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1 Mathematik zwischen Forschung, Anwendung und Vermittlung 1 Gert-Martin Greuel Mehr als vielleicht jede andere Wissenschaft steht die Mathematik heute in dem Spannungsfeld der im Titel genannten Herausforderungen. Im Selbstverständnis eines großen Teils der modernen, insbesondere der sogenannten "reinen" Mathematik forscht diese zweckfrei nach innermathematischen Strukturen, nur ihren eigenen Axiomen und logischen Schlussfolgerungen verpflichtet. Hierzu sind weder Anschauung noch Erfahrung noch Anwendungen nötig oder erwünscht. Dennoch sehen wir, dass die Mathematik, auch die reine Mathematik, heute mehr denn je zu den wichtigsten Triebfedern des naturwissenschaftlichen Fortschritts und darüber hinaus mit zum Kern industrieller und ökonomischer Innovation geworden ist. Dazu in merkwürdigem Kontrast steht eine in weiten Teilen der Öffentlichkeit verbreitete Haltung, die sich gerne mit mathematischer Ignoranz brüstet. In diesem Aufsatz werde ich auf die genannten Spannungen eingehen, die sich meiner Meinung nach nicht völlig auflösen lassen, und versuchen die Ursachen dafür aufzudecken. Schwerpunkt ist die Untersuchung der Frage nach der prinzipiellen Möglichkeit der Vermittlung von Mathematik für ein breites Publikum. An einem Beispiel meiner eigenen wissenschaftlichen Tätigkeit versuche ich, neue Möglichkeiten der Vermittlung von Mathematik zu zeigen und damit die These zu stützen, dass dies nicht nur notwendig sondern auch möglich ist. Die in diesem Artikel zitierten Thesen sind teilweise sehr provokant und auch widersprüchlich. Ich hoffe, dass gerade deshalb die Lektüre abwechslungsreich und interessant ist und zu weiteren Diskussionen Anlass gibt. Weise Worte Lassen Sie mich zu den drei im Titel genannten Themen zunächst Thesen bekannter Persönlichkeiten zitieren und dann meinen eigenen Standpunkt dazu entwickeln. Forschung Unter Forschung verstehe ich hier vor allem die zweckfreie Grundlagenforschung, so wie 1 Erweiterte Ausarbeitung von Vorträgen in Hannover 2009, Kiev 2009 und Óbidos 2010. Eine modifizierte englische Fassung erschien unter dem Titel Mathematics between Research, Application and Communication in “Raising Public Awareness of Mathematics”, Eds. Ehrhard Behrends, Nuno Crato, José Francisco Rodrigues. Springer- Verlag, Berlin, Heidelberg 2012.

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Mathematik zwischen Forschung, Anwendung und Vermittlung1

Gert-Martin Greuel

Mehr als vielleicht jede andere Wissenschaft steht die Mathematik heute in dem Spannungsfeld der im Titel genannten Herausforderungen.

Im Selbstverständnis eines großen Teils der modernen, insbesondere der sogenannten "reinen" Mathematik forscht diese zweckfrei nach innermathematischen Strukturen, nur ihren eigenen Axiomen und logischen Schlussfolgerungen verpflichtet. Hierzu sind weder Anschauung noch Erfahrung noch Anwendungen nötig oder erwünscht.

Dennoch sehen wir, dass die Mathematik, auch die reine Mathematik, heute mehr denn je zu den wichtigsten Triebfedern des naturwissenschaftlichen Fortschritts und darüber hinaus mit zum Kern industrieller und ökonomischer Innovation geworden ist. Dazu in merkwürdigem Kontrast steht eine in weiten Teilen der Öffentlichkeit verbreitete Haltung, die sich gerne mit mathematischer Ignoranz brüstet.

In diesem Aufsatz werde ich auf die genannten Spannungen eingehen, die sich meiner Meinung nach nicht völlig auflösen lassen, und versuchen die Ursachen dafür aufzudecken. Schwerpunkt ist die Untersuchung der Frage nach der prinzipiellen Möglichkeit der Vermittlung von Mathematik für ein breites Publikum.

An einem Beispiel meiner eigenen wissenschaftlichen Tätigkeit versuche ich, neue Möglichkeiten der Vermittlung von Mathematik zu zeigen und damit die These zu stützen, dass dies nicht nur notwendig sondern auch möglich ist.

Die in diesem Artikel zitierten Thesen sind teilweise sehr provokant und auch widersprüchlich. Ich hoffe, dass gerade deshalb die Lektüre abwechslungsreich und interessant ist und zu weiteren Diskussionen Anlass gibt.

Weise Worte

Lassen Sie mich zu den drei im Titel genannten Themen zunächst Thesen bekannter Persönlichkeiten zitieren und dann meinen eigenen Standpunkt dazu entwickeln.

Forschung

Unter Forschung verstehe ich hier vor allem die zweckfreie Grundlagenforschung, so wie

1 Erweiterte Ausarbeitung von Vorträgen in Hannover 2009, Kiev 2009 und Óbidos 2010. Eine modifizierte englische Fassung erschien unter dem Titel Mathematics between Research, Application and Communication in “Raising Public Awareness of Mathematics”, Eds. Ehrhard Behrends, Nuno Crato, José Francisco Rodrigues. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 2012.

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sie an den Universitäten und Forschungsinstituten betrieben wird. Konkrete mathematische Forschung einem Nichtmathematiker zu erklären gehört wohl zu den schwierigsten Aufgaben, sofern es überhaupt möglich ist. Die Motivation des Mathematikers lässt sich dagegen erklären.

Die erste These bezieht sich auf diese Motivation des Forscher und stammt von Albert Einstein (Physiker, 1879 – 1955) aus dem Jahr 1932: „Der Wissenschaftler findet seine Belohnung in dem, was Poincaré die Freude am Verstehen nennt, nicht in den Anwendungsmöglichkeiten seiner Erfindung“. [1]

Diesem Zitat mag ich in vollem Umfang zustimmen und nach meiner Erfahrung auch alle forschenden Mathematiker. Ich behaupte, diese Erfahrung gilt nicht nur für die zweckfreie Forschung, sondern auch für die angewandte Forschung und teilweise auch für die Arbeit des Igenieurs: "Die Freude am Verstehen" ist Motivation und Belohnung in einem.

Anwendung

Über Anwendungen der Mathematik könnte man beliebig viele Vorträge halten. Ich behaupte sogar, ununterbrochen. Denn das Eindringen von Mathematik in Wirtschaft und Gesellschaft geschieht so dynamisch, dass man nach Abarbeitung eines Anwendungsspektrums sofort mit neuen Entwicklungen weitermachen könnte. Die These zur Anwendung des Mathematik besteht aus drei Zitaten, chronologisch geordnet:

Galileo Galilei (Mathematiker, Physiker, Astronom; 1564-1642): „Die Mathematik ist das Alphabet, in dem die Welt geschrieben ist“. [2]

Alexander von Humboldt (Naturforscher, Entdecker; 1769-1859): „Mathematische Studien sind die Seele der industriellen Fortschritte“.[3]

Werner von Siemens (Erfinder, Industrielle; 1816-1892): „Ohne Mathematik tappt man doch immer im Dunkeln“.[4]

Diese Zitate scheinen anzudeuten, dass es eine direkte Beziehung zwischen mathematischer Forschung und Anwendung gibt. In der Tat sind aktuelle Forschungen in der Geometrie durch neue Entwicklungen in der theoretischen Physisk motiviert, während Forschungen in numerischer Analysis und Stochastik oft direkt durch Anwendungsfelder bestimmt sind. Auf der anderen Seite ist die Entwicklung einer axiomatischen Grundlegung der Mathematik, insbesondere in der Algebra, in keiner Weise durch mögliche Anwendungen geleitet. Teilweise durch diese unterschiedlichen Ansätze bedingt, ist das Verhältnis von grundlagenorientierter oder reiner Mathematik zu anwendungsorientierter oder angewandter Mathematik durchaus nicht spannungsfrei. Einige provokante Aussagen in diesem Artikel belegen dies.

Vermittlung

Jeder von uns, ob Mathematiker oder Nichtmathematiker weiß, wie schwer es ist, Mathematik zu vermitteln, insbesondere gegenüber einer mathematisch nicht vorgebildeten Öffentlichkeit.

Die folgende These stammt von Hans Magnus Enzensberger (Dichter und Schriftsteller, *1929), der sich selber mit dem Problem der Vermittlung von Mathematik literarisch auseinander gesetzt hat. Er schreibt:

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„Es gehört eine gewisse Kühnheit dazu, in einer Kultur, die sich durch profundes mathematisches Nichtwissen auszeichnet, derartige Übersetzungsversuche zu unternehmen“. [5]

Die Ausstellung „IMAGINARY – Mit den Augen der Mathematik“, auf die ich am Schluss dieses Aufsatzes einghe, ist ein solcher Übersetzungsversuch für ein breites Publikum, und es gibt viele andere Beispiele erfolgreicher Kommunikation. Trotzdem bleibt das Problem bestehen. Ich werde später darauf zurückkommen und Gründe dafür angeben warum die Kommunikation so schwer ist.

