.)

    0

    50000

    100000

    150000

    200000

    250000

    300000

    350000

    400000

    450000

    2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

    Türkei Sonstige ehemalige AnwerbestaatenÜbriges Europa Sonstige Staaten und Staatenlose

  • 24

    (vgl. Kapitel 3) (vgl. Diefenbach 2010; Ditton 1992). Die Möglichkeiten eines späteren Bildungsaufstiegs innerhalb des Schulsystems und damit zur Korrektur eines Bildungsweges sind für Haupt- und Realschüler/innen zwar theoretisch gegeben, können aber in der Praxis nur selten umgesetzt werden. Übergangspraxen kommt damit häufig der Charakter einer „Über-gangsauslese“ zu (vgl. Tillmann 2007, S. 5).

    Mit Daten der TIMSS-Übergangsstudie15 wurde das Übergangsverhalten von Schülerinnen/Schülern ohne Migrationshintergrund, mit türkischem Migrationshintergrund und von Kindern aus (Spät-)Aussiedlerfamilien un-tersucht und miteinander verglichen (Gresch/Becker 2010). Ermittelt wur-den die Anteile der Schüler/innen, die eine Übergangsempfehlung für das Gymnasium erhielten und in ein Gymnasium übertraten (vgl. Abbildung 6). Kinder mit Migrationshintergrund, und hier vor allem jene mit türkischem Migrationshintergrund, erhalten demnach deutlich seltener eine Übertritts-empfehlung für das Gymnasium als Kinder ohne Migrationshintergrund. Gleichwohl ist in der Gruppe der Schüler/innen mit türkischem Migra-tionshintergrund der Anteil am größten, der auch ohne eine entsprechende Empfehlung auf das Gymnasium übertritt.

    Quelle: Gresch/Becker, 2010, S.191

    Darüber hinaus wurden die Unterschiede zwischen den drei Gruppen im Hinblick auf ihren sozioökonomischen Status, die standardisierten Testleis-tungen und die Schulnoten in Deutsch, Mathematik und Sachkunde analy-siert. Deren Werte waren bei den Kindern ohne Migrationshintergrund am besten. Betrachtet man die Gruppe der Kinder, die aufs Gymnasium über-treten, unter einer sozioökonomischen Perspektive, so lassen sich Unter-

    15 Die TIMSS-Übergangsstudie ergänzte die TIMSS-Studie 2007 um weitere Module, mit denen „der Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule“ (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2011) auf seine Leistungsgerechtigkeit in Bezug auf regionale, soziale und ethnisch-kulturelle Disparitäten untersucht werden konnte. Die TIMSS-Studien (TIMSS = Trends in International Mathematics and Science Study) der IEA werden seit 1995 alle vier Jahre als international vergleichende Schulleistungsstudien durchgeführt.

    Abbildung 6: Anteile der Schüler/innen mit Gymnasialempfehlung und tatsächlichem Übergang auf das Gymnasium nach Migra-tionsstatus (in %)

    49

    2024

    48

    29 31

    Ohne Migrationshintergrund Türkischer Migrationshintergrund (Spät-)Aussiedlerfamilien

    Empfehlung Übergang

  • 25

    schiede in den Übergangsquoten „größtenteils auf den sozioökonomischen Hintergrund“ (ebd., S. 192) zurückführen. Erhöht sich der sozioökonomi-sche Status der Eltern mit Migrationshintergrund, so verringert sich die Bildungsbenachteiligung ihrer Kinder. Unter diesen Bedingungen ist die Übertrittswahrscheinlichkeit fast so hoch wie bei den Kindern ohne Migra-tionshintergrund. Wird zusätzlich der Einfluss der Testleistungen und Schulnoten einbezogen, so zeigt sich, dass der Übergang ins Gymnasium bei Kindern mit Migrationshintergrund wahrscheinlicher als bei jenen ohne Migrationshintergrund ist, wenn sie über die gleich guten Leistungen und einen vergleichbar hohen sozioökonomischen Status verfügen. Damit ergibt sich ein positiver Effekt des Migrationshintergrundes: Ihre Chance, auf ein Gymnasium zu wechseln, ist unter Berücksichtigung der oben genannten Faktoren etwa vier Mal so hoch wie bei Kindern ohne Migrationshinter-grund. Dieses Ergebnis lässt sich ebenfalls – wenn auch weniger hoch signi-fikant – für Kinder aus (Spät-)Aussiedlerfamilien (knapp zwei Mal so hohe Chance) nachweisen.

    „Dennoch liegen die Übergangsquoten innerhalb der jeweiligen Migra-tionsgruppen deutlich niedriger als bei Schülerinnen und Schülern ohne Mi-grationshintergrund, da soziale Herkunft wie auch Leistung mit dem Migra-tionshintergrund konfundiert sind“ (ebd., S. 195). Gresch und Becker schließen daraus, dass das Problem der niedrigen Bildungsbeteiligung am Gymnasium nicht im Übergangsprozess selbst zu suchen ist, sondern schon davor entsteht. Deshalb müsste „in der Vor- und Grundschulzeit eine An-näherung in den schulischen Leistungen der Schülergruppen mit und ohne Migrationshintergrund“ angestrebt werden (ebd., S. 196).

    1.3.3 Bildungswege im Sekundarbereich

    Nach wie vor wechseln Kinder mit Migrationshintergrund nach der Grund-schule häufiger auf niedriger qualifizierende Schularten als Kinder ohne Migrationshintergrund. Daten zum Besuch der unterschiedlichen Schularten im Sekundarbereich16 im Schuljahr 2009/10 belegen, dass ungefähr doppelt so viele deutsche Schüler/innen ein Gymnasium besuchen wie ausländische (vgl. Abbildung 7).17 Gleichzeitig ist bei Letzteren der Anteil der Haupt-schüler/innen mehr als zweieinhalb Mal so hoch wie bei den Deutschen.

    16 Für den Sekundarbereich I vgl. Abbildung A-1.3. 17 Unter „Sonstige“ wurden Schularten mit mehreren Bildungsgängen, integrierte Gesamtschu-

    len, schulartunabhängige Orientierungsstufen und freie Waldorfschulen zusammengefasst.

  • 26

    Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.2; eigene Berechnungen und Darstellung

    Der Unterschied deutsch – ausländisch fällt stärker ins Gewicht als der nach Geschlecht. Jedoch besuchen sowohl die deutschen als auch die aus-ländischen Mädchen häufiger Gymnasien, die deutschen sowie ausländi-schen Jungen hingegen häufiger Hauptschulen. Der Vorsprung der Mäd-chen im deutschen Bildungssystem betrifft also nicht nur Kinder mit deut-scher, sondern auch Kinder mit nicht-deutscher Staatsbürgerschaft.

