Mathematische Kompetenzen erheben, fördern und … · lung ermöglichen und sie in die...

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1 M Mathematische Kompetenzen erheben, fördern und herausfordern Klaus-Ulrich Guder Handreichungen des Programms SINUS an Grundschulen Mathe Mathematik

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MMathematische Kompetenzen erheben foumlrdern und herausfordern

Klaus-Ulrich Guder

Handreichungen des Program

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US an G

rundschulen

MatheMathematik

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Impressum

Klaus-Ulrich GuderMathematische Kompetenzen erheben foumlrdern und herausfordern

Publikation des Programms SINUS an GrundschulenProgrammtraumlger Leibniz-Institut fuumlr die Paumldagogik

der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) an der Universitaumlt KielOlshausenstraszlige 6224118 Kiel

wwwsinus-an-grundschulendecopy IPN Dez 2011

Projektleitung Prof Dr Olaf KoumlllerProjektkoordination Dr Claudia FischerRedaktion u Realisation dieser Publikation Brigitte Dedekind Verena HaneKontaktadresse infosinus-grundschulede

ISBN 978-3-89088-216-1

Nutzungsbedingungen

Das Kieler Leibniz-Institut fuumlr die Paumldagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) ge-waumlhrt als Traumlger der SINUS-Programme ein nicht exklusives nicht uumlbertragbares persoumlnliches und beschraumlnktes Recht auf Nutzung dieses Dokuments Dieses Dokument ist ausschlieszliglich fuumlr den persoumln-lichen nicht-kommerziellen Gebrauch bestimmt Die Nutzung stellt keine Uumlbertragung des Eigentums-rechts an diesem Dokument dar und gilt vorbehalt-lich der folgenden Einschraumlnkungen Auf saumlmtlichen Kopien dieses Dokuments muumlssen alle Urheber-rechtshinweise und sonstigen Hinweise auf gesetz-lichen Schutz beibehalten werden Sie duumlrfen dieses Dokument nicht in irgendeiner Weise abaumlndern noch duumlrfen Sie dieses Dokument fuumlr oumlffentliche oder kommerzielle Zwecke vervielfaumlltigen vertrei-ben oder anderweitig nutzen Mit der Verwendung dieses Dokuments erkennen Sie die Nutzungsbedin-gungen an

Inhaltsverzeichnis

1 Einfuumlhrung 32 Moumlglichkeiten der Diagnostik 4

21 Produkte und Prozesse 422 Standardisierte Tests 523 Informelle schriftliche Testverfahren 724 Interviews und diagnostische Gespraumlche 825 Beobachtungen 826 Eigenproduktionen 927 Integriertes Modell 10

3 Fordern und Foumlrdern 1331 Substanzielle Lernumgebungen 1432 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung 16

4 Schlussbemerkung 205 Literatur 21

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Mathematische Kompetenzen erheben foumlrdern und herausfordern

1 Einfuumlhrung

bdquoIch habe gar keine Kinder es geht viel mehr um meinen Neffen Er will staumlndig rech-nen ohne Taschenrechner Er ist 5 12 Jahre alt Er zaumlhlt im Zahlenraum von 0-10000 (er zaumlhlt seit er 1 12 ist) und ich muss ih[m] staumlndig [A]ufgaben aufschreiben und er rechnet diese schriftlich Findet ihr[] das[s] das normal istldquo

Diese Frage einer besorgten Tante in einem Forum zu Mathematischer Begabung ( httpwwwmysnipdeforum-archivthema3336143108Mathematische+Begabunghtml ) macht deutlich dass es bereits vor der Einschulung groszlige Kompetenz- und Entwick-lungsunterschiede von Kindern gibt Wie Lorenz (2000 S 22) feststellt liegt die Ent-wicklungsvarianz bei Kindern im Grundschulalter bei bis zu fuumlnf Jahren Diese groszligen Differenzen stellen immense Herausforderungen an die Lehrkraumlfte und erfordern ei-nen Unterricht der die differenzierten Erkenntnisse uumlber die Kompetenzen der Kinder beruumlcksichtigt Aufgabenstellungen und Arbeitsauftraumlge muumlssen passend sein Die Anforderungen an die Kinder duumlrfen einerseits keine Uumlberforderungen darstellen an-dererseits sollten sie uumlber den gegenwaumlrtigen Kompetenzstand hinaus angemessene Herausforderungen bieten Diese Anpassung an die individuellen Kompetenzen muss fuumlr alle Kinder geleistet werden

Wie im Folgenden noch detailliert ausgefuumlhrt wird sind Foumlrderung und Herausforde-rungen zwei Seiten einer Medaille da angepasste Foumlrderung immer eine Herausforde-rung an die bestehenden Kompetenzen darstellt Sowohl bei den Leistungsstarken als auch bei den Kindern mit geringen Leistungen muss Foumlrderung eine Weiterentwick-lung ermoumlglichen und sie in die individuelle Zone der naumlchsten Entwicklung bringen Was eine passende Herausforderung ist haumlngt also vom Individuum ab Eine Moumlglich-keit entsprechende Anforderungen zu stellen besteht in der natuumlrlichen Differenzie-rung und den eng damit verbundenen Substanziellen Lernumgebungen die durch ihre Komplexitaumlt Bearbeitungen auf verschiedenen Niveaus ermoumlglichen Kinder benoumlti-gen Ruumlckmeldungen uumlber ihre Lernerfolge damit sie tatsaumlchlich die fuumlr sie passenden und sie weiter bringenden Probleme bearbeiten Auch dazu ist wie an spaumlterer Stelle eroumlrtert wird eine Kompetenzdiagnostik mit geeigneten Instrumenten zur Erfassung vom Kenntnisstand des Kindes notwendig Um der Gefahr der Selbstuumlber- oder -un-terschaumltzung der Kinder bei der Entscheidung fuumlr ein Niveau vorzubeugen muss die Lehrkraft uumlber die Kompetenzen der Kinder informiert sein und gegebenenfalls steu-ernd eingreifen So wird die realistische Selbsteinschaumltzung der Kinder unterstuumltzt und sicher gestellt dass tatsaumlchlich kognitive Weiterentwicklung initiiert wird

Klaus-Ulrich Guder

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Sowohl fuumlr die Bestimmung als auch fuumlr die Herausforderung von Kompetenzen sind geeignete Anforderungen und Aufgaben fuumlr die Kinder notwendig Dabei sind zu-naumlchst zwei Typen von Aufgaben zum Leisten und zum Lernen zu unterscheiden Die Aufgaben zum Leisten dienen dazu die Kompetenzen der Kinder fuumlr sie selbst und fuumlr andere speziell fuumlr die Lehrkraft erfahrbar zu machen Sie bieten dadurch dem Kind die Chance seine eigenen Kompetenzen angemessen einzuschaumltzen und der Lehrkraft Moumlglichkeiten angemessene Leistungsurteile abzugeben und ruumlckzumelden Auf-gaben zum Lernen dienen dazu den Kompetenzstand zu erweitern und zu sichern Fuumlr die Lehrkraft koumlnnen sie auch als Hilfsmittel zur Beobachtung von Lernprozessen dienen Beide Aufgabentypen liefern daher Moumlglichkeiten zur Kompetenzfeststellung (vgl BuumlchterLeuders 2005 S 12)

Neben diesem auf das Individuum ausgerichteten Blick kann und soll eine Kompetenz-diagnostik auch Ruumlckschluumlsse uumlber den Unterricht zulassen die der Reflexion des ei-genen unterrichtlichen Handelns dienen und zur Verbesserung und Weiterentwicklung der Unterrichtsqualitaumlt genutzt werden koumlnnen

Im Folgenden sollen verschiedene Moumlglichkeiten zur Diagnostik genauer beleuchtet und in ihrer Funktion eingeordnet werden Anschlieszligend wird ein Konzept zur indivi-duellen Foumlrderung vorgestellt und es werden Moumlglichkeiten zur Herausforderung aller Kinder im alltaumlglichen Unterricht behandelt

2 Moumlglichkeiten der Diagnostik

21 Produkte und Prozesse

Welche Kompetenzen sollen bei Schuumllerinnen und Schuumllern durch Diagnostik uumlber-haupt erfasst werden Eine Antwort darauf geben die Bildungsstandards (KMK 2005 S 6-7) die die Unterscheidung zwischen bdquoAllgemeinen mathematische Kompetenzenldquo und bdquoInhaltsbezogenen mathematische Kompetenzenldquo vornehmen Hierbei lassen sich zu den inhaltsbezogenen Leitideen (Zahlen und Operationen Raum und Form Muster und Strukturen Groumlszligen und Messen und Daten Haumlufigkeit und Wahrscheinlichkeit) in der Regel deutlich leichter Kriterien formulieren die zeigen ob diese Kompetenzen erreicht sind und sie lassen sich in der Regel oumlkonomischer schriftlich erheben

Die allgemeinen Kompetenzen (Problemloumlsen Argumentieren Modellieren Kom-munizieren und Darstellen) lassen sich dagegen weniger gut erfassen eine Kompe-tenzdiagnostik bleibt hier schwieriger Schriftliche Darstellungen gerade von Grund-schulkindern sind oft schwer verstaumlndlich und beduumlrfen einer aufwaumlndigen Deutung Die Einordnungen muumlndlicher Aumluszligerungen im Unterrichtsgespraumlch in Echtzeit ist an-spruchsvoll und fuumlhrt sehr leicht zu Fehleinschaumltzungen Erschwerend ist dass der ku-mulative Aufbau dieser Kompetenzen in einem laumlngerfristigen Prozess geschieht Die Erfassung kann daher nicht nur punktuell sondern muss zu mehreren Zeitpunkten erfolgen

Neben der Unterscheidung in allgemeine prozessbezogene und inhaltsbezogene Kom-petenzen muss geklaumlrt werden welches Ziel mit der angestrebten Diagnostik verfolgt werden soll Soll die sichere Kenntnis und Beherrschung von Standardverfahren un-tersucht werden oder soll festgestellt werden wie Kinder denken und argumentie-ren und ob sie ein Verfahren beherrschen oder eben auch warum sie es noch nicht beherrschen Benoumltigt werden also Verfahren die sowohl allgemeine Kompetenzen

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und inhaltsgebundene Kompetenzen als auch Leistungen und Denkprozesse erfassen koumlnnen

Neben diesen Abgrenzungen bezuumlglich der betrachteten Kompetenzen muumlssen ver-schiedene diagnostische Grundpositionen unterschieden werden Jordan und vom Hofe (2008 S 4-5) unterscheiden zwei diagnostische Perspektiven bdquoProduktorien-tierte Diagnostikldquo und bdquoProzessorientierte Diagnostikldquo Sie charakterisieren sie in fol-gender Form

bdquoProduktorientierte Diagnostik

Methoden die auf die Erfassung individueller Lernergebnisse (also auf die Produkte) ausgerichtet sind gehoumlren zur sogenannten produktorientierten Diagnostik Der Leh-rer wertet die Ergebnisse aus (meist gemaumlszlig der Pole korrektldquo oder nicht korrektldquo) und kommt zu einer Einordnung der erbrachten Leistung (kannldquo oder kann nichtldquo)ldquo (Jordanv Hofe 2008 S 4)

bdquoProzessorientierte Diagnostik

Zu einer prozessorientierten Diagnostik gehoumlren vor allem Methoden die auf die Er-fassung individueller Lernprozesse ausgerichtet sind Ziel ist es die einem Ergebnis zugrunde liegenden Gedanken eines Schuumllers einer Schuumllerin besser zu verstehen (Warum wird etwas gekonnt oder nicht gekonntldquo) um moumlglichst angemessen auf eine Loumlsung oder Schuumllerantwort reagieren zu koumlnnenldquo (Jordanv Hofe 2008 S 5)

Diese beiden Perspektiven muumlssen unabhaumlngig von den Kompetenzbereichen gesehen werden da sowohl prozessbezogene Kompetenzen als auch inhaltliche Kompetenzen an einem Produkt beurteilt werden koumlnnen So lassen sich beispielsweise geeignete Kriterien formulieren wann eine Argumentation als schluumlssig und uumlberzeugend ge-wertet wird Genauso koumlnnen beide Kompetenzbereiche aus prozessorientierter Per-spektive betrachtet werden und beispielsweise Denkvorgaumlnge bei der Bearbeitung von Standardaufgaben rekonstruiert und in ihrem sachlogischen Aufbau oder ihrer kogni-tiven Struktur beschrieben werden

In diesen beiden Prinzipien spiegeln sich auch die Funktionen in denen sich Schule und Lehrkraft bei der Diagnostik befinden wieder Sie dient zum einen als Steuerungs-instrument das Entscheidungen uumlber Schullaufbahnen von Kindern rechtfertigt und zum anderen als Entwicklungsinstrument das die Kompetenzen des einzelnen Kindes als Ausgangspunkt fuumlr eine passende Unterstuumltzung erfasst um sie weiter zu entwi-ckeln (vgl Grundschulverband 2003 S 2) Diagnostik dient also dazu Informationen zum Lernverhalten des Kindes zu sammeln und aufzubereiten mit dem Ziel sie fuumlr seinen weiteren Lernprozess zu nutzen

Im Folgenden werden verschiedene Verfahren zur Kompetenzbestimmung genauer dargestellt

22 Standardisierte Tests

Bei standardisierten Tests handelt es sich um Verfahren die durch ihre Konstruktion objektiv reliabel und valide sind das heiszligt dass ihre Ergebnisse moumlglichst unabhaumlngig von den Durchfuumlhrenden und den Auswertenden sind dass sie die zu uumlberpruumlfen-de Kompetenz moumlglichst genau und ohne groszlige Streuung nachweisen und dass sie tatsaumlchlich die Kompetenzen uumlberpruumlfen die sie uumlberpruumlfen sollen Um diese Qua-

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litaumltsmerkmale zu erfuumlllen werden die entworfenen Testaufgaben psychometrisch uumlberpruumlft Auszligerdem wird die Durchfuumlhrung eindeutig geregelt und die Auswertung erfolgt anhand praumlzise vorgeschriebener genau formulierter Kriterien Die Testauf-gaben sind in der Regel so konstruiert dass ihre erfolgreiche Bearbeitung von genau einer Kompetenz oder Faumlhigkeit abhaumlngt Aus oumlkonomischen Gruumlnden sind diese Tests meist schriftlich zu bearbeiten Die Einschaumltzung der Leistungen in diesen Tests erfolgt anhand einer Normstichprobe deren Bearbeitungserfolge als Maszligstab eingesetzt wer-den Sie sind zu den produktorientierten Verfahren zu zaumlhlen

Beispiele fuumlr standardisierte Tests zur mathematischen Kompetenzbestimmung die Lehrkraumlften zur Verfuumlgung stehen sind der curriculumsvalide Deutsche Mathematik-test (DeMaT) (Krajewski et al 2002 2004) (Roick 2004) (Goumllitz et al 2006) oder der Hamburger Rechentest (HaReT) (Lorenz 2006) Auch die Vergleichsarbeiten VERA 3 (ZEPF 2011) gehoumlren zu den standardisierten Tests die zur Unterrichtsentwicklung genutzt werden IGLU- (Bos et al 2003) und TIMSS -Tests (Bos et al 2008) koumlnnen nicht genutzt werden da sie der Oumlffentlichkeit nicht zur Verfuumlgung stehen

Ein wesentlicher Vorteil standardisierter Tests ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse Dadurch wird verhindert dass eine Lehrkraft sich nur am Klassendurchschnitt oder an subjektiven Maszligstaumlben orientiert Vermieden werden dadurch Effekte bei der Beur-teilung die sich durch die Zusammensetzung der eigenen Klasse oder des Einzugsge-biets der Schule ergeben koumlnnten Auszligerdem liefern sie falls die Leistungen einzelner Kinder deutlich von den Erwartungen abweichen Anhaltspunkte fuumlr dringenden Foumlr-derbedarf oder auch fuumlr den Bedarf besonderer Forderung Zum Teil besteht jedoch die Gefahr von sogenannten Deckeneffekten wie beispielsweise beim HaReT (Lorenz 2006 S 5) dessen Tests bewusst bdquoso konstruiert [sind] dass sie moumlglichst im unteren Leistungsbereich differenzierenldquo und bdquoein Deckeneffekt fuumlr die leistungsstaumlrkeren Schuumllerinnen und Schuumller hellip bewusst in Kauf genommenldquo wird Diese Deckeneffekte bedeuten dass die Testitems so entworfen sind dass die leistungsstarken Kinder fast alle Items ohne Schwierigkeiten oder Fehler bewaumlltigen und somit ihre Leistungsfaumlhig-keit nicht mehr unterschieden werden kann Ausgehend von den Ergebnissen sollte sich bei nach unten abweichenden Leistungen moumlglichst noch eine differenziertere individuelle Foumlrderdiagnostik anschlieszligen um die Ergebnisse weiter abzusichern und individuelle Foumlrdermoumlglichkeiten aufzuzeigen Ein weiterer Vorteil eines standardisier-ten Testverfahrens kann sein dass Klasseneffekte sichtbar werden die einen Einstieg in eine Veraumlnderung des Unterrichtsstils ausloumlsen koumlnnten

Neben der reinen Beschreibung bdquokannldquo oder bdquokann nichtldquo erlauben derartige Test-verfahren gegebenenfalls auch Beschreibungen von Schwierigkeiten auf curricularer Ebene So lassen sich beispielsweise Feststellungen wie bdquoSabine kann Uumlbertraumlge bei der schriftlichen Addition sachgerecht verarbeiten Uumlbertraumlge bei der schriftlichen Sub-traktion mit Zwischennullen beherrscht sie noch nichtldquo treffen Aussagen uumlber men-tale Vorgaumlnge und moumlgliche kognitive Schwierigkeiten sowie die Einleitung geeigneter Foumlrdermaszlignahmen sind jedoch kaum moumlglich Um daruumlber Informationen zu erhal-ten werden Verfahren zur prozessorientierten Diagnostik eingesetzt die meist nicht standardisiert sind Beispiele dafuumlr finden sich weiter unten Weitere Nachteile fuumlr die Verwendung von standardisierten Tests im Alltag koumlnnen die Kosten zur Anschaffung der Tests sowie der zeitliche Aufwand zur Durchfuumlhrung gemaumlszlig der Vorgaben sein

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23 Informelle schriftliche Testverfahren

In den Durchfuumlhrungsbedingungen weniger rigide als die standardisierten Verfahren sind informelle schriftliche Testverfahren die jedoch meist auch produktorientiert sind Hier koumlnnen professionell entworfene jedoch nicht standardisierte Testverfahren ein-gesetzt werden die zwar Auskunft uumlber die vorhandenen Kompetenzen geben aber keinen Anspruch erheben eine quantifizierte Einordnung der Kompetenzen im Ver-gleich mit einem Normschuumller vorzunehmen Dabei gibt es Testverfahren die sich an einzelnen Lehrbuumlchern oder Lehrgaumlngen orientieren und meist Begleitmaterial zum jeweiligen Lehrgang sind oder lehrwerksunabhaumlngige Testverfahren (zB Diagnosebe-gleiter Guder et al 2007a 2007b 2008b) Auszligerdem erheben diese informellen Tests in der Regel nicht den Anspruch mithilfe der Loumlsung einer Testaufgabe jeweils genau eine Faumlhigkeit zu testen Zur erfolgreichen Bearbeitung der Aufgaben sind haumlufig meh-rere Faumlhigkeiten notwendig so dass aus der falschen Loumlsung nicht auf eine einzelne mangelhaft ausgebildete Faumlhigkeit zuruumlckgeschlossen werden kann Derartige infor-melle Tests gibt es mittlerweile von diversen Verlagen auch internetgestuumltzt Damit ist eine Bearbeitung am Rechner moumlglich Meist sind diese Tests produktorientiert und koumlnnen da die Auswertung regelbasiert per Computer erfolgt kaum Aufschluss uumlber konkrete Lernprozesse geben Regeln zur Beurteilung von prozessorientierten Kompe-tenzen sind nur unter groszligem Aufwand zu erreichen da alle frei geaumluszligerten richtigen Antworten erfasst werden muumlssten

Neben diesen kommerziellen Verfahren bieten sich natuumlrlich auch selbst entworfene Tests (z B Klassenarbeiten) an die spezifisch auf die vermittelten Inhalte abgestimmt sind Gefahren dieser Testverfahren bestehen in einer Orientierung an einer Sozial-norm innerhalb der Klasse die zu Fehleinschaumltzungen der Kompetenzen fuumlhren kann Speziell der Einsatz von Klassenarbeiten die auch zur Notenfindung genutzt werden birgt auszligerdem die Gefahr dass hier nur kurzfristiges Lernen forciert wird und entspre-chend kurzlebige Lernerfolge festgestellt werden

Vorteile dieses informellen Vorgehens mit selbst erstellten Aufgabenstellungen sind die groumlszligere Passung zum vorhergehenden und anschlieszligenden Unterricht und die Moumlg-lichkeit gezielt spezifische diagnostische Fragen zu untersuchen Die eingesetzten Aufgabenstellungen unterscheiden sich in der Intention mit der sie gestellt werden Soll der Test differenzierte Auskuumlnfte uumlber das Beherrschen von Rechenfertigkeiten geben so muumlssen die Aufgaben so gestellt werden dass bekannte curriculare Huumlrden identifizierbar sind Mehrere Aufgaben zu einem Inhalt sollten daher unterschiedliche Schwierigkeitsstufungen gemaumlszlig der drei in den Bildungsstandards formulierten An-forderungsbereiche Reproduzieren Zusammenhaumlnge herstellen sowie Verallgemei-nern und Reflektieren (vgl KMK 2005 S 13) enthalten Bereits in den 1980er Jahren schlugen Radatz (1980) und Gerster (1982) geeignete Aufgaben vor die Fehlvorstel-lungen identifizieren koumlnnen Dieses Vorgehen laumlsst daher trotz einer produktorien-tierten Diagnostik Ruumlckschluumlsse auf Ursachen fuumlr Fehler zu

Soll ein informeller schriftlicher Test gezielt nicht nur uumlber inhaltsgebundene Kompe-tenzen Auskunft geben so muumlssen Aufgabenformate gewaumlhlt werden die die pro-zessbezogenen Kompetenzen uumlberpruumlfen Die Aufgabenformate muumlssen daher offen gestaltet sein damit Kinder die Moumlglichkeit haben sich frei zu den Anforderungen zu aumluszligern Anhand der von den Kindern gewaumlhlten Loumlsungswege und ihren Darstel-lungen lassen sich dann Ruumlckschluumlsse auf individuelle Denkweisen ziehen

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24 Interviews und diagnostische Gespraumlche

Hierbei bearbeitet ein Kind im Gespraumlch mit der diagnostizierenden Person Problem-stellungen Das Kind wird ermuntert seine Gedankengaumlnge bei der Loumlsung zu verba-lisieren oder handelnd zu demonstrieren ohne dass die interviewende Person inhalt-lich hilft oder unterstuumltzt (zur Methode vgl SelterSpiegel 1997 S 100-112) Gerade hierbei lassen sich die allgemeinen prozessbezogenen Kompetenzen deutlich besser feststellen als es in schriftlichen Testverfahren moumlglich ist Die herausfordernden Auf-gaben an das Kind muumlssen so ausgewaumlhlt werden dass sie unterschiedlich bearbeitet werden koumlnnen damit mithilfe der Versprachlichung die Denkprozesse und Vorstel-lungen des Kindes rekonstruiert werden und Ruumlckschluumlsse auf die Kompetenzen erfol-gen koumlnnen Durch geeignete Anschlussfragen sollten Hypothesen uumlber Ursachen des Fehlverstaumlndnisses weiter untersucht werden um gegebenenfalls geeignete Foumlrder-maszlignahmen einzuleiten

Zu nennen ist hier beispielsweise das ElementarMathematische BasisInterview (EMBI) das eine Anleitung zur individuellen Diagnose von mathematischen Kompetenzen in den ersten Schuljahren bietet und dabei nicht nur bereits vorhandene schulische Faumlhig-keiten und Fertigkeiten sondern auch basale Lernvoraussetzungen mit untersucht Es bietet dem Kind bdquoindividuelle Herausforderungen und die Gelegenheit zu zeigen was es alles schon kann und weiszlig So werden sowohl besondere Staumlrken als auch beson-derer Unterstuumltzungsbedarf in einer Form offengelegt die direkte Anknuumlpfungspunkte fuumlr Unterricht und Einzelfoumlrderung bietetldquo (Peter-Koop et al 2007 S 4) Hierbei wird es den Kindern ermoumlglicht durch Handlungen mit Material auch Ideen zu zeigen die sie noch nicht verbalisieren oder gar verschriftlichen koumlnnen

Ein weiteres Instrument das geeignetes Material zur Interviewfuumlhrung bereitstellt sind die Einzeltestkarteien des Diagnosebegleiters (Guder et al 2007c und 2008d) Dieses Material stellt geeignete Aufgabenstellungen bereit anhand derer die Kinder ihre Kompetenzen zeigen koumlnnen Je nach dem Antwortverhalten des Kindes folgen verschiedene weitergehende Fragen und Aufgabenstellungen Auszligerdem gibt es dazu Hinweise auf Foumlrderaufgaben die auf moumlgliche Schwierigkeiten eingehen und die grundlegenden Kompetenzen foumlrdern

Bei diesem Verfahren ist ein hoher zeitlicher Aufwand fuumlr die Durchfuumlhrung der Einzel-gespraumlche erforderlich Nutzbar fuumlr kuumlrzere diagnostische Gespraumlche sind Einzel- oder Freiarbeitsphasen im Unterricht in denen sich die Lehrperson einem einzelnen Kind widmen kann Die Durchfuumlhrung von Interviews erfordert in jedem Fall eine hohe diagnostische Kompetenz

25 Beobachtungen

Neben gezielt initiierten Testsituationen oder Interviews bieten sich Beobachtungen der Kinder im Unterricht an Entscheidend fuumlr das Gelingen ist dass vorher festgelegt wird worauf gezielt geachtet werden soll welche Beobachtungsinstrumente (zB Tonband Video Beobachtungsbogen) eingesetzt werden uumlber welchen Zeitraum die Beobach-tung durchgefuumlhrt werden soll und wie die Ergebnisse mit angemessenem Aufwand dokumentiert werden Hierbei koumlnnen sowohl mathematische Faumlhigkeiten und Kom-petenzen als auch allgemeinpaumldagogische Aspekte wie Arbeitsverhalten Motivation Konzentration etc in den Fokus genommen werden Wesentliche Aspekte fuumlr die Be-obachtung finden sich in den Bildungsstandards oder den Kerncurricula der einzelnen

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Bundeslaumlnder Durch eine tabellarische Auflistung laumlsst sich sicherstellen dass diese Merkmale zur Beurteilung tatsaumlchlich herangezogen werden und die Beobachtungen uumlber vage Eindruumlcke hinausgehen Auszligerdem besteht dadurch die Moumlglichkeit die gemachten Beobachtungen in einer Codierung (z B ++ + 0 - --) schuumllerspezifisch festzuhalten und so einen Uumlberblick zu gewinnen Hilfreich kann sein regelmaumlszligig fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller die entsprechende Tabelle auszufuumlllen und so sicherzu-stellen dass alle wesentlichen Aspekte in den Blick genommen werden

Die nachfolgende Abbildung zeigt ein Beispiel fuumlr einen Beobachtungsbogen der die Anforderungen des niedersaumlchsischen Kerncurriculums (NKM 2006 S 34) umfasst

Es gibt eine Fuumllle von fertigen Beobachtungsboumlgen die sich jedoch deutlich in ihren Anspruumlchen unterscheiden So gibt es welche die im Fokus mathematische Fertig-keiten haben (vgl GS Hude-Suumld 2006 S 3) Andere binden daneben auch prozess-bezogene Kompetenzen ein (vgl SundermannSelter 2006 S 122) Zur Entwicklung solcher fachbezogenen Beobachtungsboumlgen fordern Sundermann und Selter dass sie bdquonicht fertig uumlbernommen sondern hellip vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen kritisch diskutiert und hellip modifiziert werdenldquo (SundermannSelter 2006 S 123)

Der Umgang mit Beobachtungsboumlgen eroumlffnet die Moumlglichkeit einen Uumlberblick uumlber die Kompetenzentwicklung des einzelnen Kindes zu erhalten und zwar auszligerhalb von Pruumlfungssituationen Nicht leicht ist es im Unterrichtsalltag den Uumlberblick bei der Beobachtung zu behalten Dabei besteht die Schwierigkeit dass gerade stille Kinder uumlbersehen werden Um dieser Gefahr vorzubeugen schlagen Sundermann und Selter alternativ den Einsatz einer Beobachtungskarte fuumlr jedes Kind vor die neben allge-meinen Informationen uumlber das Kind eine tabellarische Checkliste enthaumllt in der die individuellen Beobachtungen festgehalten werden

26 Eigenproduktionen

Neben der durch eine Checkliste kontrollierten Beobachtung koumlnnen von den Kindern im Unterricht angefertigte Eigenproduktionen zur Einschaumltzung ihrer Kompetenzen und des Bedarfs an zusaumltzlichen Herausforderungen herangezogen werden Anlass zum Erstellen koumlnnen beispielsweise Sachprobleme oder Aufgabenserien sein die in-nermathematische Besonderheiten enthalten Sundermann und Selter unterscheiden zwischen bdquoErfindungen Aufgaben selbst erfinden hellip Rechenwege Aufgaben mit ei-

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Name des Kindes

Math Begriffs- und Operati-onsver-staumlndnis

Schnelle Verfuumlg-barkeit von Kenntnis-sen

Sicher-heit im Ausfuumlh-ren von Fertig-keiten

Ein-bringen kreativer Ideen

Schluumlssig-keit der Loumlsungs-wege und Uumlberle-gungen

Flexibili-taumlt und Proble-mange-messen-heit

Richtig-keit von (Teil-) Ergebnis-sen

muumlnd-liche und schrift-liche Darstel-lungsfauml-higkeit

Zielge-richtete und Aus-dauer

Math Koopera-tionsfauml-higkeit

Transfer-faumlhigkeit

Lebens-weltliche Anwen-dungsfauml-higkeit

konstruk-tiver Um-gang mit Fehlern

Umgang mit didakt Material und techn Hilfsmit-teln

Aische

Arvid

Hannah

Paul

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genen Vorgehensweisen bearbeiten hellip Forscheraufgaben Auffaumllligkeiten beschrei-ben und begruumlnden hellip Ruumlckschau und Ausblick uumlber das Lehren und Lernen schrei-benldquo (SundermannSelter 2006 S 125 Hervorhebungen im Original) Die Analyse dieser Eigenproduktionen liefert Aufschluumlsse uumlber das Denken der Kinder und ihre Vorstellungen Neben prozessbezogenen Kompetenzen lassen sich anhand der durch-gefuumlhrten Berechnungen auch Rechenkompetenzen erkennen

Eine spezielle Form dieser Eigenproduktionen stellen die Lerntagebuumlcher nach Gallin und Ruf (1998) dar in denen Lernende ihre Gedanken beim Erschlieszligen eines neuen Sachverhalts verschriftlichen In diesem bdquoReisetagebuch geht es nicht primaumlr um ir-gendwelche Rechnungen die moumlglichst richtig geloumlst werden sollen sondern darum dass die Schuumllerinnen und Schuumller sich in eigenen Worten zu der Arbeit am Thema aumlussernldquo (Gallin 1999 S5) Diese Eigenproduktionen liefern eine Fuumllle an Moumlglich-keiten Ruumlckschluumlsse uumlber das Denken der Kinder zu ziehen und so geeignete Heraus-forderungen fuumlr diese Kinder bereitzustellen

Dieses Vorgehen basiert auf einer Wuumlrdigung der geleisteten Arbeit durch die Lehr-kraft indem sie mit dem Kind uumlber seine gewonnenen Erkenntnisse spricht und es so weiter motiviert Auch die nicht nur punktuelle Erhebung sondern die Erfassung der Entwicklung von Kompetenzen zeichnet dieses Vorgehen aus Waumlhrend Kinder die Ei-genproduktionen anfertigen entstehen fuumlr die Lehrkraft Freiraumlume sich mit einzelnen Kindern intensiv zu beschaumlftigen Die Sichtung der Ergebnisse der Lerntagebucheintra-gungen erfordert Zeit und ein diagnostisches Gespuumlr zum Erkennen der manifestierten Vorstellungen und Konzepte

27 Integriertes Modell

Anhand schriftlicher Standortbestimmungen in Form von informellen Tests wird ein Uumlberblick uumlber den Kompetenzstand aller Kinder einer Klasse gewonnen Der Test sollte dabei so angelegt sein dass eine Auswertung mit geringem zeitlichen Aufwand moumlglich ist er aber trotzdem Indizien dafuumlr liefert ob ein Kind auffaumlllig abweichende Leistungen zeigt und ob es eventuell besondere Schwierigkeiten hat In nachfolgenden individuellen Gespraumlchen mit auffaumlllig gewordenen Kindern werden anhand geeig-neter Fragestellungen und Materialien die spezifischen Schwierigkeiten des Kindes oder seine besondere Leistungsfaumlhigkeit genauer eingegrenzt Fuumlr die so festgestellten Besonderheiten werden nun foumlrderliche Herausforderungen in Form von Einzelauftrauml-gen Gruppenauftraumlgen Klassenauftraumlgen oder Partner- und Gruppenspielen fuumlr die Kinder bereitgestellt die an die Ergebnisse des Gespraumlchs angepasst werden

Dieses Vorgehen soll am Beispiel eines Kindes das in einem schriftlichen Test auffaumlllig wurde illustriert werden

Maria1 ist ein achtjaumlhriges Maumldchen am Ende des zweiten Schuljahres Im schriftlichen Test zeigte sie Auffaumllligkeiten bei der Bearbeitung von Groumlszligen hier Geldwerten Die Aufgabenstellungen stammten aus dem Diagnosebegleiter (Guder et al 2007 a) Sie konnte zunaumlchst mit richtigen Muumlnzwerten den geforderten Geldbetrag darstellen bei der Darstellung durch 1ct Muumlnzen kam sie nicht zum richtigen Ergebnis Ursaumlchlich koumlnnte hier sein dass der Platz fuumlr eine vollstaumlndige Loumlsung mit 1ct Muumlnzen nicht reichte Maria blieb nicht durchgaumlngig bei den zulaumlssigen Muumlnzgroumlszligen und verwen-dete spaumlter Einzelbetraumlge (30 ct) die es nicht als Muumlnze gibt Die Summe betrug aber

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trotzdem 1 euro Maria besitzt also Rechenkompetenzen im Raum bis 100 mit vollen Zehnern und besitzt die Kenntnis dass 1 euro gleich 100 ct sind

Nach der Auswertung des schriftlichen Tests fuumlhrte die Fachkraft ein kurzes Interview Dieses wurde anders als es im Alltag not-wendig waumlre videogra-phiert und transkribiert Maria bekam den Auftrag mit zwei 5 euro-Scheinen und mehreren Muumlnzen in allen Nennwerten von 1 ct bis 2 euro einen Geldbetrag von 10 euro zu legen Dieser Betrag wurde ihr auch als Bild eines 10 euro Scheins praumlsentiert Sie legt daraufhin zwei 5 euro-Scheine

Daran schlieszligt sich folgendes Gespraumlch2 an

I [v] OK Super Kannst Du das auch noch auf eine andere Art

I [nv] Legt die zwei 5euro Scheine zuruumlck

Ma [v] mhm

Ma [nv] Schiebt die Muumlnzen hin und her und

Ma [v] So geht das

Ma [nv] legt anschlieszligend sieben 1 ct und eine 2 ct Muumlnze auf den Tisch

Schiebt die Muumlnzen zusammen

I [v] mhm OK Und sind das 10 euro

Ma [v] ((3s)) Ja ((12s))

Ma [nv] Zaumlhlt die Muumlnzen einzeln nach Dabei tippt sie auf jede 1 ct Muumlnze einzeln und

Ma [v]

Ma [nv] anschlieszligend zweimal auf die 2 ct Muumlnze Holt eine weitere 1 ct Muumlnze dazu die zu-naumlchst herunterfaumlllt und hebt sie wieder auf

I [v] Geht das noch auf eine andere Art

Ma [v] ((55 s))

Ma [nv] Legt alle Muumlnzen und Scheine auseinander dreht sie so dass die Zahlen oben

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Abbildung von Testheft 22A (Guder et al 2007a S 2) copy Ernst Klett Verlag GmbH Eintragungen ergaumlnzt

1 Name geaumlndert2 Das Transkript wurde in Partiturschreibweise mit verbalen und nonverbalen Aumluszligerungen erstellt Dabei stehen gleichzeitige Aumluszligerungen und Handlungen untereinander Die Laumlnge der einzelnen Abschnitte im Transkript sagt dabei nichts uumlber die Laumlnge der Aumluszligerung aus Pausen werden durch Angabe der Laumlnge als in Doppelklammern ein-geschlossene Zeitdauer in Sekunden angegeben Beispiel ((3 s)) bedeutet eine Pause von 3 Sekunden I[v] bedeutet bdquoVerbale Aumluszligerung des Interviewersldquo I[nv] eine bdquononverbale Aumluszligerungldquo bzw Handlung des Interviewers Analoges gilt fuumlr M[v] und M[nv]

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I [v] Das sind 10 euro

Ma [v] ((10s))

Ma [nv] liegen nimmt 5euro 2 x 2 ct und 1 x 1 ct

Tipp einmal auf 5euro je zweimal auf 2 ct und einmal auf 1 ct Nickt

Man kann erkennen dass Maria auf der reinen Zahlenebene die Zahl 10 zerlegen kann Jedoch ist auffaumlllig dass ihr das Verstaumlndnis fuumlr die unterschiedlichen Werte von Euro und von Cent fehlen

Im anschlieszligenden Interviewteil der ihr Verstaumlndnis fuumlr die Geldwerte genauer un-tersucht wird bestaumltigt dass es bei Maria Verwechslungen zwischen der physischen Groumlszlige und dem Wert von Muumlnzen gibt Sie ist jedoch in der Lage die Muumlnzen in ihrer Kaufkraft zu vergleichen und in die richtige Reihenfolge zu bringen

I [v] Kannst Du die in eine Reihe legen Was ist die wert-vollste Muumlnze

I [nv] Legt 2 ct 5 ct 20 ct 50 ct 1 euro und 2 euro unsortiert auf den Tisch

I [v]

Ma [nv] Bringt schnell die ct Muumlnzen in Reihenfolge legt die Euromuumlnzen uumlbereinander und legt sie neben das 50 ct Stuumlck Tauscht 1euro und 50 ct

I [v] Und wofuumlr kannst Du am meisten kaufen

Und am zweit-meisten

Und am

Ma [nv]

Nimmt 2euro aus der Reihe

Nimmt 1 euro

I [v] drittmei-sten

Am viertmei-sten

Und am fuumlnftmei-sten

Gut

Ma [nv]

Nimmt 50 ct

Nimmt 20 ct

Nimmt 5 ct

Auf den spezifischen Foumlrderbedarf von Maria die Geldwerte von Muumlnzen und Geld-scheinen sicher zu kennen sowie Euro und Cent unterscheiden zu lernen wird nun durch geeignete Herausforderungen eingegangen So bieten sich Partnerarbeiten oder Kleingruppenarbeit an in deren Verlauf Maria direkte Ruumlckmeldungen zu ihren Louml-sungsversuchen bekommt Anknuumlpfend an ihre Rechenkenntnisse koumlnnte beispielwei-se folgendes Vorgehen in den beschriebenen Arbeitsformen mit Unterstuumltzung durch die Lehrkraft gewaumlhlt werden

Arbeits-Sozialform Partner- oder Gruppenarbeit (bis 5 Personen)

Zusaumltzliches Material Rechengeldmuumlnzen

Durchfuumlhrung Ein Kind nimmt zwei Muumlnzen in die Hand und addiert ihrenWert Dann legt es die geschlossene Hand mit den Muumlnzen auf den Tischoder auf seinen Schoszlig bdquoIch habe mit zwei Muumlnzen hellip Euro (Cent) in derHand Welche Muumlnzen sind esldquo Wer es herausfindet darf das naumlchste Raumltselstellen

Variation Die Uumlbung mit drei Muumlnzen durchfuumlhren

Abbildung von Karte Gruumln Dreieck 1 (Guder et al 2007c) copy Ernst Klett Verlag GmbH

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

13

Die integrierte Vorgehensweise ermoumlglicht nicht nur die Bestimmung von Defiziten sondern liefert Erkenntnisse uumlber die vorhandenen Kompetenzen und nutzt sie zur Einleitung angemessener individueller Foumlrdermaszlignahmen

Hier besteht die Moumlglichkeit Herausforderungen zu nutzen die es den Kindern ermoumlg-lichen ihre vorhandenen Kompetenzen einzusetzen um die weitergehenden Problem-stellungen zu bearbeiten und so ihre jeweiligen Kompetenzen weiter zu entwickeln

3 Fordern und Foumlrdern

Lernfortschritte und Kompetenzerweiterungen koumlnnen bei allen Kindern unabhaumlngig von ihrem Leistungsstand nur dann gelingen wenn sie mit Anforderungen konfron-tiert werden die noch nicht verfuumlgbare Kompetenzen zur Bewaumlltigung erfordern sie also Faumlhigkeiten entwickeln muumlssen die ihren gegenwaumlrtigen Kenntnisstand uumlbersteigen Insofern sind Foumlrderung und Forderung nur zwei Facetten der glei-chen Idee und stellen eine Herausforderung an die Kinder und ihre gegenwaumlrtigen Kompetenzen dar Dabei muss jedoch darauf geachtet werden dass die vorhan-denen Kompetenzen zur Bewaumlltigung der Herausforderungen nur in einem Maszlige uumlberschritten werden das nicht zu einer Uumlberforderung fuumlhrt Allerdings darf dies nicht dazu fuumlhren dass die Probleme in kleine und kleinste Schritte zerlegt werden so dass die Kinder quasi bdquoam Nasenringldquo durch das Problemfeld gefuumlhrt werden Ziel ist es vielmehr dass sie Grundvorstellungen selbst entwickeln erweitern und in groumlszligere Sinnzusammenhaumlnge stellen Unterschiede zwischen Fordern und Foumlr-dern bestehen daher hauptsaumlchlich in graduellen Abweichungen im Anspruch der individuellen Herausforderungen Diese lassen sich durch Differenzierung realisie-ren Auch wenn die Prinzipien der Differenzierung noch keine Lernerfolge garan-tieren zeigen bdquoErfahrungsberichte aus Skandinavien und aus Leuchtturmschulen in Deutschland hellip dass adaptiver Unterricht funktionieren kannldquo (Helmke 2009 S 258 Hervorhebung im Original) Differenzierung bietet somit Chancen angemessen auf individuelle Schwierigkeiten zu reagieren Dazu lassen sich fuumlr die Grundschule zwei Hauptformen unterscheiden Zum einen gibt es die aumluszligere Differenzierung bei der die Klassen in Gruppen verschiedener Kompetenzstufen unterteilt und angepasst an die Kompetenzstufen unterrichtet werden Diese Form besitzt in der Grundschule eher randstaumlndige Bedeutung und erfolgt houmlchstens in zusaumltzlichen Foumlrderstunden Zum anderen gibt es die im Grundschulunterricht meist praktizierte innere Diffe-renzierung bei der innerhalb eines Klassenverbandes Kindern unterschiedliche Auf-gabenstellungen und Auftraumlge gegeben werden die an ihre Kompetenz angepasst sind und die meist mit Attributen wie leicht mittel und schwer belegt sind oder es gibt einheitliche Lernangebote die auf unterschiedlichen Niveaus bearbeitet werden koumlnnen Diese Lernangebote im Rahmen der so genannten natuumlrlichen Differen-zierung enthalten nach Krauthausen und Scherer eine einheitliche uumlbergeordnete Problemstellung die inhaltlich hinreichend komplex ist und fachlich wohluumlberlegt so gerahmt ist dass sie Fragestellungen unterschiedlicher Schwierigkeit bietet Hier-bei haben die Kinder die Freiheit ihre eigenen Vorgehensweisen auszuwaumlhlen und eigene Hilfsmittel zu nutzen Daneben ist die Kommunikation uumlber die gewaumlhlten Loumlsungswege integraler Bestandteil sodass die Kinder mit alternativen Sichtweisen konfrontiert werden und sie ihr Methodenrepertoire erweitern koumlnnen Neben der Erweiterung ihrer Kompetenzen wird hier auch die Entwicklung einer realistischen Selbsteinschaumltzung gefoumlrdert (vgl KrauthausenScherer 2010 S 5 - 6) Um dies zu

3Fordern und Foumlrdern

14

gewaumlhrleisten muumlssen Kinder auch aufgefordert werden nicht immer nur den ein-fachsten Weg zu waumlhlen sondern sich auch anspruchsvollere Aspekte der Problem-stellung vorzunehmen

Im Folgenden sollen zwei Ansaumltze von Wittmann sowie von Foumlrster und Grohmann vorgestellt werden die eine natuumlrliche Differenzierung ermoumlglichen Wittmann konzi-piert sogenannte Substanzielle Lernumgebungen und Foumlrster und Grohmann entwi-ckeln diese zu einem Konzept zur Planung von einzelnen Unterrichts(doppel)stunden weiter fuumlr die natuumlrlich differenzierende Aufgabenstellungen entworfen werden die allen Kindern Kompetenzerweiterungen ermoumlglichen

31 Substanzielle Lernumgebungen

Um Lernprozesse und Kompetenzerweiterungen bei Kindern anzustoszligen und da-mit letztendlich Lernerfolge moumlglich zu machen schlaumlgt Wittmann sogenannte Sub-stanziellen Lernumgebungen vor fuumlr die er Folgendes fordert

1 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen zentrale Ziele Inhalte und Prinzipien des Mathematikunterrichts repraumlsentieren

2 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen reiche Moumlglichkeiten fuumlr mathematische Aktivitaumlten von Schuumllerlnnen bieten

3 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen flexibel sein und leicht an die speziellen Gegebenheiten einer bestimmten Klasse angepasst werden koumlnnen

4 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen mathematische psychologische und paumldagogische Aspekte des Lehrens und Lernens in einer ganzheitlichen Weise integrieren und daher ein weites Potential fuumlr empirische Forschungen bieten (Wittmann 1998 S 337-338)

Die Aufgabenstellungen und Herausforderungen in Substanziellen Lernumgebungen sollten sich in diesem Sinne also mit grundlegenden Themen des Mathematikunter-richts beschaumlftigen Eine Auseinandersetzung mit sehr engen Aufgabenstellungen oder Einzelfaumlllen ist nur dann angebracht wenn sich daran uumlber den Einzelfall hinausge-hende allgemeine Erkenntnisse gewinnen lassen

Daruumlber hinaus ist es wesentlich dass die Auseinandersetzung mit der Aufgabenstel-lung auf verschiedene Arten erfolgen kann und somit der groszligen Heterogenitaumlt der Kinder in einer Klasse genuumlgt Auszligerdem muumlssen die verschiedenen mathematischen Aktivitaumlten Erkenntnisse uumlber mathematisches Vorgehen ermoumlglichen um neue Ope-rationen anzubahnen oder bereits bekannte zu festigen Durch probierendes Untersu-chen von Zusammenhaumlngen werden bei leistungsschwachen Kindern die Grundfertig-keiten geuumlbt und bei leistungsstaumlrkeren Kindern Erkenntnisse ermoumlglicht die uumlber die Einzelfaumllle hinausgehen

Die geforderte Flexibilitaumlt ist ein weiterer wesentlicher Aspekt da unterschiedliche Gruppen von Lernenden unterschiedliche Beduumlrfnisse haben Auch muumlssen die Anfor-derungen und ihre Praumlsentationen so gewaumlhlt sein dass sie an verschiedene Anspruumlche angepasst werden koumlnnen und im Idealfall in verschiedenen Jahrgangsstufen mit ver-aumlnderten Grundannahmen eingesetzt werden koumlnnen

Die vierte Forderung ist evident da Lernumgebungen die diese Forderungen verlet-zen entweder nicht zum Lernen von Mathematik oder nicht zum Lernen von Mathe-matik geeignet sind

3Fordern und Foumlrdern

15

Der letzte Nachsatz der vierten Forderung ist nur eine Folgerung aus dem vorherge-henden da derartig gestaltete Lernumgebungen durch die unterschiedlichen Heran-gehensweisen selbstverstaumlndlich das Potential bieten diese qualitativ oder quantitativ zu erfassen und empirische Kategorienbildung ermoumlglichen Die Analyse eroumlffnet Er-kenntnisse uumlber das Potential von Aufgaben die geforderten Kompetenzen und die Herangehensweise der Kinder die sie bearbeitet haben Die Aufgaben besitzen also auch diagnostisches Potential

Das Konzept soll am Beispiel Rechenraupen erlaumlutert werden das auf eine von Stein-bring (1995 1997) beschriebene Uumlbungsform zuruumlckgeht

In einer Rechenraupe wird wie folgt gerechnet

In das letzte Koumlrperglied wird die Startzahl (im Beispiel die 2) geschrieben

Die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der Startzahl plus der Additionszahl (hier die 3) die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der zweiten auch durch Addition von 3 Alle wei-teren Koumlrperzahlen werden genauso berechnet

Um die Zielzahl im Kopf einer Rechenraupe auszurechnen werden alle Zahlen im Koumlr-per addiert

Dieses Aufgabenformat repraumlsentiert als zentrale Ideen der Mathematik

middot arithmetische Folgen und Reihen middot Rekursionen middot Summenberechnung fuumlr arithmetische Folgen

middot Addition und als Umkehrung die Subtraktion

middot Multiplikation und als Umkehrung die Division

middot funktionale Zusammenhaumlnge Bei gegebener Startzahl und Additionszahl sind die mathematischen Aktivitaumlten zunaumlchst beschraumlnkt gibt man hier jedoch beispielswei-se zwei Koumlrperzahlen vor so muss durch Dif-ferenzbildung und Division die Additionszahl bestimmt werden Durch Vorgabe der Zielzahl und durch die Suche nach Start- und Additi-onszahl wird durch systematisches Probieren eine Vielzahl an Additionen durchgefuumlhrt und die Rechenfertigkeit geuumlbt Gerade die Suche nach verschiedenen Moumlglichkeiten eine be-stimmte Zielzahl zu erreichen beruumlcksichtigt das Prinzip des entdeckenden problem-loumlsenden Lernens denn jedes Kind kann seinen Weg zur Loumlsung des Problems selbst waumlhlen Weitere Variationsmoumlglichkeiten dieser Lernumgebung finden sich bei Stein-bring (1995 1997) Das Aufgabenformat zeigt dass es mithilfe der Variationen an die

3Fordern und Foumlrdern

a) Versucht die Startzahl und die Addi-tionszahl so zu waumlhlen dass ihr moumlg-lichst nah an die Zielzahl 50 kommt

b) Versucht mehrere Loumlsungen fuumlr die Zielzahl 50 zu finden

c) Schaut euch alle eure Zielzahlen an Was stellt ihr fest

d) Kann man auch die Zielzahl 66 treffen

e) Bestimmt fuumlr die Zahlen oben die Ad-ditionszahl die Startzahl und die Zielzahl

16

Beduumlrfnisse einer Lerngruppe angepasst werden kann und verschiedene Ziele verfolgt werden koumlnnen

Eine Fuumllle von weiteren Beispielen derartiger Substanzieller Lernumgebungen findet sich in den Veroumlffentlichungen des Projekts bdquomathe 2000ldquo insbesondere in den Hand-buumlchern Produktiver Rechenuumlbungen von Gerhard N Muumlller und Erich Ch Wittmann (1992 1993) Weitere Quellen sind die Lernumgebungen von Nuumlhrenboumlrger und Pust (2006) sowie die Lernumgebungen fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte von Hen-gartner et al (2006) und von Hirt und Waumllti (2008)

32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung

Will man als Lehrkraft nicht nur auf bereits vorliegende Lernumgebungen zuruumlckgrei-fen sondern selbst geeignete Umgebungen generieren so bietet sich das Konzept von Foumlrster und Grohmann an Sie entwickelten ein Konzept zur Aufgabenoumlffnung ur-spruumlnglich zur Begabungsfoumlrderung zeigen dabei aber auch das Potential auf das ihr Vorgehen zur Foumlrderung aller Kinder innerhalb des alltaumlglichen Mathematikunterrichts besitzt Sie machen dabei folgende Grundannahmen zum mathematischen Gehalt die denen von Wittmann fuumlr seine Substanziellen Lernumgebungen aumlhneln Im Einzelnen fordern sie dass bdquodie Offenheit in der Wahl der Hilfsmittel der Loumlsungswege und der Ergebnisdarstellung hellip das Loumlsen der Ausgangsaufgabe und weiterer Anschlusspro-bleme Eigenproduktionen der Kinderldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) erlaubt bzw foumlrdert und dass bdquodie reichhaltige mathematische Substanz und inhaltliche Offenheit der Ausgangsaufgabe hellip vielfaumlltige Moumlglichkeiten zum Mathematiktreibenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) bietet

Diesen Forderungen stellen Foumlrster und Grohmann die beiden folgenden weniger auf den mathematischen Gehalt als auf das Wecken von Interesse und die Verstaumlndlichkeit der Aufgabenstellung gerichteten Kriterien voran naumlmlich dass bdquoder jeweilige Inhalt einer (Ausgangs-)Aufgabe hellip Neugier und Interesse hellip weckenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) soll und dass die bdquoAusgangsaufgabe hellip leicht verstaumlndlich [ist] sodass alle Kinder die Chance haben sich mit der Aufgabe erfolgreich auseinanderzusetzenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) Neben der Erfuumlllung dieser Bedingungen sollen die Aufgabensequenzen die durch Oumlffnung entstehen so entwickelt werden dass sie in einer Unterrichtsstunde bearbeitet werden koumlnnen Ziel dieser Aufgabenstellungen ist das Uumlben Die Oumlffnung ermoumlglicht aber auch dass andere Kinder bei der Bearbeitung weitergehende Erkenntnisse gewinnen und ihre Kompetenzen erweitern koumlnnen

Als Ausgangspunkte der Oumlffnung schlagen Foumlrster und Grohmann zum einen ge-schlossene Aufgaben aus Schulbuumlchern vor deren curriculare Anbindung in der Regel gegeben ist und zum anderen bdquoKnobel-ldquo oder Problemaufgaben Stammen letztere nicht aus Schulbuumlchern so sollte zunaumlchst die curriculare Einbindung geklaumlrt werden

Foumlrster und Grohmann schlagen zur Gewinnung folgendes Vorgehen vor

Vorgehensweisen fuumlr das Erstellen geoumlffneter AufgabensequenzenAusgangspunkt

Geschlossene Aufgaben(z B aus Schulbuumlchern)

AusgangspunktbdquoKnobelldquo- bzw Problemaufgaben(z B aus Aufgabensammlungen)

a) Analyse des mathematischen Gehalts der uumlber den Uumlbungseffekt hinausweist bzw hinauswei-sen kann

a) Analyse der Moumlglichkeiten curricularer Einbindung auf Grundlage verschiedener Loumlsungswege

3Fordern und Foumlrdern

17

b) Formulierung einer (meist) geoumlffneten Pro-blemstellung die neben dem Uumlbungsgehalt auch den Zugang zum mathematischen Gehalt (implizit) anregt

b) Analyse des Uumlbungspotenzials bei probierender Bearbeitung des Loumlsungsprozesses und der mathematischen Struktur der Aufgabe

c) Analyse weiterer moumlgl auch andersartiger Loumlsungsmoumlglichkeiten fuumlr die Kinder

d) Ausweitung der Fragestellung d h weitere moumlgl viele Fragen finden mit unterschiedlichen Bedin-gungen (Vorrausetzungen Einschraumlnkungen ) fuumlr die Problemstellung

e) Zusammenfassen aller Fragen in (moumlglichst) einer einzigen Fragestellung

f) Ein leichtes Ausgangsproblem wird erstellt dessen Bearbeitungszeit fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuuml-ler ungefaumlhr gleich ist ggf Verstaumlndnisfragen klaumlrt und zu probierenden Ansaumltzen anregt

g) Moumlgliche offenegeoumlffnete Anschlussfragen werden konzipiert

(FoumlrsterGrohmann 2010 S 114 Hervorhebungen aus dem Original)