Lassen Sie mich nun mit einer detaillierten Analyse der Beziehung zwischen Forschung, Anwendung und Vermittlung beginnen.

Über die Geburt mathematischer Ideen

Mathematische Forschung hat viele Aspekte. Hier werde ich nur zwei von ihnen näher beleuchten: Einerseits die Forschungsgegenstände selbst und die konkrete Durchführung mathematische Forschung. Andrerseits die Art und Weise, wie mathematische Ideen entstehen. Dies ist ein extrem kreativer Prozess, der oft in der Zusammenarbeit mit anderen Mathematikern entsteht.

Ich bin der Direktor des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach (MFO), einem internationalen Forschungsinstituts von Weltruf mitten im Schwarzwald. Diejenigen, die nicht viel über mathematische Forschung wissen, mögen einen Eindruck von diesem Prozess gewinnen, indem ich die Arbeitsweise des Instituts kurz darstelle, das speziell dafür geschaffen wurde, die Interaktion zwischen Mathematikern zu befördern und kreatives Denken zu stimulieren. Die Mathematiker benennen das Mathematische Forschungsinstituts schlicht nach dem Ort zu dem es gehört: Oberwolfach.

Abb.1: Globale Sicht auf das Mathematische Forschungsinstitut Oberwolfach [6]

Das Institut gilt als beispielhafte Geburtsstätte mathematischer Ideen; manche nennen es

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gar ein "Paradies für Mathematiker". Die folgende Anekdote, die sich tatsächlich so zu zugetragen hat, mag die Wertschätzung von "Oberwolfach" illustrieren. Als ich beim Mittagessen eine junge Amerikanerin, die zum ersten Mal in Oberwolfach war, fragte, ob sie das Institut schon vorher gekannt hatte, antwortete sie (auf englisch): "Um ehrlich zu sein, ist Oberwolfach das einzige deutsche Wort, das ich kenne". Und ein sehr bekannter älterer Mathematiker meinte mit einem Augenzwinkern, dass Einladungen nach Oberwolfach die einzigen seien, die er ohne Erlaubnis seiner Frau annehme.

"Oberwolfach" ist inzwischen zum Modell für viele ähnliche Institute weltweit geworden. Deshalb lassen Sie mich die Hauptaspekte dieses Modells erkären.

Wie entstehen mathematische Ideen in Oberwolfach?

Zur Geschichte von Oberwolfach

Ich möchte hier nicht weiter auf das Institut eingehen, sondern nur auf eine Begebenheit aus den Anfängen des Instituts kurz nach dem Ende des 2. Weltkriegs:

Bereits 1946 fanden die ersten kleinen Treffen im alten Schössle, im "Lorenzenhof" statt. Unter Beteiligung von Mathematikern wie Henri Cartan, aus dem Lande des "Erzfeindes Frankreich", dessen Familie unter den Nationalsozialisten großes Leid ertragen musste.

Die ersten berühmten Gäste waren Heinz Hopf (ein weltbekannter Topologe jüdischer Abstammung, der 1931 aus Deutschland in die Schweiz emigriert war) und Henri Cartan (der Maître der komplexen Analysis aus Paris). Ohne Hopf und Cartan wäre Oberwolfach damals vielleicht eine "Sommerfrische für Mathematiker geblieben, wo würdige Herren in beschaulicher Ruhe klassische Theorien polierten", wie es später ein bekannter deutscher Mathematiker formulierte. [7]

Abb. 2: Von links nach rechts: René Thom, Jean Arbault, Jean-Pierre Serre und seine Frau Josiane, Jean Braconnier und Georges Reeb [8]

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Im August 1949 trafen sich in Oberwolfach eine Gruppe junger "wilder" Franzosen, die sich auf die Fahne geschrieben hatten, die gesamte Mathematik von Grund auf neu zu definieren und aufzuschreiben. Ein gigantisches Unterfangen, das sich nur junge Leute zutrauen können. Ihre Namen wurden später berühmt, wie Jean Pierre Serre, Georges Reeb und René Thom. Ein Foto aus jener Zeit, das erst erst vor einigen Jahren entdeckt wurde (Abb. 2), zeigt einen Teil dieser Gruppe im Herbst 1949. Ganz links René Thom, später Fields Medaillengewinner ("Nobelpreis der Mathematik") und Begründer der Katastrophentheorie. In der Mitte Jean-Pierre Serre, später ebenfalls Fields Medaillengewinner und erster Gewinner des Abelpreises.

Das „Evangelium des St. Nikolaus“ und die Freiheit der Forschung

Im 1. Gästebuch verfassten sie das berühmte "Evangelium des St. Nikolaus", eine humorvolle, mit mathematischen Anspielungen versehene Hommage an den Lorenzenhof und die heute noch sprichwörtliche "Oberwolfacher Atmosphäre". Der Name "Evangelium des St.Nikolaus" ist eine Anspielung auf die Werke von Nicolas Bourbaki, einem Pseudonym einer Gruppe französischer Mathematiker, deren Namen damals nicht bekannt waren, und die, wie gesagt, die gesamte Mathematik von Grund auf neu schreiben wollte.

In Deutschland hatte zu der Zeit kaum einer etwas von Bourbaki gehört. Die sogenannte "Deutsche Mathematik" hatte in der braunen Zeit wichtige Entwicklungen in der Mathematik (z.B. in der Topologie, der Theorie der Distributionen, der komplexen und algebraischen Geometrie) verschlafen. Es ist eines der großen Verdienste der kleinen Oberwolfacher Tagungen, dass die in Deutschland verbliebenen und nicht von den Nazis vertriebenen Mathematiker, wenn auch langsam, wieder Anschluss an die Weltspitze fanden. [9]

Ich möchte hier kurz aus dem "Evangelium" (Abb. 3) zitieren, ins Deutsche übersetzt:

"Das Lesen dieser Zeilen erfordert im Prinzip keinerlei spezielle(*) mathematische Kenntnisse, dennoch sind sie für Leser bestimmt, die zumindest ein gewisses Gefühl entwickelt haben für die mathematisch und vielsprachig freundschaftliche Atmosphäre, an der wir uns auf dem Lorenzenhof erfreut haben. Es ist äußerst schwierig, die auserlesene Vielfalt der Strukturen, die diese Atmosphäre zustande bringt, zu analysieren; es ist zudem noch viel schwieriger, die Gunstbeweise, die uns durch unsere Gastgeber zuteil wurden, in ihrer Gesamtheit oder auch nur zum Teil einzuordnen. Dennoch wagen wir es hier, das Auswahlaxiom(**) anzuwenden, um ein maximales Element auszuzeichnen: unseren Dank an Herrn und Frau Süss, die es uns ermöglichten, für einige Tage diesem alten Mythos(***) der Abbaye de Thélème Leben zu verleihen, der uns so sehr am Herzen liegt. Literaturangaben: (∗) Sankt Nikolaus Evangelium, Einleitung, 1. Vers (∗∗) Sankt Nikolaus, op. cit. pars prima, lib. primus, III, Kapitel 4 (∗∗∗) F. Rabelais, Opera omnia, passim. Jean Arbault, Jean-Pierre Serre, René Thom, A. Pereira Gomez, Josiane Serre, Georges Reeb, Bernard Charles, Jean Braconnier.“

Der Abbaye de Thélème ist ein utopisches und idealisiertes Kloster aus dem Roman Garguanta von Rabelais und die Autoren spiele auf dessen Motto an: "Fay ce que

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voudras", (Tu was Du willst). Noch heute wird Oberwolfach manchmal mit einem isolierten Kloster verglichen, in dem Mathematiker frei von allen Zwängen nur für ihre Wissenschaft leben. Bourbaki gilt heute als Synonym für den Teil der modernen Mathematik, die nur an der Entwicklung der inneren Strukturen aufbauend auf wenigen Axiomen interessiert ist. Ich denke, es ist kein Zufall, dass sich die junge Bourbaki Gruppe direkt nach dem Ende des zweiten Weltkriegs auf den Mythos der Abbaye de Thélème beruft. Diese Beschränkung auf innere Strukturen bedeutet eine große Freiheit von äußeren Zwängen und beugt der Einflussnahme auf die Wissenschaft vor. Sie impliziert in gewisser Weise aber auch Freiheit von der Verantwortung für die Konsequenzen seiner Wissenschaft.