    Die Differenzierung der Schulbesuchsraten nach Staatsangehörigkeit der ausländischen Kinder und Jugendlichen18 weist auf zum Teil erhebliche Unterschiede hin (vgl. Abbildung 8).19 Der Verteilung deutscher Kinder auf die Schularten am nächsten kommen die Schüler/innen aus der Russischen Föderation. Die vietnamesischen Schüler/innen besuchen mit großem Ab-stand am häufigsten ein Gymnasium. Der Anteil der Hauptschüler/innen ist bei den serbischen Schülerinnen und Schülern am höchsten, gefolgt von den italienischen.

    18 Ausgewählt wurden dafür die europäischen und außereuropäischen Länder mit den größten Schülerzahlen.

    19 Unter „Sonstige“ wurden Schularten mit mehreren Bildungsgängen, integrierte Gesamtschu-len, schulartunabhängige Orientierungsstufen und freie Waldorfschulen zusammengefasst.

    Abbildung 7: Ausländische und deutsche Schüler/innen im Sekundar-bereich nach Schularten im Schuljahr 2009/10 (in %)

    29,6 35,0 10,6 13,8

    22,5 21,7

    21,8 22,5

    25,7 21,649,4 44,3

    22,2 21,7 18,3 19,3

    Ausländische Schülerinnen

    Ausländische Schüler Deutsche Schülerinnen

    Deutsche Schüler

    Hauptschulen Realschulen Gymnasien Sonstige

  • 27

    Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 4.3; eigene Berechnungen und Darstellung

    Betrachtet man für die einzelnen Staatsangehörigkeiten darüber hinaus die Verteilung nach Geschlecht, so fällt auf, dass aus ausnahmslos jedem Land die Mädchen häufiger Gymnasien und seltener Hauptschulen besuchen als die Jungen (vgl. Abbildung A-1.2).

    1.3.3.1 Zeitliche Entwicklung des Schulbesuchs im Sekundarbereich I

    Zwischen 1992 und 2008 gingen die Anteile sowohl der deutschen als auch der ausländischen Schüler/innen an den Hauptschulen zurück und der Trend zum Gymnasium hielt trotz →G8 an (vgl. Abbildung 9).

    Besonders bei den ausländischen Schülerinnen/Schülern war im Verlauf der 16 Jahre ein sehr starker Rückgang beim Besuch von Hauptschulen zu Gunsten höher qualifizierender Schularten zu verzeichnen.20 Am meisten profitierten von diesem Rückgang die Schularten mit mehreren Bildungs-gängen und die Integrierten Gesamtschulen, gefolgt von den Realschulen. Die deutschen Schüler/innen starteten auf einem höheren Bildungsniveau (vgl. für den Sekundarbereich I die Abbildungen A-1.3 und A-1.4), so dass auch die Abnahme an den Hauptschulen moderater ausfiel. Leicht rückgän-gig war bei ihnen auch der Besuch von Schularten mit mehreren Bildungs-gängen sowie von Integrierten Gesamtschulen. Wenn auch der Anteil der deutschen Schüler/innen an Realschulen gestiegen ist – ebenso wie bei den ausländischen Schülerinnen/Schülern –, war es vor allem das Gymnasium, auf das sich ihr Bildungsaufstieg konzentrierte.

    20 Vgl. auch Abbildung A-1.3 und A-1.4 im Anhang, die in Zeitreihen den Schulbesuch ausländi-scher und deutscher Schüler/innen im Sekundarbereich I von 1992 bis 2009 darstellen.

    12,2 7,5 19,8 20,0 28,1 34,5 36,0 39,3 43,7

    22,1

    14,5

    17,9 17,620,1

    24,6 24,225,1 20,046,8

    61,3 27,941,6 27,9

    27,416,3

    18,1 17,1

    18,8 16,834,4

    20,8 23,913,5

    23,5 17,5 19,1

    Deutschland Vietnam Afghanistan Russische Föderation

    Polen Griechenland Türkei Italien Serbien

    Hauptschulen Realschulen Gymnasien Sonstige

    Abbildung 8: Schüler/innen im Sekundarbereich nach Staatsangehörigkeit und Schularten im Schuljahr 2009/10 (in %)

  • 28

    Abbildung 9: Prozentuale Veränderung des Schulbesuchs von deutschen und ausländischen Schülern/Schülerinnen an allgemeinbil-denden Schulen zwischen 1992 und 2008

    Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.1; eigene Berechnungen und Darstellung

    1.3.3.2 Besuch des Sekundarbereichs I in den einzelnen Bundesländern

    Im gesamten Bundesgebiet ist im →Sekundarbereich I der Anteil der aus-ländischen Schüler/innen an allen Schülerinnen/Schülern in den Haupt-schulen mehr als doppelt so hoch wie der der deutschen Schüler/innen. An Gymnasien beträgt er weniger als die Hälfte. In etwa gleiche Anteile erge-ben sich an den Realschulen und bei den sonstigen Schularten (vgl. Abbil-dung 10).21

    21 Zu den „sonstigen“ Schulen zählen Schulen mit mehreren Bildungsgängen, Integrierte →Gesamtschulen, freie Waldorfschulen und die Schulartunabhängige Orientierungsstufe. In Bremen resultieren die Anteile der „sonstigen Schulen“ vor allem aus dem Besuch von Schu-len mit mehreren Bildungsgängen und Integrierten Gesamtschulen, in Hamburg machen Inte-grierte Gesamtschulen den größten Teil an den sonstigen Schulen aus und in Berlin ist dies vornehmlich die schulartunabhängige Orientierungsstufe.

    -15,9

    5,14,2

    6,7

    -5,6

    2,1

    5,1

    -1,6

    Hauptschule Realschule Gymnasium Schularten mit mehreren Bildungsgängen u.

    Integrierte Gesamtschulen

    Ausländische Schüler/innen Deutsche Schüler/innen

  • 29

    Abbildung 10: Deutsche und ausländische Schüler/innen im Sekundar-bereich I im gesamten Bundesgebiet nach Schularten, Schuljahr 2009/10 (in %)

    Quelle: Statistisches Bundesamt: Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.3; eigene Berechnungen und Darstellung

    Neben der jeweiligen nationalen Zusammensetzung der Bevölkerung22 dürften die unterschiedlichen Schulsysteme der Bundesländer Einfluss da-rauf haben, wie sich die deutschen und ausländischen Schüler/innen auf die einzelnen Schularten im →Sekundarbereich I verteilen. Entsprechend des bundeslandbezogenen Anteils ausländischer Schüler/innen an allen Schüle-rinnen/Schülern werden zunächst die Daten zu den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen mit dem größten Anteil ausländischer Kinder und Jugendlicher dargestellt, darauf folgen die anderen westlichen Bundesländer und schließlich die östlichen Bundesländer, die den geringsten Anteil aus-ländischer Schüler/innen aufweisen.

