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Nr. 5, März 2017 Digital Finance: die Zukunft des Finanzsektors – Empfehlungen für die Finanzielle Zusammenarbeit Autor: Michael Rothe KfW Entwicklungsbank Materialien zur Entwicklungsfinanzierung

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Nr. 5, März 2017

Digital Finance: die Zukunft des Finanzsektors –

Empfehlungen für die Finanzielle Zusammenarbeit

Autor: Michael Rothe

KfW Entwicklungsbank

Materialien zur

Entwicklungsfinanzierung

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I | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Abkürzungsverzeichnis IV

Abbildungsverzeichnis V

Abstract VI

Executive Summary 1

Hintergrund und Empfehlungen 1

Nächste Schritte für die Umsetzung der Empfehlungen 6

Monetäres Volumen potenzieller zukünftiger Projekte 9

1. Die Rolle von IKT für Entwicklungszusammenarbeit im

Finanzsektor 10

Globale Herausforderungen im Finanzsektor 10 1.1.

Neue Voraussetzungen und Chancen durch IKT 10 1.2.

Entwicklungspolitische Relevanz von Digital Finance 12 1.3.

Wirkung 12 1.3.1.

Globale Initiativen und Entwicklungsagenda 12 1.3.2.

Weiterentwicklung existierender Ansätze 14 1.3.3.

Das Potenzial von Digital Finance in Zahlen 14 1.3.4.

2. Digital Finance: Orientierung 17

2.1. Definition 17

2.2. Digital Finance-„Ökosystem“: Die Vogelperspektive 18 2.2.1. Nutzer: 19 2.2.2. Digital Finance-Dienstleistungen: 20 2.2.3. Digital Finance-Anbieter: 21 2.2.4. Support-Dienste: 23 2.2.5. (Finanz-)Infrastruktur: 23 2.2.6. Rahmenbedingungen: 25

2.3. Chancen für Finanzinstitutionen: die Perspektive der Anbieter 26 2.3.1. Vertrieb 26 2.3.2. Back Office: Daten 29 2.3.3. Kostenreduzierung 29

Inhalt

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II | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

2.4. Herausforderungen 30

3. Portfolioanalyse 33

3.1. Monetäres Volumen 33

3.2. Projekt- „Typen“ 34

3.3. Aktuelle Projekte 34 3.3.1. Ghana: „Ländliche Finanzdienstleistungen / e-zwich“ 34 3.3.2. Mosambik: „Branchless Banking“ (Komponente 3 des FZ-Programms

„Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung – Finanzsektorförderung") 35 3.3.3. Kenia: Musoni 36 3.3.4. Pakistan: FZ-Mikrofinanzprogramm, NRSP Mikrofinanzbank 37 3.3.5. Georgien: Crystal MFI 38

3.4. Projekte der Vergangenheit 38

3.5. Geplante, nicht realisierte Projekte 39

3.6. Thematische Ausprägung 39

4. Relevanz der Digital Finance-Teilbereiche für die FZ 41

4.1. Methodik 41

4.2. Bewertung der einzelnen Digital Finance Teilbereiche 42

5. Mögliche Projektansätze und weitere Empfehlungen 46

5.1. Förderung der Digital Finance-Infrastruktur 46 5.1.1. Aufbau von inklusiven digitalen Zahlungsverkehrssystemen 46 5.1.2. Aufbau nationaler Netzwerke innovativer Zugangspunkte 49 5.1.3. Aufbau von Systemen zur Kundenidentifizierung 51

5.2. Integration von Digital Finance in bestehende FZ-Ansätze 54 5.2.1. Weiterentwicklung bestehender Ansätze zur Förderung von

Finanzinstitutionen 54 5.2.2. Refinanzierung von Digital Credit 55 5.2.3. Digitalisierungen von Zahlungsströmen in FZ-Maßnahmen in anderen

Sektoren 57

5.3. Ausbau interner Kapazitäten und Erhöhung der Sichtbarkeit 58 5.3.1. Mitgliedschaft in der Better than Cash Alliance 58 5.3.2. Aufbereitung der vorhandenen Lernerfahrungen und weitere

Fragestellungen 59 5.3.3. Fortbildungen 60

6. Kooperationsländer mit hohem Potenzial 62

6.1. Methodik und Hintergrundinformationen 62 6.1.1. Weltweiter Bedarf an Verbesserung der Infrastruktur für

Zahlungsverkehr 62 6.1.2. Potenzial zur Förderung finanzieller Inklusion 63 6.1.3. Rahmenbedingungen 63

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6.2. Länderübersicht: Erstzugangspotenzial / Rahmenbedingungen 64

6.3. Länder mit hohem Potenzial 65

7. Aktivitäten anderer Entwicklungsbanken und Geber 66

7.1. Monetäre Zusagen 66 7.1.1. Allgemeine Zusagen 66 7.1.2. Zusagen der Entwicklungsbanken 67

7.2. Ausgewählte Projekte der Weltbank 68

7.3. Ausgewählte globale öffentliche Initiativen 69 7.3.1. Weltbank: Universal Financial Access 2020 69 7.3.2. Better than Cash Alliance 69 7.3.3. Alliance for Financial Inclusion 69

7.4. Private Organisationen und Stiftungen 69 7.4.1. Grameen Stiftung 69 7.4.2. Bill & Melinda Gates Stiftung 69 7.4.3. Omidyar Network 70 7.4.4. MasterCard Stiftung 70

8. Anlagen 71

Anlage 1: G20 Prinzipien zu digitaler finanzieller Inklusion 71

Anlage 2: Eigenschaften der verschiedenen alternativen Vertriebskanäle 72

Anlage 3: Heat-Map 73

Anlage 4: Fragebogen für Finanzinstitutionen 74

Anlage 5: CGAP Digital Finance Funder Survey 79

9. Literaturverzeichnis 80

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B2P Business-to-Person (Zahlung)

BMZ Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-wicklung

BTCA Better than Cash Alliance

CGAP Consultative Group to Assist the Poor

EZ Entwicklungszusammenarbeit

FZ Finanzielle Zusammenarbeit

G2P Government-to-Person (Zahlung)

GhIPPS Ghana Interbank Payment and Settlement Systems

GSMA Groupe Spécial Mobile Association (Weltverband der Mobilfunk-anbieter)

HH Haushalte

ITU International Telecommunication Union

KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau

KKMU Kleinst-, Klein- und mittelgroße Unternehmen

KKU Kleinst- und Kleinunternehmen

KMU Klein- und mittelgroße Unternehmen

MENA Middle East and North Africa

MFI Mikrofinanzinstitution

P2B Person-to-Business (Zahlung)

P2P Person-to-Person (Zahlung)

POS Point of Sale

RTGS Real Time Gross Settlement (Zahlungsverkehr) Technische Zu-sammenarbeit

Abkürzungsverzeichnis

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Abbildung 1: Action Framework der Universal Financial Access Initiative .......... 13 Abbildung 2: Das Digital Finance-Ökosystem ..................................................... 19 Abbildung 3: Zusammenwirken der Digital Finance Infrastrukturelemente ......... 25 Abbildung 4: Alternative Vertriebskanäle ............................................................. 27 Abbildung 5: Systemische Voraussetzungen ...................................................... 30 Abbildung 6: Aktuelles Portfolio zusammengefasst im Ökosystem ..................... 40 Abbildung 7: Bewertung der einzelnen Digital Finance Teilbereiche – Übersicht im

Ökosystem ............................................................................................................. 42 Abbildung 8: The Real-Time Retail Payments Systems Landscape ................... 63 Abbildung 9: Digital Finance-Zusagen der internationalen Geldgeber ................ 66 Abbildung 10: Verteilung der Zusagen auf Interventionsbereiche ....................... 67 Abbildung 11: Zusagen der Entwicklungsbanken ................................................ 67

Abbildungsverzeichnis

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Die Studie

Die Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sowie

der fortschreitende digitale Wandel verändern Prozesse und Strukturen in Entwick-

lungsländern grundlegend. Das spiegelt sich auch und vor allem im Finanzsystem

wider. So erlangen schon heute in vielen afrikanischen Ländern Menschen über

Mobiltelefone Zugang zum formalen Finanzsektor, die vorher noch nie ein Bank-

konto besaßen. Durch IKT eröffnen sich neue Chancen, Entwicklungsziele schnell

und finanziell nachhaltig zu erreichen. Die neuen Technologien und Akteure bergen

aber auch neue Risiken wie z.B. im Bereich des Datenschutzes.

Bisher wurde Digital Finance im Rahmen der deutschen Finanziellen Zusammen-

arbeit (FZ) erst punktuell gefördert. Die KfW Entwicklungsbank hat aus einem

Studien- und Beratungsfonds (SBF) des BMZ Mittel erhalten, um das Thema IKT

für die Finanzielle Zusammenarbeit (FZ) insgesamt zu vertiefen. Die vorliegende

Studie „Digital Finance: die Zukunft des Finanzsektors – Empfehlungen für die

Finanzielle Zusammenarbeit (FZ)“ beschreibt Potenziale und Risiken im Detail und

gibt konkrete Empfehlungen für ein stärkeres Engagement der KfW Entwicklungs-

bank im Finanzsektor.

Zum Autor

Michael Rothe ist Digital Finance-Experte und als Managing Partner bei SmartMo-

ney International tätig, einem innovativen (FinTech) Finanzdienstleister, der Spar-

und Bezahlleistungen im ländlichen Uganda und Tansania anbietet. Das Unter-

nehmen erreicht über Digital Finance mehr als 200.000 ausschließlich ländliche

Kunden. Michael Rothe arbeitet ebenfalls als Consultant für verschiedene Auftrag-

geber in den Bereichen Digital Finance und Financial Inclusion.

Zuvor war er im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammen-

arbeit (GIZ) als Langzeit-Berater der ugandischen Zentralbank tätig und in diesem

Rahmen Lead Advisor im Bereich Digital Finance-Regulierung. Seine Karriere

startete er bei der Microfinance Specialist Group der Citigroup, wo er die Kredit-

prüfung von MFIs (Refinanzierung) unterstützte und ein Tool zur Bewertung von

finanzieller Inklusion bei MFIs entwickelte. Michael Rothe hat beim Frauenhofer

Institut FOKUS im Rahmen der „Öffentlichen Informationstechnologie in der digita-

lisierten Gesellschaft-Trendschau“ zum Thema Mobile Money publiziert.

Abstract

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Hintergrund und Empfehlungen

Digital Finance bezeichnet Finanzdienstleistungen, welche über Informations- und

Kommunikationstechnologien (IKT) vertrieben und genutzt bzw. durch digitale

Technologie ermöglicht werden. Diese können sowohl von traditionellen Finanzin-

stitutionen als auch von FinTech-Unternehmen bereitgestellt werden.

Infolge der weltweiten mobilen Revolution und des fortschreitenden digitalen Wan-

dels eröffnen sich durch Digital Finance in Schwellen- und Entwicklungsländern

nie dagewesene Chancen, Entwicklungsziele im Finanzsektor schnell und wirt-

schaftlich nachhaltig zu erreichen. So schätzt das McKinsey Global Institute, dass

durch die Skalierung von Digital Finance bis 2025 mehr als 1,6 Milliarden Men-

schen Zugang zu Finanzdienstleistungen verschafft werden kann und zusätzliche

Kredite im Wert von $2,1 Billionen US-Dollar an KKMUs vergeben werden können.

Entwicklungspolitische Relevanz und betriebswirtschaftlicher Nutzen von Digital

Finance für Entwicklungs- und Schwellenländer sind mittlerweile belegt. So zeigen

Wirkungsstudien, dass die mit finanzieller Inklusion verbundenen Wirkungen in

besonderem Maße auf Digital Finance zutreffen. Digital Finance kann die Wider-

standsfähigkeit von Haushalten gegen wirtschaftliche Notlagen verbessern und

Möglichkeiten für Investitionen schaffen, wovon auch Frauen stark profitieren.

Finanzdienstleister können mit Hilfe von Digital Finance-Ansätzen Vertriebskosten

drastisch senken und Prozesse wie etwa die Kreditprüfung optimieren. Beispiels-

weise können die Kosten von Ein- und Auszahlungen durch innovative, IKT-

unterstützte Zugangspunkte gegenüber traditionellen Bankfilialen um 90% redu-

ziert werden. Ebenso kosten digitale Zahlungs-Transaktionen 90% weniger als

analoge Transaktionen. Durch derartige Kostenreduzierungen werden Kunden-

gruppen, welche vorher nicht auf wirtschaftlich nachhaltige Weise erreicht werden

konnten, zu profitablen Zielgruppen für Zahlungs-, Spar, Kredit- und Versiche-

rungsprodukte. Davon könnten vor allem benachteiligte Gruppen profitieren, wie

etwa die weltweit 220 Millionen KKMUs, die kein Bankkonto haben, oder die zwei

Milliarden Erwachsenen, die noch immer keinen Zugang zu formalen Finanz-

dienstleistungen haben.

Aufgrund des hohen Potenzials von Digital Finance auf der einen Seite sowie der

Grenzen des traditionellen filialgebundenen Vertriebsmodells auf der anderen hat

Digital Finance in den letzten Jahren in der Finanzsektorförderung kontinuierlich

an Bedeutung gewonnen. Die Universal Financial Access 2020-Initiative der Welt-

bank, welche es sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2020 eine Milliarde zusätzlicher

Menschen in den formalen Finanzsektor zu führen, setzt ausschließlich auf Digital

Finance.

Hinsichtlich der Erreichung universeller finanzieller Inklusion verbleiben jedoch

entscheidende Herausforderungen im Bereich Digital Finance. Diese betreffen

Executive Summary

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Zugang, Nutzung, Finanzinfrastruktur, Regulierung, Datenschutz und IKT-

Infrastruktur. Aus diesen Herausforderungen ergeben sich Ansatzpunkte für die

Finanzielle Zusammenarbeit (FZ). Basierend auf den allgemeinen Herausforde-

rungen im Bereich Digital Finance, einer Analyse des KfW-Portfolios, der Ein-

schätzung des Potenzials für zukünftige Projekte, der Aktivitäten anderer Geber

bzw. Entwicklungsbanken werden Maßnahmen in den folgenden drei Bereichen

empfohlen:

Empfehlung 1. Förderung der Digital Finance-Infrastruktur.

Im Bereich Digital Finance-Infrastruktur sollen systemische Lösungen gefördert

werden, die Mehrwert für alle Finanzdienstleister eines Marktes schaffen, indem

sie dazu beitragen, EZ-Zielsetzungen (z.B. ländliche-/Agrarfinanzierung; KKMU)

zu erreichen. Durch die Schaffung dieser Finanzinfrastruktur werden Digital Fi-

nance-Anbieter indirekt gefördert (darunter auch FinTechs). Zur Förderung der

Digital Finance-Infrastruktur eignen sich folgende Handlungsansätze:

1.1. Infrastruktur Digitaler Zahlungsverkehr. Effiziente Zahlungsverkehrssys-

teme (Payment Systems), die alle (potenziellen) Anbieter ohne hohe

Markteintrittsbarrieren nutzen können, sind entscheidend für die schnelle

und nachhaltige Ausweitung des Marktsegments Digital Finance und das da-

raus resultierende inklusive Wachstum. Die Herausforderung besteht darin,

Transaktionen jeder Größe zwischen den verschiedenen Finanzdienstleis-

tern (Bank, MFI, Mobilfunkanbieter, FinTech oder andere Finanzdienstleister)

in Echtzeit und kostengünstig zu ermöglichen.

Dafür besteht in vielen Ländern Investitionsbedarf in Hardware- und Soft-

warekomponenten an „Knotenpunkten“ des Zahlungsverkehrs, nämlich auf

zentraler Ebene bei Clearing-/Abwicklungsstellen, welche Interoperabilität

zwischen Anbietern gewährleisten. Experten sehen Interoperabilität als zent-

ralen Erfolgsfaktor für Digital Finance. Darüber hinaus besteht zur Förderung

des digitalen Zahlungsverkehrs Investitionsbedarf auf der Ebene der Finanz-

dienstleister, um eine reibungslose technologische Integration in moderne

Zahlungsverkehrssysteme zu gewährleisten.

1.2. Finanzsektor-Zugangspunkte. Digital Finance-Ansätze eröffnen in Entwick-

lungsländern Möglichkeiten, die Reichweite des Finanzsektors auch ohne

traditionelle Bankfilialen entscheidend zu erhöhen. Dieses Potenzial ist durch

Erfolge filialungebundener Vertriebsmodelle (Branchless Banking, Agent

Banking) in einer Reihe von Ländern (vor allem in Lateinamerika und Ostaf-

rika) belegt.

In Ländern, in welchen die geographische Präsenz des Finanzsektors noch

eingeschränkt ist, besteht großes Potenzial, durch Digital Finance die

Reichweite des Finanzsektors schnell signifikant auszuweiten (Outreach).

Dabei stellen z.B. Postfilialen-Netzwerke einen konkreten Ansatzpunkt dar,

da diese oft weiter verbreitet sind als Filialnetzwerke des Finanzsektors. Um

das Potenzial von möglichen Netzwerken wie Postfilialen als Zugangspunkte

für den Finanzsektor auszuschöpfen, muss in IKT-Infrastruktur für Finanz-

transaktionen sowie ggf. in die Vernetzung der Filialen investiert werden.

1.3. Identifikationsmechanismen. Für viele Menschen aus ärmeren Bevölke-

rungsgruppen stellt der traditionelle (analoge) Prozess der Kontoeröffnung,

insbesondere der Identitätsnachweis, eine unüberwindbare Eintrittsbarriere

für die Nutzung von formalen Finanzdienstleistungen einschließlich Digital

Finance dar. So besitzen über 1,5 Milliarden Menschen in Entwicklungslän-

dern keinen offiziellen Identitätsnachweis. Vor allem ärmere Bevölkerungs-

gruppen sind betroffen. In der Region Afrika/MENA etwa sind nur 62% der

Bevölkerung formal registriert und in Südasien nur 64%.

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IKT-Lösungen können hier entscheidende Beiträge leisten. So bieten Scan-

ner für Fingerabdrücke oder für die Iris der Augen enorme Vorteile gegen-

über traditionellen papierbasierten Systemen des Identitätsnachweises; sie

sind schnell, einfach und kostengünstig zu erstellen und nur schwer zu ma-

nipulieren. Einzelne Transaktionen können biometrisch (über Fingerabdruck

oder die Iris des Auges) bestätigt werden, wodurch Eintrittsbarrieren z.B. für

Analphabeten beseitigt werden und Betrug vorgebeugt wird.

Es wird empfohlen, innovative Identifikationsmechanismen, wo relevant, zu

fördern.

Entsprechende Maßnahmen können je nach Bedarf auf nationaler (dann im

Bereich Governance anzusiedeln), sektoraler oder Produktebene ansetzen

und erfordern jeweils Investitionen in IKT-Hard- und Software.

Zur Umsetzung der Handlungsansätze 1.1 sowie 1.2 eignen sich aufgrund der

Größe, Komplexität und Langfristigkeit eigenständige FZ-Maßnahmen. Je nach

Entwicklungsgrad eines Marktes können die Handlungsansätze 1.1.-1.3 entweder

einzeln oder in Kombination (etwa 1.1 und 1.2) umgesetzt werden. Grundsätzlich

handelt es sich bei den Handlungsansätzen 1.1.-1.3 um vergleichsweise komplexe

Projekte von hoher entwicklungspolitischer Relevanz. Die KfW konnte im Rahmen

von Vorhaben in Ghana und Mosambik schon Erfahrungen in einigen Teilberei-

chen der beschriebenen Handlungsansätze sammeln. Es wird empfohlen, diese

im Detail aufzuarbeiten.

Empfehlung 2. Integration von Digital Finance in bestehende FZ-Ansätze.

Hinsichtlich bestehender FZ-Ansätze wird empfohlen, das Potenzial von Digital

Finance zu nutzen, um (wo relevant) die Effektivität der existierenden Ansätze zu

erhöhen und gleichzeitig finanzielle Inklusion zu fördern. Es ergeben sich folgende

Handlungsansätze:

2.1. Weiterentwicklung bestehender Ansätze zur Förderung von Finanzinsti-

tutionen. Digital Finance bietet Möglichkeiten für Finanzinstitutionen zur Er-

schließung neuer Kundengruppen, Ertragsquellen, zur Kostenreduzierung

und damit zur allgemeinen Erhöhung der Profitabilität. Daher kann Digital Fi-

nance zur Zielerreichung in anderen Teilbereichen der FZ im Finanzsektor

beitragen, einschließlich Agrar- und ländlicher Finanzierung, KKMU-

Finanzierung, Versicherungen und Green Finance. Ebenso können aufgrund

des fortschreitenden digitalen Wandels neue Konkurrenzsituationen für ge-

förderte Finanzinstitutionen entstehen. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müs-

sen auf lange Sicht alle Finanzinstitutionen ihre Geschäfts- und Vertriebs-

modelle hinsichtlich des Einsatzes neuer Technologien überdenken.

Ansätze zur Förderung von Finanzinstitutionen sollten dieser Realität Rech-

nung tragen. Es wird daher empfohlen, das Potenzial von Digital Finance für

die Zielerreichung bei jeder FZ-Maßnahmen im Finanzsektor (laufender so-

wie zukünftiger) zu prüfen.

Sofern Digital Finance als förderlich für die Zielerreichung eingeschätzt wird,

kann bei direkt geförderten Finanzinstitutionen Einfluss hinsichtlich der ver-

antwortungsbewussten Nutzung von Digital Finance (Responsible Digital Fi-

nance) ausgeübt und die Umsetzung von Digital Finance-Ansätzen unter-

stützt werden – etwa durch strategische Beratung (z.B. Zuschüsse im Rah-

men von Begleitmaßnahmen) sowie durch Finanzierung von Investitionen in

Technologie-Komponenten. Da es sich hierbei um vergleichsweise niedrige

Finanzierungsvolumina handelt und dieser Handlungsansatz existierende

Förderansätze hebelt oder ausbaut, wird empfohlen, diesen Handlungsan-

satz im Rahmen von Teilkomponenten umzusetzen.

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Darüber hinaus kann die Nutzung von Digital Finance seitens der Finanzin-

stitutionen über Fondsstrukturen gefördert werden. Ebenfalls wird empfoh-

len, mittelfristig entsprechende interne Tools und Prozesse zu entwickeln

(z.B. einen Digital Finance-Prüfungsleitfaden).

2.2. Refinanzierung von Digital Credit-Portfolios. Innovative digitale Kredit-

produkte haben das Potenzial, existierende Finanzierungslücken zu schlie-

ßen – etwa in den Bereichen KKMU- und Agrarfinanzierung. Durch die Ana-

lyse großer Datenmengen, die beispielsweise aus digitalen Zahlungen und

Handy-Guthaben resultieren, kann die Kreditwürdigkeitsprüfung von Indivi-

duen und Unternehmen entscheidend unterstützt werden. Dies kann die

Kreditvergabe an Kunden ohne traditionelle Sicherheiten oder Buchführung

ermöglichen. Beobachter sind sich einig, dass Digital Credit zur Schließung

der eklatanten Finanzierungslücken, z.B. für KKMUs in Entwicklungsländern

(2.2 Billionen US-Dollar), beitragen kann.

Ähnlich wie im Mikrofinanzbereich ist auch bei Digital Credit Refinanzierung

notwendig, um die breitenwirksame Skalierung sicherzustellen. Die KfW

könnte spezielle Refinanzierungslinien für Digital Credit zusätzlich oder im

Rahmen bestehender Programme aufsetzen.

Im Bereich Digital Credit bestehen jedoch auch Risiken. So muss die Si-

cherheit der Kundendaten sichergestellt werden. Ebenso sollte die Kredit-

vergabe den Prinzipien des Verbraucherschutzes entsprechen. Digital Credit

ist ein noch sehr neues Produkt, und einige der momentan erfolgreichen An-

bieter verlangen sehr hohe Zinssätze. Es wird daher empfohlen, die Aspekte

Datenschutz, Verbraucherschutz und entwicklungspolitische Relevanz bei

Digital Credit-Projekten bzw. Teilkomponenten genau zu prüfen.

2.3. Digitalisierungen von Zahlungsströmen von FZ-Maßnahmen in anderen

Sektoren. Eine Kernherausforderung ist in vielen Ländern, Vertrauen in Digi-

tal Finance zu schaffen und dadurch den Wechsel aus der bargelddominier-

ten, informellen Wirtschaft in das formale Finanz- und Wirtschaftssystem zu

fördern. Hier können Zahlungen von öffentlichen Institutionen (G2P) oder

Unternehmen (B2P) einen entscheidenden Beitrag leisten, da diese den

Nutzern einen konkreten Anwendungsbereich bieten, aus vertrauter Quelle

stammen und ihnen oft Kostenersparnisse ermöglichen.

Außerdem stellt für Träger bzw. Implementierungspartner von FZ-

Maßnahmen – sowohl im Finanzsektor als auch in anderen Sektoren – die

Nutzung von Bargeld ein Problem dar. Bargeldzahlungen sind unsicher, in-

transparent und erzeugen oft hohe Kosten (Transport, Versicherung). Die

Digitalisierung von Zahlungen, welche im Rahmen von FZ-Maßnahmen

durchgeführt werden, bietet also die Chance, sowohl Effizienz und Transpa-

renz der Umsetzung von FZ-Maßnahmen zu erhöhen als auch zu finanzieller

Inklusion beizutragen.

Ansatzpunkte finden sich in einer breiten Reihe von FZ-Projekten – nämlich

prinzipiell bei jedem, in welchem die Partner im Rahmen des Projekts Zah-

lungen durchführen. Im Bildungssektor beispielsweise kann die Auszahlung

von Gehältern an Lehrer digitalisiert werden. Im Bereich Dezentralisierung

tragen digitale Zahlungen dazu bei, dass Gelder bei der bürgernahen Ver-

waltung ankommen und Korruption im System bekämpft wird. Digitalisierung

von Regierungszahlungen erhöht die Transparenz des öffentlichen Finanz-

wesens (Good Financial Governance). Es wird empfohlen, das Potenzial der

Digitalisierung von Zahlungsströmen in allen Sektoren der FZ im Detail zu

prüfen.

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Empfehlung 3. Ausbau interner Kapazitäten und Erhöhung der Sichtbarkeit:

3.1. Prüfung einer möglichen Mitgliedschaft bei der Better than Cash Alli-

ance (BTCA). Die BTCA ist eine von den Vereinten Nationen (UNCDF) ko-

ordinierte Partnerschaft mit mehr als 50 Mitgliedern (Regierungen, internati-

onalen Organisationen und Unternehmen), welche es sich zum Ziel gesetzt

hat, den Übergang von Bargeld zu digitalen Zahlungen zu beschleunigen,

um Armut zu bekämpfen und inklusives Wachstum zu fördern. Dabei fördert

die BTCA die Digitalisierung von Zahlungsströmen in allen Sektoren, ein-

schließlich Bildung, Landwirtschaft, Soziales und öffentliche Finanzen.

Durch eine Mitgliedschaft würde die KfW öffentlichkeitswirksam verdeutli-

chen, dass sie den Wert von Digitalisierung und Digital Finance anerkennt.

Dies wäre vor allem im Rahmen der G20-Präsidentschaft sowie vor dem Hin-

tergrund des BMZ-Interesses an dem Thema äußerst wirksam.

Darüber hinaus könnte die KfW Zugang zum Fachwissen der BTCA erhalten,

besser zur internationalen Diskussion beitragen und dadurch vor allem auch

darauf hinwirken, dass Risiken von Digital Finance sorgfältig bedacht wer-

den. Der Nutzen einer möglichen Mitgliedschaft für die KfW sollte im Detail

geprüft werden.

3.2. Aufbereitung der vorhandenen Lernerfahrungen und weitere Fragestel-

lungen. Das aktuelle KfW-Portfolio weist einzelne innovative Projektansätze

auf, welche hinsichtlich der empfohlenen Maßnahmen relevant sind. Es wird

empfohlen, die relevanten existierenden Lernerfahrungen laufender und ab-

geschlossener Projekte im Detail aufzubereiten, um die Schlussfolgerungen

in die Konzeption zukünftiger Projekte einzubeziehen.

3.3. Fortbildungen. Für die erfolgreiche Umsetzung von zukünftigen Digital

Finance-Projekten wird die KfW externe Kapazitäten benötigen – sowohl auf

fachlicher Ebene als auch hinsichtlich der Unterstützung der Umsetzung vor

Ort. Gleichzeitig sollten die internen Kapazitäten weiter ausgebaut werden.

Perspektivisch ist intern kein tiefes IKT-know-how notwendig, sondern ein

Verständnis für (i) das „Digital Finance-Ökosystem“, d.h. die Schlüsselakteu-

re und Kerntechnologiekomponenten sowie deren Beziehungen untereinan-

der (s. 2.2), (ii) die sich ergebenden Geschäftsmodelle sowie (iii) die für EZ-

Ziele relevanten Wirkungen. Digital Finance ist ein dynamisches Gebiet; vor

diesem Hintergrund wird empfohlen, dass KfW-Mitarbeiter an Fortbildungen,

Konferenzen und Informationsveranstaltungen teilnehmen.

Kooperationsländer mit hohem Potenzial. Grundsätzlich besteht in allen Län-

dern das Potenzial, durch den Einsatz von Digital Finance-Ansätzen die Effektivi-

tät von FZ-Maßnahmen im Finanzsektor zu erhöhen. In den folgenden 15 Ländern

besteht nach erster Analyse besonders hohes Potenzial: Tansania, Indien, Kenia,

Kolumbien, Pakistan, Honduras, Ruanda, Ghana, Kirgisistan, El Salvador,

Mosambik, Nepal, Marokko, Nicaragua und Nigeria. Darüber hinaus ist davon

auszugehen, dass auch in einigen Nichtzuschussländern Geschäftspotenzial für

die skizzierten Ansätze besteht. Es wird empfohlen, das Potenzial der empfohle-

nen Projektansätze in ausgewählten Ländern detailliert zu prüfen.

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Nächste Schritte für die Umsetzung der Empfehlungen

Empfehlung / IKT-Studie Nächste Schritte für den Finanzsek-

tor

Empfehlung 1: Förderung der Digital Finance-Infrastruktur.