Abb. 3: ”Evangile selon Saint Nicolas“ [10]

Vermittlung mathematischer Forschung

Eine Popularisierung der Mathematik ist unmöglich

Ich möchte mit einem provokativen Zitat von Reinhold Remmert (Mathematiker, *1930) aus dem Jahr 2007 beginnen:

"Wir alle wissen, dass Mathematik nicht popularisierbar ist. Sie hat bis heute im öffentlichen Leben unseres Landes nicht die Stellung, die ihr Kraft der Tragweite ihrer Inhalte zukommt. Vorträge, wo die Hörer vom babylonischen Sprachgewirr und Formelgestrüpp taub und blind werden, eignen sich nicht für Werbung. Noch weniger helfen gut gemeinte Reden, wo Mathematik zu einer Rechenkunst oder gar Pop-Kultur

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erniedrigt wird. Mathematik ist nach Gauß „regina et ancilla“, Königin und Magd in einem. Die „Nützlichkeit nutzlosen Denkens“ kann man vielleicht öffentlichkeitswirksam propagieren. Einblicke in das Wesen mathematischer Forschung lassen sich nach meiner Erfahrung nicht geben." [11]

Lässt sich Mathematik, zumal mathematische Forschung, überhaupt einer mathematisch nicht vorgebildeten Öffentlichkeit vermitteln? Während der Schriftsteller Enzensberger in dem zitierten Band sagt, es käme auf einen Versuch an, sagt der Mathematiker Remmert, es ist nicht möglich. Allerdings spricht Enzensberger von Übersetzung und Remmert von Popularisierung der Mathematik und im Hinblick auf Popularisierung hat seine Aussage sicher ihre Berechtigung. Zwischen Popularisierung und Übersetzung im Sinne von Vermittlung ist zu unterscheiden. Während Remmerts Behauptung auf Popularisierung von Mathematik zutreffen mag, stimmt sie nicht in Bezug auf die Vermittlung von Mathematik.

Strukturelle Schwierigkeiten

Zunächst könnte man fragen, warum sollte es nicht möglich sein, Mathematik einer größeren Öffentlichkeit zu vermitteln, was ist anders an der Mathematik gegenüber anderen Wissenschaften?

Man könnte einwenden, jede Wissenschaft, sei es Physik, Chemie oder Biologie, benötige für die aktuelle Forschung stets so viel an Spezialwissen, dass es generell unmöglich ist, diese Forschung einerseits verständlich zu machen, andererseits aber auch korrekt darzustellen. In der Regel wird man dann auf Kosten der Korrektheit Zugeständnisse machen und, volkstümlich gesprochen, etwas schummeln, um verständlich zu sein. Andererseits haben sicher viele aufgrund eigener Erfahrungen den Eindruck, dass Mathematik eben doch eine andere Kategorie ist. Ich bin der Meinung, dass es zwei wesentliche strukturelle Gründe gibt, warum Mathematik so schwer zu vermitteln ist.

Der erste Grund ist, dass die Objekte der Mathematik abstrakte Kreationen menschlichen Geistes sind. Ich gehe hier nicht auf die grundlegende philosophische Diskussion ein, ob die mathematischen Objekt unabhängig von unserem Denken existieren oder ob sie Abstraktionen der menschlichen Erfahrung sind. Außer ganz elementaren Dingen, wie natürliche Zahlen oder einfache geometrische Objekte wie Kreise, Dreiecke, Kugeln und Pyramiden, sind mathematische Objekte nicht Gegenstand unserer Anschauung, auch wenn man argumentieren mag, dass sie nicht unabhängig davon sind. Jeder Lehrer unterer Schulklassen weiß, dass oft schon die rationalen Zahlen oder Brüche die Anschauung vieler Schülerinnen und Schüler überfordern. Grundlegende mathematische Begriffe wie Gruppe, Vektorraum oder gekrümmte Räume in beliebig vielen Dimensionen lassen sich erst recht nicht mit unseren fünf Sinnen erfahren. Man kann solche Begriffe nur gedanklich nachvollziehen und ihre Tragweite erst nach langer Zeit intensiver Beschäftigung erfassen.

Der zweite Grund für die Schwierigkeit der Vermittlung ist, dass die Mathematik mehr als jede andere Wissenschaft ihre eigene Sprache entwickelt hat. Dies ist eine notwendige Konsequenz aus dem ersten Punkt, nämlich dass Mathematik unserer unmittelbaren Erfahrung nicht zugänglich ist. Deshalb braucht jeder mathematische Begriff eine präzise Definition. Diese Definition beinhaltet wiederum Begriffe, die ihrerseits definiert werden müssen. So kommt man, wenn man exakt ist, zu einer Kaskade aufeinander aufbauender Begriffe und Beziehungen zwischen diesen, die eine einfache Erklärung unmöglich machen. Dies Phänomen ist übrigens bereits seit der antiken Mathematik

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bekannt, es ist kein Charakteristikum moderner Mathematik. Um es mit Euklid auszudrücken: Es gibt keinen Königsweg zur Mathematik. [12]

Damit Mathematiker sich verständigen können, brauchen sie eine extrem kompakte Darstellung, einen Symbolismus, durch den einzelne Symbole viele Seiten geschriebenen Textes ersetzen können. Der Gipfel mathematischer Präzision und gleichzeitig umfassender Information ist eine mathematische Formel. Allerdings erschließt sich die Bedeutung einer mathematischen Formel auch Mathematikern nicht unmittelbar. Für einen Laien wecken Formeln Furcht und schrecken ab. Der berühmte Physiker Stephen Hawkins sagt: „Jede Formel in meinen Büchern halbiert die Anzahl der Verkäufe“. [13]

Die genannten strukturellen Gründe sprechen sehr für die These von Remmert, dass das Wesen mathematischer Forschung nicht popularisierbar ist. Sie wecken aber auch Zweifel, ob Mathematik überhaupt nach außen kommunizierbar ist. Jeder Mathematiker und jede Mathematikerin werden mir zustimmen, dass es unmöglich ist, einem mathematisch nicht Vorgebildeten das, woran man in der Forschung gerade arbeitet, auch nur annähernd zu erklären. Dies gilt übrigens nicht nur gegenüber mathematisch nicht Vorgebildeten, sondern es gilt genauso gegenüber Mathematikern, die auf einem anderen Gebiet arbeiten.

Abb. 4: "Die Nützlichkeit nutzlosen Denkens" [14]

Die Notwendigkeit Mathematik zu kommunizieren

Trotzdem widerstrebt es mir, die Aussage, dass sich Einblicke in das Wesen mathematischer Forschung nicht geben lassen, zu akzeptieren. Schon deshalb, da in ihr eine gehörige Portion Resignation steckt. So sehr diese Aussage richtig ist, wenn man sie auf die konkrete mathematische Forschung beschränkt, so ist sie doch falsch, wenn man die mathematische Forschung im Kontext ihrer 5000-jährigen Entwicklung als

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Kulturgut der Menschheit sieht. Ihre aktuelle gesellschaftliche Bedeutung zunächst einmal außen vorgelassen.

Hinzu kommt, dass nach meiner Erfahrung jeder Mensch, wenn auch in unterschiedlichem Maße, eine Sensorik für Mathematik besitzt. Alle die mit kleinen Kindern zu tun haben wissen, dass diese schon sehr früh im Vorschulalter eine große Freude am Zählen also an den natürlichen Zahlen und am quantitativen Erfassen ihrer Umwelt haben. Oft haben sie riesigen Spaß und Ehrgeiz, kleine Rechen- und Knobelaufgaben zu lösen. Leider wird dies Interesse nur allzu oft in der Schulzeit wieder verschüttet. Ich gehe so weit, die folgende These aufzustellen.

THESE: Nach der Sprache ist das mathematische Denken, verstanden in einem umfassenden Sinne, die wichtigste menschliche Fähigkeit. Diese Fähigkeit hat sich im Sinne eines Darwinschen Ausleseprozesses entwickelt, da sie der Spezies Mensch Vorteile im Überlebenskampf und Gesellschaften Wettbewerbsvorteile sicherte.

Ob diese These beweisbar ist, lasse ich dahin gestellt sein. Wie dem auch sei, wir stehen vor der Tatsache, dass die Bedeutung der Mathematik für die Menschheit über tausende von Jahren kontinuierlich gewachsen ist, und zwar unabhängig von allen Gesellschaftsformen. Keine moderne Wissenschaft ist ohne Mathematik möglich und Gesellschaften mit hoch entwickelter Wissenschaft sind im allgemeinen wettbewerbsfähiger. Wenn man der Mathematik aber diesen hohen Stellenwert zuschreibt, muss man folgern:

THESE: Es ist ein fundamentales Recht der Öffentlichkeit, Aufklärung über die Mathematik zu verlangen. Und es ist die Pflicht der Mathematiker, sich der Aufgabe der Aufklärung zu stellen.

Allerdings haben wir hier ein Problem mit den Mathematikern. Es ist ihnen auf Grund ihrer Wissenschaft zutiefst zuwider, ungenau zu sein. Sie müssten über ihren eigenen Schatten springen, denn sie sind jahrelang trainiert worden, exakt und genau zu sein und nichts auszulassen. Oft flüchten sie sich dann in Gesprächen mit Nichtmathematikern entweder in unverständliche Fachtermini oder sie geben gleich auf mit dem Hinweis, dass die mathematische Forschung viel zu kompliziert sei, um auch nur annähernd erklärt werden zu können.