    In den Stadtstaaten besuchen relativ viele Schüler/innen die unter der Rubrik „sonstige Schulen“ subsummierten Schulen (vgl. Abbildung 11; s. Fuß-note 21). Auch die Schüleranteile am Gymnasium sind in Hamburg und Bre-men relativ groß, während Realschulen und Hauptschulen eine geringere und in Bremen nahezu keine Rolle spielen.23 In Hamburg und Bremen besuchen ausländische Schüler/innen überdurchschnittlich häufig Schularten mit mehre-ren Bildungsgängen und Integrierte Gesamtschulen. An den Gymnasien sind sie da-gegen in allen drei Bundesländern deutlich seltener als deutsche Schü-ler/innen vertreten. An den Hauptschulen ist ihr Anteil in Berlin und Ham-burg mehr als doppelt so hoch wie der Anteil bei den deutschen Schülerin-nen/Schülern.

    22 Der Besuch unterschiedlicher Schularten steht im Zusammenhang mit der (familialen) natio-nalen Herkunft der Schüler/innen (vgl. Abbildung 8).

    23 In Bremen gibt es keine Realschulen.

    15,1

    36,3

    27,5

    24,8

    37,1

    16,9

    20,3

    22,1

    0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

    DeutscheSchüler/innen

    Ausländische Schüler/innen

    Hauptschulen Realschulen Gymnasien Sonstige

  • 30

    Abbildung 11: Deutsche und ausländische Schüler/innen im Sekundar-bereich I in Berlin, Hamburg und Bremen nach Schularten, Schuljahr 2009/10 (in %)

    Ausl. Sch. = Ausländische Schüler/innen; Dt. Sch. = Deutsche Schüler/innen Quelle: Statistisches Bundesamt: Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.3; eigene Berechnungen und Darstellung In den westlichen Flächenländern zeigt sich ein anderes Bild (vgl. Abbil-dung 12). Im Saarland besuchen sowohl die deutschen als auch die auslän-dischen Schüler/innen fast ausschließlich Schularten mit mehreren Bildungsgän-gen, Gymnasien und Integrierte Gesamtschulen. Demgegenüber gibt es in Bayern und Baden-Württemberg keine Schularten mit mehreren Bildungsgängen und der Anteil der Schüler/innen an Gesamtschulen und in →Orientie-rungsstufen ist vernachlässigbar. Diese Bundesländer haben dementspre-chend den größten Schüleranteil an Hauptschulen, wobei hier die Anteile aus-ländischer Schüler/innen deutlich über denen der deutschen Schüler/innen liegen und den Bundesdurchschnitt in der Sekundarstufe I von 15% für die deutschen und 36% für die ausländischen Schüler/innen (vgl. Abbildung 10) weit überschreiten. Gleichwohl besuchen auch in den anderen Bundes-ländern ausländische Schüler/innen Hauptschulen zu höheren Anteilen als deutsche. Nur im Saarland, wo der Hauptschulanteil sehr niedrig ist, über-wiegen die deutschen Jugendlichen minimal.

    Beim Besuch von Realschulen sind die Anteile in den meisten westlichen Flächenstaaten ausgewogener. In Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Hes-sen besuchen mehr ausländische als deutsche Schüler/innen eine Realschu-le. Lediglich in Bayern und Baden-Württemberg dominieren in dieser Schulart deutsche Schüler/innen.

    Gymnasien werden in allen westlichen Bundesländern prozentual häufiger von deutschen als von ausländischen Jugendlichen besucht. Die Anteile der deutschen Gymnasiastinnen/Gymnasiasten betragen zwischen 33% in Bay-

    5,8

    12,8

    0,3

    0,4

    6,5

    13,2

    12,5

    14,6

    4,8

    5,8

    27,1

    15,2

    42,4

    25,0

    46,1

    24,4

    54,7

    57,4

    57,3

    74,6

    42,6

    56,5

    0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

    Dt. Sch.

    Ausl. Sch.

    Dt. Sch.

    Ausl. Sch.

    Dt. Sch.

    Ausl. Sch.

    Hauptschulen Realschulen Gymnasien Sonstige

    Hamburg

    Bremen

    Berlin

  • 31

    ern und 45% in Hessen; für die ausländischen Gymnasiastinnen/Gymna-siasten liegen sie zwischen 14% in Baden-Württemberg und 23% in Hessen.

    Abbildung 12: Deutsche und ausländische Schüler/innen im Sekundar-bereich I in den westlichen Bundesländern (ohne Stadt-staaten) nach Schularten, Schuljahr 2009/10 (in %)

    Ausl. Sch. = Ausländische Schüler/innen; Dt. Sch. = Deutsche Schüler/innen Quelle: Statistisches Bundesamt: Bildung und Kultur, Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.3; eigene Berechnungen und Darstellung

    In den östlichen Bundesländern gibt es traditionell keine Hauptschulen. Ähnlich wie in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg besuchen die meisten Schüler/innen des Sekundarbereichs I eine schulartunabhängige Orientierungsstufe, Integrierte Gesamtschulen oder Schularten mit mehre-ren Bildungsgängen. Bis auf einen minimalen Anteil Mecklenburg-vorpom-merscher Schüler/innen an Realschulen besuchen alle anderen ein Gymna-sium (vgl. Abbildung 13).

    Die Gymnasialbesuchsquoten der deutschen Schüler/innen streuen hier zwi-schen knapp 26% in Brandenburg und 41% in Sachsen, die der ausländi-schen Schüler/innen zwischen 17% in Brandenburg und knapp 43% in Sachsen. Sachsen ist somit das einzige Bundesland, in dem prozentual mehr

    20,8

    55,4

    29,0

    60,3

    6,6

    17,6

    17,0

    35,6

    15,9

    35,2

    8,4

    25,0

    0,5

    0,4

    12,6

    31,0

    40,6

    29,6

    36,7

    22,3

    24,3

    29,3

    39,7

    40,9

    28,7

    25,8

    18,7

    21,6

    2,7

    0,9

    28,3

    28,1

    35,9

    13,7

    33,4

    16,5

    44,6

    23,0

    37,0

    17,6

    38,4

    14,2

    40,6

    19,1

    35,9

    17,1

    37,4

    19,2

    2,6

    1,3

    0,9

    0,9

    24,5

    30,0

    6,4

    5,9

    17,1

    24,8

    32,3

    34,3

    60,8

    81,6

    21,7

    21,7

    Dt. Sch.