Das folgende Aufgabenpaumlckchen aus dem Uumlbungsheft zu Welt der Zahl 4 dient als Ausgang fuumlr die Oumlffnung einer bdquogeschlossene Aufgabeldquo

Abbildung aus RinkensHoumlnisch 2006 S 29 copy Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schoumlningh Winklers GmbH

Ziel und mathematischer Gehalt (a) dieser Aufgabe ist originaumlr das Uumlben schriftlicher Multiplikation vier- bis fuumlnfstelliger Faktoren mit einem einstelligen zweiten Faktor so-wie das Sortieren fuumlnfstelliger Zahlen der Groumlszlige nach Daruumlber hinaus koumlnnte man in eine solche Uumlbung auch noch den Einfluss der Stellen an denen Ziffern stehen auf die Groumlszlige der Ergebnisse mit untersuchen

Als geoumlffnete Problemstellung (b) bietet sich hier an nicht mit willkuumlrlich vorgege-benen Zahlen zu hantieren sondern die Kinder erkunden zu lassen bei welcher Anord-nung von gegebenen Ziffern das Ergebnis am groumlszligten wird Eine entsprechende offene Fragestellung koumlnnte dann folgende sein

Ihr habt fuumlnf Ziffernkaumlrtchen mit den Ziffern 2 3 4 7 und 9 zur Verfuumlgung Daraus bildet Ihr eine vierstellige Zahl und multipliziert sie mit der fuumlnften Zahl Bestimmt das groumlszligte Produkt

Um diese Aufgabenstellung zu bearbeiten koumlnnten die Kinder unter anderem folgende Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) waumlhlen Sie koumlnnten systematisch probierend herangehen Es koumlnnten aber auch Kinder auf die Idee kommen dass das Produkt am groumlszligten wird wenn aus den Ziffern fuumlr den ersten Faktor die groumlszligte moumlgliche Zahl gebildet wird wenn also die vier Ziffern des ersten Faktors der Groumlszlige nach von groszlig nach klein sor-tiert sind Die Kinder muumlssten dann nur noch die fuumlnf Wahlmoumlglichkeiten der Ziffern fuumlr den zweiten Faktor uumlberpruumlfen

3Fordern und Foumlrdern

18

Als moumlgliche weitere Fragen (d) koumlnnte man untersuchen wie groszlig die Aumlnderungen im Ergebnis sind wenn man zwei der vorhandenen Ziffern gegeneinander tauscht und welche Gesetzmaumlszligigkeiten dabei auftreten oder welches das groumlszligte Ergebnis ist wenn man die Vorgabe vierstellige und einstellige Faktoren wegfallen laumlsst und auch die Multiplikation eines dreistelligen mit einem zweistelligen Faktor zulaumlsst

Als zentrale einzige Fragestellung (e) bietet sich hier der anfaumlnglich bereits formu-lierte Erkundungsauftrag nach dem groumlszligtmoumlglichen (kleinstmoumlglichen) Ergebnis bei der Multiplikation von einem vierstelligen und einem einstelligen Faktor an Werden die Kinder dabei auch aufgefordert Vermutungen anzustellen zu uumlberpruumlfen und ge-gebenenfalls zu begruumlnden so werden durch diese Fragestellung neben der Uumlbung des schriftlichen Multiplizierens auch prozessbezogene Kompetenzen in verschiedenen Anforderungsniveaus gefordert

Als leichtes Ausgangsproblem (f) das von allen Kindern mit vergleichbarem Aufwand bearbeitet werden kann soll eine Aufgabe dienen die den Fokus auf den Groumlszligen-vergleich verschiedener Multiplikationsaufgaben aus Zahlen mit permutierten Ziffern lenkt

Als geoumlffneteoffene Anschlussfragen (g) die Erkenntnisse uumlber das Uumlben der schrift-lichen Multiplikation hinaus ermoumlglichen bietet es sich an tatsaumlchlich die oben ge-nannten Erweiterungen der Fragestellung auf quantitative Auswirkungen von Ziffern-vertauschungen oder die Untersuchung von Aufgaben mit zwei- und dreistelligen Faktoren zu waumlhlen

Aus diesen Analysen laumlsst sich dann folgende Aufgabensequenz konstruieren

a) Nehmt vier verschiedene Ziffern und bildet daraus eine vierstellige Zahl Nehmt eine fuumlnfte Ziffer und multipliziert die vierstellige Zahl schriftlich damit Bildet aus den fuumlnf Ziffern drei weitere Multiplikationsaufgaben Sortiert die Ergebnisse der Groumlszlige nach

b) Nehmt eine der Aufgaben und vertauscht in der vierstelligen Zahl zwei der vorhandenen Ziffern Multipliziert nun Vergleicht die Ergebnisse Vermutet wann das Ergebnis groumlszliger wird Schreibt eure Vermutung auf und uumlberpruumlft sie

c) Nehmt wieder fuumlnf verschiedene Ziffern und sucht die Multiplikationsaufgabe einer vierstelligen mit einer einstelligen Zahl aus diesen Ziffern mit dem groumlszligten Ergebnis

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer geschlossenen Schulbuchaufgabe Diese Auf-gabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die nebenstehende Knobelaufgabe von Renate Rasch (2003 S 97) dient als Aus-gangspunkt zur Entwicklung einer geoumlff-neten Aufgabensequenz

Curricular (a) laumlsst sich diese Aufgabe ei-nerseits bei den prozessbezogenen Kompe-tenzen insbesondere beim Problemloumlsen einordnen Inhaltlich kann diese Aufgabe zur Leitidee bdquoZahlen und Operationenldquo Kompetenzbereich bdquoRechenoperationen verste-hen und beherrschenldquo und zur Leitidee bdquoMuster und Strukturenldquo Kompetenzbereich bdquoGesetzmaumlszligigkeiten erkennen beschreiben und darstellenldquo zugeordnet werden Je

9 Geschichte Quicki las in einer Woche ein Buch von 133 Seiten

Am Montag las sie einige Seiten und von da ab jeden Tag 5 Seiten mehr als am Tag davor Am Sonntag wurde sie fertig

Wie viele Seiten las sie am Montag

3Fordern und Foumlrdern

19

nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

3Fordern und Foumlrdern

20

auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

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Winter H (1997) Problemorientierung des Sachrechnens in der Primarstufe als Moumlglichkeit entde-ckendes Lernen zu foumlrdern In P Bardy (Hg) Mathematische und mathematikdidaktische Ausbil-dung von Grundschullehrerinnen-lehrern (S 57-92) Weinheim Deutscher Studienverlag

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Wittm ann E Ch amp Muumlller G N (1992) Handbuch produktiver Rechenuumlbungen Bd 2 Vom halbschrift-lichen zum schriftlichen Rechnen Stuttgart Duumlsseldorf Berlin Leipzig Klett

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Zentru m fuumlr Empirische Paumldagogische Forschung VERA httpwww uni-landaudeveraindexhtm (zuletzt aufgerufen 13082011)

5Literatur

Ministeriumfuumlr Bildung und Kultur

des Landes Schleswig-Holstein

Partner des Programm

s SINU

S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

Programmkoordination fuumlr die Laumlnder durch dasMinisterium fuumlr Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBK)Dr Kai Niemannwwwschleswig-holsteindeMBKDEMBK_nodehtml

Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

2

Impressum

Klaus-Ulrich GuderMathematische Kompetenzen erheben foumlrdern und herausfordern

Publikation des Programms SINUS an GrundschulenProgrammtraumlger Leibniz-Institut fuumlr die Paumldagogik

der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) an der Universitaumlt KielOlshausenstraszlige 6224118 Kiel

wwwsinus-an-grundschulendecopy IPN Dez 2011

Projektleitung Prof Dr Olaf KoumlllerProjektkoordination Dr Claudia FischerRedaktion u Realisation dieser Publikation Brigitte Dedekind Verena HaneKontaktadresse infosinus-grundschulede

ISBN 978-3-89088-216-1

Nutzungsbedingungen

Das Kieler Leibniz-Institut fuumlr die Paumldagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) ge-waumlhrt als Traumlger der SINUS-Programme ein nicht exklusives nicht uumlbertragbares persoumlnliches und beschraumlnktes Recht auf Nutzung dieses Dokuments Dieses Dokument ist ausschlieszliglich fuumlr den persoumln-lichen nicht-kommerziellen Gebrauch bestimmt Die Nutzung stellt keine Uumlbertragung des Eigentums-rechts an diesem Dokument dar und gilt vorbehalt-lich der folgenden Einschraumlnkungen Auf saumlmtlichen Kopien dieses Dokuments muumlssen alle Urheber-rechtshinweise und sonstigen Hinweise auf gesetz-lichen Schutz beibehalten werden Sie duumlrfen dieses Dokument nicht in irgendeiner Weise abaumlndern noch duumlrfen Sie dieses Dokument fuumlr oumlffentliche oder kommerzielle Zwecke vervielfaumlltigen vertrei-ben oder anderweitig nutzen Mit der Verwendung dieses Dokuments erkennen Sie die Nutzungsbedin-gungen an

Inhaltsverzeichnis

1 Einfuumlhrung 32 Moumlglichkeiten der Diagnostik 4

21 Produkte und Prozesse 422 Standardisierte Tests 523 Informelle schriftliche Testverfahren 724 Interviews und diagnostische Gespraumlche 825 Beobachtungen 826 Eigenproduktionen 927 Integriertes Modell 10

3 Fordern und Foumlrdern 1331 Substanzielle Lernumgebungen 1432 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung 16

4 Schlussbemerkung 205 Literatur 21

3

Mathematische Kompetenzen erheben foumlrdern und herausfordern

1 Einfuumlhrung

bdquoIch habe gar keine Kinder es geht viel mehr um meinen Neffen Er will staumlndig rech-nen ohne Taschenrechner Er ist 5 12 Jahre alt Er zaumlhlt im Zahlenraum von 0-10000 (er zaumlhlt seit er 1 12 ist) und ich muss ih[m] staumlndig [A]ufgaben aufschreiben und er rechnet diese schriftlich Findet ihr[] das[s] das normal istldquo

Diese Frage einer besorgten Tante in einem Forum zu Mathematischer Begabung ( httpwwwmysnipdeforum-archivthema3336143108Mathematische+Begabunghtml ) macht deutlich dass es bereits vor der Einschulung groszlige Kompetenz- und Entwick-lungsunterschiede von Kindern gibt Wie Lorenz (2000 S 22) feststellt liegt die Ent-wicklungsvarianz bei Kindern im Grundschulalter bei bis zu fuumlnf Jahren Diese groszligen Differenzen stellen immense Herausforderungen an die Lehrkraumlfte und erfordern ei-nen Unterricht der die differenzierten Erkenntnisse uumlber die Kompetenzen der Kinder beruumlcksichtigt Aufgabenstellungen und Arbeitsauftraumlge muumlssen passend sein Die Anforderungen an die Kinder duumlrfen einerseits keine Uumlberforderungen darstellen an-dererseits sollten sie uumlber den gegenwaumlrtigen Kompetenzstand hinaus angemessene Herausforderungen bieten Diese Anpassung an die individuellen Kompetenzen muss fuumlr alle Kinder geleistet werden

Wie im Folgenden noch detailliert ausgefuumlhrt wird sind Foumlrderung und Herausforde-rungen zwei Seiten einer Medaille da angepasste Foumlrderung immer eine Herausforde-rung an die bestehenden Kompetenzen darstellt Sowohl bei den Leistungsstarken als auch bei den Kindern mit geringen Leistungen muss Foumlrderung eine Weiterentwick-lung ermoumlglichen und sie in die individuelle Zone der naumlchsten Entwicklung bringen Was eine passende Herausforderung ist haumlngt also vom Individuum ab Eine Moumlglich-keit entsprechende Anforderungen zu stellen besteht in der natuumlrlichen Differenzie-rung und den eng damit verbundenen Substanziellen Lernumgebungen die durch ihre Komplexitaumlt Bearbeitungen auf verschiedenen Niveaus ermoumlglichen Kinder benoumlti-gen Ruumlckmeldungen uumlber ihre Lernerfolge damit sie tatsaumlchlich die fuumlr sie passenden und sie weiter bringenden Probleme bearbeiten Auch dazu ist wie an spaumlterer Stelle eroumlrtert wird eine Kompetenzdiagnostik mit geeigneten Instrumenten zur Erfassung vom Kenntnisstand des Kindes notwendig Um der Gefahr der Selbstuumlber- oder -un-terschaumltzung der Kinder bei der Entscheidung fuumlr ein Niveau vorzubeugen muss die Lehrkraft uumlber die Kompetenzen der Kinder informiert sein und gegebenenfalls steu-ernd eingreifen So wird die realistische Selbsteinschaumltzung der Kinder unterstuumltzt und sicher gestellt dass tatsaumlchlich kognitive Weiterentwicklung initiiert wird

Klaus-Ulrich Guder

4

Sowohl fuumlr die Bestimmung als auch fuumlr die Herausforderung von Kompetenzen sind geeignete Anforderungen und Aufgaben fuumlr die Kinder notwendig Dabei sind zu-naumlchst zwei Typen von Aufgaben zum Leisten und zum Lernen zu unterscheiden Die Aufgaben zum Leisten dienen dazu die Kompetenzen der Kinder fuumlr sie selbst und fuumlr andere speziell fuumlr die Lehrkraft erfahrbar zu machen Sie bieten dadurch dem Kind die Chance seine eigenen Kompetenzen angemessen einzuschaumltzen und der Lehrkraft Moumlglichkeiten angemessene Leistungsurteile abzugeben und ruumlckzumelden Auf-gaben zum Lernen dienen dazu den Kompetenzstand zu erweitern und zu sichern Fuumlr die Lehrkraft koumlnnen sie auch als Hilfsmittel zur Beobachtung von Lernprozessen dienen Beide Aufgabentypen liefern daher Moumlglichkeiten zur Kompetenzfeststellung (vgl BuumlchterLeuders 2005 S 12)

Neben diesem auf das Individuum ausgerichteten Blick kann und soll eine Kompetenz-diagnostik auch Ruumlckschluumlsse uumlber den Unterricht zulassen die der Reflexion des ei-genen unterrichtlichen Handelns dienen und zur Verbesserung und Weiterentwicklung der Unterrichtsqualitaumlt genutzt werden koumlnnen

Im Folgenden sollen verschiedene Moumlglichkeiten zur Diagnostik genauer beleuchtet und in ihrer Funktion eingeordnet werden Anschlieszligend wird ein Konzept zur indivi-duellen Foumlrderung vorgestellt und es werden Moumlglichkeiten zur Herausforderung aller Kinder im alltaumlglichen Unterricht behandelt

2 Moumlglichkeiten der Diagnostik

21 Produkte und Prozesse

Welche Kompetenzen sollen bei Schuumllerinnen und Schuumllern durch Diagnostik uumlber-haupt erfasst werden Eine Antwort darauf geben die Bildungsstandards (KMK 2005 S 6-7) die die Unterscheidung zwischen bdquoAllgemeinen mathematische Kompetenzenldquo und bdquoInhaltsbezogenen mathematische Kompetenzenldquo vornehmen Hierbei lassen sich zu den inhaltsbezogenen Leitideen (Zahlen und Operationen Raum und Form Muster und Strukturen Groumlszligen und Messen und Daten Haumlufigkeit und Wahrscheinlichkeit) in der Regel deutlich leichter Kriterien formulieren die zeigen ob diese Kompetenzen erreicht sind und sie lassen sich in der Regel oumlkonomischer schriftlich erheben

Die allgemeinen Kompetenzen (Problemloumlsen Argumentieren Modellieren Kom-munizieren und Darstellen) lassen sich dagegen weniger gut erfassen eine Kompe-tenzdiagnostik bleibt hier schwieriger Schriftliche Darstellungen gerade von Grund-schulkindern sind oft schwer verstaumlndlich und beduumlrfen einer aufwaumlndigen Deutung Die Einordnungen muumlndlicher Aumluszligerungen im Unterrichtsgespraumlch in Echtzeit ist an-spruchsvoll und fuumlhrt sehr leicht zu Fehleinschaumltzungen Erschwerend ist dass der ku-mulative Aufbau dieser Kompetenzen in einem laumlngerfristigen Prozess geschieht Die Erfassung kann daher nicht nur punktuell sondern muss zu mehreren Zeitpunkten erfolgen

Neben der Unterscheidung in allgemeine prozessbezogene und inhaltsbezogene Kom-petenzen muss geklaumlrt werden welches Ziel mit der angestrebten Diagnostik verfolgt werden soll Soll die sichere Kenntnis und Beherrschung von Standardverfahren un-tersucht werden oder soll festgestellt werden wie Kinder denken und argumentie-ren und ob sie ein Verfahren beherrschen oder eben auch warum sie es noch nicht beherrschen Benoumltigt werden also Verfahren die sowohl allgemeine Kompetenzen

1Einfuumlhrung

5

und inhaltsgebundene Kompetenzen als auch Leistungen und Denkprozesse erfassen koumlnnen

Neben diesen Abgrenzungen bezuumlglich der betrachteten Kompetenzen muumlssen ver-schiedene diagnostische Grundpositionen unterschieden werden Jordan und vom Hofe (2008 S 4-5) unterscheiden zwei diagnostische Perspektiven bdquoProduktorien-tierte Diagnostikldquo und bdquoProzessorientierte Diagnostikldquo Sie charakterisieren sie in fol-gender Form

bdquoProduktorientierte Diagnostik

Methoden die auf die Erfassung individueller Lernergebnisse (also auf die Produkte) ausgerichtet sind gehoumlren zur sogenannten produktorientierten Diagnostik Der Leh-rer wertet die Ergebnisse aus (meist gemaumlszlig der Pole korrektldquo oder nicht korrektldquo) und kommt zu einer Einordnung der erbrachten Leistung (kannldquo oder kann nichtldquo)ldquo (Jordanv Hofe 2008 S 4)

bdquoProzessorientierte Diagnostik

Zu einer prozessorientierten Diagnostik gehoumlren vor allem Methoden die auf die Er-fassung individueller Lernprozesse ausgerichtet sind Ziel ist es die einem Ergebnis zugrunde liegenden Gedanken eines Schuumllers einer Schuumllerin besser zu verstehen (Warum wird etwas gekonnt oder nicht gekonntldquo) um moumlglichst angemessen auf eine Loumlsung oder Schuumllerantwort reagieren zu koumlnnenldquo (Jordanv Hofe 2008 S 5)

Diese beiden Perspektiven muumlssen unabhaumlngig von den Kompetenzbereichen gesehen werden da sowohl prozessbezogene Kompetenzen als auch inhaltliche Kompetenzen an einem Produkt beurteilt werden koumlnnen So lassen sich beispielsweise geeignete Kriterien formulieren wann eine Argumentation als schluumlssig und uumlberzeugend ge-wertet wird Genauso koumlnnen beide Kompetenzbereiche aus prozessorientierter Per-spektive betrachtet werden und beispielsweise Denkvorgaumlnge bei der Bearbeitung von Standardaufgaben rekonstruiert und in ihrem sachlogischen Aufbau oder ihrer kogni-tiven Struktur beschrieben werden

In diesen beiden Prinzipien spiegeln sich auch die Funktionen in denen sich Schule und Lehrkraft bei der Diagnostik befinden wieder Sie dient zum einen als Steuerungs-instrument das Entscheidungen uumlber Schullaufbahnen von Kindern rechtfertigt und zum anderen als Entwicklungsinstrument das die Kompetenzen des einzelnen Kindes als Ausgangspunkt fuumlr eine passende Unterstuumltzung erfasst um sie weiter zu entwi-ckeln (vgl Grundschulverband 2003 S 2) Diagnostik dient also dazu Informationen zum Lernverhalten des Kindes zu sammeln und aufzubereiten mit dem Ziel sie fuumlr seinen weiteren Lernprozess zu nutzen

Im Folgenden werden verschiedene Verfahren zur Kompetenzbestimmung genauer dargestellt

22 Standardisierte Tests

Bei standardisierten Tests handelt es sich um Verfahren die durch ihre Konstruktion objektiv reliabel und valide sind das heiszligt dass ihre Ergebnisse moumlglichst unabhaumlngig von den Durchfuumlhrenden und den Auswertenden sind dass sie die zu uumlberpruumlfen-de Kompetenz moumlglichst genau und ohne groszlige Streuung nachweisen und dass sie tatsaumlchlich die Kompetenzen uumlberpruumlfen die sie uumlberpruumlfen sollen Um diese Qua-

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

6

litaumltsmerkmale zu erfuumlllen werden die entworfenen Testaufgaben psychometrisch uumlberpruumlft Auszligerdem wird die Durchfuumlhrung eindeutig geregelt und die Auswertung erfolgt anhand praumlzise vorgeschriebener genau formulierter Kriterien Die Testauf-gaben sind in der Regel so konstruiert dass ihre erfolgreiche Bearbeitung von genau einer Kompetenz oder Faumlhigkeit abhaumlngt Aus oumlkonomischen Gruumlnden sind diese Tests meist schriftlich zu bearbeiten Die Einschaumltzung der Leistungen in diesen Tests erfolgt anhand einer Normstichprobe deren Bearbeitungserfolge als Maszligstab eingesetzt wer-den Sie sind zu den produktorientierten Verfahren zu zaumlhlen

Beispiele fuumlr standardisierte Tests zur mathematischen Kompetenzbestimmung die Lehrkraumlften zur Verfuumlgung stehen sind der curriculumsvalide Deutsche Mathematik-test (DeMaT) (Krajewski et al 2002 2004) (Roick 2004) (Goumllitz et al 2006) oder der Hamburger Rechentest (HaReT) (Lorenz 2006) Auch die Vergleichsarbeiten VERA 3 (ZEPF 2011) gehoumlren zu den standardisierten Tests die zur Unterrichtsentwicklung genutzt werden IGLU- (Bos et al 2003) und TIMSS -Tests (Bos et al 2008) koumlnnen nicht genutzt werden da sie der Oumlffentlichkeit nicht zur Verfuumlgung stehen

Ein wesentlicher Vorteil standardisierter Tests ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse Dadurch wird verhindert dass eine Lehrkraft sich nur am Klassendurchschnitt oder an subjektiven Maszligstaumlben orientiert Vermieden werden dadurch Effekte bei der Beur-teilung die sich durch die Zusammensetzung der eigenen Klasse oder des Einzugsge-biets der Schule ergeben koumlnnten Auszligerdem liefern sie falls die Leistungen einzelner Kinder deutlich von den Erwartungen abweichen Anhaltspunkte fuumlr dringenden Foumlr-derbedarf oder auch fuumlr den Bedarf besonderer Forderung Zum Teil besteht jedoch die Gefahr von sogenannten Deckeneffekten wie beispielsweise beim HaReT (Lorenz 2006 S 5) dessen Tests bewusst bdquoso konstruiert [sind] dass sie moumlglichst im unteren Leistungsbereich differenzierenldquo und bdquoein Deckeneffekt fuumlr die leistungsstaumlrkeren Schuumllerinnen und Schuumller hellip bewusst in Kauf genommenldquo wird Diese Deckeneffekte bedeuten dass die Testitems so entworfen sind dass die leistungsstarken Kinder fast alle Items ohne Schwierigkeiten oder Fehler bewaumlltigen und somit ihre Leistungsfaumlhig-keit nicht mehr unterschieden werden kann Ausgehend von den Ergebnissen sollte sich bei nach unten abweichenden Leistungen moumlglichst noch eine differenziertere individuelle Foumlrderdiagnostik anschlieszligen um die Ergebnisse weiter abzusichern und individuelle Foumlrdermoumlglichkeiten aufzuzeigen Ein weiterer Vorteil eines standardisier-ten Testverfahrens kann sein dass Klasseneffekte sichtbar werden die einen Einstieg in eine Veraumlnderung des Unterrichtsstils ausloumlsen koumlnnten

Neben der reinen Beschreibung bdquokannldquo oder bdquokann nichtldquo erlauben derartige Test-verfahren gegebenenfalls auch Beschreibungen von Schwierigkeiten auf curricularer Ebene So lassen sich beispielsweise Feststellungen wie bdquoSabine kann Uumlbertraumlge bei der schriftlichen Addition sachgerecht verarbeiten Uumlbertraumlge bei der schriftlichen Sub-traktion mit Zwischennullen beherrscht sie noch nichtldquo treffen Aussagen uumlber men-tale Vorgaumlnge und moumlgliche kognitive Schwierigkeiten sowie die Einleitung geeigneter Foumlrdermaszlignahmen sind jedoch kaum moumlglich Um daruumlber Informationen zu erhal-ten werden Verfahren zur prozessorientierten Diagnostik eingesetzt die meist nicht standardisiert sind Beispiele dafuumlr finden sich weiter unten Weitere Nachteile fuumlr die Verwendung von standardisierten Tests im Alltag koumlnnen die Kosten zur Anschaffung der Tests sowie der zeitliche Aufwand zur Durchfuumlhrung gemaumlszlig der Vorgaben sein

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

7

23 Informelle schriftliche Testverfahren

In den Durchfuumlhrungsbedingungen weniger rigide als die standardisierten Verfahren sind informelle schriftliche Testverfahren die jedoch meist auch produktorientiert sind Hier koumlnnen professionell entworfene jedoch nicht standardisierte Testverfahren ein-gesetzt werden die zwar Auskunft uumlber die vorhandenen Kompetenzen geben aber keinen Anspruch erheben eine quantifizierte Einordnung der Kompetenzen im Ver-gleich mit einem Normschuumller vorzunehmen Dabei gibt es Testverfahren die sich an einzelnen Lehrbuumlchern oder Lehrgaumlngen orientieren und meist Begleitmaterial zum jeweiligen Lehrgang sind oder lehrwerksunabhaumlngige Testverfahren (zB Diagnosebe-gleiter Guder et al 2007a 2007b 2008b) Auszligerdem erheben diese informellen Tests in der Regel nicht den Anspruch mithilfe der Loumlsung einer Testaufgabe jeweils genau eine Faumlhigkeit zu testen Zur erfolgreichen Bearbeitung der Aufgaben sind haumlufig meh-rere Faumlhigkeiten notwendig so dass aus der falschen Loumlsung nicht auf eine einzelne mangelhaft ausgebildete Faumlhigkeit zuruumlckgeschlossen werden kann Derartige infor-melle Tests gibt es mittlerweile von diversen Verlagen auch internetgestuumltzt Damit ist eine Bearbeitung am Rechner moumlglich Meist sind diese Tests produktorientiert und koumlnnen da die Auswertung regelbasiert per Computer erfolgt kaum Aufschluss uumlber konkrete Lernprozesse geben Regeln zur Beurteilung von prozessorientierten Kompe-tenzen sind nur unter groszligem Aufwand zu erreichen da alle frei geaumluszligerten richtigen Antworten erfasst werden muumlssten

Neben diesen kommerziellen Verfahren bieten sich natuumlrlich auch selbst entworfene Tests (z B Klassenarbeiten) an die spezifisch auf die vermittelten Inhalte abgestimmt sind Gefahren dieser Testverfahren bestehen in einer Orientierung an einer Sozial-norm innerhalb der Klasse die zu Fehleinschaumltzungen der Kompetenzen fuumlhren kann Speziell der Einsatz von Klassenarbeiten die auch zur Notenfindung genutzt werden birgt auszligerdem die Gefahr dass hier nur kurzfristiges Lernen forciert wird und entspre-chend kurzlebige Lernerfolge festgestellt werden

Vorteile dieses informellen Vorgehens mit selbst erstellten Aufgabenstellungen sind die groumlszligere Passung zum vorhergehenden und anschlieszligenden Unterricht und die Moumlg-lichkeit gezielt spezifische diagnostische Fragen zu untersuchen Die eingesetzten Aufgabenstellungen unterscheiden sich in der Intention mit der sie gestellt werden Soll der Test differenzierte Auskuumlnfte uumlber das Beherrschen von Rechenfertigkeiten geben so muumlssen die Aufgaben so gestellt werden dass bekannte curriculare Huumlrden identifizierbar sind Mehrere Aufgaben zu einem Inhalt sollten daher unterschiedliche Schwierigkeitsstufungen gemaumlszlig der drei in den Bildungsstandards formulierten An-forderungsbereiche Reproduzieren Zusammenhaumlnge herstellen sowie Verallgemei-nern und Reflektieren (vgl KMK 2005 S 13) enthalten Bereits in den 1980er Jahren schlugen Radatz (1980) und Gerster (1982) geeignete Aufgaben vor die Fehlvorstel-lungen identifizieren koumlnnen Dieses Vorgehen laumlsst daher trotz einer produktorien-tierten Diagnostik Ruumlckschluumlsse auf Ursachen fuumlr Fehler zu

Soll ein informeller schriftlicher Test gezielt nicht nur uumlber inhaltsgebundene Kompe-tenzen Auskunft geben so muumlssen Aufgabenformate gewaumlhlt werden die die pro-zessbezogenen Kompetenzen uumlberpruumlfen Die Aufgabenformate muumlssen daher offen gestaltet sein damit Kinder die Moumlglichkeit haben sich frei zu den Anforderungen zu aumluszligern Anhand der von den Kindern gewaumlhlten Loumlsungswege und ihren Darstel-lungen lassen sich dann Ruumlckschluumlsse auf individuelle Denkweisen ziehen

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

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24 Interviews und diagnostische Gespraumlche

Hierbei bearbeitet ein Kind im Gespraumlch mit der diagnostizierenden Person Problem-stellungen Das Kind wird ermuntert seine Gedankengaumlnge bei der Loumlsung zu verba-lisieren oder handelnd zu demonstrieren ohne dass die interviewende Person inhalt-lich hilft oder unterstuumltzt (zur Methode vgl SelterSpiegel 1997 S 100-112) Gerade hierbei lassen sich die allgemeinen prozessbezogenen Kompetenzen deutlich besser feststellen als es in schriftlichen Testverfahren moumlglich ist Die herausfordernden Auf-gaben an das Kind muumlssen so ausgewaumlhlt werden dass sie unterschiedlich bearbeitet werden koumlnnen damit mithilfe der Versprachlichung die Denkprozesse und Vorstel-lungen des Kindes rekonstruiert werden und Ruumlckschluumlsse auf die Kompetenzen erfol-gen koumlnnen Durch geeignete Anschlussfragen sollten Hypothesen uumlber Ursachen des Fehlverstaumlndnisses weiter untersucht werden um gegebenenfalls geeignete Foumlrder-maszlignahmen einzuleiten

Zu nennen ist hier beispielsweise das ElementarMathematische BasisInterview (EMBI) das eine Anleitung zur individuellen Diagnose von mathematischen Kompetenzen in den ersten Schuljahren bietet und dabei nicht nur bereits vorhandene schulische Faumlhig-keiten und Fertigkeiten sondern auch basale Lernvoraussetzungen mit untersucht Es bietet dem Kind bdquoindividuelle Herausforderungen und die Gelegenheit zu zeigen was es alles schon kann und weiszlig So werden sowohl besondere Staumlrken als auch beson-derer Unterstuumltzungsbedarf in einer Form offengelegt die direkte Anknuumlpfungspunkte fuumlr Unterricht und Einzelfoumlrderung bietetldquo (Peter-Koop et al 2007 S 4) Hierbei wird es den Kindern ermoumlglicht durch Handlungen mit Material auch Ideen zu zeigen die sie noch nicht verbalisieren oder gar verschriftlichen koumlnnen

Ein weiteres Instrument das geeignetes Material zur Interviewfuumlhrung bereitstellt sind die Einzeltestkarteien des Diagnosebegleiters (Guder et al 2007c und 2008d) Dieses Material stellt geeignete Aufgabenstellungen bereit anhand derer die Kinder ihre Kompetenzen zeigen koumlnnen Je nach dem Antwortverhalten des Kindes folgen verschiedene weitergehende Fragen und Aufgabenstellungen Auszligerdem gibt es dazu Hinweise auf Foumlrderaufgaben die auf moumlgliche Schwierigkeiten eingehen und die grundlegenden Kompetenzen foumlrdern

Bei diesem Verfahren ist ein hoher zeitlicher Aufwand fuumlr die Durchfuumlhrung der Einzel-gespraumlche erforderlich Nutzbar fuumlr kuumlrzere diagnostische Gespraumlche sind Einzel- oder Freiarbeitsphasen im Unterricht in denen sich die Lehrperson einem einzelnen Kind widmen kann Die Durchfuumlhrung von Interviews erfordert in jedem Fall eine hohe diagnostische Kompetenz

25 Beobachtungen

Neben gezielt initiierten Testsituationen oder Interviews bieten sich Beobachtungen der Kinder im Unterricht an Entscheidend fuumlr das Gelingen ist dass vorher festgelegt wird worauf gezielt geachtet werden soll welche Beobachtungsinstrumente (zB Tonband Video Beobachtungsbogen) eingesetzt werden uumlber welchen Zeitraum die Beobach-tung durchgefuumlhrt werden soll und wie die Ergebnisse mit angemessenem Aufwand dokumentiert werden Hierbei koumlnnen sowohl mathematische Faumlhigkeiten und Kom-petenzen als auch allgemeinpaumldagogische Aspekte wie Arbeitsverhalten Motivation Konzentration etc in den Fokus genommen werden Wesentliche Aspekte fuumlr die Be-obachtung finden sich in den Bildungsstandards oder den Kerncurricula der einzelnen

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

9

Bundeslaumlnder Durch eine tabellarische Auflistung laumlsst sich sicherstellen dass diese Merkmale zur Beurteilung tatsaumlchlich herangezogen werden und die Beobachtungen uumlber vage Eindruumlcke hinausgehen Auszligerdem besteht dadurch die Moumlglichkeit die gemachten Beobachtungen in einer Codierung (z B ++ + 0 - --) schuumllerspezifisch festzuhalten und so einen Uumlberblick zu gewinnen Hilfreich kann sein regelmaumlszligig fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller die entsprechende Tabelle auszufuumlllen und so sicherzu-stellen dass alle wesentlichen Aspekte in den Blick genommen werden

Die nachfolgende Abbildung zeigt ein Beispiel fuumlr einen Beobachtungsbogen der die Anforderungen des niedersaumlchsischen Kerncurriculums (NKM 2006 S 34) umfasst

Es gibt eine Fuumllle von fertigen Beobachtungsboumlgen die sich jedoch deutlich in ihren Anspruumlchen unterscheiden So gibt es welche die im Fokus mathematische Fertig-keiten haben (vgl GS Hude-Suumld 2006 S 3) Andere binden daneben auch prozess-bezogene Kompetenzen ein (vgl SundermannSelter 2006 S 122) Zur Entwicklung solcher fachbezogenen Beobachtungsboumlgen fordern Sundermann und Selter dass sie bdquonicht fertig uumlbernommen sondern hellip vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen kritisch diskutiert und hellip modifiziert werdenldquo (SundermannSelter 2006 S 123)

Der Umgang mit Beobachtungsboumlgen eroumlffnet die Moumlglichkeit einen Uumlberblick uumlber die Kompetenzentwicklung des einzelnen Kindes zu erhalten und zwar auszligerhalb von Pruumlfungssituationen Nicht leicht ist es im Unterrichtsalltag den Uumlberblick bei der Beobachtung zu behalten Dabei besteht die Schwierigkeit dass gerade stille Kinder uumlbersehen werden Um dieser Gefahr vorzubeugen schlagen Sundermann und Selter alternativ den Einsatz einer Beobachtungskarte fuumlr jedes Kind vor die neben allge-meinen Informationen uumlber das Kind eine tabellarische Checkliste enthaumllt in der die individuellen Beobachtungen festgehalten werden

26 Eigenproduktionen

Neben der durch eine Checkliste kontrollierten Beobachtung koumlnnen von den Kindern im Unterricht angefertigte Eigenproduktionen zur Einschaumltzung ihrer Kompetenzen und des Bedarfs an zusaumltzlichen Herausforderungen herangezogen werden Anlass zum Erstellen koumlnnen beispielsweise Sachprobleme oder Aufgabenserien sein die in-nermathematische Besonderheiten enthalten Sundermann und Selter unterscheiden zwischen bdquoErfindungen Aufgaben selbst erfinden hellip Rechenwege Aufgaben mit ei-

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Name des Kindes

Math Begriffs- und Operati-onsver-staumlndnis

Schnelle Verfuumlg-barkeit von Kenntnis-sen

Sicher-heit im Ausfuumlh-ren von Fertig-keiten

Ein-bringen kreativer Ideen

Schluumlssig-keit der Loumlsungs-wege und Uumlberle-gungen

Flexibili-taumlt und Proble-mange-messen-heit

Richtig-keit von (Teil-) Ergebnis-sen

muumlnd-liche und schrift-liche Darstel-lungsfauml-higkeit

Zielge-richtete und Aus-dauer

Math Koopera-tionsfauml-higkeit

Transfer-faumlhigkeit

Lebens-weltliche Anwen-dungsfauml-higkeit

konstruk-tiver Um-gang mit Fehlern

Umgang mit didakt Material und techn Hilfsmit-teln

Aische

Arvid

Hannah

Paul

13

10

genen Vorgehensweisen bearbeiten hellip Forscheraufgaben Auffaumllligkeiten beschrei-ben und begruumlnden hellip Ruumlckschau und Ausblick uumlber das Lehren und Lernen schrei-benldquo (SundermannSelter 2006 S 125 Hervorhebungen im Original) Die Analyse dieser Eigenproduktionen liefert Aufschluumlsse uumlber das Denken der Kinder und ihre Vorstellungen Neben prozessbezogenen Kompetenzen lassen sich anhand der durch-gefuumlhrten Berechnungen auch Rechenkompetenzen erkennen

Eine spezielle Form dieser Eigenproduktionen stellen die Lerntagebuumlcher nach Gallin und Ruf (1998) dar in denen Lernende ihre Gedanken beim Erschlieszligen eines neuen Sachverhalts verschriftlichen In diesem bdquoReisetagebuch geht es nicht primaumlr um ir-gendwelche Rechnungen die moumlglichst richtig geloumlst werden sollen sondern darum dass die Schuumllerinnen und Schuumller sich in eigenen Worten zu der Arbeit am Thema aumlussernldquo (Gallin 1999 S5) Diese Eigenproduktionen liefern eine Fuumllle an Moumlglich-keiten Ruumlckschluumlsse uumlber das Denken der Kinder zu ziehen und so geeignete Heraus-forderungen fuumlr diese Kinder bereitzustellen

Dieses Vorgehen basiert auf einer Wuumlrdigung der geleisteten Arbeit durch die Lehr-kraft indem sie mit dem Kind uumlber seine gewonnenen Erkenntnisse spricht und es so weiter motiviert Auch die nicht nur punktuelle Erhebung sondern die Erfassung der Entwicklung von Kompetenzen zeichnet dieses Vorgehen aus Waumlhrend Kinder die Ei-genproduktionen anfertigen entstehen fuumlr die Lehrkraft Freiraumlume sich mit einzelnen Kindern intensiv zu beschaumlftigen Die Sichtung der Ergebnisse der Lerntagebucheintra-gungen erfordert Zeit und ein diagnostisches Gespuumlr zum Erkennen der manifestierten Vorstellungen und Konzepte

27 Integriertes Modell

Anhand schriftlicher Standortbestimmungen in Form von informellen Tests wird ein Uumlberblick uumlber den Kompetenzstand aller Kinder einer Klasse gewonnen Der Test sollte dabei so angelegt sein dass eine Auswertung mit geringem zeitlichen Aufwand moumlglich ist er aber trotzdem Indizien dafuumlr liefert ob ein Kind auffaumlllig abweichende Leistungen zeigt und ob es eventuell besondere Schwierigkeiten hat In nachfolgenden individuellen Gespraumlchen mit auffaumlllig gewordenen Kindern werden anhand geeig-neter Fragestellungen und Materialien die spezifischen Schwierigkeiten des Kindes oder seine besondere Leistungsfaumlhigkeit genauer eingegrenzt Fuumlr die so festgestellten Besonderheiten werden nun foumlrderliche Herausforderungen in Form von Einzelauftrauml-gen Gruppenauftraumlgen Klassenauftraumlgen oder Partner- und Gruppenspielen fuumlr die Kinder bereitgestellt die an die Ergebnisse des Gespraumlchs angepasst werden

Dieses Vorgehen soll am Beispiel eines Kindes das in einem schriftlichen Test auffaumlllig wurde illustriert werden

Maria1 ist ein achtjaumlhriges Maumldchen am Ende des zweiten Schuljahres Im schriftlichen Test zeigte sie Auffaumllligkeiten bei der Bearbeitung von Groumlszligen hier Geldwerten Die Aufgabenstellungen stammten aus dem Diagnosebegleiter (Guder et al 2007 a) Sie konnte zunaumlchst mit richtigen Muumlnzwerten den geforderten Geldbetrag darstellen bei der Darstellung durch 1ct Muumlnzen kam sie nicht zum richtigen Ergebnis Ursaumlchlich koumlnnte hier sein dass der Platz fuumlr eine vollstaumlndige Loumlsung mit 1ct Muumlnzen nicht reichte Maria blieb nicht durchgaumlngig bei den zulaumlssigen Muumlnzgroumlszligen und verwen-dete spaumlter Einzelbetraumlge (30 ct) die es nicht als Muumlnze gibt Die Summe betrug aber

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

11

trotzdem 1 euro Maria besitzt also Rechenkompetenzen im Raum bis 100 mit vollen Zehnern und besitzt die Kenntnis dass 1 euro gleich 100 ct sind

Nach der Auswertung des schriftlichen Tests fuumlhrte die Fachkraft ein kurzes Interview Dieses wurde anders als es im Alltag not-wendig waumlre videogra-phiert und transkribiert Maria bekam den Auftrag mit zwei 5 euro-Scheinen und mehreren Muumlnzen in allen Nennwerten von 1 ct bis 2 euro einen Geldbetrag von 10 euro zu legen Dieser Betrag wurde ihr auch als Bild eines 10 euro Scheins praumlsentiert Sie legt daraufhin zwei 5 euro-Scheine

Daran schlieszligt sich folgendes Gespraumlch2 an

I [v] OK Super Kannst Du das auch noch auf eine andere Art

I [nv] Legt die zwei 5euro Scheine zuruumlck

Ma [v] mhm

Ma [nv] Schiebt die Muumlnzen hin und her und

Ma [v] So geht das

Ma [nv] legt anschlieszligend sieben 1 ct und eine 2 ct Muumlnze auf den Tisch

Schiebt die Muumlnzen zusammen

I [v] mhm OK Und sind das 10 euro

Ma [v] ((3s)) Ja ((12s))

Ma [nv] Zaumlhlt die Muumlnzen einzeln nach Dabei tippt sie auf jede 1 ct Muumlnze einzeln und

Ma [v]

Ma [nv] anschlieszligend zweimal auf die 2 ct Muumlnze Holt eine weitere 1 ct Muumlnze dazu die zu-naumlchst herunterfaumlllt und hebt sie wieder auf

I [v] Geht das noch auf eine andere Art

Ma [v] ((55 s))

Ma [nv] Legt alle Muumlnzen und Scheine auseinander dreht sie so dass die Zahlen oben

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Abbildung von Testheft 22A (Guder et al 2007a S 2) copy Ernst Klett Verlag GmbH Eintragungen ergaumlnzt

1 Name geaumlndert2 Das Transkript wurde in Partiturschreibweise mit verbalen und nonverbalen Aumluszligerungen erstellt Dabei stehen gleichzeitige Aumluszligerungen und Handlungen untereinander Die Laumlnge der einzelnen Abschnitte im Transkript sagt dabei nichts uumlber die Laumlnge der Aumluszligerung aus Pausen werden durch Angabe der Laumlnge als in Doppelklammern ein-geschlossene Zeitdauer in Sekunden angegeben Beispiel ((3 s)) bedeutet eine Pause von 3 Sekunden I[v] bedeutet bdquoVerbale Aumluszligerung des Interviewersldquo I[nv] eine bdquononverbale Aumluszligerungldquo bzw Handlung des Interviewers Analoges gilt fuumlr M[v] und M[nv]

12

I [v] Das sind 10 euro

Ma [v] ((10s))

Ma [nv] liegen nimmt 5euro 2 x 2 ct und 1 x 1 ct

Tipp einmal auf 5euro je zweimal auf 2 ct und einmal auf 1 ct Nickt

Man kann erkennen dass Maria auf der reinen Zahlenebene die Zahl 10 zerlegen kann Jedoch ist auffaumlllig dass ihr das Verstaumlndnis fuumlr die unterschiedlichen Werte von Euro und von Cent fehlen

Im anschlieszligenden Interviewteil der ihr Verstaumlndnis fuumlr die Geldwerte genauer un-tersucht wird bestaumltigt dass es bei Maria Verwechslungen zwischen der physischen Groumlszlige und dem Wert von Muumlnzen gibt Sie ist jedoch in der Lage die Muumlnzen in ihrer Kaufkraft zu vergleichen und in die richtige Reihenfolge zu bringen

I [v] Kannst Du die in eine Reihe legen Was ist die wert-vollste Muumlnze

I [nv] Legt 2 ct 5 ct 20 ct 50 ct 1 euro und 2 euro unsortiert auf den Tisch

I [v]

Ma [nv] Bringt schnell die ct Muumlnzen in Reihenfolge legt die Euromuumlnzen uumlbereinander und legt sie neben das 50 ct Stuumlck Tauscht 1euro und 50 ct

I [v] Und wofuumlr kannst Du am meisten kaufen

Und am zweit-meisten

Und am

Ma [nv]

Nimmt 2euro aus der Reihe

Nimmt 1 euro

I [v] drittmei-sten

Am viertmei-sten

Und am fuumlnftmei-sten

Gut

Ma [nv]

Nimmt 50 ct

Nimmt 20 ct

Nimmt 5 ct

Auf den spezifischen Foumlrderbedarf von Maria die Geldwerte von Muumlnzen und Geld-scheinen sicher zu kennen sowie Euro und Cent unterscheiden zu lernen wird nun durch geeignete Herausforderungen eingegangen So bieten sich Partnerarbeiten oder Kleingruppenarbeit an in deren Verlauf Maria direkte Ruumlckmeldungen zu ihren Louml-sungsversuchen bekommt Anknuumlpfend an ihre Rechenkenntnisse koumlnnte beispielwei-se folgendes Vorgehen in den beschriebenen Arbeitsformen mit Unterstuumltzung durch die Lehrkraft gewaumlhlt werden

Arbeits-Sozialform Partner- oder Gruppenarbeit (bis 5 Personen)

Zusaumltzliches Material Rechengeldmuumlnzen

Durchfuumlhrung Ein Kind nimmt zwei Muumlnzen in die Hand und addiert ihrenWert Dann legt es die geschlossene Hand mit den Muumlnzen auf den Tischoder auf seinen Schoszlig bdquoIch habe mit zwei Muumlnzen hellip Euro (Cent) in derHand Welche Muumlnzen sind esldquo Wer es herausfindet darf das naumlchste Raumltselstellen

Variation Die Uumlbung mit drei Muumlnzen durchfuumlhren

Abbildung von Karte Gruumln Dreieck 1 (Guder et al 2007c) copy Ernst Klett Verlag GmbH

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

13

Die integrierte Vorgehensweise ermoumlglicht nicht nur die Bestimmung von Defiziten sondern liefert Erkenntnisse uumlber die vorhandenen Kompetenzen und nutzt sie zur Einleitung angemessener individueller Foumlrdermaszlignahmen

Hier besteht die Moumlglichkeit Herausforderungen zu nutzen die es den Kindern ermoumlg-lichen ihre vorhandenen Kompetenzen einzusetzen um die weitergehenden Problem-stellungen zu bearbeiten und so ihre jeweiligen Kompetenzen weiter zu entwickeln

3 Fordern und Foumlrdern

Lernfortschritte und Kompetenzerweiterungen koumlnnen bei allen Kindern unabhaumlngig von ihrem Leistungsstand nur dann gelingen wenn sie mit Anforderungen konfron-tiert werden die noch nicht verfuumlgbare Kompetenzen zur Bewaumlltigung erfordern sie also Faumlhigkeiten entwickeln muumlssen die ihren gegenwaumlrtigen Kenntnisstand uumlbersteigen Insofern sind Foumlrderung und Forderung nur zwei Facetten der glei-chen Idee und stellen eine Herausforderung an die Kinder und ihre gegenwaumlrtigen Kompetenzen dar Dabei muss jedoch darauf geachtet werden dass die vorhan-denen Kompetenzen zur Bewaumlltigung der Herausforderungen nur in einem Maszlige uumlberschritten werden das nicht zu einer Uumlberforderung fuumlhrt Allerdings darf dies nicht dazu fuumlhren dass die Probleme in kleine und kleinste Schritte zerlegt werden so dass die Kinder quasi bdquoam Nasenringldquo durch das Problemfeld gefuumlhrt werden Ziel ist es vielmehr dass sie Grundvorstellungen selbst entwickeln erweitern und in groumlszligere Sinnzusammenhaumlnge stellen Unterschiede zwischen Fordern und Foumlr-dern bestehen daher hauptsaumlchlich in graduellen Abweichungen im Anspruch der individuellen Herausforderungen Diese lassen sich durch Differenzierung realisie-ren Auch wenn die Prinzipien der Differenzierung noch keine Lernerfolge garan-tieren zeigen bdquoErfahrungsberichte aus Skandinavien und aus Leuchtturmschulen in Deutschland hellip dass adaptiver Unterricht funktionieren kannldquo (Helmke 2009 S 258 Hervorhebung im Original) Differenzierung bietet somit Chancen angemessen auf individuelle Schwierigkeiten zu reagieren Dazu lassen sich fuumlr die Grundschule zwei Hauptformen unterscheiden Zum einen gibt es die aumluszligere Differenzierung bei der die Klassen in Gruppen verschiedener Kompetenzstufen unterteilt und angepasst an die Kompetenzstufen unterrichtet werden Diese Form besitzt in der Grundschule eher randstaumlndige Bedeutung und erfolgt houmlchstens in zusaumltzlichen Foumlrderstunden Zum anderen gibt es die im Grundschulunterricht meist praktizierte innere Diffe-renzierung bei der innerhalb eines Klassenverbandes Kindern unterschiedliche Auf-gabenstellungen und Auftraumlge gegeben werden die an ihre Kompetenz angepasst sind und die meist mit Attributen wie leicht mittel und schwer belegt sind oder es gibt einheitliche Lernangebote die auf unterschiedlichen Niveaus bearbeitet werden koumlnnen Diese Lernangebote im Rahmen der so genannten natuumlrlichen Differen-zierung enthalten nach Krauthausen und Scherer eine einheitliche uumlbergeordnete Problemstellung die inhaltlich hinreichend komplex ist und fachlich wohluumlberlegt so gerahmt ist dass sie Fragestellungen unterschiedlicher Schwierigkeit bietet Hier-bei haben die Kinder die Freiheit ihre eigenen Vorgehensweisen auszuwaumlhlen und eigene Hilfsmittel zu nutzen Daneben ist die Kommunikation uumlber die gewaumlhlten Loumlsungswege integraler Bestandteil sodass die Kinder mit alternativen Sichtweisen konfrontiert werden und sie ihr Methodenrepertoire erweitern koumlnnen Neben der Erweiterung ihrer Kompetenzen wird hier auch die Entwicklung einer realistischen Selbsteinschaumltzung gefoumlrdert (vgl KrauthausenScherer 2010 S 5 - 6) Um dies zu

3Fordern und Foumlrdern

14

gewaumlhrleisten muumlssen Kinder auch aufgefordert werden nicht immer nur den ein-fachsten Weg zu waumlhlen sondern sich auch anspruchsvollere Aspekte der Problem-stellung vorzunehmen

Im Folgenden sollen zwei Ansaumltze von Wittmann sowie von Foumlrster und Grohmann vorgestellt werden die eine natuumlrliche Differenzierung ermoumlglichen Wittmann konzi-piert sogenannte Substanzielle Lernumgebungen und Foumlrster und Grohmann entwi-ckeln diese zu einem Konzept zur Planung von einzelnen Unterrichts(doppel)stunden weiter fuumlr die natuumlrlich differenzierende Aufgabenstellungen entworfen werden die allen Kindern Kompetenzerweiterungen ermoumlglichen

31 Substanzielle Lernumgebungen

Um Lernprozesse und Kompetenzerweiterungen bei Kindern anzustoszligen und da-mit letztendlich Lernerfolge moumlglich zu machen schlaumlgt Wittmann sogenannte Sub-stanziellen Lernumgebungen vor fuumlr die er Folgendes fordert

1 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen zentrale Ziele Inhalte und Prinzipien des Mathematikunterrichts repraumlsentieren

2 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen reiche Moumlglichkeiten fuumlr mathematische Aktivitaumlten von Schuumllerlnnen bieten

3 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen flexibel sein und leicht an die speziellen Gegebenheiten einer bestimmten Klasse angepasst werden koumlnnen

4 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen mathematische psychologische und paumldagogische Aspekte des Lehrens und Lernens in einer ganzheitlichen Weise integrieren und daher ein weites Potential fuumlr empirische Forschungen bieten (Wittmann 1998 S 337-338)

Die Aufgabenstellungen und Herausforderungen in Substanziellen Lernumgebungen sollten sich in diesem Sinne also mit grundlegenden Themen des Mathematikunter-richts beschaumlftigen Eine Auseinandersetzung mit sehr engen Aufgabenstellungen oder Einzelfaumlllen ist nur dann angebracht wenn sich daran uumlber den Einzelfall hinausge-hende allgemeine Erkenntnisse gewinnen lassen

Daruumlber hinaus ist es wesentlich dass die Auseinandersetzung mit der Aufgabenstel-lung auf verschiedene Arten erfolgen kann und somit der groszligen Heterogenitaumlt der Kinder in einer Klasse genuumlgt Auszligerdem muumlssen die verschiedenen mathematischen Aktivitaumlten Erkenntnisse uumlber mathematisches Vorgehen ermoumlglichen um neue Ope-rationen anzubahnen oder bereits bekannte zu festigen Durch probierendes Untersu-chen von Zusammenhaumlngen werden bei leistungsschwachen Kindern die Grundfertig-keiten geuumlbt und bei leistungsstaumlrkeren Kindern Erkenntnisse ermoumlglicht die uumlber die Einzelfaumllle hinausgehen

Die geforderte Flexibilitaumlt ist ein weiterer wesentlicher Aspekt da unterschiedliche Gruppen von Lernenden unterschiedliche Beduumlrfnisse haben Auch muumlssen die Anfor-derungen und ihre Praumlsentationen so gewaumlhlt sein dass sie an verschiedene Anspruumlche angepasst werden koumlnnen und im Idealfall in verschiedenen Jahrgangsstufen mit ver-aumlnderten Grundannahmen eingesetzt werden koumlnnen

Die vierte Forderung ist evident da Lernumgebungen die diese Forderungen verlet-zen entweder nicht zum Lernen von Mathematik oder nicht zum Lernen von Mathe-matik geeignet sind

3Fordern und Foumlrdern

15

Der letzte Nachsatz der vierten Forderung ist nur eine Folgerung aus dem vorherge-henden da derartig gestaltete Lernumgebungen durch die unterschiedlichen Heran-gehensweisen selbstverstaumlndlich das Potential bieten diese qualitativ oder quantitativ zu erfassen und empirische Kategorienbildung ermoumlglichen Die Analyse eroumlffnet Er-kenntnisse uumlber das Potential von Aufgaben die geforderten Kompetenzen und die Herangehensweise der Kinder die sie bearbeitet haben Die Aufgaben besitzen also auch diagnostisches Potential

Das Konzept soll am Beispiel Rechenraupen erlaumlutert werden das auf eine von Stein-bring (1995 1997) beschriebene Uumlbungsform zuruumlckgeht