1.1. Infrastruktur Digitaler Zah-lungsverkehr

Konkrete Einschätzung des Po-tenzials in ausgewählten Koopera-tionsländern durch Analyse der bestehenden Zahlungsverkehrs-systeme sowie der relevanten poli-tischen Faktoren.

Detaillierte Aufstellung der Kosten verschiedener relevanter Techno-logie-Komponenten auf zentraler Ebene (Modernisie-rung/Ausweitung existierender RTGS-Systeme; Modernisie-rung/Ausweitung existierender Au-tomatic Clearing Houses; neue zentrale Switches).

Detaillierte Aufstellung der Kosten der Technologie-Komponenten auf der Ebene von Finanzinstitutionen (Modernisierung der Kernbanken-systeme; Schnittstellen zur Ermög-lichung des Echtzeit-Zahlungsverkehrs).

1.2. Finanzsektor-Zugangspunkte Konkrete Einschätzung des Po-tenzials in ausgewählten Koopera-tionsländern durch Analyse mögli-cher Ansatzpunkte (z.B. Postfilial-netzwerke).

Detaillierte Aufstellung der Kosten der relevanten IKT-Infrastruktur (Lesegeräte, Vernetzung etc.).

1.3. Identifikationsmechanismen

Analyse möglicher Ansatzpunkte in ausgewählten Kooperationslän-dern.

Detaillierte Auflistung der Kosten der relevanten IKT-Infrastruktur (Lesegeräte, Vernetzung etc.).

Festlegung der Abgrenzung zu anderen Sektoren (z.B. Gover-nance).

Empfehlung 2. Integration von Digital Finance in bestehende FZ-Ansätze.

2.1. Weiterentwicklung bestehender Ansätze zur Förderung von Fi-nanzinstitutionen

Abfrage der Nutzung von Digital Finance seitens der von der KfW geförderten Finanzinstitutionen (s. auch erster Fragebogen in Anlage 4).

Strategische Positionierung hin-sichtlich der Rolle von Digital Fi-nance für die zukünftige Förde-rung von Finanzinstitutionen in der FZ.

Prüfung der Beteiligung an Digital Finance-Fonds (wie z.B. dem der AfDB, s.5.3.2).

Prüfung der Nutzung von Challen-ge Funds zur Förderung von Digi-tal Finance.

Entwicklung interner Tools/ Pro-

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Empfehlung / IKT-Studie Nächste Schritte für den Finanzsek-

tor

zesse, welche die Integration von Digital Finance in bestehende Förderansätze unterstützen (z.B. Digital Finance Prüfungsleitfaden).

2.2. Förderung von Digital Credit Beobachtung des Marktes; Teil-nahme an Konferenzen und Ver-anstaltungen, Einladung von Digi-tal Credit-Anbietern (FinTechs) zu Fachgesprächen.

Fortführung der internen Diskussi-on zur Rolle von Digital Credit bzw. alternativer Datenquellen zur Kreditprüfung für Refinanzie-rungsprogramme.

Festlegung (interner) Standards hinsichtlich Datenschutz und EZ-Relevanz möglicher Digital Credit-Projekte.

Positionierung hinsichtlich der Refinanzierung von Digital Credit-Portfolios

2.3. Digitalisierung von Zahlungs-strömen von FZ-Maßnahmen in anderen Sektoren

Detaillierte Analyse des Potenzials von bzw. der Nachfrage nach Digi-talisierung von Zahlungsströmen in FZ-Maßnahmen in anderen Sektoren.

Screening möglicher Kooperati-onsländer, in wechen Potenzial besteht, Zahlungsströme innerhalb FZ-Maßnahmen zu digitalisieren.

Austausch mit der Better than Cash Alliance hinsichtlich der Er-

fahrungen auf diesem Gebiet.

Empfehlung 3. Ausbau interner Kapazitäten und Erhöhung der Sichtbarkeit.

3.1. Mitgliedschaft bei der Better than Cash Alliance (BTCA)

Einladung der relevanten Kontakt-person (Herr Tidhar Wald, Head of Government Relations and Public Policy) zum Fachgespräch.

Abwägung der Mitgliedschaftsfor-men.

3.2. Aufbereitung der vorhandenen Lernerfahrungen und weitere Fragestellungen

Aufbereitung der Lernerfahrungen laufender sowie abgeschlossener Digital Finance Projekte.

Prüfung der Beteiligung an regio-nal oder global tätigen Digital Fi-nance-Fonds bzw. der Verwen-dung von Challenge Funds zur

Förderung von Digital Finance.

Prüfung möglicher Ansätze zur Förderung innovativer Finanz-dienstleister durch Wagniskapital (inklusive Start-Up-Finanzierung).

3.3. Fortbildungen und Informati-onsveranstaltungen

Teilnahme an relevanten Informa-

tionsveranstaltungen und Konfe-

renzen (z.B. im Rahmen der deut-

schen G20-Präsidentschaft) sowie

Fortbildungen.

Fachgespräche mit Experten zu einschlägigen Themen (z.B. Echt-zeit-Zahlungsverkehr, Digital Cre-

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8 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Empfehlung / IKT-Studie Nächste Schritte für den Finanzsek-

tor

dit, Start-Up-Finanzierung)

Quelle: Eigene Erhebung

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9 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Monetäres Volumen potenzieller zukünftiger Projekte

Projekt-

typ

ØVolu-men Mio.

EUR Anzahl Mio. EUR

Ver-weis/

Kapitel

Infrastruktur: Digita-ler Zahlungsverkehr

eigen-ständig

40 8 320

5.1.1

Infrastruktur: Zu-gangspunkte

eigen-ständig

10 8 80

5.1.2

Infrastruktur: Identi-fikationsmechanis-men

Kompo-nente

10 5 50

5.1.3

Integration von Digital Finance: Förderung von FIs

Kompo-nente

3 30 90

5.2.1

Integration von Digital Finance: Fondsbeteiligungen

eigen-ständig

30 2 60

5.2.1

Integration von Digital Finance: Refinanzierung von Digital Credit

eigen-ständig

15 3 45

5.2.2

Integration von Digital Finance: Digitalisierung von Zahlungsströmen

Kompo-nente

0.25 20 5

5.2.3

Gesamtvolumen mittelfristig 650

Quelle: Eigene Erhebung

Das Gesamtvolumen der sich aus den Empfehlungen ergebenden potenziellen

zukünftigen Projekte wird auf mittelfristig 650 Millionen Euro geschätzt.

Die durchschnittlichen Projektvolumina orientieren sich an vergleichbaren Projek-

ten der Weltbank (s. 7.2.1) sowie Schätzungen der Kosten von Technologiekom-

ponenten und Beratungsleistungen. Die Annahmen hinsichtlich der Anzahl mögli-

cher Projekte beruhen auf einer ersten Analyse der Umsetzbarkeit der empfohle-

nen Projektansätze in aktuellen Kooperationsländern der FZ (siehe 6. unten).

Diese hat ergeben, dass in mindestens 15 der aktuellen FZ-Kooperationsländer

die regulatorischeren Rahmenbedingungen förderlich und daher die empfohlenen

Digital Finance-Projekte grundsätzlich umsetzbar sind.

Aufgrund der globalen Aufmerksamkeit für die Themen Digitalisierung und Digital

Finance ist davon auszugehen, dass sich die Rahmenbedingungen in vielen der

restlichen Kooperationsländer mittelfristig verbessern werden. Darüber hinaus sind

die empfohlenen Projektansätze auch in Nichtzuschussländern relevant (ein-

schließlich großer Schwellenländer wie Indonesien, China und Mexiko). Aus die-

sen Gründen ist die Schätzung hinsichtlich zukünftiger Projektvolumina als kon-

servativ zu betrachten.

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10 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Globale Herausforderungen im Finanzsektor 1.1.

Die Entwicklungsherausforderungen für Finanzsektoren in Schwellen- und Ent-

wicklungsländern bleiben signifikant. Mehr als zwei Milliarden Erwachsene welt-

weit verfügen über kein Bankkonto1, wobei vor allem benachteiligte Gruppen be-

troffen sind: Mehr als 50% der Ärmsten weltweit habe keinen Zugang und 42% der

Frauen haben kein Konto (gegenüber 35% der Männer). Im ländlichen Raum be-

steht oft gar kein Zugang zum formalen Finanzsystem; die meisten der 450 Millio-

nen Kleinbauernhaushalte weltweit haben keinen oder nur eingeschränkten Zu-

gang zu Finanzdienstleistungen2.

Nicht nur Haushalte, sondern auch Unternehmen sind betroffen: Rund 200 Millio-

nen Kleinst-, Klein- und mittlere Unternehmen (KKMUs) in Entwicklungsländern

haben kein Bankkonto3 und über 45% Prozent der KMUs in Niedrigeinkommens-

ländern haben keine Möglichkeit, einen Kredit aufzunehmen4. Die resultierende

„Finanzierungslücke“ in Entwicklungsländern – d.h. der Bedarf an Finanzierung,

der nicht bedient wird – wird auf 2,2 Billionen US-Dollar geschätzt5.

Eine Hauptursache für fortbestehende finanzielle Exklusion sind die hohen Kosten

des traditionellen filialgebundenen Vertriebsmodells. Filialen, Bargeldtransaktionen

und analoge Prozesse verursachen hohe Transaktionskosten bei der Bereitstel-

lung von Finanzdienstleistungen, welche sich nicht für alle Kundengruppen rech-

nen. Die Weltbank schätzt die Kosten für die Errichtung einer traditionellen Bankfi-

liale auf 250.000 US-Dollar. Ländliche Gebiete, in denen die Bevölkerungsdichte,

Transaktionssummen und Einlagen meist gering sind, werden daher vom formalen

Finanzsektor oft nicht bedient.

Neue Voraussetzungen und Chancen durch IKT 1.2.

Die weltweite Verbreitung von IKT – insbesondere des Mobiltelefons – sowie der

fortschreitende digitale Wandel eröffnen neue Chancen und führen zu grundle-

genden Veränderungen hinsichtlich der Nutzung, des Vertriebs und der Entwick-

lung von Finanzdienstleitungen. Die Veränderungen und die sich daraus ergeben-

den Herausforderungen und Chancen sind weitreichend, vor allem in Schwellen-

und Entwicklungsländern.

Im Zuge der als „mobile Revolution“ bezeichneten sozio-technologischen Verände-

rungen hat sich die Welt in den letzten Jahren zunehmend vernetzt. Ende 2015

hatten 4,7 Milliarden Menschen weltweit einen mobilen Zugang (mittlerweile sind

es fast 4,8 Milliarden), was 63% der Weltbevölkerung entspricht – davon 88% in

Industrie- und 59% in Entwicklungsländern. 80% der Erwachsenen in Entwick-

1 Weltbank. Global Findex Database.

2 Dahlberg (2012). Catalyzing Smallholder Agricultural Finance.

3 McKinsey & Company (2016). Digital Finance for All: Powering Inclusive Growth in Emerging Economies.

4 BMZ. Internetseite.

5 McKinsey & Company (2016). Digital Finance for All: Powering Inclusive Growth in Emerging Economies.

1. Die Rolle von IKT für

Entwicklungszusammenarbeit im

Finanzsektor

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11 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

lungsländern haben ein Mobiltelefon, wohingegen nur 55% Zugang zu Finanz-

dienstleistungen haben.

In Sub-Sahara Afrika (SSA) hatte 2014 schon fast die Hälfte der Bevölkerung

(43%) ein Mobiltelefon. Der Weltverband der Mobilfunkanbieter (GSMA) geht da-

von aus, dass bis 2020 70% der Bevölkerung in allen Entwicklungsländern und

51% in Afrika ein Mobiltelefon besitzen. Ebenso steigt die Zahl der Internetnutzer

und -nutzerinnen weltweit stetig: In den letzten 10 Jahren wurde ein Anstieg von

einer Milliarde auf rund 3,5 Milliarden verzeichnet. Afrika ist dabei der am schnells-

ten wachsende Markt: Bis 2025 wird es hier voraussichtlich 600 Millionen Internet-

nutzer geben.

Grundsätzlich kann jedem Haushalt, der Zugang zu Mobilfunk hat, Zugang zum

formalen Finanzsystem verschafft werden – auch ohne Bankfiliale. Dies ist vor

dem Hintergrund, dass eine Milliarde der Menschen ohne Bankkonto ein Mobilte-

lefon besitzen6, besonders relevant. IKT-basierte Vertriebskanäle (u.a. auch Mobi-

le Money, Mobile Banking) können durch Senkung der Vertriebskosten den Zu-

gang zu Finanzdienstleistungen entscheidend erweitern. Durch die Nutzung von

innovativen Zugangspunkten (mit IKT-Endgeräten ausgestattete Kiosks, Einzel-

händler oder Einzelhandelsketten wie Tankstellen) können z.B. die Kosten für Ein-

und Auszahlungen um 90% gesenkt werden7. Dadurch können auch Spar-, Kredit-

und Versicherungsprodukte nachhaltig vertriebskostenintensiven Kundengruppen,

insbesondere in dünn besiedelten und/oder ländlichen Gebieten, angeboten wer-

den.

Zur Umschreibung der verschiedenen IKT-basierten Ansätze hat sich mittlerweile

der Oberbegriff Digital Finance etabliert. Das schnelle Wachstum von Digital Fi-

nance, vor allem in SSA, verdeutlicht das Potenzial von IKT auf diesem Gebiet:

2015 hatten in 19 Märkten schon mehr Menschen ein Mobile Money Konto als ein

Bankkonto8. Mobile Money ist mittlerweile in 93 Ländern weltweit verfügbar und in

85% der Länder, in denen der Großteil der Bevölkerung keinen Zugang zum for-

malen Finanzsystem hat9. In 82% der Märkte in SSA gibt es Mobile Money Diens-

te10

.

Digital Finance bietet also ein zusätzliches Werkzeug für breite und nachhalti-

ge finanzielle Inklusion. Das hat auch Auswirkungen auf traditionelle Ansätze der

Mikrofinanzierung bzw. Mikrofinanzinstitutionen (MFI). Für diese bieten sich neue

Chancen in den Bereichen Vertrieb und Back Office-Prozesse, aber auch ggf.

neue Konkurrenzsituationen, nämlich durch andere Anbieter, welche die Chancen

von Digital Finance ausschöpfen. Anders gesagt beginnt durch Digital Finance ein

neues Zeitalter im Bereich der finanziellen Inklusion – und damit auch im Bereich

der Mikrofinanzierung, dem traditionellen Förderansatz für finanzielle Inklusion.

Dabei werden traditionelle Aspekte wie menschliche Interaktion und geographi-

sche Präsenz nicht überflüssig. Vielmehr bietet Digital Finance die Möglichkeit,

durch gezielten Einsatz von Technologie auf erfolgreichen Ansätzen aufzubauen

und diese weiterzuentwickeln. Digital Finance führt somit zur Modernisierung und

Weiterentwicklung von Mikrofinanzierung.

6 BMZ. Internetseite.

7 Bill and Melinda Gates Foundation (2013). Fighting poverty, profitably - transforming the economics of

payments to build sustainable, inclusive financial systems. 8 GSMA (2015). State of the Industry Report Mobile Money.

9 GSMA (2015). State of the Industry Report Mobile Money.

10 GSMA (2015). State of the Industry Report Mobile Money.

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12 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Entwicklungspolitische Relevanz von Digital Finance 1.3.

Wirkung 1.3.1.

Makro-Level Studien zeigen, dass finanzielle Inklusion bzw. ein besserer Zugang

zu Finanzdienstleistungen ein Stimulus für die gesamte Wirtschaft sind und zu

BIP-Wachstum beitragen. Dabei werden vornehmlich zwei Auswirkungen von

finanzieller Inklusion auf die Verbesserung der sozioökonomischen Lage von

Haushalten theoretisch begründet. Einerseits sind formelle Spar- und Kreditpro-

dukte relativ kostengünstiger als informelle Mechanismen. Bei formellen Kredit-

formen sind die effektiven monetären Kosten in der Regel niedriger und bei for-

mellen Sparformen ist das Verlustrisiko substantiell geringer. Preisgünstigere

Spar- und Kreditmöglichkeiten sollten zur Ausdehnung des Marktes führen. Dies

bedeutet zum einen mehr Spar- und Leihaktivität der Haushalte. Zum anderen

sind Haushalte, die zusätzliche Spar- und Kreditoptionen haben, höhere Beträge

sparen und weniger von ihrem Einkommen für die monetären und Risikokosten

von Spar- und Kreditprodukten ausgeben, widerstandsfähiger gegen externe

Schocks.

Digital Finance-Lösungen erhöhen sowohl die Spar- und Leihaktivität als auch die

Widerstandsfähigkeit der Haushalte: Die Kosten formeller Spar- und Kreditproduk-

te sinken und bisher vom Finanzsektor ausgeschlossene Haushalte erhalten Zu-

gang zu Finanzdienstleistungen. Haushalte mit Digital Finance sind außerdem

widerstandsfähiger, da sie mehr gespart und produktivere Kredite haben sollten

und bei Bedarf leicht und schnell Geldsendungen von Verwandten oder Freunden

erhalten können.

Mehrere Wirkungsstudien aus Kenia11

und Ruanda stützen vor allem die Sicht,

dass Digital Finance die Widerstandsfähigkeit von Haushalten gegen Notfälle

erhöht12

. Haushalte, welche Digital Finance nutzen, waren nachweislich resisten-

ter gegen die Folgen von Naturkatastrophen wie beispielsweise Erdbeben, ebenso

bei dürrebedingter Nahrungsmittelknappheit. Darüber hinaus zeigt eine gerade

veröffentlichte Studie aus Kenia, dass von der Verfügbarkeit von Digital Finance

vor allem Frauen profitieren13

. Frauen haben besonders häufig nicht-agrarische

Kleinunternehmen aufgebaut, z. B. durch die Eröffnung von Kiosken.

Globale Initiativen und Entwicklungsagenda 1.3.2.

Im Kontext der Entwicklungszusammenarbeit ist Digital Finance (Definitionen und

detaillierte Einordnung siehe unten) ein bedeutsames Mittel zum Zweck – ein

entscheidendes Werkzeug für finanzielle Inklusion, welche wiederum zu vielen

Entwicklungszielen beiträgt. Finanzielle Inklusion steht nach wie vor weit oben auf

der Agenda der Entwicklungszusammenarbeit. So heißt es im Vorwort der Agenda

2030 für nachhaltige Entwicklung: „Wir werden Politiken beschließen, um die Pro-

duktionskapazitäten, die Produktivität und die produktive Beschäftigung zu erhö-

hen, die finanzielle Inklusion auszuweiten, die Entwicklung einer nachhaltigen

Land-, Weide- und Fischereiwirtschaft zu verstärken“14

.

Darüber hinaus sind bedarfsgerechte Finanzdienstleistungen wiederum ein ent-

scheidendes Werkzeug für die Erreichung von Entwicklungszielen in anderen

Sektoren. Finanzielle Inklusion und daher Digital Finance (als Mittel für finanzielle

11

Jack, W. und T. Suri (2014) Risk Sharing and Transactions Costs: Evidence from Kenyas Mobile Money Revolution. American Economic Review. 12

Blumenstock, J., Eagle, N. and M. Fafcahmps (2012): Charity and Reciprocity in Mobile Phone-based giving – evidence in the aftermath of earthquakes and natural disasters. 13

Suri, T. and W. Jack (2016): The long-run poverty and gender impacts of mobile money. 14

Vereinte Nationen. Generalversammlung. Resolution der Generalversammlung, verabschiedet am 25. September 2015: 70/1. Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung.

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13 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Inklusion) tragen zum Erreichen von 10 der 17 Entwicklungsziele der Agenda 2030

bei.

Aufgrund des unbestrittenen Potenzials ist Digital Finance mittlerweile ein fester

Bestandteil von Initiativen zur Förderung von finanzieller Inklusion. Während hier-

zu in der Vergangenheit vor allem der Aufbau von Mikrofinanzinstitutionen (Institu-

tion Building) gefördert wurde, wird mittlerweile verstärkt auf die Ausweitung des

formalen Finanzsystems durch Digital Finance-Ansätze gesetzt. Durch Mikrofinan-

zierung wurden zwar entscheidende Fortschritte erzielt; die Tatsache, dass weiter-

hin mehr als zwei Milliarden Erwachsene weltweit über kein formelles Bankkonto

verfügen, verdeutlicht jedoch die Grenzen des traditionellen filialgebundenen Ver-

triebsmodells.

Daher verlieren klassische Ansätze der Mikrofinanzierung an Bedeutung. So hat

die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP), eine bei der Weltbank angesie-

delte Denkfabrik, im September 2015 das Phasing Out der Mikrofinanzierung

angekündigt. Die Universal Financial Access 2020 Initiative der Weltbank, welche

es sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2020 zusätzlich eine Milliarde Menschen in den

formalen Finanzsektor zu führen, setzt ausschließlich auf Digital Finance.

Abbildung 1: Action Framework der Universal Financial Access Initiative

Quelle: Weltbank

Das Potenzial von Digital Finance wurde auch im Rahmen des G20-Gipfels in

China im Juli 2016 zum wiederholten Male durch die Finanzminister und Zentral-

bankgouverneure der G20-Staaten anerkannt. Die G20 sieht die Chance, durch

digitale Technologien finanzielle Exklusion zu beseitigen. Zur Orientierung von

Aktivitäten in diesem Bereich wurden von den Ministern konkrete Prinzipien ver-

abschiedet – die 2016 High-Level Principles for Digital Financial Inclusion (s. An-

lage 1).

Regierungen von Entwicklungs- und Schwellenländern sind sich des Potenzials

von Digital Finance für finanzielle Inklusion schon seit Längerem bewusst. Im

Rahmen der Maya Declaration haben sich mehr als 80 Zentralbanken aus Ent-

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14 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

wicklungs- und Schwellenländern verpflichtet, die finanzielle Inklusion in ihren

Ländern voran zu treiben. In 72% aller nationalen Verpflichtungen ist Digital Fi-

nance als Schlüsselkomponente erwähnt15

.

Weiterentwicklung existierender Ansätze 1.3.3.

Wie oben beschrieben kann Digital Finance die Reichweite von Finanzinstitutionen

erhöhen. Dadurch kann die Erschließung neuer Ertragsquellen und Kundengrup-

pen zu Effizienzsteigerung und Kostenreduzierung beitragen und insgesamt die

entwicklungspolitische Wirkung sowie die finanzielle Nachhaltigkeit erhöhen. Da-

bei werden existierende Ansätze der Finanzsektorförderung nicht hinfällig; viel-

mehr bietet Digital Finance die Chance, existierende Ansätze weiterzuentwickeln

und dadurch deren Effektivität und letztendlich die entwicklungspolitische Wirkung

zu erhöhen. Digital Finance kann zur Zielerreichung insbesondere in den folgen-

den Teilbereichen der Entwicklungszusammenarbeit beitragen:

Agrar- und ländliche Finanzierung. Durch die Reduktion von Transaktionskosten

beim Vertrieb kann Haushalten und Betrieben in ländlichen Regionen, welche

durch traditionelle filialgebundene Vertriebsmodelle nicht zu erreichen sind, Zu-

gang zu Finanzdienstleistungen verschafft werden. Durch die Nutzung von alterna-

tiven Daten zur Kreditprüfung kann Kleinbauern Zugang zu Kredit verschafft wer-

den – auch ohne traditionelle Sicherheiten.

(K)KMUs. Digitale Kreditprüfung sowie digitale Zahlungssysteme kommen auch

vor allem (informellen) KKMUs zu Gute, welche momentan keinen Zugang zu

Krediten haben.

Versicherungen. IKT können im Bereich Versicherungen eine entscheidende

Rolle beim Vertrieb sowie bei der Vergabe bzw. Berechnung von Prämien spielen.

So können über Mobilfunk Versicherungsprodukte vertrieben werden und ärmeren

Bevölkerungsgruppen zugänglich gemacht werden. Außerdem können über IKT

Kosten von Produktentwicklung und Vertrieb von (Mikro-)Versicherungsprodukten

entscheidend verbessert werden16

.

Green Finance. Innovationen in Afrika zeigen, dass der breite Zugang zu digita-

lem Zahlungsverkehr die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, z.B. zur Finanzie-

rung von Solarzellen für arme Haushalte, begünstigt.

Das Potenzial von Digital Finance in Zahlen 1.3.4.

In einer vor kurzem erschienenen Studie quantifiziert die Unternehmensberatung

McKinsey den potenziellen wirtschaftlichen und entwicklungspolitischen Nutzen

von Digital Finance für verschiedene Akteure wie folgt:

Individuen. McKinsey schätzt, dass über Digital Finance 1,6 Milliarden Menschen

Zugang zu Finanzdienstleistungen verschafft werden kann, wovon mehr als die

Hälfte (880 Millionen) Frauen sind und 45% zu den zwei unteren Fünfteln der

Einkommensverteilung zählen.17

Unternehmen. Etwa die Hälfte aller KKMUs weltweit hat unzureichenden Zugang

zu Kredit. Rund 200 Millionen Unternehmen haben kein Bankkonto und 200 Millio-

nen haben keinen Zugang zu dem Grad an Finanzierung, der notwendig ist, um ihr

ökonomisches Potenzial auszuschöpfen. Die „Finanzierungslücke“ für KMUs in

Entwicklungsländern schätzt McKinsey auf mehr als 2,2 Billionen US-Dollar, und

stellt gleichzeitig in Aussicht, dass durch Digital Finance bis 2025 zusätzliche Kre-

15

http://www.afi-global.org/maya-declaration 16

GSMA. Emerging Practices in Mobile Microinsurance. 17

McKinsey & Company (2016). Digital Finance for All: Powering Inclusive Growth in Emerging Economies.

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15 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

dite im Wert von 2,1 Billionen US-Dollar vergeben werden könnten. CGAP schätzt,

dass Digital Finance den Zugang zu Finanzdienstleistungen für bis zu 440 Millio-

nen KKMUs verbessern kann18

. In Entwicklungsländern spielen zudem Zahlungen

an Kleinbauern oft eine entwicklungspolitisch relevante Rolle. Die GSMA schätzt,

dass momentan das Potenzial besteht, Zahlungen von Unternehmen an Kleinbau-

ern (B2P) im Wert von 316 Milliarden US-Dollar (Summe von 69 Entwicklungslän-

dern) zu digitalisieren – davon 121 Milliarden in Südasien, 158 Milliarden in Ost-

asien, 64 Milliarden in Sub-Sahara Afrika und 50 Milliarden in Lateinamerika und in

der Karibik19

.

Finanzdienstleister. Wie oben beschrieben, ergeben sich für Finanzdienstleister

durch Digital Finance signifikante Möglichkeiten zur Kostenreduzierung und zur

Erschließung neuer Geschäftsmodelle und Einnahmequellen. McKinsey schätzt

das Potenzial der Kostenreduzierung auf 400 Milliarden US-Dollar. Durch effizien-

te und breitenwirksame Vertriebskanäle können 4,2 Billionen US-Dollar an zusätz-

lichen Einlagen mobilisiert werden.

Öffentlicher Sektor: Für Regierungen in Schwellenländern bieten sich durch die

Digitalisierung von Zahlungsströmen Möglichkeiten Kosten zu sparen, Veruntreu-

ungen zu verhindern und Transparenz sowie Effizienz im öffentlichen Sektor, unter

anderem bei den Steuereinnahmen, zu erhöhen. McKinsey schätzt, dass Regie-

rungen in Schwellenländern dadurch zusammengenommen mindestens 110 Milli-

arden US-Dollar pro Jahr einsparen könnten; 70 Milliarden würden daraus resultie-

ren, dass Gelder an dem beabsichtigen Ziel ankommen und nicht auf dem Weg

veruntreut werden. Dadurch würden bei gleichbleibenden Ausgaben die effektiven

Investitionen in Schlüsselsektoren wie Bildung, Infrastruktur und Gesundheit stei-

gen. 40 Milliarden würden zusätzlich an Steuern über digitale Kanäle eingenom-

men, wenn Steuerzahlungen den Weg direkt und ohne Veruntreuung in den

Staatshaushalt fänden.

Darüber hinaus kann die Digitalisierung von staatlichen Zahlungen und Transfer-

leistungen, welche momentan mit Bargeldzahlungen durchgeführt werden (in vie-

len Ländern Sozialtransfers, Beamtengehälter und die Beschaffung von Dienstleis-

tungen und Gütern), zu Effizienzsteigerung und dadurch zu weiteren Ersparnissen

führen. So erwirtschaftet die Regierung von Mexiko durch die mit der Digitalisie-

rung von Beamtengehältern, Rentenauszahlungen und Sozialtransfers verbunde-

nen Effizienzsteigerungen Einsparungen im Wert von 1,3 Milliarden US-Dollar im

Jahr bzw. 3,3% der Gesamtausgaben für diese Bereiche20

. In Brasilien konnten

die Transaktionskosten des Sozialprogramms „Bolsa Familia“ durch die Einfüh-

rung von digitalen Zahlkarten von 14,7% auf 2,6% reduziert werden21

. In Indien

konnte durch die Einführung von SmartCards für Sozialversicherungszahlungen

die Bestechungsquote um 47% reduziert werden, was Einsparungen im Wert von

2 Milliarden Dollar p.a. ermöglichte22

.

Digital Finance hat weiteren Nutzen für öffentliche Sektoren, die von McKinsey

nicht quantifiziert wurden. Einerseits führt die Reduktion von Korruption und Be-

trug mittel- und langfristig zu mehr Vertrauen der Bevölkerung in die öffentlichen

Institutionen und trägt so zur allgemeinen Effektivität des öffentlichen Sektors bzw.

Good Governance bei. Andererseits trägt der digitale Zahlungsverkehr auch direkt

zur Formalisierung bisher nicht formeller wirtschaftlicher Aktivitäten bei, wodurch

wiederum mehr Steuereinnahmen erzielt werden können.

Wirtschaftswachstum. Insgesamt sagt McKinsey, sofern öffentliche und private

Akteure die Weichen stellen, durch die breite Nutzung von Digital Finance in

18

http://www.cgap.org/blog/headwinds-and-tailwinds-banking-small-businesses 19

GSMA Intelligence (2016). Market size and opportunity in digitising payments in agricultural value chains. 20

Presentation der Better than Cash Alliance für die KfW. Per Email an KfW und Consultant geschickt. 21

ibid. 22

ibid.