    Ausl. Sch.

    Dt. Sch.

    Ausl. Sch.

    Dt. Sch.

    Ausl. Sch.

    Dt. Sch.

    Ausl. Sch.

    Dt. Sch.

    Ausl. Sch.

    Dt. Sch.

    Aus. Sch.

    Dt. Sch.

    Ausl. Sch.

    Dt. Sch.

    Ausl. Sch.

    Hauptschulen Realschulen Gymnasien Sonstige

    Schlesw.-Holstein

    Saarland

    Rheinl.-Pfalz

    Nordrh.-Westf.

    Nieder-sachsen

    Hessen

    Bayern

    Baden-Württ.

  • 32

    ausländische als deutsche Kinder und Jugendliche in der Sekundarstufe I ein Gymnasium besuchen.24

    Abbildung 13: Deutsche und ausländische Schüler/innen im Sekundar-bereich I in den östlichen Bundesländern nach Schularten, Schuljahr 2009/10 (in %)

    Ausl. Sch. = Ausländische Schüler/innen; Dt. Sch. = Deutsche Schüler/innen Quelle: Statistisches Bundesamt: Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.3; eigene Berechnungen und Darstellung Durch den Besuch von Schulen, die mehrere Bildungsabschlüsse anbieten, erhalten in den östlichen Bundesländern sowie in den Stadtstaaten und im Saarland auch Kinder und Jugendliche, die in anderen Bundesländern eine Hauptschule besuchen würden, die Chance, einen höher qualifizierenden Schulabschluss zu erlangen. Schulen mit mehreren Bildungsgängen und Gesamtschulen könnten im Sekundarbereich I somit vor allem für ausländi-sche Schüler/innen eine Alternative zur Hauptschule sein.

    1.3.3.3 Schülerinnen und Schüler im Sekundarbereich II

    Im Schuljahr 2009/2010 besuchten 4.071.767 deutsche sowie 415.071 aus-ländische Mädchen und Jungen den Sekundarbereich I des allgemeinbilden-den Schulsystems. Der →Sekundarbereich II wurde von 941.848 deutschen und 49.095 ausländischen Schülerinnen/Schülern besucht.25

    Setzt man die Anteile der Schüler/innen in den Sekundarbereichen ins Verhältnis, um zu sehen, wie groß der jeweilige Prozentsatz ist, der die

    24 Die Vergleichbarkeit mit den anderen Bundesländern ist eingeschränkt, da in Sachsen schon weitgehend nach Migrationshintergrund erhoben wird.

    25 Die Zahlen berücksichtigen in beiden Sekundarstufen keine Abendschulen.

    0,8

    0,3

    25,5

    17,2

    26,0

    25,6

    40,9

    42,5

    40,3

    32,4

    40,3

    35,8

    74,5

    82,8

    73,2

    74,2

    59,1

    57,5

    59,7

    67,6

    59,7

    64,2

    0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

    Dt. Sch.

    Ausl. Sch.

    Dt. Sch.

    Ausl. Sch.

    Dt. Sch.

    Ausl. Sch.

    Dt. Sch.

    Ausl. Sch.

    Dt. Sch.

    Ausl. Sch.

    Realschulen Gymnasien Sonstige

    Thüringen

    Sachsen-Anhalt

    Sachsen

    Mecklenb.-Vorpommern

    Branden-burg

  • 33

    Schule im Sekundarbereich II fortsetzt, so entdeckt man deutliche Diffe-renzen nach Staatsangehörigkeit und Geschlecht. Während im Schuljahr 2009/10 die Anzahl der deutschen jungen Frauen im Sekundarbereich II etwa ein Viertel der Schülerinnen des Sekundarbereichs I betrug, lag der Anteil bei den deutschen jungen Männern bei einem Fünftel, bei den aus-ländischen jungen Frauen bei 14% und bei den ausländischen jungen Män-nern nur bei 10%.26

    Die meisten Schüler/innen des Sekundarbereichs II an allgemeinbilden-den Schulen besuchten ein →Gymnasium, die deutschen Schüler/innen noch häufiger als die ausländischen (vgl. Abbildung A-1.5). Ausländische Schü-ler/innen besuchten zu circa 17% eine Integrierte Gesamtschule.27 Im Ge-schlechtervergleich zeigen sich hier nur Unterschiede im Promillebereich.

    1.3.3.4 Erklärungsansätze für Differenzen im Schulbesuch

    Im Zweiten Integrationsindikatorenbericht (Engels u.a. 2012) wird anhand der PISA-Daten 2009 die Bedeutung von materiellen, kulturellen und sozia-len Ressourcen, des Zuzugsalters und des Sprachgebrauchs in der Familie für Differenzen im Besuch der Schulformen von 15-jährigen Schülern/ Schülerinnen mit und ohne Migrationshintergrund belegt. Die Autorinnen und Autoren kommen zu dem Schluss: „Jugendliche mit Migrationshinter-grund unterscheiden sich demnach in der besuchten Schulform statistisch nicht von Jugendlichen ohne Migrationshintergrund, wenn sie nach sozialer Herkunft vergleichbar sind, in Deutschland geboren wurden bzw. im Vor-schulalter eingereist sind und in ihren Elternhäusern Deutsch die alltägliche Umgangssprache ist“ (ebd., S. 157).

    Regressionsanalysen zum Übergang von der Sekundarstufe I in die Se-kundarstufe II auf Grundlage des →Mikrozensus 2009 im Zweiten Integra-tionsindikatorenbericht heben die Bedeutung der sozialen Herkunft und des Geschlechts hervor. Danach haben „Jugendliche, die in Städten leben, Mäd-chen sind und aus zumindest teilweise berufstätigen Elternhäusern mit hö-herer Bildung stammen (…) eine signifikant höhere Chance als andere Ju-gendliche, die Klassenstufen 11-13 zu besuchen“ (ebd., S. 164). Nicht auf-gelöst werden können allerdings – auch bei Kontrolle von Gemeindegröße, der regionalen Arbeitsmarktlage und der Diversität von Nachbarschaften bezüglich ethnischer Herkunft und Einkommenslage der Bewohner/innen – geringere Chancen von Jugendlichen, die aus zugewanderten Familien aus Drittstaaten28 stammen (ebd.). Demgegenüber „besuchen Jugendliche der zweiten Generation (…) signifikant häufiger die gymnasiale Oberstufe, so-

    26 Eigene Berechnungen nach Statistischen Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemein-bildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1.

    27 Freie Waldorfschulen wurden im Schuljahr 2009/10 von nur 0,6% der ausländischen Jungen und 0,7% der ausländischen Mädchen im Sekundarbereich II besucht.