In einer Rechenraupe wird wie folgt gerechnet

In das letzte Koumlrperglied wird die Startzahl (im Beispiel die 2) geschrieben

Die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der Startzahl plus der Additionszahl (hier die 3) die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der zweiten auch durch Addition von 3 Alle wei-teren Koumlrperzahlen werden genauso berechnet

Um die Zielzahl im Kopf einer Rechenraupe auszurechnen werden alle Zahlen im Koumlr-per addiert

Dieses Aufgabenformat repraumlsentiert als zentrale Ideen der Mathematik

middot arithmetische Folgen und Reihen middot Rekursionen middot Summenberechnung fuumlr arithmetische Folgen

middot Addition und als Umkehrung die Subtraktion

middot Multiplikation und als Umkehrung die Division

middot funktionale Zusammenhaumlnge Bei gegebener Startzahl und Additionszahl sind die mathematischen Aktivitaumlten zunaumlchst beschraumlnkt gibt man hier jedoch beispielswei-se zwei Koumlrperzahlen vor so muss durch Dif-ferenzbildung und Division die Additionszahl bestimmt werden Durch Vorgabe der Zielzahl und durch die Suche nach Start- und Additi-onszahl wird durch systematisches Probieren eine Vielzahl an Additionen durchgefuumlhrt und die Rechenfertigkeit geuumlbt Gerade die Suche nach verschiedenen Moumlglichkeiten eine be-stimmte Zielzahl zu erreichen beruumlcksichtigt das Prinzip des entdeckenden problem-loumlsenden Lernens denn jedes Kind kann seinen Weg zur Loumlsung des Problems selbst waumlhlen Weitere Variationsmoumlglichkeiten dieser Lernumgebung finden sich bei Stein-bring (1995 1997) Das Aufgabenformat zeigt dass es mithilfe der Variationen an die

3Fordern und Foumlrdern

a) Versucht die Startzahl und die Addi-tionszahl so zu waumlhlen dass ihr moumlg-lichst nah an die Zielzahl 50 kommt

b) Versucht mehrere Loumlsungen fuumlr die Zielzahl 50 zu finden

c) Schaut euch alle eure Zielzahlen an Was stellt ihr fest

d) Kann man auch die Zielzahl 66 treffen

e) Bestimmt fuumlr die Zahlen oben die Ad-ditionszahl die Startzahl und die Zielzahl

16

Beduumlrfnisse einer Lerngruppe angepasst werden kann und verschiedene Ziele verfolgt werden koumlnnen

Eine Fuumllle von weiteren Beispielen derartiger Substanzieller Lernumgebungen findet sich in den Veroumlffentlichungen des Projekts bdquomathe 2000ldquo insbesondere in den Hand-buumlchern Produktiver Rechenuumlbungen von Gerhard N Muumlller und Erich Ch Wittmann (1992 1993) Weitere Quellen sind die Lernumgebungen von Nuumlhrenboumlrger und Pust (2006) sowie die Lernumgebungen fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte von Hen-gartner et al (2006) und von Hirt und Waumllti (2008)

32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung

Will man als Lehrkraft nicht nur auf bereits vorliegende Lernumgebungen zuruumlckgrei-fen sondern selbst geeignete Umgebungen generieren so bietet sich das Konzept von Foumlrster und Grohmann an Sie entwickelten ein Konzept zur Aufgabenoumlffnung ur-spruumlnglich zur Begabungsfoumlrderung zeigen dabei aber auch das Potential auf das ihr Vorgehen zur Foumlrderung aller Kinder innerhalb des alltaumlglichen Mathematikunterrichts besitzt Sie machen dabei folgende Grundannahmen zum mathematischen Gehalt die denen von Wittmann fuumlr seine Substanziellen Lernumgebungen aumlhneln Im Einzelnen fordern sie dass bdquodie Offenheit in der Wahl der Hilfsmittel der Loumlsungswege und der Ergebnisdarstellung hellip das Loumlsen der Ausgangsaufgabe und weiterer Anschlusspro-bleme Eigenproduktionen der Kinderldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) erlaubt bzw foumlrdert und dass bdquodie reichhaltige mathematische Substanz und inhaltliche Offenheit der Ausgangsaufgabe hellip vielfaumlltige Moumlglichkeiten zum Mathematiktreibenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) bietet

Diesen Forderungen stellen Foumlrster und Grohmann die beiden folgenden weniger auf den mathematischen Gehalt als auf das Wecken von Interesse und die Verstaumlndlichkeit der Aufgabenstellung gerichteten Kriterien voran naumlmlich dass bdquoder jeweilige Inhalt einer (Ausgangs-)Aufgabe hellip Neugier und Interesse hellip weckenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) soll und dass die bdquoAusgangsaufgabe hellip leicht verstaumlndlich [ist] sodass alle Kinder die Chance haben sich mit der Aufgabe erfolgreich auseinanderzusetzenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) Neben der Erfuumlllung dieser Bedingungen sollen die Aufgabensequenzen die durch Oumlffnung entstehen so entwickelt werden dass sie in einer Unterrichtsstunde bearbeitet werden koumlnnen Ziel dieser Aufgabenstellungen ist das Uumlben Die Oumlffnung ermoumlglicht aber auch dass andere Kinder bei der Bearbeitung weitergehende Erkenntnisse gewinnen und ihre Kompetenzen erweitern koumlnnen

Als Ausgangspunkte der Oumlffnung schlagen Foumlrster und Grohmann zum einen ge-schlossene Aufgaben aus Schulbuumlchern vor deren curriculare Anbindung in der Regel gegeben ist und zum anderen bdquoKnobel-ldquo oder Problemaufgaben Stammen letztere nicht aus Schulbuumlchern so sollte zunaumlchst die curriculare Einbindung geklaumlrt werden

Foumlrster und Grohmann schlagen zur Gewinnung folgendes Vorgehen vor

Vorgehensweisen fuumlr das Erstellen geoumlffneter AufgabensequenzenAusgangspunkt

Geschlossene Aufgaben(z B aus Schulbuumlchern)

AusgangspunktbdquoKnobelldquo- bzw Problemaufgaben(z B aus Aufgabensammlungen)

a) Analyse des mathematischen Gehalts der uumlber den Uumlbungseffekt hinausweist bzw hinauswei-sen kann

a) Analyse der Moumlglichkeiten curricularer Einbindung auf Grundlage verschiedener Loumlsungswege

3Fordern und Foumlrdern

17

b) Formulierung einer (meist) geoumlffneten Pro-blemstellung die neben dem Uumlbungsgehalt auch den Zugang zum mathematischen Gehalt (implizit) anregt

b) Analyse des Uumlbungspotenzials bei probierender Bearbeitung des Loumlsungsprozesses und der mathematischen Struktur der Aufgabe

c) Analyse weiterer moumlgl auch andersartiger Loumlsungsmoumlglichkeiten fuumlr die Kinder

d) Ausweitung der Fragestellung d h weitere moumlgl viele Fragen finden mit unterschiedlichen Bedin-gungen (Vorrausetzungen Einschraumlnkungen ) fuumlr die Problemstellung

e) Zusammenfassen aller Fragen in (moumlglichst) einer einzigen Fragestellung

f) Ein leichtes Ausgangsproblem wird erstellt dessen Bearbeitungszeit fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuuml-ler ungefaumlhr gleich ist ggf Verstaumlndnisfragen klaumlrt und zu probierenden Ansaumltzen anregt

g) Moumlgliche offenegeoumlffnete Anschlussfragen werden konzipiert

(FoumlrsterGrohmann 2010 S 114 Hervorhebungen aus dem Original)

Das folgende Aufgabenpaumlckchen aus dem Uumlbungsheft zu Welt der Zahl 4 dient als Ausgang fuumlr die Oumlffnung einer bdquogeschlossene Aufgabeldquo

Abbildung aus RinkensHoumlnisch 2006 S 29 copy Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schoumlningh Winklers GmbH

Ziel und mathematischer Gehalt (a) dieser Aufgabe ist originaumlr das Uumlben schriftlicher Multiplikation vier- bis fuumlnfstelliger Faktoren mit einem einstelligen zweiten Faktor so-wie das Sortieren fuumlnfstelliger Zahlen der Groumlszlige nach Daruumlber hinaus koumlnnte man in eine solche Uumlbung auch noch den Einfluss der Stellen an denen Ziffern stehen auf die Groumlszlige der Ergebnisse mit untersuchen

Als geoumlffnete Problemstellung (b) bietet sich hier an nicht mit willkuumlrlich vorgege-benen Zahlen zu hantieren sondern die Kinder erkunden zu lassen bei welcher Anord-nung von gegebenen Ziffern das Ergebnis am groumlszligten wird Eine entsprechende offene Fragestellung koumlnnte dann folgende sein

Ihr habt fuumlnf Ziffernkaumlrtchen mit den Ziffern 2 3 4 7 und 9 zur Verfuumlgung Daraus bildet Ihr eine vierstellige Zahl und multipliziert sie mit der fuumlnften Zahl Bestimmt das groumlszligte Produkt

Um diese Aufgabenstellung zu bearbeiten koumlnnten die Kinder unter anderem folgende Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) waumlhlen Sie koumlnnten systematisch probierend herangehen Es koumlnnten aber auch Kinder auf die Idee kommen dass das Produkt am groumlszligten wird wenn aus den Ziffern fuumlr den ersten Faktor die groumlszligte moumlgliche Zahl gebildet wird wenn also die vier Ziffern des ersten Faktors der Groumlszlige nach von groszlig nach klein sor-tiert sind Die Kinder muumlssten dann nur noch die fuumlnf Wahlmoumlglichkeiten der Ziffern fuumlr den zweiten Faktor uumlberpruumlfen

3Fordern und Foumlrdern

18

Als moumlgliche weitere Fragen (d) koumlnnte man untersuchen wie groszlig die Aumlnderungen im Ergebnis sind wenn man zwei der vorhandenen Ziffern gegeneinander tauscht und welche Gesetzmaumlszligigkeiten dabei auftreten oder welches das groumlszligte Ergebnis ist wenn man die Vorgabe vierstellige und einstellige Faktoren wegfallen laumlsst und auch die Multiplikation eines dreistelligen mit einem zweistelligen Faktor zulaumlsst

Als zentrale einzige Fragestellung (e) bietet sich hier der anfaumlnglich bereits formu-lierte Erkundungsauftrag nach dem groumlszligtmoumlglichen (kleinstmoumlglichen) Ergebnis bei der Multiplikation von einem vierstelligen und einem einstelligen Faktor an Werden die Kinder dabei auch aufgefordert Vermutungen anzustellen zu uumlberpruumlfen und ge-gebenenfalls zu begruumlnden so werden durch diese Fragestellung neben der Uumlbung des schriftlichen Multiplizierens auch prozessbezogene Kompetenzen in verschiedenen Anforderungsniveaus gefordert

Als leichtes Ausgangsproblem (f) das von allen Kindern mit vergleichbarem Aufwand bearbeitet werden kann soll eine Aufgabe dienen die den Fokus auf den Groumlszligen-vergleich verschiedener Multiplikationsaufgaben aus Zahlen mit permutierten Ziffern lenkt

Als geoumlffneteoffene Anschlussfragen (g) die Erkenntnisse uumlber das Uumlben der schrift-lichen Multiplikation hinaus ermoumlglichen bietet es sich an tatsaumlchlich die oben ge-nannten Erweiterungen der Fragestellung auf quantitative Auswirkungen von Ziffern-vertauschungen oder die Untersuchung von Aufgaben mit zwei- und dreistelligen Faktoren zu waumlhlen

Aus diesen Analysen laumlsst sich dann folgende Aufgabensequenz konstruieren

a) Nehmt vier verschiedene Ziffern und bildet daraus eine vierstellige Zahl Nehmt eine fuumlnfte Ziffer und multipliziert die vierstellige Zahl schriftlich damit Bildet aus den fuumlnf Ziffern drei weitere Multiplikationsaufgaben Sortiert die Ergebnisse der Groumlszlige nach

b) Nehmt eine der Aufgaben und vertauscht in der vierstelligen Zahl zwei der vorhandenen Ziffern Multipliziert nun Vergleicht die Ergebnisse Vermutet wann das Ergebnis groumlszliger wird Schreibt eure Vermutung auf und uumlberpruumlft sie

c) Nehmt wieder fuumlnf verschiedene Ziffern und sucht die Multiplikationsaufgabe einer vierstelligen mit einer einstelligen Zahl aus diesen Ziffern mit dem groumlszligten Ergebnis

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer geschlossenen Schulbuchaufgabe Diese Auf-gabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die nebenstehende Knobelaufgabe von Renate Rasch (2003 S 97) dient als Aus-gangspunkt zur Entwicklung einer geoumlff-neten Aufgabensequenz

Curricular (a) laumlsst sich diese Aufgabe ei-nerseits bei den prozessbezogenen Kompe-tenzen insbesondere beim Problemloumlsen einordnen Inhaltlich kann diese Aufgabe zur Leitidee bdquoZahlen und Operationenldquo Kompetenzbereich bdquoRechenoperationen verste-hen und beherrschenldquo und zur Leitidee bdquoMuster und Strukturenldquo Kompetenzbereich bdquoGesetzmaumlszligigkeiten erkennen beschreiben und darstellenldquo zugeordnet werden Je

9 Geschichte Quicki las in einer Woche ein Buch von 133 Seiten

Am Montag las sie einige Seiten und von da ab jeden Tag 5 Seiten mehr als am Tag davor Am Sonntag wurde sie fertig

Wie viele Seiten las sie am Montag

3Fordern und Foumlrdern

19

nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

3Fordern und Foumlrdern

20

auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

21

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Partner des Programm

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S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

Programmkoordination fuumlr die Laumlnder durch dasMinisterium fuumlr Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBK)Dr Kai Niemannwwwschleswig-holsteindeMBKDEMBK_nodehtml

Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

3

Mathematische Kompetenzen erheben foumlrdern und herausfordern

1 Einfuumlhrung

bdquoIch habe gar keine Kinder es geht viel mehr um meinen Neffen Er will staumlndig rech-nen ohne Taschenrechner Er ist 5 12 Jahre alt Er zaumlhlt im Zahlenraum von 0-10000 (er zaumlhlt seit er 1 12 ist) und ich muss ih[m] staumlndig [A]ufgaben aufschreiben und er rechnet diese schriftlich Findet ihr[] das[s] das normal istldquo

Diese Frage einer besorgten Tante in einem Forum zu Mathematischer Begabung ( httpwwwmysnipdeforum-archivthema3336143108Mathematische+Begabunghtml ) macht deutlich dass es bereits vor der Einschulung groszlige Kompetenz- und Entwick-lungsunterschiede von Kindern gibt Wie Lorenz (2000 S 22) feststellt liegt die Ent-wicklungsvarianz bei Kindern im Grundschulalter bei bis zu fuumlnf Jahren Diese groszligen Differenzen stellen immense Herausforderungen an die Lehrkraumlfte und erfordern ei-nen Unterricht der die differenzierten Erkenntnisse uumlber die Kompetenzen der Kinder beruumlcksichtigt Aufgabenstellungen und Arbeitsauftraumlge muumlssen passend sein Die Anforderungen an die Kinder duumlrfen einerseits keine Uumlberforderungen darstellen an-dererseits sollten sie uumlber den gegenwaumlrtigen Kompetenzstand hinaus angemessene Herausforderungen bieten Diese Anpassung an die individuellen Kompetenzen muss fuumlr alle Kinder geleistet werden

Wie im Folgenden noch detailliert ausgefuumlhrt wird sind Foumlrderung und Herausforde-rungen zwei Seiten einer Medaille da angepasste Foumlrderung immer eine Herausforde-rung an die bestehenden Kompetenzen darstellt Sowohl bei den Leistungsstarken als auch bei den Kindern mit geringen Leistungen muss Foumlrderung eine Weiterentwick-lung ermoumlglichen und sie in die individuelle Zone der naumlchsten Entwicklung bringen Was eine passende Herausforderung ist haumlngt also vom Individuum ab Eine Moumlglich-keit entsprechende Anforderungen zu stellen besteht in der natuumlrlichen Differenzie-rung und den eng damit verbundenen Substanziellen Lernumgebungen die durch ihre Komplexitaumlt Bearbeitungen auf verschiedenen Niveaus ermoumlglichen Kinder benoumlti-gen Ruumlckmeldungen uumlber ihre Lernerfolge damit sie tatsaumlchlich die fuumlr sie passenden und sie weiter bringenden Probleme bearbeiten Auch dazu ist wie an spaumlterer Stelle eroumlrtert wird eine Kompetenzdiagnostik mit geeigneten Instrumenten zur Erfassung vom Kenntnisstand des Kindes notwendig Um der Gefahr der Selbstuumlber- oder -un-terschaumltzung der Kinder bei der Entscheidung fuumlr ein Niveau vorzubeugen muss die Lehrkraft uumlber die Kompetenzen der Kinder informiert sein und gegebenenfalls steu-ernd eingreifen So wird die realistische Selbsteinschaumltzung der Kinder unterstuumltzt und sicher gestellt dass tatsaumlchlich kognitive Weiterentwicklung initiiert wird

Klaus-Ulrich Guder

4

Sowohl fuumlr die Bestimmung als auch fuumlr die Herausforderung von Kompetenzen sind geeignete Anforderungen und Aufgaben fuumlr die Kinder notwendig Dabei sind zu-naumlchst zwei Typen von Aufgaben zum Leisten und zum Lernen zu unterscheiden Die Aufgaben zum Leisten dienen dazu die Kompetenzen der Kinder fuumlr sie selbst und fuumlr andere speziell fuumlr die Lehrkraft erfahrbar zu machen Sie bieten dadurch dem Kind die Chance seine eigenen Kompetenzen angemessen einzuschaumltzen und der Lehrkraft Moumlglichkeiten angemessene Leistungsurteile abzugeben und ruumlckzumelden Auf-gaben zum Lernen dienen dazu den Kompetenzstand zu erweitern und zu sichern Fuumlr die Lehrkraft koumlnnen sie auch als Hilfsmittel zur Beobachtung von Lernprozessen dienen Beide Aufgabentypen liefern daher Moumlglichkeiten zur Kompetenzfeststellung (vgl BuumlchterLeuders 2005 S 12)

Neben diesem auf das Individuum ausgerichteten Blick kann und soll eine Kompetenz-diagnostik auch Ruumlckschluumlsse uumlber den Unterricht zulassen die der Reflexion des ei-genen unterrichtlichen Handelns dienen und zur Verbesserung und Weiterentwicklung der Unterrichtsqualitaumlt genutzt werden koumlnnen

Im Folgenden sollen verschiedene Moumlglichkeiten zur Diagnostik genauer beleuchtet und in ihrer Funktion eingeordnet werden Anschlieszligend wird ein Konzept zur indivi-duellen Foumlrderung vorgestellt und es werden Moumlglichkeiten zur Herausforderung aller Kinder im alltaumlglichen Unterricht behandelt

2 Moumlglichkeiten der Diagnostik

21 Produkte und Prozesse

Welche Kompetenzen sollen bei Schuumllerinnen und Schuumllern durch Diagnostik uumlber-haupt erfasst werden Eine Antwort darauf geben die Bildungsstandards (KMK 2005 S 6-7) die die Unterscheidung zwischen bdquoAllgemeinen mathematische Kompetenzenldquo und bdquoInhaltsbezogenen mathematische Kompetenzenldquo vornehmen Hierbei lassen sich zu den inhaltsbezogenen Leitideen (Zahlen und Operationen Raum und Form Muster und Strukturen Groumlszligen und Messen und Daten Haumlufigkeit und Wahrscheinlichkeit) in der Regel deutlich leichter Kriterien formulieren die zeigen ob diese Kompetenzen erreicht sind und sie lassen sich in der Regel oumlkonomischer schriftlich erheben

Die allgemeinen Kompetenzen (Problemloumlsen Argumentieren Modellieren Kom-munizieren und Darstellen) lassen sich dagegen weniger gut erfassen eine Kompe-tenzdiagnostik bleibt hier schwieriger Schriftliche Darstellungen gerade von Grund-schulkindern sind oft schwer verstaumlndlich und beduumlrfen einer aufwaumlndigen Deutung Die Einordnungen muumlndlicher Aumluszligerungen im Unterrichtsgespraumlch in Echtzeit ist an-spruchsvoll und fuumlhrt sehr leicht zu Fehleinschaumltzungen Erschwerend ist dass der ku-mulative Aufbau dieser Kompetenzen in einem laumlngerfristigen Prozess geschieht Die Erfassung kann daher nicht nur punktuell sondern muss zu mehreren Zeitpunkten erfolgen

Neben der Unterscheidung in allgemeine prozessbezogene und inhaltsbezogene Kom-petenzen muss geklaumlrt werden welches Ziel mit der angestrebten Diagnostik verfolgt werden soll Soll die sichere Kenntnis und Beherrschung von Standardverfahren un-tersucht werden oder soll festgestellt werden wie Kinder denken und argumentie-ren und ob sie ein Verfahren beherrschen oder eben auch warum sie es noch nicht beherrschen Benoumltigt werden also Verfahren die sowohl allgemeine Kompetenzen

1Einfuumlhrung

5

und inhaltsgebundene Kompetenzen als auch Leistungen und Denkprozesse erfassen koumlnnen

Neben diesen Abgrenzungen bezuumlglich der betrachteten Kompetenzen muumlssen ver-schiedene diagnostische Grundpositionen unterschieden werden Jordan und vom Hofe (2008 S 4-5) unterscheiden zwei diagnostische Perspektiven bdquoProduktorien-tierte Diagnostikldquo und bdquoProzessorientierte Diagnostikldquo Sie charakterisieren sie in fol-gender Form

bdquoProduktorientierte Diagnostik

Methoden die auf die Erfassung individueller Lernergebnisse (also auf die Produkte) ausgerichtet sind gehoumlren zur sogenannten produktorientierten Diagnostik Der Leh-rer wertet die Ergebnisse aus (meist gemaumlszlig der Pole korrektldquo oder nicht korrektldquo) und kommt zu einer Einordnung der erbrachten Leistung (kannldquo oder kann nichtldquo)ldquo (Jordanv Hofe 2008 S 4)

bdquoProzessorientierte Diagnostik

Zu einer prozessorientierten Diagnostik gehoumlren vor allem Methoden die auf die Er-fassung individueller Lernprozesse ausgerichtet sind Ziel ist es die einem Ergebnis zugrunde liegenden Gedanken eines Schuumllers einer Schuumllerin besser zu verstehen (Warum wird etwas gekonnt oder nicht gekonntldquo) um moumlglichst angemessen auf eine Loumlsung oder Schuumllerantwort reagieren zu koumlnnenldquo (Jordanv Hofe 2008 S 5)

Diese beiden Perspektiven muumlssen unabhaumlngig von den Kompetenzbereichen gesehen werden da sowohl prozessbezogene Kompetenzen als auch inhaltliche Kompetenzen an einem Produkt beurteilt werden koumlnnen So lassen sich beispielsweise geeignete Kriterien formulieren wann eine Argumentation als schluumlssig und uumlberzeugend ge-wertet wird Genauso koumlnnen beide Kompetenzbereiche aus prozessorientierter Per-spektive betrachtet werden und beispielsweise Denkvorgaumlnge bei der Bearbeitung von Standardaufgaben rekonstruiert und in ihrem sachlogischen Aufbau oder ihrer kogni-tiven Struktur beschrieben werden

In diesen beiden Prinzipien spiegeln sich auch die Funktionen in denen sich Schule und Lehrkraft bei der Diagnostik befinden wieder Sie dient zum einen als Steuerungs-instrument das Entscheidungen uumlber Schullaufbahnen von Kindern rechtfertigt und zum anderen als Entwicklungsinstrument das die Kompetenzen des einzelnen Kindes als Ausgangspunkt fuumlr eine passende Unterstuumltzung erfasst um sie weiter zu entwi-ckeln (vgl Grundschulverband 2003 S 2) Diagnostik dient also dazu Informationen zum Lernverhalten des Kindes zu sammeln und aufzubereiten mit dem Ziel sie fuumlr seinen weiteren Lernprozess zu nutzen

Im Folgenden werden verschiedene Verfahren zur Kompetenzbestimmung genauer dargestellt

22 Standardisierte Tests

Bei standardisierten Tests handelt es sich um Verfahren die durch ihre Konstruktion objektiv reliabel und valide sind das heiszligt dass ihre Ergebnisse moumlglichst unabhaumlngig von den Durchfuumlhrenden und den Auswertenden sind dass sie die zu uumlberpruumlfen-de Kompetenz moumlglichst genau und ohne groszlige Streuung nachweisen und dass sie tatsaumlchlich die Kompetenzen uumlberpruumlfen die sie uumlberpruumlfen sollen Um diese Qua-

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

6

litaumltsmerkmale zu erfuumlllen werden die entworfenen Testaufgaben psychometrisch uumlberpruumlft Auszligerdem wird die Durchfuumlhrung eindeutig geregelt und die Auswertung erfolgt anhand praumlzise vorgeschriebener genau formulierter Kriterien Die Testauf-gaben sind in der Regel so konstruiert dass ihre erfolgreiche Bearbeitung von genau einer Kompetenz oder Faumlhigkeit abhaumlngt Aus oumlkonomischen Gruumlnden sind diese Tests meist schriftlich zu bearbeiten Die Einschaumltzung der Leistungen in diesen Tests erfolgt anhand einer Normstichprobe deren Bearbeitungserfolge als Maszligstab eingesetzt wer-den Sie sind zu den produktorientierten Verfahren zu zaumlhlen

Beispiele fuumlr standardisierte Tests zur mathematischen Kompetenzbestimmung die Lehrkraumlften zur Verfuumlgung stehen sind der curriculumsvalide Deutsche Mathematik-test (DeMaT) (Krajewski et al 2002 2004) (Roick 2004) (Goumllitz et al 2006) oder der Hamburger Rechentest (HaReT) (Lorenz 2006) Auch die Vergleichsarbeiten VERA 3 (ZEPF 2011) gehoumlren zu den standardisierten Tests die zur Unterrichtsentwicklung genutzt werden IGLU- (Bos et al 2003) und TIMSS -Tests (Bos et al 2008) koumlnnen nicht genutzt werden da sie der Oumlffentlichkeit nicht zur Verfuumlgung stehen

Ein wesentlicher Vorteil standardisierter Tests ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse Dadurch wird verhindert dass eine Lehrkraft sich nur am Klassendurchschnitt oder an subjektiven Maszligstaumlben orientiert Vermieden werden dadurch Effekte bei der Beur-teilung die sich durch die Zusammensetzung der eigenen Klasse oder des Einzugsge-biets der Schule ergeben koumlnnten Auszligerdem liefern sie falls die Leistungen einzelner Kinder deutlich von den Erwartungen abweichen Anhaltspunkte fuumlr dringenden Foumlr-derbedarf oder auch fuumlr den Bedarf besonderer Forderung Zum Teil besteht jedoch die Gefahr von sogenannten Deckeneffekten wie beispielsweise beim HaReT (Lorenz 2006 S 5) dessen Tests bewusst bdquoso konstruiert [sind] dass sie moumlglichst im unteren Leistungsbereich differenzierenldquo und bdquoein Deckeneffekt fuumlr die leistungsstaumlrkeren Schuumllerinnen und Schuumller hellip bewusst in Kauf genommenldquo wird Diese Deckeneffekte bedeuten dass die Testitems so entworfen sind dass die leistungsstarken Kinder fast alle Items ohne Schwierigkeiten oder Fehler bewaumlltigen und somit ihre Leistungsfaumlhig-keit nicht mehr unterschieden werden kann Ausgehend von den Ergebnissen sollte sich bei nach unten abweichenden Leistungen moumlglichst noch eine differenziertere individuelle Foumlrderdiagnostik anschlieszligen um die Ergebnisse weiter abzusichern und individuelle Foumlrdermoumlglichkeiten aufzuzeigen Ein weiterer Vorteil eines standardisier-ten Testverfahrens kann sein dass Klasseneffekte sichtbar werden die einen Einstieg in eine Veraumlnderung des Unterrichtsstils ausloumlsen koumlnnten

Neben der reinen Beschreibung bdquokannldquo oder bdquokann nichtldquo erlauben derartige Test-verfahren gegebenenfalls auch Beschreibungen von Schwierigkeiten auf curricularer Ebene So lassen sich beispielsweise Feststellungen wie bdquoSabine kann Uumlbertraumlge bei der schriftlichen Addition sachgerecht verarbeiten Uumlbertraumlge bei der schriftlichen Sub-traktion mit Zwischennullen beherrscht sie noch nichtldquo treffen Aussagen uumlber men-tale Vorgaumlnge und moumlgliche kognitive Schwierigkeiten sowie die Einleitung geeigneter Foumlrdermaszlignahmen sind jedoch kaum moumlglich Um daruumlber Informationen zu erhal-ten werden Verfahren zur prozessorientierten Diagnostik eingesetzt die meist nicht standardisiert sind Beispiele dafuumlr finden sich weiter unten Weitere Nachteile fuumlr die Verwendung von standardisierten Tests im Alltag koumlnnen die Kosten zur Anschaffung der Tests sowie der zeitliche Aufwand zur Durchfuumlhrung gemaumlszlig der Vorgaben sein

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

7

23 Informelle schriftliche Testverfahren

In den Durchfuumlhrungsbedingungen weniger rigide als die standardisierten Verfahren sind informelle schriftliche Testverfahren die jedoch meist auch produktorientiert sind Hier koumlnnen professionell entworfene jedoch nicht standardisierte Testverfahren ein-gesetzt werden die zwar Auskunft uumlber die vorhandenen Kompetenzen geben aber keinen Anspruch erheben eine quantifizierte Einordnung der Kompetenzen im Ver-gleich mit einem Normschuumller vorzunehmen Dabei gibt es Testverfahren die sich an einzelnen Lehrbuumlchern oder Lehrgaumlngen orientieren und meist Begleitmaterial zum jeweiligen Lehrgang sind oder lehrwerksunabhaumlngige Testverfahren (zB Diagnosebe-gleiter Guder et al 2007a 2007b 2008b) Auszligerdem erheben diese informellen Tests in der Regel nicht den Anspruch mithilfe der Loumlsung einer Testaufgabe jeweils genau eine Faumlhigkeit zu testen Zur erfolgreichen Bearbeitung der Aufgaben sind haumlufig meh-rere Faumlhigkeiten notwendig so dass aus der falschen Loumlsung nicht auf eine einzelne mangelhaft ausgebildete Faumlhigkeit zuruumlckgeschlossen werden kann Derartige infor-melle Tests gibt es mittlerweile von diversen Verlagen auch internetgestuumltzt Damit ist eine Bearbeitung am Rechner moumlglich Meist sind diese Tests produktorientiert und koumlnnen da die Auswertung regelbasiert per Computer erfolgt kaum Aufschluss uumlber konkrete Lernprozesse geben Regeln zur Beurteilung von prozessorientierten Kompe-tenzen sind nur unter groszligem Aufwand zu erreichen da alle frei geaumluszligerten richtigen Antworten erfasst werden muumlssten

Neben diesen kommerziellen Verfahren bieten sich natuumlrlich auch selbst entworfene Tests (z B Klassenarbeiten) an die spezifisch auf die vermittelten Inhalte abgestimmt sind Gefahren dieser Testverfahren bestehen in einer Orientierung an einer Sozial-norm innerhalb der Klasse die zu Fehleinschaumltzungen der Kompetenzen fuumlhren kann Speziell der Einsatz von Klassenarbeiten die auch zur Notenfindung genutzt werden birgt auszligerdem die Gefahr dass hier nur kurzfristiges Lernen forciert wird und entspre-chend kurzlebige Lernerfolge festgestellt werden

Vorteile dieses informellen Vorgehens mit selbst erstellten Aufgabenstellungen sind die groumlszligere Passung zum vorhergehenden und anschlieszligenden Unterricht und die Moumlg-lichkeit gezielt spezifische diagnostische Fragen zu untersuchen Die eingesetzten Aufgabenstellungen unterscheiden sich in der Intention mit der sie gestellt werden Soll der Test differenzierte Auskuumlnfte uumlber das Beherrschen von Rechenfertigkeiten geben so muumlssen die Aufgaben so gestellt werden dass bekannte curriculare Huumlrden identifizierbar sind Mehrere Aufgaben zu einem Inhalt sollten daher unterschiedliche Schwierigkeitsstufungen gemaumlszlig der drei in den Bildungsstandards formulierten An-forderungsbereiche Reproduzieren Zusammenhaumlnge herstellen sowie Verallgemei-nern und Reflektieren (vgl KMK 2005 S 13) enthalten Bereits in den 1980er Jahren schlugen Radatz (1980) und Gerster (1982) geeignete Aufgaben vor die Fehlvorstel-lungen identifizieren koumlnnen Dieses Vorgehen laumlsst daher trotz einer produktorien-tierten Diagnostik Ruumlckschluumlsse auf Ursachen fuumlr Fehler zu

Soll ein informeller schriftlicher Test gezielt nicht nur uumlber inhaltsgebundene Kompe-tenzen Auskunft geben so muumlssen Aufgabenformate gewaumlhlt werden die die pro-zessbezogenen Kompetenzen uumlberpruumlfen Die Aufgabenformate muumlssen daher offen gestaltet sein damit Kinder die Moumlglichkeit haben sich frei zu den Anforderungen zu aumluszligern Anhand der von den Kindern gewaumlhlten Loumlsungswege und ihren Darstel-lungen lassen sich dann Ruumlckschluumlsse auf individuelle Denkweisen ziehen

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

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24 Interviews und diagnostische Gespraumlche

Hierbei bearbeitet ein Kind im Gespraumlch mit der diagnostizierenden Person Problem-stellungen Das Kind wird ermuntert seine Gedankengaumlnge bei der Loumlsung zu verba-lisieren oder handelnd zu demonstrieren ohne dass die interviewende Person inhalt-lich hilft oder unterstuumltzt (zur Methode vgl SelterSpiegel 1997 S 100-112) Gerade hierbei lassen sich die allgemeinen prozessbezogenen Kompetenzen deutlich besser feststellen als es in schriftlichen Testverfahren moumlglich ist Die herausfordernden Auf-gaben an das Kind muumlssen so ausgewaumlhlt werden dass sie unterschiedlich bearbeitet werden koumlnnen damit mithilfe der Versprachlichung die Denkprozesse und Vorstel-lungen des Kindes rekonstruiert werden und Ruumlckschluumlsse auf die Kompetenzen erfol-gen koumlnnen Durch geeignete Anschlussfragen sollten Hypothesen uumlber Ursachen des Fehlverstaumlndnisses weiter untersucht werden um gegebenenfalls geeignete Foumlrder-maszlignahmen einzuleiten

Zu nennen ist hier beispielsweise das ElementarMathematische BasisInterview (EMBI) das eine Anleitung zur individuellen Diagnose von mathematischen Kompetenzen in den ersten Schuljahren bietet und dabei nicht nur bereits vorhandene schulische Faumlhig-keiten und Fertigkeiten sondern auch basale Lernvoraussetzungen mit untersucht Es bietet dem Kind bdquoindividuelle Herausforderungen und die Gelegenheit zu zeigen was es alles schon kann und weiszlig So werden sowohl besondere Staumlrken als auch beson-derer Unterstuumltzungsbedarf in einer Form offengelegt die direkte Anknuumlpfungspunkte fuumlr Unterricht und Einzelfoumlrderung bietetldquo (Peter-Koop et al 2007 S 4) Hierbei wird es den Kindern ermoumlglicht durch Handlungen mit Material auch Ideen zu zeigen die sie noch nicht verbalisieren oder gar verschriftlichen koumlnnen

Ein weiteres Instrument das geeignetes Material zur Interviewfuumlhrung bereitstellt sind die Einzeltestkarteien des Diagnosebegleiters (Guder et al 2007c und 2008d) Dieses Material stellt geeignete Aufgabenstellungen bereit anhand derer die Kinder ihre Kompetenzen zeigen koumlnnen Je nach dem Antwortverhalten des Kindes folgen verschiedene weitergehende Fragen und Aufgabenstellungen Auszligerdem gibt es dazu Hinweise auf Foumlrderaufgaben die auf moumlgliche Schwierigkeiten eingehen und die grundlegenden Kompetenzen foumlrdern

Bei diesem Verfahren ist ein hoher zeitlicher Aufwand fuumlr die Durchfuumlhrung der Einzel-gespraumlche erforderlich Nutzbar fuumlr kuumlrzere diagnostische Gespraumlche sind Einzel- oder Freiarbeitsphasen im Unterricht in denen sich die Lehrperson einem einzelnen Kind widmen kann Die Durchfuumlhrung von Interviews erfordert in jedem Fall eine hohe diagnostische Kompetenz

25 Beobachtungen

Neben gezielt initiierten Testsituationen oder Interviews bieten sich Beobachtungen der Kinder im Unterricht an Entscheidend fuumlr das Gelingen ist dass vorher festgelegt wird worauf gezielt geachtet werden soll welche Beobachtungsinstrumente (zB Tonband Video Beobachtungsbogen) eingesetzt werden uumlber welchen Zeitraum die Beobach-tung durchgefuumlhrt werden soll und wie die Ergebnisse mit angemessenem Aufwand dokumentiert werden Hierbei koumlnnen sowohl mathematische Faumlhigkeiten und Kom-petenzen als auch allgemeinpaumldagogische Aspekte wie Arbeitsverhalten Motivation Konzentration etc in den Fokus genommen werden Wesentliche Aspekte fuumlr die Be-obachtung finden sich in den Bildungsstandards oder den Kerncurricula der einzelnen

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

9

Bundeslaumlnder Durch eine tabellarische Auflistung laumlsst sich sicherstellen dass diese Merkmale zur Beurteilung tatsaumlchlich herangezogen werden und die Beobachtungen uumlber vage Eindruumlcke hinausgehen Auszligerdem besteht dadurch die Moumlglichkeit die gemachten Beobachtungen in einer Codierung (z B ++ + 0 - --) schuumllerspezifisch festzuhalten und so einen Uumlberblick zu gewinnen Hilfreich kann sein regelmaumlszligig fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller die entsprechende Tabelle auszufuumlllen und so sicherzu-stellen dass alle wesentlichen Aspekte in den Blick genommen werden

Die nachfolgende Abbildung zeigt ein Beispiel fuumlr einen Beobachtungsbogen der die Anforderungen des niedersaumlchsischen Kerncurriculums (NKM 2006 S 34) umfasst

Es gibt eine Fuumllle von fertigen Beobachtungsboumlgen die sich jedoch deutlich in ihren Anspruumlchen unterscheiden So gibt es welche die im Fokus mathematische Fertig-keiten haben (vgl GS Hude-Suumld 2006 S 3) Andere binden daneben auch prozess-bezogene Kompetenzen ein (vgl SundermannSelter 2006 S 122) Zur Entwicklung solcher fachbezogenen Beobachtungsboumlgen fordern Sundermann und Selter dass sie bdquonicht fertig uumlbernommen sondern hellip vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen kritisch diskutiert und hellip modifiziert werdenldquo (SundermannSelter 2006 S 123)

Der Umgang mit Beobachtungsboumlgen eroumlffnet die Moumlglichkeit einen Uumlberblick uumlber die Kompetenzentwicklung des einzelnen Kindes zu erhalten und zwar auszligerhalb von Pruumlfungssituationen Nicht leicht ist es im Unterrichtsalltag den Uumlberblick bei der Beobachtung zu behalten Dabei besteht die Schwierigkeit dass gerade stille Kinder uumlbersehen werden Um dieser Gefahr vorzubeugen schlagen Sundermann und Selter alternativ den Einsatz einer Beobachtungskarte fuumlr jedes Kind vor die neben allge-meinen Informationen uumlber das Kind eine tabellarische Checkliste enthaumllt in der die individuellen Beobachtungen festgehalten werden

26 Eigenproduktionen

Neben der durch eine Checkliste kontrollierten Beobachtung koumlnnen von den Kindern im Unterricht angefertigte Eigenproduktionen zur Einschaumltzung ihrer Kompetenzen und des Bedarfs an zusaumltzlichen Herausforderungen herangezogen werden Anlass zum Erstellen koumlnnen beispielsweise Sachprobleme oder Aufgabenserien sein die in-nermathematische Besonderheiten enthalten Sundermann und Selter unterscheiden zwischen bdquoErfindungen Aufgaben selbst erfinden hellip Rechenwege Aufgaben mit ei-

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Name des Kindes

Math Begriffs- und Operati-onsver-staumlndnis

Schnelle Verfuumlg-barkeit von Kenntnis-sen

Sicher-heit im Ausfuumlh-ren von Fertig-keiten

Ein-bringen kreativer Ideen

Schluumlssig-keit der Loumlsungs-wege und Uumlberle-gungen

Flexibili-taumlt und Proble-mange-messen-heit

Richtig-keit von (Teil-) Ergebnis-sen

muumlnd-liche und schrift-liche Darstel-lungsfauml-higkeit

Zielge-richtete und Aus-dauer

Math Koopera-tionsfauml-higkeit

Transfer-faumlhigkeit

Lebens-weltliche Anwen-dungsfauml-higkeit

konstruk-tiver Um-gang mit Fehlern

Umgang mit didakt Material und techn Hilfsmit-teln

Aische

Arvid

Hannah

Paul

13

10

genen Vorgehensweisen bearbeiten hellip Forscheraufgaben Auffaumllligkeiten beschrei-ben und begruumlnden hellip Ruumlckschau und Ausblick uumlber das Lehren und Lernen schrei-benldquo (SundermannSelter 2006 S 125 Hervorhebungen im Original) Die Analyse dieser Eigenproduktionen liefert Aufschluumlsse uumlber das Denken der Kinder und ihre Vorstellungen Neben prozessbezogenen Kompetenzen lassen sich anhand der durch-gefuumlhrten Berechnungen auch Rechenkompetenzen erkennen

Eine spezielle Form dieser Eigenproduktionen stellen die Lerntagebuumlcher nach Gallin und Ruf (1998) dar in denen Lernende ihre Gedanken beim Erschlieszligen eines neuen Sachverhalts verschriftlichen In diesem bdquoReisetagebuch geht es nicht primaumlr um ir-gendwelche Rechnungen die moumlglichst richtig geloumlst werden sollen sondern darum dass die Schuumllerinnen und Schuumller sich in eigenen Worten zu der Arbeit am Thema aumlussernldquo (Gallin 1999 S5) Diese Eigenproduktionen liefern eine Fuumllle an Moumlglich-keiten Ruumlckschluumlsse uumlber das Denken der Kinder zu ziehen und so geeignete Heraus-forderungen fuumlr diese Kinder bereitzustellen

Dieses Vorgehen basiert auf einer Wuumlrdigung der geleisteten Arbeit durch die Lehr-kraft indem sie mit dem Kind uumlber seine gewonnenen Erkenntnisse spricht und es so weiter motiviert Auch die nicht nur punktuelle Erhebung sondern die Erfassung der Entwicklung von Kompetenzen zeichnet dieses Vorgehen aus Waumlhrend Kinder die Ei-genproduktionen anfertigen entstehen fuumlr die Lehrkraft Freiraumlume sich mit einzelnen Kindern intensiv zu beschaumlftigen Die Sichtung der Ergebnisse der Lerntagebucheintra-gungen erfordert Zeit und ein diagnostisches Gespuumlr zum Erkennen der manifestierten Vorstellungen und Konzepte

27 Integriertes Modell

Anhand schriftlicher Standortbestimmungen in Form von informellen Tests wird ein Uumlberblick uumlber den Kompetenzstand aller Kinder einer Klasse gewonnen Der Test sollte dabei so angelegt sein dass eine Auswertung mit geringem zeitlichen Aufwand moumlglich ist er aber trotzdem Indizien dafuumlr liefert ob ein Kind auffaumlllig abweichende Leistungen zeigt und ob es eventuell besondere Schwierigkeiten hat In nachfolgenden individuellen Gespraumlchen mit auffaumlllig gewordenen Kindern werden anhand geeig-neter Fragestellungen und Materialien die spezifischen Schwierigkeiten des Kindes oder seine besondere Leistungsfaumlhigkeit genauer eingegrenzt Fuumlr die so festgestellten Besonderheiten werden nun foumlrderliche Herausforderungen in Form von Einzelauftrauml-gen Gruppenauftraumlgen Klassenauftraumlgen oder Partner- und Gruppenspielen fuumlr die Kinder bereitgestellt die an die Ergebnisse des Gespraumlchs angepasst werden

Dieses Vorgehen soll am Beispiel eines Kindes das in einem schriftlichen Test auffaumlllig wurde illustriert werden

Maria1 ist ein achtjaumlhriges Maumldchen am Ende des zweiten Schuljahres Im schriftlichen Test zeigte sie Auffaumllligkeiten bei der Bearbeitung von Groumlszligen hier Geldwerten Die Aufgabenstellungen stammten aus dem Diagnosebegleiter (Guder et al 2007 a) Sie konnte zunaumlchst mit richtigen Muumlnzwerten den geforderten Geldbetrag darstellen bei der Darstellung durch 1ct Muumlnzen kam sie nicht zum richtigen Ergebnis Ursaumlchlich koumlnnte hier sein dass der Platz fuumlr eine vollstaumlndige Loumlsung mit 1ct Muumlnzen nicht reichte Maria blieb nicht durchgaumlngig bei den zulaumlssigen Muumlnzgroumlszligen und verwen-dete spaumlter Einzelbetraumlge (30 ct) die es nicht als Muumlnze gibt Die Summe betrug aber

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

11

trotzdem 1 euro Maria besitzt also Rechenkompetenzen im Raum bis 100 mit vollen Zehnern und besitzt die Kenntnis dass 1 euro gleich 100 ct sind

Nach der Auswertung des schriftlichen Tests fuumlhrte die Fachkraft ein kurzes Interview Dieses wurde anders als es im Alltag not-wendig waumlre videogra-phiert und transkribiert Maria bekam den Auftrag mit zwei 5 euro-Scheinen und mehreren Muumlnzen in allen Nennwerten von 1 ct bis 2 euro einen Geldbetrag von 10 euro zu legen Dieser Betrag wurde ihr auch als Bild eines 10 euro Scheins praumlsentiert Sie legt daraufhin zwei 5 euro-Scheine

Daran schlieszligt sich folgendes Gespraumlch2 an

I [v] OK Super Kannst Du das auch noch auf eine andere Art

I [nv] Legt die zwei 5euro Scheine zuruumlck

Ma [v] mhm

Ma [nv] Schiebt die Muumlnzen hin und her und

Ma [v] So geht das

Ma [nv] legt anschlieszligend sieben 1 ct und eine 2 ct Muumlnze auf den Tisch

Schiebt die Muumlnzen zusammen

I [v] mhm OK Und sind das 10 euro

Ma [v] ((3s)) Ja ((12s))

Ma [nv] Zaumlhlt die Muumlnzen einzeln nach Dabei tippt sie auf jede 1 ct Muumlnze einzeln und

Ma [v]

Ma [nv] anschlieszligend zweimal auf die 2 ct Muumlnze Holt eine weitere 1 ct Muumlnze dazu die zu-naumlchst herunterfaumlllt und hebt sie wieder auf

I [v] Geht das noch auf eine andere Art

Ma [v] ((55 s))

Ma [nv] Legt alle Muumlnzen und Scheine auseinander dreht sie so dass die Zahlen oben

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Abbildung von Testheft 22A (Guder et al 2007a S 2) copy Ernst Klett Verlag GmbH Eintragungen ergaumlnzt

1 Name geaumlndert2 Das Transkript wurde in Partiturschreibweise mit verbalen und nonverbalen Aumluszligerungen erstellt Dabei stehen gleichzeitige Aumluszligerungen und Handlungen untereinander Die Laumlnge der einzelnen Abschnitte im Transkript sagt dabei nichts uumlber die Laumlnge der Aumluszligerung aus Pausen werden durch Angabe der Laumlnge als in Doppelklammern ein-geschlossene Zeitdauer in Sekunden angegeben Beispiel ((3 s)) bedeutet eine Pause von 3 Sekunden I[v] bedeutet bdquoVerbale Aumluszligerung des Interviewersldquo I[nv] eine bdquononverbale Aumluszligerungldquo bzw Handlung des Interviewers Analoges gilt fuumlr M[v] und M[nv]

12

I [v] Das sind 10 euro

Ma [v] ((10s))

Ma [nv] liegen nimmt 5euro 2 x 2 ct und 1 x 1 ct

Tipp einmal auf 5euro je zweimal auf 2 ct und einmal auf 1 ct Nickt

Man kann erkennen dass Maria auf der reinen Zahlenebene die Zahl 10 zerlegen kann Jedoch ist auffaumlllig dass ihr das Verstaumlndnis fuumlr die unterschiedlichen Werte von Euro und von Cent fehlen

Im anschlieszligenden Interviewteil der ihr Verstaumlndnis fuumlr die Geldwerte genauer un-tersucht wird bestaumltigt dass es bei Maria Verwechslungen zwischen der physischen Groumlszlige und dem Wert von Muumlnzen gibt Sie ist jedoch in der Lage die Muumlnzen in ihrer Kaufkraft zu vergleichen und in die richtige Reihenfolge zu bringen

I [v] Kannst Du die in eine Reihe legen Was ist die wert-vollste Muumlnze

I [nv] Legt 2 ct 5 ct 20 ct 50 ct 1 euro und 2 euro unsortiert auf den Tisch

I [v]

Ma [nv] Bringt schnell die ct Muumlnzen in Reihenfolge legt die Euromuumlnzen uumlbereinander und legt sie neben das 50 ct Stuumlck Tauscht 1euro und 50 ct

I [v] Und wofuumlr kannst Du am meisten kaufen

Und am zweit-meisten

Und am

Ma [nv]

Nimmt 2euro aus der Reihe

Nimmt 1 euro

I [v] drittmei-sten

Am viertmei-sten

Und am fuumlnftmei-sten

Gut

Ma [nv]

Nimmt 50 ct

Nimmt 20 ct

Nimmt 5 ct

Auf den spezifischen Foumlrderbedarf von Maria die Geldwerte von Muumlnzen und Geld-scheinen sicher zu kennen sowie Euro und Cent unterscheiden zu lernen wird nun durch geeignete Herausforderungen eingegangen So bieten sich Partnerarbeiten oder Kleingruppenarbeit an in deren Verlauf Maria direkte Ruumlckmeldungen zu ihren Louml-sungsversuchen bekommt Anknuumlpfend an ihre Rechenkenntnisse koumlnnte beispielwei-se folgendes Vorgehen in den beschriebenen Arbeitsformen mit Unterstuumltzung durch die Lehrkraft gewaumlhlt werden

Arbeits-Sozialform Partner- oder Gruppenarbeit (bis 5 Personen)

Zusaumltzliches Material Rechengeldmuumlnzen

Durchfuumlhrung Ein Kind nimmt zwei Muumlnzen in die Hand und addiert ihrenWert Dann legt es die geschlossene Hand mit den Muumlnzen auf den Tischoder auf seinen Schoszlig bdquoIch habe mit zwei Muumlnzen hellip Euro (Cent) in derHand Welche Muumlnzen sind esldquo Wer es herausfindet darf das naumlchste Raumltselstellen

Variation Die Uumlbung mit drei Muumlnzen durchfuumlhren

Abbildung von Karte Gruumln Dreieck 1 (Guder et al 2007c) copy Ernst Klett Verlag GmbH

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

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Die integrierte Vorgehensweise ermoumlglicht nicht nur die Bestimmung von Defiziten sondern liefert Erkenntnisse uumlber die vorhandenen Kompetenzen und nutzt sie zur Einleitung angemessener individueller Foumlrdermaszlignahmen

Hier besteht die Moumlglichkeit Herausforderungen zu nutzen die es den Kindern ermoumlg-lichen ihre vorhandenen Kompetenzen einzusetzen um die weitergehenden Problem-stellungen zu bearbeiten und so ihre jeweiligen Kompetenzen weiter zu entwickeln

3 Fordern und Foumlrdern

Lernfortschritte und Kompetenzerweiterungen koumlnnen bei allen Kindern unabhaumlngig von ihrem Leistungsstand nur dann gelingen wenn sie mit Anforderungen konfron-tiert werden die noch nicht verfuumlgbare Kompetenzen zur Bewaumlltigung erfordern sie also Faumlhigkeiten entwickeln muumlssen die ihren gegenwaumlrtigen Kenntnisstand uumlbersteigen Insofern sind Foumlrderung und Forderung nur zwei Facetten der glei-chen Idee und stellen eine Herausforderung an die Kinder und ihre gegenwaumlrtigen Kompetenzen dar Dabei muss jedoch darauf geachtet werden dass die vorhan-denen Kompetenzen zur Bewaumlltigung der Herausforderungen nur in einem Maszlige uumlberschritten werden das nicht zu einer Uumlberforderung fuumlhrt Allerdings darf dies nicht dazu fuumlhren dass die Probleme in kleine und kleinste Schritte zerlegt werden so dass die Kinder quasi bdquoam Nasenringldquo durch das Problemfeld gefuumlhrt werden Ziel ist es vielmehr dass sie Grundvorstellungen selbst entwickeln erweitern und in groumlszligere Sinnzusammenhaumlnge stellen Unterschiede zwischen Fordern und Foumlr-dern bestehen daher hauptsaumlchlich in graduellen Abweichungen im Anspruch der individuellen Herausforderungen Diese lassen sich durch Differenzierung realisie-ren Auch wenn die Prinzipien der Differenzierung noch keine Lernerfolge garan-tieren zeigen bdquoErfahrungsberichte aus Skandinavien und aus Leuchtturmschulen in Deutschland hellip dass adaptiver Unterricht funktionieren kannldquo (Helmke 2009 S 258 Hervorhebung im Original) Differenzierung bietet somit Chancen angemessen auf individuelle Schwierigkeiten zu reagieren Dazu lassen sich fuumlr die Grundschule zwei Hauptformen unterscheiden Zum einen gibt es die aumluszligere Differenzierung bei der die Klassen in Gruppen verschiedener Kompetenzstufen unterteilt und angepasst an die Kompetenzstufen unterrichtet werden Diese Form besitzt in der Grundschule eher randstaumlndige Bedeutung und erfolgt houmlchstens in zusaumltzlichen Foumlrderstunden Zum anderen gibt es die im Grundschulunterricht meist praktizierte innere Diffe-renzierung bei der innerhalb eines Klassenverbandes Kindern unterschiedliche Auf-gabenstellungen und Auftraumlge gegeben werden die an ihre Kompetenz angepasst sind und die meist mit Attributen wie leicht mittel und schwer belegt sind oder es gibt einheitliche Lernangebote die auf unterschiedlichen Niveaus bearbeitet werden koumlnnen Diese Lernangebote im Rahmen der so genannten natuumlrlichen Differen-zierung enthalten nach Krauthausen und Scherer eine einheitliche uumlbergeordnete Problemstellung die inhaltlich hinreichend komplex ist und fachlich wohluumlberlegt so gerahmt ist dass sie Fragestellungen unterschiedlicher Schwierigkeit bietet Hier-bei haben die Kinder die Freiheit ihre eigenen Vorgehensweisen auszuwaumlhlen und eigene Hilfsmittel zu nutzen Daneben ist die Kommunikation uumlber die gewaumlhlten Loumlsungswege integraler Bestandteil sodass die Kinder mit alternativen Sichtweisen konfrontiert werden und sie ihr Methodenrepertoire erweitern koumlnnen Neben der Erweiterung ihrer Kompetenzen wird hier auch die Entwicklung einer realistischen Selbsteinschaumltzung gefoumlrdert (vgl KrauthausenScherer 2010 S 5 - 6) Um dies zu

3Fordern und Foumlrdern

14

gewaumlhrleisten muumlssen Kinder auch aufgefordert werden nicht immer nur den ein-fachsten Weg zu waumlhlen sondern sich auch anspruchsvollere Aspekte der Problem-stellung vorzunehmen