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16 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Schwellen- und Entwicklungsländern einen gesamtwirtschaftlichen Zugewinn von

3,7 Billionen US-Dollar bis 2025 voraus.

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17 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

2.1. Definition

In den letzten Jahren haben verschiedene innovative IKT-Ansätze in den Finanz-

sektoren von Entwicklungs- und Schwellenländern Aufmerksamkeit erlangt. Dazu

gehören Mobile Banking, Mobile Money, Branchless Banking und Agent Banking.

Zur Umschreibung dieser und weiterer innovativer Ansätze hat sich mittlerweile

der Oberbegriff Digital Finance etabliert. Für diese Studie wird folgende Definition

verwendet:

Digital Finance Dienstleistungen können sowohl von traditionellen Finanzinstitutio-

nen als auch FinTech Unternehmen bereitgestellt werden (s. 2.2.3. Digital Finance

Anbieter). Die Definition entspricht Definitionen von internationalen Institutionen,

wie z.B. CGAP und McKinsey.

CGAP23

“Digital financial inclusion” can be de-

fined broadly as digital access to and

use of formal financial services by ex-

cluded and underserved populations.

Such services should be suited to cus-

tomers’ needs, and delivered responsi-

bly, at a cost both affordable to custom-

ers and sustainable for providers. There

are three key components of any such

digital financial services:

A digital transactional platform

enables a customer to use a device

to make or receive payments and

transfers and to store value elec-

tronically with a bank or nonbank

permitted to store electronic value.

Retail agents armed with a digital

device connected to communica-

tions infrastructure to transmit and

McKinsey & Company24

We define digital finance as financial

services delivered over digital infra-

structure—including mobile and inter-

net—with low use of cash and tradi-

tional bank branches. Mobile phones,

computers, or cards used over point-of-

sale (POS) devices connect individuals

and businesses to a digitized national

payments infrastructure, enabling

seamless transactions across all par-

ties.

Our definition is intentionally broad,

including:

All types of financial services, such

as payments, savings accounts,

credit, insurance, and other finan-

cial products.

All types of users, including indi-

23

CGAP Blog (2015). What is Digital Financial Inclusion and Why Does it Matter? 24

McKinsey & Company (2016). Digital Finance for All: Powering Inclusive Growth in Emerging Economies.

2. Digital Finance: Orientierung

Digital Finance bezeichnet Finanzdienstleistungen, welche über Informa-

tions- und Kommunikationstechnologien vertrieben und genutzt bzw. durch

digitale Technologie ermöglicht werden.

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18 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

receive transaction details enable

customers to convert cash into

electronically stored value and to

transform stored value back into

cash. Depending on applicable

regulation and the arrangement

with the principal financial institu-

tion, agents may also perform other

functions.

The customer device can be digital

(e.g., mobile phone) that is a

means of transmitting data and in-

formation or an instrument (e.g.,

payment card) that connects to a

digital device (e.g., POS terminal).

viduals at all income levels, busi-

nesses of all sizes, and govern-

ment entities at all levels.

All types of providers of financial

services, including banks, payment

providers, other financial institu-

tions, telecoms companies, finan-

cial technology (fintech) start-ups,

retailers, and other businesses.

Quelle: Eigene Darstellung, nach CGAP Blog, McKinsey & Company

Zur weiteren Orientierung wird Digital Finance aus zwei verschiedenen Perspekti-

ven betrachtet: Zuerst aus der sektoralen Perspektive, gewissermaßen der Vogel-

perspektive. Dies vermittelt einen Überblick aller relevanten Komponenten und

Teilbereiche, einschließlich der Nachfrageseite. Danach wird die Perspektive der

Finanzinstitutionen, also der Angebotsseite, eingenommen, um die Chancen für

Finanzinstitutionen zu verdeutlichen.

2.2. Digital Finance-„Ökosystem“: Die Vogelperspektive

Digital Finance-Dienstleistungen sind fest in Systemen verankert, welche sich aus

verschiedenen Akteuren, Institutionen und Technologiekomponenten zusammen-

setzen. Diese Systeme werden als „Ökosysteme“ (ecosystem) bezeichnet. Das

unten dargestellte Digital Finance-Ökosystem25

verdeutlicht die Cluster (blau)

sowie die Teilbereiche (schwarz, fett) des Ökosystems.

25

Erstellt vom Autor basierend auf ITU (2016). Focus Group Technical Report. The Digital Financial Ser-vices Ecosystem.

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19 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Abbildung 2: Das Digital Finance-Ökosystem

Quelle: Eigene Darstellung

Die Betrachtung von Digital Finance im Rahmen von Ökosystemen ist insofern

relevant, als jeder Teil sowie das Zusammenwirken der verschiedenen Teilberei-

che und Akteure wichtig sind, um das volle Potenzial von Digital Finance freizuset-

zen. Daher eignet sich diese Perspektive auch zur Planung (z.B. Bedarfsanalyse

in einem Land) und Durchführung von öffentlichen (bzw. EZ-) Interventionen im

Bereich Digital Finance.

Im Folgenden werden die relevanten Teilbereiche dargestellt.

2.2.1. Nutzer:

(Potenzielle) Nutzer von Digital Finance-Dienstleistungen sind:

Alle Haushalte und Individuen, die Zugang zu IKT-Kanälen haben;

Mikro-Unternehmen, kleine und mittlere Unternehmen (KKMUs), Großun-

ternehmen im Einzelhandel (wie z.B. Agrarexporteure);

Ministerien, Behörden und Zivilgesellschaftsorganisationen.

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20 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Quelle: Eigene Zusammenfassung

2.2.2. Digital Finance-Dienstleistungen:

Digital Finance-Dienstleistungen sind Finanzdienstleistungen, welche über IKT

vertrieben und genutzt werden bzw. durch digitale Technologie ermöglicht werden.

Digitaler Zahlungsverkehr (Inland). Dies sind Dienstleistungen, die es Kunden

ermöglichen, über einen digitalen Zugang (wie z.B. ein Mobiltelefon) Transaktio-

nen vom oder auf das eigene Konto durchzuführen. Zahlungen können per Fern-

zugriff oder an physischen Zahlungsterminals (z.B. bei Ein-/Auszahlungen) initiiert

werden. Voraussetzung für digitalen Zahlungsverkehr ist ein „Transaktionskonto“

(Transaction Account), welches es ermöglicht, monetären Wert sicher elektronisch

aufzubewahren. Transaktionskonten umfassen sowohl Bankkonten, in welchen

Kunden monetäres Vermögen in Form von Buchgeld halten (Mobile Banking), als

auch Konten und virtuelle Geldbörsen bei Nichtbanken (Mobile Money, Mobile

Wallet), in welchen Kunden Vermögenswerte meist in der Form von E-Geld (E-

money) halten.

Die Zahlungssysteme, die den digitalen Zahlungsverkehr ermöglichen, sind meist

privat. Sie können in sich geschlossen (closed loop) sein und daher nur Zahlungen

an Teilnehmer des gleichen Systems ermöglichen, oder sie können offen (open

loop) sein und daher Zahlungen an Teilnehmer anderer Systeme ermöglichen. Die

Kompatibilität zwischen Systemen und die Möglichkeit, von einem Konto eines

Systems Zahlungen an Konten in einem anderen System durchzuführen, bezeich-

net man als Interoperabilität.

Grundlegende Zahlungsdienstleistungen umfassen den Einzelkontozugriff per

digitalem Endgerät sowie die Überweisung von Endkunde zu Endkunde (Person-

to-Person, P2P), z.B. für innerstaatliche Geldtransfers (Domestic Remittances).

Dazu kommen Bezahldienste von Kunden an Unternehmen (Person-to-Business,

P2B), wie z.B. an Energie- und Trinkwasserversorger; Bezahldienste für Unter-

nehmen, die eine große Anzahl an Individuen bezahlen (Bulk Payments, Busi-

ness-to-Person, B2P) wie z.B. Agrarkäufer, die Kleinbauern für Agrargüter bezah-

len; und Bezahldienste für Behörden, welche eine große Anzahl an Individuen

bezahlen (Government-to-Person, G2P) wie z.B. für Sozial-/Transferzahlungen.

Die (potenziellen) Nutzer haben unterschiedliche finanzielle Bedürfnisse, aus

welchen sich konkrete Anwendungsbereiche für Digital Finance ergeben:

Wertaufbewahrung: Der Bedarf von Kunden, monetäre Vermögenswerte

sicher aufzubewahren. Dies ist vor allem bei Individuen und Haushalten, die

sonst keinen Zugang zum formalen Finanzsektor haben, von entwicklungs-

politisch hoher Relevanz.

Zahlungen für Käufe: Die Möglichkeit, digital (also ohne den Einsatz von

Bargeld) Zahlungen für Güter und Dienstleistungen durchzuführen bzw. die-

se zu erhalten. Diese können entweder vor Ort oder aus der Entfernung er-

folgen.

Zahlungen für Rechnungen: Beispielsweise können sich ländliche Haus-

halte durch digitale Handy-Zahlungen den weiten und teuren Weg für Schul-

gebühren ersparen.

Andere Überweisungen: Die Möglichkeit, ohne den Einsatz von Bargeld

Geld an Individuen oder Unternehmen zu schicken bzw. Geld bargeldlos zu

erhalten.

Finanzierung: Die Möglichkeit, Geld für Investitionen oder zur Überbrü-

ckung von finanziellen Engpässen zu erhalten und zu einem späteren Zeit-

punkt zurückzuzahlen.

Risikovorsorge: Die Möglichkeit, Gesundheit, Leben oder Gegenstände

gegen mögliche Schäden zu versichern.

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21 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Darüber hinaus bietet digitaler Zahlungsverkehr eine Plattform für weitere Dienst-

leistungen (s.u.).

Digital Savings. Zwei Arten von Sparprodukten fallen unter die Definition von

Digital Finance. Auf der einen Seite kann der digitale Zahlungsverkehr alternative

Vertriebskanäle für bestehende Sparprodukte bieten. So können über digitalen

Zahlungsverkehr bzw. physische Zugangspunkte (s.u.) Ein- und Auszahlungen

auf/von bestehende(n) Sparkonten durchgeführt werden. Darüber hinaus gibt es

Sparprodukte, welche explizit für digitale Vertriebskanäle entwickelt worden sind

und primär über solche vertrieben werden.

Digital Credit. Bei Digital Credit kann man zwischen Kreditprodukten unterschei-

den, bei denen lediglich digitaler Zahlungsverkehr zum Vertrieb bestehender Pro-

dukte genutzt wird, und solchen, welche durch den Einsatz von IKT erst möglich

werden. Bei Letzteren wird die Kreditprüfung durch große Datenmengen und mit-

hilfe von Technologie (Algorithmen) durchgeführt/unterstützt. In den meisten Fällen

können Kreditsuchende das Darlehen dabei aus der Entfernung (online oder per

Handy) beantragen. Die Datenquellen umfassen unter anderem historische Han-

dy-Guthaben sowie durchgeführte digitale Zahlungen der Kreditsuchenden. Das

bekannteste Beispiel ist hier M-Shwari aus Kenia.

Die neuen Ansätze für Kreditprüfung können vor allem armen Haushalten (z.B.

Kleinbauern) und informellen KKMUs zu Gute kommen, welche oft weder traditio-

nelle Sicherheiten noch eine zuverlässige Buchführung vorweisen können. So

können z.B. Kleinbauern durch digitale Zahlungen eine Absatzhistorie aufbauen

und dadurch ihre Kreditwürdigkeit erhöhen. In diesem Bereich wird Innovation

besonders von FinTech Unternehmen (s.u.) vorangetrieben.

Versicherungen. Ähnlich wie beim Kredit können IKT im Bereich Versicherungen

eine entscheidende Rolle (i) beim Vertrieb sowie (ii) bei der Vergabe bzw. Berech-

nung von Prämien spielen. 2015 gab es weltweit 120 über Mobilfunk vertriebene

Versicherungsprodukte, welche zugänglich für ärmere Bevölkerungsgruppen sind

26. Außerdem können über IKT die Kosten von Produktentwicklung und Vertrieb

von (Mikro-)Versicherungsprodukten entscheidend verbessert werden27

.

International Remittances. Digital Finance spielt vor allem eine Rolle in Empfän-

gerländern: Dort wo viele Menschen Zugang zu digitalem Zahlungsverkehr haben

(wie z.B. in Ostafrika) und viele physische Zugangspunkte vorhanden sind, kön-

nen Menschen Geldtransfers direkt auf digitalen Konten erhalten. Sowohl traditio-

nelle Anbieter wie Western Union und MoneyGram als auch neue FinTech-

Anbieter wie WorldRemit und Azimo ermöglichen solche Transaktionen.

2.2.3. Digital Finance-Anbieter:

Dieser Begriff umfasst alle (Finanz-)Institutionen, die Digital Finance-Dienste an-

bieten:

Banken. Als Banken werden in dieser Studie alle Finanzinstitutionen zusammen-

gefasst, die schon vor der mobilen Revolution bzw. dem digitalen Wandel Finanz-

dienstleistungen angeboten haben und in der Regel von der Zentralbank lizensiert

sind: Banken, Mikrofinanzinstitute, Postbanken und Genossenschaften etc. In der

Diskussion zu Digital Finance werden diese auch oft als „traditionelle“ Finanz-

dienstleister bezeichnet. Traditionelle Finanzdienstleister nehmen die Rolle von

Digital Finance-Anbietern ein, sobald sie Digital Finance-Dienstleistungen anbie-

ten wie etwa Mobile Banking.

26

GSMA (2015). 2015 Mobile Insurance, Savings & Credit Report. 27

GSMA. Emerging Practices in Mobile Microinsurance.

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22 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

FinTechs. Dieser Begriff umfasst alle anderen Digital Finance-Anbieter, also jene,

die keine „traditionellen“ Finanzdienstleister sind. Dazu gehören Mobilfunkunter-

nehmen, Zahlungsverkehrsdienstleister sowie (Technologie-) Start-Ups. Die in

Entwicklungs- und Schwellenländern tätigen FinTechs entscheiden sich stark

hinsichtlich ihrer institutionellen Entwicklung. Es gibt unter ihnen lokale Start-Ups,

Tochtergesellschaften von etablierten Unternehmen (M-Pesa etwa ist eine Tochter

von Vodafone), sowie Ableger von in Industriestaaten etablierten FinTechs.

FinTechs haben oft keine oder nur eine eingeschränkte Banklizenz (z.B. für Zah-

lungsverkehrsdienstleistungen), und werden daher auch oft als „Nichtbanken“

bezeichnet. Im Zuge der weltweiten Verbreitung von IKT und des digitalen Wan-

dels haben sie drastisch an Bedeutung gewonnen. FinTechs gründen ihr gesam-

tes Geschäftsmodell auf IKT bzw. digitale Technologien und gestalten etwa den

Vertrieb von Bankprodukten um. In einigen Fällen geschieht dies durch agile Pro-

zesse und eine höhere Kundenorientierung. FinTechs bieten aber nicht nur alte

Produkte auf neue Weise an – sie entwickeln auch ganz neue Dienste wie länder-

übergreifende Zahlungen, Mikrodarlehen oder Robo-Anlageplattformen, bei denen

nahezu alle Prozesse auf Algorithmen beruhen und der Mensch kaum noch ein-

greift.28

Der Markteintritt von FinTechs hat unterschiedliche Auswirkungen auf die Finanz-

sektoren in Industrie- und Entwicklungsländern. Während FinTechs in weit entwi-

ckelten Finanzmärkten etablierte Geschäftsmodelle attackieren und dadurch die

Erträge der Banken gefährden (in Deutschland ist in den nächsten Jahren dadurch

ungefähr ein Drittel aller bisherigen Bankerträge gefährdet29

), tragen sie in Ent-

wicklungsländern zur Entwicklung und zum Wachstum des formalen Finanzsektors

bei. So wird M-Pesa in Kenia vor allem für Zahlungen genutzt, die vorher durch

den Einsatz von Bargeld durchgeführt wurden. Dadurch wurden informelle Trans-

aktionen formalisiert und in den Finanzsektor überführt. FinTechs wie M-Pesa,

welche über Zahlungsverkehrsdienstleistungen bisher vom formalen Finanzsektor

ausgeschlossene Individuen und KKMUs bedienen, bieten darüber hinaus etab-

lierten Banken die Möglichkeit, über die Zahlungsverkehrsplattform Kundengrup-

pen zu erreichen, die sonst außerhalb ihrer Reichweite wären. Ebenso tragen

FinTechs, welche Kredite an Kundengruppen vergeben, die bisher vom formalen

Finanzsektor vernachlässigt wurden (z.B. informelle KKMUs), zum allgemeinen

Wachstum des Finanzsektors bei.

Zur effektiven Nutzung von Digital Finance, etwa zur Integration mit digitalem

Zahlungsverkehr, müssen die IT-Systeme einschließlich der Kernbankensysteme30

der Anbieter in der Lage sein, solch eine Integration zu ermöglichen. Vor allem bei

kleineren Finanzinstitutionen sind oft Erneuerungen notwendig, z.B. um die Echt-

zeitabwicklung von Transaktionen zu ermöglichen.

28

McKinsey (2016). FinTech – Herausforderung und Chance: Wie die Digitalisierung den Finanzsektor verändert. 29

ibid. 30

Das Kernbankensystem (Core Banking System) bezeichnet das Computersystem, das die Kernprozesse einer Bank (Core Banking) innerhalb der Informationstechnologie abbildet.

>>> Hinweis

Banken und FinTechs bzw. „Nichtbanken“ arbeiten bei der Bereitstellung von

Digital Finance Dienstleistungen oft in strategischen Partnerschaften zusammen.

Bei Mobile Money-Diensten in Ostafrika (wie M-Pesa) z.B. besteht grundsätzlich

eine vertragliche Kooperation zwischen Nichtbank (Mobilfunkanbieter) und Bank.

Dabei übernimmt die Nichtbank oft die federführende Rolle – Kundenbeziehung,

Branding, Management von Agent-Netzwerken – während die Bank als Treuhän-

der der Einlagen der Kunden fungiert.

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2.2.4. Support-Dienste:

Dieser Begriff umfasst Leistungen, welche Digital Finance-Anbieter für die Bereit-

stellung von Digital Finance-Dienstleistungen nutzen:

Datenverarbeitung und -analyse. Datenerfassung, -verarbeitung und -analyse

sind Grundlage für bestimmte Digital Finance-Dienstleistungen wie Digital Credit.

Die Daten und Datenquellen gehen über die traditionellen Datensätze von Finan-

zinstitutionen und Kreditbüros hinaus. Die Datenquellen umfassen unter anderem

historische Handy-Guthaben sowie durchgeführte digitale Zahlungen der Kreditsu-

chenden. Dadurch bieten sich neue Chancen der Kreditprüfung.

Prozessoptimierung. Durch IKT bieten sich Möglichkeiten, Prozesse beim Ver-

trieb und im Back-Office zu optimieren. Beispielsweise kann die Effizienz des

Feldpersonals durch Tablets, die Daten zu (potenziellen) Kunden direkt in Kunden-

Datenbanken der Anbieter einspeisen, erhöht werden. Im Bereich der alternativen

Zugangspunkte können IKT Support-Dienste Management und Monitoring von

Agents erleichtern bzw. verbessern.

Support-Dienste können von spezialisierten Anbietern bereitgestellt, oder von

Finanzdienstleistern selbst entwickelt und in den Geschäftsbetrieb integriert wer-

den. Manchmal sind sie auch Teil von Kooperationen; mit Banken kooperierende

Mobilfunkunternehmen sind oft in einer guten Position, Banken bei der Datener-

fassung zu unterstützen bzw. mit Daten zu versorgen.

2.2.5. (Finanz-)Infrastruktur:

Infrastruktur für digitalen Zahlungsverkehr. Effiziente Infrastruktur, die alle

(potenziellen) Anbieter ohne hohe Markteintrittsbarrieren nutzen können, ist ent-

scheidend für die schnelle und nachhaltige Ausweitung des Marktsegments Digital

Finance und das daraus resultierende inklusive Wachstum. Die Zahlungsverkehrs-

Infrastruktur eines Wirtschaftsraums umfasst Individualzahlungsverkehrssysteme

für den Interbanken-Saldenausgleich (Large-Value Interbank Gross Settlement

System) und elektronische Massenzahlungsverkehrssysteme für alltägliche Kun-

denzahlungen wie beispielsweise Überweisungen, Lastschriften, Kartenzahlungen

und mobile Zahlungen (Retail Payments Systems). Zu Letzteren gehören Clea-

ringhäuser/Abwicklungsstellen (Automatic Clearing House) und National Switches,

welche Kleinbetragszahlungen verschiedener Anbieter abwickeln.

Technologische Infrastruktur ist unabdingbar, um Interoperabilität, Sicherheit und

Effizienz im Zahlungsverkehr zu gewährleisten. Dabei gibt es sowohl private Lö-

sungen von Finanzinstituten (Bankennetzwerke) als auch öffentliche Initiativen.

Eine moderne und wettbewerbsfördernde Infrastruktur für Zahlungsverkehr ermög-

licht es allen Finanzdienstleistern, signifikante Kostenreduzierungen und Effizienz-

steigerungen zu erzielen.31

Zugangspunkte. Zugangspunkte für Finanzdienstleistungen (Financial Access

Points) sind alle physischen Orte, an denen Kunden Transaktionen durchführen

können. Dazu gehören traditionelle Bankfilialen sowie alternative Zugangspunkte

wie Geldautomaten, Geschäfte mit Möglichkeiten für Kartenzahlung, Kioske, Tank-

stellen und Einzelhandelsketten. Dritte, welche im Namen von Finanzinstituten

elementare Leistungen wie Einzahlungen und Abhebungen anbieten, werden

Agents genannt (in Lateinamerika auch correspondentes). Sofern es die Regulie-

rung erlaubt, kann jede Organisation mit Kundennähe als alternativer Zugangs-

punkt fungieren.

31

Weltbank (2016). Payment aspects of financial inclusion.

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24 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Dazu wird eine elementare IKT-Ausstattung wie POS-Geräte (für kartenbasierte

Angebote) benötigt. Kunden können dadurch Transaktionen auch fernab von tradi-

tionellen Bankfilialen durchführen. Zugangspunkte sind ein Grundpfeiler von Digi-

tal Finance-Dienstleistungen, da auf absehbare Zeit Ein-/Auszahlungen notwendig

sein werden, vor allem in Entwicklungsländern. Innovative Zugangspunkte stellen

also einen zentralen Baustein der Finanzmarktinfrastruktur sowie der Geschäfts-

modelle moderner MFIs und Banken dar.

Effektive Systeme für die Kundenidentifizierung. Laut der 2016 ID for Develo-

pment (ID4D) Datenbank der Weltbank haben 1,5 Milliarden Menschen weltweit

keinen offiziellen Identitätsnachweis und bleiben damit von der Inanspruchnahme

staatlicher Dienstleistungen, bürgerlicher Rechte und Finanzdienstleistungen aus-

geschlossen. Zur Verhinderung von Geldwäsche und von Terrorismusfinanzierung

müssen Finanzdienstleister die Identitäten ihrer Kunden prüfen. In vielen Entwick-

lungsländern, wo weite Teile der Bevölkerung ohne Identitätsnachweis sind, haben

die Regierungen entsprechende Initiativen auf den Weg gebracht.

Wo dies nicht der Fall ist, oder etwa in Flüchtlingskontexten, können auch sektora-

le bzw. produktbezogene Ausweisdokumente Abhilfe schaffen. Biometrische Daten

und digitale Datenbanken können eine entscheidende Rolle spielen. So lassen

sich durch digitale Identitätsnachweise z.B. Konten aus der Entfernung eröffnen,

was die Kosten der Kontoeröffnung entscheidend senken und dadurch finanzielle

Inklusion fördern kann, vor allem für benachteiligte Bevölkerungsgruppen in ländli-

chen Gebieten. Einzelne Transaktionen lassen sich biometrisch bestätigen (über

Fingerabdruck oder Iris des Auges).

IKT Zugang. Zusätzlich zu den oben beschriebenen Komponenten der Finanzinf-

rastruktur ist für Digital Finance eine robuste IKT-Infrastruktur sowie der Zugang

zu Elektrizität erforderlich. Für Digital Finance-Transaktionen ist (i) Zugang zu

Kommunikationsnetzwerken (mobile, Kabel) sowie (ii) zu Endgeräten (Mobiltelefo-

ne, Karten, Tablets) notwendig. Der IKT-Zugang setzt daher eine breite Netzabde-

ckung sowie einen breiten Zugang zu Endgeräten voraus. Endgeräte brauchen

außerdem meist Elektrizität.

Auf der Nutzerseite erfordern die meisten Digital Finance-Leistungen keinen Zu-

gang zu (mobilem) Internet. In Afrika nutzen die meisten digitalen Zahlungsver-

kehrsdienste z.B. das Kommunikationsprotokoll USSD, wofür keine Datenverbin-

dung erforderlich ist; eine 2G-Verbindung reicht in diesen Fällen. Für Dienstleister,

die mit großen Datenmengen operieren, sind allerdings Breitbandverbindungen

erforderlich. Da diese Gebiete nicht im Finanzsektor zu verorten sind, werden sie

in dieser Studie nicht im Detail betrachtet.

Abbildung 3 verdeutlicht das Zusammenwirken der verschiedenen Infrastruktu-

relemente.

>>> Hinweis

Für (nicht filialgebundene) Vertriebsmodelle, welche Agents nutzen, werden

auch die Begriffe Agent Banking und Branchless Banking verwendet.

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25 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Abbildung 3: Zusammenwirken der Digital Finance Infrastrukturelemente

Informations- und Mittelfluss Informationsfluss Quelle: Eigene Darstellung, nach Weltbank

2.2.6. Rahmenbedingungen:

Regulatorische Rahmenbedingungen. Förderliche regulatorische Rahmenbe-

dingungen sind eine Grundvoraussetzung für Digital Finance. Dabei sind Regula-

rien aus verschiedenen Sektoren relevant:

Finanzsektor: Gesetzgebung und Regulierung zu Zahlungsverkehr; Mobi-

lisierung von Einlagen, E-Geld, Nutzung von alternativen Vertriebskanä-

len; Nutzung von alternativen Zugangspunkten bzw. des filialungebunde-

nen Vertriebs von Finanzdienstleistungen (z.B. über Dritte); allgemeines

regulatorisches Rahmenwerk für „Nichtbank“-Finanzdienstleister wie Zah-

lungsverkehrsdienstleister (u.a. Mobilfunkunternehmen) oder FinTechs.

Kommunikationssektor: Regulierung hinsichtlich des Zugangs zu Kom-

munikationsnetzwerken. In vielen Ländern spielt etwa der Zugang zum

Nachrichtenprotokoll USSD eine entscheidende Rolle.

Wettbewerb: Zur vollen Freisetzung des Potenzials von Digital Finance

müssen alle Anbieter (ob Bank oder Nichtbank) auf faire Weise miteinan-

der konkurrieren können.

Ein regulatorisches Rahmenwerk ist dann förderlich für Digital Finance, wenn es

Innovation und Wettbewerb in allen Teilbereichen des Ökosystems erlaubt bzw.

unterstützt. Ein entscheidender Aspekt ist dabei die Beseitigung von Marktein-

trittsbarrieren, z.B. für FinTechs (level playing field). Regulierung und Aufsicht

sollten proportional sein (risk-based approach) und nur dort eingreifen, wo die

Öffentlichkeit sonst durch Marktversagen gefährdet wäre.

Kundenschutz. Kundenschutz (Responsible Digital Finance) ist besonders wich-

tig, da gerade ärmere / ländliche Bevölkerungsgruppen oft keine Erfahrung mit IKT

haben.

Datenschutz. Jede digitale Transaktion hinterlässt eine digitale Spur, woraus

vorher nicht dagewesene Datenmengen entstehen (Big Data). Aus diesen Daten-

mengen ergeben sich neue Chancen wie Digital Credit, aber sie bergen auch

Gefahren, z.B. wenn die Privatsphäre der Nutzer nicht respektiert wird. Datenauf-

bewahrung und -verwendung müssen klaren Datenschutzvorschriften folgen. Der

Datenaustausch-Plattformen

(z.B. Credit Reporting System)

Infrastruktur

Kundenidentifizierung

Abwicklungsstelle Interbanken-Plattform zur

Verrechnung kartenbasierter

Systeme

Individualzahlungsverkehrssysteme Interbanken-

Saldenausgleich

Kernbankensysteme

IKT

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26 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Datenschutz gehört daher zu den zentralen Rahmenbedingungen für Digital Fi-

nance.

2.3. Chancen für Finanzinstitutionen: die Perspektive der Anbieter

Durch IKT eröffnen sich für Finanzinstitutionen neue Möglichkeiten hinsichtlich des

Vertriebs von Finanzdienstleistungen sowie der Gestaltung von Back Office-

Prozessen. Dadurch können Finanzinstitutionen einerseits neue Kundengruppen

und Ertragsquellen erschließen und andererseits signifikant Kosten einsparen. Um

das volle Potenzial von Digital Finance auszuschöpfen, müssen Finanzinstitutio-

nen allerdings ihre traditionellen Geschäftsmodelle überdenken und neue Kapazi-

täten schaffen.

2.3.1. Vertrieb

Alternative Vertriebskanäle. Beim Vertrieb waren Finanzdienstleister vor der

mobilen Revolution in hohem Maße auf Zweigstellen (-Netzwerke) bzw. ver-

gleichsweise kostspielige technologische Infrastruktur wie Geldautomaten ange-

wiesen.32

Durch den Einsatz von IKT lassen sich die Kosten des Vertriebs von

Finanzdienstleistungen entscheidend senken. Für traditionelle Finanzinstitute wie

Geschäftsbanken und Mikrofinanzinstitutionen bieten IKT eine Reihe von alternati-

ven Vertriebskanälen.

Abbildung 4 fasst die alternativen Vertriebskanäle zusammen33

:

32

Die Weltbank schätzt die Kosten für die Errichtung einer Bankfiliale auf durchschnittliche 250,000 US Dollar. 33

Abbildung aus IFC (2014). Alternative Delivery Channels and Technology: Handbook.