    28 Der Begriff „Drittstaatangehörige“ dient der Abgrenzung zum Begriff EU-Ausländer. Staats-bürger eines Drittstaates sind weder EU-, EWR-Bürger noch Schweizer.

  • 34

    fern man sie an ihren Altersgenossen mit derselben sozioökonomischen Herkunft misst (…)“ (ebd., S. 166). 1.3.4 Schulabschlüsse

    1.3.4.1 Absolventinnen und Absolventen nach Abschlussarten

    Im Schuljahr 2009/2010 hatten etwas mehr als 9% aller Absolventinnen/ Absolventen allgemeinbildender Schulen in Deutschland eine ausländische Staatsangehörigkeit (vgl. Abbildung 14). Bei den Abgängern/Abgängerin-nen ohne Hauptschulabschluss und bei den Absolventinnen/Absolventen mit Hauptschulabschluss waren Jugendliche mit ausländischer Staatsange-hörigkeit stark überrepräsentiert und bei jenen mit Allgemeiner Hochschul-reife deutlich unterrepräsentiert. Einzig bei den Absolventinnen/Absolven-ten mit Fachhochschulreife waren sie entsprechend ihres Anteils an der Gesamtabsolventengruppe vertreten.

    Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 6.3; eigene Darstellung

    Im Verhältnis zu den Schulabschlüssen deutscher Jugendlicher wird deut-lich, dass ausländische Jugendliche sehr viel geringere Chancen haben, die allgemeine Hochschulreife zu erlangen, aber erheblich öfter bei jenen ohne oder mit Hauptschulabschluss vertreten sind (vgl. Abbildung 15).

    Abbildung 14: Anteil der Ausländer/innen an allen Absolventinnen/Absol-venten im Schuljahr 2009/10 nach Abschlussarten (in %)

    9,4

    19,9

    17,0

    8,0

    9,5

    3,5

  • 35

    Abbildung 15: Schulabgänger/innen1 des Abgangsjahres 2009 nach Staatsangehörigkeit und Abschlussarten (in % der auslän-dischen bzw. deutschen Schulabgänger/innen)

    1 Einschließlich Externe

    Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 6.4; eigene Darstellung

    Dieser erste Blick auf die Anteile der Ausländer/innen nach Abschlussarten bestätigt zunächst die allgemeine Wahrnehmung, dass ausländische Schü-ler/innen im deutschen Schulsystem generell wesentlich weniger erfolgreich sind als die deutschen. Im Folgenden soll dieser Befund weiter differenziert werden, um zu zeigen, wie unterschiedlich die Ergebnisse sind, wenn man den Zeitverlauf sowie den unterschiedlichen sozioökonomischen Status und den Migrationsstatus sowie diverse Herkunftsländer der Absolventinnen/ Absolventen berücksichtigt.

    1.3.4.2 Abschlussarten im Zeitverlauf

    Der Anteil der Schulabgänger/innen ohne Hauptschulabschluss ist 2009 ge-genüber 1992 sowohl bei den ausländischen als auch bei den deutschen Schülerinnen/Schülern gesunken (vgl. Abbildung 16). Am niedrigsten war der Anteil der Abgänger/innen zu Beginn des Beobachtungszeitraums bei den deutschen jungen Frauen (1992: 5%).

    Ein Viertel der ausländischen jungen Männer sowie 18% der ausländi-schen jungen Frauen verließen im Jahr 1992 die Schule ohne Hauptschulab-schluss. Diese Anteile sanken bis zum Jahr 2009 auf 16% bzw. 12%. Wer-den die Werte für 1992 für alle Gruppen auf 0 gesetzt, so wird deutlich, dass in Relation zu den anderen Gruppen die ausländischen Schulabgän-ger/innen die stärkste Abnahme zu verzeichnen hatten. Aus diesen Ergeb-nissen kann gefolgert werden, dass seit 1992 zunehmend mehr junge Men-schen ausländischer Nationalität in Deutschland zumindest einen Haupt-

    13,8

    38,9

    34,4

    1,5

    11,4

    5,8

    19,7

    41,1

    1,5

    32,0

    Ausländer/innen Deutsche

  • 36

    schulabschluss oder auch einen höher qualifizierenden Schulabschluss errei-chen.

    Abbildung 16: Anteile und Veränderung der Anteile ausländischer und deutscher Schulabgänger/innen ohne Hauptschulabschluss in den Jahren 1992, 1999, 2009 nach Geschlecht (in %)

    Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 6.4; eigene Darstellung

    Der Anteil von Schulabgängerinnen und -abgängern mit einem Hauptschul-abschluss war 2009 bei den ausländischen Jugendlichen am höchsten, wobei er bei den jungen Männern – ebenso wie bei den deutschen Absolventin-nen/Absolventen – über dem der jungen Frauen lag. Zwischen 1992 und 2009 sank bei allen Gruppen der Anteil der Absolventinnen/Absolventen, die die Schule mit einem Hauptschulabschluss verließen (vgl. Abbildung 17). Die Abschlussquoten an Hauptschulen verringerten sich bei den jungen ausländischen Männern von 45% auf 41% und bei den jungen ausländi-schen Frauen von 44% auf 37%. Wird eine gleiche Ausgangslage bei allen Gruppen angenommen (1992 = 0), so wird deutlich, dass die stärksten Rückgänge bei den ausländischen und deutschen weiblichen Schulabgänge-rinnen zu verzeichnen waren. Bei den jungen Männern mit ausländischer Staatsangehörigkeit war die Abnahme in Relation zu den anderen Gruppen am geringsten.

    -10-8-6-4-2024

    1992 1999 2009

    Deutsche Männer Deutsche Frauen Ausländische Männer Ausländische Frauen

    0

    5

    10

    15

    20

    25

    30

    1992 1999 2009

  • 37

    Abbildung 17: Anteile und Veränderung der Anteile ausländischer und deutscher Schulabgänger/innen mit Hauptschulabschluss in den Jahren 1992, 1999, 2009 nach Geschlecht (in %)

    Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 6.4; eigene Darstellung Der Absolventenanteil mit höher qualifizierenden Schulabschlüssen stieg sowohl bei den deutschen als auch den ausländischen Jugendlichen zwi-schen 1992 und 2009. Hatten von den ausländischen Schulabgängerinnen 1992 29% einen Realschulabschluss erworben, so waren es 2009 37%. Bei den jungen ausländischen Männern lagen die Anteile bei 24% (1992) und 32% (2009). Im Laufe der Jahre näherten sich die Anteile der unterschiedli-chen Gruppen an (vgl. Abbildung 18). Die Zunahme gegenüber 1992 war bei den ausländischen jungen Männern und Frauen im Verhältnis zu den anderen Gruppen am stärksten. Lediglich bei den deutschen Schulabgänge-rinnen ging der Anteil derjenigen mit Realschulabschluss zwischen 1992 bis 2009 zurück.