Im Folgenden sollen zwei Ansaumltze von Wittmann sowie von Foumlrster und Grohmann vorgestellt werden die eine natuumlrliche Differenzierung ermoumlglichen Wittmann konzi-piert sogenannte Substanzielle Lernumgebungen und Foumlrster und Grohmann entwi-ckeln diese zu einem Konzept zur Planung von einzelnen Unterrichts(doppel)stunden weiter fuumlr die natuumlrlich differenzierende Aufgabenstellungen entworfen werden die allen Kindern Kompetenzerweiterungen ermoumlglichen

31 Substanzielle Lernumgebungen

Um Lernprozesse und Kompetenzerweiterungen bei Kindern anzustoszligen und da-mit letztendlich Lernerfolge moumlglich zu machen schlaumlgt Wittmann sogenannte Sub-stanziellen Lernumgebungen vor fuumlr die er Folgendes fordert

1 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen zentrale Ziele Inhalte und Prinzipien des Mathematikunterrichts repraumlsentieren

2 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen reiche Moumlglichkeiten fuumlr mathematische Aktivitaumlten von Schuumllerlnnen bieten

3 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen flexibel sein und leicht an die speziellen Gegebenheiten einer bestimmten Klasse angepasst werden koumlnnen

4 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen mathematische psychologische und paumldagogische Aspekte des Lehrens und Lernens in einer ganzheitlichen Weise integrieren und daher ein weites Potential fuumlr empirische Forschungen bieten (Wittmann 1998 S 337-338)

Die Aufgabenstellungen und Herausforderungen in Substanziellen Lernumgebungen sollten sich in diesem Sinne also mit grundlegenden Themen des Mathematikunter-richts beschaumlftigen Eine Auseinandersetzung mit sehr engen Aufgabenstellungen oder Einzelfaumlllen ist nur dann angebracht wenn sich daran uumlber den Einzelfall hinausge-hende allgemeine Erkenntnisse gewinnen lassen

Daruumlber hinaus ist es wesentlich dass die Auseinandersetzung mit der Aufgabenstel-lung auf verschiedene Arten erfolgen kann und somit der groszligen Heterogenitaumlt der Kinder in einer Klasse genuumlgt Auszligerdem muumlssen die verschiedenen mathematischen Aktivitaumlten Erkenntnisse uumlber mathematisches Vorgehen ermoumlglichen um neue Ope-rationen anzubahnen oder bereits bekannte zu festigen Durch probierendes Untersu-chen von Zusammenhaumlngen werden bei leistungsschwachen Kindern die Grundfertig-keiten geuumlbt und bei leistungsstaumlrkeren Kindern Erkenntnisse ermoumlglicht die uumlber die Einzelfaumllle hinausgehen

Die geforderte Flexibilitaumlt ist ein weiterer wesentlicher Aspekt da unterschiedliche Gruppen von Lernenden unterschiedliche Beduumlrfnisse haben Auch muumlssen die Anfor-derungen und ihre Praumlsentationen so gewaumlhlt sein dass sie an verschiedene Anspruumlche angepasst werden koumlnnen und im Idealfall in verschiedenen Jahrgangsstufen mit ver-aumlnderten Grundannahmen eingesetzt werden koumlnnen

Die vierte Forderung ist evident da Lernumgebungen die diese Forderungen verlet-zen entweder nicht zum Lernen von Mathematik oder nicht zum Lernen von Mathe-matik geeignet sind

3Fordern und Foumlrdern

15

Der letzte Nachsatz der vierten Forderung ist nur eine Folgerung aus dem vorherge-henden da derartig gestaltete Lernumgebungen durch die unterschiedlichen Heran-gehensweisen selbstverstaumlndlich das Potential bieten diese qualitativ oder quantitativ zu erfassen und empirische Kategorienbildung ermoumlglichen Die Analyse eroumlffnet Er-kenntnisse uumlber das Potential von Aufgaben die geforderten Kompetenzen und die Herangehensweise der Kinder die sie bearbeitet haben Die Aufgaben besitzen also auch diagnostisches Potential

Das Konzept soll am Beispiel Rechenraupen erlaumlutert werden das auf eine von Stein-bring (1995 1997) beschriebene Uumlbungsform zuruumlckgeht

In einer Rechenraupe wird wie folgt gerechnet

In das letzte Koumlrperglied wird die Startzahl (im Beispiel die 2) geschrieben

Die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der Startzahl plus der Additionszahl (hier die 3) die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der zweiten auch durch Addition von 3 Alle wei-teren Koumlrperzahlen werden genauso berechnet

Um die Zielzahl im Kopf einer Rechenraupe auszurechnen werden alle Zahlen im Koumlr-per addiert

Dieses Aufgabenformat repraumlsentiert als zentrale Ideen der Mathematik

middot arithmetische Folgen und Reihen middot Rekursionen middot Summenberechnung fuumlr arithmetische Folgen

middot Addition und als Umkehrung die Subtraktion

middot Multiplikation und als Umkehrung die Division

middot funktionale Zusammenhaumlnge Bei gegebener Startzahl und Additionszahl sind die mathematischen Aktivitaumlten zunaumlchst beschraumlnkt gibt man hier jedoch beispielswei-se zwei Koumlrperzahlen vor so muss durch Dif-ferenzbildung und Division die Additionszahl bestimmt werden Durch Vorgabe der Zielzahl und durch die Suche nach Start- und Additi-onszahl wird durch systematisches Probieren eine Vielzahl an Additionen durchgefuumlhrt und die Rechenfertigkeit geuumlbt Gerade die Suche nach verschiedenen Moumlglichkeiten eine be-stimmte Zielzahl zu erreichen beruumlcksichtigt das Prinzip des entdeckenden problem-loumlsenden Lernens denn jedes Kind kann seinen Weg zur Loumlsung des Problems selbst waumlhlen Weitere Variationsmoumlglichkeiten dieser Lernumgebung finden sich bei Stein-bring (1995 1997) Das Aufgabenformat zeigt dass es mithilfe der Variationen an die

3Fordern und Foumlrdern

a) Versucht die Startzahl und die Addi-tionszahl so zu waumlhlen dass ihr moumlg-lichst nah an die Zielzahl 50 kommt

b) Versucht mehrere Loumlsungen fuumlr die Zielzahl 50 zu finden

c) Schaut euch alle eure Zielzahlen an Was stellt ihr fest

d) Kann man auch die Zielzahl 66 treffen

e) Bestimmt fuumlr die Zahlen oben die Ad-ditionszahl die Startzahl und die Zielzahl

16

Beduumlrfnisse einer Lerngruppe angepasst werden kann und verschiedene Ziele verfolgt werden koumlnnen

Eine Fuumllle von weiteren Beispielen derartiger Substanzieller Lernumgebungen findet sich in den Veroumlffentlichungen des Projekts bdquomathe 2000ldquo insbesondere in den Hand-buumlchern Produktiver Rechenuumlbungen von Gerhard N Muumlller und Erich Ch Wittmann (1992 1993) Weitere Quellen sind die Lernumgebungen von Nuumlhrenboumlrger und Pust (2006) sowie die Lernumgebungen fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte von Hen-gartner et al (2006) und von Hirt und Waumllti (2008)

32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung

Will man als Lehrkraft nicht nur auf bereits vorliegende Lernumgebungen zuruumlckgrei-fen sondern selbst geeignete Umgebungen generieren so bietet sich das Konzept von Foumlrster und Grohmann an Sie entwickelten ein Konzept zur Aufgabenoumlffnung ur-spruumlnglich zur Begabungsfoumlrderung zeigen dabei aber auch das Potential auf das ihr Vorgehen zur Foumlrderung aller Kinder innerhalb des alltaumlglichen Mathematikunterrichts besitzt Sie machen dabei folgende Grundannahmen zum mathematischen Gehalt die denen von Wittmann fuumlr seine Substanziellen Lernumgebungen aumlhneln Im Einzelnen fordern sie dass bdquodie Offenheit in der Wahl der Hilfsmittel der Loumlsungswege und der Ergebnisdarstellung hellip das Loumlsen der Ausgangsaufgabe und weiterer Anschlusspro-bleme Eigenproduktionen der Kinderldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) erlaubt bzw foumlrdert und dass bdquodie reichhaltige mathematische Substanz und inhaltliche Offenheit der Ausgangsaufgabe hellip vielfaumlltige Moumlglichkeiten zum Mathematiktreibenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) bietet

Diesen Forderungen stellen Foumlrster und Grohmann die beiden folgenden weniger auf den mathematischen Gehalt als auf das Wecken von Interesse und die Verstaumlndlichkeit der Aufgabenstellung gerichteten Kriterien voran naumlmlich dass bdquoder jeweilige Inhalt einer (Ausgangs-)Aufgabe hellip Neugier und Interesse hellip weckenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) soll und dass die bdquoAusgangsaufgabe hellip leicht verstaumlndlich [ist] sodass alle Kinder die Chance haben sich mit der Aufgabe erfolgreich auseinanderzusetzenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) Neben der Erfuumlllung dieser Bedingungen sollen die Aufgabensequenzen die durch Oumlffnung entstehen so entwickelt werden dass sie in einer Unterrichtsstunde bearbeitet werden koumlnnen Ziel dieser Aufgabenstellungen ist das Uumlben Die Oumlffnung ermoumlglicht aber auch dass andere Kinder bei der Bearbeitung weitergehende Erkenntnisse gewinnen und ihre Kompetenzen erweitern koumlnnen

Als Ausgangspunkte der Oumlffnung schlagen Foumlrster und Grohmann zum einen ge-schlossene Aufgaben aus Schulbuumlchern vor deren curriculare Anbindung in der Regel gegeben ist und zum anderen bdquoKnobel-ldquo oder Problemaufgaben Stammen letztere nicht aus Schulbuumlchern so sollte zunaumlchst die curriculare Einbindung geklaumlrt werden

Foumlrster und Grohmann schlagen zur Gewinnung folgendes Vorgehen vor

Vorgehensweisen fuumlr das Erstellen geoumlffneter AufgabensequenzenAusgangspunkt

Geschlossene Aufgaben(z B aus Schulbuumlchern)

AusgangspunktbdquoKnobelldquo- bzw Problemaufgaben(z B aus Aufgabensammlungen)

a) Analyse des mathematischen Gehalts der uumlber den Uumlbungseffekt hinausweist bzw hinauswei-sen kann

a) Analyse der Moumlglichkeiten curricularer Einbindung auf Grundlage verschiedener Loumlsungswege

3Fordern und Foumlrdern

17

b) Formulierung einer (meist) geoumlffneten Pro-blemstellung die neben dem Uumlbungsgehalt auch den Zugang zum mathematischen Gehalt (implizit) anregt

b) Analyse des Uumlbungspotenzials bei probierender Bearbeitung des Loumlsungsprozesses und der mathematischen Struktur der Aufgabe

c) Analyse weiterer moumlgl auch andersartiger Loumlsungsmoumlglichkeiten fuumlr die Kinder

d) Ausweitung der Fragestellung d h weitere moumlgl viele Fragen finden mit unterschiedlichen Bedin-gungen (Vorrausetzungen Einschraumlnkungen ) fuumlr die Problemstellung

e) Zusammenfassen aller Fragen in (moumlglichst) einer einzigen Fragestellung

f) Ein leichtes Ausgangsproblem wird erstellt dessen Bearbeitungszeit fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuuml-ler ungefaumlhr gleich ist ggf Verstaumlndnisfragen klaumlrt und zu probierenden Ansaumltzen anregt

g) Moumlgliche offenegeoumlffnete Anschlussfragen werden konzipiert

(FoumlrsterGrohmann 2010 S 114 Hervorhebungen aus dem Original)

Das folgende Aufgabenpaumlckchen aus dem Uumlbungsheft zu Welt der Zahl 4 dient als Ausgang fuumlr die Oumlffnung einer bdquogeschlossene Aufgabeldquo

Abbildung aus RinkensHoumlnisch 2006 S 29 copy Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schoumlningh Winklers GmbH

Ziel und mathematischer Gehalt (a) dieser Aufgabe ist originaumlr das Uumlben schriftlicher Multiplikation vier- bis fuumlnfstelliger Faktoren mit einem einstelligen zweiten Faktor so-wie das Sortieren fuumlnfstelliger Zahlen der Groumlszlige nach Daruumlber hinaus koumlnnte man in eine solche Uumlbung auch noch den Einfluss der Stellen an denen Ziffern stehen auf die Groumlszlige der Ergebnisse mit untersuchen

Als geoumlffnete Problemstellung (b) bietet sich hier an nicht mit willkuumlrlich vorgege-benen Zahlen zu hantieren sondern die Kinder erkunden zu lassen bei welcher Anord-nung von gegebenen Ziffern das Ergebnis am groumlszligten wird Eine entsprechende offene Fragestellung koumlnnte dann folgende sein

Ihr habt fuumlnf Ziffernkaumlrtchen mit den Ziffern 2 3 4 7 und 9 zur Verfuumlgung Daraus bildet Ihr eine vierstellige Zahl und multipliziert sie mit der fuumlnften Zahl Bestimmt das groumlszligte Produkt

Um diese Aufgabenstellung zu bearbeiten koumlnnten die Kinder unter anderem folgende Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) waumlhlen Sie koumlnnten systematisch probierend herangehen Es koumlnnten aber auch Kinder auf die Idee kommen dass das Produkt am groumlszligten wird wenn aus den Ziffern fuumlr den ersten Faktor die groumlszligte moumlgliche Zahl gebildet wird wenn also die vier Ziffern des ersten Faktors der Groumlszlige nach von groszlig nach klein sor-tiert sind Die Kinder muumlssten dann nur noch die fuumlnf Wahlmoumlglichkeiten der Ziffern fuumlr den zweiten Faktor uumlberpruumlfen

3Fordern und Foumlrdern

18

Als moumlgliche weitere Fragen (d) koumlnnte man untersuchen wie groszlig die Aumlnderungen im Ergebnis sind wenn man zwei der vorhandenen Ziffern gegeneinander tauscht und welche Gesetzmaumlszligigkeiten dabei auftreten oder welches das groumlszligte Ergebnis ist wenn man die Vorgabe vierstellige und einstellige Faktoren wegfallen laumlsst und auch die Multiplikation eines dreistelligen mit einem zweistelligen Faktor zulaumlsst

Als zentrale einzige Fragestellung (e) bietet sich hier der anfaumlnglich bereits formu-lierte Erkundungsauftrag nach dem groumlszligtmoumlglichen (kleinstmoumlglichen) Ergebnis bei der Multiplikation von einem vierstelligen und einem einstelligen Faktor an Werden die Kinder dabei auch aufgefordert Vermutungen anzustellen zu uumlberpruumlfen und ge-gebenenfalls zu begruumlnden so werden durch diese Fragestellung neben der Uumlbung des schriftlichen Multiplizierens auch prozessbezogene Kompetenzen in verschiedenen Anforderungsniveaus gefordert

Als leichtes Ausgangsproblem (f) das von allen Kindern mit vergleichbarem Aufwand bearbeitet werden kann soll eine Aufgabe dienen die den Fokus auf den Groumlszligen-vergleich verschiedener Multiplikationsaufgaben aus Zahlen mit permutierten Ziffern lenkt

Als geoumlffneteoffene Anschlussfragen (g) die Erkenntnisse uumlber das Uumlben der schrift-lichen Multiplikation hinaus ermoumlglichen bietet es sich an tatsaumlchlich die oben ge-nannten Erweiterungen der Fragestellung auf quantitative Auswirkungen von Ziffern-vertauschungen oder die Untersuchung von Aufgaben mit zwei- und dreistelligen Faktoren zu waumlhlen

Aus diesen Analysen laumlsst sich dann folgende Aufgabensequenz konstruieren

a) Nehmt vier verschiedene Ziffern und bildet daraus eine vierstellige Zahl Nehmt eine fuumlnfte Ziffer und multipliziert die vierstellige Zahl schriftlich damit Bildet aus den fuumlnf Ziffern drei weitere Multiplikationsaufgaben Sortiert die Ergebnisse der Groumlszlige nach

b) Nehmt eine der Aufgaben und vertauscht in der vierstelligen Zahl zwei der vorhandenen Ziffern Multipliziert nun Vergleicht die Ergebnisse Vermutet wann das Ergebnis groumlszliger wird Schreibt eure Vermutung auf und uumlberpruumlft sie

c) Nehmt wieder fuumlnf verschiedene Ziffern und sucht die Multiplikationsaufgabe einer vierstelligen mit einer einstelligen Zahl aus diesen Ziffern mit dem groumlszligten Ergebnis

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer geschlossenen Schulbuchaufgabe Diese Auf-gabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die nebenstehende Knobelaufgabe von Renate Rasch (2003 S 97) dient als Aus-gangspunkt zur Entwicklung einer geoumlff-neten Aufgabensequenz

Curricular (a) laumlsst sich diese Aufgabe ei-nerseits bei den prozessbezogenen Kompe-tenzen insbesondere beim Problemloumlsen einordnen Inhaltlich kann diese Aufgabe zur Leitidee bdquoZahlen und Operationenldquo Kompetenzbereich bdquoRechenoperationen verste-hen und beherrschenldquo und zur Leitidee bdquoMuster und Strukturenldquo Kompetenzbereich bdquoGesetzmaumlszligigkeiten erkennen beschreiben und darstellenldquo zugeordnet werden Je

9 Geschichte Quicki las in einer Woche ein Buch von 133 Seiten

Am Montag las sie einige Seiten und von da ab jeden Tag 5 Seiten mehr als am Tag davor Am Sonntag wurde sie fertig

Wie viele Seiten las sie am Montag

3Fordern und Foumlrdern

19

nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

3Fordern und Foumlrdern

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auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

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Guder K-U Kruumlger H amp Pyroth S (2008b) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Klassentesthefte 3-4 Schuljahr Jeweils Teile 1 und 2 Stuttgart Klett

Guder K-U Pyroth S Kruumlger H Dreier N amp Winkelmann I (2008c) Diagnosebegleiter ndash Mathema-tik Einzeltestkartei 34 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Pyroth S Kruumlger H Dreier N amp Winkelmann I (2008d) Diagnosebegleiter ndash Mathema-tik Foumlrderkartei 34 Schuljahr Stuttgart Klett

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Partner des Programm

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S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

Programmkoordination fuumlr die Laumlnder durch dasMinisterium fuumlr Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBK)Dr Kai Niemannwwwschleswig-holsteindeMBKDEMBK_nodehtml

Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

4

Sowohl fuumlr die Bestimmung als auch fuumlr die Herausforderung von Kompetenzen sind geeignete Anforderungen und Aufgaben fuumlr die Kinder notwendig Dabei sind zu-naumlchst zwei Typen von Aufgaben zum Leisten und zum Lernen zu unterscheiden Die Aufgaben zum Leisten dienen dazu die Kompetenzen der Kinder fuumlr sie selbst und fuumlr andere speziell fuumlr die Lehrkraft erfahrbar zu machen Sie bieten dadurch dem Kind die Chance seine eigenen Kompetenzen angemessen einzuschaumltzen und der Lehrkraft Moumlglichkeiten angemessene Leistungsurteile abzugeben und ruumlckzumelden Auf-gaben zum Lernen dienen dazu den Kompetenzstand zu erweitern und zu sichern Fuumlr die Lehrkraft koumlnnen sie auch als Hilfsmittel zur Beobachtung von Lernprozessen dienen Beide Aufgabentypen liefern daher Moumlglichkeiten zur Kompetenzfeststellung (vgl BuumlchterLeuders 2005 S 12)

Neben diesem auf das Individuum ausgerichteten Blick kann und soll eine Kompetenz-diagnostik auch Ruumlckschluumlsse uumlber den Unterricht zulassen die der Reflexion des ei-genen unterrichtlichen Handelns dienen und zur Verbesserung und Weiterentwicklung der Unterrichtsqualitaumlt genutzt werden koumlnnen

Im Folgenden sollen verschiedene Moumlglichkeiten zur Diagnostik genauer beleuchtet und in ihrer Funktion eingeordnet werden Anschlieszligend wird ein Konzept zur indivi-duellen Foumlrderung vorgestellt und es werden Moumlglichkeiten zur Herausforderung aller Kinder im alltaumlglichen Unterricht behandelt

2 Moumlglichkeiten der Diagnostik

21 Produkte und Prozesse

Welche Kompetenzen sollen bei Schuumllerinnen und Schuumllern durch Diagnostik uumlber-haupt erfasst werden Eine Antwort darauf geben die Bildungsstandards (KMK 2005 S 6-7) die die Unterscheidung zwischen bdquoAllgemeinen mathematische Kompetenzenldquo und bdquoInhaltsbezogenen mathematische Kompetenzenldquo vornehmen Hierbei lassen sich zu den inhaltsbezogenen Leitideen (Zahlen und Operationen Raum und Form Muster und Strukturen Groumlszligen und Messen und Daten Haumlufigkeit und Wahrscheinlichkeit) in der Regel deutlich leichter Kriterien formulieren die zeigen ob diese Kompetenzen erreicht sind und sie lassen sich in der Regel oumlkonomischer schriftlich erheben

Die allgemeinen Kompetenzen (Problemloumlsen Argumentieren Modellieren Kom-munizieren und Darstellen) lassen sich dagegen weniger gut erfassen eine Kompe-tenzdiagnostik bleibt hier schwieriger Schriftliche Darstellungen gerade von Grund-schulkindern sind oft schwer verstaumlndlich und beduumlrfen einer aufwaumlndigen Deutung Die Einordnungen muumlndlicher Aumluszligerungen im Unterrichtsgespraumlch in Echtzeit ist an-spruchsvoll und fuumlhrt sehr leicht zu Fehleinschaumltzungen Erschwerend ist dass der ku-mulative Aufbau dieser Kompetenzen in einem laumlngerfristigen Prozess geschieht Die Erfassung kann daher nicht nur punktuell sondern muss zu mehreren Zeitpunkten erfolgen

Neben der Unterscheidung in allgemeine prozessbezogene und inhaltsbezogene Kom-petenzen muss geklaumlrt werden welches Ziel mit der angestrebten Diagnostik verfolgt werden soll Soll die sichere Kenntnis und Beherrschung von Standardverfahren un-tersucht werden oder soll festgestellt werden wie Kinder denken und argumentie-ren und ob sie ein Verfahren beherrschen oder eben auch warum sie es noch nicht beherrschen Benoumltigt werden also Verfahren die sowohl allgemeine Kompetenzen

1Einfuumlhrung

5

und inhaltsgebundene Kompetenzen als auch Leistungen und Denkprozesse erfassen koumlnnen

Neben diesen Abgrenzungen bezuumlglich der betrachteten Kompetenzen muumlssen ver-schiedene diagnostische Grundpositionen unterschieden werden Jordan und vom Hofe (2008 S 4-5) unterscheiden zwei diagnostische Perspektiven bdquoProduktorien-tierte Diagnostikldquo und bdquoProzessorientierte Diagnostikldquo Sie charakterisieren sie in fol-gender Form

bdquoProduktorientierte Diagnostik

Methoden die auf die Erfassung individueller Lernergebnisse (also auf die Produkte) ausgerichtet sind gehoumlren zur sogenannten produktorientierten Diagnostik Der Leh-rer wertet die Ergebnisse aus (meist gemaumlszlig der Pole korrektldquo oder nicht korrektldquo) und kommt zu einer Einordnung der erbrachten Leistung (kannldquo oder kann nichtldquo)ldquo (Jordanv Hofe 2008 S 4)

bdquoProzessorientierte Diagnostik

Zu einer prozessorientierten Diagnostik gehoumlren vor allem Methoden die auf die Er-fassung individueller Lernprozesse ausgerichtet sind Ziel ist es die einem Ergebnis zugrunde liegenden Gedanken eines Schuumllers einer Schuumllerin besser zu verstehen (Warum wird etwas gekonnt oder nicht gekonntldquo) um moumlglichst angemessen auf eine Loumlsung oder Schuumllerantwort reagieren zu koumlnnenldquo (Jordanv Hofe 2008 S 5)

Diese beiden Perspektiven muumlssen unabhaumlngig von den Kompetenzbereichen gesehen werden da sowohl prozessbezogene Kompetenzen als auch inhaltliche Kompetenzen an einem Produkt beurteilt werden koumlnnen So lassen sich beispielsweise geeignete Kriterien formulieren wann eine Argumentation als schluumlssig und uumlberzeugend ge-wertet wird Genauso koumlnnen beide Kompetenzbereiche aus prozessorientierter Per-spektive betrachtet werden und beispielsweise Denkvorgaumlnge bei der Bearbeitung von Standardaufgaben rekonstruiert und in ihrem sachlogischen Aufbau oder ihrer kogni-tiven Struktur beschrieben werden

In diesen beiden Prinzipien spiegeln sich auch die Funktionen in denen sich Schule und Lehrkraft bei der Diagnostik befinden wieder Sie dient zum einen als Steuerungs-instrument das Entscheidungen uumlber Schullaufbahnen von Kindern rechtfertigt und zum anderen als Entwicklungsinstrument das die Kompetenzen des einzelnen Kindes als Ausgangspunkt fuumlr eine passende Unterstuumltzung erfasst um sie weiter zu entwi-ckeln (vgl Grundschulverband 2003 S 2) Diagnostik dient also dazu Informationen zum Lernverhalten des Kindes zu sammeln und aufzubereiten mit dem Ziel sie fuumlr seinen weiteren Lernprozess zu nutzen

Im Folgenden werden verschiedene Verfahren zur Kompetenzbestimmung genauer dargestellt

22 Standardisierte Tests

Bei standardisierten Tests handelt es sich um Verfahren die durch ihre Konstruktion objektiv reliabel und valide sind das heiszligt dass ihre Ergebnisse moumlglichst unabhaumlngig von den Durchfuumlhrenden und den Auswertenden sind dass sie die zu uumlberpruumlfen-de Kompetenz moumlglichst genau und ohne groszlige Streuung nachweisen und dass sie tatsaumlchlich die Kompetenzen uumlberpruumlfen die sie uumlberpruumlfen sollen Um diese Qua-

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

6

litaumltsmerkmale zu erfuumlllen werden die entworfenen Testaufgaben psychometrisch uumlberpruumlft Auszligerdem wird die Durchfuumlhrung eindeutig geregelt und die Auswertung erfolgt anhand praumlzise vorgeschriebener genau formulierter Kriterien Die Testauf-gaben sind in der Regel so konstruiert dass ihre erfolgreiche Bearbeitung von genau einer Kompetenz oder Faumlhigkeit abhaumlngt Aus oumlkonomischen Gruumlnden sind diese Tests meist schriftlich zu bearbeiten Die Einschaumltzung der Leistungen in diesen Tests erfolgt anhand einer Normstichprobe deren Bearbeitungserfolge als Maszligstab eingesetzt wer-den Sie sind zu den produktorientierten Verfahren zu zaumlhlen

Beispiele fuumlr standardisierte Tests zur mathematischen Kompetenzbestimmung die Lehrkraumlften zur Verfuumlgung stehen sind der curriculumsvalide Deutsche Mathematik-test (DeMaT) (Krajewski et al 2002 2004) (Roick 2004) (Goumllitz et al 2006) oder der Hamburger Rechentest (HaReT) (Lorenz 2006) Auch die Vergleichsarbeiten VERA 3 (ZEPF 2011) gehoumlren zu den standardisierten Tests die zur Unterrichtsentwicklung genutzt werden IGLU- (Bos et al 2003) und TIMSS -Tests (Bos et al 2008) koumlnnen nicht genutzt werden da sie der Oumlffentlichkeit nicht zur Verfuumlgung stehen

Ein wesentlicher Vorteil standardisierter Tests ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse Dadurch wird verhindert dass eine Lehrkraft sich nur am Klassendurchschnitt oder an subjektiven Maszligstaumlben orientiert Vermieden werden dadurch Effekte bei der Beur-teilung die sich durch die Zusammensetzung der eigenen Klasse oder des Einzugsge-biets der Schule ergeben koumlnnten Auszligerdem liefern sie falls die Leistungen einzelner Kinder deutlich von den Erwartungen abweichen Anhaltspunkte fuumlr dringenden Foumlr-derbedarf oder auch fuumlr den Bedarf besonderer Forderung Zum Teil besteht jedoch die Gefahr von sogenannten Deckeneffekten wie beispielsweise beim HaReT (Lorenz 2006 S 5) dessen Tests bewusst bdquoso konstruiert [sind] dass sie moumlglichst im unteren Leistungsbereich differenzierenldquo und bdquoein Deckeneffekt fuumlr die leistungsstaumlrkeren Schuumllerinnen und Schuumller hellip bewusst in Kauf genommenldquo wird Diese Deckeneffekte bedeuten dass die Testitems so entworfen sind dass die leistungsstarken Kinder fast alle Items ohne Schwierigkeiten oder Fehler bewaumlltigen und somit ihre Leistungsfaumlhig-keit nicht mehr unterschieden werden kann Ausgehend von den Ergebnissen sollte sich bei nach unten abweichenden Leistungen moumlglichst noch eine differenziertere individuelle Foumlrderdiagnostik anschlieszligen um die Ergebnisse weiter abzusichern und individuelle Foumlrdermoumlglichkeiten aufzuzeigen Ein weiterer Vorteil eines standardisier-ten Testverfahrens kann sein dass Klasseneffekte sichtbar werden die einen Einstieg in eine Veraumlnderung des Unterrichtsstils ausloumlsen koumlnnten

Neben der reinen Beschreibung bdquokannldquo oder bdquokann nichtldquo erlauben derartige Test-verfahren gegebenenfalls auch Beschreibungen von Schwierigkeiten auf curricularer Ebene So lassen sich beispielsweise Feststellungen wie bdquoSabine kann Uumlbertraumlge bei der schriftlichen Addition sachgerecht verarbeiten Uumlbertraumlge bei der schriftlichen Sub-traktion mit Zwischennullen beherrscht sie noch nichtldquo treffen Aussagen uumlber men-tale Vorgaumlnge und moumlgliche kognitive Schwierigkeiten sowie die Einleitung geeigneter Foumlrdermaszlignahmen sind jedoch kaum moumlglich Um daruumlber Informationen zu erhal-ten werden Verfahren zur prozessorientierten Diagnostik eingesetzt die meist nicht standardisiert sind Beispiele dafuumlr finden sich weiter unten Weitere Nachteile fuumlr die Verwendung von standardisierten Tests im Alltag koumlnnen die Kosten zur Anschaffung der Tests sowie der zeitliche Aufwand zur Durchfuumlhrung gemaumlszlig der Vorgaben sein

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

7

23 Informelle schriftliche Testverfahren

In den Durchfuumlhrungsbedingungen weniger rigide als die standardisierten Verfahren sind informelle schriftliche Testverfahren die jedoch meist auch produktorientiert sind Hier koumlnnen professionell entworfene jedoch nicht standardisierte Testverfahren ein-gesetzt werden die zwar Auskunft uumlber die vorhandenen Kompetenzen geben aber keinen Anspruch erheben eine quantifizierte Einordnung der Kompetenzen im Ver-gleich mit einem Normschuumller vorzunehmen Dabei gibt es Testverfahren die sich an einzelnen Lehrbuumlchern oder Lehrgaumlngen orientieren und meist Begleitmaterial zum jeweiligen Lehrgang sind oder lehrwerksunabhaumlngige Testverfahren (zB Diagnosebe-gleiter Guder et al 2007a 2007b 2008b) Auszligerdem erheben diese informellen Tests in der Regel nicht den Anspruch mithilfe der Loumlsung einer Testaufgabe jeweils genau eine Faumlhigkeit zu testen Zur erfolgreichen Bearbeitung der Aufgaben sind haumlufig meh-rere Faumlhigkeiten notwendig so dass aus der falschen Loumlsung nicht auf eine einzelne mangelhaft ausgebildete Faumlhigkeit zuruumlckgeschlossen werden kann Derartige infor-melle Tests gibt es mittlerweile von diversen Verlagen auch internetgestuumltzt Damit ist eine Bearbeitung am Rechner moumlglich Meist sind diese Tests produktorientiert und koumlnnen da die Auswertung regelbasiert per Computer erfolgt kaum Aufschluss uumlber konkrete Lernprozesse geben Regeln zur Beurteilung von prozessorientierten Kompe-tenzen sind nur unter groszligem Aufwand zu erreichen da alle frei geaumluszligerten richtigen Antworten erfasst werden muumlssten

Neben diesen kommerziellen Verfahren bieten sich natuumlrlich auch selbst entworfene Tests (z B Klassenarbeiten) an die spezifisch auf die vermittelten Inhalte abgestimmt sind Gefahren dieser Testverfahren bestehen in einer Orientierung an einer Sozial-norm innerhalb der Klasse die zu Fehleinschaumltzungen der Kompetenzen fuumlhren kann Speziell der Einsatz von Klassenarbeiten die auch zur Notenfindung genutzt werden birgt auszligerdem die Gefahr dass hier nur kurzfristiges Lernen forciert wird und entspre-chend kurzlebige Lernerfolge festgestellt werden

Vorteile dieses informellen Vorgehens mit selbst erstellten Aufgabenstellungen sind die groumlszligere Passung zum vorhergehenden und anschlieszligenden Unterricht und die Moumlg-lichkeit gezielt spezifische diagnostische Fragen zu untersuchen Die eingesetzten Aufgabenstellungen unterscheiden sich in der Intention mit der sie gestellt werden Soll der Test differenzierte Auskuumlnfte uumlber das Beherrschen von Rechenfertigkeiten geben so muumlssen die Aufgaben so gestellt werden dass bekannte curriculare Huumlrden identifizierbar sind Mehrere Aufgaben zu einem Inhalt sollten daher unterschiedliche Schwierigkeitsstufungen gemaumlszlig der drei in den Bildungsstandards formulierten An-forderungsbereiche Reproduzieren Zusammenhaumlnge herstellen sowie Verallgemei-nern und Reflektieren (vgl KMK 2005 S 13) enthalten Bereits in den 1980er Jahren schlugen Radatz (1980) und Gerster (1982) geeignete Aufgaben vor die Fehlvorstel-lungen identifizieren koumlnnen Dieses Vorgehen laumlsst daher trotz einer produktorien-tierten Diagnostik Ruumlckschluumlsse auf Ursachen fuumlr Fehler zu

Soll ein informeller schriftlicher Test gezielt nicht nur uumlber inhaltsgebundene Kompe-tenzen Auskunft geben so muumlssen Aufgabenformate gewaumlhlt werden die die pro-zessbezogenen Kompetenzen uumlberpruumlfen Die Aufgabenformate muumlssen daher offen gestaltet sein damit Kinder die Moumlglichkeit haben sich frei zu den Anforderungen zu aumluszligern Anhand der von den Kindern gewaumlhlten Loumlsungswege und ihren Darstel-lungen lassen sich dann Ruumlckschluumlsse auf individuelle Denkweisen ziehen

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

8

24 Interviews und diagnostische Gespraumlche

Hierbei bearbeitet ein Kind im Gespraumlch mit der diagnostizierenden Person Problem-stellungen Das Kind wird ermuntert seine Gedankengaumlnge bei der Loumlsung zu verba-lisieren oder handelnd zu demonstrieren ohne dass die interviewende Person inhalt-lich hilft oder unterstuumltzt (zur Methode vgl SelterSpiegel 1997 S 100-112) Gerade hierbei lassen sich die allgemeinen prozessbezogenen Kompetenzen deutlich besser feststellen als es in schriftlichen Testverfahren moumlglich ist Die herausfordernden Auf-gaben an das Kind muumlssen so ausgewaumlhlt werden dass sie unterschiedlich bearbeitet werden koumlnnen damit mithilfe der Versprachlichung die Denkprozesse und Vorstel-lungen des Kindes rekonstruiert werden und Ruumlckschluumlsse auf die Kompetenzen erfol-gen koumlnnen Durch geeignete Anschlussfragen sollten Hypothesen uumlber Ursachen des Fehlverstaumlndnisses weiter untersucht werden um gegebenenfalls geeignete Foumlrder-maszlignahmen einzuleiten

Zu nennen ist hier beispielsweise das ElementarMathematische BasisInterview (EMBI) das eine Anleitung zur individuellen Diagnose von mathematischen Kompetenzen in den ersten Schuljahren bietet und dabei nicht nur bereits vorhandene schulische Faumlhig-keiten und Fertigkeiten sondern auch basale Lernvoraussetzungen mit untersucht Es bietet dem Kind bdquoindividuelle Herausforderungen und die Gelegenheit zu zeigen was es alles schon kann und weiszlig So werden sowohl besondere Staumlrken als auch beson-derer Unterstuumltzungsbedarf in einer Form offengelegt die direkte Anknuumlpfungspunkte fuumlr Unterricht und Einzelfoumlrderung bietetldquo (Peter-Koop et al 2007 S 4) Hierbei wird es den Kindern ermoumlglicht durch Handlungen mit Material auch Ideen zu zeigen die sie noch nicht verbalisieren oder gar verschriftlichen koumlnnen

Ein weiteres Instrument das geeignetes Material zur Interviewfuumlhrung bereitstellt sind die Einzeltestkarteien des Diagnosebegleiters (Guder et al 2007c und 2008d) Dieses Material stellt geeignete Aufgabenstellungen bereit anhand derer die Kinder ihre Kompetenzen zeigen koumlnnen Je nach dem Antwortverhalten des Kindes folgen verschiedene weitergehende Fragen und Aufgabenstellungen Auszligerdem gibt es dazu Hinweise auf Foumlrderaufgaben die auf moumlgliche Schwierigkeiten eingehen und die grundlegenden Kompetenzen foumlrdern

Bei diesem Verfahren ist ein hoher zeitlicher Aufwand fuumlr die Durchfuumlhrung der Einzel-gespraumlche erforderlich Nutzbar fuumlr kuumlrzere diagnostische Gespraumlche sind Einzel- oder Freiarbeitsphasen im Unterricht in denen sich die Lehrperson einem einzelnen Kind widmen kann Die Durchfuumlhrung von Interviews erfordert in jedem Fall eine hohe diagnostische Kompetenz

25 Beobachtungen

Neben gezielt initiierten Testsituationen oder Interviews bieten sich Beobachtungen der Kinder im Unterricht an Entscheidend fuumlr das Gelingen ist dass vorher festgelegt wird worauf gezielt geachtet werden soll welche Beobachtungsinstrumente (zB Tonband Video Beobachtungsbogen) eingesetzt werden uumlber welchen Zeitraum die Beobach-tung durchgefuumlhrt werden soll und wie die Ergebnisse mit angemessenem Aufwand dokumentiert werden Hierbei koumlnnen sowohl mathematische Faumlhigkeiten und Kom-petenzen als auch allgemeinpaumldagogische Aspekte wie Arbeitsverhalten Motivation Konzentration etc in den Fokus genommen werden Wesentliche Aspekte fuumlr die Be-obachtung finden sich in den Bildungsstandards oder den Kerncurricula der einzelnen

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

9

Bundeslaumlnder Durch eine tabellarische Auflistung laumlsst sich sicherstellen dass diese Merkmale zur Beurteilung tatsaumlchlich herangezogen werden und die Beobachtungen uumlber vage Eindruumlcke hinausgehen Auszligerdem besteht dadurch die Moumlglichkeit die gemachten Beobachtungen in einer Codierung (z B ++ + 0 - --) schuumllerspezifisch festzuhalten und so einen Uumlberblick zu gewinnen Hilfreich kann sein regelmaumlszligig fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller die entsprechende Tabelle auszufuumlllen und so sicherzu-stellen dass alle wesentlichen Aspekte in den Blick genommen werden

Die nachfolgende Abbildung zeigt ein Beispiel fuumlr einen Beobachtungsbogen der die Anforderungen des niedersaumlchsischen Kerncurriculums (NKM 2006 S 34) umfasst

Es gibt eine Fuumllle von fertigen Beobachtungsboumlgen die sich jedoch deutlich in ihren Anspruumlchen unterscheiden So gibt es welche die im Fokus mathematische Fertig-keiten haben (vgl GS Hude-Suumld 2006 S 3) Andere binden daneben auch prozess-bezogene Kompetenzen ein (vgl SundermannSelter 2006 S 122) Zur Entwicklung solcher fachbezogenen Beobachtungsboumlgen fordern Sundermann und Selter dass sie bdquonicht fertig uumlbernommen sondern hellip vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen kritisch diskutiert und hellip modifiziert werdenldquo (SundermannSelter 2006 S 123)

Der Umgang mit Beobachtungsboumlgen eroumlffnet die Moumlglichkeit einen Uumlberblick uumlber die Kompetenzentwicklung des einzelnen Kindes zu erhalten und zwar auszligerhalb von Pruumlfungssituationen Nicht leicht ist es im Unterrichtsalltag den Uumlberblick bei der Beobachtung zu behalten Dabei besteht die Schwierigkeit dass gerade stille Kinder uumlbersehen werden Um dieser Gefahr vorzubeugen schlagen Sundermann und Selter alternativ den Einsatz einer Beobachtungskarte fuumlr jedes Kind vor die neben allge-meinen Informationen uumlber das Kind eine tabellarische Checkliste enthaumllt in der die individuellen Beobachtungen festgehalten werden

26 Eigenproduktionen

Neben der durch eine Checkliste kontrollierten Beobachtung koumlnnen von den Kindern im Unterricht angefertigte Eigenproduktionen zur Einschaumltzung ihrer Kompetenzen und des Bedarfs an zusaumltzlichen Herausforderungen herangezogen werden Anlass zum Erstellen koumlnnen beispielsweise Sachprobleme oder Aufgabenserien sein die in-nermathematische Besonderheiten enthalten Sundermann und Selter unterscheiden zwischen bdquoErfindungen Aufgaben selbst erfinden hellip Rechenwege Aufgaben mit ei-

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Name des Kindes

Math Begriffs- und Operati-onsver-staumlndnis

Schnelle Verfuumlg-barkeit von Kenntnis-sen

Sicher-heit im Ausfuumlh-ren von Fertig-keiten

Ein-bringen kreativer Ideen

Schluumlssig-keit der Loumlsungs-wege und Uumlberle-gungen

Flexibili-taumlt und Proble-mange-messen-heit

Richtig-keit von (Teil-) Ergebnis-sen

muumlnd-liche und schrift-liche Darstel-lungsfauml-higkeit

Zielge-richtete und Aus-dauer

Math Koopera-tionsfauml-higkeit

Transfer-faumlhigkeit

Lebens-weltliche Anwen-dungsfauml-higkeit

konstruk-tiver Um-gang mit Fehlern

Umgang mit didakt Material und techn Hilfsmit-teln

Aische

Arvid

Hannah

Paul

13

10

genen Vorgehensweisen bearbeiten hellip Forscheraufgaben Auffaumllligkeiten beschrei-ben und begruumlnden hellip Ruumlckschau und Ausblick uumlber das Lehren und Lernen schrei-benldquo (SundermannSelter 2006 S 125 Hervorhebungen im Original) Die Analyse dieser Eigenproduktionen liefert Aufschluumlsse uumlber das Denken der Kinder und ihre Vorstellungen Neben prozessbezogenen Kompetenzen lassen sich anhand der durch-gefuumlhrten Berechnungen auch Rechenkompetenzen erkennen

Eine spezielle Form dieser Eigenproduktionen stellen die Lerntagebuumlcher nach Gallin und Ruf (1998) dar in denen Lernende ihre Gedanken beim Erschlieszligen eines neuen Sachverhalts verschriftlichen In diesem bdquoReisetagebuch geht es nicht primaumlr um ir-gendwelche Rechnungen die moumlglichst richtig geloumlst werden sollen sondern darum dass die Schuumllerinnen und Schuumller sich in eigenen Worten zu der Arbeit am Thema aumlussernldquo (Gallin 1999 S5) Diese Eigenproduktionen liefern eine Fuumllle an Moumlglich-keiten Ruumlckschluumlsse uumlber das Denken der Kinder zu ziehen und so geeignete Heraus-forderungen fuumlr diese Kinder bereitzustellen

Dieses Vorgehen basiert auf einer Wuumlrdigung der geleisteten Arbeit durch die Lehr-kraft indem sie mit dem Kind uumlber seine gewonnenen Erkenntnisse spricht und es so weiter motiviert Auch die nicht nur punktuelle Erhebung sondern die Erfassung der Entwicklung von Kompetenzen zeichnet dieses Vorgehen aus Waumlhrend Kinder die Ei-genproduktionen anfertigen entstehen fuumlr die Lehrkraft Freiraumlume sich mit einzelnen Kindern intensiv zu beschaumlftigen Die Sichtung der Ergebnisse der Lerntagebucheintra-gungen erfordert Zeit und ein diagnostisches Gespuumlr zum Erkennen der manifestierten Vorstellungen und Konzepte

27 Integriertes Modell

Anhand schriftlicher Standortbestimmungen in Form von informellen Tests wird ein Uumlberblick uumlber den Kompetenzstand aller Kinder einer Klasse gewonnen Der Test sollte dabei so angelegt sein dass eine Auswertung mit geringem zeitlichen Aufwand moumlglich ist er aber trotzdem Indizien dafuumlr liefert ob ein Kind auffaumlllig abweichende Leistungen zeigt und ob es eventuell besondere Schwierigkeiten hat In nachfolgenden individuellen Gespraumlchen mit auffaumlllig gewordenen Kindern werden anhand geeig-neter Fragestellungen und Materialien die spezifischen Schwierigkeiten des Kindes oder seine besondere Leistungsfaumlhigkeit genauer eingegrenzt Fuumlr die so festgestellten Besonderheiten werden nun foumlrderliche Herausforderungen in Form von Einzelauftrauml-gen Gruppenauftraumlgen Klassenauftraumlgen oder Partner- und Gruppenspielen fuumlr die Kinder bereitgestellt die an die Ergebnisse des Gespraumlchs angepasst werden

Dieses Vorgehen soll am Beispiel eines Kindes das in einem schriftlichen Test auffaumlllig wurde illustriert werden

Maria1 ist ein achtjaumlhriges Maumldchen am Ende des zweiten Schuljahres Im schriftlichen Test zeigte sie Auffaumllligkeiten bei der Bearbeitung von Groumlszligen hier Geldwerten Die Aufgabenstellungen stammten aus dem Diagnosebegleiter (Guder et al 2007 a) Sie konnte zunaumlchst mit richtigen Muumlnzwerten den geforderten Geldbetrag darstellen bei der Darstellung durch 1ct Muumlnzen kam sie nicht zum richtigen Ergebnis Ursaumlchlich koumlnnte hier sein dass der Platz fuumlr eine vollstaumlndige Loumlsung mit 1ct Muumlnzen nicht reichte Maria blieb nicht durchgaumlngig bei den zulaumlssigen Muumlnzgroumlszligen und verwen-dete spaumlter Einzelbetraumlge (30 ct) die es nicht als Muumlnze gibt Die Summe betrug aber

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

11

trotzdem 1 euro Maria besitzt also Rechenkompetenzen im Raum bis 100 mit vollen Zehnern und besitzt die Kenntnis dass 1 euro gleich 100 ct sind

Nach der Auswertung des schriftlichen Tests fuumlhrte die Fachkraft ein kurzes Interview Dieses wurde anders als es im Alltag not-wendig waumlre videogra-phiert und transkribiert Maria bekam den Auftrag mit zwei 5 euro-Scheinen und mehreren Muumlnzen in allen Nennwerten von 1 ct bis 2 euro einen Geldbetrag von 10 euro zu legen Dieser Betrag wurde ihr auch als Bild eines 10 euro Scheins praumlsentiert Sie legt daraufhin zwei 5 euro-Scheine

Daran schlieszligt sich folgendes Gespraumlch2 an

I [v] OK Super Kannst Du das auch noch auf eine andere Art

I [nv] Legt die zwei 5euro Scheine zuruumlck

Ma [v] mhm

Ma [nv] Schiebt die Muumlnzen hin und her und

Ma [v] So geht das

Ma [nv] legt anschlieszligend sieben 1 ct und eine 2 ct Muumlnze auf den Tisch

Schiebt die Muumlnzen zusammen

I [v] mhm OK Und sind das 10 euro

Ma [v] ((3s)) Ja ((12s))

Ma [nv] Zaumlhlt die Muumlnzen einzeln nach Dabei tippt sie auf jede 1 ct Muumlnze einzeln und

Ma [v]

Ma [nv] anschlieszligend zweimal auf die 2 ct Muumlnze Holt eine weitere 1 ct Muumlnze dazu die zu-naumlchst herunterfaumlllt und hebt sie wieder auf

I [v] Geht das noch auf eine andere Art

Ma [v] ((55 s))

Ma [nv] Legt alle Muumlnzen und Scheine auseinander dreht sie so dass die Zahlen oben

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Abbildung von Testheft 22A (Guder et al 2007a S 2) copy Ernst Klett Verlag GmbH Eintragungen ergaumlnzt

1 Name geaumlndert2 Das Transkript wurde in Partiturschreibweise mit verbalen und nonverbalen Aumluszligerungen erstellt Dabei stehen gleichzeitige Aumluszligerungen und Handlungen untereinander Die Laumlnge der einzelnen Abschnitte im Transkript sagt dabei nichts uumlber die Laumlnge der Aumluszligerung aus Pausen werden durch Angabe der Laumlnge als in Doppelklammern ein-geschlossene Zeitdauer in Sekunden angegeben Beispiel ((3 s)) bedeutet eine Pause von 3 Sekunden I[v] bedeutet bdquoVerbale Aumluszligerung des Interviewersldquo I[nv] eine bdquononverbale Aumluszligerungldquo bzw Handlung des Interviewers Analoges gilt fuumlr M[v] und M[nv]

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I [v] Das sind 10 euro

Ma [v] ((10s))

Ma [nv] liegen nimmt 5euro 2 x 2 ct und 1 x 1 ct

Tipp einmal auf 5euro je zweimal auf 2 ct und einmal auf 1 ct Nickt

Man kann erkennen dass Maria auf der reinen Zahlenebene die Zahl 10 zerlegen kann Jedoch ist auffaumlllig dass ihr das Verstaumlndnis fuumlr die unterschiedlichen Werte von Euro und von Cent fehlen

Im anschlieszligenden Interviewteil der ihr Verstaumlndnis fuumlr die Geldwerte genauer un-tersucht wird bestaumltigt dass es bei Maria Verwechslungen zwischen der physischen Groumlszlige und dem Wert von Muumlnzen gibt Sie ist jedoch in der Lage die Muumlnzen in ihrer Kaufkraft zu vergleichen und in die richtige Reihenfolge zu bringen

I [v] Kannst Du die in eine Reihe legen Was ist die wert-vollste Muumlnze

I [nv] Legt 2 ct 5 ct 20 ct 50 ct 1 euro und 2 euro unsortiert auf den Tisch

I [v]

Ma [nv] Bringt schnell die ct Muumlnzen in Reihenfolge legt die Euromuumlnzen uumlbereinander und legt sie neben das 50 ct Stuumlck Tauscht 1euro und 50 ct

I [v] Und wofuumlr kannst Du am meisten kaufen

Und am zweit-meisten

Und am

Ma [nv]

Nimmt 2euro aus der Reihe

Nimmt 1 euro

I [v] drittmei-sten

Am viertmei-sten

Und am fuumlnftmei-sten

Gut

Ma [nv]

Nimmt 50 ct

Nimmt 20 ct

Nimmt 5 ct

Auf den spezifischen Foumlrderbedarf von Maria die Geldwerte von Muumlnzen und Geld-scheinen sicher zu kennen sowie Euro und Cent unterscheiden zu lernen wird nun durch geeignete Herausforderungen eingegangen So bieten sich Partnerarbeiten oder Kleingruppenarbeit an in deren Verlauf Maria direkte Ruumlckmeldungen zu ihren Louml-sungsversuchen bekommt Anknuumlpfend an ihre Rechenkenntnisse koumlnnte beispielwei-se folgendes Vorgehen in den beschriebenen Arbeitsformen mit Unterstuumltzung durch die Lehrkraft gewaumlhlt werden

Arbeits-Sozialform Partner- oder Gruppenarbeit (bis 5 Personen)

Zusaumltzliches Material Rechengeldmuumlnzen

Durchfuumlhrung Ein Kind nimmt zwei Muumlnzen in die Hand und addiert ihrenWert Dann legt es die geschlossene Hand mit den Muumlnzen auf den Tischoder auf seinen Schoszlig bdquoIch habe mit zwei Muumlnzen hellip Euro (Cent) in derHand Welche Muumlnzen sind esldquo Wer es herausfindet darf das naumlchste Raumltselstellen

Variation Die Uumlbung mit drei Muumlnzen durchfuumlhren

Abbildung von Karte Gruumln Dreieck 1 (Guder et al 2007c) copy Ernst Klett Verlag GmbH

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

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Die integrierte Vorgehensweise ermoumlglicht nicht nur die Bestimmung von Defiziten sondern liefert Erkenntnisse uumlber die vorhandenen Kompetenzen und nutzt sie zur Einleitung angemessener individueller Foumlrdermaszlignahmen

Hier besteht die Moumlglichkeit Herausforderungen zu nutzen die es den Kindern ermoumlg-lichen ihre vorhandenen Kompetenzen einzusetzen um die weitergehenden Problem-stellungen zu bearbeiten und so ihre jeweiligen Kompetenzen weiter zu entwickeln

3 Fordern und Foumlrdern

Lernfortschritte und Kompetenzerweiterungen koumlnnen bei allen Kindern unabhaumlngig von ihrem Leistungsstand nur dann gelingen wenn sie mit Anforderungen konfron-tiert werden die noch nicht verfuumlgbare Kompetenzen zur Bewaumlltigung erfordern sie also Faumlhigkeiten entwickeln muumlssen die ihren gegenwaumlrtigen Kenntnisstand uumlbersteigen Insofern sind Foumlrderung und Forderung nur zwei Facetten der glei-chen Idee und stellen eine Herausforderung an die Kinder und ihre gegenwaumlrtigen Kompetenzen dar Dabei muss jedoch darauf geachtet werden dass die vorhan-denen Kompetenzen zur Bewaumlltigung der Herausforderungen nur in einem Maszlige uumlberschritten werden das nicht zu einer Uumlberforderung fuumlhrt Allerdings darf dies nicht dazu fuumlhren dass die Probleme in kleine und kleinste Schritte zerlegt werden so dass die Kinder quasi bdquoam Nasenringldquo durch das Problemfeld gefuumlhrt werden Ziel ist es vielmehr dass sie Grundvorstellungen selbst entwickeln erweitern und in groumlszligere Sinnzusammenhaumlnge stellen Unterschiede zwischen Fordern und Foumlr-dern bestehen daher hauptsaumlchlich in graduellen Abweichungen im Anspruch der individuellen Herausforderungen Diese lassen sich durch Differenzierung realisie-ren Auch wenn die Prinzipien der Differenzierung noch keine Lernerfolge garan-tieren zeigen bdquoErfahrungsberichte aus Skandinavien und aus Leuchtturmschulen in Deutschland hellip dass adaptiver Unterricht funktionieren kannldquo (Helmke 2009 S 258 Hervorhebung im Original) Differenzierung bietet somit Chancen angemessen auf individuelle Schwierigkeiten zu reagieren Dazu lassen sich fuumlr die Grundschule zwei Hauptformen unterscheiden Zum einen gibt es die aumluszligere Differenzierung bei der die Klassen in Gruppen verschiedener Kompetenzstufen unterteilt und angepasst an die Kompetenzstufen unterrichtet werden Diese Form besitzt in der Grundschule eher randstaumlndige Bedeutung und erfolgt houmlchstens in zusaumltzlichen Foumlrderstunden Zum anderen gibt es die im Grundschulunterricht meist praktizierte innere Diffe-renzierung bei der innerhalb eines Klassenverbandes Kindern unterschiedliche Auf-gabenstellungen und Auftraumlge gegeben werden die an ihre Kompetenz angepasst sind und die meist mit Attributen wie leicht mittel und schwer belegt sind oder es gibt einheitliche Lernangebote die auf unterschiedlichen Niveaus bearbeitet werden koumlnnen Diese Lernangebote im Rahmen der so genannten natuumlrlichen Differen-zierung enthalten nach Krauthausen und Scherer eine einheitliche uumlbergeordnete Problemstellung die inhaltlich hinreichend komplex ist und fachlich wohluumlberlegt so gerahmt ist dass sie Fragestellungen unterschiedlicher Schwierigkeit bietet Hier-bei haben die Kinder die Freiheit ihre eigenen Vorgehensweisen auszuwaumlhlen und eigene Hilfsmittel zu nutzen Daneben ist die Kommunikation uumlber die gewaumlhlten Loumlsungswege integraler Bestandteil sodass die Kinder mit alternativen Sichtweisen konfrontiert werden und sie ihr Methodenrepertoire erweitern koumlnnen Neben der Erweiterung ihrer Kompetenzen wird hier auch die Entwicklung einer realistischen Selbsteinschaumltzung gefoumlrdert (vgl KrauthausenScherer 2010 S 5 - 6) Um dies zu