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Abbildung 4: Alternative Vertriebskanäle

Quelle: IFC

Die Abbildung enthält eine Übersicht der folgenden Kanäle:

Geldautomaten

Internet Banking

Agent Banking

Extension Services

Mobile Banking

E-Wallet / Mobile Wallet

Call Center

Die verschiedenen alternativen Vertriebskanäle unterscheiden sich hinsichtlich

Kundenkontaktpunkten (mit wem oder was der Kunde interagiert), Leistungen

welche über den Vertriebskanal angeboten werden, Endgeräten, Software Apps,

den verwendeten Kommunikationskanälen und den Authentifizierungsmechanis-

men. Die Tabelle in Anlage 2 verdeutlicht die Unterschiede der Vertriebskanäle.

Welcher Vertriebskanal bzw. welche Kombination von Vertriebskanälen am rele-

vantesten ist, hängt stark von der Geschäftsstrategie der Finanzinstitution sowie

der Marktverhältnisse im Kooperationsland ab. Es kann jedoch allgemein festge-

stellt werden, dass Finanzinstitutionen heutzutage grundsätzlich Alternativen zum

traditionellen filialgebundenen Vertrieb zur Verfügung stehen und dass deren Re-

levanz zur Erreichung von Geschäftszielen geprüft werden sollte.

Support-Dienste und Innovationen für den Vertrieb. Betrieb bzw. Nutzung

alternativer Vertriebskanäle stellt Finanzinstitutionen vor große Herausforderun-

gen. Darüber hinaus bestehen Herausforderungen bei der Inklusion ärmerer Be-

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28 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

völkerungsgruppen etwa bei der Kontoeröffnung oder aufgrund von Analphabetis-

mus. Vielversprechende Innovationen und Support-Dienste adressieren diese

Herausforderungen.

Herausforderungen Innovative IKT-Lösungen

Aufbau und Betrieb geogra-

phisch weitreichender Zugangs-

punkte bzw. (Agent)-Netzwerke,

die qualitativ hochwertigen Ser-

vice bieten und so das Vertrau-

en der Kunden sichern, sind ei-

ne große Herausforderung. Fi-

nanzdienstleister können ent-

weder ihr eigenes Netzwerk

aufbauen oder über Vereinba-

rungen mit anderen Anbietern

deren Zugangspunkte nutzen. In

jedem Fall müssen Servicequali-

tät Liquidität der Zugangspunkte

sichergestellt werden.

Mangelnde Interoperabilität von

Zugangspunkten.

Mobile Feldmanagementtools, wel-

che Daten zu Monitoring, Transaktio-

nen und Liquidität beinhalten.

Spezialisierte Anbieter die Dienstleis-

tungen im Bereich Agent Manage-

ment übernehmen.

Der Prozess der Kontoeröffnung ist

oft zeitaufwändig und teuer für Fi-

nanzdienstleister. Die Ursachen

hierfür sind die Grenzen papierba-

sierter Datenerfassung sowie teils

fehlerhafte Dateneingaben des

Feldpersonals. Wenn Kunden ein

Produkt nicht sofort nutzen können,

verlieren sie oft Interesse und Ver-

trauen in das Produkt.

Durch IKT kann der Prozess der Kontoer-

öffnung schneller, effizienter und kosten-

günstiger gestaltet werden. Kundendaten

und -dokumente können elektronisch

erfasst (z.B. über Tablet-PCs) und direkt

in Datenbanken eingespeist werden.

Konten können binnen weniger Minuten

aktiviert werden, wodurch die Kundener-

fahrung entscheidend verbessert wird.

Analphabetismus ist eine zentrale

Eintrittsbarriere in manchen armen

Regionen, z.B. für die Nutzung von

Diensten, die Authentifizierung über

PIN erfordern. Auch Betrug kann die

Wirtschaftlichkeit von Finanzangebo-

ten beeinträchtigen.

Durch biometrische Lösungen der Authen-

tifizierung (Fingerabdruck, Stimme) kann

(i) der Zugang zu Finanzdienstleistungen

für Analphabeten verbessert sowie (ii) die

Anfälligkeit für Betrug reduziert werden.

Vor allem für kleinere Finanzinstituti-

onen ist die technologische Integra-

tion mit digitalem Zahlungsverkehr,

die für die Ausschöpfung des Poten-

zials von Digital Finance notwendig

ist, oft schwierig. Die Ursachen sind

mangelnde institutionelle und tech-

nologische Kapazitäten seitens der

kleineren Finanzinstitutionen und

das Fehlen einheitlicher Program-

mierschnittstellen (Application Pro-

gramming Interfaces, API) seitens

der digitalen Zahlungsverkehrssys-

teme.

Innovative Lösungen von Drittanbietern

ermöglichen die Integration von kleineren

Finanzinstitutionen (wie MFIs und Finanz-

kooperativen) und Zahlungsverkehrs-

dienstleistern.

Quelle: Eigene Zusammenfassung

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2.3.2. Back Office: Daten

Kreditprüfung mit Hilfe von alternativen Daten. In Entwicklungsländern beste-

hen meist keine Möglichkeiten für Finanzinstitutionen, die Kreditwürdigkeit von

armen Kunden auf traditionelle Weise zu prüfen – Kreditinformationssysteme exis-

tieren entweder nicht oder verfügen nicht oder nur sehr begrenzt über Daten zu

armen Haushalten und informellen KKMUs. Aufgrund der Abwesenheit von ver-

lässlichen Informationen zur Kreditwürdigkeit wurde im Mikrofinanzbereich mit

verschiedenen Modellen zum Risikomanagement experimentiert, wie z.B. der

Gruppenkredit-Methodik.

Die verbreitete Nutzung von Mobiltelefonen und anderen IKT-Endgeräten (wie

etwa Tablets) eröffnet neue Möglichkeiten. Die Nutzer von mobilen Dienstleistun-

gen hinterlassen kontinuierlich digitale Spuren in Form von Daten: Handy-

Guthaben, Sprach- und SMS-Verbrauchsprofile sowie ggf. finanzielle Transaktio-

nen. Diese Daten können die Grundlage für die Prüfung der Kreditwürdigkeit ent-

scheidend verbessern, auch in Kombination mit von der Finanzinstitution direkt

erfassten Informationen.

Business Intelligence durch alternative Daten. Über IKT erfasste Daten zu

Nutzungsmustern bieten abgesehen von der Kreditprüfung weitere Anwendungs-

bereiche. So können sie unter anderem entscheidende Hinweise zum Verbrau-

cherverhalten (z.B. nach Kontoeröffnung), zur Effektivität und Wirtschaftlichkeit

einzelner Zugangspunkte sowie zur Effizienz des Feldpersonals liefern. Diese

Informationen können für Prozessoptimierung und Marketing eingesetzt werden.

2.3.3. Kostenreduzierung

Durch den Einsatz von IKT lassen sich Kosten in drei Bereichen reduzieren, die

für finanzielle Inklusion relevant sind: Ein-/Auszahlungen, Konten und Transaktio-

nen.

Ein-/Auszahlungen. Ein-/Auszahlungen werden mittelfristig weiterhin entschei-

dende Faktoren für den Zugang zu Finanzdienstleistungen sein. Sogar in Norwe-

gen, wo weltweit prozentual die meisten Zahlungen digital durchgeführt werden,

erfolgen immer noch 22% der Zahlungen in bar34

. In Entwicklungsländern werden

die Menschen, vor allem in ärmeren Regionen, mindestens in mittlerer Frist einen

hohen Bedarf an Bargeld haben. Dies verdeutlicht, dass digitale Transaktionen

und Bargeldzahlungen mittelfristig koexistieren werden. Daher sind Zugangspunk-

te für jedes digitalisierte Zahlungsverkehrssystem ein wichtiger Erfolgsfaktor be-

züglich Akzeptanz und entsprechender Nutzung durch die Kundschaft. Breit ver-

fügbare Ein-/Auszahlungen gehören zu einem inklusiven Finanzsektor. Durch

alternative Zugangspunkte kann die Versorgungsdichte entscheidend erhöht wer-

den. Ein-/Auszahlungen bei Agents kosten Finanzdienstleister bis zu 90% weniger

als in traditionellen Bankfilialen.

Konten. Der Betrieb eines Kontos kostet traditionelle Finanzdienstleister in Ent-

wicklungsländern zwischen 20 und 30 US-Dollar pro Jahr. Die Kosten beinhalten

variable Kosten etwa für die Kontoeröffnung sowie fixe Kosten für den fortlaufen-

den Betrieb des Kontos u.ä. Digital Finance-Angebote wie z.B. Mobile Wallets

dagegen kosten zwischen 6 und 15 US-Dollar pro Jahr – also 60% weniger als

traditionelle Bankkonten. Es wird davon ausgegangen, dass bei optimaler Ausge-

staltung der technologischen Systeme bzw. bei hohem Digitalisierungsgrad Digital

Finance-Anbieter die Kosten von Konten auf bis zu 5 US-Dollar reduzieren kön-

nen.

34

McKinsey & Company (2016). Digital Finance for All: Powering Inclusive Growth in Emerging Econo-mies.

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Transaktionen. Digitale Zahlungstransaktionen, z.B. digital initiierte Überweisun-

gen, kosten Finanzdienstleister 90% weniger als analoge Transaktionen. Bei aus-

reichender Größe des Systems sowie hoher operationeller Effizienz könnten die

Kosten pro digitaler Transaktion auf bis zu 0,04 US-Dollar reduziert werden.

2.4. Herausforderungen

Aus entwicklungspolitischer Sicht ist das Ziel des Einsatzes bzw. der Förderung

von Digital Finance die verantwortungsbewusste (Responsible Finance) und uni-

verselle Ausweitung des Zugangs zu Finanzdienstleistungen – vor allem für bisher

benachteiligte Haushalte und Unternehmen. Während das Potenzial von Digital

Finance zur Erreichung dieses Ziels – durch rasantes Wachstum einiger Teilgebie-

te (Mobile Money) und anhand von Erfolgsbeispielen wie M-Pesa – belegt ist,

bleiben in vielen Ländern große Herausforderungen im Bereich Digital Finance

hinsichtlich des Ziels der universellen finanziellen Inklusion bestehen. Digital Fi-

nance bleibt weiterhin ein junger Industriezweig.

Die Herausforderungen betreffen Zugang, Nutzung, Qualifizierung der Nachfra-

geseite, Finanzinfrastruktur, Regulierung, Datenschutz und IKT-Infrastruktur. Die

Abbildung unten fasst die systemischen Grundvoraussetzungen sowie die Schlüs-

selfaktoren für universellen Zugang und nachhaltige Nutzung von Digital Finance-

Finanzdienstleistungen zusammen.

Abbildung 5: Systemische Voraussetzungen

Quelle: Eigene Darstellung

Im Folgenden werden weit verbreitete Herausforderungen in den verschiedenen

Bereichen dargestellt:

Regulierung, Kunden- und Datenschutz. Förderliche regulatorische Rahmenbe-

dingungen sind eine Grundvoraussetzung für Digital Finance (Prinzip 3 der G20

High Level Principles for Digital Financial Inclusion, s. Anlage 1). Laut der GSMA

gab es 2015 in 51 von 93 Entwicklungs- und Schwellenländern ein förderliches

Verfügbar-keit von

Zugangs-

punkten

Bedarfsge-rechte Pro-

dukte

Qualifizier-te Nachfra-

ge

Finanzinfrastruktur

Universeller Zugang zu und Nutzung von Finanzdienstleis-

tungen (Haushalte und Unternehmen)

Digitalisie-rung von Massen-

zahlungen

Regulierung / Kunden- und Datenschutz

IKT-Infrastruktur / Zugang zu Endgeräten

Schlüssel-faktoren für breite(n) Zugang und Nutzung

Systemi-sche Grund-vorausset-

zungen

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31 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Rahmenwerk für mobilen Zahlungsverkehr35

; es gibt also noch Verbesserungsbe-

darf. Die Alliance for Financial Inclusion, die UN ITU, CGAP und andere TZ-

Organisationen einschließlich der GIZ fördern diesen Bereich.

Im Bereich des Kundenschutzes (Prinzip 5 der G20 High Level Principles for Digi-

tal Financial Inclusion, s. Anlage 1) gibt es sowohl in der Industrie als auch unter

internationalen Organisationen einschlägige Initiativen. So wurde im November

von der GSMA der Code of Conduct for Mobile Money Providers verabschiedet,

mit dem Ziel, einheitliche Prinzipien zur Selbstregulierung im Sinne von Respon-

sible Finance zu etablieren. Am Code of Conduct nehmen viele führende Mobile

Money-Anbieter (Mobilfunkunternehmen) teil – welche insgesamt mehr als 70%

der aktiven Kunden weltweit repräsentieren36

. Die von den Vereinten Nationen

(UNCDF) koordinierte Better than Cash Alliance hat im Juli 2016 Richtlinien zu

Responsible Digital Payments37

veröffentlicht. Eine entscheidende Herausforde-

rung ist weiterhin der Datenschutz. Kunden- und Datenschutz sind daher Priori-

tätsthemen der Global Partnership for Financial Inclusion im Rahmen der deut-

schen G20-Präsidentschaft 201738

.

Finanzinfrastruktur. Bei der Finanzinfrastruktur bestehen große Herausforderun-

gen:

Zahlungsverkehr. Im Bereich Zahlungsverkehr sind mittlerweile in den meis-

ten Ländern Individualzahlungsverkehrssysteme für den Interbanken-

Saldenausgleich (Large-Value Interbank Gross Settlement System) vorhan-

den; der Elektronische Massenzahlungsverkehr (Retail Payment Systems;

umfasst u.a. Zahlungen zwischen Haushalten und KKMUs) ist in vielen Ent-

wicklungsländern jedoch noch nicht weit entwickelt. Vielversprechende Inno-

vationen sind vor allem Zahlungssysteme, welche über Handys digitale Zah-

lungen ermöglichen. Diese sind jedoch meist nicht kompatibel (daher „in-

teroperabel“) mit anderen Zahlungssystemen bzw. Bankennetzwerken. Dar-

über hinaus ist kleineren Finanzintermediären wie Mikrofinanzinstitutionen

und Finanzgenossenschaften der Zugang zu nationalen Zahlungsverkehrs-

systemen oft gänzlich verwehrt. Im Bereich des mobilen Zahlungsverkehrs,

welcher meist von großen Mobilfunkanbietern angeboten wird, herrschen da-

zu in vielen Märkten monopolartige Marktverhältnisse. Fragmentierter Zah-

lungsverkehr (d.h. Mangel an Interoperabilität) und zu hohe Eintrittsbarrieren

haben negative Auswirkungen auf das Produktangebot, führen zu hohen Kos-

ten und schränken den Wettbewerb ein. Finanzielle Hindernisse befinden sich

auf zentraler Ebene – an Knotenpunkten unterschiedlicher Systeme bzw. an

der nationalen Zahlungsverkehrsinfrastruktur (Clearinghäuser, National Swit-

ches etc.) – sowie auf der Ebene der Finanzinstitutionen, die oft technologi-

sche Upgrades erfordern (z.B. der Kernbankensysteme), um einen Anschluss

an moderne zentrale Infrastruktur zu realisieren.

Kundenidentifizierung. Kunden können Digital Finance-Leistungen nur nut-

zen, wenn sie sich ausweisen können. In vielen Entwicklungsländern verfügen

Menschen, vor allem unter ärmeren Bevölkerungsgruppen, jedoch nicht über

hinreichende Ausweisdokumente. In der Region Afrika und MENA z.B. sind

nur 62% der Bevölkerung formal registriert und in Südasien nur 64%. IKT-

Lösungen ermöglichen die Erstellung von subsidiären Ausweisdokumenten

sowie die Bestätigung von Transaktionen per Fingerabdruck; dadurch können

Eintrittsbarrieren, u.a. für Analphabeten, überwunden werden.

Zugangspunkte. Auch bei der Verfügbarkeit von Zugangspunkten bestehen

in vielen Entwicklungsländern Herausforderungen – insbesondere dort, wo ein

Großteil der Menschen weit entfernt von einem Zugangspunkt lebt. In vielen

35

GSMA (2015). State of the Industry Report Mobile Money. 36

http://www.gsma.com/mobilefordevelopment/programmes/mobile-money/policy-and-regulation/code-of-conduct 37

http://www.uncdf.org/sites/default/files//Documents/btca-responsible_digital_payments_guidelines_and_background.pdf 38

GPFI (2017). Germany 2017 Priorities Paper.

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32 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Ländern stellen Postfilialen-Netzwerke einen konkreten Ansatzpunkt dar, da

diese in vielen Entwicklungsländern weiter verbreitet sind als Filialnetzwerke

des Finanzsektors. Hier fehlt es jedoch oft an hinreichender IKT-Ausstattung

für Finanztransaktionen und an Kapital für entsprechende Investitionen.

Kapazitäten der (traditionellen) Finanzinstitutionen. Vielen traditionellen Fi-

nanzinstitutionen, vor allem kleineren Mikrofinanzinstitutionen, fehlt es an instituti-

onellen Kapazitäten, um das volle Potenzial von Digital Finance zu nutzen. Dies

betrifft das Personal sowie die IT-Systeme. Zur reibungslosen Integration von

digitalem Zahlungsverkehr und der Verwirklichung von Echtzeit-Transaktionen sind

jedoch moderne IT-Systeme (z.B. Kernbankensysteme) notwendig. Hier besteht

bei vielen Finanzinstitutionen Investitionsbedarf.

Bedarfsgerechte Produkte. Aktuell wird Digital Finance weiterhin vornehmlich für

vergleichsweise elementare Anwendungen wie Überweisungen und das Aufladen

von Handy-Guthaben genutzt. Die Nutzung von Spar-, Kredit- und Versicherungs-

produkten verzeichnet zwar starkes Wachstum, ist aber weiterhin begrenzt, vor

allem unter ärmeren Bevölkerungsgruppen. Dies liegt auch daran, dass oft keine

auf die Bedürfnisse von verschiedenen Bevölkerungsgruppen zugeschnittenen

Produkte vorhanden sind. Die Entwicklung von bedarfsgerechten Produkten ist für

Finanzdienstleister oft teuer und risikoreich; in vielen Entwicklungsländern fehlt es

an Innovationskapital.

Qualifizierte Nachfrage. Um Digital Finance-Dienstleistungen zu ihrem besten

Vorteil zu nutzen, brauchen Menschen und KKMUs ein Mindestmaß an finanzieller

und IKT-Grundbildung. Diese ist jedoch, vor allem bei ärmeren Kundengruppen,

oft nicht vorhanden.

Digitalisierung von Massenzahlungen. Eine Kernherausforderung für die Nut-

zung von Digital Finance ist in vielen Ländern, Vertrauen in das System zu schaf-

fen und dadurch den Wechsel aus der bargelddominierten informellen Wirtschaft

in das formale Finanzsystem zu unterstützen. Internationale Erfahrung zeigt, dass

digitaler Zahlungsverkehr dort von der größten Zahl der Bevölkerung (auch sol-

chen Bevölkerungsgruppen, die kein formelles Bankkonto haben) genutzt wird, wo

ein konkreter Anwendungsbereich besteht. Hier können Zahlungen von öffentli-

chen Institutionen (G2P) oder Unternehmen (B2P) eine große Rolle spielen, wel-

che den Nutzern einen konkreten Anwendungsbereich bieten und gleichzeitig

Kosten für die zahlende Institution einsparen.

IKT Infrastruktur. Um das volle Potenzial von Digital Finance freizusetzen, wer-

den auf Nutzerebene Mobiltelefone mit mindestens 2G-Anschluss benötigt, sowie

zuverlässige und leistungsfähige Datentransfersysteme (Mobilfunkanbindung und

Breitband–Backbone) für Anbieter.

Wie oben erwähnt, sind Digital Finance-Dienstleistungen grundsätzlich Teile von

Ökosystemen. Dabei ist jeder Teil des Ökosystems zum Gelingen des Ganzen

notwendig. Um Digital Finance im Sinne von nachhaltigem Wachstum zu fördern,

sollten Interventionen dort ansetzen, wo der Markt versagt. Es sollten daher sol-

che Teilbereiche gefördert werden, welche langfristig zu positiver und nachhaltiger

Entwicklung führen.

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33 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Land Projekttitel KfW-Leit-

sektor

Status Projekt-typ

The-menbe-

reich

Gesamt-volumen

Ghana Bargeldloses Zahlungsver-kehrssystem („e-zwich“)

Finanznanz-sektor

Laufend Eigen-ständig

Infra-struktur

5,625,000

Mosambik

Branchless Banking

Finanznanz-sektor

Laufend Eigen-ständig

Infra-struktur

4,000,000

Pakis-tan

Mikrofinanzie-rungspro-gramm Treu-handbeteili-gung

Finanznanz-sektor

Laufend Weiter-entwick-lung

Anbieter 2,000,000

Kenia Treuhandbe-teiligung an MFI Musoni

Finanznanz-sektor

Laufend Eigen-ständig

Anbieter 2,000,000

Geor-gien

EFSE / En-hancing Crys-tal’s Product Offering for Agricultural Clients

Finanznanz-sektor

Laufend Weiter-entwick-lung

Support-Service

180,000

Nami-bia

Aufbau Zah-lungsver-kehrssystem der namibi-schen Post-bank

Finanznanz-sektor

Abge-schlos-sen

Eigen-ständig

Infra-struktur

1,183,000

Ugan-da

Entwicklung des Zah-lungsver-kehrssystem

Finanznanz-sektor

Abge-schlos-sen

Eigen-ständig

Infra-struktur

1,020,000

Niger Mobiles Be-zahlsystem für Lehrer

Bil-dung

Nicht umge-setzt

Integrati-on

Dienst-leistung

-

Sene-gal

Förderung der Finanzsyste-mentwicklung („Mobile Ban-king“)

Finanznanz-sektor

Nicht umge-setzt

Eigen-ständig

Infra-struktur

9,500,000

Ge-samt

13,805,000

Quelle: Eigene Darstellung

3.1. Monetäres Volumen

Das Gesamtvolumen laufender Digital Finance-Projekte der KfW Entwicklungs-

bank beträgt 13,8 Millionen Euro, was einem Anteil von rund 0,2% des Gesamtvo-

lumens des Finanzsektorportfolios entspricht. Laut einer von CGAP im Jahr 2015

durchgeführten Befragung39

betrugen die Zusagen von Entwicklungsbanken für

39

CGAP (2015). International Financial Inclusion Funding Data.

3. Portfolioanalyse

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34 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Projekte mit einer Digital Finance-Komponente zusammen ca. 316 Millionen US-

Dollar (s. auch Anlage 4: CGAP Digital Finance Funder Survey). Absolut gesehen

liegt die KfW Entwicklungsbank in Bezug auf das Gesamtvolumen in etwa im

Trend der Entwicklungsbanken. Gemessen am hohen Potenzial von Digital Fi-

nance und den sich bietenden Möglichkeiten, Entwicklungsziele zu erreichen, ist

der Anteil von 0,2% des Finanzsektorportfolios jedoch als eher gering zu bewer-

ten.

3.2. Projekt- „Typen“

Die sich im KfW-Portfolio befindlichen bzw. in der Vergangenheit von der KfW

umgesetzten Projekte lassen sich in drei Projekt- „Typen“ unterteilen:

„Eigenständige“ Digital Finance FZ-Maßnahmen: FZ-Maßnahmen,

welche direkt darauf abzielen, durch Finanzierung von Digital Finance-

Komponenten oder Anbietern über Digital Finance Entwicklungsziele zu

erreichen. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass der Beitrag von IKT zur

Erreichung der Projektziele zentral ist; Digital Finance wird direkt geför-

dert.

„Weiterentwicklung” bestehender Ansätze durch Digital Finance: Fi-

nanzsektorprojekte, welche durch den Einsatz von Digital Finance wei-

terentwickelt werden, um die Zielerreichung zu fördern. Digital Finance ist

ein Mittel zum Zweck und leistet einen Beitrag zur Zielerreichung; es wird

indirekt gefördert.

Integration von Digital Finance in FZ-Maßnahmen in anderen Sekto-

ren: FZ-Maßnahmen in anderen Sektoren, in welche Digital Finance

Komponenten integriert werden, um zur Zielerreichung beizutragen. Digi-

tal Finance ist ein Mittel zum Zweck und leistet einen Beitrag zur Zieler-

reichung; es wird indirekt gefördert.

3.3. Aktuelle Projekte

Aktuell befinden sich drei „eigenständige“ Digital Finance-Projekte (Ghana,

Mosambik, Kenia) im Portfolio der KfW Entwicklungsbank, und zwei Finanzsektor-

projekte werden durch den Einsatz von Digital Finance „weiterentwickelt“. Im

Rahmen der „eigenständigen“ Digital Finance-Projekte werden die Beschaffung

von IKT-Infrastruktur finanziert (Ghana, Mosambik) sowie ein innovativer Digital

Finance-Anbieter (Kenia) beim institutionellen Aufbau gefördert. Bei der „Weiter-

entwicklung“ werden Finanzinstitutionen, welche im Rahmen bestehender Ansätze

(Eigenkapital, Refinanzierung) gefördert werden, durch Digital Finance-Ansätze

bei der weiteren institutionellen Entwicklung unterstützt.

3.3.1. Ghana: „Ländliche Finanzdienstleistungen / e-zwich“

Projekttyp. „Eigenständiges“ Digital Finance-Projekt.

Ziel der FZ-Maßnahme. Das Projektziel ist die Verbesserung des Zugangs zu

Finanzdienstleistungen für die ländliche Bevölkerung.

Projektträger. Projektträger sind das Finanzministerium, vertreten durch die Bank

of Ghana (für einen revolvierenden Kreditfonds), sowie Ghana Interbank Settle-

ment Systems Limited (GhIPSS; für die Implementierung). GhIPPS ist eine 100 %-

ige Tochter der Bank of Ghana und von dieser als Betreiber des nationalen Zah-

lungsverkehrs- und Verrechnungssystems beauftragt, die landesweite Einführung

von e-zwich umzusetzen.

Gestaltung der FZ-Maßnahme. Das Ziel soll durch die Kofinanzierung von Inves-

titionen in die ländliche Nutzung des nationalen Zahlungsverkehrssystems „e-

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35 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

zwich“ erreicht werden. Dazu wurde bei der Bank of Ghana ein revolvierender

Kreditfonds eingerichtet, über welchen Finanzinstitute und Zahlstellennetzwerke

(Access Points) die Möglichkeit haben, POS-Geräte an Zugangspunkten im ländli-

chen Raum zu finanzieren. Dadurch wird es Finanzinstituten ermöglicht, filialun-

gebundene Finanzprodukte im ländlichen Raum über e-zwich anzubieten. Das e-

zwich System nutzt ein biometrisches Verfahren zur Identifizierung von Kunden.

FZ-Beitrag. Der FZ-Beitrag ist ein Darlehen für den Investitionsanteil von 7,0 Mio.

Euro sowie ein Finanzierungsbeitrag in Höhe von 0,5 Mio. Euro (FZ-Zuschuss) für

eine personelle Unterstützung zugunsten des Projektträgers.

Verortung im Ökosystem. Das FZ-Projekt deckt die folgenden Digital Finance-

Teilbereiche ab: Access Points (Finanzierung von POS-Geräten) und Kundeniden-

tifizierung (biometrische Reader). Beide sind Teil der Finanzinfrastruktur und un-

terstützen Finanzinstitute bei der Bereitstellung von Finanzdienstleistungen im

ländlichen Raum auf marktneutrale Weise.

3.3.2. Mosambik: „Branchless Banking“ (Komponente 3 des FZ-

Programms „Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung – Finanzsek-

torförderung")

Projekttyp. „Eigenständige“ Digital Finance-Komponente.

Ziel der FZ-Maßnahme. Ziel der Komponente Branchless Banking ist ein breiterer

Zugang und eine erweiterte Nutzung eines kostengünstigen und nachhaltigen

Angebots filialungebundener und mobilfunkbasierter Finanzprodukte und -

dienstleistungen in unterversorgten Gebieten und als geeignet erachteten Lokalitä-

ten (vorzugsweise ländliche Gebiete).

Förderansatz. Die Komponente ist in folgende drei Maßnahmenbereiche unter-

teilt:

1. Maßnahmenbereich. Die Beschaffung von Endgeräten (ATM, POS) und

Installation in als geeignet erachteten Lokalitäten in unterversorgten Ge-

bieten (vorzugsweise ländliche Gebiete) soll durch die mosambikanische

Zentralbank (Banco de Mocambique) und die Sociedade Interbancaría de

Mocambique (SIMO) mit Unterstützung eines externen Experten erfolgen;

2. Maßnahmenbereich. Einrichtung eines Data Recovery Centers (DRC) für

SIMO zur Datensicherung und zum Kundenschutz;

3. Maßnahmenbereich. Herstellung von Interoperabilität zwischen kommer-

ziellen Banken und Mobile Money Operators (MMO, hier: M-Pesa und

Mkesh) zur Erhöhung der finanziellen Inklusion.

>>> Empfehlungen

Es wird empfohlen, das Projekt um den Bereich „Infrastruktur digitaler Zah-

lungsverkehr“ zu erweitern und damit den Ansatz zu vervollständigen. Konk-

ret könnte GhIPSS bei der Herstellung von Interoperabilität zwischen mobi-

len Bezahlsystemen und dem nationalen (Banken-) Zahlungsverkehr sowie

beim Einbezug kleinerer Finanzinstitutionen in den nationalen Zahlungsver-

kehr unterstützt werden.

Hinsichtlich möglicher zukünftiger FZ-Maßnahmen im Bereich Digital Fi-

nance-Infrastruktur wird empfohlen, die Lernerfahrungen aus dem „e-zwich“

Projekt im Detail aufzubereiten.

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36 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Projektträger. Projektträger ist die mosambikanische Zentralbank (BdM). BdM

wird in dieser Komponente eng mit SIMO zusammenarbeiten, die von der BdM als

Projektpartner identifiziert wurde und an der die BdM 51% der Anteile hält. Die

übergreifende Verantwortung für die Vorbereitung und Durchführung der Maß-

nahme obliegt der BdM.