Ich glaube, dass es sich die Mathematiker, wenn sie so reagieren, zu leicht machen. Mit etwas Kreativität und anschaulichen Beispielen lässt sich der große Rahmen vieler mathematischer Fragestellungen häufig doch plausibel machen. Wie oben ausgeführt, wird dabei aber ein Abstrich an Genauigkeit nötig sein, um verstanden zu werden. Ich gebe zu, dass dies ein permanenter Konflikt für jeden Mathematiker ist.

Es ist mir großes Anliegen, gerade den jüngeren Mathematikerinnen und Mathematikern Mut zu machen, es mit der Vermittlung immer wieder zu versuchen. Sie werden nicht nur feststellen, dass dies öfter möglich ist als sie denken. Sie werden auch eine große Befriedigung spüren, wenn ihr Gegenüber zu verstehen beginnt und dann die Gedanken selbst weiterentwickelt.

Wie lässt sich die öffentliche Aufmerksamkeit für Mathematik steigern?

Meiner Erfahrung nach gibt es zwei Ansatzpunkte, wo es möglich ist, eine breite Öffentlichkeit für die Mathematik zu interessieren und sie über ihre Bedeutung aufzuklären. Zum einen anhand von Beispielen zu Anwendung der Mathematik, sei es

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klassisch oder aktuell. Zum anderen anhand von Beispielen, die die Eleganz und Schönheit der Mathematik exemplarisch aufzeigen.

Der erste Ansatz, der Nützlichkeitsgedanke, wird im allgemeinen favorisiert und er ist oft der einzige, der von Politikern akzeptiert wird. Man sollte den zweiten Ansatz allerdings nicht unterschätzen. Er ist oft sogar ansprechender und attraktiver und sicher unerlässlich, wenn wir Schulkindern die Mathematik näher bringen wollen.

Die Eleganz mathematischer Beweise kann eine groß intellektuelle Freude bereiten, z.B. der Nachweis, dass die Wurzel aus 2 irrational ist oder dass es unendlich viele Primzahlen gibt. Beide Beweise lassen sich in fortgeschrittenen Schulklassen führen. Unmittelbarer und damit für ein noch größeres Publikum geeignet ist die Schönheit mathematischer geometrischer Objekte.

Mathematische Forschung - Intuition und Exaktheit

Ich werde im folgenden versuchen, ein aktuelles Problem der mathematische Forschung aus meinem eigenen Forschungsgebiet der Algebraische Geometrie und der Singularitätentheorie zu erklären. Die Erläuterungen geschehen hauptsächlich durch Bilder, aber ganz werden sich Formeln nicht vermeiden lassen. Dennoch muss ich zum Teil vage bleiben und vereinfachen.

Algebraische Geometrie

Grob gesagt geht es in der algebraischen Geometrie um die Beschreibung der Lösungsmenge eines polynomialen Gleichungssystems, bestehend aus endliche vielen nichtlinearen Gleichungen in endlich vielen Unbestimmten. Ich werde nur eine einzige Gleichung betrachten.

Jeder kennt noch aus der Schule die Gleichung für die Parabel y=x2 oder y-x2=0 bzw. den Kreis y2+x2-1=0. Es sind Gleichungen vom Grad 2, d.h. der höchste Exponent in einem Term ist 2. Während Kreis und Parabel glatte Kurven sind, hat die Kurve in Abb. 5 Singularitäten. Es handelt sich um eine Gleichung vom Grad 5, lateinisch Quintik, mit fünf Spitzen, der maximalen Anzahl für eine Quintik. Die Gleichung ist ungleich komplizierter und man kann ihr unmittelbar gar nichts ansehen, obwohl in der Gleichung alle Information enthalten ist.

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129/8x4y-85/8x2y3+57/32y5-20x4-21/4x2y2+33/8y4-12x2y+73/8y3+32x2 = 0

Singularitäten

Bevor ich die aktuelle Fragestellung erläutere, zeige ich hier einige Bilder, die demonstrieren, dass Singularitäten im täglichen Leben auftreten und eine sehr praktische Bedeutung haben:

Ein Parabolspiegel (Abb. 5a) hat einen exakten Brennpunkt, die reflektierten Strahlen treffen sich exakt in einem Punkt, einer Singularität (von singulär: einzigartig, eine Ausnahme bezeichnend). Weicht der Spiegel von der Parabelform ab, ist er z.B. ein Kreissegment (Abb. 5b) so entsteht eine Brennkurve, die in der geometrischen Optik Kaustik genannt wird und die den idealen Brennpunkt ersetzt. Diese Kurve hat selber wieder eine Singularität, eine Spitze.

ein Bundel parallel einfallender Lichtstrahlen auf einen flachen Spiegel, sobilden die reflektierten Strahlen wieder ein paralleles Lichtbundel.

Ein perfekter Parabolspiegel fuhrt ein paralleles Strahlenbundel im Brenn-punkt zusammen.

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Parabolspiegel mit Brennpunkt als Singularität

Spiegelung an eine gewellte Flache

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Spitze als Singularität der Brennkurve eines Kreisspiegels

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Hier sehen wir die reale Bedeutung einer Singularität: auf der Kaustik ist dies der Punkt, wo die Intensität der Lichtenergie am größten ist, wo also maximale Temperatur herrscht. Eine der bekanntesten Kaustiken ist wohl die, welche man an sonnigen Tagen in seiner Kaffeetasse beobachten kann (Abb. 6). Es gibt sogar Solarkocher Abb. 7), die diese Singularität praktisch ausnutzen.

Kaffee Tasse mit Kaustik [15] Solarkocher [16]

Kurven mit vielen Singularitäten

Das mathematische Problem im Zusammenhang mit singulären algebraischen Kurven lautet:

Wieviele Singularitäten kann eine Kurve vom Grad d höchstens haben?

Dass es eine obere Schranke für die Anzahl der Singularitäten geben muss, ist leicht am einfachsten Beispiel einer Kurve vom Grad d=1 zu sehen. Sie ist durch eine lineare Gleichung gegeben, ist also eine Gerade und diese hat keine Singularitäten. Mit etwas mehr Aufwand lässt sich zeigen, dass Kurven vom Grad d=2 (bzw. d=3) höchstens 1 (bzw. 3) Singularitäten haben können und diese werden durch zwei bzw. drei Geraden realisiert, die sich in einem bzw. drei Kreuzungspunkten schneiden. In der Tat sind die einfachsten Kurvensingularitäten Kreuzungen (Abb. 8). Die nächst komplizierteren Singularitäten sind Spitzen.

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Kurve mit 4 Kreuzungen

Es bezeichne C eine Kurve mit k Kreuzungen und s Spitzen. Um 1920 wurde von dem italienischen Geometer Francesco Severi (1879 -1961) bewiesen, dass einen solche Kurve die Ungleichung

k+2n ≦ 1/2d2 + 3/2d

für sehr große d erfüllen muss.[19] D.h. die Zahl der Kreuzungen plus zwei mal die Zahl der Spitzen kann höchstens quadratisch mit dem Grad d wachsen, wenn d gegen unendlich geht. Die Frage, ob Kurven mit so vielen Kreuzungen und Spitzen tatsächlich existieren war lange offen. Bekannt war nur, dass es Serien von Kurven gibt, bei denen k+2n linear mit d wächst.

Das Problem wurde endlich 1989 gelöst, indem die Existenz von Serien von Kurven, bei denen k+2n quadratisch mit d wächst, nachgewiesen wurde. Der Beweis des Satzes benötigt tiefe Sätze der modernen Geometrie wie Verschwindungssätze für Kohomologie und die Auflösung der Singulartäten [20]. Für konkrete Beispiele wurde Computeralgebra und das Computeralgebra System SINGULAR [21] eingesetzt. Es ist interessant, dass die stärksten Ergebnisse durch einen Kombination von theoretischen mit rechnerischen Methoden, man kann auch sagen durch Kombination von Theorie und Praxis, erzielt wurden.

Weltrekordflächen

Ein analoges Problem kann man für Flächen oder allgemeiner für Varietäten beliebiger Dimension stellen, nämlich die Frage nach der maximalen Anzahl von Singularitäten bei gegebenem Grad. Diese Frage ist für höherdimensionale Varietäten viel schwieriger als für Kurven. Schon im Fall von Flächen ist man noch nicht so weit wie bei Kurven. Man kennt zwar Abschätzungen nach oben, wie viele Singulartäten eine Fläche vom Grad d höchstens haben kann, aber es ist nicht bekannt, ob wirklich Flächen existieren, die diese obere Schranke (zumindest für d gegen unendlich) annehmen.