3Fordern und Foumlrdern

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gewaumlhrleisten muumlssen Kinder auch aufgefordert werden nicht immer nur den ein-fachsten Weg zu waumlhlen sondern sich auch anspruchsvollere Aspekte der Problem-stellung vorzunehmen

Im Folgenden sollen zwei Ansaumltze von Wittmann sowie von Foumlrster und Grohmann vorgestellt werden die eine natuumlrliche Differenzierung ermoumlglichen Wittmann konzi-piert sogenannte Substanzielle Lernumgebungen und Foumlrster und Grohmann entwi-ckeln diese zu einem Konzept zur Planung von einzelnen Unterrichts(doppel)stunden weiter fuumlr die natuumlrlich differenzierende Aufgabenstellungen entworfen werden die allen Kindern Kompetenzerweiterungen ermoumlglichen

31 Substanzielle Lernumgebungen

Um Lernprozesse und Kompetenzerweiterungen bei Kindern anzustoszligen und da-mit letztendlich Lernerfolge moumlglich zu machen schlaumlgt Wittmann sogenannte Sub-stanziellen Lernumgebungen vor fuumlr die er Folgendes fordert

1 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen zentrale Ziele Inhalte und Prinzipien des Mathematikunterrichts repraumlsentieren

2 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen reiche Moumlglichkeiten fuumlr mathematische Aktivitaumlten von Schuumllerlnnen bieten

3 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen flexibel sein und leicht an die speziellen Gegebenheiten einer bestimmten Klasse angepasst werden koumlnnen

4 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen mathematische psychologische und paumldagogische Aspekte des Lehrens und Lernens in einer ganzheitlichen Weise integrieren und daher ein weites Potential fuumlr empirische Forschungen bieten (Wittmann 1998 S 337-338)

Die Aufgabenstellungen und Herausforderungen in Substanziellen Lernumgebungen sollten sich in diesem Sinne also mit grundlegenden Themen des Mathematikunter-richts beschaumlftigen Eine Auseinandersetzung mit sehr engen Aufgabenstellungen oder Einzelfaumlllen ist nur dann angebracht wenn sich daran uumlber den Einzelfall hinausge-hende allgemeine Erkenntnisse gewinnen lassen

Daruumlber hinaus ist es wesentlich dass die Auseinandersetzung mit der Aufgabenstel-lung auf verschiedene Arten erfolgen kann und somit der groszligen Heterogenitaumlt der Kinder in einer Klasse genuumlgt Auszligerdem muumlssen die verschiedenen mathematischen Aktivitaumlten Erkenntnisse uumlber mathematisches Vorgehen ermoumlglichen um neue Ope-rationen anzubahnen oder bereits bekannte zu festigen Durch probierendes Untersu-chen von Zusammenhaumlngen werden bei leistungsschwachen Kindern die Grundfertig-keiten geuumlbt und bei leistungsstaumlrkeren Kindern Erkenntnisse ermoumlglicht die uumlber die Einzelfaumllle hinausgehen

Die geforderte Flexibilitaumlt ist ein weiterer wesentlicher Aspekt da unterschiedliche Gruppen von Lernenden unterschiedliche Beduumlrfnisse haben Auch muumlssen die Anfor-derungen und ihre Praumlsentationen so gewaumlhlt sein dass sie an verschiedene Anspruumlche angepasst werden koumlnnen und im Idealfall in verschiedenen Jahrgangsstufen mit ver-aumlnderten Grundannahmen eingesetzt werden koumlnnen

Die vierte Forderung ist evident da Lernumgebungen die diese Forderungen verlet-zen entweder nicht zum Lernen von Mathematik oder nicht zum Lernen von Mathe-matik geeignet sind

3Fordern und Foumlrdern

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Der letzte Nachsatz der vierten Forderung ist nur eine Folgerung aus dem vorherge-henden da derartig gestaltete Lernumgebungen durch die unterschiedlichen Heran-gehensweisen selbstverstaumlndlich das Potential bieten diese qualitativ oder quantitativ zu erfassen und empirische Kategorienbildung ermoumlglichen Die Analyse eroumlffnet Er-kenntnisse uumlber das Potential von Aufgaben die geforderten Kompetenzen und die Herangehensweise der Kinder die sie bearbeitet haben Die Aufgaben besitzen also auch diagnostisches Potential

Das Konzept soll am Beispiel Rechenraupen erlaumlutert werden das auf eine von Stein-bring (1995 1997) beschriebene Uumlbungsform zuruumlckgeht

In einer Rechenraupe wird wie folgt gerechnet

In das letzte Koumlrperglied wird die Startzahl (im Beispiel die 2) geschrieben

Die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der Startzahl plus der Additionszahl (hier die 3) die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der zweiten auch durch Addition von 3 Alle wei-teren Koumlrperzahlen werden genauso berechnet

Um die Zielzahl im Kopf einer Rechenraupe auszurechnen werden alle Zahlen im Koumlr-per addiert

Dieses Aufgabenformat repraumlsentiert als zentrale Ideen der Mathematik

middot arithmetische Folgen und Reihen middot Rekursionen middot Summenberechnung fuumlr arithmetische Folgen

middot Addition und als Umkehrung die Subtraktion

middot Multiplikation und als Umkehrung die Division

middot funktionale Zusammenhaumlnge Bei gegebener Startzahl und Additionszahl sind die mathematischen Aktivitaumlten zunaumlchst beschraumlnkt gibt man hier jedoch beispielswei-se zwei Koumlrperzahlen vor so muss durch Dif-ferenzbildung und Division die Additionszahl bestimmt werden Durch Vorgabe der Zielzahl und durch die Suche nach Start- und Additi-onszahl wird durch systematisches Probieren eine Vielzahl an Additionen durchgefuumlhrt und die Rechenfertigkeit geuumlbt Gerade die Suche nach verschiedenen Moumlglichkeiten eine be-stimmte Zielzahl zu erreichen beruumlcksichtigt das Prinzip des entdeckenden problem-loumlsenden Lernens denn jedes Kind kann seinen Weg zur Loumlsung des Problems selbst waumlhlen Weitere Variationsmoumlglichkeiten dieser Lernumgebung finden sich bei Stein-bring (1995 1997) Das Aufgabenformat zeigt dass es mithilfe der Variationen an die

3Fordern und Foumlrdern

a) Versucht die Startzahl und die Addi-tionszahl so zu waumlhlen dass ihr moumlg-lichst nah an die Zielzahl 50 kommt

b) Versucht mehrere Loumlsungen fuumlr die Zielzahl 50 zu finden

c) Schaut euch alle eure Zielzahlen an Was stellt ihr fest

d) Kann man auch die Zielzahl 66 treffen

e) Bestimmt fuumlr die Zahlen oben die Ad-ditionszahl die Startzahl und die Zielzahl

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Beduumlrfnisse einer Lerngruppe angepasst werden kann und verschiedene Ziele verfolgt werden koumlnnen

Eine Fuumllle von weiteren Beispielen derartiger Substanzieller Lernumgebungen findet sich in den Veroumlffentlichungen des Projekts bdquomathe 2000ldquo insbesondere in den Hand-buumlchern Produktiver Rechenuumlbungen von Gerhard N Muumlller und Erich Ch Wittmann (1992 1993) Weitere Quellen sind die Lernumgebungen von Nuumlhrenboumlrger und Pust (2006) sowie die Lernumgebungen fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte von Hen-gartner et al (2006) und von Hirt und Waumllti (2008)

32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung

Will man als Lehrkraft nicht nur auf bereits vorliegende Lernumgebungen zuruumlckgrei-fen sondern selbst geeignete Umgebungen generieren so bietet sich das Konzept von Foumlrster und Grohmann an Sie entwickelten ein Konzept zur Aufgabenoumlffnung ur-spruumlnglich zur Begabungsfoumlrderung zeigen dabei aber auch das Potential auf das ihr Vorgehen zur Foumlrderung aller Kinder innerhalb des alltaumlglichen Mathematikunterrichts besitzt Sie machen dabei folgende Grundannahmen zum mathematischen Gehalt die denen von Wittmann fuumlr seine Substanziellen Lernumgebungen aumlhneln Im Einzelnen fordern sie dass bdquodie Offenheit in der Wahl der Hilfsmittel der Loumlsungswege und der Ergebnisdarstellung hellip das Loumlsen der Ausgangsaufgabe und weiterer Anschlusspro-bleme Eigenproduktionen der Kinderldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) erlaubt bzw foumlrdert und dass bdquodie reichhaltige mathematische Substanz und inhaltliche Offenheit der Ausgangsaufgabe hellip vielfaumlltige Moumlglichkeiten zum Mathematiktreibenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) bietet

Diesen Forderungen stellen Foumlrster und Grohmann die beiden folgenden weniger auf den mathematischen Gehalt als auf das Wecken von Interesse und die Verstaumlndlichkeit der Aufgabenstellung gerichteten Kriterien voran naumlmlich dass bdquoder jeweilige Inhalt einer (Ausgangs-)Aufgabe hellip Neugier und Interesse hellip weckenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) soll und dass die bdquoAusgangsaufgabe hellip leicht verstaumlndlich [ist] sodass alle Kinder die Chance haben sich mit der Aufgabe erfolgreich auseinanderzusetzenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) Neben der Erfuumlllung dieser Bedingungen sollen die Aufgabensequenzen die durch Oumlffnung entstehen so entwickelt werden dass sie in einer Unterrichtsstunde bearbeitet werden koumlnnen Ziel dieser Aufgabenstellungen ist das Uumlben Die Oumlffnung ermoumlglicht aber auch dass andere Kinder bei der Bearbeitung weitergehende Erkenntnisse gewinnen und ihre Kompetenzen erweitern koumlnnen

Als Ausgangspunkte der Oumlffnung schlagen Foumlrster und Grohmann zum einen ge-schlossene Aufgaben aus Schulbuumlchern vor deren curriculare Anbindung in der Regel gegeben ist und zum anderen bdquoKnobel-ldquo oder Problemaufgaben Stammen letztere nicht aus Schulbuumlchern so sollte zunaumlchst die curriculare Einbindung geklaumlrt werden

Foumlrster und Grohmann schlagen zur Gewinnung folgendes Vorgehen vor

Vorgehensweisen fuumlr das Erstellen geoumlffneter AufgabensequenzenAusgangspunkt

Geschlossene Aufgaben(z B aus Schulbuumlchern)

AusgangspunktbdquoKnobelldquo- bzw Problemaufgaben(z B aus Aufgabensammlungen)

a) Analyse des mathematischen Gehalts der uumlber den Uumlbungseffekt hinausweist bzw hinauswei-sen kann

a) Analyse der Moumlglichkeiten curricularer Einbindung auf Grundlage verschiedener Loumlsungswege

3Fordern und Foumlrdern

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b) Formulierung einer (meist) geoumlffneten Pro-blemstellung die neben dem Uumlbungsgehalt auch den Zugang zum mathematischen Gehalt (implizit) anregt

b) Analyse des Uumlbungspotenzials bei probierender Bearbeitung des Loumlsungsprozesses und der mathematischen Struktur der Aufgabe

c) Analyse weiterer moumlgl auch andersartiger Loumlsungsmoumlglichkeiten fuumlr die Kinder

d) Ausweitung der Fragestellung d h weitere moumlgl viele Fragen finden mit unterschiedlichen Bedin-gungen (Vorrausetzungen Einschraumlnkungen ) fuumlr die Problemstellung

e) Zusammenfassen aller Fragen in (moumlglichst) einer einzigen Fragestellung

f) Ein leichtes Ausgangsproblem wird erstellt dessen Bearbeitungszeit fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuuml-ler ungefaumlhr gleich ist ggf Verstaumlndnisfragen klaumlrt und zu probierenden Ansaumltzen anregt

g) Moumlgliche offenegeoumlffnete Anschlussfragen werden konzipiert

(FoumlrsterGrohmann 2010 S 114 Hervorhebungen aus dem Original)

Das folgende Aufgabenpaumlckchen aus dem Uumlbungsheft zu Welt der Zahl 4 dient als Ausgang fuumlr die Oumlffnung einer bdquogeschlossene Aufgabeldquo

Abbildung aus RinkensHoumlnisch 2006 S 29 copy Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schoumlningh Winklers GmbH

Ziel und mathematischer Gehalt (a) dieser Aufgabe ist originaumlr das Uumlben schriftlicher Multiplikation vier- bis fuumlnfstelliger Faktoren mit einem einstelligen zweiten Faktor so-wie das Sortieren fuumlnfstelliger Zahlen der Groumlszlige nach Daruumlber hinaus koumlnnte man in eine solche Uumlbung auch noch den Einfluss der Stellen an denen Ziffern stehen auf die Groumlszlige der Ergebnisse mit untersuchen

Als geoumlffnete Problemstellung (b) bietet sich hier an nicht mit willkuumlrlich vorgege-benen Zahlen zu hantieren sondern die Kinder erkunden zu lassen bei welcher Anord-nung von gegebenen Ziffern das Ergebnis am groumlszligten wird Eine entsprechende offene Fragestellung koumlnnte dann folgende sein

Ihr habt fuumlnf Ziffernkaumlrtchen mit den Ziffern 2 3 4 7 und 9 zur Verfuumlgung Daraus bildet Ihr eine vierstellige Zahl und multipliziert sie mit der fuumlnften Zahl Bestimmt das groumlszligte Produkt

Um diese Aufgabenstellung zu bearbeiten koumlnnten die Kinder unter anderem folgende Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) waumlhlen Sie koumlnnten systematisch probierend herangehen Es koumlnnten aber auch Kinder auf die Idee kommen dass das Produkt am groumlszligten wird wenn aus den Ziffern fuumlr den ersten Faktor die groumlszligte moumlgliche Zahl gebildet wird wenn also die vier Ziffern des ersten Faktors der Groumlszlige nach von groszlig nach klein sor-tiert sind Die Kinder muumlssten dann nur noch die fuumlnf Wahlmoumlglichkeiten der Ziffern fuumlr den zweiten Faktor uumlberpruumlfen

3Fordern und Foumlrdern

18

Als moumlgliche weitere Fragen (d) koumlnnte man untersuchen wie groszlig die Aumlnderungen im Ergebnis sind wenn man zwei der vorhandenen Ziffern gegeneinander tauscht und welche Gesetzmaumlszligigkeiten dabei auftreten oder welches das groumlszligte Ergebnis ist wenn man die Vorgabe vierstellige und einstellige Faktoren wegfallen laumlsst und auch die Multiplikation eines dreistelligen mit einem zweistelligen Faktor zulaumlsst

Als zentrale einzige Fragestellung (e) bietet sich hier der anfaumlnglich bereits formu-lierte Erkundungsauftrag nach dem groumlszligtmoumlglichen (kleinstmoumlglichen) Ergebnis bei der Multiplikation von einem vierstelligen und einem einstelligen Faktor an Werden die Kinder dabei auch aufgefordert Vermutungen anzustellen zu uumlberpruumlfen und ge-gebenenfalls zu begruumlnden so werden durch diese Fragestellung neben der Uumlbung des schriftlichen Multiplizierens auch prozessbezogene Kompetenzen in verschiedenen Anforderungsniveaus gefordert

Als leichtes Ausgangsproblem (f) das von allen Kindern mit vergleichbarem Aufwand bearbeitet werden kann soll eine Aufgabe dienen die den Fokus auf den Groumlszligen-vergleich verschiedener Multiplikationsaufgaben aus Zahlen mit permutierten Ziffern lenkt

Als geoumlffneteoffene Anschlussfragen (g) die Erkenntnisse uumlber das Uumlben der schrift-lichen Multiplikation hinaus ermoumlglichen bietet es sich an tatsaumlchlich die oben ge-nannten Erweiterungen der Fragestellung auf quantitative Auswirkungen von Ziffern-vertauschungen oder die Untersuchung von Aufgaben mit zwei- und dreistelligen Faktoren zu waumlhlen

Aus diesen Analysen laumlsst sich dann folgende Aufgabensequenz konstruieren

a) Nehmt vier verschiedene Ziffern und bildet daraus eine vierstellige Zahl Nehmt eine fuumlnfte Ziffer und multipliziert die vierstellige Zahl schriftlich damit Bildet aus den fuumlnf Ziffern drei weitere Multiplikationsaufgaben Sortiert die Ergebnisse der Groumlszlige nach

b) Nehmt eine der Aufgaben und vertauscht in der vierstelligen Zahl zwei der vorhandenen Ziffern Multipliziert nun Vergleicht die Ergebnisse Vermutet wann das Ergebnis groumlszliger wird Schreibt eure Vermutung auf und uumlberpruumlft sie

c) Nehmt wieder fuumlnf verschiedene Ziffern und sucht die Multiplikationsaufgabe einer vierstelligen mit einer einstelligen Zahl aus diesen Ziffern mit dem groumlszligten Ergebnis

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer geschlossenen Schulbuchaufgabe Diese Auf-gabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die nebenstehende Knobelaufgabe von Renate Rasch (2003 S 97) dient als Aus-gangspunkt zur Entwicklung einer geoumlff-neten Aufgabensequenz

Curricular (a) laumlsst sich diese Aufgabe ei-nerseits bei den prozessbezogenen Kompe-tenzen insbesondere beim Problemloumlsen einordnen Inhaltlich kann diese Aufgabe zur Leitidee bdquoZahlen und Operationenldquo Kompetenzbereich bdquoRechenoperationen verste-hen und beherrschenldquo und zur Leitidee bdquoMuster und Strukturenldquo Kompetenzbereich bdquoGesetzmaumlszligigkeiten erkennen beschreiben und darstellenldquo zugeordnet werden Je

9 Geschichte Quicki las in einer Woche ein Buch von 133 Seiten

Am Montag las sie einige Seiten und von da ab jeden Tag 5 Seiten mehr als am Tag davor Am Sonntag wurde sie fertig

Wie viele Seiten las sie am Montag

3Fordern und Foumlrdern

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nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

3Fordern und Foumlrdern

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auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

21

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Partner des Programm

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S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

Programmkoordination fuumlr die Laumlnder durch dasMinisterium fuumlr Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBK)Dr Kai Niemannwwwschleswig-holsteindeMBKDEMBK_nodehtml

Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

5

und inhaltsgebundene Kompetenzen als auch Leistungen und Denkprozesse erfassen koumlnnen

Neben diesen Abgrenzungen bezuumlglich der betrachteten Kompetenzen muumlssen ver-schiedene diagnostische Grundpositionen unterschieden werden Jordan und vom Hofe (2008 S 4-5) unterscheiden zwei diagnostische Perspektiven bdquoProduktorien-tierte Diagnostikldquo und bdquoProzessorientierte Diagnostikldquo Sie charakterisieren sie in fol-gender Form

bdquoProduktorientierte Diagnostik

Methoden die auf die Erfassung individueller Lernergebnisse (also auf die Produkte) ausgerichtet sind gehoumlren zur sogenannten produktorientierten Diagnostik Der Leh-rer wertet die Ergebnisse aus (meist gemaumlszlig der Pole korrektldquo oder nicht korrektldquo) und kommt zu einer Einordnung der erbrachten Leistung (kannldquo oder kann nichtldquo)ldquo (Jordanv Hofe 2008 S 4)

bdquoProzessorientierte Diagnostik

Zu einer prozessorientierten Diagnostik gehoumlren vor allem Methoden die auf die Er-fassung individueller Lernprozesse ausgerichtet sind Ziel ist es die einem Ergebnis zugrunde liegenden Gedanken eines Schuumllers einer Schuumllerin besser zu verstehen (Warum wird etwas gekonnt oder nicht gekonntldquo) um moumlglichst angemessen auf eine Loumlsung oder Schuumllerantwort reagieren zu koumlnnenldquo (Jordanv Hofe 2008 S 5)

Diese beiden Perspektiven muumlssen unabhaumlngig von den Kompetenzbereichen gesehen werden da sowohl prozessbezogene Kompetenzen als auch inhaltliche Kompetenzen an einem Produkt beurteilt werden koumlnnen So lassen sich beispielsweise geeignete Kriterien formulieren wann eine Argumentation als schluumlssig und uumlberzeugend ge-wertet wird Genauso koumlnnen beide Kompetenzbereiche aus prozessorientierter Per-spektive betrachtet werden und beispielsweise Denkvorgaumlnge bei der Bearbeitung von Standardaufgaben rekonstruiert und in ihrem sachlogischen Aufbau oder ihrer kogni-tiven Struktur beschrieben werden

In diesen beiden Prinzipien spiegeln sich auch die Funktionen in denen sich Schule und Lehrkraft bei der Diagnostik befinden wieder Sie dient zum einen als Steuerungs-instrument das Entscheidungen uumlber Schullaufbahnen von Kindern rechtfertigt und zum anderen als Entwicklungsinstrument das die Kompetenzen des einzelnen Kindes als Ausgangspunkt fuumlr eine passende Unterstuumltzung erfasst um sie weiter zu entwi-ckeln (vgl Grundschulverband 2003 S 2) Diagnostik dient also dazu Informationen zum Lernverhalten des Kindes zu sammeln und aufzubereiten mit dem Ziel sie fuumlr seinen weiteren Lernprozess zu nutzen

Im Folgenden werden verschiedene Verfahren zur Kompetenzbestimmung genauer dargestellt

22 Standardisierte Tests

Bei standardisierten Tests handelt es sich um Verfahren die durch ihre Konstruktion objektiv reliabel und valide sind das heiszligt dass ihre Ergebnisse moumlglichst unabhaumlngig von den Durchfuumlhrenden und den Auswertenden sind dass sie die zu uumlberpruumlfen-de Kompetenz moumlglichst genau und ohne groszlige Streuung nachweisen und dass sie tatsaumlchlich die Kompetenzen uumlberpruumlfen die sie uumlberpruumlfen sollen Um diese Qua-

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

6

litaumltsmerkmale zu erfuumlllen werden die entworfenen Testaufgaben psychometrisch uumlberpruumlft Auszligerdem wird die Durchfuumlhrung eindeutig geregelt und die Auswertung erfolgt anhand praumlzise vorgeschriebener genau formulierter Kriterien Die Testauf-gaben sind in der Regel so konstruiert dass ihre erfolgreiche Bearbeitung von genau einer Kompetenz oder Faumlhigkeit abhaumlngt Aus oumlkonomischen Gruumlnden sind diese Tests meist schriftlich zu bearbeiten Die Einschaumltzung der Leistungen in diesen Tests erfolgt anhand einer Normstichprobe deren Bearbeitungserfolge als Maszligstab eingesetzt wer-den Sie sind zu den produktorientierten Verfahren zu zaumlhlen

Beispiele fuumlr standardisierte Tests zur mathematischen Kompetenzbestimmung die Lehrkraumlften zur Verfuumlgung stehen sind der curriculumsvalide Deutsche Mathematik-test (DeMaT) (Krajewski et al 2002 2004) (Roick 2004) (Goumllitz et al 2006) oder der Hamburger Rechentest (HaReT) (Lorenz 2006) Auch die Vergleichsarbeiten VERA 3 (ZEPF 2011) gehoumlren zu den standardisierten Tests die zur Unterrichtsentwicklung genutzt werden IGLU- (Bos et al 2003) und TIMSS -Tests (Bos et al 2008) koumlnnen nicht genutzt werden da sie der Oumlffentlichkeit nicht zur Verfuumlgung stehen

Ein wesentlicher Vorteil standardisierter Tests ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse Dadurch wird verhindert dass eine Lehrkraft sich nur am Klassendurchschnitt oder an subjektiven Maszligstaumlben orientiert Vermieden werden dadurch Effekte bei der Beur-teilung die sich durch die Zusammensetzung der eigenen Klasse oder des Einzugsge-biets der Schule ergeben koumlnnten Auszligerdem liefern sie falls die Leistungen einzelner Kinder deutlich von den Erwartungen abweichen Anhaltspunkte fuumlr dringenden Foumlr-derbedarf oder auch fuumlr den Bedarf besonderer Forderung Zum Teil besteht jedoch die Gefahr von sogenannten Deckeneffekten wie beispielsweise beim HaReT (Lorenz 2006 S 5) dessen Tests bewusst bdquoso konstruiert [sind] dass sie moumlglichst im unteren Leistungsbereich differenzierenldquo und bdquoein Deckeneffekt fuumlr die leistungsstaumlrkeren Schuumllerinnen und Schuumller hellip bewusst in Kauf genommenldquo wird Diese Deckeneffekte bedeuten dass die Testitems so entworfen sind dass die leistungsstarken Kinder fast alle Items ohne Schwierigkeiten oder Fehler bewaumlltigen und somit ihre Leistungsfaumlhig-keit nicht mehr unterschieden werden kann Ausgehend von den Ergebnissen sollte sich bei nach unten abweichenden Leistungen moumlglichst noch eine differenziertere individuelle Foumlrderdiagnostik anschlieszligen um die Ergebnisse weiter abzusichern und individuelle Foumlrdermoumlglichkeiten aufzuzeigen Ein weiterer Vorteil eines standardisier-ten Testverfahrens kann sein dass Klasseneffekte sichtbar werden die einen Einstieg in eine Veraumlnderung des Unterrichtsstils ausloumlsen koumlnnten

Neben der reinen Beschreibung bdquokannldquo oder bdquokann nichtldquo erlauben derartige Test-verfahren gegebenenfalls auch Beschreibungen von Schwierigkeiten auf curricularer Ebene So lassen sich beispielsweise Feststellungen wie bdquoSabine kann Uumlbertraumlge bei der schriftlichen Addition sachgerecht verarbeiten Uumlbertraumlge bei der schriftlichen Sub-traktion mit Zwischennullen beherrscht sie noch nichtldquo treffen Aussagen uumlber men-tale Vorgaumlnge und moumlgliche kognitive Schwierigkeiten sowie die Einleitung geeigneter Foumlrdermaszlignahmen sind jedoch kaum moumlglich Um daruumlber Informationen zu erhal-ten werden Verfahren zur prozessorientierten Diagnostik eingesetzt die meist nicht standardisiert sind Beispiele dafuumlr finden sich weiter unten Weitere Nachteile fuumlr die Verwendung von standardisierten Tests im Alltag koumlnnen die Kosten zur Anschaffung der Tests sowie der zeitliche Aufwand zur Durchfuumlhrung gemaumlszlig der Vorgaben sein

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

7

23 Informelle schriftliche Testverfahren

In den Durchfuumlhrungsbedingungen weniger rigide als die standardisierten Verfahren sind informelle schriftliche Testverfahren die jedoch meist auch produktorientiert sind Hier koumlnnen professionell entworfene jedoch nicht standardisierte Testverfahren ein-gesetzt werden die zwar Auskunft uumlber die vorhandenen Kompetenzen geben aber keinen Anspruch erheben eine quantifizierte Einordnung der Kompetenzen im Ver-gleich mit einem Normschuumller vorzunehmen Dabei gibt es Testverfahren die sich an einzelnen Lehrbuumlchern oder Lehrgaumlngen orientieren und meist Begleitmaterial zum jeweiligen Lehrgang sind oder lehrwerksunabhaumlngige Testverfahren (zB Diagnosebe-gleiter Guder et al 2007a 2007b 2008b) Auszligerdem erheben diese informellen Tests in der Regel nicht den Anspruch mithilfe der Loumlsung einer Testaufgabe jeweils genau eine Faumlhigkeit zu testen Zur erfolgreichen Bearbeitung der Aufgaben sind haumlufig meh-rere Faumlhigkeiten notwendig so dass aus der falschen Loumlsung nicht auf eine einzelne mangelhaft ausgebildete Faumlhigkeit zuruumlckgeschlossen werden kann Derartige infor-melle Tests gibt es mittlerweile von diversen Verlagen auch internetgestuumltzt Damit ist eine Bearbeitung am Rechner moumlglich Meist sind diese Tests produktorientiert und koumlnnen da die Auswertung regelbasiert per Computer erfolgt kaum Aufschluss uumlber konkrete Lernprozesse geben Regeln zur Beurteilung von prozessorientierten Kompe-tenzen sind nur unter groszligem Aufwand zu erreichen da alle frei geaumluszligerten richtigen Antworten erfasst werden muumlssten

Neben diesen kommerziellen Verfahren bieten sich natuumlrlich auch selbst entworfene Tests (z B Klassenarbeiten) an die spezifisch auf die vermittelten Inhalte abgestimmt sind Gefahren dieser Testverfahren bestehen in einer Orientierung an einer Sozial-norm innerhalb der Klasse die zu Fehleinschaumltzungen der Kompetenzen fuumlhren kann Speziell der Einsatz von Klassenarbeiten die auch zur Notenfindung genutzt werden birgt auszligerdem die Gefahr dass hier nur kurzfristiges Lernen forciert wird und entspre-chend kurzlebige Lernerfolge festgestellt werden

Vorteile dieses informellen Vorgehens mit selbst erstellten Aufgabenstellungen sind die groumlszligere Passung zum vorhergehenden und anschlieszligenden Unterricht und die Moumlg-lichkeit gezielt spezifische diagnostische Fragen zu untersuchen Die eingesetzten Aufgabenstellungen unterscheiden sich in der Intention mit der sie gestellt werden Soll der Test differenzierte Auskuumlnfte uumlber das Beherrschen von Rechenfertigkeiten geben so muumlssen die Aufgaben so gestellt werden dass bekannte curriculare Huumlrden identifizierbar sind Mehrere Aufgaben zu einem Inhalt sollten daher unterschiedliche Schwierigkeitsstufungen gemaumlszlig der drei in den Bildungsstandards formulierten An-forderungsbereiche Reproduzieren Zusammenhaumlnge herstellen sowie Verallgemei-nern und Reflektieren (vgl KMK 2005 S 13) enthalten Bereits in den 1980er Jahren schlugen Radatz (1980) und Gerster (1982) geeignete Aufgaben vor die Fehlvorstel-lungen identifizieren koumlnnen Dieses Vorgehen laumlsst daher trotz einer produktorien-tierten Diagnostik Ruumlckschluumlsse auf Ursachen fuumlr Fehler zu

Soll ein informeller schriftlicher Test gezielt nicht nur uumlber inhaltsgebundene Kompe-tenzen Auskunft geben so muumlssen Aufgabenformate gewaumlhlt werden die die pro-zessbezogenen Kompetenzen uumlberpruumlfen Die Aufgabenformate muumlssen daher offen gestaltet sein damit Kinder die Moumlglichkeit haben sich frei zu den Anforderungen zu aumluszligern Anhand der von den Kindern gewaumlhlten Loumlsungswege und ihren Darstel-lungen lassen sich dann Ruumlckschluumlsse auf individuelle Denkweisen ziehen

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

8

24 Interviews und diagnostische Gespraumlche

Hierbei bearbeitet ein Kind im Gespraumlch mit der diagnostizierenden Person Problem-stellungen Das Kind wird ermuntert seine Gedankengaumlnge bei der Loumlsung zu verba-lisieren oder handelnd zu demonstrieren ohne dass die interviewende Person inhalt-lich hilft oder unterstuumltzt (zur Methode vgl SelterSpiegel 1997 S 100-112) Gerade hierbei lassen sich die allgemeinen prozessbezogenen Kompetenzen deutlich besser feststellen als es in schriftlichen Testverfahren moumlglich ist Die herausfordernden Auf-gaben an das Kind muumlssen so ausgewaumlhlt werden dass sie unterschiedlich bearbeitet werden koumlnnen damit mithilfe der Versprachlichung die Denkprozesse und Vorstel-lungen des Kindes rekonstruiert werden und Ruumlckschluumlsse auf die Kompetenzen erfol-gen koumlnnen Durch geeignete Anschlussfragen sollten Hypothesen uumlber Ursachen des Fehlverstaumlndnisses weiter untersucht werden um gegebenenfalls geeignete Foumlrder-maszlignahmen einzuleiten

Zu nennen ist hier beispielsweise das ElementarMathematische BasisInterview (EMBI) das eine Anleitung zur individuellen Diagnose von mathematischen Kompetenzen in den ersten Schuljahren bietet und dabei nicht nur bereits vorhandene schulische Faumlhig-keiten und Fertigkeiten sondern auch basale Lernvoraussetzungen mit untersucht Es bietet dem Kind bdquoindividuelle Herausforderungen und die Gelegenheit zu zeigen was es alles schon kann und weiszlig So werden sowohl besondere Staumlrken als auch beson-derer Unterstuumltzungsbedarf in einer Form offengelegt die direkte Anknuumlpfungspunkte fuumlr Unterricht und Einzelfoumlrderung bietetldquo (Peter-Koop et al 2007 S 4) Hierbei wird es den Kindern ermoumlglicht durch Handlungen mit Material auch Ideen zu zeigen die sie noch nicht verbalisieren oder gar verschriftlichen koumlnnen

Ein weiteres Instrument das geeignetes Material zur Interviewfuumlhrung bereitstellt sind die Einzeltestkarteien des Diagnosebegleiters (Guder et al 2007c und 2008d) Dieses Material stellt geeignete Aufgabenstellungen bereit anhand derer die Kinder ihre Kompetenzen zeigen koumlnnen Je nach dem Antwortverhalten des Kindes folgen verschiedene weitergehende Fragen und Aufgabenstellungen Auszligerdem gibt es dazu Hinweise auf Foumlrderaufgaben die auf moumlgliche Schwierigkeiten eingehen und die grundlegenden Kompetenzen foumlrdern

Bei diesem Verfahren ist ein hoher zeitlicher Aufwand fuumlr die Durchfuumlhrung der Einzel-gespraumlche erforderlich Nutzbar fuumlr kuumlrzere diagnostische Gespraumlche sind Einzel- oder Freiarbeitsphasen im Unterricht in denen sich die Lehrperson einem einzelnen Kind widmen kann Die Durchfuumlhrung von Interviews erfordert in jedem Fall eine hohe diagnostische Kompetenz

25 Beobachtungen

Neben gezielt initiierten Testsituationen oder Interviews bieten sich Beobachtungen der Kinder im Unterricht an Entscheidend fuumlr das Gelingen ist dass vorher festgelegt wird worauf gezielt geachtet werden soll welche Beobachtungsinstrumente (zB Tonband Video Beobachtungsbogen) eingesetzt werden uumlber welchen Zeitraum die Beobach-tung durchgefuumlhrt werden soll und wie die Ergebnisse mit angemessenem Aufwand dokumentiert werden Hierbei koumlnnen sowohl mathematische Faumlhigkeiten und Kom-petenzen als auch allgemeinpaumldagogische Aspekte wie Arbeitsverhalten Motivation Konzentration etc in den Fokus genommen werden Wesentliche Aspekte fuumlr die Be-obachtung finden sich in den Bildungsstandards oder den Kerncurricula der einzelnen

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

9

Bundeslaumlnder Durch eine tabellarische Auflistung laumlsst sich sicherstellen dass diese Merkmale zur Beurteilung tatsaumlchlich herangezogen werden und die Beobachtungen uumlber vage Eindruumlcke hinausgehen Auszligerdem besteht dadurch die Moumlglichkeit die gemachten Beobachtungen in einer Codierung (z B ++ + 0 - --) schuumllerspezifisch festzuhalten und so einen Uumlberblick zu gewinnen Hilfreich kann sein regelmaumlszligig fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller die entsprechende Tabelle auszufuumlllen und so sicherzu-stellen dass alle wesentlichen Aspekte in den Blick genommen werden

Die nachfolgende Abbildung zeigt ein Beispiel fuumlr einen Beobachtungsbogen der die Anforderungen des niedersaumlchsischen Kerncurriculums (NKM 2006 S 34) umfasst

Es gibt eine Fuumllle von fertigen Beobachtungsboumlgen die sich jedoch deutlich in ihren Anspruumlchen unterscheiden So gibt es welche die im Fokus mathematische Fertig-keiten haben (vgl GS Hude-Suumld 2006 S 3) Andere binden daneben auch prozess-bezogene Kompetenzen ein (vgl SundermannSelter 2006 S 122) Zur Entwicklung solcher fachbezogenen Beobachtungsboumlgen fordern Sundermann und Selter dass sie bdquonicht fertig uumlbernommen sondern hellip vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen kritisch diskutiert und hellip modifiziert werdenldquo (SundermannSelter 2006 S 123)

Der Umgang mit Beobachtungsboumlgen eroumlffnet die Moumlglichkeit einen Uumlberblick uumlber die Kompetenzentwicklung des einzelnen Kindes zu erhalten und zwar auszligerhalb von Pruumlfungssituationen Nicht leicht ist es im Unterrichtsalltag den Uumlberblick bei der Beobachtung zu behalten Dabei besteht die Schwierigkeit dass gerade stille Kinder uumlbersehen werden Um dieser Gefahr vorzubeugen schlagen Sundermann und Selter alternativ den Einsatz einer Beobachtungskarte fuumlr jedes Kind vor die neben allge-meinen Informationen uumlber das Kind eine tabellarische Checkliste enthaumllt in der die individuellen Beobachtungen festgehalten werden

26 Eigenproduktionen

Neben der durch eine Checkliste kontrollierten Beobachtung koumlnnen von den Kindern im Unterricht angefertigte Eigenproduktionen zur Einschaumltzung ihrer Kompetenzen und des Bedarfs an zusaumltzlichen Herausforderungen herangezogen werden Anlass zum Erstellen koumlnnen beispielsweise Sachprobleme oder Aufgabenserien sein die in-nermathematische Besonderheiten enthalten Sundermann und Selter unterscheiden zwischen bdquoErfindungen Aufgaben selbst erfinden hellip Rechenwege Aufgaben mit ei-

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Name des Kindes

Math Begriffs- und Operati-onsver-staumlndnis

Schnelle Verfuumlg-barkeit von Kenntnis-sen

Sicher-heit im Ausfuumlh-ren von Fertig-keiten

Ein-bringen kreativer Ideen

Schluumlssig-keit der Loumlsungs-wege und Uumlberle-gungen

Flexibili-taumlt und Proble-mange-messen-heit

Richtig-keit von (Teil-) Ergebnis-sen

muumlnd-liche und schrift-liche Darstel-lungsfauml-higkeit

Zielge-richtete und Aus-dauer

Math Koopera-tionsfauml-higkeit

Transfer-faumlhigkeit

Lebens-weltliche Anwen-dungsfauml-higkeit

konstruk-tiver Um-gang mit Fehlern

Umgang mit didakt Material und techn Hilfsmit-teln

Aische

Arvid

Hannah

Paul

13

10

genen Vorgehensweisen bearbeiten hellip Forscheraufgaben Auffaumllligkeiten beschrei-ben und begruumlnden hellip Ruumlckschau und Ausblick uumlber das Lehren und Lernen schrei-benldquo (SundermannSelter 2006 S 125 Hervorhebungen im Original) Die Analyse dieser Eigenproduktionen liefert Aufschluumlsse uumlber das Denken der Kinder und ihre Vorstellungen Neben prozessbezogenen Kompetenzen lassen sich anhand der durch-gefuumlhrten Berechnungen auch Rechenkompetenzen erkennen

Eine spezielle Form dieser Eigenproduktionen stellen die Lerntagebuumlcher nach Gallin und Ruf (1998) dar in denen Lernende ihre Gedanken beim Erschlieszligen eines neuen Sachverhalts verschriftlichen In diesem bdquoReisetagebuch geht es nicht primaumlr um ir-gendwelche Rechnungen die moumlglichst richtig geloumlst werden sollen sondern darum dass die Schuumllerinnen und Schuumller sich in eigenen Worten zu der Arbeit am Thema aumlussernldquo (Gallin 1999 S5) Diese Eigenproduktionen liefern eine Fuumllle an Moumlglich-keiten Ruumlckschluumlsse uumlber das Denken der Kinder zu ziehen und so geeignete Heraus-forderungen fuumlr diese Kinder bereitzustellen

Dieses Vorgehen basiert auf einer Wuumlrdigung der geleisteten Arbeit durch die Lehr-kraft indem sie mit dem Kind uumlber seine gewonnenen Erkenntnisse spricht und es so weiter motiviert Auch die nicht nur punktuelle Erhebung sondern die Erfassung der Entwicklung von Kompetenzen zeichnet dieses Vorgehen aus Waumlhrend Kinder die Ei-genproduktionen anfertigen entstehen fuumlr die Lehrkraft Freiraumlume sich mit einzelnen Kindern intensiv zu beschaumlftigen Die Sichtung der Ergebnisse der Lerntagebucheintra-gungen erfordert Zeit und ein diagnostisches Gespuumlr zum Erkennen der manifestierten Vorstellungen und Konzepte

27 Integriertes Modell

Anhand schriftlicher Standortbestimmungen in Form von informellen Tests wird ein Uumlberblick uumlber den Kompetenzstand aller Kinder einer Klasse gewonnen Der Test sollte dabei so angelegt sein dass eine Auswertung mit geringem zeitlichen Aufwand moumlglich ist er aber trotzdem Indizien dafuumlr liefert ob ein Kind auffaumlllig abweichende Leistungen zeigt und ob es eventuell besondere Schwierigkeiten hat In nachfolgenden individuellen Gespraumlchen mit auffaumlllig gewordenen Kindern werden anhand geeig-neter Fragestellungen und Materialien die spezifischen Schwierigkeiten des Kindes oder seine besondere Leistungsfaumlhigkeit genauer eingegrenzt Fuumlr die so festgestellten Besonderheiten werden nun foumlrderliche Herausforderungen in Form von Einzelauftrauml-gen Gruppenauftraumlgen Klassenauftraumlgen oder Partner- und Gruppenspielen fuumlr die Kinder bereitgestellt die an die Ergebnisse des Gespraumlchs angepasst werden

Dieses Vorgehen soll am Beispiel eines Kindes das in einem schriftlichen Test auffaumlllig wurde illustriert werden

Maria1 ist ein achtjaumlhriges Maumldchen am Ende des zweiten Schuljahres Im schriftlichen Test zeigte sie Auffaumllligkeiten bei der Bearbeitung von Groumlszligen hier Geldwerten Die Aufgabenstellungen stammten aus dem Diagnosebegleiter (Guder et al 2007 a) Sie konnte zunaumlchst mit richtigen Muumlnzwerten den geforderten Geldbetrag darstellen bei der Darstellung durch 1ct Muumlnzen kam sie nicht zum richtigen Ergebnis Ursaumlchlich koumlnnte hier sein dass der Platz fuumlr eine vollstaumlndige Loumlsung mit 1ct Muumlnzen nicht reichte Maria blieb nicht durchgaumlngig bei den zulaumlssigen Muumlnzgroumlszligen und verwen-dete spaumlter Einzelbetraumlge (30 ct) die es nicht als Muumlnze gibt Die Summe betrug aber

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

11

trotzdem 1 euro Maria besitzt also Rechenkompetenzen im Raum bis 100 mit vollen Zehnern und besitzt die Kenntnis dass 1 euro gleich 100 ct sind

Nach der Auswertung des schriftlichen Tests fuumlhrte die Fachkraft ein kurzes Interview Dieses wurde anders als es im Alltag not-wendig waumlre videogra-phiert und transkribiert Maria bekam den Auftrag mit zwei 5 euro-Scheinen und mehreren Muumlnzen in allen Nennwerten von 1 ct bis 2 euro einen Geldbetrag von 10 euro zu legen Dieser Betrag wurde ihr auch als Bild eines 10 euro Scheins praumlsentiert Sie legt daraufhin zwei 5 euro-Scheine

Daran schlieszligt sich folgendes Gespraumlch2 an

I [v] OK Super Kannst Du das auch noch auf eine andere Art

I [nv] Legt die zwei 5euro Scheine zuruumlck

Ma [v] mhm

Ma [nv] Schiebt die Muumlnzen hin und her und

Ma [v] So geht das

Ma [nv] legt anschlieszligend sieben 1 ct und eine 2 ct Muumlnze auf den Tisch

Schiebt die Muumlnzen zusammen

I [v] mhm OK Und sind das 10 euro

Ma [v] ((3s)) Ja ((12s))

Ma [nv] Zaumlhlt die Muumlnzen einzeln nach Dabei tippt sie auf jede 1 ct Muumlnze einzeln und

Ma [v]

Ma [nv] anschlieszligend zweimal auf die 2 ct Muumlnze Holt eine weitere 1 ct Muumlnze dazu die zu-naumlchst herunterfaumlllt und hebt sie wieder auf

I [v] Geht das noch auf eine andere Art

Ma [v] ((55 s))

Ma [nv] Legt alle Muumlnzen und Scheine auseinander dreht sie so dass die Zahlen oben

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Abbildung von Testheft 22A (Guder et al 2007a S 2) copy Ernst Klett Verlag GmbH Eintragungen ergaumlnzt

1 Name geaumlndert2 Das Transkript wurde in Partiturschreibweise mit verbalen und nonverbalen Aumluszligerungen erstellt Dabei stehen gleichzeitige Aumluszligerungen und Handlungen untereinander Die Laumlnge der einzelnen Abschnitte im Transkript sagt dabei nichts uumlber die Laumlnge der Aumluszligerung aus Pausen werden durch Angabe der Laumlnge als in Doppelklammern ein-geschlossene Zeitdauer in Sekunden angegeben Beispiel ((3 s)) bedeutet eine Pause von 3 Sekunden I[v] bedeutet bdquoVerbale Aumluszligerung des Interviewersldquo I[nv] eine bdquononverbale Aumluszligerungldquo bzw Handlung des Interviewers Analoges gilt fuumlr M[v] und M[nv]

12

I [v] Das sind 10 euro

Ma [v] ((10s))

Ma [nv] liegen nimmt 5euro 2 x 2 ct und 1 x 1 ct

Tipp einmal auf 5euro je zweimal auf 2 ct und einmal auf 1 ct Nickt

Man kann erkennen dass Maria auf der reinen Zahlenebene die Zahl 10 zerlegen kann Jedoch ist auffaumlllig dass ihr das Verstaumlndnis fuumlr die unterschiedlichen Werte von Euro und von Cent fehlen

Im anschlieszligenden Interviewteil der ihr Verstaumlndnis fuumlr die Geldwerte genauer un-tersucht wird bestaumltigt dass es bei Maria Verwechslungen zwischen der physischen Groumlszlige und dem Wert von Muumlnzen gibt Sie ist jedoch in der Lage die Muumlnzen in ihrer Kaufkraft zu vergleichen und in die richtige Reihenfolge zu bringen

I [v] Kannst Du die in eine Reihe legen Was ist die wert-vollste Muumlnze

I [nv] Legt 2 ct 5 ct 20 ct 50 ct 1 euro und 2 euro unsortiert auf den Tisch

I [v]

Ma [nv] Bringt schnell die ct Muumlnzen in Reihenfolge legt die Euromuumlnzen uumlbereinander und legt sie neben das 50 ct Stuumlck Tauscht 1euro und 50 ct

I [v] Und wofuumlr kannst Du am meisten kaufen

Und am zweit-meisten

Und am

Ma [nv]

Nimmt 2euro aus der Reihe

Nimmt 1 euro

I [v] drittmei-sten

Am viertmei-sten

Und am fuumlnftmei-sten

Gut

Ma [nv]

Nimmt 50 ct

Nimmt 20 ct

Nimmt 5 ct

Auf den spezifischen Foumlrderbedarf von Maria die Geldwerte von Muumlnzen und Geld-scheinen sicher zu kennen sowie Euro und Cent unterscheiden zu lernen wird nun durch geeignete Herausforderungen eingegangen So bieten sich Partnerarbeiten oder Kleingruppenarbeit an in deren Verlauf Maria direkte Ruumlckmeldungen zu ihren Louml-sungsversuchen bekommt Anknuumlpfend an ihre Rechenkenntnisse koumlnnte beispielwei-se folgendes Vorgehen in den beschriebenen Arbeitsformen mit Unterstuumltzung durch die Lehrkraft gewaumlhlt werden

Arbeits-Sozialform Partner- oder Gruppenarbeit (bis 5 Personen)

Zusaumltzliches Material Rechengeldmuumlnzen

Durchfuumlhrung Ein Kind nimmt zwei Muumlnzen in die Hand und addiert ihrenWert Dann legt es die geschlossene Hand mit den Muumlnzen auf den Tischoder auf seinen Schoszlig bdquoIch habe mit zwei Muumlnzen hellip Euro (Cent) in derHand Welche Muumlnzen sind esldquo Wer es herausfindet darf das naumlchste Raumltselstellen

Variation Die Uumlbung mit drei Muumlnzen durchfuumlhren

Abbildung von Karte Gruumln Dreieck 1 (Guder et al 2007c) copy Ernst Klett Verlag GmbH

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

13

Die integrierte Vorgehensweise ermoumlglicht nicht nur die Bestimmung von Defiziten sondern liefert Erkenntnisse uumlber die vorhandenen Kompetenzen und nutzt sie zur Einleitung angemessener individueller Foumlrdermaszlignahmen

Hier besteht die Moumlglichkeit Herausforderungen zu nutzen die es den Kindern ermoumlg-lichen ihre vorhandenen Kompetenzen einzusetzen um die weitergehenden Problem-stellungen zu bearbeiten und so ihre jeweiligen Kompetenzen weiter zu entwickeln

3 Fordern und Foumlrdern

Lernfortschritte und Kompetenzerweiterungen koumlnnen bei allen Kindern unabhaumlngig von ihrem Leistungsstand nur dann gelingen wenn sie mit Anforderungen konfron-tiert werden die noch nicht verfuumlgbare Kompetenzen zur Bewaumlltigung erfordern sie also Faumlhigkeiten entwickeln muumlssen die ihren gegenwaumlrtigen Kenntnisstand uumlbersteigen Insofern sind Foumlrderung und Forderung nur zwei Facetten der glei-chen Idee und stellen eine Herausforderung an die Kinder und ihre gegenwaumlrtigen Kompetenzen dar Dabei muss jedoch darauf geachtet werden dass die vorhan-denen Kompetenzen zur Bewaumlltigung der Herausforderungen nur in einem Maszlige uumlberschritten werden das nicht zu einer Uumlberforderung fuumlhrt Allerdings darf dies nicht dazu fuumlhren dass die Probleme in kleine und kleinste Schritte zerlegt werden so dass die Kinder quasi bdquoam Nasenringldquo durch das Problemfeld gefuumlhrt werden Ziel ist es vielmehr dass sie Grundvorstellungen selbst entwickeln erweitern und in groumlszligere Sinnzusammenhaumlnge stellen Unterschiede zwischen Fordern und Foumlr-dern bestehen daher hauptsaumlchlich in graduellen Abweichungen im Anspruch der individuellen Herausforderungen Diese lassen sich durch Differenzierung realisie-ren Auch wenn die Prinzipien der Differenzierung noch keine Lernerfolge garan-tieren zeigen bdquoErfahrungsberichte aus Skandinavien und aus Leuchtturmschulen in Deutschland hellip dass adaptiver Unterricht funktionieren kannldquo (Helmke 2009 S 258 Hervorhebung im Original) Differenzierung bietet somit Chancen angemessen auf individuelle Schwierigkeiten zu reagieren Dazu lassen sich fuumlr die Grundschule zwei Hauptformen unterscheiden Zum einen gibt es die aumluszligere Differenzierung bei der die Klassen in Gruppen verschiedener Kompetenzstufen unterteilt und angepasst an die Kompetenzstufen unterrichtet werden Diese Form besitzt in der Grundschule eher randstaumlndige Bedeutung und erfolgt houmlchstens in zusaumltzlichen Foumlrderstunden Zum anderen gibt es die im Grundschulunterricht meist praktizierte innere Diffe-renzierung bei der innerhalb eines Klassenverbandes Kindern unterschiedliche Auf-gabenstellungen und Auftraumlge gegeben werden die an ihre Kompetenz angepasst sind und die meist mit Attributen wie leicht mittel und schwer belegt sind oder es gibt einheitliche Lernangebote die auf unterschiedlichen Niveaus bearbeitet werden koumlnnen Diese Lernangebote im Rahmen der so genannten natuumlrlichen Differen-zierung enthalten nach Krauthausen und Scherer eine einheitliche uumlbergeordnete Problemstellung die inhaltlich hinreichend komplex ist und fachlich wohluumlberlegt so gerahmt ist dass sie Fragestellungen unterschiedlicher Schwierigkeit bietet Hier-bei haben die Kinder die Freiheit ihre eigenen Vorgehensweisen auszuwaumlhlen und eigene Hilfsmittel zu nutzen Daneben ist die Kommunikation uumlber die gewaumlhlten Loumlsungswege integraler Bestandteil sodass die Kinder mit alternativen Sichtweisen konfrontiert werden und sie ihr Methodenrepertoire erweitern koumlnnen Neben der Erweiterung ihrer Kompetenzen wird hier auch die Entwicklung einer realistischen Selbsteinschaumltzung gefoumlrdert (vgl KrauthausenScherer 2010 S 5 - 6) Um dies zu

3Fordern und Foumlrdern

14

gewaumlhrleisten muumlssen Kinder auch aufgefordert werden nicht immer nur den ein-fachsten Weg zu waumlhlen sondern sich auch anspruchsvollere Aspekte der Problem-stellung vorzunehmen

Im Folgenden sollen zwei Ansaumltze von Wittmann sowie von Foumlrster und Grohmann vorgestellt werden die eine natuumlrliche Differenzierung ermoumlglichen Wittmann konzi-piert sogenannte Substanzielle Lernumgebungen und Foumlrster und Grohmann entwi-ckeln diese zu einem Konzept zur Planung von einzelnen Unterrichts(doppel)stunden weiter fuumlr die natuumlrlich differenzierende Aufgabenstellungen entworfen werden die allen Kindern Kompetenzerweiterungen ermoumlglichen

31 Substanzielle Lernumgebungen

Um Lernprozesse und Kompetenzerweiterungen bei Kindern anzustoszligen und da-mit letztendlich Lernerfolge moumlglich zu machen schlaumlgt Wittmann sogenannte Sub-stanziellen Lernumgebungen vor fuumlr die er Folgendes fordert

1 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen zentrale Ziele Inhalte und Prinzipien des Mathematikunterrichts repraumlsentieren

2 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen reiche Moumlglichkeiten fuumlr mathematische Aktivitaumlten von Schuumllerlnnen bieten

3 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen flexibel sein und leicht an die speziellen Gegebenheiten einer bestimmten Klasse angepasst werden koumlnnen

4 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen mathematische psychologische und paumldagogische Aspekte des Lehrens und Lernens in einer ganzheitlichen Weise integrieren und daher ein weites Potential fuumlr empirische Forschungen bieten (Wittmann 1998 S 337-338)

Die Aufgabenstellungen und Herausforderungen in Substanziellen Lernumgebungen sollten sich in diesem Sinne also mit grundlegenden Themen des Mathematikunter-richts beschaumlftigen Eine Auseinandersetzung mit sehr engen Aufgabenstellungen oder Einzelfaumlllen ist nur dann angebracht wenn sich daran uumlber den Einzelfall hinausge-hende allgemeine Erkenntnisse gewinnen lassen