Gestaltung der FZ-Maßnahme. Die FZ-Mittel in Höhe von insgesamt 4 Mio. Euro

werden, gemäß bereits geschlossenem Finanzierungsvertrag, als Zuschuss an die

mosambikanische Regierung (MoEaF) vergeben, die diese wiederum als Zu-

schuss an die BdM (Projektträger) weiterleitet.

Verortung im Ökosystem. Das FZ-Projekt deckt die folgenden Digital Finance-

Teilbereiche ab: Zugangspunkte (Beschaffung von ATM, POS-Geräten) und Infra-

struktur digitaler Zahlungsverkehr (Herstellung von Interoperabilität; Einrichtung

eines Data Recovery Centers).

3.3.3. Kenia: Musoni

Projekttyp. „Eigenständiges“ Digital Finance-Projekt.

Ziel der FZ-Maßnahme. Ausbau des Angebots an bedarfsgerechten Finanzdienst-

leistungen für kleinste, kleine und mittlere Unternehmen (KKMU) durch Förderung

eines innovativen Digital Finance-Dienstleisters durch Eigenkapitalbeteiligung

(24,9%).

Projektträger. Die KfW hält eine Beteiligung an Musoni DTM Limited (Holding).

Operativ tätig ist die 100%-ige Tochtergesellschaft Musoni Kenya Limited.

Gestaltung der FZ-Maßnahme. Investitionen von 1,5 Mio. Euro in Eigenkapitalbe-

teiligung (24,9%). Darüber hinaus wurde im Januar 2013 eine Begleitmaßnahme

in Höhe von 0,5 Mio. Euro zugesagt, um Musoni in seiner Transformation zur

Deposit Taking MFI und in der Weiterentwicklung des Risikomanagements zu

unterstützen.

Verortung im Ökosystem. Das Projekt setzt bei einem FinTech Digital Finance-

Anbieter an und unterstützt die Transformation zu einer voll lizensierten Mikrofi-

nanzbank.

Bemerkenswertes zu Hintergrund und Entstehung. Musoni ist ein innovatives

FinTech-Unternehmen, das ausschließlich digitalen Zahlungsverkehr für Kre-

ditaus- und -rückzahlungen nutzt. Es hat weltweit eine Pionierrolle im Bereich

>>> Empfehlungen

Für die weitere Umsetzung im 1. Maßnahmenbereich wird empfohlen, eine

vergleichende Kosten/Nutzen-Analyse hinsichtlich der Ausgestaltung der fi-

nanziellen Zugangspunkte (etwa die Frage, ob Geldautomat oder Agent ge-

nutzt wird) sowie der zu beschaffenden IKT Komponenten durchzuführen.

Für die weitere Umsetzung im 3. Maßnahmenbereich wird empfohlen, die

verfügbaren technologischen Optionen (von National Switches) zu prüfen.

Die GSMA z.B. hat Zugang zu Listen von Technologie-Anbietern in jedem

Land (im Gespräch mit dem Consultant wurden diese nicht zur Verfügung

gestellt; es wurde jedoch in Aussicht gestellt, dass dies auf Nachfrage der

KfW bzw. des Projektträgers möglich sei).

Hinsichtlich möglicher zukünftiger FZ-Maßnahmen im Bereich Digital Fi-

nance-Infrastruktur wird empfohlen, die Lernerfahrungen aus dieser Maß-

nahme, wo relevant, detailliert aufzubereiten.

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37 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

bargeldlos operierender Mikrofinanzinstitutionen. Das KfW-Projekt entstand im

Rahmen der „Mikrofinanzinitiative für SSA (MIFSSA)“, in welcher die deutsche

Finanzielle Zusammenarbeit (FZ) den Ausbau des Angebots an bedarfsgerechten

Finanzdienstleistungen für KKMU unterstützt. Dies geschieht durch Investitionen

in panafrikanische Mikrofinanznetzwerke, die wiederum länderübergreifend in

nationale Mikrofinanzinstitutionen (MFI) in der Region SSA investieren. Interessan-

terweise wird hier ein innovatives FinTech-Unternehmen bei der Verbesserung

klassischer Geschäftsbereiche einer MFI, nämlich des Risikomanagements, unter-

stützt.

3.3.4. Pakistan: FZ-Mikrofinanzprogramm, NRSP Mikrofinanzbank

Projekttyp. „Weiterentwicklung“ eines bestehenden Projekts durch Digital Fi-

nance.

Projektträger. NRSP Mikrofinanzbank (NNRSP MFB).

Ziel der Weiterentwicklung. Ziel der Weiterentwicklung ist es, durch Unterstüt-

zung im Bereich Digital Finance die NRSP Mikrofinanzbank bei der Erreichung

ihrer Ziele hinsichtlich Leistungsfähigkeit als Kreditanbieter in ländlichen Regionen

und bei der Ersparnismobilisierung zu unterstützen. Hintergrund ist, dass die

NRSP MFB sich das Ziel gesetzt hat, bis zum Jahr 2018 durch Ausbau ihrer Leis-

tungsfähigkeit führender Kreditanbieter in ländlichen Regionen und bevorzugte

Bank für das Einlagengeschäft ländlicher Kleinsparer zu werden. Die Erreichung

der ambitionierten Ziele hängt stark von der Qualität der bedarfsgerechten Pro-

duktentwicklung und der erfolgreichen Einführung elektronischer Zahlungssysteme

ab.

Gestaltung der FZ-Maßnahme. Die Weiterentwicklung des Projekts durch Digital

Finance-Ansätze wird über eine Begleitmaßnahme umgesetzt. Die Unterstüt-

zungsmaßnahmen zielen dabei auf die Einführung von Digital Finance-Produkten

ab. Es wurde festgestellt, dass die NRSP MFB der Marktentwicklung bereits deut-

lich hinterherhinkt und ihren Kunden dringend ein wettbewerbsfähiges und be-

darfsgerechtes Produktangebot anbieten muss, um nicht signifikant an Marktantei-

len zu verlieren. Die Mittel der Begleitmaßnahme erhalten die Projektträger als

Zuschuss. Dabei wird ein Langzeitexperte im Bereich digitaler Finanzprodukte

kofinanziert, der die Bank bei der Produkteinführung unterstützt. Parallel hat der

Projektträger IFC Advisory Services mit der Erstellung eines Businessplans für

digitale Finanzprodukte beauftragt. Auch diese Maßnahme wird aus Mitteln aus

der Begleitmaßnahme gemeinsam mit IFC (50%) und der Bank kofinanziert.

Verortung im Ökosystem. Die Begleitmaßnahme setzt direkt beim Finanzdienst-

leister, der NRSP Mikrofinanzbank, an. Diese wird dabei unterstützt, digitale Fi-

nanzprodukte zu entwickeln sowie alternative Vertriebskanäle zu nutzen.

Bemerkenswertes zu Hintergrund und Entstehung. Die Weiterentwicklung

findet im Rahmen des Mikrofinanzprogramms in Pakistan statt, in dessen Rahmen

sich die KfW treuhänderisch für den Bund an der NRSP Mikrofinanzbank beteiligt

hat. Das Ziel des Mikrofinanzprogramms ist die nachhaltige Bereitstellung und

zunehmende Nutzung von Mikrofinanzdienstleistungen durch Kleinst- und Kleinun-

ternehmen (KKU) und (arme) private Haushalte, insbesondere Frauen. Der Ein-

satz von Digital Finance folgt der Erkenntnis, dass Digital Finance für die Errei-

chung der Ziele der NRSP Mikrofinanzbank entscheidend ist.

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38 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

3.3.5. Georgien: Crystal MFI

Projekttyp. „Weiterentwicklung“ eines bestehenden Projekts durch Digital Fi-

nance.

Projektträger. Joint Stock Company Microfinance Organization Crystal (JSC MFO

Crystal).

Ziel der Weiterentwicklung. Ziel der Weiterentwicklung ist, die Konkurrenzfähig-

keit der MFI im Bereich Agrarfinanzierung zu verbessern. Dies soll über eine onli-

ne Supplier Credit Plattform erreicht werden, wo agrarische Inputs (z. B. Saatgut,

Dünger) im Paket mit Mikrokrediten auf der Homepage des MFI angeboten wer-

den sollen. Dabei gibt es verschiedene Einsatzgebiete:

Doorstep Banking: Einsatz der Plattform durch die Kreditsachbearbeiter,

die - mit Tablets ausgerüstet - die „Pakete“ in den Dörfern anbieten kön-

nen;

Einsatz der Plattform durch die Kreditsachbearbeiter in den Filialen (die

dadurch Zugang zu Input-Preisinformationen erhalten);

Einsatz der Plattform in den Agrar-Geschäften (Vorteil, da bisher kaum

Kreditpakete angeboten werden).

Ein zusätzlicher Nutzen ist die Verfügbarkeit von Informationen über Kreditpakete

für die Kunden von zuhause aus. Die Institution verspricht sich dadurch die Ein-

werbung neuer junger, dynamischer Kundengruppen sowie eine Risikoreduzie-

rung, da Kredit und Input stärker verknüpft werden.

Gestaltung der Maßnahme zur Weiterentwicklung. Die Förderung der Weiter-

entwicklung wird aus TZ-Mitteln finanziert, die aus der EU NIF-SME Fazilität

stammen (von der EBRD gemanagt),und über einen Consultant umgesetzt.

Verortung im Ökosystem. Die Weiterentwicklung wird durch IKT-basierte Pro-

zessoptimierung erreicht.

Bemerkenswertes zu Hintergrund und Entstehung. Die Förderung der Weiter-

entwicklung kam zustande, da zusätzliche EU-Mittel (180.000 Euro) verfügbar

wurden.

3.4. Projekte der Vergangenheit

In der Vergangenheit wurden zwei Projekte erfolgreich umgesetzt, welche im Digi-

tal Finance-Teilbereich „Infrastruktur Zahlungsverkehr“ einzuordnen sind:

In Uganda wurde bei der Zentralbank ein Real Time Gross Settlement

(RTGS) System errichtet, wodurch das bargeldlose Zahlungsverkehrs-

system Ugandas modernisiert und die Transaktionsbedingungen (u.a.

durch Verringerung der Verrechnungszeit) für Banken, Unternehmen und

private Bankkunden verbessert wurden. Das Projekt wurde im Evaluie-

rungsbericht hinsichtlich der IKT-Komponenten als erfolgreich bewertet:

„Durch die finanzierten Maßnahmen konnte das Ziel, die Verrechnungs-

zeit von Zahlungen zu verringern, erreicht werden“; „Es kam zu einer

>>> Empfehlung

Hinsichtlich möglicher zukünftiger FZ-Maßnahmen bei der Weiterentwick-

lung existierender Ansätze bzw. bei der Unterstützung von der KfW geför-

derter Finanzinstitutionen wird empfohlen, die Lernerfahrungen aus diesem

Projekt aufzuarbeiten.

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39 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

deutlichen Verminderung von Risiken bei Transaktionen, der Bedarf der

Zielgruppe (große Unternehmen, reiche Privatpersonen) kann gedeckt

werden und es fand bei den beteiligten Banken eine Technologisierung

bzw. Modernisierung ihrer technischen Infrastruktur statt.“40

In Namibia wurde ein landesweites elektronisches Zahlungsverkehrs-

system bei der namibischen Postsparkasse aufgebaut (das Vorhaben

umfasste die Ausstattung von NamPost Filialen mit Computerhardware

und -software sowie deren Netzwerkanbindung an die Zentrale). Das

Projekt wurde im Evaluierungsbericht ebenfalls als erfolgreich bewertet:

„Mit dem Vorhaben wurden bei der NamPost Savings Bank wesentliche

Voraussetzungen für die anschließende Einführung der SmartCard-

Technologie geschaffen. Auf diese Weise konnte die NamPost ihr Ange-

bot an Finanzdienstleistungen, vor allem Überweisungen, deutlich ver-

bessern und kostengünstiger vertreiben.“41

3.5. Geplante, nicht realisierte Projekte

Darüber hinaus gab es Zusagen für zwei Projekte, welche jedoch nicht zur Umset-

zung gekommen sind:

Im Senegal sollte eine nationale Mobile Banking Plattform finanziert wer-

den (eigenständiges Digital Finance-Projekt). Es hat sich dann herausge-

stellt, dass zeitgleich für die Westafrikanische Wirtschafts- und Wäh-

rungsunion (UEMOA) eine regionale Plattform aufgesetzt wurde. Darauf-

hin wurde entschieden, das nationale Projekt im Senegal nicht umzuset-

zen.

Im Niger sollte eine Digital Finance-Komponente in eine FZ-Maßnahme

im Bildungssektor integriert werden; es sollte ein mobiles Bezahlsystem

für Lehrer aufgesetzt werden. Dies scheiterte an mangelnden Anreizen

für Lehrer, hohen Kosten der Anbieter, mangelnder Effizienz des Bil-

dungsministeriums sowie rechtlichen Problemen.

3.6. Thematische Ausprägung

Hinsichtlich der Interventionscluster lässt sich ein Schwerpunkt auf der Ebene der

Infrastruktur erkennen. So adressieren zwei der drei eigenständigen Digital Fi-

nance-Projekte Zielsetzungen im Bereich der Infrastruktur. Der thematische

Schwerpunkt ist vor allem dadurch zu erklären, dass systemische/marktneutrale

Lösungen angestrebt werden, welche allen Finanzinstituten die Möglichkeit geben,

besser zu EZ-Zielsetzungen (z.B. „Zugang zu Finanzdienstleistungen im ländli-

chen Raum“) beizutragen. Bei der Weiterentwicklung bestehender Ansätze liegt

der thematische Schwerpunkt bei der Unterstützung von einzelnen Finanzinstitu-

ten, da sich diese am konkreten Bedarf geförderter Finanzinstitute orientiert.

Bemerkenswert ist ebenfalls, dass die KfW Entwicklungsbank, abgesehen vom

Bereich der Dienstleistungen, in allen Digital Finance-Teilbereichen des Ökosys-

tems aktiv ist bzw. war – wenn auch hinsichtlich Volumen und Maßstab in be-

grenztem Maß.

40

Ex-Post Evaluierungsbericht, „Entwicklung des Zahlungsverkehrs“, Uganda, DokNr 001-058-866-085. 41

Ex-Post Evaluierungsbericht, „Aufbau eines Zahlungsverkehrssystems bei der namibischen Postspar-kasse“, Namibia.

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40 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Abbildung 6: Aktuelles Portfolio zusammengefasst im Ökosystem

Quelle: Eigene Darstellung

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41 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

4.1. Methodik

Wie oben erwähnt, sind Digital Finance-Dienstleistungen grundsätzlich Teile von

Ökosystemen. Daher ist das Ökosystem der Ausgangspunkt für die Identifizierung

möglicher FZ-Ansätze im Bereich Digital Finance. Zur Einschätzung des Bedarfs

an Finanzierung bzw. zur Identifizierung konkreter Ansatzpunkte für die FZ wurden

im ersten Schritt die einzelnen Teilbereiche des Digital Finance-Ökosystems be-

wertet42

. Die Bewertung wurde anhand folgender Kriterien durchgeführt43

:

1. Thematisches und entwicklungspolitisches Potenzial

Zugang zu Finanzdienstleistungen, ländliches Finanzsystem,

KMU-Finanzierung, Finanzinfrastruktur, Dienstleister für Finan-

zinstitutionen, Start-Up-Finanzierung44

Zukünftige Bedeutung, Nachfrage in Partnerländern, Auftragge-

berinteresse, Wettbewerbsumfeld

2. Relevanz für die Profilierung der KfW als bilaterale deutsche Ent-

wicklungsbank

Komparativer Vorteil, Reputationsrisiko, FZ-/ TZ-Abgrenzung,

Innovationsgrad, Profil-Passung, Attraktivität für die Öffentlich-

keitsarbeit

3. Kosten und Portfoliorelevanz

GP-Potenzial, Sekundärinvestitionen, Finanzierungsquellen, Er-

schließungsaufwand, Umsetzungseffizienz, Φ-Projektgröße

Zusätzlich zu der Bewertung der Relevanz wurden Optionen für die Gestaltung

zukünftiger Projekte berücksichtigt. Dabei wird unterschieden zwischen eigen-

ständigen Projekten, der „Weiterentwicklung“ bestehender Ansätze durch Digital

Finance und der Integration von Digital Finance in FZ-Maßnahmen in anderen

Sektoren.

Die Bewertung wurde in parallel verlaufenden Arbeitssträngen erschlossen: Durch

Gespräche mit Vertretern führender Institutionen (Weltbank, GSMA, UNCDF,

Frankfurt School, Citigroup, CGAP) und Durchsicht relevanter Publikationen wur-

den detaillierte Informationen zu innovativen und erfolgreichen Ansätzen gesam-

melt. Diese wurden in Einzelgesprächen mit KfW-Vertretern auf ihre Relevanz und

Umsetzbarkeit in der KfW Entwicklungsbank überprüft.

Die Bewertung wurde größtenteils in einem Workshop in der KfW im Mai 2016 mit

Hilfe der von Ulrich Merkes (extern) und Thorsten Scherf (LGc4) erstellten Bewer-

tungslogik, der Heat-Map (s. Anlage 3) durchgeführt. In Abstimmung mit dem Sek-

43

Bewertungslogik von Thorsten Scherf (LGc4) und Ulrich Merkes (Extern) entwickelt 44

Die spezifischen Wirk- und Förderbereiche/ Subsektoren leiten sich aus dem Sektorkonzept „Finanzsys-tementwicklung” des BMZ ab.

4. Relevanz der Digital Finance-Teilbereiche

für die FZ

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42 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

torökonomen wurde vom Consultant darüber hinaus die Frage der Finanzierung

von FinTech-Unternehmen einbezogen.

4.2. Bewertung der einzelnen Digital Finance Teilbereiche

Die Zusammenfassung der Ergebnisse der Bewertung der Heat-Map samt Be-

gründung wird unten in 4 Bewertungsstufen präsentiert:

Sehr hoch (dunkelgrün)

Hoch (hellgrün)

Mittel (orange)

Niedrig (rot)

Die folgende Übersicht des Ökosystems fasst die Bewertung zusammen. Nutzer

sind von der Bewertung ausgenommen, da von vornherein klar war, dass sich auf

dieser Ebene keine Ansatzpunkte für die FZ bieten.

Abbildung 7: Bewertung der einzelnen Digital Finance Teilbereiche – Übersicht im

Ökosystem

Quelle: Eigene Darstellung

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43 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Die Begründungen für die Bewertung finden sich in der folgenden Tabelle:

Teilbereich /

Bewertung Begründung

1. Digitaler

Zah-

lungsver-

kehr

Hoch: Elementare digitale Zahlungsverkehrsdienste gibt es

mittlerweile in den meisten Ländern weltweit. Diese werden

jedoch oft nicht von benachteiligten Gruppen (wie z.B. der länd-

lichen Bevölkerung) genutzt. Es bieten sich konkrete Ansatz-

punkte, durch Weiterentwicklung von FZ-Maßnahmen bzw.

durch Integration von Digital Finance die Nutzung von benach-

teiligten Gruppen zu fördern und gleichzeitig andere Entwick-

lungsziele zu erreichen: (i) die Unterstützung von Finanzinstitu-

ten bei der Nutzung alternativer Vertriebskanäle (digitaler Zah-

lungsverkehr), daher „Weiterentwicklung“ bestehender Ansätze,

und (ii) die Förderung der Digitalisierung von öffentlichen Zah-

lungsströmungen (G2P) im Rahmen von FZ-Maßnahmen in

anderen Sektoren, z.B. Bildung, Transport, Wasser, Energie.

2. Digital

Savings

Niedrig: Digital Savings Produkte haben eine hohe EZ-

Relevanz. Es bieten sich jedoch kaum konkrete Ansatzpunkte

für die FZ.

3. Digital

Credit

Hoch: Digital Credit kann benachteiligten Gruppen wie Klein-

bauern und KKMUs, welche über traditionelle Ansätze nicht

ausreichend versorgt werden, Zugang zu Kredit verschaffen.

Zur Schließung der bestehenden Lücken besteht hoher (Re-

)Finanzierungsbedarf. Es bieten sich Möglichkeiten neuer, ei-

genständiger FZ-Maßnahmen zu Digital Credit sowie der Wei-

terentwicklung existierender Maßnahmen z.B. im Bereich

KKMU-Finanzierung an. Aufgrund des hohen Finanzierungsbe-

darfs besteht hohes Geschäftspotenzial.

4. Versiche-

rungen

Mittel: IKT hat hohes Potenzial, auch den Zugang zu (Mikro-)

Versicherungen zu verbessern. Die Ansatzpunkte wurden im

Rahmen dieser Studie nicht im Detail geprüft. Es wird empfoh-

len, dies in einer weiteren Studie zu vertiefen.

5. Internati-

onal Re-

mittances

Mittel: Ein hoher Entwicklungsgrad von Digital Finance bzw.

eine gut entwickelte Infrastruktur für Zahlungsverkehr in Emp-

fängerländern kann entscheidend zur Ausweitung der Verfüg-

barkeit, des Produktangebots und der Kostenreduktion im Be-

reich International Remittances beitragen. Dieser Teilbereich

wird also durch Projekte im Bereich Digital FinanceInfrastruktur

adressiert. Die technologische Integration von Anbietern von

Remittances kann als Teilkomponente in eigenständige FZ-

Maßnahmen im Bereich Infrastruktur integriert werden. Das ist

vor allem relevant in Ländern mit hoher Arbeitsmigration (z.B.

Philippinen) oder Flüchtlingen (Jordanien, Türkei).

6. Banken

Hoch: Für Banken bieten sich durch Digital Finance Potenziale

beim Vertrieb sowie bei der Prozessoptimierung. Die Realisie-

rung dieser Potenziale kann signifikant zur Zielerreichung von

bestehenden FZ-Maßnahmen im Finanzsektor betragen. Durch

existierende Beziehungen zu und Anteilen an Finanzinstituten

weltweit ist die KfW in einer guten Ausgangslage den Bedarf an

Investitionen in Digital Finance (z.B. in Kernbankensysteme)

dort zu bedienen, wo dieser besteht und noch nicht abgedeckt

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44 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Teilbereich /

Bewertung Begründung

ist. Zur Weiterentwicklung von bestehenden Ansätzen und ge-

förderten Finanzinstituten können auch (z.B. von FinTech Un-

ternehmen bereitgestellte) Support-Dienste wie z.B. im Bereich

Datenerfassung und -analyse beitragen.

7. FinTech-

Unter-

nehmen

Mittel: Wie in 2.2.3 erwähnt, gibt es unter den FinTech-

Unternehmen lokale Start-Ups, Tochtergesellschaften von etab-

lierten Unternehmen sowie Ableger von in Industriestaaten

etablierten FinTechs. Um Innovation am Markt zu testen bzw.

insgesamt zu wachsen, brauchen FinTechs (vor allem lokale

Start-Ups) Risiko-/ Wagniskapital. Dies kann durch die KfW in

Fondsstrukturen adressiert werden, falls Haushaltsmittel bereit-

gestellt werden. Abgesehen davon wird das Risikoprofil solcher

FinTechs, welche sich nicht am Markt finanzieren können (z.B.

aus Afrika) als zu hoch eingeschätzt und damit nicht als rele-

vantes Geschäftsfeld für die KfW.

8. Infra-

struktur

digitaler

Zah-

lungsver-

kehr

Sehr hoch: Dieser Bereich ist thematisch und für die EZ hoch-

relevant, da er konkrete Ansatzpunkte bietet, inklusives Wachs-

tum im Bereich Digital Finance wettbewerbsneutral und nach-

haltig zu fördern. Relevanz für die Profilierung der KfW als bila-

terale deutsche Entwicklungsbank und Portfoliorelevanz wurden

ebenfalls als hoch eingeschätzt. Sowohl auf zentraler Ebene

(z.B. nationale Abwicklungs-/ Clearingstellen) als auch auf der

Ebene der Finanzinstitutionen besteht hoher Investitionsbedarf.

Es bieten sich direkte Ansatzpunkte bei der Finanzierung zent-

raler Zahlungsverkehrsinfrastruktur (z.B. zur Herstellung von

Interoperabilität) und bei der Finanzierung von Investitionen bei

den Finanzinstituten. Aufgrund der Größe, Komplexität (einschl.

Regulierungsfragen), Langfristigkeit und Wirkungen solcher

Vorhaben bieten sich eigenständige Projekte an. Der langfristi-

ge Ansatz der deutschen bilateralen Zusammenarbeit eignet

sich für solche Projekte.

9. Zugangs-

gangs-

punkte

Hoch: Alternative Zugangspunkte können durch Kostenreduzie-

rung eine entscheidende Rolle bei der finanziellen Inklusion

benachteiligter Gruppen (z.B. in entlegenen ländlichen Gebie-

ten) spielen. Beim Auf- und Ausbau nationaler Netzwerke be-

steht Investitionsbedarf in IKT-Hardware und Software sowie

ggf. Refinanzierungsbedarf zur Sicherung des Liquiditätsmana-

gements.

10. Kunden-

identifi-

zierung

Hoch: IKT-Lösungen im Bereich der Kundenidentifizierung

unterstützen den Erstzugang für Finanzdienstleistungen, auch

für Analphabeten. Es kann ein Beitrag zu infrastrukturellen

Rahmenbedingungen geleistet werden, wodurch Voraussetzun-

gen für alle Marktteilnehmer verbessert werden. Außerdem

bestehen hohe Synergien mit anderen Schwerpunktthemen der

EZ (z. B. Landrechte, Soziale Sicherung, Demokratie).

11. Datener-

fassung

und -

verarbei-

Mittel: Über IKT können alternative Daten erfasst werden, wel-

che es Finanzdienstleistern ermöglichen, neue EZ-relevante

Zielgruppen zu erreichen (Big Data). So können z.B. Daten zu

Handy-Guthaben und digitalem Zahlungsverkehr die Kreditprü-

fung für ärmere Haushalte (z.B. Kleinbauern) ermöglichen,

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45 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Teilbereich /

Bewertung Begründung

tung welche über keine traditionellen Sicherheiten oder Kredithistorie

verfügen. Es bieten sich keine direkten Ansatzpunkte; es wird

jedoch empfohlen, diesen Teilbereich in der Konzeption neuer

Projekte zu berücksichtigen. So könnten z.B. bei FZ-Kreditlinien

für den Agrar- oder KMU-Sektor Finanzinstitutionen über Be-

gleitmaßnahmen dabei unterstützt werden, das Potenzial dieser

Ansätze zu nutzen.

12. Prozess-

optimie-

rung

Mittel: Durch IKT und Digitalisierung lassen sich mit der Bereit-

stellung von Finanzdienstleistungen verbundene Prozesse

optimieren. Investitionen in IKT können daher zu Effizienzstei-

gerungen führen, welche armen und benachteiligten Gruppen

zu Gute kommen. Es wird empfohlen, diese Aspekte bei der

„Weiterentwicklung“ existierender Ansätze bzw. bei der Konzep-

tion neuer Projekte zu berücksichtigen (z.B. für Begleitmaß-

nahmen).

13. Regulie-

rung,

Kunden-

schutz,

Daten-

schutz

Mittel: Regulierung, Kundenschutz und Datenschutz sind für

inklusives Wachstum im Bereich Digital Finance unabdingbar

und daher von hocher Relevanz für die EZ. Die Herausforde-

rungen liegen hier beim Aufbau von Kapazitäten (von Regulie-

rern und Finanzinstitutionen) – daher ein TZ-Thema. Bei der

Projektkonzeption müssen jedoch regulatorische Rahmenbe-

dingungen beachtet werden, da diese den verfügbaren Aktions-

radius definieren. Bei der Umsetzung sollte auf die Einhaltung

von Best Practices geachtet werden. Relevante Prinzipien sind

hierbei die von der Better than Cash Alliance herausgegebenen

Richtlinien zu Responsible Digital Payments45

sowie der GSMA

Code of Conduct for Mobile Money Providers46

.

14. Globa-

le/Region

ale Initia-

tiven

Hoch: Globale Initiativen können entscheidend zur inklusiven

Entwicklung und zum bedarfsgerechten Einsatz von Digital

Finance beitragen. Darüber hinaus kann die KfW durch Teil-

nahme an relevanten Initiativen auf öffentlich wirksame Weise

verdeutlichen, dass das Potenzial von Digital Finance anerkannt

wird, sowie vom Wissensaustausch solcher Initiativen profitie-

ren.

Quelle: Eigene Zusammenfassung

45

http://www.uncdf.org/sites/default/files//Documents/btca-responsible_digital_payments_guidelines_and_background.pdf 46

http://www.gsma.com/mobilefordevelopment/programmes/mobile-money/policy-and-regulation/code-of-conduct

>>> Hinweis

Digital Finance-Projekte können einen oder mehrere der Teilbereiche adressie-

ren. Darüber hinaus können einzelne Bereiche in FZ-Projekte integriert wer-

den, bei welchen das Projektziel bzw. der Hauptförderansatz nicht Digital Fi-

nance ist. Dies betrifft sowohl Projekte im Finanzsektor als auch in anderen

Sektoren.

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46 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

5.1. Förderung der Digital Finance-Infrastruktur

Für die bilaterale Zusammenarbeit wurde „(Finanz-)Infrastruktur“ als das relevan-

teste Interventionscluster eingestuft. Es zeichnet sich dadurch aus, dass nationale,

systemische Ansätze gefördert werden, welche dem gesamten Markt zu Gute

kommen. Darüber hinaus herrscht international wachsende Einigkeit darüber, dass

mehr Projekte auf dieser Ebene ansetzen sollten. So wird in einem CGAP-Papier

(2015) zu Zusagen im Bereich Financial Inclusion eben dieser Aspekt als beson-

ders relevant für die Zukunft hervorgehoben47

. Es bietet sich also die Chance für

die KfW, sich auf diesem Gebiet als innovative Entwicklungsbank zu profilieren.