Ein aktuelles Forschungsthema ist die Suche nach Flächen von kleinem Grad, die die maximal mögliche Zahl von Singularitäten wirklich besitzen. Solche Flächen heißen Weltrekordflächen. Eine vollständige Antwort ist bis zum Grad d=6 bekannt, wo die theoretischen obere und die bekannten unteren Schranken übereinstimmen. Für d>6 gibt es obere Schranken, aber das exakte Maximum der Anzahl von Singularitäten ist

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unbekannt. Die folgende Tabelle zeigt die bekannten Resultate, wobei die zweite Zeile die theoretische obere Schranke und die dritte Zeile die bekannte untere Schranke zeigt. Aus der Tabelle ersieht man, dass eine Fläche vom Grad 7 höchstens 104 Singularitäten haben kann, bekannt sind aber nur Flächen mit 99 Singularitäten. Diese Lücke zu schließen ist ein aktuelles Forschungsgebiet in der algebraischen Geometrie.

d |1 2 3 4 5 6 7 8 | d n ≦ |0 1 4 16 31 65 104 174 | 4/9 d3 n ≧ |0 1 4 16 31 65 99 168 | 5/12 d3

Flächen mit Singularitäten sind oft erstaunlich attraktiv. Eine wunderschöne Fläche vom Grad 6 mit der Symmetrie des Ikosaeders ist die Barth Sextik [22] (Abb. 8). Sie hält den Weltrekord mit 65 Singularitäten und dieser Rekord kann nie mehr verbessert werden.

Barth Sextik [23]

Haben diese Forschungen Anwendungen?

Zunächst muss man diese Frage verneinen, es handelt sich um rein theoretische Probleme. Man möchte Antworten auf strukturelle innermathematische Fragen wissen. Die Antworten (sofern sie richtig sind) werden auch in tausend Jahren, ja in alle Ewigkeit Bestand haben. Keine neuen Erkenntnisse, keine technologischen Entwicklungen und keine Experimente machen sie je obsolet. Es handelt sich um unvergängliche Wahrheiten, das unterscheidet die Mathematik von allen anderen Wissenschaften. Vielleicht ist dies schon Motivation genug, sich der Lösung dieser Fragen zu widmen.

Andererseits stellt sich dennoch die Frage nach der Relevanz dieser Forschungen. Ich halte diese Frage für legitim und werde weiter unten ausführlich darauf eingehen.

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Das oben dargestellte Problem der maximalen Anzahl von Singularitäten einer Kurve von festem Grad hat allerdings eine unerwartete Pointe. Wie so oft gibt es im Umkreis dieser Fragestellung nicht vorhersehbare Anwendungen. Abstrahiert und spezialisiert man die Fragestellung noch weiter, geht man sozusagen noch einen Schritt weiter in die reine Mathematik, dann ist man mitten in einem hochaktuellen Forschungsgebiet mit unmittelbaren Anwendungen und zwar der Codierungstheorie. Dazu betrachtet man Kurven nicht über den reellen oder komplexen Zahlen, sondern über endlichen Körpern. Solche Kurven mit vielen Singularitäten (mit rationalen Koordinaten) erlauben nach Auflösung der Singularitäten die Konstruktion effizienter Codes, die zur Fehlerkorrektur bei der Datenübertragung eingesetzt werden können.

Geometrie versus Algebra

Welche Bedeutung haben nun die oben gezeigten schönen Bilder für die Forschung? Es mag überraschen, aber Fakt ist, dass die konkreten Bilder wie z.B. in Abb. 8 bei der Forschung nur eine untergeordnete Rolle spielen, jedenfalls was die Beweise angeht. Sie sind aber für viele Mathematiker wie für mich eine wichtige Quelle der Intuition und durch ihre Schönheit auch Motivation. Geometrie und Algebra stimulieren verschiedene Teile des Gehirns. Mit Hilfe von Bildern erhält man Ideen, die man dann mit Hilfe von Algebra rigoros zu beweisen versucht. Außerdem dienen Bilder der Vermittlung von Mathematik, sie sind ein Mittel der Kommunikation.

Ich bin versucht hier einen Exkurs über Algebra versus Geometrie zu geben, ein Streit der sich durch die Geschichte der Mathematik von den Anfängen bis heute hindurchzieht. Das bekanntest Zitat in diesem Zusammenhang stammt von Herman Weyl (1885-1955): Der Teufel der abstrakten Algebra und der Engel der Geometrie ringen heute um die Seele jedes einzelnen Mathematikers [24]. Aus Platzgründen muss ich diesen Exkurs unterdrücken. Ich möchte hier meine eigene These, die den Computer mit einschließt, in dieser Auseinandersetzung aufstellen:

THESE: Geometrie bietet Intuition, Algebra liefert Strenge, Computeralgebra verlangt unerbittliche Präzision. Schritt für Schritt, von der Geometrie bis zum Computer gewinnen wie Sicherheit, aber wir verlieren ein Stück Freiheit unseres Denkens. Strenge und unerbittliche Genauigkeit sind Voraussetzung für Korrektheit, sie haben aber nur begrenzten Wert, wenn sie ohne Intuition verwendet werden.

Forschung und Anwendung - Theorie und Praxis

Es ist eine unleugbare und einfach zu verifizierende Tatsache, dass Mathematik in unserem täglichen Leben angewandt wird, auch solche Mathematik, die zunächst zweckfrei erforscht wurde. Der dahinterliegende Grund ist uns allerdings weitgehend verborgen, wie Bourbaki bereits 1950 bemerkte:

"That there is an intimate connection between experimental phenomena and mathematical structures, seems to be fully confirmed in the most unexpected manner by the recent discoveries of contemporary physics. But we are completely ignorant as to the underlying reasons for this fact (supposing that one could indeed attribute a meaning to these words) and we shall perhaps always remain ignorant of them." [25].

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Ich fürchte, dass unser heutiges Wissen über diesen Zusammenhang nicht viel weiter geht als das von Bourbaki 1950. Auf der anderen Seite war Bourbaki der Überzeugung, dass die formale axiomatische Methode besser zur Interpretation der Natur, speziell der Physik, geeignet ist, als jede andere Methode. Insbesondere besser als alle Methoden, die mathematische Resultate aus experimentellen Erkenntnissen gewinnen wollen.

Natürlich erzeugt dieser Gesichtspunkt Spannungen. Im Folgenden werde ich etwas auf die historischen und aktuellen Spannungen zwischen reiner und angewandter Mathematik, zwischen Theorie und Praxis eingehen.

Bourbaki: Band I, Mengenlehre Grabstein von Hilbert mit der Inschrift „Wir müssen wissen, wir werden wissen“ [26]

Hilberts Vision

David Hilbert (1862-1943), einer der großen Mathematiker des vorletzten und letzten Jahrhunderts, hat die Bedeutung der Mathematik und ihre Rolle im Spannungsfeld von Theorie und Praxis in grundlegende Worte gefasst:

„Die Mathematik ist das Instrument, welches die Vermittlung bewirkt zwischen Theorie und Praxis, zwischen Denken und Beobachten: Sie baut die verbindende Brücke und gestaltet sie immer tragfähiger. Daher kommt es, dass unsere ganze gegenwärtige Kultur, soweit sie auf der geistigen Durchdringung und Dienstbarmachung der Natur beruht, ihre Grundlage in der Mathematik findet.“ [27]

Dieses Zitat von Hilbert ist getragen von einem ungeheuren Optimismus, dass die Mathematik, und nur sie, alles erklären kann. Dieser Optimismus ist in erkenntnistheoretischem Sinne, insbesondere durch die späteren Arbeiten von Gödel, heute nicht mehr in vollem Umfang aufrecht zu erhalten. Aber Hilberts Aussage in Bezug auf die Durchdringung der Natur ist heute richtiger den je.

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Dennoch besteht kein Grund, die Mathematik zu glorifizieren oder sie über andere Wissenschaften zu stellen. Neben der Mathematik tragen viele andere Wissenschaften zur Durchdringung der Natur bei. Außerdem kann man fragen, ob die Nutzbarmachung der Natur heute noch uneingeschränkt als Wert an sich dargestellt werden kann. Wir alle sind Teil dieser Natur und deren Nutzbarmachung, so notwendig sie ist, kann auch zerstörerisch sein.

Technologie der Technologien

Es ist wohl nicht übertrieben zu behaupten, dass die Mathematik heute essentiell für neue innovative Entwicklungen in anderen Wissenschaften und zu einer Schlüsseltechnologie in Industrie und Wirtschaft geworden ist. Ich bin weit davon entfernt zu behaupten, dass einzig die Mathematik zur technologischen Innovation beiträgt. Aber in der öffentlichen Meinung wird der Beitrag der Mathematik praktisch ignoriert. Dabei sprechen die Fakten für sich. Sogar hinter alltäglichen Geräten wie mp3 Player, Digitalkamera, Mobiltelefon, Kreditkarte, aber auch hinter dem Bau von Autos und der Fertigung von ganzen Produktionsanlagen und Fabriken stecken mathematische Algorithmen, Modelle und Verfahren. Man kann in einem Satz zusammenfassen:

Mathematik ist die Technologie der Technologien.