    05

    101520253035404550

    1992 1999 2009

    -8

    -6

    -4

    -2

    0

    2

    1992 1999 2009

    Deutsche Männer Deutsche Frauen Ausländische Männer Ausländische Frauen

  • 38

    Abbildung 18: Anteile und Veränderung der Anteile ausländischer und deutscher Schulabgänger/innen mit Realschulabschluss in den Jahren 1992, 1999, 2009 nach Geschlecht (in %)

    Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 6.4; eigene Darstellung

    Der Anteil der Absolventinnen/Absolventen mit Fachhochschulreife an den Schulabgängerinnen/Schulabgängern ist generell sehr niedrig. Im Jahr 2009 erreichten die ausländischen jungen Frauen den höchsten Wert mit 1,7%, die ausländischen jungen Männer erreichten mit 1,3% den niedrigsten (vgl. Abbildung 19). In Relation zu den anderen Gruppen erreichten die jungen Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit den höchsten Anstieg, gefolgt von den deutschen jungen Frauen, den ausländischen jungen Män-nern und den deutschen männlichen Schulabgängern.

    0

    10

    20

    30

    40

    50

    1992 1999 2009

    -4-202468

    10

    1992 1999 2009

    Deutsche Männer Deutsche Frauen Ausländische Männer Ausländische Frauen

  • 39

    Abbildung 19: Anteile und Veränderung der Anteile ausländischer und deutscher Schulabgänger/innen mit Fachhochschulreife in den Jahren 1992, 1999, 2009 nach Geschlecht (in %)

    Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 6.4; eigene Darstellung

    In allen vier Gruppen lagen im Jahr 2009 die Anteile der Absolventinnen und Absolventen mit Allgemeiner Hochschulreife über den Anteilen im Jahr 1992 (vgl. Abbildung 20). Die jungen ausländischen Frauen erreichten 1992 8% und 2009 13%. Bei den jungen Männern mit ausländischer Staats-bürgerschaft lagen die Werte bei 7% bzw. 10%. In Relation zu den anderen Gruppen stieg der Anteil der Absolventinnen/Absolventen mit Hochschul-reife bei den deutschen jungen Frauen am stärksten – sie konnten ihren Vorsprung gegenüber den anderen Gruppen ausbauen. An zweiter Stelle liegt der Anstieg bei den ausländischen Frauen, die ihren 1992 noch gerin-gen Vorsprung gegenüber den ausländischen jungen Männern vergrößern konnten, deren Zuwachs am geringsten von allen Gruppen ausfiel.

    00,20,40,60,8

    11,21,41,61,8

    1992 1999 2009

    00,20,40,60,8

    11,2

    1992 1999 2009

    Deutsche Männer Deutsche Frauen Ausländische Männer Ausländische Frauen

  • 40

    Abbildung 20: Anteile und Veränderung der Anteile ausländischer und deutscher Schulabgänger/innen mit Allgemeiner Hoch-schulreife in den Jahren 1992, 1999, 2009 nach Geschlecht (in %)

    Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 6.4; eigene Darstellung

    Als Fazit lässt sich festhalten, dass die ausländischen Schüler/innen in allen Schularten das Niveau ihrer deutschen Altersgenossinnen und -genossen zwar noch nicht erreicht haben – außer im Fall der Fachhochschulreife –, dass sie es seit 1992 aber zum Teil beträchtlich steigern konnten. Beim Abi-tur hat sich in dieser Zeit jedoch der Vorsprung der deutschen gegenüber den ausländischen Schülerinnen/Schülern weiter vergrößert. 1.3.4.3 Schulabschlüsse 25- bis unter 35-Jähriger29 nach detailliertem

    Migrationsstatus

    Die Daten des →Mikrozensus (Statistisches Bundesamt 2010a) erlauben es, Schulabschlüsse von 25- bis unter 35-Jährigen mit Migrationshintergrund nach deren Migrationsstatus zu differenzieren.30 Sie bieten Informationen, die über die in der Schulstatistik vorgenommene Differenzierung „Deut-

    29 Diese Altersgruppe wurde ausgewählt, da in diesen Kohorten die Schule in den meisten Fäl-len einerseits zwar schon abschlossen ist, dieser Abschluss andererseits aber noch nicht zu lange zurückliegt.

    30 Die Interpretationsmöglichkeiten im Hinblick auf das deutsche Bildungswesen sind jedoch eingeschränkt, da die altersspezifischen Angaben zur Gruppe mit eigenen Migrationserfah-rungen nicht nach Aufenthaltsdauer differenziert sind, so dass nicht klar ist, ob die Abschlüs-se in Deutschland oder im Herkunftsland erworben wurden.

    05

    10152025303540

    1992 1999 2009

    -4-202468

    10

    1992 1999 2009

    Deutsche Männer Deutsche Frauen Ausländische Männer Ausländische Frauen

  • 41

    sche“ – „Ausländer“ hinausgehen. Der Mikrozensus verwendet statt des Staatsbürgerschaftskonzepts ein Migrations- bzw. Zuwanderungskonzept. Die Kategorie „mit Migrationshintergrund“ umfasst zugewanderte Perso-nen und Nachkommen zugewanderter Personen der zweiten (Kinder) und dritten (Enkelkinder) Generation. Zu den Personen mit Migrationshinter-grund zählen auch Eingebürgerte und (Spät-)Aussiedler/innen, die durch das Staatsbürgerschaftskonzept nicht erfasst werden.31 Die Differenzierung der 25- bis unter 35-Jährigen nach deren Schulabschluss32 gibt den Pro-zentanteil der jeweiligen Gruppe an der Bevölkerung gleichen Alters und gleichen Migrationsstatus an.

    Der Vergleich der Daten über alle Kategorien des Migrationsstatus zeigt, dass die jungen Frauen zu einem höheren Anteil als die jungen Männer über das Abitur verfügen – einzige Ausnahme: Eingebürgerte. Auch beim Real-schulabschluss überflügeln sie die jungen Männer (vgl. Abbildung 21). Beim Hauptschulabschluss erreichen sie durchgängig niedrigere Werte. Fach-hochschulabschlüsse sowie fehlende Schulabschlüsse sind weniger eindeutig verteilt und die Differenzen sind generell sehr gering.