Die konkreten Finanzierungsbedürfnisse bzgl. der jeweiligen Infrastrukturkompo-

nenten (Zahlungsverkehrssysteme, Zugangspunkte, Identifikationsmechanismen)

hängen von der Situation im jeweiligen Markt ab. Aufgrund des allgemeinen Be-

darfs an Verbesserung der Zahlungsverkehrsinfrastruktur für Echtzeit-

Zahlungsverkehr48

sowie des Bedarfs an der geographischen Ausweitung finanzi-

eller Zugangspunkte ist der Bedarf grundsätzlich signifikant. In vielen Ländern

kann durch die Förderung einer Komponente entscheidend zum Fortschritt des

Digital Finance-Ökosystems beigetragen werden. Darüber hinaus kann die Kom-

bination der Interventionsfelder sinnvoll sein. Im Folgenden werden einzelne Pro-

jektvorschläge für die jeweiligen Bereiche angeführt.

5.1.1. Aufbau von inklusiven digitalen Zahlungsverkehrssystemen

Problem- und Potenzialanalyse. Während mittlerweile in den meisten Ländern

Individualzahlungsverkehrssysteme für Interbanken-Saldenausgleich (Large-Value

Interbank Gross Settlement System) vorhanden sind, erreicht der elektronische

Massenzahlungsverkehr (Retail Payment Systems) in vielen Ländern noch nicht

sein Potenzial. In Entwicklungsländern ist er noch nicht weit entwickelt.

Vielversprechende Innovationen sind vor allem Zahlungssysteme, welche über

Handys digitale Zahlungen ermöglichen. Diese sind jedoch meist nicht kompatibel

(nicht „interoperabel“) mit anderen Zahlungssystemen bzw. Bankennetzwerken.

Dadurch können bspw. Kunden mit einem Konto bei einem Mobilfunkanbieter

keine Überweisungen auf ein Konto eines anderen Kunden bei einer MFI tätigen.

Darüber hinaus ist kleineren Finanzintermediären wie Mikrofinanzinstitutionen und

Finanzgenossenschaften der Zugang zu nationalen Zahlungsverkehrssystemen oft

gänzlich verwehrt. Im Bereich des mobilen Zahlungsverkehrs, welcher meist von

großen Mobilfunkanbietern angeboten wird, herrschen dazu in vielen Märkten

monopolartige Marktverhältnisse. Fragmentierter Zahlungsverkehr (daher Mangel

47

CGAP (2015), Current Trends in International Funding for Financial Inclusion: “There is a growing under-standing and awareness that more needs to be done to ensure that funders can catalyse systemic change that serves the needs of the poor and benefits the entire market system and not just the funders’ investee”. 48

S. auch: SWIFT (2015). The Global Adoption of Real-Time Retail Payments Systems (RT-RPS). White Paper.

5. Mögliche Projektansätze und weitere

Empfehlungen

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47 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

an Interoperabilität) und zu hohe Eintrittsbarrieren haben negative Auswirkungen

auf das Produktangebot, führen zu hohen Kosten und schränken den Wettbewerb

ein.

Durch eine moderne, offene und wettbewerbsfördernde nationale Zahlungsver-

kehrsinfrastruktur kann es allen Finanzdienstleistern ermöglicht werden, am Echt-

zeit-Zahlungsverkehr teilzunehmen und entsprechende Produkte anzubieten.

Dadurch können etablierte Anbieter Kosten einsparen, Effizienzsteigerungen erzie-

len und neue Ertragsquellen eschließen. Kleinere Anbieter (inklusive Start-Ups)

profitieren von Netzwerkeffekten, was wiederum den Wettbewerb entscheidend

fördert. Beides trägt zur Nachhaltigkeit und Innovation von EZ-relevanten Ge-

schäftsmodellen (wie z.B. der Versorgung von Menschen mit Krediten oder Versi-

cherungen im ländlichen Raum) bei. Die Herausforderung besteht daher darin,

Transaktionen in Echtzeit von jedem Finanzdienstleister zum anderen zu ermögli-

chen sowie die breite Teilnahme am nationalen Zahlungsverkehr zu gewährleisten

(einschließlich Banken, MFIs, Mobilfunkanbieter, FinTechs, Postnetzwerke, Ge-

nossenschaften). Finanzielle Hindernisse finden sich auf zentraler Ebene, an Kno-

tenpunkten unterschiedlicher Systeme bzw. an der nationalen Zahlungsverkehrsin-

frastruktur (Clearinghäuser, National Switches etc.) sowie auf der Ebene der Fi-

nanzinstitutionen; diese benötigen oft technologische Upgrades (z.B. der Kern-

bankensysteme), um einen Anschluss an moderne zentrale Infrastruktur zu reali-

sieren. Im Evaluierungsbericht zum 2004 abgeschlossenen Projekt in Uganda (s.

3.4) wird entsprechend bemerkt: „Das Zahlungsverkehrssystem kann nicht losge-

löst von der Struktur des Bankensektors und der Technologisierung der Banken

betrachtet werden.“49

Erfolgsbeispiele in Schwellenländern auf diesem Gebiet finden sich in Peru sowie

in Indien. Das System in Peru schafft Interoperabilität zwischen den 32 größten

Banken sowie den 3 größten Mobilfunkanbietern, ermöglicht Echtzeit-

Transaktionen zwischen allen teilnehmenden Instituten und beinhaltet eine einheit-

liche Infrastruktur für Ein-/Auszahlungen50

. Eine ähnlich vielversprechende Initiati-

ve wurde in Indien auf den Weg gebracht.

Ziel der FZ-Maßnahme. Ziel solcher Projekte ist die breite Ausweitung des Zu-

gangs zu Finanzdienstleistungen, vor allem für benachteiligte Gruppen, sowie die

breite Reduktion von Transaktionskosten in der Realwirtschaft. Durch Interventio-

nen auf systemischer Ebene, welche Interoperabilität schaffen und Eintrittsbarrie-

ren beseitigen, wird ein Beitrag zur Reduzierung von Transaktionskosten für alle

Finanzdienstleister geleistet, so dass es wirtschaftlich attraktiv ist, auch die Ärms-

ten mit Zahlungs-/Spar-/Kredit- und Versicherungsprodukten zu versorgen.

Zielgruppe und andere Beteiligte. Mittelbare Zielgruppe sind private Haushalte

und KKMU, für die sich die Nutzung von Finanzdienstleistungen aufgrund der

Abgelegenheit ihres Wohn- bzw. Standorts schwierig gestaltet. Unmittelbare Ziel-

gruppe sind die Betreiber von Zahlungsverkehrssystemen, Finanzdienstleiter so-

wie ggf. Zahlstellen (-Netzwerke).

Gestaltung der FZ-Maßnahme. FZ-Mittel werden für die Finanzierung von Inves-

titionen in Infrastrukturkomponenten auf zentraler Ebene wie auch bei den Finan-

zinstituten eingesetzt. Auf zentraler Ebene sind Hardware und Software an den

Knotenpunkten (entweder neu geschaffen oder Erneuerung von existierenden)

des nationalen Zahlungsverkehrssystems (National Switches, Clearinghäuser etc.)

erforderlich. Die rechtlich-organisatorische Ausgestaltung hängt vom konkreten

Länderkontext ab (eine vergleichende Studie mit Werdegang, erfolgreichen EZ-

Beiträgen sowie Stärken und Schwächen der rechtlich-organisatorischen Ausge-

49

Ex-Post Evaluierungsbericht, „Entwicklung des Zahlungsverkehrs“, Uganda, Dok.-Nr. 001-058-866-085. 50

Für weitere Informationen s. u.a.: CFI Blog (2017). Modelo Perú: What’s Next for the Groundbreaking Mobile Money Platform?

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48 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

staltung dieser „Zentralpunkte“ wäre eine nützliche Handreichung, nicht nur für

KfW-Projektverantwortliche). Darüber hinaus werden Finanzinstituten Mittel für

Investitionen in Technologie bereitgestellt, welche die Integration mit der neuen

zentralen Infrastruktur ermöglichen. Ggf. ist es außerdem erforderlich, im Rahmen

einer Begleitmaßnahme die Kapazitäten auf zentraler Ebene sowie bei den Finan-

zinstituten zu stärken. Da es sich bei solchen Projekten oft um komplexe sektorale

Prozesse handelt (für eine erfolgreiche Implementierung ist die Schaffung von

Konsens im Sektor erforderlich), wird empfohlen, ein Steuerungskomitee einzu-

setzen.

Projektträger. Zentralbanken, Finanzministerien sowie auf Durchführungsebene

die Betreiber der Zahlungsverkehrsinfrastruktur (oft gemeinnützige Gesellschaf-

ten). Weitere relevante Beteiligte sind Bankenverbände und Finanzdienstleister.

Durchschnittliche Projektgröße. Je nach Größe des Kooperationslandes wird

der Finanzierungsbedarf von Experten auf 10-200 Mio. EUR geschätzt51

, wovon

90% - 95% für Investitionen und der Rest für Beratungsleistungen eingesetzt

werden. Die Projektgröße ergibt sich vor allem aus folgenden Faktoren:

Größe des Marktes bzw. der vorhandenen Zahlungssysteme;

Entwicklungsstand vorhandener Zahlungsverkehrssysteme;

Ob im Rahmen des Projekts ausschließlich Technologiekomponenten

auf „zentraler“ Ebene (Switches etc.) oder auch auf Ebene der Finan-

zinstitutionen finanziert werden sollen.

Anzahl der möglichen Projekte. Da es sich um Projekte auf nationa-

ler/systemischer Ebene handelt, leitet sich die Anzahl der möglichen Projekte aus

der Anzahl der Kooperationsländer, in welchen diese umsetzbar sind, ab. Gesprä-

che mit Experten haben ergeben, dass ca. 20 Länder weltweit die Grundvoraus-

setzungen für umfassende Projekte auf diesem Gebiet aufweisen und dass in

weitaus mehr Ländern der nationale Zahlungsverkehr durch gezielte Interventio-

nen auf bestimmten Gebieten gefördert werden kann (z.B. für ländliche MFIs)52

.

Ebenfalls hat eine Analyse der Umsetzbarkeit von Digital Finance-Projekten in

Kooperationsländern der deutschen FZ ergeben, dass in mindestens 15 Koopera-

tionsländern Digital Finance-Projekte grundsätzlich umsetzbar sind (s. 6. unten).

Daher wird angenommen, dass Projekte zum Aufbau von inklusiven digitalen Zah-

lungsverkehrssystemen mittelfristig in ca. 8 Kooperationsländern realisierbar

sind.

Realisierbarkeit und Risiken. Grundsätzlich können Projekte dieser Art von der

KfW Entwicklungsbank durchgeführt werden. Für die Realisierung eines solchen

Projekts müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein. Dazu gehören ge-

eignete regulatorische Rahmenbedingungen, entsprechende Kapazitäten des

Sektors sowie eine förderliche Wettbewerbsdynamik. Darüber hinaus zeigt interna-

tionale Erfahrung, dass der Erfolg solch umfassender Initiativen stark davon ab-

hängt, ob und inwiefern es gelingt Einigkeit zwischen allen entscheidenden Akteu-

ren (Banken, Mobilfunkanbieter etc.) zu schaffen. Im Rahmen der Better than

Cash Alliance haben sich viele Regierungen der Digitalisierung von Zahlungen

verpflichtet; es kann daher angenommen werden, dass sich die Mitgliedschaft

eines Kooperationslandes positiv auf die Realisierbarkeit auswirkt.

Aufgrund ihrer Komplexität benötigen solche Projekte grundsätzlich detaillierte

Machbarkeitsstudien sowie eine lange Vorlaufzeit, bis es zur Finanzierung kom-

51

Gespräch des Consultants mit Vertretern der Better than Cash Alliance sowie Berücksichtigung ver-gleichbarer Projekte der Weltbank 52

Gespräche des Consultants mit Vertretern der Better than Cash Alliance

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49 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

men kann. Die Vorlaufzeit wird von Experten auf ca. ein Jahr geschätzt53

. Zu be-

merken ist ebenfalls, dass in relevanten Teilbereichen in KfW-Projekten schon

erste Erfahrungen gesammelt wurden (Uganda, Namibia, Mosambik, Ghana). Im

Evaluierungsbericht zum abgeschlossenen Projekt in Uganda „Entwicklung des

Zahlungsverkehrssystems“ wird hinsichtlich zukünftiger Projekte in diesem Bereich

bemerkt: „Bei kommenden Zahlungsverkehrsprojekten sollte zunächst genau ana-

lysiert werden, welche Bausteine sich in die vorhandene Infrastruktur in welchem

Zeitrahmen integrieren lassen […] Ein sequenzielles Vorgehen sollte daher regel-

mäßig geprüft werden, um nicht, wie im vorliegenden Falle, unnötig Zeit durch

Konzeptionsänderungen zu verlieren.“ Darüber hinaus ist eine enge Abstimmung

mit der Payment Systems Development Group der Weltbank bzw. die Erörterung

von Kooperationsmöglichkeiten empfehlenswert54

.

5.1.2. Aufbau nationaler Netzwerke innovativer Zugangspunkte

Problem- und Potenzialanalyse. In vielen Entwicklungsländern lebt weiterhin ein

Großteil der Menschen weit entfernt von einem Zugangspunkt für Finanzdienst-

leistungen. Die geographische Begrenzung des formalen Finanzsektors ist in

vielen Ländern ein Hauptgrund für anhaltende finanzielle Exklusion, vor allem im

ländlichen Raum. Die Ursache dafür liegt in den hohen, mit der physischen Bereit-

stellung von Finanzdienstleistungen verbundenen Transaktionskosten. Alternative

Zugangspunkte wie Agents haben das Potenzial, diese Hürde der finanziellen

Inklusion durch Kostenreduzierung zu beseitigen. Für Finanzdienstleister kosten

Ein-/Auszahlungen bei Agents um bis zu 90%55

weniger als bei traditionellen Filia-

len. Das Potenzial von Agents ist belegt: Weltweit gibt es in 37 Märkten jetzt schon

zehnmal so viele Agents wie Bankfilialen. Daher werden Agents als die vornehmli-

che Lösung für die geographische Ausweitung des Finanzsektors betrachtet56

.

Trotzdem ist der Zutritt zu alternativen Zugangspunkten in vielen Ländern weiter-

hin begrenzt. Erfahrungen aus Lateinamerika zeigen, dass sich vor allem Einzel-

handelsnetzwerke (Lotterieketten in Brasilien, Supermarktketten in Mexico) dafür

eignen, schnell große Netzwerke aufzubauen. In vielen Ländern stellen Postfilia-

len-Netzwerke einen konkreten Ansatzpunkt dar, da sie oftmals weiterverbreitet

sind als Filialnetzwerke des Finanzsektors. Da das traditionelle Geschäft der Post

in vielen Ländern in den letzten Jahren gelitten hat, fehlt es jedoch an Mitteln für

Investitionen in IKT-Infrastruktur, welche notwendig ist, um aus Postfilialen Zu-

gangspunkte für Digital Finance zu machen. Abgesehen von Postfilialnetzwerken

könnten sich weitere öffentliche Einrichtungen (z.B. Krankenhäuser) sowie ggf.

gemeinnützige Organisationsformen wie Agrarkooperativen oder Finanzsektorver-

bände (z.B. Mikrofinanzverbände) eignen.

Ziel der FZ-Maßnahme. Projektziel ist die Verbesserung des Zugangs zu Finanz-

dienstleistungen für benachteiligte Bevölkerungsgruppen (z.B. die ländliche Bevöl-

kerung). Dies wird über die Erhöhung der finanziellen Zugangspunkte im Land

53

Gespräch des Consultants mit Vertretern der Better than Cash Alliance sowie Payment Systems Develo-pment Group der Weltbank 54

Die Payment Systems Development Group hat viel Erfahrung auf diesem Gebiet und hat im Gespräch mit dem Consultant Offenheit für Zusammenarbeit bzw. Unterstützung angekündigt. 55

Gates Fighting 56

McKinsey & Company (2016). Digital Finance for All: Powering Inclusive Growth in Emerging Economies.

>>> Weitere Empfehlungen:

Detaillierte Prüfung der Realisierbarkeit in ausgewählten Partnerlän-

dern

Detaillierte Aufarbeitung der Lernerfahrungen der relevanten KfW-

Projekte (Ghana, Mosambik)

Abstimmung mit der Weltbank bei Projektkonzeption und Implementie-

rung

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50 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

erreicht. Voraussetzung sollte sein, dass alle Finanzinstitute des Marktes die ge-

schaffenen Zugangsnetzwerke zu gleichen Konditionen nutzen können.

Zielgruppe und andere Beteiligte. Mittelbare Zielgruppen sind private Haushalte

und KKMUs, für die sich die Nutzung von Finanzdienstleistungen aufgrund der

Abgelegenheit ihres Wohn- bzw. Standorts schwierig gestaltet. Unmittelbare Ziel-

gruppe sind die Betreiber von Zahlstellen-Netzwerken wie z.B. die Post sowie

Finanzdienstleister, welche diese nutzen können.

Projektträger. Es sollen Institutionen unterstützt werden, welche in der Lage

sind, ein breites Netzwerk an Zugangspunkten aufzubauen, vor allem auch in

Regionen, in denen es noch keine Bankfilialen gibt. Aufgrund des oft schon ver-

breiteten Filialnetzwerkes bieten sich hier vor allem nationale Postbetreiber an.

Gestaltung der FZ-Maßnahme. Um das Potenzial von möglichen Netzwerken wie

Postfilialen als Zugangspunkte für den Finanzsektor auszuschöpfen, muss in IKT-

Infrastruktur für Finanztransaktionen (z.B. Kartenlesegeräte) sowie ggf. in die

Vernetzung der Filialen investiert werden. Darüber hinaus besteht ggf. Refinanzie-

rungsbedarf, um die Liquidität im Netzwerk sicherzustellen. Für die Post und ande-

re Einzelhandelsnetzwerke besteht hier ein klares Geschäftsmodell: Durch Gebüh-

ren für Finanztransaktionen, welche im Auftrag von Finanzinstituten durchgeführt

werden, werden Möglichkeiten geschaffen, neue Ertragsquellen zu erschließen.

FZ-Mittel werden für die Finanzierung von Investitionen in IKT-Infrastruktur (wie

z.B. SmartCard Reader) bzw. für die Vernetzung von Finanzinstitutionen und Zahl-

stellen-Netzwerken eingesetzt. Darüber hinaus könnte über Refinanzierung die

Liquidität im System sichergestellt werden. In einer Begleitmaßnahme sollten die

Trainingskapazitäten für Agents und Mitarbeiter der Filialen gefördert werden.

Durchschnittliche Projektgröße. 3 – 20 Mio. EUR, wovon 90% - 95% für Inves-

titionen und der Rest für Beratungsleistungen eingesetzt werden. Die Projektgröße

hängt von folgenden Faktoren ab:

Anzahl der auszustattenden Filialen bzw. Zahlstellen;

Vorhandene technologische Ausstattung der Filialen bzw. Zahlstellen;

Welche Technologie bzw. Technologie-Komponenten für die Ausstattung

eingesetzt werden;

Qualität des IKT-Netzwerkes im Markt bzw. der Vernetzung zwischen Fi-

lialen.

Anzahl der möglichen Projekte. Da es sich um Projekte auf nationa-

ler/systemischer Ebene handelt, leitet sich die Anzahl der möglichen Projekte aus

der Anzahl der Kooperationsländer ab, in welchen diese umsetzbar sind. Potenzial

besteht z.B. in solchen Ländern, in denen Postfilialnetzwerke weit verbreitet sind,

eine hohe Kapazität haben und die finanzielle Inklusion niedrig ist. Die Universal

Postal Union (UPU; ein Verband für den Postsektor mit 192 Mitgliedstaaten) sieht

daher in folgenden Ländern sehr hohes Potenzial: Burundi, Burkina Faso, Sene-

gal, Benin, Armenien, Moldawien, Malawi, Togo, Kirgistan, Tunesien, Indonesien,

Marokko und Weißrussland57

. Die MENA-Region gehört zu den Regionen mit den

niedrigsten Raten an finanzieller Inklusion; gleichzeitig sind die Postnetzwerke der

Region laut der UPU in einer guten Position, zur Verbesserung dieser Situation

beizutragen (das trifft u.a. für Jordanien zu).

Abgesehen von Postfilialnetzwerken wird davon ausgegangen, dass in einigen

Kooperationsländern andere relevante Filialnetzwerke vorhanden sind (etwa öf-

fentliche Einrichtungen, Agrarkooperativen oder Finanzsektorverbände). Es muss

jedoch gleichzeitig davon ausgegangen werden, dass diese in manchen Ländern

nicht die notwendigen organisatorischen Kapazitäten aufweisen. Laut des Global

57

Universal Postal Union (2016). Global Panorama on Postal Financial Inclusion 2016.

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51 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Microscope 2016 der Economist Intelligence Unit (EIU)58

(jährlicher Benchmar-

king-Bericht zu finanzieller Inklusion), sind in 19 der 25 bewerteten Kooperations-

länder die regulatorischen Rahmenbedingungen für Finanzsektor-Zugangspunkte

(Regulation and supervision of branches and agents) förderlich.

Aufgrund der genannten Faktoren wird davon ausgegangen, dass Projekte zum

Aufbau nationaler Netzwerke innovativer Zugangspunkte mittelfristig in ca. 8 Ko-

operationsländern realisierbar sind.

Realisierbarkeit und Risiken. Grundsätzlich können Projekte dieser Art von der

KfW-Entwicklungsbank durchgeführt werden. Die Realisierbarkeit hängt stark von

den Kapazitäten bzw. vom Potenzial der möglichen Filialnetzwerke sowie den

regulatorischen Rahmenbedingungen ab. Falls gut organisierte Einzelhandelsket-

ten (auch staatliche, wie z.B. Post) bestehen, wird die Realisierbarkeit als hoch

eingeschätzt

5.1.3. Aufbau von Systemen zur Kundenidentifizierung

Problem- und Potenzialanalyse. Für viele Menschen aus ärmeren Bevölke-

rungsgruppen stellt der traditionelle (analoge) Prozess der Kontoeröffnung bzw.

der Identitätsnachweis eine unüberwindbare Eintrittsbarriere für die Nutzung von

formalen Finanzdienstleistungen einschließlich Digital Finance dar. So besitzen

über 1,5 Milliarden Menschen in Entwicklungsländern keinen offiziellen Identitäts-

nachweis. Vor allem ärmere Bevölkerungsgruppen sind betroffen. In der Region

Afrika/MENA z.B. sind nur 62% der Bevölkerung formal registriert und in Südasien

nur 64%. Darüber hinaus kann das Digital Finance-Potenzial nur begrenzt ausge-

schöpft werden, wenn Ausweise nicht online überprüft werden können, da dann

etwa Konten nicht aus der Ferne eröffnet werden können und Dauer und Kosten

der Konteneröffnung höher sind.

IKT-Lösungen können hier entscheidende Beiträge leisten. So bietenScanner für

Fingerabdrücke oder für die Iris der Augen enorme Vorteile gegenüber traditionel-

len papierbasierten Systemen des Identitätsnachweises; sie sind schnell, einfach

und kostengünstig zu erstellen und nur schwer zu manipulieren.59

Einzelne Trans-

aktionen können biometrisch (über Fingerabdruck, Iris des Auges) bestätigt wer-

den, wodurch Eintrittsbarrieren z.B. für Analphabeten beseitigt werden und Betrug

vorgebeugt wird.

Hinsichtlich möglicher FZ-Projekte kann unter folgenden Lösungen unterschieden

werden:

Nationale Lösungen bzw. allgemeines Meldewesen (z.B. digitaler Perso-

nalausweis, nationale Datenbanken);

Sektorale Ebene (z.B. ein „Finanzausweis“);

Produkt-/dienstleisterbezogene Lösungen (wie z.B. biometrische Erken-

nung des Kontoinhabers bei einem bestimmen Finanzdienstleister).

58

Economist Intelligence Unit (2016). Global Microscope 2016: The enabling environment for financial inclusion 59

KfW Development Research Kompakt (2016). E-Identity: Empowerment der Armen und erhöhte Verwal-tungseffizienz im Doppelpack.

>>> Weitere Empfehlung:

Prüfung der Realisierbarkeit in ausgewählten Partnerländern, inklusive

der MENA Region, u.a. durch Gespräche mit Universal Postal Unionder

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52 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Im KfW-Portfolio finden sich Projekte, in welchen Lösungen auf sektoraler Ebene

(financial card system in Uganda) sowie produktbezogene Lösungen (e-zwich in

Ghana) erfolgreich realisiert wurden.

Ziel der FZ-Maßnahme. Projektziel ist die Verbesserung des Zugangs zu Finanz-

dienstleistungen für benachteiligte Bevölkerungsgruppen (z.B. die ländliche Bevöl-

kerung) und KKMUs.

Zielgruppe und andere Beteiligte. Mittelbare Zielgruppe sind private Haushalte

und KKMUs, die wegen fehlender Ausweise oder dadurch, dass eine elektronische

Verifizierung nicht möglich ist, keinen angemessenen Zugang zu Finanzdienstleis-

tungen haben. Unmittelbare Zielgruppe sind Finanzdienstleister.

Projektträger. Potenzielle Kooperationspartner sind Regierungen und Behörden

des Partnerlandes sowie Finanzdienstleister und die Betreiber von Finanzinfra-

struktur wie etwa nationaler Zahlungsverkehrssysteme.

Gestaltung der FZ-Maßnahme. Bei der Realisierung muss zwischen nationalen,

sektoralen und produktbezogenen Lösungen unterschieden werden. Nationale

Lösungen setzen die Nachfrage der Regierung des Kooperationslandes voraus

und sind grundsätzlich im Governance Bereich anzusiedeln. Nationale Lösungen

haben einen breiten systemischen Effekt. Erfolgreiche Initiativen (z.B. in Indien)

haben dieses Potenzial verdeutlicht. Sektorale Lösungen können als Teil der all-

gemeinen Förderung der Digital Finance-Infrastruktur (s. 5.1.1. und 5.1.2.) umge-

setzt werden. Für produktbezogene Lösungen können Projekte im Bereich Zah-

lungsverkehr oder Digital Credit konkrete Ansatzpunkte sein – auch weil hier star-

kes Eigeninteresse der Digital Finance-Anbieter besteht. Komponenten wären die

Beschaffung von Ausweiskarten und Druckern sowie von Hard- und Software für

die Datenbanken und den Mechanismus der (online) Verifizierung.

Durchschnittliche Projektgröße. Die durchschnittliche Projektgröße von sektora-

len bzw. produktbezogenen Lösungen wird auf 10 Mio. EUR geschätzt, wovon

90% - 95% für Investitionen und der Rest für Beratungsleistungen eingesetzt

werden. Die Projektgröße hängt von folgenden Faktoren ab:

Ob es sich um eine nationale, sektorale oder produktbezogene Lösung

handelt;

Wie hoch die Anzahl der Menschen ist, die mit neuen Ausweisen ausge-

stattet werden sollen;

Welche zentralen Systeme bzw. Datenbanken angelegt werden sollen;

Ob/wie viele Filialen von Finanzinstitutionen mit neuen Endgeräten (z.B.

biometrische Lesegeräte) ausgestattet werden sollen.

Anzahl der möglichen Projekte. Nationale Lösungen (allgemeines Meldewesen)

sind in solchen Ländern realisierbar, wo eine Nachfrage der Regierung besteht.

Sie sind grundsätzlich im Governance-Bereich anzusiedeln. Zur Realisierbarkeit

von nationalen Maßnahmen kann im Rahmen dieser Studie keine Aussage getrof-

fen werden. Sektorale Lösungen lassen sich am besten als Teil-Komponenten von

Projekten zur Förderung der allgemeinen Digital Finance-Infrastruktur (s. 5.1.1.

und 5.1.2.) umsetzen; produktbezogene im Rahmen der Integration von Digital

Finance in bestehende FZ-Ansätze (s. 5.2.). Die Anzahl der Kooperationsländer, in

denen Projekte zum Aufbau von Systemen zur Kundenidentifizierung umgesetzt

werden, orientiert sich daher an der Anzahl der Länder, in welchen Projekte zur

allgemeinen Digital Finance-Infrastruktur umgesetzt werden können bzw. in wel-

chen Digital Finance in bestehende FZ-Ansätze integriert werden kann.

Es wird davon ausgegangen, dass Komponenten zum Aufbau von Systemen zur

Kundenidentifizierung mittelfristig in ca. 5 Kooperationsländern realisierbar sind.

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53 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Realisierbarkeit und Risiken. Nationale Lösungen setzen die Nachfrage der

Regierung des Kooperationslandes voraus und sind grundsätzlich im Governance-

Bereich anzusiedeln. Sektorale Lösungen sind dort zu empfehlen, wo das nationa-

le Meldewesen nicht hinreichend entwickelt ist und sich dies in absehbarer Zeit

nicht ändern wird. Für produktbezogene Lösungen besteht dort großes Potenzial,

wo die Zielgruppe keine Ausweisdokumente hat und die Regierung dieses Prob-

lem in absehbarer Zeit nicht löst.

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54 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

5.2. Integration von Digital Finance in bestehende FZ-Ansätze

5.2.1. Weiterentwicklung bestehender Ansätze zur Förderung von

Finanzinstitutionen

Wie in Kapitel 2. beschrieben bietet Digital Finance neue Möglichkeiten für Finan-

zinstitutionen zur Erschließung neuer Kundengruppen, Ertragsquellen, Effizienz-

steigerung, Kostenreduzierung und damit zur Erhöhung der allgemeinen Profitabi-

lität. Dadurch kann Digital Finance zur Zielerreichung in anderen Teilbereichen der

FZ im Finanzsektor beitragen, einschließlich Agrar- und ländlicher Finanzierung,

KKMU-Finanzierung, Versicherungen und Green Finance. Gleichzeitig können

neue Konkurrenzsituationen entstehen; nämlich dann, wenn konkurrierende An-

bieter das Potenzial von Digital Finance besser ausschöpfen und dadurch Vorteile

erlangen, z.B. beim Vertrieb. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen daher auf

lange Sicht alle Finanzinstitutionen ihre Geschäfts- bzw. Vertriebsmodelle über-

denken. Die Ausgestaltung des Einsatzes von Digital Finance sollte sich dabei an

den Geschäftszielen sowie am spezifischen Kontext der Finanzinstitution (Markt-

segment, Konkurrenzsituation, etc.) orientieren.