Das ist auch das zugrunde liegende Motto des Buches "Mathematik � Motor der Wirtschaft“ [28], ein öffentliches Bekenntnis der großen Wirtschaftsunternehmen zur Mathematik. Dies Bekenntnis zur Mathematik ist auch deshalb wichtig, da die großen Fortschritte oft schlicht den Fortschritten der Computertechnik zugeschrieben werden. Das liegt natürlich mit daran, dass der mathematische Kern einer Innovation in den meisten Fällen unsichtbar ist. Niemand sieht, wenn er sein Handy öffnet, die algebraischen Gleichungen in den Chips zur Codierung und zur Verschlüsselung oder die Differentialgleichungen in den Schaltungen.

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In unserer technisierten Welt stoßen wir überall auf Mathematik. Mathematik ist eine Basiswissenschaft und der Schlüssel für bahnbrechende Innovationen. Sie macht viele Produkte und Dienstleistungen überhaupt erst möglich und ist damit ein wich-tiger Produktions- und Wettbewerbsfaktor.Im vorliegenden Buch berichten 19 große internationale Unter-nehmen sowie die Bundesagentur für Arbeit, wie unverzichtbar Mathematik für ihren Erfolg heute geworden ist. Ein spannender und lehrreicher Einblick in die Mathematik, der mit oft zitierten und negativen Vorurteilen gründlich aufräumt.

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Reine versus angewandte Mathematik

Ich komme jetzt auf das innermathematische Verhältnis von reiner und angewandter Mathemtik zu sprechen. Statt "reine" und "angewandte" Mathematik sollte man vielleicht besser "wissenschaftsgetriebene" und "anwendungsgetriebene" Mathematik sagen.

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Folgende Fragen drängen sich auf: Ist mit den zu Beginn genannten Zitaten und den oben erwähnten Fakten zu den Anwendungen der Mathematik schon alles gesagt? Oder gibt es vielleicht Differenzierungen? Ist alle Mathematik gleich nützlich? Oder nur die angewandte Mathematik, die sogenannte reine Mathematik nicht? Ist Nützlichkeit überhaupt ein angemessenes Kriterium für die Beurteilung von Mathematik?

Hier ist ein mehr als provozierendes und sicher arrogantes Zitat von Godefrey Harold Hardy, (Mathematiker,1862-1943) aus seinem viel zitierten Buch "A Mathematician's Apology" von 1941. "Es kann nicht geleugnet werden, daß ein großer Teil der elementaren Mathematik von erheblichem praktischen Nutzen ist. Aber diese Teile der Mathematik sind, insgesamt betrachtet, ziemlich langweilig. Dies sind genau diejenigen Teile der Mathematik, die den geringsten ästhetischen Wert haben. Die 'echte' Mathematik der 'echten' Mathematiker, die Mathematik von Fermat, Gauß, Abel und Riemann ist fast völlig 'nutzlos'." [29]

Godefrey Harold Hardy (Wikipedia)

Hardy unterscheidet ‚elementare’ und ‚echte’ (in Sinne von interessanter und tiefer) Mathematik. Die Essenz seiner Aussage hat zwei Aspekte: angewandte Mathematik ist unästhetisch und langweilig während reine Mathematik nutzlos ist.

Ich denke, dass Hardy in beiden Aspekten Unrecht hat. Natürlich gibt es interessante und langweilige Mathematik. Interessant ist es immer dann, wenn neue Ideen oder Verfahren sich als fruchtbar erweisen. Routinemäßige Weiterentwicklung bekannter Methoden ist dagegen eher langweilig. Es ist auch richtig, dass viele Anwendungen der Mathematik zum Beispiel im Ingenieurbereich eher Routine sind. Dies trifft aber nicht den Punkt. Bevor Mathematik angewandt werden kann, muss man ein gutes mathematisches Modell für ein Problem der realen Welt finden. Und dies ist oft ein außerordentlich kreativer Prozess. Dieser Punkt wird bei Hardy völlig ausgespart, vielleicht weil er dies nicht als Mathematik betrachtet.

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Die zweite Aussage lässt sich ebenfalls leicht widerlegen, denn sehr tiefe und interessante Resultate der reinen Mathematik werden heute angewendet. Die Grenze zwischen interessanter und langweiliger Mathematik läuft nicht zwischen reiner und angewandter Mathematik, sie läuft quer durch alle Teile der Mathematik. Hardy nennt Gauß und Riemann und an anderer Stelle auch Einstein als seine Zeugen. Die Entwicklung des Global Positioning System (GPS) zeigt das Gegenteil: Carl Friedrich Gauß (1777-1855), entwickelte die Theorie der gekrümmten Flächen. Bernhard Riemann (1826-1866), entwickelt diese Theorie weiter zur Theorie der gekrümmten höherdimensionalen Räume und Mannigfaltigkeiten. Albert Einstein (1879-1955), baute in der allgemeinen Relativitätstheorie 1916 mit seiner gekrümmte Raum-Zeit auf der Theorie der Riemannschen Mannigfaltigkeiten auf. Das GPS, das es seit etwa 1990 gibt, könnte ohne die Berücksichtigung der Raum-Zeit-Krümmung nicht Meter-genau funktionieren!

Der berühmte Mathematiker Felix Klein (1848 - 1925) schreibt über das Werk von Carl-Friedrich Gauß, einen der größten Mathematiker aller Zeiten: "Die besprochenen Arbeiten von Gauß auf dem Gebiet der angewandten Mathematik möchte ich als Krönung seines Lebenswerkes bezeichnen. Der eigentliche Kern und das Fundament seiner Leistungen aber liegt auf dem Gebiet der reinen Mathematik, der er sich in seinen Jugendjahren widmete." [30].

Felix Klein

Felix Klein wird von vielen als einer der letzten großen Mathematiker gesehen, der sowohl reine als auch angewandte Mathematik in seinem Werk vereinte. Wie Gauß begann er mit reiner Mathematik und wandte sich später der angewandten Mathematik zu. Meiner Meinung nach hat diese Reihenfolge durchaus ihre Vorteile.

Anwendungen lassen sich nicht vorhersagen

Wie sieht es aus mit Hardys eigenem Arbeitsgebiet, der Zahlentheorie. Dort geht es zum

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großen Teil um Eigenschaften von Primzahlen, ihre Verteilung, etc. Dies ist ein ganz klassisches Gebiet der Mathematik. Schon Euklid von Alexandria (365-300 v.Chr.) beschäftigte sich mit der Untersuchung von Primzahlen. Über 2000 Jahre lang, mit Höhen und Tiefen, galt die Zahlentheorie als das Paradebeispiel reiner Mathematik, als einer Mathematik im Elfenbeinturm. Hardy sagt um 1941:

Ich habe nie etwas gemacht, was 'nützlich' gewesen wäre. Für das Wohlbefinden der Welt hatte keine meiner Entdeckungen - ob im Guten oder im Schlechten - je die geringste Bedeutung und daran wird sich auch vermutlich nichts ändern. [31]

Erst im 20. Jahrhundert, als die moderne Kryptographie mit der Entzifferung der Enigma im 2. Weltkrieg durch mathematische Methoden (Symmetriegruppen und Methoden der Wahrscheinlichkeitstheorie) kriegsentscheidende Wirkung erzielte, änderte sich das. Durch Claude Shannon (1916-2001) wurde die mathematische Theorie von Information, Datenübertragung, Verschlüsselung und Kompression begründet, die heute aus keinem Bereich elektronischen Datenverkehrs mehr wegzudenken ist. Die derzeit wichtigsten Public-Key-Verfahren, die bei praktisch allen Verschlüsselungen elektronischer Daten benutzt werden, beruhen auf Ergebnissen der Zahlentheorie, also der "reinen Mathematik". Durch die oben dargestellte Entwicklung der Kryptographie und der Codierungstheorie bekommt die Zahlentheorie eine Bedeutung, die das genaue Gegenteil von Hardys Aussage darstellt.

Die verlorene Unschuld

Man kann Hardy nicht dafür kritisieren, dass er das GPS ebenso wenig vorhergesehen hat wie die Anwendung der Zahlentheorie in der Kryptographie. Ich denke, man kann Hardys Aussage nur verstehen wenn man weiß, dass er ein glühender Pazifist war. Er hätte es nicht ertragen können, dass seine "reine" Mathematik Kriegszwecken dienen könnte. Er hat sich bitter geirrt.

Natürlich ist die Mathematik heute, reine wie angewandte, ein entscheidender Faktor bei der Entwicklung moderner Waffensysteme, man denke nur an die unbemannten Drohnen. Diese wären ohne GPS, also auch ohne die Mathematik von Gauss und Riemann, nicht denkbar. Allerdings markierte schon vorher die Entwicklung und Anwendung der Atombombe für viele Wissenschaftler eine große Ernüchterung über die Unschuld ihrer Wissenschaft. Wenn es je ein Paradies der Mathematiker gegeben hat, nämlich unschuldig Wissenschaft betreiben zu können, ohne etwas im Guten oder Schlechten für das Wohlbefinden der Welt zu bewirken, es ist unweigerlich verloren.

