Materialtechnische Untersuchung der Fingerabdrücke

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Materialtechnische Untersuchung von Fingerabdrücken auf der Rückseite mittelalterlicher Stadtsiegel von Speyer mit der μCT als Grundlage für die forensische Analyse. Karin Uta Berg, Hans Wolfgang Berg ^^ BMB Gesellschaft für Materialprüfung mbH Die zerstörungsfreie Prüfung mit CT ist in der Medizin weitverbreitet und in den metallverarbeitenden Industrien auch seit Jahren. Im Gegensatz zu der zerstörenden Prüfung können die geprüften Teile, die keine Unregelmäßigkeiten aufweisen, weiterverwendet werden. In der Automobilindustrie werden alle sicherheitsrelevanten Teile, somit jedes Serienteil, zerstörungsfrei auf innenliegende Fehler geprüft. Neben anderen Verfahren wie z.B. der Digitalen Radioskopie, wird immer mehr die CT eingesetzt. Bei der Mikro CT (μCT) können je nach Fehlernachweisvermögen, bis in den Bereich von 3 μm, kleinste Unregelmäßigkeiten nachgewiesen werden. Betrachtet man zum Beispiel die Identifizierung von Personen über ihre Fingerabdrücke, so gibt es bekannte Verfahren. Diese Methoden sind aber nur dort einsetzbar wo die Fingerabdrücke auf flächigen Objekten nachgewiesen werden sollen. Nicht möglich sind diese Methoden bei Abdrücken in plastischen Materialien, zum Beispiel bei Fingerabdrücken in Siegelwachs bei Urkunden. Hier wurde nach eingehenden Versuchen die Mikro CT ausgewählt. Diese wird normalerweise bei der Überprüfung von Teilen aus der Flugzeug- und Automobil-Industrie eingesetzt um kleinste innenliegende Unregelmäßigkeiten, z.B. kleinste Lunker (Luft- oder Gas- Blasen), in Gussteilen festzustellen. Mit dieser Erfahrung begannen die Versuche an den Stadtsiegeln. Die Erkennbarkeit der Fehler ist abhängig von der Auflösung der CT-Geräte. Ein weiterer Punkt ist die Größe des Prüfobjektes, je größer diese sind desto schwieriger ist es feinste Auflösungen zu erreichen. Dazu kommt je feiner die Auflösung des Fehlernachweisvermögens, desto länger, bzw. aufwendiger, ist die Prüfung. Es liegen bereits Erfahrungen beim Prüfen von Kunst- und Kultur-Gegenständen mit der Digitalen Radioskopie vor. Mit den Siegeln des Stadtarchivs von Speyer kam eine neue interessante Herausforderung auf das Prüfpersonal zu. Die Aufnahme der Prüfobjekte, ohne auch die anhängende Urkunde zu beschädigen. Weiter die Auswahl der Prüfmethode und deren Auflösung, um die Papillarlinien darstellen zu können. Mit viel Erfahrung auf diesem Prüfsektor wurde die μCT ausgewählt.

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Materialtechnische Untersuchung von Fingerabdrücken auf der Rückseite mittelalterlicher Stadtsiegel von Speyer mit der µCT als Grundlage für die forensische Analyse.

Karin Uta Berg, Hans Wolfgang Berg ^^ BMB Gesellschaft für Materialprüfung mbH

Die zerstörungsfreie Prüfung mit CT ist in der Medizin weitverbreitet und in den metallverarbeitenden Industrien auch seit Jahren. Im Gegensatz zu der zerstörenden Prüfung können die geprüften Teile, die keine Unregelmäßigkeiten aufweisen, weiterverwendet werden.

In der Automobilindustrie werden alle sicherheitsrelevanten Teile, somit jedes Serienteil, zerstörungsfrei auf innenliegende Fehler geprüft. Neben anderen Verfahren wie z.B. der Digitalen Radioskopie, wird immer mehr die CT eingesetzt. Bei der Mikro CT (µCT) können je nach Fehlernachweisvermögen, bis in den Bereich von 3 µm, kleinste Unregelmäßigkeiten nachgewiesen werden.

Betrachtet man zum Beispiel die Identifizierung von Personen über ihre Fingerabdrücke, so gibt es bekannte Verfahren. Diese Methoden sind aber nur dort einsetzbar wo die Fingerabdrücke auf flächigen Objekten nachgewiesen werden sollen.

Nicht möglich sind diese Methoden bei Abdrücken in plastischen Materialien, zum Beispiel bei Fingerabdrücken in Siegelwachs bei Urkunden. Hier wurde nach eingehenden Versuchen die Mikro CT ausgewählt. Diese wird normalerweise bei der Überprüfung von Teilen aus der Flugzeug- und Automobil-Industrie eingesetzt um kleinste innenliegende Unregelmäßigkeiten, z.B. kleinste Lunker (Luft- oder Gas-Blasen), in Gussteilen festzustellen. Mit dieser Erfahrung begannen die Versuche an den Stadtsiegeln.

Die Erkennbarkeit der Fehler ist abhängig von der Auflösung der CT-Geräte. Ein weiterer Punkt ist die Größe des Prüfobjektes, je größer diese sind desto schwieriger ist es feinste Auflösungen zu erreichen. Dazu kommt je feiner die Auflösung des Fehlernachweisvermögens, desto länger, bzw. aufwendiger, ist die Prüfung.

Es liegen bereits Erfahrungen beim Prüfen von Kunst- und Kultur-Gegenständen mit der Digitalen Radioskopie vor. Mit den Siegeln des Stadtarchivs von Speyer kam eine neue interessante Herausforderung auf das Prüfpersonal zu. Die Aufnahme der Prüfobjekte, ohne auch die anhängende Urkunde zu beschädigen. Weiter die Auswahl der Prüfmethode und deren Auflösung, um die Papillarlinien darstellen zu können. Mit viel Erfahrung auf diesem Prüfsektor wurde die µCT ausgewählt.

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Es musste eine Auflösung ermittelt werden, die auf der einen Seite eine klare Darstellung der Papillarlinien an den Fingerabdrücken der Siegel ergibt und auf der anderen Seite die Kosten für die Untersuchung im vertretbaren Rahmen der Projektkosten liegen. Nach entsprechenden Vorversuchen an den Stadtsiegeln wurde mit einer Auflösung von 60 µm begonnen. Die Papillarlinien waren zwar erkennbar, aber für die forensische Untersuchung nicht ausreichend.

Bild 1 µCT Auflösung mit 60 µm Rückseite des Siegels Nr. 1U-939 27. Juni 1567

Somit wurden die Versuche mit kleineren Auflösungen fortgesetzt bis mit einer Auflösung von 30 µm eine klare Zeichnung der Papillarlinien erkennbar war.

Bild 2 µCT Auflösung mit 30 µm Rückseite des Siegels Nr. 1U-939 27. Juni 1567 (unterster Fingerabdruck von Bild 1)

Die Ergebnisse wurden für weitere forensische Untersuchungen dem Projektpartner zur Verfügung gestellt.

Bei zukünftigen Untersuchungen, könnten mit einer noch feineren Auflösung, im nano-Bereich, mehr Details erkannt werden. Bei einem Versuch wurde ein einzelner Fingerabdruck in Wachs hergestellt und dadurch eine bessere Darstellung erreicht.

Bild 3 Einzelner Fingerabdruck geprüft mit der nanoCT. 3,5 µm.