Ansätze zur Förderung von Finanzinstitutionen (Refinanzierung, Beteiligungen und

Begleitmaßnahmen) sollten dieser Realität Rechnung tragen. Daher sollte das

Potenzial von Digital Finance für die Zielerreichung in FZ-Maßnahmen im Finanz-

sektor grundsätzlich geprüft werden – sowohl bei existierenden als auch bei der

Konzeption zukünftiger FZ-Maßnahmen. Aufgrund der entscheidenden Rolle von

Digital Finance ist darüber hinaus zu überlegen, die Nutzung von Digital Finance

bzw. die Existenz einer Digital Finance-Strategie seitens der geförderten/potenziell

zu fördernde(n) Finanzinstitution(en) standardmäßig vorauszusetzen. Zu den zu

prüfenden Aspekten gehören dabei:

Ist das regulatorische Rahmenwerk im Partnerland förderlich (s. 2.2.6

und 6.)?

Ermöglichen es die Marktverhältnisse den Finanzinstituten, auf kosten-

günstige Art digitalen Zahlungsverkehr zu nutzen (oder gibt es z.B. hohe

Barrieren zur Teilnahme am nationalen Zahlungsverkehr oder Monopol-

stellungen beim mobilen Zahlungsverkehr)?

Nutzt/Nutzen die geförderte(n)/potenziell zu fördernde(n) Finanzinstituti-

on(en) das Potenzial alternativer Vertriebskanäle?

Nutzt/Nutzen die geförderte(n)/potenziell zu fördernde(n) Finanzinstituti-

on(en) das Potenzial der IKT-basierten Prozessoptimierung?

Nutzt/Nutzen die geförderte(n)/potenziell zu fördernde(n) Finanzinstituti-

on(en) das Potenzial der Erfassung und Verarbeitung alternativer Daten,

z.B. zur Kreditprüfung?

Der Fragebogen in Anlage 4 ermöglicht eine erste Abfrage von Finanzinstitutionen

hinsichtlich deren Nutzung von Digital Finance.

Sofern Digital Finance als förderlich für die Zielerreichung einer FZ-Maßnahme

eingeschätzt wird, ergeben sich für die KfW Entwicklungsbank je nach konkreter

Situation in Partnerland oder -region bzw. bei den geförderten/potenziell zu för-

dernden Finanzinstitutionen folgende möglichen Handlungsansätze:

Im Rahmen der Förderung einzelner Banken/MFIs:

Einflussnahme auf die Geschäftsstrategie, z.B. hinsichtlich der Nutzung

von Digital Finance, der Erstellung einer Strategie bzw. eines Business

Models zu Digital Finance und/oder alternativen Vertriebsmodellen;

Zuschüsse (z.B. über Begleitmaßnahmen) oder Kofinanzierung für die

Erstellung einer Strategie bzw. eines Business Models zu Digital Finance

und/oder alternativen Vertriebsmodellen;

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55 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Zuschüsse (z.B. über Begleitmaßnahmen) oder Kofinanzierung für die

Umsetzung von Digital Finance-Ansätzen;

Finanzierung oder Zuschüsse für Investitionen in Technologie-

Komponenten zur Nutzung von Digital Finance (z.B. Modernisierung von

Kernbankensystemen, Mobile Banking Plattformen);

Refinanzierung von Digital Credit-Portfolios (s. 5.2.2.).

Im Rahmen der Förderung von Fonds und Holdings:

Beteiligung an Fonds, welche explizit Digital Finance fördern (s. auch

5.3.2.b);

Erweiterung existierender Fonds, um Digital Finance-

Förderkomponenten;

Förderung von Digital Finance im Rahmen von „Challenge Funds“, daher

zur Erreichung bestimmter EZ-Zielsetzungen (wie z.B. Agrarfinanzie-

rung);

Strategische Zusammenarbeit mit Holdings zur Förderung von Digital Fi-

nance.

Durchschnittliche Projekt-/Komponentengröße. Die durchschnittliche Projekt-

größe bei der Förderung einzelner Finanzinstitutionen wird auf 3 Mio. EUR ge-

schätzt. Je nach Bedarf der Finanzinstitution werden die Mittel für Investitionen in

Technologie und/oder in Beratungsleistungen verwendet. Die durchschnittliche

Beteiligung an Fonds wird mittelfristig auf 30 Mio. EUR geschätzt.

Anzahl der möglichen Projekte/Komponenten. Es wird davon ausgegangen,

dass Projekte mit einzelnen Finanzinstitutionen mittelfristig mit ca. 30 von der

KfW geförderten Finanzinstitutionen60

umsetzbar sind. Hinsichtlich der Fonds-

beteiligungen ist davon auszugehen, dass mittelfristig in den Regionen Afrika,

MENA, Südostasien und Lateinamerika relevante Möglichkeiten entstehen werden

und daher mindestens 2 Fondsbeteiligungen zu realisieren sind.

Realisierbarkeit und Risiken. Die Realisierbarkeit hängt von der Nachfrage und

den institutionellen Kapazitäten der zu fördernden Finanzinstitutionen ab. Sofern

diese gegeben sind, bestehen keine großen Risiken, auch weil in der Consulting-

branche mittlerweile viel Erfahrung bei der Umsetzung solcher Projekte vorhanden

ist.

5.2.2. Refinanzierung von Digital Credit

Problem- und Potenzialanalyse. Die Finanzierungslücke von KKMUs in Schwel-

len- und Entwicklungsländern wird auf 2,2 Billionen US-Dollar, die von Kleinbauern

auf 450 Milliarden US-Dollar geschätzt. Diese Zahlen verdeutlichen die Grenzen

der traditionellen analogen Kreditvergabe. Aufgrund der hohen Kosten einer ana-

logen Kreditprüfung und -bearbeitung lohnt sich die Kreditvergabe an kleine, oft

informelle, Unternehmen meist nicht.

Experten sind sich einig, dass Digital Credit das Potenzial hat, entscheidend dazu

beizutragen diese Lücken zu schließen. Digital Credit ermöglicht die Kreditvergabe

an Individuen und Unternehmen (KKMUs), welche keine traditionellen Sicherhei-

60

Daher mit ca. 10% der Finanzinstitutionen, welche 2016 Neuzusagen erhalten haben.

>>> Weitere Empfehlung:

Zur Umsetzung wird empfohlen, entsprechende interne Tools und Prozesse zu

entwickeln, wie etwa einen „Digital Finance-Prüfungsleitfaden“.

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56 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

ten oder zuverlässige Buchführung vorweisen können. Digital Credit-Produkte

beruhen auf digitalen Technologien und Prozessen wie der Erfassung und Analyse

(z.B. durch Algorithmen) von großen Datenmengen, welche z.B. aus digitalen

Zahlungen oder Handy-Guthaben resultieren. Ähnlich wie im Mikrofinanzbereich

ist auch bei Digital Credit Refinanzierung notwendig, um die breitenwirksame

Skalierung sicherzustellen.

Ziel der FZ-Maßnahme. Projektziele sind die Verbesserung des Zugangs zu Kre-

diten für benachteiligte Bevölkerungsgruppen (z.B. die ländliche Bevölkerung) und

KKMUs.

Zielgruppe und andere Beteiligte. Zielgruppe sind KKMU, die keinen oder unzu-

reichenden Zugang zu Kredit haben.

Projektträger. Potenzielle Kooperationspartner sind Entwicklungsbanken, Apex-

Institutionen oder Fonds, welche Digital Credit Portfolios (z.B. von FinTechs) fi-

nanzieren.

Gestaltung der FZ-Maßnahme. Projektkomponenten sind die Refinanzierung von

EZ-relevanten Digital Credit-Portfolios sowie ggf. Begleitmaßnahmen zum Ausbau

der Scoring-Modelle bzw. generell Capacity Building für den Umgang mit Big Data

und die Gestaltung entsprechender Geschäftsmodelle. Digital Credit kann durch

etablierte Förderansätze wie Mikrofinanzprogramme und -fonds gefördert werden.

So können Digital Credit-Portfolios analog zu traditionell vergebenen Kreditportfo-

lien refinanziert werden.

Durchschnittliche Projektgröße. Es wird davon ausgegangen, dass der Finan-

zierungsbedarf für die Refinanzierung von Digital Credit langfristig eine ähnliche

Größe erreicht wie die aktuelle Refinanzierung von KKMU-Krediten. Da Digital

Credit noch in einem sehr frühen Stadium ist (s. „Realisierbarkeit und Risiken“) ist

davon auszugehen, dass die Projektvolumina mittelfristig geringer sind als bei

„traditionellen“ Refinanzierungsprogrammen.

Die durchschnittliche Projektgröße wird auf 15 Mio. Euro geschätzt, wovon 90% -

95% für Investitionen und der Rest für Beratungsleistungen eingesetzt werden.

Die Projektgröße hängt von folgenden Faktoren ab:

Anzahl bzw. Größe der EZ-relevanten Digital CreditAngebo-

te/Portfolios im Kooperationsland;

Refinanzierungsbedarf der Digital Credit-Anbieter.

Anzahl der möglichen Projekte. Da Digital Credit noch in einem sehr frühen

Stadium ist, wird empfohlen, mittelfristig in einer begrenzten Anzahl von Projekten

Erfahrungen zu sammeln. Daher wird angenommen, dass mittelfristig ca. 3 Projek-

te zu realisieren sind.

Realisierbarkeit und Risiken. Die Realisierbarkeit hängt stark von den in den

Partnerländern vorhanden Digital Credit-Angeboten ab. Da Digital Credit noch in

einem sehr frühen Stadium ist, wird empfohlen, den Markt weiter zu beobachten

und wenn möglich eine detaillierte Studie durchzuführen. Risiken gibt es beim

Thema Datenschutz. Es gilt, etablierte marktreife und für die Zielgruppen der FZ

relevante Modelle, welche Bedarf an Refinanzierung haben, zu identifizieren. Wie

oben beschrieben, beruht Digital Credit auf der Verwendung von großen Daten-

mengen. Dabei muss darauf geachtet werden, dass diese im Sinne und mit Ein-

verständnis der Empfänger erfasst und genutzt werden.

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57 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

5.2.3. Digitalisierungen von Zahlungsströmen in FZ-Maßnahmen in

anderen Sektoren

Problem- und Potenzialanalyse. Digitaler Zahlungsverkehr hat hohen entwick-

lungspolitischen Wert, sowohl in sich selbst als auch als „Türoffner“ und Plattform

für weitere Finanzdienstleistungen wie Versicherungen und Kredite. Eine Kernher-

ausforderung ist in vielen Ländern, Vertrauen in das System zu schaffen und

dadurch den Wechsel aus der bargelddominierten informellen Wirtschaft in das

formale Finanzsystem zu unterstützen. Internationale Erfahrung zeigt, dass digita-

ler Zahlungsverkehr dort von der größten Zahl der Bevölkerung (auch solchen

Bevölkerungsgruppen, die kein formelles Bankkonto haben) genutzt wird, wenn

ein konkreter Anwendungsbereich besteht. Hier können Zahlungen von öffentli-

chen Institutionen (G2P) oder Unternehmen (B2P) eine große Rolle spielen, wel-

che den Nutzern einen konkreten Anwendungsbereich bieten und gleichzeitig

Kosten für die zahlende Institution einsparen.

Außerdem stellt für Träger sowie Zielgruppen von FZ-Maßnahmen – sowohl im

Finanzsektor als auch in anderen Sektoren – die Nutzung von Bargeld ein Prob-

lem dar. Bargeldzahlungen sind unsicher, intransparent und, falls Bargeld trans-

portiert werden muss, teuer. Die Digitalisierung von Zahlungen, welche im Rah-

men von FZ-Maßnahmen durchgeführt werden, bietet also die Chance, sowohl

Effizienz und Transparenz bei der Umsetzung dieser Maßnahme zu erhöhen als

auch zu finanzieller Inklusion und ggf. Formalisierung von bisher informellen Wirt-

schaftsaktivitäten beizutragen. Ansatzpunkte finden sich in einer breiten Reihe von

FZ-Projekten, nämlich prinzipiell bei jedem, in welchem die KfW Entwicklungsbank

mit (staatlichen) Institutionen zusammenarbeitet, welche im Rahmen des Projekts

Zahlungen durchführt. Im Bildungssektor z.B. kann die Auszahlung von Gehältern

an Lehrer digitalisiert werden. Im Bereich Dezentralisierung tragen digitale Zah-

lungen dazu bei, dass Gelder bei der bürgernahen Verwaltung ankommen und

Korruption im System bekämpft wird. Digitalisierung von Regierungszahlungen

erhöht die Transparenz des öffentlichen Finanzwesens (Good Financial Gover-

nance).

Ziel der Komponente. Ziel der Komponenten ist die Digitalisierung von Zahlun-

gen. Dadurch kann zu Kostenreduktion, Effizienz- und Transparenzsteigerung bei

der Umsetzung der Hauptmaßnahme beigetragen werden und darüber hinaus

finanzielle Inklusion gefördert werden.

Zielgruppe und andere Beteiligte. Mittelbare Zielgruppe ist die Zielgruppe der

jeweiligen FZ-Maßnahme. Unmittelbare Zielgruppe sind Projektträger der jeweili-

gen FZ-Maßnahme sowie deren Partner.

Projektträger. Projektträger der jeweiligen FZ-Maßnahme. Potenzielle Kooperati-

onspartner sind Ministerien, Behörden sowie Unternehmen, welche Zahlungen an

benachteiligte Bevölkerungsgruppen durchführen (z.B. für Agrargüter). Auf interna-

tionaler Ebene bietet sich eine Mitgliedschaft bei der Better than Cash Alliance an.

Gestaltung der Komponente. Die Komponente wird hauptsächlich dadurch um-

gesetzt, dass die KfW Entwicklungsbank ihren Einfluss auf die Projektgestaltung

geltend macht, um Zahlungsströme – wo möglich und im Interesse der Zielgruppe

>>> Weitere Empfehlungen:

Beobachtung des Markts.

Festlegung von Standards für Datenschutz und EZ-Relevanz mögli-

cher zukünftiger Digital Credit-Projekte.

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58 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

– zu digitalisieren. Falls erforderlich sollte die Umsetzung durch Beratung unter-

stützt werden.

Durchschnittliche Projekt-/Komponentengröße. Falls Eigeninteresse bei Pro-

jektpartner an der Digitalisierung von Zahlungen besteht, kann die Komponente im

besten Fall ohne den Einsatz zusätzlicher finanzieller Mittel umgesetzt werden. Je

nach Kapazität der Partner bzw. der Situation im Kooperationsland ist jedoch be-

gleitende Beratung notwendig. In diesem Fall wird die durchschnittliche Projekt-

größe auf 250.000 Euro geschätzt (für Beratungsleistungen). Die Projektgröße

hängt von folgenden Faktoren ab:

Volumen der zu digitalisierenden Zahlungen;

Anzahl der Empfänger der Zahlungen;

Anzahl der involvierten Akteure bzw. Komplexität der Zahlungen;

Entwicklungsstand des digitalen Zahlungsverkehrs im Kooperations-

land.

Anzahl der möglichen Projekte/Komponenten. Komponenten zur Digitalisierun-

gen von Zahlungsströmen können prinzipiell im Rahmen von jedem der 2.380

aktuellen FZ-Projekte außerhalb des Finanzsektors umgesetzt werden, in wel-

chem von Projektpartnern im Rahmen des Projekts Zahlungen durchführt werden.

Die Umsetzbarkeit hängt dabei von der KfW-internen Nachfrage ab. Es wird ange-

nommen, dass mittelfristig in ca. 20 FZ-Maßnahmen in Sektoren außerhalb des

Finanzsektors solche Komponenten zu realisieren sind.

Realisierbarkeit und Risiken. Die Realisierbarkeit hängt davon ab, ob in den

Partnerländern adäquate digitale Bezahlsysteme vorhanden sind. Diese müssen

für die Empfänger der Zahlungen verfügbar und bedarfsgerecht (z.B. hinsichtlich

Kosten) sein. Ebenso müssen die Anreize für alle Akteure stimmen. Grundsätzlich

bieten sich gute Voraussetzungen für die Umsetzung in Ländern, welche Mitglie-

der der Better than Cash Alliance sind und deren Regierungen sich daher der

Digitalisierung von Zahlungsströmen verpflichtet haben. Eine aktuelle Liste der

Mitglieder ist auf der Internetseite von BTCA verfügbar:

https://www.betterthancash.org/members.

5.3. Ausbau interner Kapazitäten und Erhöhung der Sichtbarkeit

5.3.1. Mitgliedschaft in der Better than Cash Alliance

Hintergrund. Die Better than Cash Alliance (BTCA) ist eine von den Vereinten

Nationen (UNCDF) koordinierte Partnerschaft mit mehr als 50 Mitgliedern (Regie-

rungen, internationale Organisationen und Unternehmen), welche es sich zum Ziel

gesetzt hat, den Übergang vom Bargeld zu digitalen Zahlungen zu beschleunigen,

um Armut zu bekämpfen und inklusives Wachstum zu fördern. Dabei fördert die

BTCA die Digitalisierung von Zahlungsströmen in allen Sektoren, einschließlich

Bildung, Landwirtschaft, Soziales und öffentliche Finanzen. Die Partnerschaft hat

drei Arbeitsgebiete:

>>> Weitere Empfehlungen:

Detaillierte Prüfung des Gesamtpotenzials der Digitalisierung von Zah-

lungsströmen in der FZ und Realisierbarkeit des oben skizzierten An-

satzes

Austausch mit der Better than Cash Alliance hinsichtlich der Erfahrun-

gen auf diesem Gebiet als erster Schritt

Prüfung eines möglichen Beitrittes zur Better than Cash Alliance im

zweiten Schritt.

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59 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Advocacy (z.B. im Rahmen der G20);

Research (eine Reihe von Studien zur Digitalisierung von Zahlungsströ-

men, auch Wissensaustausch unter Mitgliedern); und

In-Country Work (Technische Beratung für Mitgliedsregierungen bei der

Umsetzung der Digitalisierung von Zahlungsströmen).

Die Better than Cash Alliance ist des Weiteren ein Implementierungspartner der

G20 Global Partnership for Financial Inclusion (GPFI). Im Kontext von Deutsch-

lands G20-Präsidentschaft hat die BTCA einen Zuschuss von 500.000 Euro erhal-

ten61

. Zu den Mitgliedern gehören auch die EBRD, die IADB und IFAD.

Nutzen einer Mitgliedschaft für die KfW Entwicklungsbank. Durch eine Mit-

gliedschaft würde die KfW öffentlichkeitswirksam verdeutlichen, dass sie den Wert

von Digitalisierung und Digital Finance anerkennt. Dies wäre vor allem im Rahmen

der G20-Präsidentschaft sowie vor dem Hintergrund des BMZ-Interesses am

Thema äußerst wirksam. Darüber hinaus würde die KfW Zugang zum Fachwissen

der BTCA erhalten und könnte zur Diskussion beitragen. Eine Mitgliedschaft wäre

außerdem auch ein internes Signal an Projektmanager, die Chancen der Digitali-

sierung von Zahlungsströmen wo möglich zu nutzen.

Mitgliedschaftsformen. Zwei verschiedene Formen der Mitgliedschaft sind mög-

lich. Normales Mitglied kann die KfW durch ein Verpflichtungsschreiben werden,

welches die Ansicht, dass digitale Zahlungen besser sind als Barzahlungen, bzw.

die Absicht, Zahlungsströme (z.B. in Projekten) zu digitalisieren, dokumentiert.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, als Ressource Partner einen Sitz im Auf-

sichtsrat zu erhalten. Die Mindestzuwendung sind 1,5 Mio. US-Dollar. Da die

BTCA vom BMZ 500.000 Euro erhalten hat, bestünde die Möglichkeit, durch einen

weiteren Zuschuss von 1 Mio. Euro einen Sitz zu erhalten.

5.3.2. Aufbereitung der vorhandenen Lernerfahrungen und weitere

Fragestellungen

a) Aufbereitung der Lernerfahrungen aus bestehenden und vergangenen

Projekten

Es wird empfohlen, die relevanten existierenden Lernerfahrungen laufender und

abgeschlossener Projekte im Detail aufzubereiten. Dabei können auch folgende

Fragestellungen adressiert werden:

Uganda, „Entwicklung des Zahlungsverkehrssystems“: Wie sind Wirkung

bzw. Effektivität des Projekts 8 Jahre nach Abschluss einzuschätzen?

Bieten sich Möglichkeiten, auf dem etablierten RTGS-System aufbauend,

ein inklusives System für digitalen Zahlungsverkehr im Bereich der Klein-

betragszahlungen umzusetzen?

Namibia, „Aufbau Zahlungsverkehrssystems der namibischen Postbank“:

Wo steht das Zahlungsverkehrssystem heute? Bietet die namibische

Postbank anderen Finanzanbietern die Möglichkeit, in ihren Filialen Ein-

61

Gespräch des Autors mit Herrn Tidhar Wald, Head of Government Relations & Public Policy bei der Better than Cash Alliance.

>>> Weitere Empfehlungen:

Austausch mit der Better than Cash Alliance hinsichtlich der Erfahrun-

gen auf dem Gebiet Digitalisierung von Zahlungen, auch hinsichtlich

der Risiken

Prüfung eines möglichen Beitrittes zur Better than Cash Alliance im

zweiten Schritt.

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60 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

/Auszahlungen durchzuführen? Welche Potenziale bestehen, um Digital

Finance nachhaltig zu fördern?

Ghana, „Bargeldloses Zahlungsverkehrssystem (e-zwich)“: Welche

Schlüsse lassen sich hinsichtlich von Projekten auf Ebene der Digital Fi-

nance-Infrastruktur ziehen? Bestehen Möglichkeiten, basierend auf der

Kooperation mit GhIPPS, umfassendere Projekte im Bereich Infrastruktur

digitaler Zahlungsverkehr umzusetzen?

Mosambik: Welche Schlüsse lassen sich hinsichtlich von Projekten auf

Ebene der Digital Finance-Infrastruktur, vor allem im Bereich Interopera-

bilität, ziehen?

Pakistan, „Mikrofinanzierungsprogramm Treuhandbeteiligung“: Welche

Schlüsse lassen sich hinsichtlich der „Weiterentwicklung“ bestehender

Ansätze nach Lancierung der Digital Finance-Produkte des Partners zie-

hen?

Kenia, „Treuhandbeteiligung an MFI Musoni“: Welche Schlüsse lassen

sich hinsichtlich der Finanzierung innovativer (FinTech) Unternehmen

ziehen?

b) Prüfung der Beteiligung an regional oder global tätigen Digital Finance-

Fonds

Hintergrund. Die African Development Bank (AfDB) setzt momentan einen Digital

Finance-Fonds auf, welcher Kredite sowie Zuschüsse an Finanzinstitutionen,

Mobilfunkunternehmen und Regulierer vergibt und dabei viele der oben erwähnten

Digital Finance-Bereiche adressieren wird. Als erster Geber hat die Bill & Melinda

Gates Stiftung (BMGF) einen Zuschuss von 35 Mio. US-Dollar geleistet. Das Ziel

der AfDB ist es, Geld von weiteren Gebern zu mobilisieren. Das Zielvolumen be-

trägt 100 Mio. US-Dollar. Die AfDB wird 200 Mio. US-Dollar als Parallelfinanzie-

rung bereitstellen.

Empfehlung. Der Fonds scheint eine Möglichkeit darzustellen, auf dem Gebiet

Digital Finance in Afrika tätig zu werden und öffentlichkeitswirksam Sichtbarkeit zu

erlangen. Es wird daher empfohlen, diese Möglichkeit weiter zu prüfen.

c) Prüfung der Förderung innovativer Finanzdienstleister durch Wagniska-

pital

Innovation im Bereich Digital Finance wird oft von kleinen Anbietern, einschließlich

FinTechs, vorangetrieben. Anders als in Industriestaaten steht jedoch in Entwick-

lungsländern kaum Wagniskapital zur Verfügung (weder „Seed“-Finanzierung noch

„Early Stage“-Finanzierung). Dadurch wird Innovation in Entwicklungsländern

gehemmt und FinTechs aus reichen Ländern haben einen noch größeren Wettbe-

werbsvorteil. Das Potenzial für Beschäftigung in der Digitalwirtschaft wird nicht

ausgeschöpft.

Das BMZ erkennt den Wert der digitalen Wirtschaft bzw. von Start-Ups an und hat

mehr Mittel für diese in Aussicht gestellt. Die Sonderinitiative „Digitales Afrika“

beispielsweise setzt genau an diesen Punkten an. Daher besteht ggf. die Möglich-

keit, für diesen Ansatz Gelder zu akquirieren, z.B. aus Sonderinitiativen. Projekt-

komponenten könnten Eigenkapital, Darlehen sowie Zuschüsse und Begleitmaß-

nahmen sein.

5.3.3. Fortbildungen

Für die erfolgreiche Umsetzung von zukünftigen Digital Finance.Projekten wird die

KfW externe Kapazitäten benötigen – sowohl auf fachlicher Ebene als auch hin-

sichtlich der Unterstützung der Umsetzung vor Ort - und sollte gleichzeitig die

internen Kapazitäten weiter ausbauen. Perspektivisch ist intern kein tiefes IKT-

know-how notwendig, sondern ein Verständnis für

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61 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

das Digital Finance-Ökosystem;

die sich ergebenden Geschäftsmodelle und für EZ-Ziele relevante Impli-

kationen; sowie

Methoden (trainierbar) und idealerweise Erfahrungen in der Steuerung

von Projekten mit Schnittstellen zwischen technologischen und anwen-

derbezogenen Prozessen

Es wird empfohlen, dass KfW-Mitarbeiter an Fortbildungen, Konferenzen und

Informationsveranstaltungen teilnehmen. Die folgenden Lehreinrichtungen bieten

Kurse im Bereich Digital Finance an:

Digital Frontiers Institute bei der Fletcher School Tufts University

Boulder Institute of Microfinance

The Helix Institute of Digital Finance

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62 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Digital Finance hat das Potenzial, Verfügbarkeit und Qualität von Finanzdienstleis-

tungen in jedem Land der Welt zu verbessern. Aufgrund der fortbestehenden Her-

ausforderungen hinsichtlich universeller finanzieller Inklusion (s. 1.1) sowie der

allgemeinen entwicklungspolitischen Relevanz von Digital Finance (s. 1.3.) kann

davon ausgegangen werden, dass Digital Finance in jedem Kooperationsland der

deutschen EZ zur Erreichung von Entwicklungszielen beitragen kann.

Hinsichtlich von Projekten zur Förderung von Zahlungsverkehrssystemen ist je-

weils der Entwicklungsstand des nationalen Zahlungsverkehrs zu berücksichtigen.

Hinsichtlich finanzieller Inklusion sind vor allem solche Länder hervorzuheben, in

welchen Menschen durch Digital Finance zum ersten Mal überhaupt Zugang zu

Finanzdienstleistungen verschafft werden kann. Die Realisierbarkeit der in Punkt 5

genannten Projektansätze hängt darüber hinaus von den regulatorischen Rah-

menbedingungen sowie von den institutionellen Kapazitäten der entscheidenden

Akteure ab.

6.1. Methodik und Hintergrundinformationen

Zur Bestimmung des Potenzials in Kooperationsländern der FZ sind daher folgen-

de Fragen zu beantworten:

Besteht Bedarf, die (Finanz-)Infrastruktur für Zahlungsverkehr zu verbes-

sern (vor allem in Bezug auf Echtzeit-Abwicklung und Interoperabilität)?

Wie hoch ist das Potenzial, durch den Einsatz von Digital Finance finan-

zielle Inklusion zu fördern?

Sind die regulatorischen Rahmenbedingungen förderlich?

6.1.1. Weltweiter Bedarf an Verbesserung der Infrastruktur für Zah-

lungsverkehr

Hinsichtlich des Ziels, Transaktionen jeder Größe zwischen verschiedensten Fi-

nanzdienstleistern (Bank, MFI, Mobilfunkanbieter, FinTech) in Echtzeit zu ermögli-

chen, besteht in den meisten Ländern der Welt (einschließlich z.B. Deutschland)

Verbesserungsbedarf. So stellt das Beratungs- und IT-

Dienstleistungsunternehmen Capgemini in seinem World Payments Report 2015

fest, dass von den 18 Ländern, in welchen nach eigenen Angaben nationale Echt-

zeit-Zahlungsverkehr (engl. immediate payments) Initiativen umgesetzt werden,

nur 9 der Definition bzw. den Kriterien von Capgemini entsprechen62

.

Die Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (SWIFT), eine

1973 gegründete Genossenschaft im Besitz der Banken, welche den Nachrichten-

und Transaktionsverkehr von weltweit mehr als 10.800 Banken in 200 Ländern

über sichere Telekommunikationsnetze (das SWIFT-Netz) standardisiert, hat 2015

62

Capgemini (2015). World Payments Report.

6. Kooperationsländer mit hohem Potenzial

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63 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

ein White Paper zum Thema Echtzeit-Zahlungsverkehr von Kleinbetragszahlungen

(real-time retail payments systems) veröffentlicht. In diesem Bericht werden 18

Länder identifiziert, die „live“ Echtzeit-Zahlungsverkehrssysteme haben, und 12

Länder, die solche planen bzw. entwickeln.

Sowohl Capgemini als auch SWIFT stellen heraus, dass in den meisten Entwick-

lungs- und Schwellenländern noch keine Echtzeit-Zahlungsverkehrssysteme für

Kleinbetragszahlungen vorhanden sind, so dass weitere Investitionen in Zah-

lungsverkehrsinfrastruktur erforderlich sind. Die in 5.1.1 beschriebenen Projektan-

sätze sind also grundsätzlich in den meisten Ländern relevant.