Anwendbarkeit versus Qualität in der Forschung

Die Geschichte hat gezeigt, und die Aussagen von Hardy bestätigen es, dass es unmöglich ist, vorherzusagen, welche theoretischen Ergebnisse 'nützlich' sind und in der Zukunft Bedeutung für wichtige Anwendungen haben werden. Die Unterscheidung zwischen reiner und angewandter Mathematik ist eher eine Unterscheidung nach Gebieten als eine Unterscheidung nach Anwendbarkeit. Beispiele aus der sogenannten reinen Mathematik mit wichtigen Anwendungen habe ich oben gegeben und diese Liste ließe sich beliebig verlängern.

Andrerseits ist auch nicht zu leugnen, dass gewisse Teile der Mathematik anwendungsnäher als andere sind. Diese werden politisch bevorzugt und wir sehen,

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dass immer mehr nationale und internationale Programme ausschließlich Forschung mit einem starken Anwendungsbezug oder gar mit direkter Industriekooperation fördert. Besonders deutlich wird dies bei den aktuellen und in Planung befindlichen Förderprogrammen der Europäischen Gemeinschaft. Ich halte es für einen großen Fehler, dass Anwendbarkeit das hauptsächliche oder gar einzige Kriterium für die Beurteilung und Förderung von Mathematik ist.

THESE: Der Wert einer grundlegenden Wissenschaft wie der Mathematik lässt sich nicht an ihrer Anwendbarkeit sondern nur an Ihrer Qualität messen.

Die Geschichte zeigt, dass über einen längeren Zeitraum Qualität das einzig bleibende Kriterium ist und dass nur Forschung von hoher Qualität überlebt - unabhängig davon ob sie wissenschaftsgetrieben oder anwendungsgetrieben ist.

Um wichtige und unerwartete Entwicklungen nicht zu verpassen, ist es daher unklug, von vornherein nur auf anwendbare Mathematik zu setzen. Aber das ist nicht der Hauptgrund, warum ich es für einen Fehler hielte, Mathematik nur nach ihrer Anwendbarkeit zu beurteilen. Denn das würde sie zu einem nützlichen Werkzeug degradieren, ohne eigenständige Berechtigung. Die Bedeutung der Mathematik als jahrtausende altes Kulturgut von höchster Wirkkraft wiegt mehr als kurzfristige Nützlickeit.

Diese Überlegungen führen unweigerlich zur Frage der Freiheit von Forschung.

Freiheit von Forschung und Verantwortung

Freiheit von Forschung hat natürlich viele Facetten. Sie reichen von dem eingangs erwähnten Motto "Tu was Du willst" der Abbaye de Thélème bis zum Verständnis als Forschung ohne jegliche Vorgaben.

In der Mathematik gibt es aber noch einen fundamentaleren Aspekt. Ein Teil der modernen Mathematik sucht nach inneren mathematischen Strukturen, nur den eigenen Axiomen und den Gesetzen der Logik verpflichtet.

Georg Cantor (1845-1918), der Schöpfer der Mengenlehre, schreibt: "Das Wesen der Mathematik liegt gerade in Ihrer Freiheit." [32]

Und David Hilbert betrachte dies gar als ein Paradies: "Aus dem Paradies, das Cantor uns geschaffen hat, soll uns niemand vertreiben können."

[33]

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David Hilbert bei einer Vorlesung in Göttingen 1932 [33a]

Allerdings gibt es auch Gründe, diese Freiheit als absoluten Wert in Frage zu stellen. Denn die Freiheit zu tun was man will, ebenso wie die Freiheit nur den innerwissenschaftlichen Fragestellungen zu folgen, impliziert auch die Freiheit von

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Verantwortung für die Folgen. Jeder Wissenschaftler ist aber ein menschliches Wesen und als solches kann es sich dieser Verantwortung nicht entziehen.

Der Physiker Max Born schrieb 1963: "Obwohl ich an der Anwendung naturwissenschaftlicher Kenntnis für zerstörerische Zwecke, wie die Herstellung der A-Bombe oder der H-Bombe, nicht teilgenommen habe, fühle ich mich verantwortlich." [34]

Man kann argumentieren, dass der selbstreferentielle Charakter einer Wissenschaft, zumindest teilweise, ein Grund für den Mangel an Verantwortlichkeit ist. Dies wird von Egbert Brieskorn (Mathematiker *1937) hervorgehoben: "Die Beschränkung auf reine Naturerkenntnis durch die Verbindung von Experiment und theoretischer Beschreibung mit Hilfe mathematischer Strukturen ist die subjektive Bedingung der Möglichkeit der Entfaltung dieser Wissenschaft als Macht. Die Entwicklung der Mathematik als selbstreferentielle Wissenschaft verstärkt die Machtförmigkeit der Wissenschaft insgesamt. [...] Dass der Mensch sich der Wirklichkeit bemächtigt, dass er sie sich zurechtmacht, gehört zu seinem Wesen. Darüber soll man nicht traurig sei, wohl aber darüber, dass die Verführung der Macht unsere Menschlichkeit zu zerstören droht." [35]

Der selbstreferentielle Charakter ist sicher vorhanden in Bourbakis und Hilberts Konzept mathematischer Strukturen, die nur auf Axiomen gründen. Dies Konzept hatte einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Mathematik im zwanzigsten Jahrhundert. Es war allerdings nie das einzige Konzept und heute ist es auch nicht mehr die treibende Kraft. In der theoretischen Mathematik kommen heute die wichtigsten Ideen und Anstöße aus einer tiefliegenden Interaktion mit der Physik, insbesondere mit der Quantenfeldtheorie. Der britische Mathematiker Sir Michael Atyiah (*1929) nennt die heutige Zeit sogar das Zeitalter der Quantenmathematik[36]. Auf der anderen Seiten waren numerische Mathematik oder Statistik viel zu heterogen, um adäquat durch Bourbakis Ansatz abgedeckt zu werden. Diese Gebiete werden oft durch Anwendungen angetrieben, die der realen Welt entspringen. Ich sehe allerdings nicht, dass diese Tatsache sie weniger verwundbar gegen die Versuchungen der Macht werden lässt, eher im Gegenteil.

Ohne diese Bedrohungen für irgendeine Art der Mathematik zu leugnen, meine ich, dass die Freiheit der Forschung, die in einer engen Beziehung zur Freiheit des Denkens in einem umfassenderen Sinne steht, ein großes Geschenk ist. Mathematiker werden in dieser Freiheit erzogen. Sie werden erzogen, den eigenen Kopf zu benutzen, jede nicht substantiellen Behauptung zu hinterfragen und Autoritäten nicht blind zu vertrauen. Ein mathematischer Satz ist nicht deshalb wahr, weil eine Person mit hohem Amt oder von nobler Geburt ihn behauptet, sondern weil wir ihn selbst beweisen können. In diesem Sinne möchte ich behaupten

THESE: Mathematische Erziehung kann zur Unabhängigkeit und Freiheit des Denkens in einem umfassenden Sinne beitragen.

Auf der anderen Seite muss angesichts der ’verlorenen Unschuld’ und der Tatsache, dass die Mathematik zum Guten wie zum Bösen beitragen kann, im Bewustsein bleiben, dass diese Freiheit nicht von der Verantwortlichkeit befreit. Sich der Verantwortung für die Folgen seiner Arbeit bewusst zu sein bleibt die Aufgaben jedes einzelnen Mathematikers, auch wenn dies weder einfach noch Teil seiner Wissenschaft ist.

THESE: Die Freiheit von Forschung muss in der Mathematik und in den anderen Wissenschaften garantiert werden. Sie ist von den Wissenschaftlern zu verteidigen, diese müssen dabei aber ihrer Verantwortung bewusst sein.