Daruumlber hinaus ist es wesentlich dass die Auseinandersetzung mit der Aufgabenstel-lung auf verschiedene Arten erfolgen kann und somit der groszligen Heterogenitaumlt der Kinder in einer Klasse genuumlgt Auszligerdem muumlssen die verschiedenen mathematischen Aktivitaumlten Erkenntnisse uumlber mathematisches Vorgehen ermoumlglichen um neue Ope-rationen anzubahnen oder bereits bekannte zu festigen Durch probierendes Untersu-chen von Zusammenhaumlngen werden bei leistungsschwachen Kindern die Grundfertig-keiten geuumlbt und bei leistungsstaumlrkeren Kindern Erkenntnisse ermoumlglicht die uumlber die Einzelfaumllle hinausgehen

Die geforderte Flexibilitaumlt ist ein weiterer wesentlicher Aspekt da unterschiedliche Gruppen von Lernenden unterschiedliche Beduumlrfnisse haben Auch muumlssen die Anfor-derungen und ihre Praumlsentationen so gewaumlhlt sein dass sie an verschiedene Anspruumlche angepasst werden koumlnnen und im Idealfall in verschiedenen Jahrgangsstufen mit ver-aumlnderten Grundannahmen eingesetzt werden koumlnnen

Die vierte Forderung ist evident da Lernumgebungen die diese Forderungen verlet-zen entweder nicht zum Lernen von Mathematik oder nicht zum Lernen von Mathe-matik geeignet sind

3Fordern und Foumlrdern

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Der letzte Nachsatz der vierten Forderung ist nur eine Folgerung aus dem vorherge-henden da derartig gestaltete Lernumgebungen durch die unterschiedlichen Heran-gehensweisen selbstverstaumlndlich das Potential bieten diese qualitativ oder quantitativ zu erfassen und empirische Kategorienbildung ermoumlglichen Die Analyse eroumlffnet Er-kenntnisse uumlber das Potential von Aufgaben die geforderten Kompetenzen und die Herangehensweise der Kinder die sie bearbeitet haben Die Aufgaben besitzen also auch diagnostisches Potential

Das Konzept soll am Beispiel Rechenraupen erlaumlutert werden das auf eine von Stein-bring (1995 1997) beschriebene Uumlbungsform zuruumlckgeht

In einer Rechenraupe wird wie folgt gerechnet

In das letzte Koumlrperglied wird die Startzahl (im Beispiel die 2) geschrieben

Die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der Startzahl plus der Additionszahl (hier die 3) die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der zweiten auch durch Addition von 3 Alle wei-teren Koumlrperzahlen werden genauso berechnet

Um die Zielzahl im Kopf einer Rechenraupe auszurechnen werden alle Zahlen im Koumlr-per addiert

Dieses Aufgabenformat repraumlsentiert als zentrale Ideen der Mathematik

middot arithmetische Folgen und Reihen middot Rekursionen middot Summenberechnung fuumlr arithmetische Folgen

middot Addition und als Umkehrung die Subtraktion

middot Multiplikation und als Umkehrung die Division

middot funktionale Zusammenhaumlnge Bei gegebener Startzahl und Additionszahl sind die mathematischen Aktivitaumlten zunaumlchst beschraumlnkt gibt man hier jedoch beispielswei-se zwei Koumlrperzahlen vor so muss durch Dif-ferenzbildung und Division die Additionszahl bestimmt werden Durch Vorgabe der Zielzahl und durch die Suche nach Start- und Additi-onszahl wird durch systematisches Probieren eine Vielzahl an Additionen durchgefuumlhrt und die Rechenfertigkeit geuumlbt Gerade die Suche nach verschiedenen Moumlglichkeiten eine be-stimmte Zielzahl zu erreichen beruumlcksichtigt das Prinzip des entdeckenden problem-loumlsenden Lernens denn jedes Kind kann seinen Weg zur Loumlsung des Problems selbst waumlhlen Weitere Variationsmoumlglichkeiten dieser Lernumgebung finden sich bei Stein-bring (1995 1997) Das Aufgabenformat zeigt dass es mithilfe der Variationen an die

3Fordern und Foumlrdern

a) Versucht die Startzahl und die Addi-tionszahl so zu waumlhlen dass ihr moumlg-lichst nah an die Zielzahl 50 kommt

b) Versucht mehrere Loumlsungen fuumlr die Zielzahl 50 zu finden

c) Schaut euch alle eure Zielzahlen an Was stellt ihr fest

d) Kann man auch die Zielzahl 66 treffen

e) Bestimmt fuumlr die Zahlen oben die Ad-ditionszahl die Startzahl und die Zielzahl

16

Beduumlrfnisse einer Lerngruppe angepasst werden kann und verschiedene Ziele verfolgt werden koumlnnen

Eine Fuumllle von weiteren Beispielen derartiger Substanzieller Lernumgebungen findet sich in den Veroumlffentlichungen des Projekts bdquomathe 2000ldquo insbesondere in den Hand-buumlchern Produktiver Rechenuumlbungen von Gerhard N Muumlller und Erich Ch Wittmann (1992 1993) Weitere Quellen sind die Lernumgebungen von Nuumlhrenboumlrger und Pust (2006) sowie die Lernumgebungen fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte von Hen-gartner et al (2006) und von Hirt und Waumllti (2008)

32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung

Will man als Lehrkraft nicht nur auf bereits vorliegende Lernumgebungen zuruumlckgrei-fen sondern selbst geeignete Umgebungen generieren so bietet sich das Konzept von Foumlrster und Grohmann an Sie entwickelten ein Konzept zur Aufgabenoumlffnung ur-spruumlnglich zur Begabungsfoumlrderung zeigen dabei aber auch das Potential auf das ihr Vorgehen zur Foumlrderung aller Kinder innerhalb des alltaumlglichen Mathematikunterrichts besitzt Sie machen dabei folgende Grundannahmen zum mathematischen Gehalt die denen von Wittmann fuumlr seine Substanziellen Lernumgebungen aumlhneln Im Einzelnen fordern sie dass bdquodie Offenheit in der Wahl der Hilfsmittel der Loumlsungswege und der Ergebnisdarstellung hellip das Loumlsen der Ausgangsaufgabe und weiterer Anschlusspro-bleme Eigenproduktionen der Kinderldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) erlaubt bzw foumlrdert und dass bdquodie reichhaltige mathematische Substanz und inhaltliche Offenheit der Ausgangsaufgabe hellip vielfaumlltige Moumlglichkeiten zum Mathematiktreibenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) bietet

Diesen Forderungen stellen Foumlrster und Grohmann die beiden folgenden weniger auf den mathematischen Gehalt als auf das Wecken von Interesse und die Verstaumlndlichkeit der Aufgabenstellung gerichteten Kriterien voran naumlmlich dass bdquoder jeweilige Inhalt einer (Ausgangs-)Aufgabe hellip Neugier und Interesse hellip weckenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) soll und dass die bdquoAusgangsaufgabe hellip leicht verstaumlndlich [ist] sodass alle Kinder die Chance haben sich mit der Aufgabe erfolgreich auseinanderzusetzenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) Neben der Erfuumlllung dieser Bedingungen sollen die Aufgabensequenzen die durch Oumlffnung entstehen so entwickelt werden dass sie in einer Unterrichtsstunde bearbeitet werden koumlnnen Ziel dieser Aufgabenstellungen ist das Uumlben Die Oumlffnung ermoumlglicht aber auch dass andere Kinder bei der Bearbeitung weitergehende Erkenntnisse gewinnen und ihre Kompetenzen erweitern koumlnnen

Als Ausgangspunkte der Oumlffnung schlagen Foumlrster und Grohmann zum einen ge-schlossene Aufgaben aus Schulbuumlchern vor deren curriculare Anbindung in der Regel gegeben ist und zum anderen bdquoKnobel-ldquo oder Problemaufgaben Stammen letztere nicht aus Schulbuumlchern so sollte zunaumlchst die curriculare Einbindung geklaumlrt werden

Foumlrster und Grohmann schlagen zur Gewinnung folgendes Vorgehen vor

Vorgehensweisen fuumlr das Erstellen geoumlffneter AufgabensequenzenAusgangspunkt

Geschlossene Aufgaben(z B aus Schulbuumlchern)

AusgangspunktbdquoKnobelldquo- bzw Problemaufgaben(z B aus Aufgabensammlungen)

a) Analyse des mathematischen Gehalts der uumlber den Uumlbungseffekt hinausweist bzw hinauswei-sen kann

a) Analyse der Moumlglichkeiten curricularer Einbindung auf Grundlage verschiedener Loumlsungswege

3Fordern und Foumlrdern

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b) Formulierung einer (meist) geoumlffneten Pro-blemstellung die neben dem Uumlbungsgehalt auch den Zugang zum mathematischen Gehalt (implizit) anregt

b) Analyse des Uumlbungspotenzials bei probierender Bearbeitung des Loumlsungsprozesses und der mathematischen Struktur der Aufgabe

c) Analyse weiterer moumlgl auch andersartiger Loumlsungsmoumlglichkeiten fuumlr die Kinder

d) Ausweitung der Fragestellung d h weitere moumlgl viele Fragen finden mit unterschiedlichen Bedin-gungen (Vorrausetzungen Einschraumlnkungen ) fuumlr die Problemstellung

e) Zusammenfassen aller Fragen in (moumlglichst) einer einzigen Fragestellung

f) Ein leichtes Ausgangsproblem wird erstellt dessen Bearbeitungszeit fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuuml-ler ungefaumlhr gleich ist ggf Verstaumlndnisfragen klaumlrt und zu probierenden Ansaumltzen anregt

g) Moumlgliche offenegeoumlffnete Anschlussfragen werden konzipiert

(FoumlrsterGrohmann 2010 S 114 Hervorhebungen aus dem Original)

Das folgende Aufgabenpaumlckchen aus dem Uumlbungsheft zu Welt der Zahl 4 dient als Ausgang fuumlr die Oumlffnung einer bdquogeschlossene Aufgabeldquo

Abbildung aus RinkensHoumlnisch 2006 S 29 copy Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schoumlningh Winklers GmbH

Ziel und mathematischer Gehalt (a) dieser Aufgabe ist originaumlr das Uumlben schriftlicher Multiplikation vier- bis fuumlnfstelliger Faktoren mit einem einstelligen zweiten Faktor so-wie das Sortieren fuumlnfstelliger Zahlen der Groumlszlige nach Daruumlber hinaus koumlnnte man in eine solche Uumlbung auch noch den Einfluss der Stellen an denen Ziffern stehen auf die Groumlszlige der Ergebnisse mit untersuchen

Als geoumlffnete Problemstellung (b) bietet sich hier an nicht mit willkuumlrlich vorgege-benen Zahlen zu hantieren sondern die Kinder erkunden zu lassen bei welcher Anord-nung von gegebenen Ziffern das Ergebnis am groumlszligten wird Eine entsprechende offene Fragestellung koumlnnte dann folgende sein

Ihr habt fuumlnf Ziffernkaumlrtchen mit den Ziffern 2 3 4 7 und 9 zur Verfuumlgung Daraus bildet Ihr eine vierstellige Zahl und multipliziert sie mit der fuumlnften Zahl Bestimmt das groumlszligte Produkt

Um diese Aufgabenstellung zu bearbeiten koumlnnten die Kinder unter anderem folgende Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) waumlhlen Sie koumlnnten systematisch probierend herangehen Es koumlnnten aber auch Kinder auf die Idee kommen dass das Produkt am groumlszligten wird wenn aus den Ziffern fuumlr den ersten Faktor die groumlszligte moumlgliche Zahl gebildet wird wenn also die vier Ziffern des ersten Faktors der Groumlszlige nach von groszlig nach klein sor-tiert sind Die Kinder muumlssten dann nur noch die fuumlnf Wahlmoumlglichkeiten der Ziffern fuumlr den zweiten Faktor uumlberpruumlfen

3Fordern und Foumlrdern

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Als moumlgliche weitere Fragen (d) koumlnnte man untersuchen wie groszlig die Aumlnderungen im Ergebnis sind wenn man zwei der vorhandenen Ziffern gegeneinander tauscht und welche Gesetzmaumlszligigkeiten dabei auftreten oder welches das groumlszligte Ergebnis ist wenn man die Vorgabe vierstellige und einstellige Faktoren wegfallen laumlsst und auch die Multiplikation eines dreistelligen mit einem zweistelligen Faktor zulaumlsst

Als zentrale einzige Fragestellung (e) bietet sich hier der anfaumlnglich bereits formu-lierte Erkundungsauftrag nach dem groumlszligtmoumlglichen (kleinstmoumlglichen) Ergebnis bei der Multiplikation von einem vierstelligen und einem einstelligen Faktor an Werden die Kinder dabei auch aufgefordert Vermutungen anzustellen zu uumlberpruumlfen und ge-gebenenfalls zu begruumlnden so werden durch diese Fragestellung neben der Uumlbung des schriftlichen Multiplizierens auch prozessbezogene Kompetenzen in verschiedenen Anforderungsniveaus gefordert

Als leichtes Ausgangsproblem (f) das von allen Kindern mit vergleichbarem Aufwand bearbeitet werden kann soll eine Aufgabe dienen die den Fokus auf den Groumlszligen-vergleich verschiedener Multiplikationsaufgaben aus Zahlen mit permutierten Ziffern lenkt

Als geoumlffneteoffene Anschlussfragen (g) die Erkenntnisse uumlber das Uumlben der schrift-lichen Multiplikation hinaus ermoumlglichen bietet es sich an tatsaumlchlich die oben ge-nannten Erweiterungen der Fragestellung auf quantitative Auswirkungen von Ziffern-vertauschungen oder die Untersuchung von Aufgaben mit zwei- und dreistelligen Faktoren zu waumlhlen

Aus diesen Analysen laumlsst sich dann folgende Aufgabensequenz konstruieren

a) Nehmt vier verschiedene Ziffern und bildet daraus eine vierstellige Zahl Nehmt eine fuumlnfte Ziffer und multipliziert die vierstellige Zahl schriftlich damit Bildet aus den fuumlnf Ziffern drei weitere Multiplikationsaufgaben Sortiert die Ergebnisse der Groumlszlige nach

b) Nehmt eine der Aufgaben und vertauscht in der vierstelligen Zahl zwei der vorhandenen Ziffern Multipliziert nun Vergleicht die Ergebnisse Vermutet wann das Ergebnis groumlszliger wird Schreibt eure Vermutung auf und uumlberpruumlft sie

c) Nehmt wieder fuumlnf verschiedene Ziffern und sucht die Multiplikationsaufgabe einer vierstelligen mit einer einstelligen Zahl aus diesen Ziffern mit dem groumlszligten Ergebnis

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer geschlossenen Schulbuchaufgabe Diese Auf-gabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die nebenstehende Knobelaufgabe von Renate Rasch (2003 S 97) dient als Aus-gangspunkt zur Entwicklung einer geoumlff-neten Aufgabensequenz

Curricular (a) laumlsst sich diese Aufgabe ei-nerseits bei den prozessbezogenen Kompe-tenzen insbesondere beim Problemloumlsen einordnen Inhaltlich kann diese Aufgabe zur Leitidee bdquoZahlen und Operationenldquo Kompetenzbereich bdquoRechenoperationen verste-hen und beherrschenldquo und zur Leitidee bdquoMuster und Strukturenldquo Kompetenzbereich bdquoGesetzmaumlszligigkeiten erkennen beschreiben und darstellenldquo zugeordnet werden Je

9 Geschichte Quicki las in einer Woche ein Buch von 133 Seiten

Am Montag las sie einige Seiten und von da ab jeden Tag 5 Seiten mehr als am Tag davor Am Sonntag wurde sie fertig

Wie viele Seiten las sie am Montag

3Fordern und Foumlrdern

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nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

3Fordern und Foumlrdern

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auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

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Ministeriumfuumlr Bildung und Kultur

des Landes Schleswig-Holstein

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Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

Programmkoordination fuumlr die Laumlnder durch dasMinisterium fuumlr Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBK)Dr Kai Niemannwwwschleswig-holsteindeMBKDEMBK_nodehtml

Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

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litaumltsmerkmale zu erfuumlllen werden die entworfenen Testaufgaben psychometrisch uumlberpruumlft Auszligerdem wird die Durchfuumlhrung eindeutig geregelt und die Auswertung erfolgt anhand praumlzise vorgeschriebener genau formulierter Kriterien Die Testauf-gaben sind in der Regel so konstruiert dass ihre erfolgreiche Bearbeitung von genau einer Kompetenz oder Faumlhigkeit abhaumlngt Aus oumlkonomischen Gruumlnden sind diese Tests meist schriftlich zu bearbeiten Die Einschaumltzung der Leistungen in diesen Tests erfolgt anhand einer Normstichprobe deren Bearbeitungserfolge als Maszligstab eingesetzt wer-den Sie sind zu den produktorientierten Verfahren zu zaumlhlen

Beispiele fuumlr standardisierte Tests zur mathematischen Kompetenzbestimmung die Lehrkraumlften zur Verfuumlgung stehen sind der curriculumsvalide Deutsche Mathematik-test (DeMaT) (Krajewski et al 2002 2004) (Roick 2004) (Goumllitz et al 2006) oder der Hamburger Rechentest (HaReT) (Lorenz 2006) Auch die Vergleichsarbeiten VERA 3 (ZEPF 2011) gehoumlren zu den standardisierten Tests die zur Unterrichtsentwicklung genutzt werden IGLU- (Bos et al 2003) und TIMSS -Tests (Bos et al 2008) koumlnnen nicht genutzt werden da sie der Oumlffentlichkeit nicht zur Verfuumlgung stehen

Ein wesentlicher Vorteil standardisierter Tests ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse Dadurch wird verhindert dass eine Lehrkraft sich nur am Klassendurchschnitt oder an subjektiven Maszligstaumlben orientiert Vermieden werden dadurch Effekte bei der Beur-teilung die sich durch die Zusammensetzung der eigenen Klasse oder des Einzugsge-biets der Schule ergeben koumlnnten Auszligerdem liefern sie falls die Leistungen einzelner Kinder deutlich von den Erwartungen abweichen Anhaltspunkte fuumlr dringenden Foumlr-derbedarf oder auch fuumlr den Bedarf besonderer Forderung Zum Teil besteht jedoch die Gefahr von sogenannten Deckeneffekten wie beispielsweise beim HaReT (Lorenz 2006 S 5) dessen Tests bewusst bdquoso konstruiert [sind] dass sie moumlglichst im unteren Leistungsbereich differenzierenldquo und bdquoein Deckeneffekt fuumlr die leistungsstaumlrkeren Schuumllerinnen und Schuumller hellip bewusst in Kauf genommenldquo wird Diese Deckeneffekte bedeuten dass die Testitems so entworfen sind dass die leistungsstarken Kinder fast alle Items ohne Schwierigkeiten oder Fehler bewaumlltigen und somit ihre Leistungsfaumlhig-keit nicht mehr unterschieden werden kann Ausgehend von den Ergebnissen sollte sich bei nach unten abweichenden Leistungen moumlglichst noch eine differenziertere individuelle Foumlrderdiagnostik anschlieszligen um die Ergebnisse weiter abzusichern und individuelle Foumlrdermoumlglichkeiten aufzuzeigen Ein weiterer Vorteil eines standardisier-ten Testverfahrens kann sein dass Klasseneffekte sichtbar werden die einen Einstieg in eine Veraumlnderung des Unterrichtsstils ausloumlsen koumlnnten

Neben der reinen Beschreibung bdquokannldquo oder bdquokann nichtldquo erlauben derartige Test-verfahren gegebenenfalls auch Beschreibungen von Schwierigkeiten auf curricularer Ebene So lassen sich beispielsweise Feststellungen wie bdquoSabine kann Uumlbertraumlge bei der schriftlichen Addition sachgerecht verarbeiten Uumlbertraumlge bei der schriftlichen Sub-traktion mit Zwischennullen beherrscht sie noch nichtldquo treffen Aussagen uumlber men-tale Vorgaumlnge und moumlgliche kognitive Schwierigkeiten sowie die Einleitung geeigneter Foumlrdermaszlignahmen sind jedoch kaum moumlglich Um daruumlber Informationen zu erhal-ten werden Verfahren zur prozessorientierten Diagnostik eingesetzt die meist nicht standardisiert sind Beispiele dafuumlr finden sich weiter unten Weitere Nachteile fuumlr die Verwendung von standardisierten Tests im Alltag koumlnnen die Kosten zur Anschaffung der Tests sowie der zeitliche Aufwand zur Durchfuumlhrung gemaumlszlig der Vorgaben sein

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

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23 Informelle schriftliche Testverfahren

In den Durchfuumlhrungsbedingungen weniger rigide als die standardisierten Verfahren sind informelle schriftliche Testverfahren die jedoch meist auch produktorientiert sind Hier koumlnnen professionell entworfene jedoch nicht standardisierte Testverfahren ein-gesetzt werden die zwar Auskunft uumlber die vorhandenen Kompetenzen geben aber keinen Anspruch erheben eine quantifizierte Einordnung der Kompetenzen im Ver-gleich mit einem Normschuumller vorzunehmen Dabei gibt es Testverfahren die sich an einzelnen Lehrbuumlchern oder Lehrgaumlngen orientieren und meist Begleitmaterial zum jeweiligen Lehrgang sind oder lehrwerksunabhaumlngige Testverfahren (zB Diagnosebe-gleiter Guder et al 2007a 2007b 2008b) Auszligerdem erheben diese informellen Tests in der Regel nicht den Anspruch mithilfe der Loumlsung einer Testaufgabe jeweils genau eine Faumlhigkeit zu testen Zur erfolgreichen Bearbeitung der Aufgaben sind haumlufig meh-rere Faumlhigkeiten notwendig so dass aus der falschen Loumlsung nicht auf eine einzelne mangelhaft ausgebildete Faumlhigkeit zuruumlckgeschlossen werden kann Derartige infor-melle Tests gibt es mittlerweile von diversen Verlagen auch internetgestuumltzt Damit ist eine Bearbeitung am Rechner moumlglich Meist sind diese Tests produktorientiert und koumlnnen da die Auswertung regelbasiert per Computer erfolgt kaum Aufschluss uumlber konkrete Lernprozesse geben Regeln zur Beurteilung von prozessorientierten Kompe-tenzen sind nur unter groszligem Aufwand zu erreichen da alle frei geaumluszligerten richtigen Antworten erfasst werden muumlssten

Neben diesen kommerziellen Verfahren bieten sich natuumlrlich auch selbst entworfene Tests (z B Klassenarbeiten) an die spezifisch auf die vermittelten Inhalte abgestimmt sind Gefahren dieser Testverfahren bestehen in einer Orientierung an einer Sozial-norm innerhalb der Klasse die zu Fehleinschaumltzungen der Kompetenzen fuumlhren kann Speziell der Einsatz von Klassenarbeiten die auch zur Notenfindung genutzt werden birgt auszligerdem die Gefahr dass hier nur kurzfristiges Lernen forciert wird und entspre-chend kurzlebige Lernerfolge festgestellt werden

Vorteile dieses informellen Vorgehens mit selbst erstellten Aufgabenstellungen sind die groumlszligere Passung zum vorhergehenden und anschlieszligenden Unterricht und die Moumlg-lichkeit gezielt spezifische diagnostische Fragen zu untersuchen Die eingesetzten Aufgabenstellungen unterscheiden sich in der Intention mit der sie gestellt werden Soll der Test differenzierte Auskuumlnfte uumlber das Beherrschen von Rechenfertigkeiten geben so muumlssen die Aufgaben so gestellt werden dass bekannte curriculare Huumlrden identifizierbar sind Mehrere Aufgaben zu einem Inhalt sollten daher unterschiedliche Schwierigkeitsstufungen gemaumlszlig der drei in den Bildungsstandards formulierten An-forderungsbereiche Reproduzieren Zusammenhaumlnge herstellen sowie Verallgemei-nern und Reflektieren (vgl KMK 2005 S 13) enthalten Bereits in den 1980er Jahren schlugen Radatz (1980) und Gerster (1982) geeignete Aufgaben vor die Fehlvorstel-lungen identifizieren koumlnnen Dieses Vorgehen laumlsst daher trotz einer produktorien-tierten Diagnostik Ruumlckschluumlsse auf Ursachen fuumlr Fehler zu

Soll ein informeller schriftlicher Test gezielt nicht nur uumlber inhaltsgebundene Kompe-tenzen Auskunft geben so muumlssen Aufgabenformate gewaumlhlt werden die die pro-zessbezogenen Kompetenzen uumlberpruumlfen Die Aufgabenformate muumlssen daher offen gestaltet sein damit Kinder die Moumlglichkeit haben sich frei zu den Anforderungen zu aumluszligern Anhand der von den Kindern gewaumlhlten Loumlsungswege und ihren Darstel-lungen lassen sich dann Ruumlckschluumlsse auf individuelle Denkweisen ziehen

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

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24 Interviews und diagnostische Gespraumlche

Hierbei bearbeitet ein Kind im Gespraumlch mit der diagnostizierenden Person Problem-stellungen Das Kind wird ermuntert seine Gedankengaumlnge bei der Loumlsung zu verba-lisieren oder handelnd zu demonstrieren ohne dass die interviewende Person inhalt-lich hilft oder unterstuumltzt (zur Methode vgl SelterSpiegel 1997 S 100-112) Gerade hierbei lassen sich die allgemeinen prozessbezogenen Kompetenzen deutlich besser feststellen als es in schriftlichen Testverfahren moumlglich ist Die herausfordernden Auf-gaben an das Kind muumlssen so ausgewaumlhlt werden dass sie unterschiedlich bearbeitet werden koumlnnen damit mithilfe der Versprachlichung die Denkprozesse und Vorstel-lungen des Kindes rekonstruiert werden und Ruumlckschluumlsse auf die Kompetenzen erfol-gen koumlnnen Durch geeignete Anschlussfragen sollten Hypothesen uumlber Ursachen des Fehlverstaumlndnisses weiter untersucht werden um gegebenenfalls geeignete Foumlrder-maszlignahmen einzuleiten

Zu nennen ist hier beispielsweise das ElementarMathematische BasisInterview (EMBI) das eine Anleitung zur individuellen Diagnose von mathematischen Kompetenzen in den ersten Schuljahren bietet und dabei nicht nur bereits vorhandene schulische Faumlhig-keiten und Fertigkeiten sondern auch basale Lernvoraussetzungen mit untersucht Es bietet dem Kind bdquoindividuelle Herausforderungen und die Gelegenheit zu zeigen was es alles schon kann und weiszlig So werden sowohl besondere Staumlrken als auch beson-derer Unterstuumltzungsbedarf in einer Form offengelegt die direkte Anknuumlpfungspunkte fuumlr Unterricht und Einzelfoumlrderung bietetldquo (Peter-Koop et al 2007 S 4) Hierbei wird es den Kindern ermoumlglicht durch Handlungen mit Material auch Ideen zu zeigen die sie noch nicht verbalisieren oder gar verschriftlichen koumlnnen

Ein weiteres Instrument das geeignetes Material zur Interviewfuumlhrung bereitstellt sind die Einzeltestkarteien des Diagnosebegleiters (Guder et al 2007c und 2008d) Dieses Material stellt geeignete Aufgabenstellungen bereit anhand derer die Kinder ihre Kompetenzen zeigen koumlnnen Je nach dem Antwortverhalten des Kindes folgen verschiedene weitergehende Fragen und Aufgabenstellungen Auszligerdem gibt es dazu Hinweise auf Foumlrderaufgaben die auf moumlgliche Schwierigkeiten eingehen und die grundlegenden Kompetenzen foumlrdern

Bei diesem Verfahren ist ein hoher zeitlicher Aufwand fuumlr die Durchfuumlhrung der Einzel-gespraumlche erforderlich Nutzbar fuumlr kuumlrzere diagnostische Gespraumlche sind Einzel- oder Freiarbeitsphasen im Unterricht in denen sich die Lehrperson einem einzelnen Kind widmen kann Die Durchfuumlhrung von Interviews erfordert in jedem Fall eine hohe diagnostische Kompetenz

25 Beobachtungen

Neben gezielt initiierten Testsituationen oder Interviews bieten sich Beobachtungen der Kinder im Unterricht an Entscheidend fuumlr das Gelingen ist dass vorher festgelegt wird worauf gezielt geachtet werden soll welche Beobachtungsinstrumente (zB Tonband Video Beobachtungsbogen) eingesetzt werden uumlber welchen Zeitraum die Beobach-tung durchgefuumlhrt werden soll und wie die Ergebnisse mit angemessenem Aufwand dokumentiert werden Hierbei koumlnnen sowohl mathematische Faumlhigkeiten und Kom-petenzen als auch allgemeinpaumldagogische Aspekte wie Arbeitsverhalten Motivation Konzentration etc in den Fokus genommen werden Wesentliche Aspekte fuumlr die Be-obachtung finden sich in den Bildungsstandards oder den Kerncurricula der einzelnen

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

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Bundeslaumlnder Durch eine tabellarische Auflistung laumlsst sich sicherstellen dass diese Merkmale zur Beurteilung tatsaumlchlich herangezogen werden und die Beobachtungen uumlber vage Eindruumlcke hinausgehen Auszligerdem besteht dadurch die Moumlglichkeit die gemachten Beobachtungen in einer Codierung (z B ++ + 0 - --) schuumllerspezifisch festzuhalten und so einen Uumlberblick zu gewinnen Hilfreich kann sein regelmaumlszligig fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller die entsprechende Tabelle auszufuumlllen und so sicherzu-stellen dass alle wesentlichen Aspekte in den Blick genommen werden

Die nachfolgende Abbildung zeigt ein Beispiel fuumlr einen Beobachtungsbogen der die Anforderungen des niedersaumlchsischen Kerncurriculums (NKM 2006 S 34) umfasst

Es gibt eine Fuumllle von fertigen Beobachtungsboumlgen die sich jedoch deutlich in ihren Anspruumlchen unterscheiden So gibt es welche die im Fokus mathematische Fertig-keiten haben (vgl GS Hude-Suumld 2006 S 3) Andere binden daneben auch prozess-bezogene Kompetenzen ein (vgl SundermannSelter 2006 S 122) Zur Entwicklung solcher fachbezogenen Beobachtungsboumlgen fordern Sundermann und Selter dass sie bdquonicht fertig uumlbernommen sondern hellip vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen kritisch diskutiert und hellip modifiziert werdenldquo (SundermannSelter 2006 S 123)

Der Umgang mit Beobachtungsboumlgen eroumlffnet die Moumlglichkeit einen Uumlberblick uumlber die Kompetenzentwicklung des einzelnen Kindes zu erhalten und zwar auszligerhalb von Pruumlfungssituationen Nicht leicht ist es im Unterrichtsalltag den Uumlberblick bei der Beobachtung zu behalten Dabei besteht die Schwierigkeit dass gerade stille Kinder uumlbersehen werden Um dieser Gefahr vorzubeugen schlagen Sundermann und Selter alternativ den Einsatz einer Beobachtungskarte fuumlr jedes Kind vor die neben allge-meinen Informationen uumlber das Kind eine tabellarische Checkliste enthaumllt in der die individuellen Beobachtungen festgehalten werden

26 Eigenproduktionen

Neben der durch eine Checkliste kontrollierten Beobachtung koumlnnen von den Kindern im Unterricht angefertigte Eigenproduktionen zur Einschaumltzung ihrer Kompetenzen und des Bedarfs an zusaumltzlichen Herausforderungen herangezogen werden Anlass zum Erstellen koumlnnen beispielsweise Sachprobleme oder Aufgabenserien sein die in-nermathematische Besonderheiten enthalten Sundermann und Selter unterscheiden zwischen bdquoErfindungen Aufgaben selbst erfinden hellip Rechenwege Aufgaben mit ei-

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Name des Kindes

Math Begriffs- und Operati-onsver-staumlndnis

Schnelle Verfuumlg-barkeit von Kenntnis-sen

Sicher-heit im Ausfuumlh-ren von Fertig-keiten

Ein-bringen kreativer Ideen

Schluumlssig-keit der Loumlsungs-wege und Uumlberle-gungen

Flexibili-taumlt und Proble-mange-messen-heit

Richtig-keit von (Teil-) Ergebnis-sen

muumlnd-liche und schrift-liche Darstel-lungsfauml-higkeit

Zielge-richtete und Aus-dauer

Math Koopera-tionsfauml-higkeit

Transfer-faumlhigkeit

Lebens-weltliche Anwen-dungsfauml-higkeit

konstruk-tiver Um-gang mit Fehlern

Umgang mit didakt Material und techn Hilfsmit-teln

Aische

Arvid

Hannah

Paul

13

10

genen Vorgehensweisen bearbeiten hellip Forscheraufgaben Auffaumllligkeiten beschrei-ben und begruumlnden hellip Ruumlckschau und Ausblick uumlber das Lehren und Lernen schrei-benldquo (SundermannSelter 2006 S 125 Hervorhebungen im Original) Die Analyse dieser Eigenproduktionen liefert Aufschluumlsse uumlber das Denken der Kinder und ihre Vorstellungen Neben prozessbezogenen Kompetenzen lassen sich anhand der durch-gefuumlhrten Berechnungen auch Rechenkompetenzen erkennen

Eine spezielle Form dieser Eigenproduktionen stellen die Lerntagebuumlcher nach Gallin und Ruf (1998) dar in denen Lernende ihre Gedanken beim Erschlieszligen eines neuen Sachverhalts verschriftlichen In diesem bdquoReisetagebuch geht es nicht primaumlr um ir-gendwelche Rechnungen die moumlglichst richtig geloumlst werden sollen sondern darum dass die Schuumllerinnen und Schuumller sich in eigenen Worten zu der Arbeit am Thema aumlussernldquo (Gallin 1999 S5) Diese Eigenproduktionen liefern eine Fuumllle an Moumlglich-keiten Ruumlckschluumlsse uumlber das Denken der Kinder zu ziehen und so geeignete Heraus-forderungen fuumlr diese Kinder bereitzustellen

Dieses Vorgehen basiert auf einer Wuumlrdigung der geleisteten Arbeit durch die Lehr-kraft indem sie mit dem Kind uumlber seine gewonnenen Erkenntnisse spricht und es so weiter motiviert Auch die nicht nur punktuelle Erhebung sondern die Erfassung der Entwicklung von Kompetenzen zeichnet dieses Vorgehen aus Waumlhrend Kinder die Ei-genproduktionen anfertigen entstehen fuumlr die Lehrkraft Freiraumlume sich mit einzelnen Kindern intensiv zu beschaumlftigen Die Sichtung der Ergebnisse der Lerntagebucheintra-gungen erfordert Zeit und ein diagnostisches Gespuumlr zum Erkennen der manifestierten Vorstellungen und Konzepte

27 Integriertes Modell

Anhand schriftlicher Standortbestimmungen in Form von informellen Tests wird ein Uumlberblick uumlber den Kompetenzstand aller Kinder einer Klasse gewonnen Der Test sollte dabei so angelegt sein dass eine Auswertung mit geringem zeitlichen Aufwand moumlglich ist er aber trotzdem Indizien dafuumlr liefert ob ein Kind auffaumlllig abweichende Leistungen zeigt und ob es eventuell besondere Schwierigkeiten hat In nachfolgenden individuellen Gespraumlchen mit auffaumlllig gewordenen Kindern werden anhand geeig-neter Fragestellungen und Materialien die spezifischen Schwierigkeiten des Kindes oder seine besondere Leistungsfaumlhigkeit genauer eingegrenzt Fuumlr die so festgestellten Besonderheiten werden nun foumlrderliche Herausforderungen in Form von Einzelauftrauml-gen Gruppenauftraumlgen Klassenauftraumlgen oder Partner- und Gruppenspielen fuumlr die Kinder bereitgestellt die an die Ergebnisse des Gespraumlchs angepasst werden

Dieses Vorgehen soll am Beispiel eines Kindes das in einem schriftlichen Test auffaumlllig wurde illustriert werden

Maria1 ist ein achtjaumlhriges Maumldchen am Ende des zweiten Schuljahres Im schriftlichen Test zeigte sie Auffaumllligkeiten bei der Bearbeitung von Groumlszligen hier Geldwerten Die Aufgabenstellungen stammten aus dem Diagnosebegleiter (Guder et al 2007 a) Sie konnte zunaumlchst mit richtigen Muumlnzwerten den geforderten Geldbetrag darstellen bei der Darstellung durch 1ct Muumlnzen kam sie nicht zum richtigen Ergebnis Ursaumlchlich koumlnnte hier sein dass der Platz fuumlr eine vollstaumlndige Loumlsung mit 1ct Muumlnzen nicht reichte Maria blieb nicht durchgaumlngig bei den zulaumlssigen Muumlnzgroumlszligen und verwen-dete spaumlter Einzelbetraumlge (30 ct) die es nicht als Muumlnze gibt Die Summe betrug aber

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

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trotzdem 1 euro Maria besitzt also Rechenkompetenzen im Raum bis 100 mit vollen Zehnern und besitzt die Kenntnis dass 1 euro gleich 100 ct sind

Nach der Auswertung des schriftlichen Tests fuumlhrte die Fachkraft ein kurzes Interview Dieses wurde anders als es im Alltag not-wendig waumlre videogra-phiert und transkribiert Maria bekam den Auftrag mit zwei 5 euro-Scheinen und mehreren Muumlnzen in allen Nennwerten von 1 ct bis 2 euro einen Geldbetrag von 10 euro zu legen Dieser Betrag wurde ihr auch als Bild eines 10 euro Scheins praumlsentiert Sie legt daraufhin zwei 5 euro-Scheine

Daran schlieszligt sich folgendes Gespraumlch2 an

I [v] OK Super Kannst Du das auch noch auf eine andere Art

I [nv] Legt die zwei 5euro Scheine zuruumlck

Ma [v] mhm

Ma [nv] Schiebt die Muumlnzen hin und her und

Ma [v] So geht das

Ma [nv] legt anschlieszligend sieben 1 ct und eine 2 ct Muumlnze auf den Tisch

Schiebt die Muumlnzen zusammen

I [v] mhm OK Und sind das 10 euro

Ma [v] ((3s)) Ja ((12s))

Ma [nv] Zaumlhlt die Muumlnzen einzeln nach Dabei tippt sie auf jede 1 ct Muumlnze einzeln und

Ma [v]

Ma [nv] anschlieszligend zweimal auf die 2 ct Muumlnze Holt eine weitere 1 ct Muumlnze dazu die zu-naumlchst herunterfaumlllt und hebt sie wieder auf

I [v] Geht das noch auf eine andere Art

Ma [v] ((55 s))

Ma [nv] Legt alle Muumlnzen und Scheine auseinander dreht sie so dass die Zahlen oben

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Abbildung von Testheft 22A (Guder et al 2007a S 2) copy Ernst Klett Verlag GmbH Eintragungen ergaumlnzt

1 Name geaumlndert2 Das Transkript wurde in Partiturschreibweise mit verbalen und nonverbalen Aumluszligerungen erstellt Dabei stehen gleichzeitige Aumluszligerungen und Handlungen untereinander Die Laumlnge der einzelnen Abschnitte im Transkript sagt dabei nichts uumlber die Laumlnge der Aumluszligerung aus Pausen werden durch Angabe der Laumlnge als in Doppelklammern ein-geschlossene Zeitdauer in Sekunden angegeben Beispiel ((3 s)) bedeutet eine Pause von 3 Sekunden I[v] bedeutet bdquoVerbale Aumluszligerung des Interviewersldquo I[nv] eine bdquononverbale Aumluszligerungldquo bzw Handlung des Interviewers Analoges gilt fuumlr M[v] und M[nv]

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I [v] Das sind 10 euro

Ma [v] ((10s))

Ma [nv] liegen nimmt 5euro 2 x 2 ct und 1 x 1 ct

Tipp einmal auf 5euro je zweimal auf 2 ct und einmal auf 1 ct Nickt

Man kann erkennen dass Maria auf der reinen Zahlenebene die Zahl 10 zerlegen kann Jedoch ist auffaumlllig dass ihr das Verstaumlndnis fuumlr die unterschiedlichen Werte von Euro und von Cent fehlen

Im anschlieszligenden Interviewteil der ihr Verstaumlndnis fuumlr die Geldwerte genauer un-tersucht wird bestaumltigt dass es bei Maria Verwechslungen zwischen der physischen Groumlszlige und dem Wert von Muumlnzen gibt Sie ist jedoch in der Lage die Muumlnzen in ihrer Kaufkraft zu vergleichen und in die richtige Reihenfolge zu bringen

I [v] Kannst Du die in eine Reihe legen Was ist die wert-vollste Muumlnze

I [nv] Legt 2 ct 5 ct 20 ct 50 ct 1 euro und 2 euro unsortiert auf den Tisch

I [v]

Ma [nv] Bringt schnell die ct Muumlnzen in Reihenfolge legt die Euromuumlnzen uumlbereinander und legt sie neben das 50 ct Stuumlck Tauscht 1euro und 50 ct

I [v] Und wofuumlr kannst Du am meisten kaufen

Und am zweit-meisten

Und am

Ma [nv]

Nimmt 2euro aus der Reihe

Nimmt 1 euro

I [v] drittmei-sten

Am viertmei-sten

Und am fuumlnftmei-sten

Gut

Ma [nv]

Nimmt 50 ct

Nimmt 20 ct

Nimmt 5 ct

Auf den spezifischen Foumlrderbedarf von Maria die Geldwerte von Muumlnzen und Geld-scheinen sicher zu kennen sowie Euro und Cent unterscheiden zu lernen wird nun durch geeignete Herausforderungen eingegangen So bieten sich Partnerarbeiten oder Kleingruppenarbeit an in deren Verlauf Maria direkte Ruumlckmeldungen zu ihren Louml-sungsversuchen bekommt Anknuumlpfend an ihre Rechenkenntnisse koumlnnte beispielwei-se folgendes Vorgehen in den beschriebenen Arbeitsformen mit Unterstuumltzung durch die Lehrkraft gewaumlhlt werden

Arbeits-Sozialform Partner- oder Gruppenarbeit (bis 5 Personen)

Zusaumltzliches Material Rechengeldmuumlnzen

Durchfuumlhrung Ein Kind nimmt zwei Muumlnzen in die Hand und addiert ihrenWert Dann legt es die geschlossene Hand mit den Muumlnzen auf den Tischoder auf seinen Schoszlig bdquoIch habe mit zwei Muumlnzen hellip Euro (Cent) in derHand Welche Muumlnzen sind esldquo Wer es herausfindet darf das naumlchste Raumltselstellen

Variation Die Uumlbung mit drei Muumlnzen durchfuumlhren

Abbildung von Karte Gruumln Dreieck 1 (Guder et al 2007c) copy Ernst Klett Verlag GmbH

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

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Die integrierte Vorgehensweise ermoumlglicht nicht nur die Bestimmung von Defiziten sondern liefert Erkenntnisse uumlber die vorhandenen Kompetenzen und nutzt sie zur Einleitung angemessener individueller Foumlrdermaszlignahmen

Hier besteht die Moumlglichkeit Herausforderungen zu nutzen die es den Kindern ermoumlg-lichen ihre vorhandenen Kompetenzen einzusetzen um die weitergehenden Problem-stellungen zu bearbeiten und so ihre jeweiligen Kompetenzen weiter zu entwickeln

3 Fordern und Foumlrdern

Lernfortschritte und Kompetenzerweiterungen koumlnnen bei allen Kindern unabhaumlngig von ihrem Leistungsstand nur dann gelingen wenn sie mit Anforderungen konfron-tiert werden die noch nicht verfuumlgbare Kompetenzen zur Bewaumlltigung erfordern sie also Faumlhigkeiten entwickeln muumlssen die ihren gegenwaumlrtigen Kenntnisstand uumlbersteigen Insofern sind Foumlrderung und Forderung nur zwei Facetten der glei-chen Idee und stellen eine Herausforderung an die Kinder und ihre gegenwaumlrtigen Kompetenzen dar Dabei muss jedoch darauf geachtet werden dass die vorhan-denen Kompetenzen zur Bewaumlltigung der Herausforderungen nur in einem Maszlige uumlberschritten werden das nicht zu einer Uumlberforderung fuumlhrt Allerdings darf dies nicht dazu fuumlhren dass die Probleme in kleine und kleinste Schritte zerlegt werden so dass die Kinder quasi bdquoam Nasenringldquo durch das Problemfeld gefuumlhrt werden Ziel ist es vielmehr dass sie Grundvorstellungen selbst entwickeln erweitern und in groumlszligere Sinnzusammenhaumlnge stellen Unterschiede zwischen Fordern und Foumlr-dern bestehen daher hauptsaumlchlich in graduellen Abweichungen im Anspruch der individuellen Herausforderungen Diese lassen sich durch Differenzierung realisie-ren Auch wenn die Prinzipien der Differenzierung noch keine Lernerfolge garan-tieren zeigen bdquoErfahrungsberichte aus Skandinavien und aus Leuchtturmschulen in Deutschland hellip dass adaptiver Unterricht funktionieren kannldquo (Helmke 2009 S 258 Hervorhebung im Original) Differenzierung bietet somit Chancen angemessen auf individuelle Schwierigkeiten zu reagieren Dazu lassen sich fuumlr die Grundschule zwei Hauptformen unterscheiden Zum einen gibt es die aumluszligere Differenzierung bei der die Klassen in Gruppen verschiedener Kompetenzstufen unterteilt und angepasst an die Kompetenzstufen unterrichtet werden Diese Form besitzt in der Grundschule eher randstaumlndige Bedeutung und erfolgt houmlchstens in zusaumltzlichen Foumlrderstunden Zum anderen gibt es die im Grundschulunterricht meist praktizierte innere Diffe-renzierung bei der innerhalb eines Klassenverbandes Kindern unterschiedliche Auf-gabenstellungen und Auftraumlge gegeben werden die an ihre Kompetenz angepasst sind und die meist mit Attributen wie leicht mittel und schwer belegt sind oder es gibt einheitliche Lernangebote die auf unterschiedlichen Niveaus bearbeitet werden koumlnnen Diese Lernangebote im Rahmen der so genannten natuumlrlichen Differen-zierung enthalten nach Krauthausen und Scherer eine einheitliche uumlbergeordnete Problemstellung die inhaltlich hinreichend komplex ist und fachlich wohluumlberlegt so gerahmt ist dass sie Fragestellungen unterschiedlicher Schwierigkeit bietet Hier-bei haben die Kinder die Freiheit ihre eigenen Vorgehensweisen auszuwaumlhlen und eigene Hilfsmittel zu nutzen Daneben ist die Kommunikation uumlber die gewaumlhlten Loumlsungswege integraler Bestandteil sodass die Kinder mit alternativen Sichtweisen konfrontiert werden und sie ihr Methodenrepertoire erweitern koumlnnen Neben der Erweiterung ihrer Kompetenzen wird hier auch die Entwicklung einer realistischen Selbsteinschaumltzung gefoumlrdert (vgl KrauthausenScherer 2010 S 5 - 6) Um dies zu

3Fordern und Foumlrdern

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gewaumlhrleisten muumlssen Kinder auch aufgefordert werden nicht immer nur den ein-fachsten Weg zu waumlhlen sondern sich auch anspruchsvollere Aspekte der Problem-stellung vorzunehmen

Im Folgenden sollen zwei Ansaumltze von Wittmann sowie von Foumlrster und Grohmann vorgestellt werden die eine natuumlrliche Differenzierung ermoumlglichen Wittmann konzi-piert sogenannte Substanzielle Lernumgebungen und Foumlrster und Grohmann entwi-ckeln diese zu einem Konzept zur Planung von einzelnen Unterrichts(doppel)stunden weiter fuumlr die natuumlrlich differenzierende Aufgabenstellungen entworfen werden die allen Kindern Kompetenzerweiterungen ermoumlglichen

31 Substanzielle Lernumgebungen

Um Lernprozesse und Kompetenzerweiterungen bei Kindern anzustoszligen und da-mit letztendlich Lernerfolge moumlglich zu machen schlaumlgt Wittmann sogenannte Sub-stanziellen Lernumgebungen vor fuumlr die er Folgendes fordert

1 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen zentrale Ziele Inhalte und Prinzipien des Mathematikunterrichts repraumlsentieren

2 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen reiche Moumlglichkeiten fuumlr mathematische Aktivitaumlten von Schuumllerlnnen bieten

3 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen flexibel sein und leicht an die speziellen Gegebenheiten einer bestimmten Klasse angepasst werden koumlnnen

4 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen mathematische psychologische und paumldagogische Aspekte des Lehrens und Lernens in einer ganzheitlichen Weise integrieren und daher ein weites Potential fuumlr empirische Forschungen bieten (Wittmann 1998 S 337-338)

Die Aufgabenstellungen und Herausforderungen in Substanziellen Lernumgebungen sollten sich in diesem Sinne also mit grundlegenden Themen des Mathematikunter-richts beschaumlftigen Eine Auseinandersetzung mit sehr engen Aufgabenstellungen oder Einzelfaumlllen ist nur dann angebracht wenn sich daran uumlber den Einzelfall hinausge-hende allgemeine Erkenntnisse gewinnen lassen

Daruumlber hinaus ist es wesentlich dass die Auseinandersetzung mit der Aufgabenstel-lung auf verschiedene Arten erfolgen kann und somit der groszligen Heterogenitaumlt der Kinder in einer Klasse genuumlgt Auszligerdem muumlssen die verschiedenen mathematischen Aktivitaumlten Erkenntnisse uumlber mathematisches Vorgehen ermoumlglichen um neue Ope-rationen anzubahnen oder bereits bekannte zu festigen Durch probierendes Untersu-chen von Zusammenhaumlngen werden bei leistungsschwachen Kindern die Grundfertig-keiten geuumlbt und bei leistungsstaumlrkeren Kindern Erkenntnisse ermoumlglicht die uumlber die Einzelfaumllle hinausgehen

Die geforderte Flexibilitaumlt ist ein weiterer wesentlicher Aspekt da unterschiedliche Gruppen von Lernenden unterschiedliche Beduumlrfnisse haben Auch muumlssen die Anfor-derungen und ihre Praumlsentationen so gewaumlhlt sein dass sie an verschiedene Anspruumlche angepasst werden koumlnnen und im Idealfall in verschiedenen Jahrgangsstufen mit ver-aumlnderten Grundannahmen eingesetzt werden koumlnnen

Die vierte Forderung ist evident da Lernumgebungen die diese Forderungen verlet-zen entweder nicht zum Lernen von Mathematik oder nicht zum Lernen von Mathe-matik geeignet sind

3Fordern und Foumlrdern

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Der letzte Nachsatz der vierten Forderung ist nur eine Folgerung aus dem vorherge-henden da derartig gestaltete Lernumgebungen durch die unterschiedlichen Heran-gehensweisen selbstverstaumlndlich das Potential bieten diese qualitativ oder quantitativ zu erfassen und empirische Kategorienbildung ermoumlglichen Die Analyse eroumlffnet Er-kenntnisse uumlber das Potential von Aufgaben die geforderten Kompetenzen und die Herangehensweise der Kinder die sie bearbeitet haben Die Aufgaben besitzen also auch diagnostisches Potential

Das Konzept soll am Beispiel Rechenraupen erlaumlutert werden das auf eine von Stein-bring (1995 1997) beschriebene Uumlbungsform zuruumlckgeht

In einer Rechenraupe wird wie folgt gerechnet

In das letzte Koumlrperglied wird die Startzahl (im Beispiel die 2) geschrieben

Die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der Startzahl plus der Additionszahl (hier die 3) die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der zweiten auch durch Addition von 3 Alle wei-teren Koumlrperzahlen werden genauso berechnet

Um die Zielzahl im Kopf einer Rechenraupe auszurechnen werden alle Zahlen im Koumlr-per addiert

Dieses Aufgabenformat repraumlsentiert als zentrale Ideen der Mathematik

middot arithmetische Folgen und Reihen middot Rekursionen middot Summenberechnung fuumlr arithmetische Folgen

middot Addition und als Umkehrung die Subtraktion

middot Multiplikation und als Umkehrung die Division

middot funktionale Zusammenhaumlnge Bei gegebener Startzahl und Additionszahl sind die mathematischen Aktivitaumlten zunaumlchst beschraumlnkt gibt man hier jedoch beispielswei-se zwei Koumlrperzahlen vor so muss durch Dif-ferenzbildung und Division die Additionszahl bestimmt werden Durch Vorgabe der Zielzahl und durch die Suche nach Start- und Additi-onszahl wird durch systematisches Probieren eine Vielzahl an Additionen durchgefuumlhrt und die Rechenfertigkeit geuumlbt Gerade die Suche nach verschiedenen Moumlglichkeiten eine be-stimmte Zielzahl zu erreichen beruumlcksichtigt das Prinzip des entdeckenden problem-loumlsenden Lernens denn jedes Kind kann seinen Weg zur Loumlsung des Problems selbst waumlhlen Weitere Variationsmoumlglichkeiten dieser Lernumgebung finden sich bei Stein-bring (1995 1997) Das Aufgabenformat zeigt dass es mithilfe der Variationen an die

3Fordern und Foumlrdern

a) Versucht die Startzahl und die Addi-tionszahl so zu waumlhlen dass ihr moumlg-lichst nah an die Zielzahl 50 kommt

b) Versucht mehrere Loumlsungen fuumlr die Zielzahl 50 zu finden

c) Schaut euch alle eure Zielzahlen an Was stellt ihr fest

d) Kann man auch die Zielzahl 66 treffen

e) Bestimmt fuumlr die Zahlen oben die Ad-ditionszahl die Startzahl und die Zielzahl

16

Beduumlrfnisse einer Lerngruppe angepasst werden kann und verschiedene Ziele verfolgt werden koumlnnen

Eine Fuumllle von weiteren Beispielen derartiger Substanzieller Lernumgebungen findet sich in den Veroumlffentlichungen des Projekts bdquomathe 2000ldquo insbesondere in den Hand-buumlchern Produktiver Rechenuumlbungen von Gerhard N Muumlller und Erich Ch Wittmann (1992 1993) Weitere Quellen sind die Lernumgebungen von Nuumlhrenboumlrger und Pust (2006) sowie die Lernumgebungen fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte von Hen-gartner et al (2006) und von Hirt und Waumllti (2008)

32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung

Will man als Lehrkraft nicht nur auf bereits vorliegende Lernumgebungen zuruumlckgrei-fen sondern selbst geeignete Umgebungen generieren so bietet sich das Konzept von Foumlrster und Grohmann an Sie entwickelten ein Konzept zur Aufgabenoumlffnung ur-spruumlnglich zur Begabungsfoumlrderung zeigen dabei aber auch das Potential auf das ihr Vorgehen zur Foumlrderung aller Kinder innerhalb des alltaumlglichen Mathematikunterrichts besitzt Sie machen dabei folgende Grundannahmen zum mathematischen Gehalt die denen von Wittmann fuumlr seine Substanziellen Lernumgebungen aumlhneln Im Einzelnen fordern sie dass bdquodie Offenheit in der Wahl der Hilfsmittel der Loumlsungswege und der Ergebnisdarstellung hellip das Loumlsen der Ausgangsaufgabe und weiterer Anschlusspro-bleme Eigenproduktionen der Kinderldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) erlaubt bzw foumlrdert und dass bdquodie reichhaltige mathematische Substanz und inhaltliche Offenheit der Ausgangsaufgabe hellip vielfaumlltige Moumlglichkeiten zum Mathematiktreibenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) bietet

Diesen Forderungen stellen Foumlrster und Grohmann die beiden folgenden weniger auf den mathematischen Gehalt als auf das Wecken von Interesse und die Verstaumlndlichkeit der Aufgabenstellung gerichteten Kriterien voran naumlmlich dass bdquoder jeweilige Inhalt einer (Ausgangs-)Aufgabe hellip Neugier und Interesse hellip weckenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) soll und dass die bdquoAusgangsaufgabe hellip leicht verstaumlndlich [ist] sodass alle Kinder die Chance haben sich mit der Aufgabe erfolgreich auseinanderzusetzenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) Neben der Erfuumlllung dieser Bedingungen sollen die Aufgabensequenzen die durch Oumlffnung entstehen so entwickelt werden dass sie in einer Unterrichtsstunde bearbeitet werden koumlnnen Ziel dieser Aufgabenstellungen ist das Uumlben Die Oumlffnung ermoumlglicht aber auch dass andere Kinder bei der Bearbeitung weitergehende Erkenntnisse gewinnen und ihre Kompetenzen erweitern koumlnnen