Abbildung 8: The Real-Time Retail Payments Systems Landscape

Quelle: SWIFT

6.1.2. Potenzial zur Förderung finanzieller Inklusion

Das in einem bestimmten Land vorhandene Potenzial zur Förderung finanzieller

Inklusion wird für diese Studie durch einen Indikator zum „Erstzugangspotenzial“

erschlossen63

. Das „Erstzugangspotenzial“ beschreibt den Prozentsatz der Bevöl-

kerung, der ein Mobiltelefon besitzt, aber keinen Zugang zu Finanzdienstleistun-

gen hat64

. Die Formel für die Bestimmung des „Erstzugangspotenzials“ ist:

Erstzugangspotenzial = % der Bevölkerung (15 Jahre +) mit Mobiltelefon – (MAX (% der Bevölkerung (15+) mit Bankkonto, % der Bevölkerung (15+) mit Debitkarte, % der Bevölkerung (15+) mit Mobile Money Konto))

6.1.3. Rahmenbedingungen

Für die Bewertung der regulatorischen Rahmenbedingungen werden für Digital

Finance relevante Indikatoren des Global Microscope 2016 der Economist Intelli-

gence Unit (EIU) herangezogen65

. Der jährliche Benchmarking Bericht enthält

insgesamt 12 Indikatoren zur Bemessung der regulatorischen Rahmenbedingun-

63

S. 6.2. 64

Die Quellen für den Indikator „% der Bevölkerung (15 Jahre +) mit Mobiltelefon“ sind Daten der GSMA sowie eigene Berechnung des Autors; die Quelle für die restlichen Indikatoren die Weltbank „Global Findex“ Datenbank. 65

Economist Intelligence Unit (2016). Global Microscope 2016: The enabling environment for financial inclusion

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64 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

gen für finanzielle Inklusion; im diesjährigen Bericht wurden 55 Länder bewertet.

Die folgenden Indikatoren sind für Digital Finance relevant:

Government support for financial inclusion = Politik des Koopera-

tionslandes

Regulation and supervision of branches and agents = Regulierung

von Zugangspunkten (ZPs)

Regulation of electronic payments = Regulierung von elektroni-

schen Zahlungsverkehr

Die EIU bewertet Länder auf einer Skala von 0 bis 100, wobei 100 der beste Wert

ist. Für diese Studie wurde der Mittelwert der drei oben genannten Indikatoren

ermittelt. Wenn dieser Mittelwert 51 oder höher ist, dann kann vorerst davon aus-

gegangen werden, dass die Rahmenbedingungen für Digital Finance in diesem

Land förderlich sind.

6.2. Länderübersicht: Erstzugangspotenzial / Rahmenbedingungen

Kooperationsland Mobil- telefon

Bank Konto (2014)

Debit Karte (2014)

Mobile Money Konto (2014)

1. Zu-gang

Potenzi-al

Rah-men- bed. (EIU)

Tansania 81% 19% 12% 32% 49% 97

Indien 61% 53% 22% 2% 8% 94

Kenia 55% 55% 35% 58% -3% 93

Kolumbien 68% 38% 30% 2% 30% 89

Pakistan 70% 13% 3% 6% 57% 80

Honduras 85% 30% 14% 3% 55% 79

Ruanda 57% 38% 5% 18% 19% 78

Ghana 88% 35% 10% 13% 53% 77

Kirgisistan ? 18% 6% 68

El Salvador 84% 35% 22% 5% 49% 65

Mosambik 53% 20% 31% 3% 22% 57

Nepal 55% 34% 7% 0% 21% 56

Marokko 72% 39% 22% 33% 56

Nicaragua 82% 19% 11% 1% 63% 55

Nigeria 78% 44% 36% 2% 34% 54

DRC 49% 17% 4% 9% 32% 50

Uganda 60% 28% 18% 35% 25% 49

Ägypten 92% 14% 10% 1% 78% 48

Guatemala 81% 41% 16% 2% 40% 43

Bosnien&Herzegowina ? 53% 34% 41

Türkei ? 57% 43% 1% 40

Kamerun 77% 11% 6% 2% 66% 35

Jordanien 89% 25% 19% 1% 64% 32

Costa Rica 78% 65% 54% 0% 13% 30

Tadschikistan ? 11% 4% 0% 27

Myanmar 33% 23% 2% 0% 10%

Namibia 87% 58% 49% 10% 29%

Palästin. Gebiete 71% 24% 11% 47%

Tunesien 74% 27% 12% 1% 47%

Afghanistan 68% 10% 2% 0% 58%

Benin 83% 16% 5% 2% 67%

Laos 68% 68%

Jemen 75% 6% 2% 69%

Albanien ? 38% 22% N/A

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65 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Kosovo ? 48% 34% N/A

Serbien ? 83% 58% N/A

Ukraine ? 53% 40% N/A

Armenien ? 17% 8% 1% N/A

Aserbaidschan ? 30% 16% N/A

Georgien ? 40% 30% N/A Quelle: GSMA mit eigenen Berechnungen, Weltbank „Global Findex“ Datenbank, Economist Intelligence Unit

Mit der Ausnahme von Kenia besteht in jedem Kooperationsland das Potenzial,

durch Digital Finance Menschen neu in den Finanzsektor zu führen. In manchen

Ländern besitzen mehr als die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung ein Mobiltele-

fon, haben aber keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen: Pakistan (57%), Hon-

duras (55%), Ghana (53%), Nicaragua (63%), Ägypten (78%), Kamerun (66%),

Jordanien (64%), Afghanistan (58%), Benin (67%), Laos (68%) und Jemen (69%).

In 15 der 25 Kooperationsländer, welche von der EIU bewertet wurden, sind die

regulatorischen Rahmenbedingungen förderlich und die unter 5. beschriebenen

Projektansätze somit grundsätzlich umsetzbar. Die 15 Kooperationsländer mit den

besten regulatorischen Rahmenbedingungen sind: Tansania, Indien, Kenia, Ko-

lumbien, Pakistan, Honduras, Ruanda, Ghana, Kirgisistan, El Salvador, Mosambik,

Nepal, Marokko, Nicaragua und Nigeria.

6.3. Länder mit hohem Potenzial

Digital Finance kann in jedem Kooperationsland der deutschen EZ zur Erreichung

von Entwicklungszielen beitragen. Darüber hinaus besteht in fast allen Kooperati-

onsländern das Potenzial, durch Digital Finance großen Anteilen der Bevölkerung,

die momentan keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen haben, Zugang zu ver-

schaffen.

Hinsichtlich der Umsetzbarkeit kann davon ausgegangen werden, dass in mindes-

tens 15 Kooperationsländern förderliche Rahmenbedingungen bestehen (in Jor-

danien hat die Regierung Reformen auf den Weg gebracht, welche die Rahmen-

bedingungen in naher Zukunft verbessern sollten). Zusätzlich zu den regulatori-

schen Rahmenbedingungen hängt die konkrete Umsetzbarkeit von der institutio-

nellen Landschaft, den Marktverhältnissen, den Politiken des Kooperationslandes

sowie den Aktivitäten anderer Entwicklungsbanken und Geber im jeweiligen Land

ab. Es wird daher empfohlen, die Umsetzbarkeit weiter im Detail zu prüfen.

Ebenfalls sollte berücksichtigt werden, dass es für die in 5. genannten Ansätze

ggf. auch Geschäftspotenzial in Nichtzuschussländern gibt. Vor allem in größeren

Schwellenländern wie z.B. Indonesien könnte dies eine Rolle spielen.

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66 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

7.1. Monetäre Zusagen

7.1.1. Allgemeine Zusagen

Laut einer von CGAP im Jahr 2015 durchgeführten Befragung66

betrugen die Zu-

sagen von internationalen Geldgebern für Projekte mit einer Digital Finance-

Komponente zusammen ca. insgesamt 1,52 Mrd. US-Dollar. Das Volumen von

multilateralen Gebern betrug 623 Mio. US-Dollar, das der Stiftungen 342 Mio. US-

Dollar, das der Entwicklungsbanken 316 Mio. US-Dollar67

, das von bilateralen

Gebern 202 Mio. und von „anderen“ 35,5 Mio. (s. Abbildung 7).

Abbildung 9: Digital Finance-Zusagen der internationalen Geldgeber

68

Quelle: Eigene Darstellung, nach CGAP

66

CGAP, 2015: International Financial Inclusion Funding Data. 67

Ibid. 68

Quelle: CGAP (2015), eigene Darstellung.

Andere 3% Bilaterale Geber

17%

Entwicklungsbanken 27%

Multilaterale Geber 53%

Zusagen Mio USD

Andere Bilaterale Geber Entwicklungsbanken Multilaterale Geber

7. Aktivitäten anderer Entwicklungsbanken

und Geber

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67 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Die Zusagen werden auf folgende Interventionsbereiche verteilt:

Abbildung 10: Verteilung der Zusagen auf Interventionsbereiche

Quelle: Eigene Darstellung, nach CGAP

Für „(Markt-)Infrastruktur“ werden ca. 19% der Gesamtmittel verwandt. Dabei

sollte jedoch berücksichtigt werden, dass von anderen Entwicklungsbanken, vor

allem der Weltbank, Zusagen des Bereiches Zahlungsverkehr (Finanzinfrastruktur)

nicht mit in die Befragung aufgenommen wurden.

7.1.2. Zusagen der Entwicklungsbanken

Die Zusagen der Entwicklungsbanken, welche an der Befragung teilgenommen

haben69

, belaufen sich auf insgesamt 316 Mio. US-Dollar und verteilen sich fol-

gendermaßen:

Abbildung 11: Zusagen der Entwicklungsbanken

Quelle: Eigene Darstellung, nach CGAP

Unter Entwicklungsbanken wird ein vergleichsweise hoher Anteil der Zusagen

(42%) für den Interventionsbereich „(Markt-)Infrastruktur“ aufgebracht.

69

, AFD Proparco, CAF, CDC, DCA USAID, EBRD, EIB, FMO, ICDF, IFC, IIC, KfW, MIF IADB, Obviam, OPIC

167

224

289

290

390

0 50 100 150 200 250 300 350 400 450

Policy

Capacity Building

(Markt-)Infrastruktur

Direkte Finanzierung

Indirekte Finanzierung

Zusagen Mio USD

7

11

132

160

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

Capacity Building

Direkte Finanzierung

(Markt-)Infrastruktur

Indirekte Finanzierung

Zusagen Mio USD

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68 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

7.2. Ausgewählte Projekte der Weltbank

Hinsichtlich der Empfehlungen im Bereich „Infrastruktur digitaler Zahlungsverkehr“

sind vor allem Projekte der Weltbank im Bereich Zahlungsverkehr (Payment Sys-

tems) relevant. Die Tabelle unten hebt einige relevante Projekte hervor:

Vietnam: Second

Payment System and

Bank Modernization

Project

Total Project Cost: Appraisal US$ 112.99 million / Actual US$ 110.78 million

Component 1: Interbank Payment System Expansion (Appraisal US$24.6 million / Actual US$21.4 million):

Component 2: Core Banking Solution Expansion (Appraisal US$82.2 million / Actual $76.7 million)

Algeria: Financial

System Infrastruc-

ture Modernization

Project

Total Project Cost: Appraisal US$ 18.20 million / Ac-tual: US$ 5.20

Component 1: Payment Systems (Appraisal US$4.80 / Actual US$2.70 million)

Component 2: Bank of Algeria Information Systems Component (Appraisal US$4.50 / Actual not utilized)

Component 3: Supporting Telecommunications Infra-structure (Appraisal US$8.10 million / Actual US$1.70 million)

Component 4: Project Management Support (Ap-praisal US$0.6 million / actual US$0.2 million)

Yemen: Financial

Infrastructure Project

Total Project Cost, US$ 20.00 million

Component 1: Developing a Central Bank Core Sys-tem (US$11.5 million)

Component 2: Developing the Payments System Infrastructure (US$4 million)

Component 3: Establishing a Public Credit Registry (US$3 million)

Component 4: Establishing Data Centres and Project Management Support (US$1.5 million)

BCEAO: Regional

Payment Systems

Project

Total Project Cost: Appraisal US$ 19.26 million / Ac-tual US$ 67.95 million

Component 1: Project Support (Appraisal US$2.60 / Actual US$ 11.59 million)

Component 2: RTGS (Actual US$ 11.23 million Ap-praisal US$2.50 million)

Component 3: Low-Value Clearing System (Appraisal US$4.10 million / Actual US$ 23.97 million)

Component 4: Inter-Bank Card System (Appraisal US$4.50 million / Actual US$16.77 million)

Component 5 Telecommunication System and Infra-structure (Appraisal US$2.80 million / Actual US$3.10 million)

Congo, Democratic

Republic of: Finan-

cial Infrastructure

and Markets

Total Project Cost: US$ 30.00 million

Component 1: Modernization of Payments Infrastruc-ture for Inclusive Finance (US$ 7 million)

Sub-component 1.1: Physical Infrastructure - ATS/CSD Telecommunications Network Infrastruc-ture, and National Payments Card Retail Switch (US$ 5 million)

Sub-component 1.2: Technical Assistance and Ca-pacity Building (US$ 2 million)

Maldives: Maldives

Mobile Phone Bank-

ing Project

Total Project Cost: Actual: US$ 8.71 million / Apprais-al US$ 10.55 million

Component 1: Maldives Interoperable Payments System (US$ 6.0 million)

Component 2: Enabling Environment & Capacity Building (US$1.0 million)

Quelle: Eigene Zusammenfassung, nach Weltbank

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69 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

7.3. Ausgewählte globale öffentliche Initiativen

7.3.1. Weltbank: Universal Financial Access 2020

Hintergrund. Die Universal Financial Access 2020 Initiative der Weltbank hat es

sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 eine Milliarde zusätzlicher Menschen in den forma-

len Finanzsektor zu führen. Dabei wird hauptsächlich auf Digital Finance und vor

allem auf digitalen Zahlungsverkehr gesetzt.

Interventionsbereiche. Digital Finance Infrastruktur, Digital Finance Anbieter.

7.3.2. Better than Cash Alliance

Hintergrund. Die Better than Cash Alliance (BTCA) ist ein von den Vereinten

Nationen (UNCDF) koordinierte Partnerschaft mit mehr als 50 Mitgliedern (Regie-

rungen, internationale Organisationen und Unternehmen), welche es sich zum Ziel

gesetzt hat, den Übergang vom Bargeld zu digitalen Zahlungen zu beschleunigen,

um Armut zu bekämpfen und inklusives Wachstum zu fördern.

Interventionsbereich. Forschung (Studien), Policy, Kapazitätsaufbau bei Regie-

rungen, öffentliche Institutionen, Sektordialog.

7.3.3. Alliance for Financial Inclusion

Hintergrund. Die Alliance for Financial Inclusion ist ein Zusammenschluss von

Zentralbanken und Finanzministerien aus Schwellen- und Entwicklungsländern mit

dem Ziel finanzieller Inklusion.

Interventionsbereich. Policy, regulatorische Rahmenbedingungen.

7.4. Private Organisationen und Stiftungen

7.4.1. Grameen Stiftung

Hintergrund. Die Grameen Stiftung wurde 1997 gegründet; sie nutzt die ‚Brand‘

der Grameen-Bank, um Mikrofinanz zu fördern, mit zunehmendem Fokus auf

Digital Finance. 2016 haben sich die Grameen Stiftung und die internationale

NGO ‚Freedom of Hunger‘ zusammengeschlossen. Beide sind finanziell gut aus-

gestattete Akteure mit hoher Sichtbarkeit im Feld finanzielle Inklusion.

Interventionsbereiche: Forschung (Studien), Kapazitätsaufbau von Finanzdienst-

leistern, Digitale Finanzprodukte / -dienstleistungen, mobile Zugangspunkte.

7.4.2. Bill & Melinda Gates Stiftung

Hintergrund. Die Bill & Melinda Gates Stiftung ist an den Einlagen gemessen die

mit Abstand größte Privatstiftung der Welt. Sie hat ihren Hauptsitz in Seattle mit

etwa 1.376 Mitarbeitern und einem Stiftungskapital von 36,7 Mrd. US-Dollar. Seit

der Gründung im Jahr 1999 wurden insgesamt 36,7 Mrd. US-Dollar an Zuschüs-

sen gezahlt, 2014 waren es 3,9 Mrd. US-Dollar, 2015 4,2 Mrd. US-Dollar. Das

Programm „Finanzdienstleistungen für Arme“ (financial services for the poor) setzt

ausschließlich auf Digital Finance. Es soll bei der Verbreitung digitaler Zahlungs-

systeme eine Katalysatorfunktion übernehmen.

Interventionsbereiche. Forschung (Studien), Policy, Kapazitätsaufbau von Fi-

nanzdienstleistern, Kapital für innovative Ansätze.

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70 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

7.4.3. Omidyar Network

Hintergrund. Das Omidyar Network ist ein philanthropischer (Impact-)Fonds,

welcher im Jahr 2004 vom eBay Gründer Pierre Omidyar gegründet wurde. Seit

der Gründung hat der Fonds Investitionen im Wert von 992 Mio. US-Dollar getä-

tigt. Ein Fokusgebiet des Fonds ist finanzielle Inklusion und in diesem Rahmen

Digital Finance.

Interventionsbereiche. Beteiligungen an innovativen Digital Finance-Anbietern,

Zuschüsse für Forschung.

7.4.4. MasterCard Stiftung

Hintergrund. Die MasterCard Stiftung wurde im Jahre 2006 gegründet und fördert

unter anderem finanzielle Inklusion – vor allem in Sub-Sahara Afrika und für Ju-

gendliche. Im Bereich finanzielle Inklusion setzt die MasterCard Stiftung vor allem

auf Digital Finance.

Interventionsbereiche. Zuschüsse für innovative Digital Finance-Anbieter, Studie,

Schulungen.

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71 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Anlage 1: G20 Prinzipien zu digitaler finanzieller Inklusion

Quelle: GPFI

8. Anlagen

G20 High Level Principles for Digital Financial Inclusion

PRINCIPLE 1: Promote a Digital Approach to Financial Inclusion Promote digital financial services as a priority to drive development of inclusive financial systems, including through coordinated, monitored, and evaluated na-tional strategies and action plans.

PRINCIPLE 2: Balance Innovation and Risk to Achieve Digital Financial Inclusion Balance promoting innovation to achieve digital financial inclusion with identify-ing, assessing, monitoring and managing new risks.

PRINCIPLE 3: Provide an Enabling and Proportionate Legal and Regulatory Framework for Digital Financial Inclusion Provide an enabling and proportionate legal and regulatory framework for digital financial inclusion, taking into account relevant G20 and international standard setting body standards and guidance. PRINCIPLE 4: Expand the Digital Financial Services Infrastructure Ecosystem Expand the digital financial services ecosystem—including financial and infor-mation and communications technology infrastructure—for the safe, reliable and low-cost provision of digital financial services to all relevant geographical areas, especially underserved rural areas. PRINCIPLE 5: Establish Responsible Digital Financial Practices to Protect Con-sumers Establish a comprehensive approach to consumer and data protection that fo-cuses on issues of specific relevance to digital financial services.

PRINCIPLE 6: Strengthen Digital and Financial Literacy and Awareness Support and evaluate programs that enhance digital and financial literacy in light of the unique characteristics, advantages, and risks of digital financial services and channels. PRINCIPLE 7: Facilitate Customer Identification for Digital Financial Services Facilitate access to digital financial services by developing, or encouraging the development of, customer identity systems, products and services that are ac-cessible, affordable, and verifiable and accommodate multiple needs and risk levels for a risk-based approach to customer due diligence. PRINCIPLE 8: Track Digital Financial Inclusion Progress Track progress on digital financial inclusion through a comprehensive and robust data measurement and evaluation system. This system should leverage new sources of digital data and enable stakeholders to analyze and monitor the sup-ply of—and demand for—digital financial services, as well as assess the impact of key programs and reforms.

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72 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Anlage 2: Eigenschaften der verschiedenen alternativen Vertriebskanäle

HINTERGRUND TECHNOLOGIEKOMPONENTEN

Vertriebs-

kanal

Kunden-

Kontakt-

punkte

Beispiel:

Leistung

Endgerät App Kommuni-

kationskanal

Authen-

tifizie-

rung

Geldauto-

mat

(‚ATM‘)

Geldautomat Einzahlung,

Abhebung,

Kontostand,

Zahlungen

Geldautomat Maßge-

schneiderte

Technologie-

lösungen

LAN70

(Stand-

leitung, Satellit,

Internet), Mo-

dem (GPRS,

Wahl-)

Karte,

PIN,

biometr.,

mobil

Internet

Banking

PC, Smart-

Phone, Tab-

let etc.

Abfragen,

Zahlungen,

Überweisun-

gen

PC, Smart-

Phone, Tablet,

Kiosk

Internet Internet (mobil,

WLAN, Stand-

leitung)

Nutzer-

name,

Passwort

Agent

Banking

Person

(Dritte),

POS-Gerät,

Handy,

Einzahlung,

Abhebung,

Zahlungen,

Konto-

eröffnung

PC, Handy,

Tablet, POS-

Gerät

Internet,

POS, mobil

Internet (mobil,

WLAN, Stand-

leitung), mobile

Datendienste

(GPRS, 3G,

4G)

Karte,

PIN,

biometr.,

Ausweis,

Handy

Feldper-

sonal

Personal von

Finanzdienst-

leister

Einzahlung,

Abhebung,

Kontoeröff-

nung, Kredi-

tanträge

PC, Handy,

Tablet, POS

Internet,

POS, mobil

Internet, mobile

Datendienste

(GPRS, 3G,

4G), SMPP71

,

USSD72

Karte,

PIN,

biometr.,

Ausweis

Mobile

Banking

Handy Abfragen,

Zahlungen,

Überweisun-

gen

Handy mobil mobile Daten-

dienste

(GPRS, 3G,

4G), SMPP73

,

USSD74

PIN

E-wallet

(u.a. mo-

bile wallet)

Handy, PC,

Verkäufer,

Geldautomat,

Karte

Einzahlung,

Abhebung,

Kontostand,

Zahlungen

Handy, PC,

Kiosk, Geldau-

tomat, POS-

Gerät

Internet,

POS, mobil

Internet, mobile

Datendienste

(GPRS, 3G,

4G), USSD75

PIN,

Karte,

Ausweis

Call Cen-

ter

Telefon,

Kunden-

dienst

Abfragen,

Zahlungen,

Überweisun-

gen

Telefon IVR76

Sprach-

telefonie

Pass-

wort,

Geheim-

fragen

Quelle: Eigene Darstellung, nach IFC

70

Local Area Network 71

Short Message Peer-to-Peer 72

Unstructured Supplementary Service Data 73

Short Message Peer-to-Peer 74

Unstructured Supplementary Service Data 75

Unstructured Supplementary Service Data 76

Interactive Voice Response

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73 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Anlage 3: Heat-Map

Quelle: Thorsten Scherf und Ulrich Merkes

Sekto

r/

Sekto

ran

wen

du

ng

Wirkung

Zugang zu Finanzdienstleistungen

Ländliches Finanzsystem

KMU Finanzierung

Finanzinfrastruktur

Dienstleister für Finanzinstitutionen

Spezialinstitutionen

Start-Up Finanzierung

N/A

Zukünftige Bedeutung

Nachfrage in Partnerländern

Auftraggeberinteresse

Wettbewerbsumfeld

Komparativer Vorteil

Reputationsrisiko

FZ-/ TZ-Abgrenzung

Innovationsgrad

Profil-Passung

ÖA-Attraktivität

GP-Potential

Sekundär-Investitionen

Finanzierungsquellen

Erschliessungsaufwand

Umsetzungseffizienz

Φ-Projektgröße

Entwicklungspol. Relevanz

Profilierung

Kosten & Portfolio

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74 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Anlage 4: Fragebogen für Finanzinstitutionen

Dear Sir or Madam,

Thank you for taking the time to answer this questionnaire. It will only

take a few minutes to complete.

The objective of this questionnaire is to assess in how far your insti-

tution is currently using information and communication technologies

(ICT) / digital technologies.

We consider two key areas in which ICT / digital technologies impact on the

business of financial institutions:

1. DELIVERY CHANNELS

2. PROCESS OPTIMIZATION

The questionnaire includes a short section on each. The questionnaire only

includes 8 technical questions in total.

BACKGROUND INFORMATION

1. Please state the name of the institution you represent

Click or tap here to enter text.

2. Please state the country or countries you operate in

Click or tap here to enter text.

3. Please state your name and title

Click or tap here to enter text.

4. Please state your email address

Click or tap here to enter text.

5. Please enter the date when completing the questionnaire *

Click or tap to enter a date.

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75 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

1. DELIVERY CHANNELS

This section seeks to gather information regarding your use of ICT / digital tech-

nologies for delivering financial services.

We use the conceptual framework described in the IFC / MasterCard

Foundation Publication "ALTERNATIVE DELIVERY CHANNELS AND

TECHNOLOGY". Follow this link

http://youtube.com/watch?v=P8WC68ulivk to see a video which pro-

vides a short introduction to the publication.

The figure below illustrates the alternative delivery channels available to

financial service providers:

Quelle: ICF

The full publication is available at

http://www.ifc.org/wps/wcm/connect/5d99c500477262e89844fd299ede9589/ADC

+Handbook_ISBN.pdf?MOD=AJPERES

1.1 Does your institution use "Alternative Delivery Channels"? * Choose one an-

swer only.

☐Yes

☐No

☐Not yet, but we are planning to

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76 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

1.2 Does your institution have a formal strategy in place for the use of “al-

ternative delivery channels” (or any other strategy in relation to ICT/digital tech-

nology)? * Choose one answer only.

☐Yes

☐No

☐We are in the process of developing one

☐Other Click or tap here to enter text.

1.3 Does your institution use any of the following alternative delivery

channels? * Please tick all that apply.

☐Mobile Banking

☐E­Wallet / Mobile Money

☐ATM

☐Internet Banking

☐Agents / Agent Banking (sometimes also referred to as "correspondents")

☐None of the above

1.4 Which technology devices does the majority of your customers (i.e.

more than 50%) have access to? * Please tick all that apply.

☐Mobile Phone (not smartphone)

☐Smartphone

☐Computer

☐Payment Cards

☐None of the above

☐Don't know

1.5 What types of technology enabled services do you offer

your customers? * Please tick all that apply.

☐Our customers can check account data (e.g. balance) through their mo-

bile phone and / or other digital devices

☐Our customers can receive loan payments through their mobile phone

and / or other digital devices

☐Our customers can pay back through their mobile phone and / or other

digital devices

☐Our customers can apply for loans using their mobile phones and / or

other digital devices Our customers can deposit with agents

☐Our customers can withdraw with agents

☐We offer products which use ("ride on top") of existing mobile money

services (e.g. offered by mobile phone companies)

☐Our customers can open accounts at agents

☐Our customers can open accounts remotely (e.g. via mobile channels)

☐Our customers can deposit and withdraw at our own ATMs

☐Our customers can deposit and withdraw at ATMs shared with other institu-

tions

☐None of the above

☐Others: Click or tap here to enter text.

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77 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

2. PROCESS OPTIMIZATION

In addition to DELIVERY CHANNELS, we are wondering whether you

might use ICT / digital technology to optimize processes & to support

product innovation.

Again, we are using the conceptual framework of an IFC publication: "IN

THE FAST LANE: INNOVATIONS IN DIGITAL FINANCE", available at:

http://www.ifc.org/wps/wcm/connect/d2898b80440daa039453bc869243d457/In+The+

Fast+Lane+-+Innovations+in+Digital+Finance+IFC.pdf?MOD=AJPERES

Technology enabled process innovation

Quelle: ICF

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78 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

2.1 DISTRIBUTION. Do you use any ICT/digital technologies to support the distribution of your services? * Please tick all that apply.

☐We use apps / ICT tools to support the account opening process

☐We use biometrics (e.g. finger, voice, iris) for customer identification / au-

thentication

☐We use ICT tools to gather data (e.g. monitor) on field staff, agents, and/or

merchants

☐We use third-party agent network managers (service provid-

ers) to support the management of ouragent network

☐None of the above

2.2 BACKOFFICE. Do you use any ICT/digital technologies

to support back-office functions? * Please tick all that apply.

☐Applications to support integration with existing mobile mon-

ey services (e.g. those offered by mobile network operators)

☐Innovative data (e.g. collected through ICT such as

mobile phone usage, social media, data on agricultural markets collected through ICT tools) to inform credit deci-sions

☐Innovative/ICT data for business intelligence (e.g. to manage field

team)

☐None of the above

☐Others: Click or tap here to enter text.

2.3 How would you rate the importance of ICT / digital technol-ogies for the future of your business? * Please choose one answer only.

1 2 3 4 5

Low ☐ ☐ ☐ ☐ ☐ High

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79 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

Anlage 5: CGAP Digital Finance Funder Survey77

Quelle: CGAP Financial Inclusion Funder Survey

77

http://243ewmp04.blackmesh.com/t/CGAP/views/DigitalFinanceSnapshotin2015/DigitalFinance?:isGuestRedirectFromVizportal=y&:embed=y&:usingOldHashUrl=true

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80 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

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BMZ (2016). Sektorstrategie Finanzsystementwicklung.

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Beitrag zur Armutsbekämpfung.

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Dahlberg (2012). Catalyzing Smallholder Agricultural Finance.

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9. Literaturverzeichnis

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81 | KfW Entwicklungsbank – Materialien zur Entwicklungsfinanzierung, Nr. 4

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GSMA. Emerging Practices in Mobile Microinsurance.

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KfW. Ex-Post Evaluierungsbericht, „Aufbau eines Zahlungsverkehrssystems bei

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KfW. Ex-Post Evaluierungsbericht, „Entwicklung des Zahlungsverkehrs“, Uganda,

Dok.-Nr. 001-058-866-085.

McKinsey & Company (2016). Becoming a digital bank.

McKinsey & Company (2016). Digital Finance for All: Powering Inclusive Growth in

Emerging Economies.

McKinsey (2016). A digital crack in banking’s business model.

McKinsey (2016). FinTech – Herausforderung und Chance: Wie die Digitalisierung

den Finanzsektor verändert.

Reserve Bank of Australia (2014). Fast Settlement Service. Information Paper 3.

SWIFT (2015). The Global Adoption of Real-Time Retail Payments Systems (RT-

RPS). White Paper.

The Smart Campaign and the Accion Channels and Technology Team (2014).

Digital Financial Services and Microfinance: State of Play.

Universal Postal Union (2016). Global Panorama on Postal Financial Inclusion

2016.

Vereinte Nationen. Generalversammlung. Resolution der Generalversammlung,

verabschiedet am 25. September 2015: 70/1. Transformation unserer Welt: die

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Weltbank (2016). Payment aspects of financial inclusion.

Weltbank Findex

World Bank Development Research Group, the Better Than Cash, Alliance, Bill &

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Report to the G20 Global Partnership for Financial Inclusion.

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