    Differenzierend nach Migrationshintergrund und Migrationsstatus zeigen sich darüber hinaus folgende Ergebnisse (vgl. Abbildung 21): 25- bis 35-Jährige mit Migrationshintergrund haben gegenüber jenen

    ohne Migrationshintergrund seltener die (Fach-)Hochschulreife und ei-nen Realschulabschluss33 erreicht, verfügen jedoch häufiger über einen Hauptschulabschluss oder keinen Schulabschluss.

    Bei den selbst zugewanderten jungen Erwachsenen (Migrantinnen/Mi-granten der ersten Generation) liegt der Anteil der Abiturientinnen/ Abiturienten über dem der Gleichaltrigen, die nicht über eigene Mi-grationserfahrungen verfügen. Gleichzeitig haben sie häufiger als jene die Schule ohne Abschluss verlassen. Fachhochschul-, Realschul- und Hauptschulabschlüsse finden sich bei der Gruppe ohne eigene Migrati-onserfahrung häufiger als bei der ersten Migrantengeneration.

    Von den selbst zugewanderten 25- bis unter 35-Jährigen verfügen die jungen Ausländer/innen34 gegenüber den Deutschen mit Migrationshin-tergrund (Eingebürgerte und (Spät-)Aussiedler/innen) einerseits sehr

    31 Zur ausführlichen Erläuterung vgl. Anhang 1 zum Mikrozensus (Statistisches Bundesamt 2010a, S. 382ff.).

    32 Die Tabelle des Statistischen Bundesamtes „Bevölkerung nach detailliertem Migrationsstatus, allgemeinem Schulabschluss und Geschlecht“ weist die Frauen und Männer, die „ohne Schulabschluss“ sind, nur für die Zeile „insgesamt“ danach aus, ob sich die betroffenen Per-sonen noch in Ausbildung befinden oder ob sie die Schule ohne Abschluss verlassen haben. Für die anderen Zeilen sind die Zahlenwerte nicht sicher. Insofern befindet sich bei allen Gruppen ein gewisser, wenn auch vermutlich kleiner Prozentsatz, der nicht nachgewiesen werden kann, noch in Ausbildung.

    33 Der Anteil der Personen mit Realschulabschluss enthält auch jene, die einen Abschluss an einer Polytechnischen Oberschule erworben haben.

    34 Anhand der Veröffentlichung des Mikrozensus 2009 (Statistisches Bundesamt 2010a) lässt sich lediglich die Gruppe der selbst zugewanderten 25- bis unter 35-Jährigen nach der Staatsbürgerschaft (Deutsche und Ausländer) differenzieren.

  • 42

    viel häufiger über ein Abitur, andererseits haben sie aber auch öfter die Schule ohne Schulabschluss verlassen, so dass von einer Tendenz zur Dichotomisierung gesprochen werden kann. Beim mittleren Schulab-schluss (Realschule) liegen die Anteile der weiblichen und männlichen Deutschen mit Migrationshintergrund deutlich über denen der Auslän-der/innen. Ebenso finden sich in dieser Gruppe etwas mehr Fachhoch-schulabschlüsse (vgl. Abbildung 21).

    Unter den selbst zugewanderten Deutschen haben Eingebürgerte häufi-ger als (Spät)Aussiedler/innen das Abitur. Relativ gering sind die pro-zentualen Unterschiede zwischen ihnen bei den Hauptschulabschlüssen und bei den fehlenden Schulabschlüssen, wenngleich der Anteil der Eingebürgerten ohne Abschluss mehr als doppelt so groß ist wie der der (Spät-)Aussiedler/innen. Insgesamt überwiegen in beiden Gruppen und unabhängig vom Geschlecht niedrige und mittlere Schulabschlüsse. Die Anteile der Hauptschulabsolventinnen und -absoventen liegen aber nicht erheblich über dem Anteil der Abiturientinnen und Abiturienten.

  • 43

    Abbildung 21: Schulabschlüsse 25- bis unter 35-Jähriger nach Migrations-hintergrund1, Migrationsstatus und Geschlecht, 2009 (in %)

    1 Bezieht sich auf den Migrationshintergrund „im engeren Sinne“. Personen mit einem engeren Migra-

    tionshintergrund wird mit den 2009 erhobenen Daten des Mikrozensus eindeutig und differenziert ein Migrationshintergrund zugewiesen. MH = Migrationshintergrund, ME = Migrationserfahrung Quelle: Statistisches Bundesamt (2010a): Fachserie 1, Reihe 2.2, Tab. 8; eigene Berechnungen und Darstellung

    7,1

    6,9

    2,9

    2,9

    4,5

    4,3

    13,9

    14,7

    9,8

    10,5

    4,4

    4,1

    8,5

    9,4

    2,1

    1,6

    3,7

    3,8

    35,4

    28,5

    39,1

    25,6

    37,9

    26,6

    29,1

    25

    32,8

    25,7

    38

    29,7

    34

    26,4

    22,2

    14,6

    25,2

    17,7

    23,6

    31,3

    31

    38,3

    28,7

    35,9

    15,4

    15,6

    21

    23,7

    27,8

    32

    22,6

    25,1

    33

    37,2

    30,3

    33,8

    7,9

    6,9

    8,4

    8,7

    8,2

    8,1

    4,9

    4,5

    6,3

    6

    9,2

    8,2

    7

    6,4

    10,3

    8,9

    9,4

    8,3

    26,8

    26,4

    17,9

    23,8

    20,5

    24,7

    35,8

    38,8

    29,3

    33,3

    20

    25,1

    27,1

    31,9

    31,8

    37,2

    30,7

    35,8

    M

    F

    M

    F

    M

    F

    M

    F

    M

    F

    M

    F

    M

    F

    M

    F

    M

    F

    Ohne Schulabschluss Hauptschule Realschule Fachhochschulreife Abitur

    Insgesamt

    Ohne Migrations-hintergrund

    Mit Migrations-hintergrund1

    Mit MH

    Ohne eigene Migrations-erfahrung

    Mit eigener Migrations-erfahrung

    Mit eigener ME

    Ausl. Staats-angehörigkeit

    DeutscheStaatsangehörigk.

    (Spät-)Aussiedler

    Eingebürgerte

    Deutsche mit eigener ME

  • 44

    1.3.4.4 Schulabschlüsse nach Migrationshintergrund, sozioökonomischem Status, elterlicher Bildung und Generation

    Im Bildungsbericht 2010 (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010) wird der Einfluss des sozioökonomischen Status auf die schulischen Bil-dungsabschlüsse von 18- bis unter 21-Jährigen mit und ohne Migrationshin-tergrund berechnet und dargestellt (vgl. Abbildungen A-1.6 und A-1.7). Danach nimmt auch bei jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund mit einem steigenden sozioökonomischen Status der Anteil der höher quali-fizierenden Abschlüsse zu und der Anteil der niedriger qualifizierenden Abschlüsse ab.