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IMAGINARY - Mathematische Kreationen und Erfahrungen

Zitrus, das Symbol von IMAGINARY, mit Gleichung

IMAGINARY – mit den Augen der Mathematik, ist der Versuch, die Schönheit der Mathematik durch attraktive geometrische Objekte zu zeigen. IMAGINARY begann als Wanderausstellung des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach im Jahr der Mathematik 2008. Das Ziel war, zunächst Staunen darüber erzeugen, dass die gezeigten oft wunderschönen Objekte überhaupt Mathematik sind, um dann die Besucher mit Inspiration und Imagination zu erfüllen. Von Beginn an spielte die Möglichkeit, interaktiv mit Form und Formeln zu experimentieren und so eigene Kreationen zu schaffen eine herausgehobene Rolle. Der oben gezeigte Zitrus ist die Menge aller Punkte (x,y,z) im dreidimensionalen Raum für die die Gleichung x2 + z2 = y3(1 −y) 3 gilt. Es ist erstaunlich, welche Kreativität die Besucherinnen und Besucher der Ausstellungen an den Tag legten. Ich möchte nur zwei Beispiele der IMAGINARY Kunstgalerie hier zeigen und sonst auf die Internetseite www.imaginary-exhibition.com verweisen. Die Bilder Tropenwunder und Ikosidodekaeder wurden während eines Online Wettbewerbs in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftsmagzin Spektrum der Wissenschaften unter Benutzung der freien IMAGINARY software „surfer“ geschaffen, wo sie den ersten bzw. dritten Preis gewannen. Details findet man bei Spektrum der Wissenschaften, Mathematik-Kunst-Wettbewerb. [37]

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Tropenwunder Ikosidodekaeder Die Ausstellung wurde bis Ende 2012 in über 80 Städten in 20 Ländern veranstaltet, darunter in Deutschland, Argentinien, Österreich, England, Frankreich, Polen, Kolumbien, Serbien, Russland, der Ukraine, der Schweiz, Spanien und den USA. Mehr als 800 000 Personen besuchten IMAGINARY, darunter über 1700 Schulklassen, die eine eigene Führung erhielten. Die Webseite www.imaginary-exhibition.com zählt im Durchschnitt täglich ca. 800 Besucher und Besucherinnennnen, an einzelnen Spitzentagen bis zu 9000 unterschiedliche BesucherInnen. Die IMAGINARY Programme wurden insgesamt über 500 000 Mal heruntergeladen, die Hintergrundartikel ca. 300 000 Mal. Als Besonderheit der Ausstellung gilt die nachhaltige Vermittlung der Inhalte durch freie Software und didaktisches Begleitmaterial zum Einsatz im Unterricht und die Möglichkeit für Organisationen und Schulen, die Ausstellung kostenlos zu duplizieren und selbst zu veranstalten. Dieses Konzept wird seit 2011 mit dem Projekt �IMAGINARY – open mathematics�noch weiter ausgebaut [38]. Es soll eine internationale Plattform für Mathematikvermittlung entstehen. Damit werden zum Einen die Inhalte der IMAGINARY Ausstellung noch leichter verfügbar gemacht werden, zum Anderen möchte die Plattform eine Basis für den Austausch der sich in den letzten Jahren verstärkt entwickelnden Mathematikvermittlung bieten. Die Zielgruppe der Plattform sind neben Museen und Universitäten auch Schulen, für die ein spezielles IMAGINARY-Paket entwickelt wird, dass in den Schulalltag passt und auf die Bedürfnisse der SchülerInnen zugeschnitten ist. Das Projekt läuft bis Ende 2013 und wird von der Klaus Tschira Stiftung gefördert.

Hinweise und Referenzen [1] Albert Einstein, in: Epilogue, A Socratic Dialogue, p. 211, Interlocutors: Max Planck, Albert Einstein, James Murphy. In: Max Planck, "Where is Science Going?" Norton, New York, 226 Seiten (1932). [2] Galileo Galilei, in: Opere Complete di Galileo Galilei, Firenze, 1842, ff, Vol IV, p. 171, zitiert nach Edwin Arthur Burtt: The Metaphysical Foundations of Modern Science, p. 75, Dover Reprint,

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New York, 352 Seiten, (2003). [3] Alexander von Humboldt zugeschrieben in: Roland Z. Bulirsch, Weltfahrt als Dichtung, p. 14, in: "Dokumentation zur Verleihung des Literaturpreises der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. an Daniel Kehlmann", 52 Seiten, (2006). [4] Zitiert nach: Peter Löscher, Siemens AG, p. 99, in: "MATHEMATIK - Motor der Wirtschaft", Eds. G.-M. Greuel, R. Remmert, G. Rupprecht; Springer Verlag, 125 Seiten, (2008). [5] Hans Magnus Enzensberger, Zugbrücke außer Betrieb - Drawbrigde Up, p. 44, A K Peters LTD, Natick, MA, 48 Seiten, (1999). [6] Archiv des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach. [7] Reinhold Remmert, Mathematik in Oberwolfach - Erinnerungen an die ersten Jahre, p. 1. Grußwort zur Einweihung der Bibliothekserweiterung am 5. Mai 2007, Mathematisches Forschungsinstitut Oberwolfach, 27 Seiten, (2008). [8] Archiv des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach. [9] Für einen historischen Aufsatz zur „Deutsch-Französische Arbeitsgemeinschaft“ siehe: Maria Remenyi, Oberwolfach im August 1949: Deutsch-Französische Sommerfrische, Math. Semesterber., Mathematische Bildergalerie, Springer-Verlag 2011. [10] Gästebuch des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach, No 1, p. 2. [11] Siehe [7], loc. cit., p. 20. [12] Laut Proclus (412-485 A.D.) Antwort von Euclid an König Ptolemäus auf dessen Frage ob es einen einfacheren Weg gäbe Geometrie zu lernen, außer die ‚Elemente’ zu studieren. Zitiert nach http://www.1902encyclopedia.com/E/EUC/euclid-mathematician.html. [13] "Someone told me that each equation I included in the book would halve the sales." Stephen W. Hawking, A Brief History of Time, Acknowledgments, Bantam Dell Publishing Group, 224 pages, (1988). [14] Poster des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach. Design Boy Müller. [15] Bild von Christian Ucke, http://users.physik.tu-muenchen.de/cucke [16] Bild von http://www.atlascuisinesolaire.com [19] Francesco Severi, Vorlesungen über algebraische Geometrie,Teubner, 408 pages, (1921). [20] Gert-Martin Greuel, Christoph Lossen, Eugenii Shustin, Plane curves of minimal degree with prescribed singularities, Invent. Math. 133, 539–580, (1998). [21] Gert-Martin Greuel, Gerhard Pfister, Hans Schoenemann, SINGULAR - A Computer Algebra System for Polynomial Computations, free software, http://www.singular.uni-kl.de, (1990 - to date). [22] Wolf Barth, Two Projective Surfaces with Many Nodes Admitting the Symmetries of the Icosahedron. J. Alg. Geom. 5, 173-186, 1996. [23] Das Bild wurde mit der freien Software surfer hergestellt, siehe http://www.imaginary-exhibition.com/surfer.php [24] "In these days the angel of topology and the devil of abstract algebra fight for the soul of each individual mathematical domain. [...].” Hermann Weyl, Invariants, p. 500-501, Duke Mathematical Jornal 5, 489–502, (1939). [25] Nicholas Bourbaki, The Architecture of Mathematics, p. 231, Amer. Math. Monthly 57, No. 4, 221-232, (1950). [26] Bild aus Wikipedia, Author = Kassandro [27] David Hilbert, Naturerkennen und Logik, Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Königsberg, 1930. Zitat von: http://quantumfuture.net/gn/zeichen/hilbert.html, mit Link zu der mp3 Version der Originalrede von Hilbert. [28] Gert-Martin Greuel, Reinhold Remmert, Gerhard Rupprecht, Eds., MATHEMATIK - Motor der Wirtschaft, siehe [4]. [29] Godfrey H. Hardy, A Mathematician's Apology, p. 32 - 33, Cambridge University Press, 52 pages, (1940). [30] Felix Klein, Vorlesungen über die Entwicklung der Mathematik im 19. Jahrhundert, p. 24, Reprint, Springer Verlag, 208 Seiten, (1970). [31] "I have never done anything ‘useful’. No discovery of mine has made, or is likely to make, directly or indirectly, for good or ill, the least difference to the amenity of the world." Siehe [29], loc. cit. p. 49. [32] Georg Cantor, Gesammelte Abhandlungen, p. 182, Ed. Ernst Zermelo, Springer Verlag, 486 pages, (1932). [33] David Hilbert, Über das Unendliche, p. 170, Math. Ann. 95, 161-190, (1926).

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[33a] Archiv des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach. [34] Max Born, Erinnerungen und Gedanken eines Physikers, in: Max und Hedwig Born, Der Luxus des Gewissens: Erlebnisse und Einsichten im Atomzeitalter, p. 73, Nymphenburger Verlagshandlung, 200 pages, (1969). [35] Egbert Brieskorn, Gibt es eine Wiedergeburt der Qualität in der Mathematik?, p. 257 - 258, in: Wissenschaft zwischen Qualitas und Quantitas, Ed. Erwin Neuenschwander, Birkhäuser Verlag, 444 pages, (2003). [36] "I have said the 21st century might be the era of quantum mathematics or, if you like, of infinite-dimensional mathematics. What could this mean? Quantum mathematics could mean, if we get that far, ‘under- standing properly the analysis, geometry, topology, algebra of various non-linear function spaces’, and by ‘understanding properly’ I mean understanding it in such a way as to get quite rigorous proofs of all the beautiful things the physicists have been speculating about." Sir Michal Atiyah, Special Article - Mathematics in the 20th Century, p. 14, Bull. London Math. Soc. 34, 1–15, (2002). [37] Die Bilder Tropenwunder resp. Ikosidodekaeder wurden von Hiltrud Heinrich resp. Martin Heider erzeugt. Siehe http://www.spektrum.de/blatt/d_sdwv_extra_artikel&id=947549&_z=798888&_z=798888 [38] Siehe die IMAGINARY Webseite: www.imaginary-exhibition.com