Als Ausgangspunkte der Oumlffnung schlagen Foumlrster und Grohmann zum einen ge-schlossene Aufgaben aus Schulbuumlchern vor deren curriculare Anbindung in der Regel gegeben ist und zum anderen bdquoKnobel-ldquo oder Problemaufgaben Stammen letztere nicht aus Schulbuumlchern so sollte zunaumlchst die curriculare Einbindung geklaumlrt werden

Foumlrster und Grohmann schlagen zur Gewinnung folgendes Vorgehen vor

Vorgehensweisen fuumlr das Erstellen geoumlffneter AufgabensequenzenAusgangspunkt

Geschlossene Aufgaben(z B aus Schulbuumlchern)

AusgangspunktbdquoKnobelldquo- bzw Problemaufgaben(z B aus Aufgabensammlungen)

a) Analyse des mathematischen Gehalts der uumlber den Uumlbungseffekt hinausweist bzw hinauswei-sen kann

a) Analyse der Moumlglichkeiten curricularer Einbindung auf Grundlage verschiedener Loumlsungswege

3Fordern und Foumlrdern

17

b) Formulierung einer (meist) geoumlffneten Pro-blemstellung die neben dem Uumlbungsgehalt auch den Zugang zum mathematischen Gehalt (implizit) anregt

b) Analyse des Uumlbungspotenzials bei probierender Bearbeitung des Loumlsungsprozesses und der mathematischen Struktur der Aufgabe

c) Analyse weiterer moumlgl auch andersartiger Loumlsungsmoumlglichkeiten fuumlr die Kinder

d) Ausweitung der Fragestellung d h weitere moumlgl viele Fragen finden mit unterschiedlichen Bedin-gungen (Vorrausetzungen Einschraumlnkungen ) fuumlr die Problemstellung

e) Zusammenfassen aller Fragen in (moumlglichst) einer einzigen Fragestellung

f) Ein leichtes Ausgangsproblem wird erstellt dessen Bearbeitungszeit fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuuml-ler ungefaumlhr gleich ist ggf Verstaumlndnisfragen klaumlrt und zu probierenden Ansaumltzen anregt

g) Moumlgliche offenegeoumlffnete Anschlussfragen werden konzipiert

(FoumlrsterGrohmann 2010 S 114 Hervorhebungen aus dem Original)

Das folgende Aufgabenpaumlckchen aus dem Uumlbungsheft zu Welt der Zahl 4 dient als Ausgang fuumlr die Oumlffnung einer bdquogeschlossene Aufgabeldquo

Abbildung aus RinkensHoumlnisch 2006 S 29 copy Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schoumlningh Winklers GmbH

Ziel und mathematischer Gehalt (a) dieser Aufgabe ist originaumlr das Uumlben schriftlicher Multiplikation vier- bis fuumlnfstelliger Faktoren mit einem einstelligen zweiten Faktor so-wie das Sortieren fuumlnfstelliger Zahlen der Groumlszlige nach Daruumlber hinaus koumlnnte man in eine solche Uumlbung auch noch den Einfluss der Stellen an denen Ziffern stehen auf die Groumlszlige der Ergebnisse mit untersuchen

Als geoumlffnete Problemstellung (b) bietet sich hier an nicht mit willkuumlrlich vorgege-benen Zahlen zu hantieren sondern die Kinder erkunden zu lassen bei welcher Anord-nung von gegebenen Ziffern das Ergebnis am groumlszligten wird Eine entsprechende offene Fragestellung koumlnnte dann folgende sein

Ihr habt fuumlnf Ziffernkaumlrtchen mit den Ziffern 2 3 4 7 und 9 zur Verfuumlgung Daraus bildet Ihr eine vierstellige Zahl und multipliziert sie mit der fuumlnften Zahl Bestimmt das groumlszligte Produkt

Um diese Aufgabenstellung zu bearbeiten koumlnnten die Kinder unter anderem folgende Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) waumlhlen Sie koumlnnten systematisch probierend herangehen Es koumlnnten aber auch Kinder auf die Idee kommen dass das Produkt am groumlszligten wird wenn aus den Ziffern fuumlr den ersten Faktor die groumlszligte moumlgliche Zahl gebildet wird wenn also die vier Ziffern des ersten Faktors der Groumlszlige nach von groszlig nach klein sor-tiert sind Die Kinder muumlssten dann nur noch die fuumlnf Wahlmoumlglichkeiten der Ziffern fuumlr den zweiten Faktor uumlberpruumlfen

3Fordern und Foumlrdern

18

Als moumlgliche weitere Fragen (d) koumlnnte man untersuchen wie groszlig die Aumlnderungen im Ergebnis sind wenn man zwei der vorhandenen Ziffern gegeneinander tauscht und welche Gesetzmaumlszligigkeiten dabei auftreten oder welches das groumlszligte Ergebnis ist wenn man die Vorgabe vierstellige und einstellige Faktoren wegfallen laumlsst und auch die Multiplikation eines dreistelligen mit einem zweistelligen Faktor zulaumlsst

Als zentrale einzige Fragestellung (e) bietet sich hier der anfaumlnglich bereits formu-lierte Erkundungsauftrag nach dem groumlszligtmoumlglichen (kleinstmoumlglichen) Ergebnis bei der Multiplikation von einem vierstelligen und einem einstelligen Faktor an Werden die Kinder dabei auch aufgefordert Vermutungen anzustellen zu uumlberpruumlfen und ge-gebenenfalls zu begruumlnden so werden durch diese Fragestellung neben der Uumlbung des schriftlichen Multiplizierens auch prozessbezogene Kompetenzen in verschiedenen Anforderungsniveaus gefordert

Als leichtes Ausgangsproblem (f) das von allen Kindern mit vergleichbarem Aufwand bearbeitet werden kann soll eine Aufgabe dienen die den Fokus auf den Groumlszligen-vergleich verschiedener Multiplikationsaufgaben aus Zahlen mit permutierten Ziffern lenkt

Als geoumlffneteoffene Anschlussfragen (g) die Erkenntnisse uumlber das Uumlben der schrift-lichen Multiplikation hinaus ermoumlglichen bietet es sich an tatsaumlchlich die oben ge-nannten Erweiterungen der Fragestellung auf quantitative Auswirkungen von Ziffern-vertauschungen oder die Untersuchung von Aufgaben mit zwei- und dreistelligen Faktoren zu waumlhlen

Aus diesen Analysen laumlsst sich dann folgende Aufgabensequenz konstruieren

a) Nehmt vier verschiedene Ziffern und bildet daraus eine vierstellige Zahl Nehmt eine fuumlnfte Ziffer und multipliziert die vierstellige Zahl schriftlich damit Bildet aus den fuumlnf Ziffern drei weitere Multiplikationsaufgaben Sortiert die Ergebnisse der Groumlszlige nach

b) Nehmt eine der Aufgaben und vertauscht in der vierstelligen Zahl zwei der vorhandenen Ziffern Multipliziert nun Vergleicht die Ergebnisse Vermutet wann das Ergebnis groumlszliger wird Schreibt eure Vermutung auf und uumlberpruumlft sie

c) Nehmt wieder fuumlnf verschiedene Ziffern und sucht die Multiplikationsaufgabe einer vierstelligen mit einer einstelligen Zahl aus diesen Ziffern mit dem groumlszligten Ergebnis

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer geschlossenen Schulbuchaufgabe Diese Auf-gabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die nebenstehende Knobelaufgabe von Renate Rasch (2003 S 97) dient als Aus-gangspunkt zur Entwicklung einer geoumlff-neten Aufgabensequenz

Curricular (a) laumlsst sich diese Aufgabe ei-nerseits bei den prozessbezogenen Kompe-tenzen insbesondere beim Problemloumlsen einordnen Inhaltlich kann diese Aufgabe zur Leitidee bdquoZahlen und Operationenldquo Kompetenzbereich bdquoRechenoperationen verste-hen und beherrschenldquo und zur Leitidee bdquoMuster und Strukturenldquo Kompetenzbereich bdquoGesetzmaumlszligigkeiten erkennen beschreiben und darstellenldquo zugeordnet werden Je

9 Geschichte Quicki las in einer Woche ein Buch von 133 Seiten

Am Montag las sie einige Seiten und von da ab jeden Tag 5 Seiten mehr als am Tag davor Am Sonntag wurde sie fertig

Wie viele Seiten las sie am Montag

3Fordern und Foumlrdern

19

nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

3Fordern und Foumlrdern

20

auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

21

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Partner des Programm

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SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

Programmkoordination fuumlr die Laumlnder durch dasMinisterium fuumlr Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBK)Dr Kai Niemannwwwschleswig-holsteindeMBKDEMBK_nodehtml

Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

7

23 Informelle schriftliche Testverfahren

In den Durchfuumlhrungsbedingungen weniger rigide als die standardisierten Verfahren sind informelle schriftliche Testverfahren die jedoch meist auch produktorientiert sind Hier koumlnnen professionell entworfene jedoch nicht standardisierte Testverfahren ein-gesetzt werden die zwar Auskunft uumlber die vorhandenen Kompetenzen geben aber keinen Anspruch erheben eine quantifizierte Einordnung der Kompetenzen im Ver-gleich mit einem Normschuumller vorzunehmen Dabei gibt es Testverfahren die sich an einzelnen Lehrbuumlchern oder Lehrgaumlngen orientieren und meist Begleitmaterial zum jeweiligen Lehrgang sind oder lehrwerksunabhaumlngige Testverfahren (zB Diagnosebe-gleiter Guder et al 2007a 2007b 2008b) Auszligerdem erheben diese informellen Tests in der Regel nicht den Anspruch mithilfe der Loumlsung einer Testaufgabe jeweils genau eine Faumlhigkeit zu testen Zur erfolgreichen Bearbeitung der Aufgaben sind haumlufig meh-rere Faumlhigkeiten notwendig so dass aus der falschen Loumlsung nicht auf eine einzelne mangelhaft ausgebildete Faumlhigkeit zuruumlckgeschlossen werden kann Derartige infor-melle Tests gibt es mittlerweile von diversen Verlagen auch internetgestuumltzt Damit ist eine Bearbeitung am Rechner moumlglich Meist sind diese Tests produktorientiert und koumlnnen da die Auswertung regelbasiert per Computer erfolgt kaum Aufschluss uumlber konkrete Lernprozesse geben Regeln zur Beurteilung von prozessorientierten Kompe-tenzen sind nur unter groszligem Aufwand zu erreichen da alle frei geaumluszligerten richtigen Antworten erfasst werden muumlssten

Neben diesen kommerziellen Verfahren bieten sich natuumlrlich auch selbst entworfene Tests (z B Klassenarbeiten) an die spezifisch auf die vermittelten Inhalte abgestimmt sind Gefahren dieser Testverfahren bestehen in einer Orientierung an einer Sozial-norm innerhalb der Klasse die zu Fehleinschaumltzungen der Kompetenzen fuumlhren kann Speziell der Einsatz von Klassenarbeiten die auch zur Notenfindung genutzt werden birgt auszligerdem die Gefahr dass hier nur kurzfristiges Lernen forciert wird und entspre-chend kurzlebige Lernerfolge festgestellt werden

Vorteile dieses informellen Vorgehens mit selbst erstellten Aufgabenstellungen sind die groumlszligere Passung zum vorhergehenden und anschlieszligenden Unterricht und die Moumlg-lichkeit gezielt spezifische diagnostische Fragen zu untersuchen Die eingesetzten Aufgabenstellungen unterscheiden sich in der Intention mit der sie gestellt werden Soll der Test differenzierte Auskuumlnfte uumlber das Beherrschen von Rechenfertigkeiten geben so muumlssen die Aufgaben so gestellt werden dass bekannte curriculare Huumlrden identifizierbar sind Mehrere Aufgaben zu einem Inhalt sollten daher unterschiedliche Schwierigkeitsstufungen gemaumlszlig der drei in den Bildungsstandards formulierten An-forderungsbereiche Reproduzieren Zusammenhaumlnge herstellen sowie Verallgemei-nern und Reflektieren (vgl KMK 2005 S 13) enthalten Bereits in den 1980er Jahren schlugen Radatz (1980) und Gerster (1982) geeignete Aufgaben vor die Fehlvorstel-lungen identifizieren koumlnnen Dieses Vorgehen laumlsst daher trotz einer produktorien-tierten Diagnostik Ruumlckschluumlsse auf Ursachen fuumlr Fehler zu

Soll ein informeller schriftlicher Test gezielt nicht nur uumlber inhaltsgebundene Kompe-tenzen Auskunft geben so muumlssen Aufgabenformate gewaumlhlt werden die die pro-zessbezogenen Kompetenzen uumlberpruumlfen Die Aufgabenformate muumlssen daher offen gestaltet sein damit Kinder die Moumlglichkeit haben sich frei zu den Anforderungen zu aumluszligern Anhand der von den Kindern gewaumlhlten Loumlsungswege und ihren Darstel-lungen lassen sich dann Ruumlckschluumlsse auf individuelle Denkweisen ziehen

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

8

24 Interviews und diagnostische Gespraumlche

Hierbei bearbeitet ein Kind im Gespraumlch mit der diagnostizierenden Person Problem-stellungen Das Kind wird ermuntert seine Gedankengaumlnge bei der Loumlsung zu verba-lisieren oder handelnd zu demonstrieren ohne dass die interviewende Person inhalt-lich hilft oder unterstuumltzt (zur Methode vgl SelterSpiegel 1997 S 100-112) Gerade hierbei lassen sich die allgemeinen prozessbezogenen Kompetenzen deutlich besser feststellen als es in schriftlichen Testverfahren moumlglich ist Die herausfordernden Auf-gaben an das Kind muumlssen so ausgewaumlhlt werden dass sie unterschiedlich bearbeitet werden koumlnnen damit mithilfe der Versprachlichung die Denkprozesse und Vorstel-lungen des Kindes rekonstruiert werden und Ruumlckschluumlsse auf die Kompetenzen erfol-gen koumlnnen Durch geeignete Anschlussfragen sollten Hypothesen uumlber Ursachen des Fehlverstaumlndnisses weiter untersucht werden um gegebenenfalls geeignete Foumlrder-maszlignahmen einzuleiten

Zu nennen ist hier beispielsweise das ElementarMathematische BasisInterview (EMBI) das eine Anleitung zur individuellen Diagnose von mathematischen Kompetenzen in den ersten Schuljahren bietet und dabei nicht nur bereits vorhandene schulische Faumlhig-keiten und Fertigkeiten sondern auch basale Lernvoraussetzungen mit untersucht Es bietet dem Kind bdquoindividuelle Herausforderungen und die Gelegenheit zu zeigen was es alles schon kann und weiszlig So werden sowohl besondere Staumlrken als auch beson-derer Unterstuumltzungsbedarf in einer Form offengelegt die direkte Anknuumlpfungspunkte fuumlr Unterricht und Einzelfoumlrderung bietetldquo (Peter-Koop et al 2007 S 4) Hierbei wird es den Kindern ermoumlglicht durch Handlungen mit Material auch Ideen zu zeigen die sie noch nicht verbalisieren oder gar verschriftlichen koumlnnen

Ein weiteres Instrument das geeignetes Material zur Interviewfuumlhrung bereitstellt sind die Einzeltestkarteien des Diagnosebegleiters (Guder et al 2007c und 2008d) Dieses Material stellt geeignete Aufgabenstellungen bereit anhand derer die Kinder ihre Kompetenzen zeigen koumlnnen Je nach dem Antwortverhalten des Kindes folgen verschiedene weitergehende Fragen und Aufgabenstellungen Auszligerdem gibt es dazu Hinweise auf Foumlrderaufgaben die auf moumlgliche Schwierigkeiten eingehen und die grundlegenden Kompetenzen foumlrdern

Bei diesem Verfahren ist ein hoher zeitlicher Aufwand fuumlr die Durchfuumlhrung der Einzel-gespraumlche erforderlich Nutzbar fuumlr kuumlrzere diagnostische Gespraumlche sind Einzel- oder Freiarbeitsphasen im Unterricht in denen sich die Lehrperson einem einzelnen Kind widmen kann Die Durchfuumlhrung von Interviews erfordert in jedem Fall eine hohe diagnostische Kompetenz

25 Beobachtungen

Neben gezielt initiierten Testsituationen oder Interviews bieten sich Beobachtungen der Kinder im Unterricht an Entscheidend fuumlr das Gelingen ist dass vorher festgelegt wird worauf gezielt geachtet werden soll welche Beobachtungsinstrumente (zB Tonband Video Beobachtungsbogen) eingesetzt werden uumlber welchen Zeitraum die Beobach-tung durchgefuumlhrt werden soll und wie die Ergebnisse mit angemessenem Aufwand dokumentiert werden Hierbei koumlnnen sowohl mathematische Faumlhigkeiten und Kom-petenzen als auch allgemeinpaumldagogische Aspekte wie Arbeitsverhalten Motivation Konzentration etc in den Fokus genommen werden Wesentliche Aspekte fuumlr die Be-obachtung finden sich in den Bildungsstandards oder den Kerncurricula der einzelnen

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

9

Bundeslaumlnder Durch eine tabellarische Auflistung laumlsst sich sicherstellen dass diese Merkmale zur Beurteilung tatsaumlchlich herangezogen werden und die Beobachtungen uumlber vage Eindruumlcke hinausgehen Auszligerdem besteht dadurch die Moumlglichkeit die gemachten Beobachtungen in einer Codierung (z B ++ + 0 - --) schuumllerspezifisch festzuhalten und so einen Uumlberblick zu gewinnen Hilfreich kann sein regelmaumlszligig fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller die entsprechende Tabelle auszufuumlllen und so sicherzu-stellen dass alle wesentlichen Aspekte in den Blick genommen werden

Die nachfolgende Abbildung zeigt ein Beispiel fuumlr einen Beobachtungsbogen der die Anforderungen des niedersaumlchsischen Kerncurriculums (NKM 2006 S 34) umfasst

Es gibt eine Fuumllle von fertigen Beobachtungsboumlgen die sich jedoch deutlich in ihren Anspruumlchen unterscheiden So gibt es welche die im Fokus mathematische Fertig-keiten haben (vgl GS Hude-Suumld 2006 S 3) Andere binden daneben auch prozess-bezogene Kompetenzen ein (vgl SundermannSelter 2006 S 122) Zur Entwicklung solcher fachbezogenen Beobachtungsboumlgen fordern Sundermann und Selter dass sie bdquonicht fertig uumlbernommen sondern hellip vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen kritisch diskutiert und hellip modifiziert werdenldquo (SundermannSelter 2006 S 123)

Der Umgang mit Beobachtungsboumlgen eroumlffnet die Moumlglichkeit einen Uumlberblick uumlber die Kompetenzentwicklung des einzelnen Kindes zu erhalten und zwar auszligerhalb von Pruumlfungssituationen Nicht leicht ist es im Unterrichtsalltag den Uumlberblick bei der Beobachtung zu behalten Dabei besteht die Schwierigkeit dass gerade stille Kinder uumlbersehen werden Um dieser Gefahr vorzubeugen schlagen Sundermann und Selter alternativ den Einsatz einer Beobachtungskarte fuumlr jedes Kind vor die neben allge-meinen Informationen uumlber das Kind eine tabellarische Checkliste enthaumllt in der die individuellen Beobachtungen festgehalten werden

26 Eigenproduktionen

Neben der durch eine Checkliste kontrollierten Beobachtung koumlnnen von den Kindern im Unterricht angefertigte Eigenproduktionen zur Einschaumltzung ihrer Kompetenzen und des Bedarfs an zusaumltzlichen Herausforderungen herangezogen werden Anlass zum Erstellen koumlnnen beispielsweise Sachprobleme oder Aufgabenserien sein die in-nermathematische Besonderheiten enthalten Sundermann und Selter unterscheiden zwischen bdquoErfindungen Aufgaben selbst erfinden hellip Rechenwege Aufgaben mit ei-

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Name des Kindes

Math Begriffs- und Operati-onsver-staumlndnis

Schnelle Verfuumlg-barkeit von Kenntnis-sen

Sicher-heit im Ausfuumlh-ren von Fertig-keiten

Ein-bringen kreativer Ideen

Schluumlssig-keit der Loumlsungs-wege und Uumlberle-gungen

Flexibili-taumlt und Proble-mange-messen-heit

Richtig-keit von (Teil-) Ergebnis-sen

muumlnd-liche und schrift-liche Darstel-lungsfauml-higkeit

Zielge-richtete und Aus-dauer

Math Koopera-tionsfauml-higkeit

Transfer-faumlhigkeit

Lebens-weltliche Anwen-dungsfauml-higkeit

konstruk-tiver Um-gang mit Fehlern

Umgang mit didakt Material und techn Hilfsmit-teln

Aische

Arvid

Hannah

Paul

13

10

genen Vorgehensweisen bearbeiten hellip Forscheraufgaben Auffaumllligkeiten beschrei-ben und begruumlnden hellip Ruumlckschau und Ausblick uumlber das Lehren und Lernen schrei-benldquo (SundermannSelter 2006 S 125 Hervorhebungen im Original) Die Analyse dieser Eigenproduktionen liefert Aufschluumlsse uumlber das Denken der Kinder und ihre Vorstellungen Neben prozessbezogenen Kompetenzen lassen sich anhand der durch-gefuumlhrten Berechnungen auch Rechenkompetenzen erkennen

Eine spezielle Form dieser Eigenproduktionen stellen die Lerntagebuumlcher nach Gallin und Ruf (1998) dar in denen Lernende ihre Gedanken beim Erschlieszligen eines neuen Sachverhalts verschriftlichen In diesem bdquoReisetagebuch geht es nicht primaumlr um ir-gendwelche Rechnungen die moumlglichst richtig geloumlst werden sollen sondern darum dass die Schuumllerinnen und Schuumller sich in eigenen Worten zu der Arbeit am Thema aumlussernldquo (Gallin 1999 S5) Diese Eigenproduktionen liefern eine Fuumllle an Moumlglich-keiten Ruumlckschluumlsse uumlber das Denken der Kinder zu ziehen und so geeignete Heraus-forderungen fuumlr diese Kinder bereitzustellen

Dieses Vorgehen basiert auf einer Wuumlrdigung der geleisteten Arbeit durch die Lehr-kraft indem sie mit dem Kind uumlber seine gewonnenen Erkenntnisse spricht und es so weiter motiviert Auch die nicht nur punktuelle Erhebung sondern die Erfassung der Entwicklung von Kompetenzen zeichnet dieses Vorgehen aus Waumlhrend Kinder die Ei-genproduktionen anfertigen entstehen fuumlr die Lehrkraft Freiraumlume sich mit einzelnen Kindern intensiv zu beschaumlftigen Die Sichtung der Ergebnisse der Lerntagebucheintra-gungen erfordert Zeit und ein diagnostisches Gespuumlr zum Erkennen der manifestierten Vorstellungen und Konzepte

27 Integriertes Modell

Anhand schriftlicher Standortbestimmungen in Form von informellen Tests wird ein Uumlberblick uumlber den Kompetenzstand aller Kinder einer Klasse gewonnen Der Test sollte dabei so angelegt sein dass eine Auswertung mit geringem zeitlichen Aufwand moumlglich ist er aber trotzdem Indizien dafuumlr liefert ob ein Kind auffaumlllig abweichende Leistungen zeigt und ob es eventuell besondere Schwierigkeiten hat In nachfolgenden individuellen Gespraumlchen mit auffaumlllig gewordenen Kindern werden anhand geeig-neter Fragestellungen und Materialien die spezifischen Schwierigkeiten des Kindes oder seine besondere Leistungsfaumlhigkeit genauer eingegrenzt Fuumlr die so festgestellten Besonderheiten werden nun foumlrderliche Herausforderungen in Form von Einzelauftrauml-gen Gruppenauftraumlgen Klassenauftraumlgen oder Partner- und Gruppenspielen fuumlr die Kinder bereitgestellt die an die Ergebnisse des Gespraumlchs angepasst werden

Dieses Vorgehen soll am Beispiel eines Kindes das in einem schriftlichen Test auffaumlllig wurde illustriert werden

Maria1 ist ein achtjaumlhriges Maumldchen am Ende des zweiten Schuljahres Im schriftlichen Test zeigte sie Auffaumllligkeiten bei der Bearbeitung von Groumlszligen hier Geldwerten Die Aufgabenstellungen stammten aus dem Diagnosebegleiter (Guder et al 2007 a) Sie konnte zunaumlchst mit richtigen Muumlnzwerten den geforderten Geldbetrag darstellen bei der Darstellung durch 1ct Muumlnzen kam sie nicht zum richtigen Ergebnis Ursaumlchlich koumlnnte hier sein dass der Platz fuumlr eine vollstaumlndige Loumlsung mit 1ct Muumlnzen nicht reichte Maria blieb nicht durchgaumlngig bei den zulaumlssigen Muumlnzgroumlszligen und verwen-dete spaumlter Einzelbetraumlge (30 ct) die es nicht als Muumlnze gibt Die Summe betrug aber

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

11

trotzdem 1 euro Maria besitzt also Rechenkompetenzen im Raum bis 100 mit vollen Zehnern und besitzt die Kenntnis dass 1 euro gleich 100 ct sind

Nach der Auswertung des schriftlichen Tests fuumlhrte die Fachkraft ein kurzes Interview Dieses wurde anders als es im Alltag not-wendig waumlre videogra-phiert und transkribiert Maria bekam den Auftrag mit zwei 5 euro-Scheinen und mehreren Muumlnzen in allen Nennwerten von 1 ct bis 2 euro einen Geldbetrag von 10 euro zu legen Dieser Betrag wurde ihr auch als Bild eines 10 euro Scheins praumlsentiert Sie legt daraufhin zwei 5 euro-Scheine

Daran schlieszligt sich folgendes Gespraumlch2 an

I [v] OK Super Kannst Du das auch noch auf eine andere Art

I [nv] Legt die zwei 5euro Scheine zuruumlck

Ma [v] mhm

Ma [nv] Schiebt die Muumlnzen hin und her und

Ma [v] So geht das

Ma [nv] legt anschlieszligend sieben 1 ct und eine 2 ct Muumlnze auf den Tisch

Schiebt die Muumlnzen zusammen

I [v] mhm OK Und sind das 10 euro

Ma [v] ((3s)) Ja ((12s))

Ma [nv] Zaumlhlt die Muumlnzen einzeln nach Dabei tippt sie auf jede 1 ct Muumlnze einzeln und

Ma [v]

Ma [nv] anschlieszligend zweimal auf die 2 ct Muumlnze Holt eine weitere 1 ct Muumlnze dazu die zu-naumlchst herunterfaumlllt und hebt sie wieder auf

I [v] Geht das noch auf eine andere Art

Ma [v] ((55 s))

Ma [nv] Legt alle Muumlnzen und Scheine auseinander dreht sie so dass die Zahlen oben

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Abbildung von Testheft 22A (Guder et al 2007a S 2) copy Ernst Klett Verlag GmbH Eintragungen ergaumlnzt

1 Name geaumlndert2 Das Transkript wurde in Partiturschreibweise mit verbalen und nonverbalen Aumluszligerungen erstellt Dabei stehen gleichzeitige Aumluszligerungen und Handlungen untereinander Die Laumlnge der einzelnen Abschnitte im Transkript sagt dabei nichts uumlber die Laumlnge der Aumluszligerung aus Pausen werden durch Angabe der Laumlnge als in Doppelklammern ein-geschlossene Zeitdauer in Sekunden angegeben Beispiel ((3 s)) bedeutet eine Pause von 3 Sekunden I[v] bedeutet bdquoVerbale Aumluszligerung des Interviewersldquo I[nv] eine bdquononverbale Aumluszligerungldquo bzw Handlung des Interviewers Analoges gilt fuumlr M[v] und M[nv]

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I [v] Das sind 10 euro

Ma [v] ((10s))

Ma [nv] liegen nimmt 5euro 2 x 2 ct und 1 x 1 ct

Tipp einmal auf 5euro je zweimal auf 2 ct und einmal auf 1 ct Nickt

Man kann erkennen dass Maria auf der reinen Zahlenebene die Zahl 10 zerlegen kann Jedoch ist auffaumlllig dass ihr das Verstaumlndnis fuumlr die unterschiedlichen Werte von Euro und von Cent fehlen

Im anschlieszligenden Interviewteil der ihr Verstaumlndnis fuumlr die Geldwerte genauer un-tersucht wird bestaumltigt dass es bei Maria Verwechslungen zwischen der physischen Groumlszlige und dem Wert von Muumlnzen gibt Sie ist jedoch in der Lage die Muumlnzen in ihrer Kaufkraft zu vergleichen und in die richtige Reihenfolge zu bringen

I [v] Kannst Du die in eine Reihe legen Was ist die wert-vollste Muumlnze

I [nv] Legt 2 ct 5 ct 20 ct 50 ct 1 euro und 2 euro unsortiert auf den Tisch

I [v]

Ma [nv] Bringt schnell die ct Muumlnzen in Reihenfolge legt die Euromuumlnzen uumlbereinander und legt sie neben das 50 ct Stuumlck Tauscht 1euro und 50 ct

I [v] Und wofuumlr kannst Du am meisten kaufen

Und am zweit-meisten

Und am

Ma [nv]

Nimmt 2euro aus der Reihe

Nimmt 1 euro

I [v] drittmei-sten

Am viertmei-sten

Und am fuumlnftmei-sten

Gut

Ma [nv]

Nimmt 50 ct

Nimmt 20 ct

Nimmt 5 ct

Auf den spezifischen Foumlrderbedarf von Maria die Geldwerte von Muumlnzen und Geld-scheinen sicher zu kennen sowie Euro und Cent unterscheiden zu lernen wird nun durch geeignete Herausforderungen eingegangen So bieten sich Partnerarbeiten oder Kleingruppenarbeit an in deren Verlauf Maria direkte Ruumlckmeldungen zu ihren Louml-sungsversuchen bekommt Anknuumlpfend an ihre Rechenkenntnisse koumlnnte beispielwei-se folgendes Vorgehen in den beschriebenen Arbeitsformen mit Unterstuumltzung durch die Lehrkraft gewaumlhlt werden

Arbeits-Sozialform Partner- oder Gruppenarbeit (bis 5 Personen)

Zusaumltzliches Material Rechengeldmuumlnzen

Durchfuumlhrung Ein Kind nimmt zwei Muumlnzen in die Hand und addiert ihrenWert Dann legt es die geschlossene Hand mit den Muumlnzen auf den Tischoder auf seinen Schoszlig bdquoIch habe mit zwei Muumlnzen hellip Euro (Cent) in derHand Welche Muumlnzen sind esldquo Wer es herausfindet darf das naumlchste Raumltselstellen

Variation Die Uumlbung mit drei Muumlnzen durchfuumlhren

Abbildung von Karte Gruumln Dreieck 1 (Guder et al 2007c) copy Ernst Klett Verlag GmbH

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

13

Die integrierte Vorgehensweise ermoumlglicht nicht nur die Bestimmung von Defiziten sondern liefert Erkenntnisse uumlber die vorhandenen Kompetenzen und nutzt sie zur Einleitung angemessener individueller Foumlrdermaszlignahmen

Hier besteht die Moumlglichkeit Herausforderungen zu nutzen die es den Kindern ermoumlg-lichen ihre vorhandenen Kompetenzen einzusetzen um die weitergehenden Problem-stellungen zu bearbeiten und so ihre jeweiligen Kompetenzen weiter zu entwickeln

3 Fordern und Foumlrdern

Lernfortschritte und Kompetenzerweiterungen koumlnnen bei allen Kindern unabhaumlngig von ihrem Leistungsstand nur dann gelingen wenn sie mit Anforderungen konfron-tiert werden die noch nicht verfuumlgbare Kompetenzen zur Bewaumlltigung erfordern sie also Faumlhigkeiten entwickeln muumlssen die ihren gegenwaumlrtigen Kenntnisstand uumlbersteigen Insofern sind Foumlrderung und Forderung nur zwei Facetten der glei-chen Idee und stellen eine Herausforderung an die Kinder und ihre gegenwaumlrtigen Kompetenzen dar Dabei muss jedoch darauf geachtet werden dass die vorhan-denen Kompetenzen zur Bewaumlltigung der Herausforderungen nur in einem Maszlige uumlberschritten werden das nicht zu einer Uumlberforderung fuumlhrt Allerdings darf dies nicht dazu fuumlhren dass die Probleme in kleine und kleinste Schritte zerlegt werden so dass die Kinder quasi bdquoam Nasenringldquo durch das Problemfeld gefuumlhrt werden Ziel ist es vielmehr dass sie Grundvorstellungen selbst entwickeln erweitern und in groumlszligere Sinnzusammenhaumlnge stellen Unterschiede zwischen Fordern und Foumlr-dern bestehen daher hauptsaumlchlich in graduellen Abweichungen im Anspruch der individuellen Herausforderungen Diese lassen sich durch Differenzierung realisie-ren Auch wenn die Prinzipien der Differenzierung noch keine Lernerfolge garan-tieren zeigen bdquoErfahrungsberichte aus Skandinavien und aus Leuchtturmschulen in Deutschland hellip dass adaptiver Unterricht funktionieren kannldquo (Helmke 2009 S 258 Hervorhebung im Original) Differenzierung bietet somit Chancen angemessen auf individuelle Schwierigkeiten zu reagieren Dazu lassen sich fuumlr die Grundschule zwei Hauptformen unterscheiden Zum einen gibt es die aumluszligere Differenzierung bei der die Klassen in Gruppen verschiedener Kompetenzstufen unterteilt und angepasst an die Kompetenzstufen unterrichtet werden Diese Form besitzt in der Grundschule eher randstaumlndige Bedeutung und erfolgt houmlchstens in zusaumltzlichen Foumlrderstunden Zum anderen gibt es die im Grundschulunterricht meist praktizierte innere Diffe-renzierung bei der innerhalb eines Klassenverbandes Kindern unterschiedliche Auf-gabenstellungen und Auftraumlge gegeben werden die an ihre Kompetenz angepasst sind und die meist mit Attributen wie leicht mittel und schwer belegt sind oder es gibt einheitliche Lernangebote die auf unterschiedlichen Niveaus bearbeitet werden koumlnnen Diese Lernangebote im Rahmen der so genannten natuumlrlichen Differen-zierung enthalten nach Krauthausen und Scherer eine einheitliche uumlbergeordnete Problemstellung die inhaltlich hinreichend komplex ist und fachlich wohluumlberlegt so gerahmt ist dass sie Fragestellungen unterschiedlicher Schwierigkeit bietet Hier-bei haben die Kinder die Freiheit ihre eigenen Vorgehensweisen auszuwaumlhlen und eigene Hilfsmittel zu nutzen Daneben ist die Kommunikation uumlber die gewaumlhlten Loumlsungswege integraler Bestandteil sodass die Kinder mit alternativen Sichtweisen konfrontiert werden und sie ihr Methodenrepertoire erweitern koumlnnen Neben der Erweiterung ihrer Kompetenzen wird hier auch die Entwicklung einer realistischen Selbsteinschaumltzung gefoumlrdert (vgl KrauthausenScherer 2010 S 5 - 6) Um dies zu

3Fordern und Foumlrdern

14

gewaumlhrleisten muumlssen Kinder auch aufgefordert werden nicht immer nur den ein-fachsten Weg zu waumlhlen sondern sich auch anspruchsvollere Aspekte der Problem-stellung vorzunehmen

Im Folgenden sollen zwei Ansaumltze von Wittmann sowie von Foumlrster und Grohmann vorgestellt werden die eine natuumlrliche Differenzierung ermoumlglichen Wittmann konzi-piert sogenannte Substanzielle Lernumgebungen und Foumlrster und Grohmann entwi-ckeln diese zu einem Konzept zur Planung von einzelnen Unterrichts(doppel)stunden weiter fuumlr die natuumlrlich differenzierende Aufgabenstellungen entworfen werden die allen Kindern Kompetenzerweiterungen ermoumlglichen

31 Substanzielle Lernumgebungen

Um Lernprozesse und Kompetenzerweiterungen bei Kindern anzustoszligen und da-mit letztendlich Lernerfolge moumlglich zu machen schlaumlgt Wittmann sogenannte Sub-stanziellen Lernumgebungen vor fuumlr die er Folgendes fordert

1 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen zentrale Ziele Inhalte und Prinzipien des Mathematikunterrichts repraumlsentieren

2 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen reiche Moumlglichkeiten fuumlr mathematische Aktivitaumlten von Schuumllerlnnen bieten

3 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen flexibel sein und leicht an die speziellen Gegebenheiten einer bestimmten Klasse angepasst werden koumlnnen

4 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen mathematische psychologische und paumldagogische Aspekte des Lehrens und Lernens in einer ganzheitlichen Weise integrieren und daher ein weites Potential fuumlr empirische Forschungen bieten (Wittmann 1998 S 337-338)

Die Aufgabenstellungen und Herausforderungen in Substanziellen Lernumgebungen sollten sich in diesem Sinne also mit grundlegenden Themen des Mathematikunter-richts beschaumlftigen Eine Auseinandersetzung mit sehr engen Aufgabenstellungen oder Einzelfaumlllen ist nur dann angebracht wenn sich daran uumlber den Einzelfall hinausge-hende allgemeine Erkenntnisse gewinnen lassen

Daruumlber hinaus ist es wesentlich dass die Auseinandersetzung mit der Aufgabenstel-lung auf verschiedene Arten erfolgen kann und somit der groszligen Heterogenitaumlt der Kinder in einer Klasse genuumlgt Auszligerdem muumlssen die verschiedenen mathematischen Aktivitaumlten Erkenntnisse uumlber mathematisches Vorgehen ermoumlglichen um neue Ope-rationen anzubahnen oder bereits bekannte zu festigen Durch probierendes Untersu-chen von Zusammenhaumlngen werden bei leistungsschwachen Kindern die Grundfertig-keiten geuumlbt und bei leistungsstaumlrkeren Kindern Erkenntnisse ermoumlglicht die uumlber die Einzelfaumllle hinausgehen

Die geforderte Flexibilitaumlt ist ein weiterer wesentlicher Aspekt da unterschiedliche Gruppen von Lernenden unterschiedliche Beduumlrfnisse haben Auch muumlssen die Anfor-derungen und ihre Praumlsentationen so gewaumlhlt sein dass sie an verschiedene Anspruumlche angepasst werden koumlnnen und im Idealfall in verschiedenen Jahrgangsstufen mit ver-aumlnderten Grundannahmen eingesetzt werden koumlnnen

Die vierte Forderung ist evident da Lernumgebungen die diese Forderungen verlet-zen entweder nicht zum Lernen von Mathematik oder nicht zum Lernen von Mathe-matik geeignet sind

3Fordern und Foumlrdern

15

Der letzte Nachsatz der vierten Forderung ist nur eine Folgerung aus dem vorherge-henden da derartig gestaltete Lernumgebungen durch die unterschiedlichen Heran-gehensweisen selbstverstaumlndlich das Potential bieten diese qualitativ oder quantitativ zu erfassen und empirische Kategorienbildung ermoumlglichen Die Analyse eroumlffnet Er-kenntnisse uumlber das Potential von Aufgaben die geforderten Kompetenzen und die Herangehensweise der Kinder die sie bearbeitet haben Die Aufgaben besitzen also auch diagnostisches Potential

Das Konzept soll am Beispiel Rechenraupen erlaumlutert werden das auf eine von Stein-bring (1995 1997) beschriebene Uumlbungsform zuruumlckgeht

In einer Rechenraupe wird wie folgt gerechnet

In das letzte Koumlrperglied wird die Startzahl (im Beispiel die 2) geschrieben

Die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der Startzahl plus der Additionszahl (hier die 3) die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der zweiten auch durch Addition von 3 Alle wei-teren Koumlrperzahlen werden genauso berechnet

Um die Zielzahl im Kopf einer Rechenraupe auszurechnen werden alle Zahlen im Koumlr-per addiert

Dieses Aufgabenformat repraumlsentiert als zentrale Ideen der Mathematik

middot arithmetische Folgen und Reihen middot Rekursionen middot Summenberechnung fuumlr arithmetische Folgen

middot Addition und als Umkehrung die Subtraktion

middot Multiplikation und als Umkehrung die Division

middot funktionale Zusammenhaumlnge Bei gegebener Startzahl und Additionszahl sind die mathematischen Aktivitaumlten zunaumlchst beschraumlnkt gibt man hier jedoch beispielswei-se zwei Koumlrperzahlen vor so muss durch Dif-ferenzbildung und Division die Additionszahl bestimmt werden Durch Vorgabe der Zielzahl und durch die Suche nach Start- und Additi-onszahl wird durch systematisches Probieren eine Vielzahl an Additionen durchgefuumlhrt und die Rechenfertigkeit geuumlbt Gerade die Suche nach verschiedenen Moumlglichkeiten eine be-stimmte Zielzahl zu erreichen beruumlcksichtigt das Prinzip des entdeckenden problem-loumlsenden Lernens denn jedes Kind kann seinen Weg zur Loumlsung des Problems selbst waumlhlen Weitere Variationsmoumlglichkeiten dieser Lernumgebung finden sich bei Stein-bring (1995 1997) Das Aufgabenformat zeigt dass es mithilfe der Variationen an die

3Fordern und Foumlrdern

a) Versucht die Startzahl und die Addi-tionszahl so zu waumlhlen dass ihr moumlg-lichst nah an die Zielzahl 50 kommt

b) Versucht mehrere Loumlsungen fuumlr die Zielzahl 50 zu finden

c) Schaut euch alle eure Zielzahlen an Was stellt ihr fest

d) Kann man auch die Zielzahl 66 treffen

e) Bestimmt fuumlr die Zahlen oben die Ad-ditionszahl die Startzahl und die Zielzahl

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Beduumlrfnisse einer Lerngruppe angepasst werden kann und verschiedene Ziele verfolgt werden koumlnnen

Eine Fuumllle von weiteren Beispielen derartiger Substanzieller Lernumgebungen findet sich in den Veroumlffentlichungen des Projekts bdquomathe 2000ldquo insbesondere in den Hand-buumlchern Produktiver Rechenuumlbungen von Gerhard N Muumlller und Erich Ch Wittmann (1992 1993) Weitere Quellen sind die Lernumgebungen von Nuumlhrenboumlrger und Pust (2006) sowie die Lernumgebungen fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte von Hen-gartner et al (2006) und von Hirt und Waumllti (2008)

32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung

Will man als Lehrkraft nicht nur auf bereits vorliegende Lernumgebungen zuruumlckgrei-fen sondern selbst geeignete Umgebungen generieren so bietet sich das Konzept von Foumlrster und Grohmann an Sie entwickelten ein Konzept zur Aufgabenoumlffnung ur-spruumlnglich zur Begabungsfoumlrderung zeigen dabei aber auch das Potential auf das ihr Vorgehen zur Foumlrderung aller Kinder innerhalb des alltaumlglichen Mathematikunterrichts besitzt Sie machen dabei folgende Grundannahmen zum mathematischen Gehalt die denen von Wittmann fuumlr seine Substanziellen Lernumgebungen aumlhneln Im Einzelnen fordern sie dass bdquodie Offenheit in der Wahl der Hilfsmittel der Loumlsungswege und der Ergebnisdarstellung hellip das Loumlsen der Ausgangsaufgabe und weiterer Anschlusspro-bleme Eigenproduktionen der Kinderldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) erlaubt bzw foumlrdert und dass bdquodie reichhaltige mathematische Substanz und inhaltliche Offenheit der Ausgangsaufgabe hellip vielfaumlltige Moumlglichkeiten zum Mathematiktreibenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) bietet

Diesen Forderungen stellen Foumlrster und Grohmann die beiden folgenden weniger auf den mathematischen Gehalt als auf das Wecken von Interesse und die Verstaumlndlichkeit der Aufgabenstellung gerichteten Kriterien voran naumlmlich dass bdquoder jeweilige Inhalt einer (Ausgangs-)Aufgabe hellip Neugier und Interesse hellip weckenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) soll und dass die bdquoAusgangsaufgabe hellip leicht verstaumlndlich [ist] sodass alle Kinder die Chance haben sich mit der Aufgabe erfolgreich auseinanderzusetzenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) Neben der Erfuumlllung dieser Bedingungen sollen die Aufgabensequenzen die durch Oumlffnung entstehen so entwickelt werden dass sie in einer Unterrichtsstunde bearbeitet werden koumlnnen Ziel dieser Aufgabenstellungen ist das Uumlben Die Oumlffnung ermoumlglicht aber auch dass andere Kinder bei der Bearbeitung weitergehende Erkenntnisse gewinnen und ihre Kompetenzen erweitern koumlnnen

Als Ausgangspunkte der Oumlffnung schlagen Foumlrster und Grohmann zum einen ge-schlossene Aufgaben aus Schulbuumlchern vor deren curriculare Anbindung in der Regel gegeben ist und zum anderen bdquoKnobel-ldquo oder Problemaufgaben Stammen letztere nicht aus Schulbuumlchern so sollte zunaumlchst die curriculare Einbindung geklaumlrt werden

Foumlrster und Grohmann schlagen zur Gewinnung folgendes Vorgehen vor

Vorgehensweisen fuumlr das Erstellen geoumlffneter AufgabensequenzenAusgangspunkt

Geschlossene Aufgaben(z B aus Schulbuumlchern)

AusgangspunktbdquoKnobelldquo- bzw Problemaufgaben(z B aus Aufgabensammlungen)

a) Analyse des mathematischen Gehalts der uumlber den Uumlbungseffekt hinausweist bzw hinauswei-sen kann

a) Analyse der Moumlglichkeiten curricularer Einbindung auf Grundlage verschiedener Loumlsungswege

3Fordern und Foumlrdern

17

b) Formulierung einer (meist) geoumlffneten Pro-blemstellung die neben dem Uumlbungsgehalt auch den Zugang zum mathematischen Gehalt (implizit) anregt

b) Analyse des Uumlbungspotenzials bei probierender Bearbeitung des Loumlsungsprozesses und der mathematischen Struktur der Aufgabe

c) Analyse weiterer moumlgl auch andersartiger Loumlsungsmoumlglichkeiten fuumlr die Kinder

d) Ausweitung der Fragestellung d h weitere moumlgl viele Fragen finden mit unterschiedlichen Bedin-gungen (Vorrausetzungen Einschraumlnkungen ) fuumlr die Problemstellung

e) Zusammenfassen aller Fragen in (moumlglichst) einer einzigen Fragestellung

f) Ein leichtes Ausgangsproblem wird erstellt dessen Bearbeitungszeit fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuuml-ler ungefaumlhr gleich ist ggf Verstaumlndnisfragen klaumlrt und zu probierenden Ansaumltzen anregt

g) Moumlgliche offenegeoumlffnete Anschlussfragen werden konzipiert

(FoumlrsterGrohmann 2010 S 114 Hervorhebungen aus dem Original)

Das folgende Aufgabenpaumlckchen aus dem Uumlbungsheft zu Welt der Zahl 4 dient als Ausgang fuumlr die Oumlffnung einer bdquogeschlossene Aufgabeldquo

Abbildung aus RinkensHoumlnisch 2006 S 29 copy Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schoumlningh Winklers GmbH

Ziel und mathematischer Gehalt (a) dieser Aufgabe ist originaumlr das Uumlben schriftlicher Multiplikation vier- bis fuumlnfstelliger Faktoren mit einem einstelligen zweiten Faktor so-wie das Sortieren fuumlnfstelliger Zahlen der Groumlszlige nach Daruumlber hinaus koumlnnte man in eine solche Uumlbung auch noch den Einfluss der Stellen an denen Ziffern stehen auf die Groumlszlige der Ergebnisse mit untersuchen

Als geoumlffnete Problemstellung (b) bietet sich hier an nicht mit willkuumlrlich vorgege-benen Zahlen zu hantieren sondern die Kinder erkunden zu lassen bei welcher Anord-nung von gegebenen Ziffern das Ergebnis am groumlszligten wird Eine entsprechende offene Fragestellung koumlnnte dann folgende sein

Ihr habt fuumlnf Ziffernkaumlrtchen mit den Ziffern 2 3 4 7 und 9 zur Verfuumlgung Daraus bildet Ihr eine vierstellige Zahl und multipliziert sie mit der fuumlnften Zahl Bestimmt das groumlszligte Produkt

Um diese Aufgabenstellung zu bearbeiten koumlnnten die Kinder unter anderem folgende Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) waumlhlen Sie koumlnnten systematisch probierend herangehen Es koumlnnten aber auch Kinder auf die Idee kommen dass das Produkt am groumlszligten wird wenn aus den Ziffern fuumlr den ersten Faktor die groumlszligte moumlgliche Zahl gebildet wird wenn also die vier Ziffern des ersten Faktors der Groumlszlige nach von groszlig nach klein sor-tiert sind Die Kinder muumlssten dann nur noch die fuumlnf Wahlmoumlglichkeiten der Ziffern fuumlr den zweiten Faktor uumlberpruumlfen

3Fordern und Foumlrdern

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Als moumlgliche weitere Fragen (d) koumlnnte man untersuchen wie groszlig die Aumlnderungen im Ergebnis sind wenn man zwei der vorhandenen Ziffern gegeneinander tauscht und welche Gesetzmaumlszligigkeiten dabei auftreten oder welches das groumlszligte Ergebnis ist wenn man die Vorgabe vierstellige und einstellige Faktoren wegfallen laumlsst und auch die Multiplikation eines dreistelligen mit einem zweistelligen Faktor zulaumlsst

Als zentrale einzige Fragestellung (e) bietet sich hier der anfaumlnglich bereits formu-lierte Erkundungsauftrag nach dem groumlszligtmoumlglichen (kleinstmoumlglichen) Ergebnis bei der Multiplikation von einem vierstelligen und einem einstelligen Faktor an Werden die Kinder dabei auch aufgefordert Vermutungen anzustellen zu uumlberpruumlfen und ge-gebenenfalls zu begruumlnden so werden durch diese Fragestellung neben der Uumlbung des schriftlichen Multiplizierens auch prozessbezogene Kompetenzen in verschiedenen Anforderungsniveaus gefordert

Als leichtes Ausgangsproblem (f) das von allen Kindern mit vergleichbarem Aufwand bearbeitet werden kann soll eine Aufgabe dienen die den Fokus auf den Groumlszligen-vergleich verschiedener Multiplikationsaufgaben aus Zahlen mit permutierten Ziffern lenkt

Als geoumlffneteoffene Anschlussfragen (g) die Erkenntnisse uumlber das Uumlben der schrift-lichen Multiplikation hinaus ermoumlglichen bietet es sich an tatsaumlchlich die oben ge-nannten Erweiterungen der Fragestellung auf quantitative Auswirkungen von Ziffern-vertauschungen oder die Untersuchung von Aufgaben mit zwei- und dreistelligen Faktoren zu waumlhlen

Aus diesen Analysen laumlsst sich dann folgende Aufgabensequenz konstruieren

a) Nehmt vier verschiedene Ziffern und bildet daraus eine vierstellige Zahl Nehmt eine fuumlnfte Ziffer und multipliziert die vierstellige Zahl schriftlich damit Bildet aus den fuumlnf Ziffern drei weitere Multiplikationsaufgaben Sortiert die Ergebnisse der Groumlszlige nach

b) Nehmt eine der Aufgaben und vertauscht in der vierstelligen Zahl zwei der vorhandenen Ziffern Multipliziert nun Vergleicht die Ergebnisse Vermutet wann das Ergebnis groumlszliger wird Schreibt eure Vermutung auf und uumlberpruumlft sie

c) Nehmt wieder fuumlnf verschiedene Ziffern und sucht die Multiplikationsaufgabe einer vierstelligen mit einer einstelligen Zahl aus diesen Ziffern mit dem groumlszligten Ergebnis

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer geschlossenen Schulbuchaufgabe Diese Auf-gabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die nebenstehende Knobelaufgabe von Renate Rasch (2003 S 97) dient als Aus-gangspunkt zur Entwicklung einer geoumlff-neten Aufgabensequenz

Curricular (a) laumlsst sich diese Aufgabe ei-nerseits bei den prozessbezogenen Kompe-tenzen insbesondere beim Problemloumlsen einordnen Inhaltlich kann diese Aufgabe zur Leitidee bdquoZahlen und Operationenldquo Kompetenzbereich bdquoRechenoperationen verste-hen und beherrschenldquo und zur Leitidee bdquoMuster und Strukturenldquo Kompetenzbereich bdquoGesetzmaumlszligigkeiten erkennen beschreiben und darstellenldquo zugeordnet werden Je

9 Geschichte Quicki las in einer Woche ein Buch von 133 Seiten

Am Montag las sie einige Seiten und von da ab jeden Tag 5 Seiten mehr als am Tag davor Am Sonntag wurde sie fertig

Wie viele Seiten las sie am Montag

3Fordern und Foumlrdern

19

nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

3Fordern und Foumlrdern

20

auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

21

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Guder K-U Kruumlger H amp Pyroth S (2008b) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Klassentesthefte 3-4 Schuljahr Jeweils Teile 1 und 2 Stuttgart Klett

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Ministeriumfuumlr Bildung und Kultur

des Landes Schleswig-Holstein

Partner des Programm

s SINU

S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

Programmkoordination fuumlr die Laumlnder durch dasMinisterium fuumlr Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBK)Dr Kai Niemannwwwschleswig-holsteindeMBKDEMBK_nodehtml

Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

8

24 Interviews und diagnostische Gespraumlche

Hierbei bearbeitet ein Kind im Gespraumlch mit der diagnostizierenden Person Problem-stellungen Das Kind wird ermuntert seine Gedankengaumlnge bei der Loumlsung zu verba-lisieren oder handelnd zu demonstrieren ohne dass die interviewende Person inhalt-lich hilft oder unterstuumltzt (zur Methode vgl SelterSpiegel 1997 S 100-112) Gerade hierbei lassen sich die allgemeinen prozessbezogenen Kompetenzen deutlich besser feststellen als es in schriftlichen Testverfahren moumlglich ist Die herausfordernden Auf-gaben an das Kind muumlssen so ausgewaumlhlt werden dass sie unterschiedlich bearbeitet werden koumlnnen damit mithilfe der Versprachlichung die Denkprozesse und Vorstel-lungen des Kindes rekonstruiert werden und Ruumlckschluumlsse auf die Kompetenzen erfol-gen koumlnnen Durch geeignete Anschlussfragen sollten Hypothesen uumlber Ursachen des Fehlverstaumlndnisses weiter untersucht werden um gegebenenfalls geeignete Foumlrder-maszlignahmen einzuleiten

Zu nennen ist hier beispielsweise das ElementarMathematische BasisInterview (EMBI) das eine Anleitung zur individuellen Diagnose von mathematischen Kompetenzen in den ersten Schuljahren bietet und dabei nicht nur bereits vorhandene schulische Faumlhig-keiten und Fertigkeiten sondern auch basale Lernvoraussetzungen mit untersucht Es bietet dem Kind bdquoindividuelle Herausforderungen und die Gelegenheit zu zeigen was es alles schon kann und weiszlig So werden sowohl besondere Staumlrken als auch beson-derer Unterstuumltzungsbedarf in einer Form offengelegt die direkte Anknuumlpfungspunkte fuumlr Unterricht und Einzelfoumlrderung bietetldquo (Peter-Koop et al 2007 S 4) Hierbei wird es den Kindern ermoumlglicht durch Handlungen mit Material auch Ideen zu zeigen die sie noch nicht verbalisieren oder gar verschriftlichen koumlnnen

Ein weiteres Instrument das geeignetes Material zur Interviewfuumlhrung bereitstellt sind die Einzeltestkarteien des Diagnosebegleiters (Guder et al 2007c und 2008d) Dieses Material stellt geeignete Aufgabenstellungen bereit anhand derer die Kinder ihre Kompetenzen zeigen koumlnnen Je nach dem Antwortverhalten des Kindes folgen verschiedene weitergehende Fragen und Aufgabenstellungen Auszligerdem gibt es dazu Hinweise auf Foumlrderaufgaben die auf moumlgliche Schwierigkeiten eingehen und die grundlegenden Kompetenzen foumlrdern