    Vergleicht man jedoch Jugendliche und junge Erwachsene, die über den-selben sozioökonomischen Status verfügen, so erreicht die Gruppe derjeni-gen mit Migrationshintergrund gleichzeitig häufiger nur einen Hauptschul-abschluss bzw. gar keinen Abschluss und legt ähnlich häufig das Abitur ab wie jene ohne Migrationshintergrund.

    Daten des DJI-Survey AID:A bestätigen den Zusammenhang zwischen den miteinander verknüpften Kategorien „elterlicher Sozialstatus“ und „Bildungsniveau“ mit dem Anteil von Jugendlichen mit und ohne Migra-tionshintergrund, die das Abitur abgelegt bzw. gymnasiale Bildungswege eingeschlagen haben (vgl. Berngruber u.a. 2012). Sie erlauben zudem einen Vergleich unterschiedlicher Generationen von in Deutschland lebenden Ju-gendlichen mit Migrationshintergrund. Zur ersten Migrantengeneration zäh-len Jugendliche, die selbst im Ausland geboren sind, zur zweiten Generation jene, bei denen mindestens ein Elternteil im Ausland geboren ist, und zur dritten Generation Jugendliche, bei denen Großelternteile im Ausland ge-boren ist. Daten zu Letzteren liegen lediglich für 11- bis unter 18-Jährige vor. Zusätzlich werden die Jugendlichen der zweiten bzw. dritten Migran-tengeneration danach unterschieden, ob ein Elternteil oder beide im Aus-land geboren bzw. ob von Seiten eines oder beider Elternteile mindestens ein Großelternteil im Ausland geboren ist. Zudem wird das elterliche Bil-dungsniveau danach differenziert, ob mindestens ein oder kein Elternteil Abi-tur hat.

    In der Gruppe der 11- bis 32-Jährigen zeigt sich zunächst, dass bei Ju-gendlichen aus Familien, in denen kein Elternteil Abitur hat, der Anteil der Gymnasiastinnen/Gymnasiasten und Abiturientinnen/Abiturienten unter dem der Gruppe liegt, in der mindestens ein Elternteil Abitur hat. In beiden Gruppen liegen die Werte der jungen Menschen mit Migrationshintergrund unter denen ohne Migrationshintergrund. Diese Anteile differieren zusätz-lich nach den Generationengruppen der Jugendlichen mit Migrations-hintergrund (vgl. Abbildung A-1.8). Sowohl in der Gruppe der jungen Men-schen aus einer Familie mit höherem als auch niedrigerem Bildungsniveau sind die Unterschiede im Gymnasiumsbesuch- bzw. Abiturientenanteil zwi-schen den Befragten ohne Migrationshintergrund und jenen aus der zweiten Migrantengeneration gering, wenn bei Letzteren ein Elternteil in Deutsch-land geboren ist. Junge Leute der ersten Generation und die der zweiten Generation, bei denen beide Eltern im Ausland geboren sind, haben – eben-

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    falls in beiden familialen Bildungsmilieus – erheblich seltener das Abitur bzw. streben es an.

    Der Fokus auf die Gruppe der 11- bis 17-Jährigen bestätigt dieses Bild weitgehend. Unterschiede zwischen Jugendlichen ohne Migrationshinter-grund einerseits und der Gruppe der Jugendlichen aus der ersten Generati-on sowie der zweiten Generation mit Eltern, die beide im Ausland geboren wurden, sind jedoch deutlich größer als in der Altersgruppe der 11- bis 32-Jährigen. Gleichzeitig kann ein Blick auf die dritte Generation geworfen werden. Unabhängig davon, ob von Seiten beider oder nur eines Elternteils mindestens ein Großelternteil im Ausland geboren ist, unterscheiden sich Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund in der Beteiligung an einer auf das Abitur ausgerichteten Bildungslaufbahn kaum von den Kin-dern und Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. Wenn mindestens ein Elternteil Abitur hat, erreichen die Jugendlichen der dritten Generation mit einem von Seiten nur eines Elternteils im Ausland geborenen Großelternteil sogar höhere Werte (vgl. Abbildung 22).

    Abbildung 22: Abitur/Gymnasiumsbesuch 11- bis 17-Jähriger nach Bil-dung der Eltern, Migrationshintergrund und Migranten-generation (in %)

    Lesehinweis: 3. Generation 1 Elternteil = das Kind gehört der dritten Migrantengeneration an und ein Elternteil ist im Ausland geboren, beide Eltern = beide Eltern sind im Ausland geboren Quelle: AID:A – DJI-Survey 2009 (Berngruber u.a. 2012, S. 61, Abb. 4)

    Die Ergebnisse zeigen, dass höhere Bildungsabschlüsse von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund sowohl mit dem Bil-dungsniveau der Eltern als auch mit der Migrantengeneration, der sie ange-hören, zusammenhängen. Jugendliche der dritten Generation unterscheiden sich kaum von Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. Zudem erweist es sich in allen Migrantengenerationen als bedeutungsvoll, ob beide Eltern oder nur ein Elternteil im Ausland geboren ist. Worauf diese Befunde im einzelnen zurückgeführt werden können – auf die Vertrautheit mit bzw. die Integration in das soziale und gesellschaftliche System, sprachliche Fähig-keiten oder die Akzeptanz durch die soziale Umwelt – erfordert weitere Untersuchungen, die nicht allein Lebenslagen, sondern auch Lebensfüh-

    1. Generation

    2. Generation beide Eltern

    2. Generation 1 Elternteil

    3. Generation beide Eltern

    3. Generation 1 Elternteil

    Kein Migrations-hintergrund

    0 10 20 30 40 50 60 70 80

    Anteil Gymnasiumsbesuch der Kinder

    Kein Elternteil Abitur Mindestens ein Elternteil Abitur

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    rungsmuster in den Blick nehmen.

    1.3.5 Förderschulen

    Förderschulen werden von Bundesland zu Bundesland anders differenziert, organisiert und benannt (z.B. als Sonderschulen, Förderzentren oder Schu-len mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt). Im Allgemeinen existie-ren Förderschulen für Schüler/innen mit Lernbehinderungen – sie bilden die größte Gruppe unter den Förderschulen –, körperlichen Einschränkun-gen (Hören, Sehen, körperliche und motorische Entwicklung), mit geistigen sowie mit emotionalen und sozialen Defiziten.

    Im Schuljahr 2009/2010 besuchten in Deutschland insgesamt 387.792 Schüler/innen eine Förderschule. 13,8% (53.550) hatten eine ausländische Nationalität, d.h. diese Gruppe war, gemessen am Anteil ausländischer Sch