Bei diesem Verfahren ist ein hoher zeitlicher Aufwand fuumlr die Durchfuumlhrung der Einzel-gespraumlche erforderlich Nutzbar fuumlr kuumlrzere diagnostische Gespraumlche sind Einzel- oder Freiarbeitsphasen im Unterricht in denen sich die Lehrperson einem einzelnen Kind widmen kann Die Durchfuumlhrung von Interviews erfordert in jedem Fall eine hohe diagnostische Kompetenz

25 Beobachtungen

Neben gezielt initiierten Testsituationen oder Interviews bieten sich Beobachtungen der Kinder im Unterricht an Entscheidend fuumlr das Gelingen ist dass vorher festgelegt wird worauf gezielt geachtet werden soll welche Beobachtungsinstrumente (zB Tonband Video Beobachtungsbogen) eingesetzt werden uumlber welchen Zeitraum die Beobach-tung durchgefuumlhrt werden soll und wie die Ergebnisse mit angemessenem Aufwand dokumentiert werden Hierbei koumlnnen sowohl mathematische Faumlhigkeiten und Kom-petenzen als auch allgemeinpaumldagogische Aspekte wie Arbeitsverhalten Motivation Konzentration etc in den Fokus genommen werden Wesentliche Aspekte fuumlr die Be-obachtung finden sich in den Bildungsstandards oder den Kerncurricula der einzelnen

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

9

Bundeslaumlnder Durch eine tabellarische Auflistung laumlsst sich sicherstellen dass diese Merkmale zur Beurteilung tatsaumlchlich herangezogen werden und die Beobachtungen uumlber vage Eindruumlcke hinausgehen Auszligerdem besteht dadurch die Moumlglichkeit die gemachten Beobachtungen in einer Codierung (z B ++ + 0 - --) schuumllerspezifisch festzuhalten und so einen Uumlberblick zu gewinnen Hilfreich kann sein regelmaumlszligig fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller die entsprechende Tabelle auszufuumlllen und so sicherzu-stellen dass alle wesentlichen Aspekte in den Blick genommen werden

Die nachfolgende Abbildung zeigt ein Beispiel fuumlr einen Beobachtungsbogen der die Anforderungen des niedersaumlchsischen Kerncurriculums (NKM 2006 S 34) umfasst

Es gibt eine Fuumllle von fertigen Beobachtungsboumlgen die sich jedoch deutlich in ihren Anspruumlchen unterscheiden So gibt es welche die im Fokus mathematische Fertig-keiten haben (vgl GS Hude-Suumld 2006 S 3) Andere binden daneben auch prozess-bezogene Kompetenzen ein (vgl SundermannSelter 2006 S 122) Zur Entwicklung solcher fachbezogenen Beobachtungsboumlgen fordern Sundermann und Selter dass sie bdquonicht fertig uumlbernommen sondern hellip vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen kritisch diskutiert und hellip modifiziert werdenldquo (SundermannSelter 2006 S 123)

Der Umgang mit Beobachtungsboumlgen eroumlffnet die Moumlglichkeit einen Uumlberblick uumlber die Kompetenzentwicklung des einzelnen Kindes zu erhalten und zwar auszligerhalb von Pruumlfungssituationen Nicht leicht ist es im Unterrichtsalltag den Uumlberblick bei der Beobachtung zu behalten Dabei besteht die Schwierigkeit dass gerade stille Kinder uumlbersehen werden Um dieser Gefahr vorzubeugen schlagen Sundermann und Selter alternativ den Einsatz einer Beobachtungskarte fuumlr jedes Kind vor die neben allge-meinen Informationen uumlber das Kind eine tabellarische Checkliste enthaumllt in der die individuellen Beobachtungen festgehalten werden

26 Eigenproduktionen

Neben der durch eine Checkliste kontrollierten Beobachtung koumlnnen von den Kindern im Unterricht angefertigte Eigenproduktionen zur Einschaumltzung ihrer Kompetenzen und des Bedarfs an zusaumltzlichen Herausforderungen herangezogen werden Anlass zum Erstellen koumlnnen beispielsweise Sachprobleme oder Aufgabenserien sein die in-nermathematische Besonderheiten enthalten Sundermann und Selter unterscheiden zwischen bdquoErfindungen Aufgaben selbst erfinden hellip Rechenwege Aufgaben mit ei-

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Name des Kindes

Math Begriffs- und Operati-onsver-staumlndnis

Schnelle Verfuumlg-barkeit von Kenntnis-sen

Sicher-heit im Ausfuumlh-ren von Fertig-keiten

Ein-bringen kreativer Ideen

Schluumlssig-keit der Loumlsungs-wege und Uumlberle-gungen

Flexibili-taumlt und Proble-mange-messen-heit

Richtig-keit von (Teil-) Ergebnis-sen

muumlnd-liche und schrift-liche Darstel-lungsfauml-higkeit

Zielge-richtete und Aus-dauer

Math Koopera-tionsfauml-higkeit

Transfer-faumlhigkeit

Lebens-weltliche Anwen-dungsfauml-higkeit

konstruk-tiver Um-gang mit Fehlern

Umgang mit didakt Material und techn Hilfsmit-teln

Aische

Arvid

Hannah

Paul

13

10

genen Vorgehensweisen bearbeiten hellip Forscheraufgaben Auffaumllligkeiten beschrei-ben und begruumlnden hellip Ruumlckschau und Ausblick uumlber das Lehren und Lernen schrei-benldquo (SundermannSelter 2006 S 125 Hervorhebungen im Original) Die Analyse dieser Eigenproduktionen liefert Aufschluumlsse uumlber das Denken der Kinder und ihre Vorstellungen Neben prozessbezogenen Kompetenzen lassen sich anhand der durch-gefuumlhrten Berechnungen auch Rechenkompetenzen erkennen

Eine spezielle Form dieser Eigenproduktionen stellen die Lerntagebuumlcher nach Gallin und Ruf (1998) dar in denen Lernende ihre Gedanken beim Erschlieszligen eines neuen Sachverhalts verschriftlichen In diesem bdquoReisetagebuch geht es nicht primaumlr um ir-gendwelche Rechnungen die moumlglichst richtig geloumlst werden sollen sondern darum dass die Schuumllerinnen und Schuumller sich in eigenen Worten zu der Arbeit am Thema aumlussernldquo (Gallin 1999 S5) Diese Eigenproduktionen liefern eine Fuumllle an Moumlglich-keiten Ruumlckschluumlsse uumlber das Denken der Kinder zu ziehen und so geeignete Heraus-forderungen fuumlr diese Kinder bereitzustellen

Dieses Vorgehen basiert auf einer Wuumlrdigung der geleisteten Arbeit durch die Lehr-kraft indem sie mit dem Kind uumlber seine gewonnenen Erkenntnisse spricht und es so weiter motiviert Auch die nicht nur punktuelle Erhebung sondern die Erfassung der Entwicklung von Kompetenzen zeichnet dieses Vorgehen aus Waumlhrend Kinder die Ei-genproduktionen anfertigen entstehen fuumlr die Lehrkraft Freiraumlume sich mit einzelnen Kindern intensiv zu beschaumlftigen Die Sichtung der Ergebnisse der Lerntagebucheintra-gungen erfordert Zeit und ein diagnostisches Gespuumlr zum Erkennen der manifestierten Vorstellungen und Konzepte

27 Integriertes Modell

Anhand schriftlicher Standortbestimmungen in Form von informellen Tests wird ein Uumlberblick uumlber den Kompetenzstand aller Kinder einer Klasse gewonnen Der Test sollte dabei so angelegt sein dass eine Auswertung mit geringem zeitlichen Aufwand moumlglich ist er aber trotzdem Indizien dafuumlr liefert ob ein Kind auffaumlllig abweichende Leistungen zeigt und ob es eventuell besondere Schwierigkeiten hat In nachfolgenden individuellen Gespraumlchen mit auffaumlllig gewordenen Kindern werden anhand geeig-neter Fragestellungen und Materialien die spezifischen Schwierigkeiten des Kindes oder seine besondere Leistungsfaumlhigkeit genauer eingegrenzt Fuumlr die so festgestellten Besonderheiten werden nun foumlrderliche Herausforderungen in Form von Einzelauftrauml-gen Gruppenauftraumlgen Klassenauftraumlgen oder Partner- und Gruppenspielen fuumlr die Kinder bereitgestellt die an die Ergebnisse des Gespraumlchs angepasst werden

Dieses Vorgehen soll am Beispiel eines Kindes das in einem schriftlichen Test auffaumlllig wurde illustriert werden

Maria1 ist ein achtjaumlhriges Maumldchen am Ende des zweiten Schuljahres Im schriftlichen Test zeigte sie Auffaumllligkeiten bei der Bearbeitung von Groumlszligen hier Geldwerten Die Aufgabenstellungen stammten aus dem Diagnosebegleiter (Guder et al 2007 a) Sie konnte zunaumlchst mit richtigen Muumlnzwerten den geforderten Geldbetrag darstellen bei der Darstellung durch 1ct Muumlnzen kam sie nicht zum richtigen Ergebnis Ursaumlchlich koumlnnte hier sein dass der Platz fuumlr eine vollstaumlndige Loumlsung mit 1ct Muumlnzen nicht reichte Maria blieb nicht durchgaumlngig bei den zulaumlssigen Muumlnzgroumlszligen und verwen-dete spaumlter Einzelbetraumlge (30 ct) die es nicht als Muumlnze gibt Die Summe betrug aber

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

11

trotzdem 1 euro Maria besitzt also Rechenkompetenzen im Raum bis 100 mit vollen Zehnern und besitzt die Kenntnis dass 1 euro gleich 100 ct sind

Nach der Auswertung des schriftlichen Tests fuumlhrte die Fachkraft ein kurzes Interview Dieses wurde anders als es im Alltag not-wendig waumlre videogra-phiert und transkribiert Maria bekam den Auftrag mit zwei 5 euro-Scheinen und mehreren Muumlnzen in allen Nennwerten von 1 ct bis 2 euro einen Geldbetrag von 10 euro zu legen Dieser Betrag wurde ihr auch als Bild eines 10 euro Scheins praumlsentiert Sie legt daraufhin zwei 5 euro-Scheine

Daran schlieszligt sich folgendes Gespraumlch2 an

I [v] OK Super Kannst Du das auch noch auf eine andere Art

I [nv] Legt die zwei 5euro Scheine zuruumlck

Ma [v] mhm

Ma [nv] Schiebt die Muumlnzen hin und her und

Ma [v] So geht das

Ma [nv] legt anschlieszligend sieben 1 ct und eine 2 ct Muumlnze auf den Tisch

Schiebt die Muumlnzen zusammen

I [v] mhm OK Und sind das 10 euro

Ma [v] ((3s)) Ja ((12s))

Ma [nv] Zaumlhlt die Muumlnzen einzeln nach Dabei tippt sie auf jede 1 ct Muumlnze einzeln und

Ma [v]

Ma [nv] anschlieszligend zweimal auf die 2 ct Muumlnze Holt eine weitere 1 ct Muumlnze dazu die zu-naumlchst herunterfaumlllt und hebt sie wieder auf

I [v] Geht das noch auf eine andere Art

Ma [v] ((55 s))

Ma [nv] Legt alle Muumlnzen und Scheine auseinander dreht sie so dass die Zahlen oben

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Abbildung von Testheft 22A (Guder et al 2007a S 2) copy Ernst Klett Verlag GmbH Eintragungen ergaumlnzt

1 Name geaumlndert2 Das Transkript wurde in Partiturschreibweise mit verbalen und nonverbalen Aumluszligerungen erstellt Dabei stehen gleichzeitige Aumluszligerungen und Handlungen untereinander Die Laumlnge der einzelnen Abschnitte im Transkript sagt dabei nichts uumlber die Laumlnge der Aumluszligerung aus Pausen werden durch Angabe der Laumlnge als in Doppelklammern ein-geschlossene Zeitdauer in Sekunden angegeben Beispiel ((3 s)) bedeutet eine Pause von 3 Sekunden I[v] bedeutet bdquoVerbale Aumluszligerung des Interviewersldquo I[nv] eine bdquononverbale Aumluszligerungldquo bzw Handlung des Interviewers Analoges gilt fuumlr M[v] und M[nv]

12

I [v] Das sind 10 euro

Ma [v] ((10s))

Ma [nv] liegen nimmt 5euro 2 x 2 ct und 1 x 1 ct

Tipp einmal auf 5euro je zweimal auf 2 ct und einmal auf 1 ct Nickt

Man kann erkennen dass Maria auf der reinen Zahlenebene die Zahl 10 zerlegen kann Jedoch ist auffaumlllig dass ihr das Verstaumlndnis fuumlr die unterschiedlichen Werte von Euro und von Cent fehlen

Im anschlieszligenden Interviewteil der ihr Verstaumlndnis fuumlr die Geldwerte genauer un-tersucht wird bestaumltigt dass es bei Maria Verwechslungen zwischen der physischen Groumlszlige und dem Wert von Muumlnzen gibt Sie ist jedoch in der Lage die Muumlnzen in ihrer Kaufkraft zu vergleichen und in die richtige Reihenfolge zu bringen

I [v] Kannst Du die in eine Reihe legen Was ist die wert-vollste Muumlnze

I [nv] Legt 2 ct 5 ct 20 ct 50 ct 1 euro und 2 euro unsortiert auf den Tisch

I [v]

Ma [nv] Bringt schnell die ct Muumlnzen in Reihenfolge legt die Euromuumlnzen uumlbereinander und legt sie neben das 50 ct Stuumlck Tauscht 1euro und 50 ct

I [v] Und wofuumlr kannst Du am meisten kaufen

Und am zweit-meisten

Und am

Ma [nv]

Nimmt 2euro aus der Reihe

Nimmt 1 euro

I [v] drittmei-sten

Am viertmei-sten

Und am fuumlnftmei-sten

Gut

Ma [nv]

Nimmt 50 ct

Nimmt 20 ct

Nimmt 5 ct

Auf den spezifischen Foumlrderbedarf von Maria die Geldwerte von Muumlnzen und Geld-scheinen sicher zu kennen sowie Euro und Cent unterscheiden zu lernen wird nun durch geeignete Herausforderungen eingegangen So bieten sich Partnerarbeiten oder Kleingruppenarbeit an in deren Verlauf Maria direkte Ruumlckmeldungen zu ihren Louml-sungsversuchen bekommt Anknuumlpfend an ihre Rechenkenntnisse koumlnnte beispielwei-se folgendes Vorgehen in den beschriebenen Arbeitsformen mit Unterstuumltzung durch die Lehrkraft gewaumlhlt werden

Arbeits-Sozialform Partner- oder Gruppenarbeit (bis 5 Personen)

Zusaumltzliches Material Rechengeldmuumlnzen

Durchfuumlhrung Ein Kind nimmt zwei Muumlnzen in die Hand und addiert ihrenWert Dann legt es die geschlossene Hand mit den Muumlnzen auf den Tischoder auf seinen Schoszlig bdquoIch habe mit zwei Muumlnzen hellip Euro (Cent) in derHand Welche Muumlnzen sind esldquo Wer es herausfindet darf das naumlchste Raumltselstellen

Variation Die Uumlbung mit drei Muumlnzen durchfuumlhren

Abbildung von Karte Gruumln Dreieck 1 (Guder et al 2007c) copy Ernst Klett Verlag GmbH

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

13

Die integrierte Vorgehensweise ermoumlglicht nicht nur die Bestimmung von Defiziten sondern liefert Erkenntnisse uumlber die vorhandenen Kompetenzen und nutzt sie zur Einleitung angemessener individueller Foumlrdermaszlignahmen

Hier besteht die Moumlglichkeit Herausforderungen zu nutzen die es den Kindern ermoumlg-lichen ihre vorhandenen Kompetenzen einzusetzen um die weitergehenden Problem-stellungen zu bearbeiten und so ihre jeweiligen Kompetenzen weiter zu entwickeln

3 Fordern und Foumlrdern

Lernfortschritte und Kompetenzerweiterungen koumlnnen bei allen Kindern unabhaumlngig von ihrem Leistungsstand nur dann gelingen wenn sie mit Anforderungen konfron-tiert werden die noch nicht verfuumlgbare Kompetenzen zur Bewaumlltigung erfordern sie also Faumlhigkeiten entwickeln muumlssen die ihren gegenwaumlrtigen Kenntnisstand uumlbersteigen Insofern sind Foumlrderung und Forderung nur zwei Facetten der glei-chen Idee und stellen eine Herausforderung an die Kinder und ihre gegenwaumlrtigen Kompetenzen dar Dabei muss jedoch darauf geachtet werden dass die vorhan-denen Kompetenzen zur Bewaumlltigung der Herausforderungen nur in einem Maszlige uumlberschritten werden das nicht zu einer Uumlberforderung fuumlhrt Allerdings darf dies nicht dazu fuumlhren dass die Probleme in kleine und kleinste Schritte zerlegt werden so dass die Kinder quasi bdquoam Nasenringldquo durch das Problemfeld gefuumlhrt werden Ziel ist es vielmehr dass sie Grundvorstellungen selbst entwickeln erweitern und in groumlszligere Sinnzusammenhaumlnge stellen Unterschiede zwischen Fordern und Foumlr-dern bestehen daher hauptsaumlchlich in graduellen Abweichungen im Anspruch der individuellen Herausforderungen Diese lassen sich durch Differenzierung realisie-ren Auch wenn die Prinzipien der Differenzierung noch keine Lernerfolge garan-tieren zeigen bdquoErfahrungsberichte aus Skandinavien und aus Leuchtturmschulen in Deutschland hellip dass adaptiver Unterricht funktionieren kannldquo (Helmke 2009 S 258 Hervorhebung im Original) Differenzierung bietet somit Chancen angemessen auf individuelle Schwierigkeiten zu reagieren Dazu lassen sich fuumlr die Grundschule zwei Hauptformen unterscheiden Zum einen gibt es die aumluszligere Differenzierung bei der die Klassen in Gruppen verschiedener Kompetenzstufen unterteilt und angepasst an die Kompetenzstufen unterrichtet werden Diese Form besitzt in der Grundschule eher randstaumlndige Bedeutung und erfolgt houmlchstens in zusaumltzlichen Foumlrderstunden Zum anderen gibt es die im Grundschulunterricht meist praktizierte innere Diffe-renzierung bei der innerhalb eines Klassenverbandes Kindern unterschiedliche Auf-gabenstellungen und Auftraumlge gegeben werden die an ihre Kompetenz angepasst sind und die meist mit Attributen wie leicht mittel und schwer belegt sind oder es gibt einheitliche Lernangebote die auf unterschiedlichen Niveaus bearbeitet werden koumlnnen Diese Lernangebote im Rahmen der so genannten natuumlrlichen Differen-zierung enthalten nach Krauthausen und Scherer eine einheitliche uumlbergeordnete Problemstellung die inhaltlich hinreichend komplex ist und fachlich wohluumlberlegt so gerahmt ist dass sie Fragestellungen unterschiedlicher Schwierigkeit bietet Hier-bei haben die Kinder die Freiheit ihre eigenen Vorgehensweisen auszuwaumlhlen und eigene Hilfsmittel zu nutzen Daneben ist die Kommunikation uumlber die gewaumlhlten Loumlsungswege integraler Bestandteil sodass die Kinder mit alternativen Sichtweisen konfrontiert werden und sie ihr Methodenrepertoire erweitern koumlnnen Neben der Erweiterung ihrer Kompetenzen wird hier auch die Entwicklung einer realistischen Selbsteinschaumltzung gefoumlrdert (vgl KrauthausenScherer 2010 S 5 - 6) Um dies zu

3Fordern und Foumlrdern

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gewaumlhrleisten muumlssen Kinder auch aufgefordert werden nicht immer nur den ein-fachsten Weg zu waumlhlen sondern sich auch anspruchsvollere Aspekte der Problem-stellung vorzunehmen

Im Folgenden sollen zwei Ansaumltze von Wittmann sowie von Foumlrster und Grohmann vorgestellt werden die eine natuumlrliche Differenzierung ermoumlglichen Wittmann konzi-piert sogenannte Substanzielle Lernumgebungen und Foumlrster und Grohmann entwi-ckeln diese zu einem Konzept zur Planung von einzelnen Unterrichts(doppel)stunden weiter fuumlr die natuumlrlich differenzierende Aufgabenstellungen entworfen werden die allen Kindern Kompetenzerweiterungen ermoumlglichen

31 Substanzielle Lernumgebungen

Um Lernprozesse und Kompetenzerweiterungen bei Kindern anzustoszligen und da-mit letztendlich Lernerfolge moumlglich zu machen schlaumlgt Wittmann sogenannte Sub-stanziellen Lernumgebungen vor fuumlr die er Folgendes fordert

1 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen zentrale Ziele Inhalte und Prinzipien des Mathematikunterrichts repraumlsentieren

2 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen reiche Moumlglichkeiten fuumlr mathematische Aktivitaumlten von Schuumllerlnnen bieten

3 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen flexibel sein und leicht an die speziellen Gegebenheiten einer bestimmten Klasse angepasst werden koumlnnen

4 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen mathematische psychologische und paumldagogische Aspekte des Lehrens und Lernens in einer ganzheitlichen Weise integrieren und daher ein weites Potential fuumlr empirische Forschungen bieten (Wittmann 1998 S 337-338)

Die Aufgabenstellungen und Herausforderungen in Substanziellen Lernumgebungen sollten sich in diesem Sinne also mit grundlegenden Themen des Mathematikunter-richts beschaumlftigen Eine Auseinandersetzung mit sehr engen Aufgabenstellungen oder Einzelfaumlllen ist nur dann angebracht wenn sich daran uumlber den Einzelfall hinausge-hende allgemeine Erkenntnisse gewinnen lassen

Daruumlber hinaus ist es wesentlich dass die Auseinandersetzung mit der Aufgabenstel-lung auf verschiedene Arten erfolgen kann und somit der groszligen Heterogenitaumlt der Kinder in einer Klasse genuumlgt Auszligerdem muumlssen die verschiedenen mathematischen Aktivitaumlten Erkenntnisse uumlber mathematisches Vorgehen ermoumlglichen um neue Ope-rationen anzubahnen oder bereits bekannte zu festigen Durch probierendes Untersu-chen von Zusammenhaumlngen werden bei leistungsschwachen Kindern die Grundfertig-keiten geuumlbt und bei leistungsstaumlrkeren Kindern Erkenntnisse ermoumlglicht die uumlber die Einzelfaumllle hinausgehen

Die geforderte Flexibilitaumlt ist ein weiterer wesentlicher Aspekt da unterschiedliche Gruppen von Lernenden unterschiedliche Beduumlrfnisse haben Auch muumlssen die Anfor-derungen und ihre Praumlsentationen so gewaumlhlt sein dass sie an verschiedene Anspruumlche angepasst werden koumlnnen und im Idealfall in verschiedenen Jahrgangsstufen mit ver-aumlnderten Grundannahmen eingesetzt werden koumlnnen

Die vierte Forderung ist evident da Lernumgebungen die diese Forderungen verlet-zen entweder nicht zum Lernen von Mathematik oder nicht zum Lernen von Mathe-matik geeignet sind

3Fordern und Foumlrdern

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Der letzte Nachsatz der vierten Forderung ist nur eine Folgerung aus dem vorherge-henden da derartig gestaltete Lernumgebungen durch die unterschiedlichen Heran-gehensweisen selbstverstaumlndlich das Potential bieten diese qualitativ oder quantitativ zu erfassen und empirische Kategorienbildung ermoumlglichen Die Analyse eroumlffnet Er-kenntnisse uumlber das Potential von Aufgaben die geforderten Kompetenzen und die Herangehensweise der Kinder die sie bearbeitet haben Die Aufgaben besitzen also auch diagnostisches Potential

Das Konzept soll am Beispiel Rechenraupen erlaumlutert werden das auf eine von Stein-bring (1995 1997) beschriebene Uumlbungsform zuruumlckgeht

In einer Rechenraupe wird wie folgt gerechnet

In das letzte Koumlrperglied wird die Startzahl (im Beispiel die 2) geschrieben

Die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der Startzahl plus der Additionszahl (hier die 3) die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der zweiten auch durch Addition von 3 Alle wei-teren Koumlrperzahlen werden genauso berechnet

Um die Zielzahl im Kopf einer Rechenraupe auszurechnen werden alle Zahlen im Koumlr-per addiert

Dieses Aufgabenformat repraumlsentiert als zentrale Ideen der Mathematik

middot arithmetische Folgen und Reihen middot Rekursionen middot Summenberechnung fuumlr arithmetische Folgen

middot Addition und als Umkehrung die Subtraktion

middot Multiplikation und als Umkehrung die Division

middot funktionale Zusammenhaumlnge Bei gegebener Startzahl und Additionszahl sind die mathematischen Aktivitaumlten zunaumlchst beschraumlnkt gibt man hier jedoch beispielswei-se zwei Koumlrperzahlen vor so muss durch Dif-ferenzbildung und Division die Additionszahl bestimmt werden Durch Vorgabe der Zielzahl und durch die Suche nach Start- und Additi-onszahl wird durch systematisches Probieren eine Vielzahl an Additionen durchgefuumlhrt und die Rechenfertigkeit geuumlbt Gerade die Suche nach verschiedenen Moumlglichkeiten eine be-stimmte Zielzahl zu erreichen beruumlcksichtigt das Prinzip des entdeckenden problem-loumlsenden Lernens denn jedes Kind kann seinen Weg zur Loumlsung des Problems selbst waumlhlen Weitere Variationsmoumlglichkeiten dieser Lernumgebung finden sich bei Stein-bring (1995 1997) Das Aufgabenformat zeigt dass es mithilfe der Variationen an die

3Fordern und Foumlrdern

a) Versucht die Startzahl und die Addi-tionszahl so zu waumlhlen dass ihr moumlg-lichst nah an die Zielzahl 50 kommt

b) Versucht mehrere Loumlsungen fuumlr die Zielzahl 50 zu finden

c) Schaut euch alle eure Zielzahlen an Was stellt ihr fest

d) Kann man auch die Zielzahl 66 treffen

e) Bestimmt fuumlr die Zahlen oben die Ad-ditionszahl die Startzahl und die Zielzahl

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Beduumlrfnisse einer Lerngruppe angepasst werden kann und verschiedene Ziele verfolgt werden koumlnnen

Eine Fuumllle von weiteren Beispielen derartiger Substanzieller Lernumgebungen findet sich in den Veroumlffentlichungen des Projekts bdquomathe 2000ldquo insbesondere in den Hand-buumlchern Produktiver Rechenuumlbungen von Gerhard N Muumlller und Erich Ch Wittmann (1992 1993) Weitere Quellen sind die Lernumgebungen von Nuumlhrenboumlrger und Pust (2006) sowie die Lernumgebungen fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte von Hen-gartner et al (2006) und von Hirt und Waumllti (2008)

32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung

Will man als Lehrkraft nicht nur auf bereits vorliegende Lernumgebungen zuruumlckgrei-fen sondern selbst geeignete Umgebungen generieren so bietet sich das Konzept von Foumlrster und Grohmann an Sie entwickelten ein Konzept zur Aufgabenoumlffnung ur-spruumlnglich zur Begabungsfoumlrderung zeigen dabei aber auch das Potential auf das ihr Vorgehen zur Foumlrderung aller Kinder innerhalb des alltaumlglichen Mathematikunterrichts besitzt Sie machen dabei folgende Grundannahmen zum mathematischen Gehalt die denen von Wittmann fuumlr seine Substanziellen Lernumgebungen aumlhneln Im Einzelnen fordern sie dass bdquodie Offenheit in der Wahl der Hilfsmittel der Loumlsungswege und der Ergebnisdarstellung hellip das Loumlsen der Ausgangsaufgabe und weiterer Anschlusspro-bleme Eigenproduktionen der Kinderldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) erlaubt bzw foumlrdert und dass bdquodie reichhaltige mathematische Substanz und inhaltliche Offenheit der Ausgangsaufgabe hellip vielfaumlltige Moumlglichkeiten zum Mathematiktreibenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) bietet

Diesen Forderungen stellen Foumlrster und Grohmann die beiden folgenden weniger auf den mathematischen Gehalt als auf das Wecken von Interesse und die Verstaumlndlichkeit der Aufgabenstellung gerichteten Kriterien voran naumlmlich dass bdquoder jeweilige Inhalt einer (Ausgangs-)Aufgabe hellip Neugier und Interesse hellip weckenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) soll und dass die bdquoAusgangsaufgabe hellip leicht verstaumlndlich [ist] sodass alle Kinder die Chance haben sich mit der Aufgabe erfolgreich auseinanderzusetzenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) Neben der Erfuumlllung dieser Bedingungen sollen die Aufgabensequenzen die durch Oumlffnung entstehen so entwickelt werden dass sie in einer Unterrichtsstunde bearbeitet werden koumlnnen Ziel dieser Aufgabenstellungen ist das Uumlben Die Oumlffnung ermoumlglicht aber auch dass andere Kinder bei der Bearbeitung weitergehende Erkenntnisse gewinnen und ihre Kompetenzen erweitern koumlnnen

Als Ausgangspunkte der Oumlffnung schlagen Foumlrster und Grohmann zum einen ge-schlossene Aufgaben aus Schulbuumlchern vor deren curriculare Anbindung in der Regel gegeben ist und zum anderen bdquoKnobel-ldquo oder Problemaufgaben Stammen letztere nicht aus Schulbuumlchern so sollte zunaumlchst die curriculare Einbindung geklaumlrt werden

Foumlrster und Grohmann schlagen zur Gewinnung folgendes Vorgehen vor

Vorgehensweisen fuumlr das Erstellen geoumlffneter AufgabensequenzenAusgangspunkt

Geschlossene Aufgaben(z B aus Schulbuumlchern)

AusgangspunktbdquoKnobelldquo- bzw Problemaufgaben(z B aus Aufgabensammlungen)

a) Analyse des mathematischen Gehalts der uumlber den Uumlbungseffekt hinausweist bzw hinauswei-sen kann

a) Analyse der Moumlglichkeiten curricularer Einbindung auf Grundlage verschiedener Loumlsungswege

3Fordern und Foumlrdern

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b) Formulierung einer (meist) geoumlffneten Pro-blemstellung die neben dem Uumlbungsgehalt auch den Zugang zum mathematischen Gehalt (implizit) anregt

b) Analyse des Uumlbungspotenzials bei probierender Bearbeitung des Loumlsungsprozesses und der mathematischen Struktur der Aufgabe

c) Analyse weiterer moumlgl auch andersartiger Loumlsungsmoumlglichkeiten fuumlr die Kinder

d) Ausweitung der Fragestellung d h weitere moumlgl viele Fragen finden mit unterschiedlichen Bedin-gungen (Vorrausetzungen Einschraumlnkungen ) fuumlr die Problemstellung

e) Zusammenfassen aller Fragen in (moumlglichst) einer einzigen Fragestellung

f) Ein leichtes Ausgangsproblem wird erstellt dessen Bearbeitungszeit fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuuml-ler ungefaumlhr gleich ist ggf Verstaumlndnisfragen klaumlrt und zu probierenden Ansaumltzen anregt

g) Moumlgliche offenegeoumlffnete Anschlussfragen werden konzipiert

(FoumlrsterGrohmann 2010 S 114 Hervorhebungen aus dem Original)

Das folgende Aufgabenpaumlckchen aus dem Uumlbungsheft zu Welt der Zahl 4 dient als Ausgang fuumlr die Oumlffnung einer bdquogeschlossene Aufgabeldquo

Abbildung aus RinkensHoumlnisch 2006 S 29 copy Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schoumlningh Winklers GmbH

Ziel und mathematischer Gehalt (a) dieser Aufgabe ist originaumlr das Uumlben schriftlicher Multiplikation vier- bis fuumlnfstelliger Faktoren mit einem einstelligen zweiten Faktor so-wie das Sortieren fuumlnfstelliger Zahlen der Groumlszlige nach Daruumlber hinaus koumlnnte man in eine solche Uumlbung auch noch den Einfluss der Stellen an denen Ziffern stehen auf die Groumlszlige der Ergebnisse mit untersuchen

Als geoumlffnete Problemstellung (b) bietet sich hier an nicht mit willkuumlrlich vorgege-benen Zahlen zu hantieren sondern die Kinder erkunden zu lassen bei welcher Anord-nung von gegebenen Ziffern das Ergebnis am groumlszligten wird Eine entsprechende offene Fragestellung koumlnnte dann folgende sein

Ihr habt fuumlnf Ziffernkaumlrtchen mit den Ziffern 2 3 4 7 und 9 zur Verfuumlgung Daraus bildet Ihr eine vierstellige Zahl und multipliziert sie mit der fuumlnften Zahl Bestimmt das groumlszligte Produkt

Um diese Aufgabenstellung zu bearbeiten koumlnnten die Kinder unter anderem folgende Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) waumlhlen Sie koumlnnten systematisch probierend herangehen Es koumlnnten aber auch Kinder auf die Idee kommen dass das Produkt am groumlszligten wird wenn aus den Ziffern fuumlr den ersten Faktor die groumlszligte moumlgliche Zahl gebildet wird wenn also die vier Ziffern des ersten Faktors der Groumlszlige nach von groszlig nach klein sor-tiert sind Die Kinder muumlssten dann nur noch die fuumlnf Wahlmoumlglichkeiten der Ziffern fuumlr den zweiten Faktor uumlberpruumlfen

3Fordern und Foumlrdern

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Als moumlgliche weitere Fragen (d) koumlnnte man untersuchen wie groszlig die Aumlnderungen im Ergebnis sind wenn man zwei der vorhandenen Ziffern gegeneinander tauscht und welche Gesetzmaumlszligigkeiten dabei auftreten oder welches das groumlszligte Ergebnis ist wenn man die Vorgabe vierstellige und einstellige Faktoren wegfallen laumlsst und auch die Multiplikation eines dreistelligen mit einem zweistelligen Faktor zulaumlsst

Als zentrale einzige Fragestellung (e) bietet sich hier der anfaumlnglich bereits formu-lierte Erkundungsauftrag nach dem groumlszligtmoumlglichen (kleinstmoumlglichen) Ergebnis bei der Multiplikation von einem vierstelligen und einem einstelligen Faktor an Werden die Kinder dabei auch aufgefordert Vermutungen anzustellen zu uumlberpruumlfen und ge-gebenenfalls zu begruumlnden so werden durch diese Fragestellung neben der Uumlbung des schriftlichen Multiplizierens auch prozessbezogene Kompetenzen in verschiedenen Anforderungsniveaus gefordert

Als leichtes Ausgangsproblem (f) das von allen Kindern mit vergleichbarem Aufwand bearbeitet werden kann soll eine Aufgabe dienen die den Fokus auf den Groumlszligen-vergleich verschiedener Multiplikationsaufgaben aus Zahlen mit permutierten Ziffern lenkt

Als geoumlffneteoffene Anschlussfragen (g) die Erkenntnisse uumlber das Uumlben der schrift-lichen Multiplikation hinaus ermoumlglichen bietet es sich an tatsaumlchlich die oben ge-nannten Erweiterungen der Fragestellung auf quantitative Auswirkungen von Ziffern-vertauschungen oder die Untersuchung von Aufgaben mit zwei- und dreistelligen Faktoren zu waumlhlen

Aus diesen Analysen laumlsst sich dann folgende Aufgabensequenz konstruieren

a) Nehmt vier verschiedene Ziffern und bildet daraus eine vierstellige Zahl Nehmt eine fuumlnfte Ziffer und multipliziert die vierstellige Zahl schriftlich damit Bildet aus den fuumlnf Ziffern drei weitere Multiplikationsaufgaben Sortiert die Ergebnisse der Groumlszlige nach

b) Nehmt eine der Aufgaben und vertauscht in der vierstelligen Zahl zwei der vorhandenen Ziffern Multipliziert nun Vergleicht die Ergebnisse Vermutet wann das Ergebnis groumlszliger wird Schreibt eure Vermutung auf und uumlberpruumlft sie

c) Nehmt wieder fuumlnf verschiedene Ziffern und sucht die Multiplikationsaufgabe einer vierstelligen mit einer einstelligen Zahl aus diesen Ziffern mit dem groumlszligten Ergebnis

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer geschlossenen Schulbuchaufgabe Diese Auf-gabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die nebenstehende Knobelaufgabe von Renate Rasch (2003 S 97) dient als Aus-gangspunkt zur Entwicklung einer geoumlff-neten Aufgabensequenz

Curricular (a) laumlsst sich diese Aufgabe ei-nerseits bei den prozessbezogenen Kompe-tenzen insbesondere beim Problemloumlsen einordnen Inhaltlich kann diese Aufgabe zur Leitidee bdquoZahlen und Operationenldquo Kompetenzbereich bdquoRechenoperationen verste-hen und beherrschenldquo und zur Leitidee bdquoMuster und Strukturenldquo Kompetenzbereich bdquoGesetzmaumlszligigkeiten erkennen beschreiben und darstellenldquo zugeordnet werden Je

9 Geschichte Quicki las in einer Woche ein Buch von 133 Seiten

Am Montag las sie einige Seiten und von da ab jeden Tag 5 Seiten mehr als am Tag davor Am Sonntag wurde sie fertig

Wie viele Seiten las sie am Montag

3Fordern und Foumlrdern

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nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

3Fordern und Foumlrdern

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auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

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Zentru m fuumlr Empirische Paumldagogische Forschung VERA httpwww uni-landaudeveraindexhtm (zuletzt aufgerufen 13082011)

5Literatur

Ministeriumfuumlr Bildung und Kultur

des Landes Schleswig-Holstein

Partner des Programm

s SINU

S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

Programmkoordination fuumlr die Laumlnder durch dasMinisterium fuumlr Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBK)Dr Kai Niemannwwwschleswig-holsteindeMBKDEMBK_nodehtml

Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

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Bundeslaumlnder Durch eine tabellarische Auflistung laumlsst sich sicherstellen dass diese Merkmale zur Beurteilung tatsaumlchlich herangezogen werden und die Beobachtungen uumlber vage Eindruumlcke hinausgehen Auszligerdem besteht dadurch die Moumlglichkeit die gemachten Beobachtungen in einer Codierung (z B ++ + 0 - --) schuumllerspezifisch festzuhalten und so einen Uumlberblick zu gewinnen Hilfreich kann sein regelmaumlszligig fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller die entsprechende Tabelle auszufuumlllen und so sicherzu-stellen dass alle wesentlichen Aspekte in den Blick genommen werden

Die nachfolgende Abbildung zeigt ein Beispiel fuumlr einen Beobachtungsbogen der die Anforderungen des niedersaumlchsischen Kerncurriculums (NKM 2006 S 34) umfasst

Es gibt eine Fuumllle von fertigen Beobachtungsboumlgen die sich jedoch deutlich in ihren Anspruumlchen unterscheiden So gibt es welche die im Fokus mathematische Fertig-keiten haben (vgl GS Hude-Suumld 2006 S 3) Andere binden daneben auch prozess-bezogene Kompetenzen ein (vgl SundermannSelter 2006 S 122) Zur Entwicklung solcher fachbezogenen Beobachtungsboumlgen fordern Sundermann und Selter dass sie bdquonicht fertig uumlbernommen sondern hellip vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen kritisch diskutiert und hellip modifiziert werdenldquo (SundermannSelter 2006 S 123)

Der Umgang mit Beobachtungsboumlgen eroumlffnet die Moumlglichkeit einen Uumlberblick uumlber die Kompetenzentwicklung des einzelnen Kindes zu erhalten und zwar auszligerhalb von Pruumlfungssituationen Nicht leicht ist es im Unterrichtsalltag den Uumlberblick bei der Beobachtung zu behalten Dabei besteht die Schwierigkeit dass gerade stille Kinder uumlbersehen werden Um dieser Gefahr vorzubeugen schlagen Sundermann und Selter alternativ den Einsatz einer Beobachtungskarte fuumlr jedes Kind vor die neben allge-meinen Informationen uumlber das Kind eine tabellarische Checkliste enthaumllt in der die individuellen Beobachtungen festgehalten werden

26 Eigenproduktionen

Neben der durch eine Checkliste kontrollierten Beobachtung koumlnnen von den Kindern im Unterricht angefertigte Eigenproduktionen zur Einschaumltzung ihrer Kompetenzen und des Bedarfs an zusaumltzlichen Herausforderungen herangezogen werden Anlass zum Erstellen koumlnnen beispielsweise Sachprobleme oder Aufgabenserien sein die in-nermathematische Besonderheiten enthalten Sundermann und Selter unterscheiden zwischen bdquoErfindungen Aufgaben selbst erfinden hellip Rechenwege Aufgaben mit ei-

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Name des Kindes

Math Begriffs- und Operati-onsver-staumlndnis

Schnelle Verfuumlg-barkeit von Kenntnis-sen

Sicher-heit im Ausfuumlh-ren von Fertig-keiten

Ein-bringen kreativer Ideen

Schluumlssig-keit der Loumlsungs-wege und Uumlberle-gungen

Flexibili-taumlt und Proble-mange-messen-heit

Richtig-keit von (Teil-) Ergebnis-sen

muumlnd-liche und schrift-liche Darstel-lungsfauml-higkeit

Zielge-richtete und Aus-dauer

Math Koopera-tionsfauml-higkeit

Transfer-faumlhigkeit

Lebens-weltliche Anwen-dungsfauml-higkeit

konstruk-tiver Um-gang mit Fehlern

Umgang mit didakt Material und techn Hilfsmit-teln

Aische

Arvid

Hannah

Paul

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10

genen Vorgehensweisen bearbeiten hellip Forscheraufgaben Auffaumllligkeiten beschrei-ben und begruumlnden hellip Ruumlckschau und Ausblick uumlber das Lehren und Lernen schrei-benldquo (SundermannSelter 2006 S 125 Hervorhebungen im Original) Die Analyse dieser Eigenproduktionen liefert Aufschluumlsse uumlber das Denken der Kinder und ihre Vorstellungen Neben prozessbezogenen Kompetenzen lassen sich anhand der durch-gefuumlhrten Berechnungen auch Rechenkompetenzen erkennen

Eine spezielle Form dieser Eigenproduktionen stellen die Lerntagebuumlcher nach Gallin und Ruf (1998) dar in denen Lernende ihre Gedanken beim Erschlieszligen eines neuen Sachverhalts verschriftlichen In diesem bdquoReisetagebuch geht es nicht primaumlr um ir-gendwelche Rechnungen die moumlglichst richtig geloumlst werden sollen sondern darum dass die Schuumllerinnen und Schuumller sich in eigenen Worten zu der Arbeit am Thema aumlussernldquo (Gallin 1999 S5) Diese Eigenproduktionen liefern eine Fuumllle an Moumlglich-keiten Ruumlckschluumlsse uumlber das Denken der Kinder zu ziehen und so geeignete Heraus-forderungen fuumlr diese Kinder bereitzustellen

Dieses Vorgehen basiert auf einer Wuumlrdigung der geleisteten Arbeit durch die Lehr-kraft indem sie mit dem Kind uumlber seine gewonnenen Erkenntnisse spricht und es so weiter motiviert Auch die nicht nur punktuelle Erhebung sondern die Erfassung der Entwicklung von Kompetenzen zeichnet dieses Vorgehen aus Waumlhrend Kinder die Ei-genproduktionen anfertigen entstehen fuumlr die Lehrkraft Freiraumlume sich mit einzelnen Kindern intensiv zu beschaumlftigen Die Sichtung der Ergebnisse der Lerntagebucheintra-gungen erfordert Zeit und ein diagnostisches Gespuumlr zum Erkennen der manifestierten Vorstellungen und Konzepte

27 Integriertes Modell

Anhand schriftlicher Standortbestimmungen in Form von informellen Tests wird ein Uumlberblick uumlber den Kompetenzstand aller Kinder einer Klasse gewonnen Der Test sollte dabei so angelegt sein dass eine Auswertung mit geringem zeitlichen Aufwand moumlglich ist er aber trotzdem Indizien dafuumlr liefert ob ein Kind auffaumlllig abweichende Leistungen zeigt und ob es eventuell besondere Schwierigkeiten hat In nachfolgenden individuellen Gespraumlchen mit auffaumlllig gewordenen Kindern werden anhand geeig-neter Fragestellungen und Materialien die spezifischen Schwierigkeiten des Kindes oder seine besondere Leistungsfaumlhigkeit genauer eingegrenzt Fuumlr die so festgestellten Besonderheiten werden nun foumlrderliche Herausforderungen in Form von Einzelauftrauml-gen Gruppenauftraumlgen Klassenauftraumlgen oder Partner- und Gruppenspielen fuumlr die Kinder bereitgestellt die an die Ergebnisse des Gespraumlchs angepasst werden

Dieses Vorgehen soll am Beispiel eines Kindes das in einem schriftlichen Test auffaumlllig wurde illustriert werden

Maria1 ist ein achtjaumlhriges Maumldchen am Ende des zweiten Schuljahres Im schriftlichen Test zeigte sie Auffaumllligkeiten bei der Bearbeitung von Groumlszligen hier Geldwerten Die Aufgabenstellungen stammten aus dem Diagnosebegleiter (Guder et al 2007 a) Sie konnte zunaumlchst mit richtigen Muumlnzwerten den geforderten Geldbetrag darstellen bei der Darstellung durch 1ct Muumlnzen kam sie nicht zum richtigen Ergebnis Ursaumlchlich koumlnnte hier sein dass der Platz fuumlr eine vollstaumlndige Loumlsung mit 1ct Muumlnzen nicht reichte Maria blieb nicht durchgaumlngig bei den zulaumlssigen Muumlnzgroumlszligen und verwen-dete spaumlter Einzelbetraumlge (30 ct) die es nicht als Muumlnze gibt Die Summe betrug aber

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

11

trotzdem 1 euro Maria besitzt also Rechenkompetenzen im Raum bis 100 mit vollen Zehnern und besitzt die Kenntnis dass 1 euro gleich 100 ct sind

Nach der Auswertung des schriftlichen Tests fuumlhrte die Fachkraft ein kurzes Interview Dieses wurde anders als es im Alltag not-wendig waumlre videogra-phiert und transkribiert Maria bekam den Auftrag mit zwei 5 euro-Scheinen und mehreren Muumlnzen in allen Nennwerten von 1 ct bis 2 euro einen Geldbetrag von 10 euro zu legen Dieser Betrag wurde ihr auch als Bild eines 10 euro Scheins praumlsentiert Sie legt daraufhin zwei 5 euro-Scheine

Daran schlieszligt sich folgendes Gespraumlch2 an

I [v] OK Super Kannst Du das auch noch auf eine andere Art

I [nv] Legt die zwei 5euro Scheine zuruumlck

Ma [v] mhm

Ma [nv] Schiebt die Muumlnzen hin und her und

Ma [v] So geht das

Ma [nv] legt anschlieszligend sieben 1 ct und eine 2 ct Muumlnze auf den Tisch

Schiebt die Muumlnzen zusammen

I [v] mhm OK Und sind das 10 euro

Ma [v] ((3s)) Ja ((12s))

Ma [nv] Zaumlhlt die Muumlnzen einzeln nach Dabei tippt sie auf jede 1 ct Muumlnze einzeln und

Ma [v]

Ma [nv] anschlieszligend zweimal auf die 2 ct Muumlnze Holt eine weitere 1 ct Muumlnze dazu die zu-naumlchst herunterfaumlllt und hebt sie wieder auf

I [v] Geht das noch auf eine andere Art

Ma [v] ((55 s))

Ma [nv] Legt alle Muumlnzen und Scheine auseinander dreht sie so dass die Zahlen oben

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Abbildung von Testheft 22A (Guder et al 2007a S 2) copy Ernst Klett Verlag GmbH Eintragungen ergaumlnzt

1 Name geaumlndert2 Das Transkript wurde in Partiturschreibweise mit verbalen und nonverbalen Aumluszligerungen erstellt Dabei stehen gleichzeitige Aumluszligerungen und Handlungen untereinander Die Laumlnge der einzelnen Abschnitte im Transkript sagt dabei nichts uumlber die Laumlnge der Aumluszligerung aus Pausen werden durch Angabe der Laumlnge als in Doppelklammern ein-geschlossene Zeitdauer in Sekunden angegeben Beispiel ((3 s)) bedeutet eine Pause von 3 Sekunden I[v] bedeutet bdquoVerbale Aumluszligerung des Interviewersldquo I[nv] eine bdquononverbale Aumluszligerungldquo bzw Handlung des Interviewers Analoges gilt fuumlr M[v] und M[nv]

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I [v] Das sind 10 euro

Ma [v] ((10s))

Ma [nv] liegen nimmt 5euro 2 x 2 ct und 1 x 1 ct

Tipp einmal auf 5euro je zweimal auf 2 ct und einmal auf 1 ct Nickt

Man kann erkennen dass Maria auf der reinen Zahlenebene die Zahl 10 zerlegen kann Jedoch ist auffaumlllig dass ihr das Verstaumlndnis fuumlr die unterschiedlichen Werte von Euro und von Cent fehlen

Im anschlieszligenden Interviewteil der ihr Verstaumlndnis fuumlr die Geldwerte genauer un-tersucht wird bestaumltigt dass es bei Maria Verwechslungen zwischen der physischen Groumlszlige und dem Wert von Muumlnzen gibt Sie ist jedoch in der Lage die Muumlnzen in ihrer Kaufkraft zu vergleichen und in die richtige Reihenfolge zu bringen

I [v] Kannst Du die in eine Reihe legen Was ist die wert-vollste Muumlnze

I [nv] Legt 2 ct 5 ct 20 ct 50 ct 1 euro und 2 euro unsortiert auf den Tisch

I [v]

Ma [nv] Bringt schnell die ct Muumlnzen in Reihenfolge legt die Euromuumlnzen uumlbereinander und legt sie neben das 50 ct Stuumlck Tauscht 1euro und 50 ct

I [v] Und wofuumlr kannst Du am meisten kaufen

Und am zweit-meisten

Und am

Ma [nv]

Nimmt 2euro aus der Reihe

Nimmt 1 euro

I [v] drittmei-sten

Am viertmei-sten

Und am fuumlnftmei-sten

Gut

Ma [nv]

Nimmt 50 ct

Nimmt 20 ct

Nimmt 5 ct

Auf den spezifischen Foumlrderbedarf von Maria die Geldwerte von Muumlnzen und Geld-scheinen sicher zu kennen sowie Euro und Cent unterscheiden zu lernen wird nun durch geeignete Herausforderungen eingegangen So bieten sich Partnerarbeiten oder Kleingruppenarbeit an in deren Verlauf Maria direkte Ruumlckmeldungen zu ihren Louml-sungsversuchen bekommt Anknuumlpfend an ihre Rechenkenntnisse koumlnnte beispielwei-se folgendes Vorgehen in den beschriebenen Arbeitsformen mit Unterstuumltzung durch die Lehrkraft gewaumlhlt werden

Arbeits-Sozialform Partner- oder Gruppenarbeit (bis 5 Personen)

Zusaumltzliches Material Rechengeldmuumlnzen

Durchfuumlhrung Ein Kind nimmt zwei Muumlnzen in die Hand und addiert ihrenWert Dann legt es die geschlossene Hand mit den Muumlnzen auf den Tischoder auf seinen Schoszlig bdquoIch habe mit zwei Muumlnzen hellip Euro (Cent) in derHand Welche Muumlnzen sind esldquo Wer es herausfindet darf das naumlchste Raumltselstellen

Variation Die Uumlbung mit drei Muumlnzen durchfuumlhren

Abbildung von Karte Gruumln Dreieck 1 (Guder et al 2007c) copy Ernst Klett Verlag GmbH

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

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Die integrierte Vorgehensweise ermoumlglicht nicht nur die Bestimmung von Defiziten sondern liefert Erkenntnisse uumlber die vorhandenen Kompetenzen und nutzt sie zur Einleitung angemessener individueller Foumlrdermaszlignahmen

Hier besteht die Moumlglichkeit Herausforderungen zu nutzen die es den Kindern ermoumlg-lichen ihre vorhandenen Kompetenzen einzusetzen um die weitergehenden Problem-stellungen zu bearbeiten und so ihre jeweiligen Kompetenzen weiter zu entwickeln

3 Fordern und Foumlrdern

Lernfortschritte und Kompetenzerweiterungen koumlnnen bei allen Kindern unabhaumlngig von ihrem Leistungsstand nur dann gelingen wenn sie mit Anforderungen konfron-tiert werden die noch nicht verfuumlgbare Kompetenzen zur Bewaumlltigung erfordern sie also Faumlhigkeiten entwickeln muumlssen die ihren gegenwaumlrtigen Kenntnisstand uumlbersteigen Insofern sind Foumlrderung und Forderung nur zwei Facetten der glei-chen Idee und stellen eine Herausforderung an die Kinder und ihre gegenwaumlrtigen Kompetenzen dar Dabei muss jedoch darauf geachtet werden dass die vorhan-denen Kompetenzen zur Bewaumlltigung der Herausforderungen nur in einem Maszlige uumlberschritten werden das nicht zu einer Uumlberforderung fuumlhrt Allerdings darf dies nicht dazu fuumlhren dass die Probleme in kleine und kleinste Schritte zerlegt werden so dass die Kinder quasi bdquoam Nasenringldquo durch das Problemfeld gefuumlhrt werden Ziel ist es vielmehr dass sie Grundvorstellungen selbst entwickeln erweitern und in groumlszligere Sinnzusammenhaumlnge stellen Unterschiede zwischen Fordern und Foumlr-dern bestehen daher hauptsaumlchlich in graduellen Abweichungen im Anspruch der individuellen Herausforderungen Diese lassen sich durch Differenzierung realisie-ren Auch wenn die Prinzipien der Differenzierung noch keine Lernerfolge garan-tieren zeigen bdquoErfahrungsberichte aus Skandinavien und aus Leuchtturmschulen in Deutschland hellip dass adaptiver Unterricht funktionieren kannldquo (Helmke 2009 S 258 Hervorhebung im Original) Differenzierung bietet somit Chancen angemessen auf individuelle Schwierigkeiten zu reagieren Dazu lassen sich fuumlr die Grundschule zwei Hauptformen unterscheiden Zum einen gibt es die aumluszligere Differenzierung bei der die Klassen in Gruppen verschiedener Kompetenzstufen unterteilt und angepasst an die Kompetenzstufen unterrichtet werden Diese Form besitzt in der Grundschule eher randstaumlndige Bedeutung und erfolgt houmlchstens in zusaumltzlichen Foumlrderstunden Zum anderen gibt es die im Grundschulunterricht meist praktizierte innere Diffe-renzierung bei der innerhalb eines Klassenverbandes Kindern unterschiedliche Auf-gabenstellungen und Auftraumlge gegeben werden die an ihre Kompetenz angepasst sind und die meist mit Attributen wie leicht mittel und schwer belegt sind oder es gibt einheitliche Lernangebote die auf unterschiedlichen Niveaus bearbeitet werden koumlnnen Diese Lernangebote im Rahmen der so genannten natuumlrlichen Differen-zierung enthalten nach Krauthausen und Scherer eine einheitliche uumlbergeordnete Problemstellung die inhaltlich hinreichend komplex ist und fachlich wohluumlberlegt so gerahmt ist dass sie Fragestellungen unterschiedlicher Schwierigkeit bietet Hier-bei haben die Kinder die Freiheit ihre eigenen Vorgehensweisen auszuwaumlhlen und eigene Hilfsmittel zu nutzen Daneben ist die Kommunikation uumlber die gewaumlhlten Loumlsungswege integraler Bestandteil sodass die Kinder mit alternativen Sichtweisen konfrontiert werden und sie ihr Methodenrepertoire erweitern koumlnnen Neben der Erweiterung ihrer Kompetenzen wird hier auch die Entwicklung einer realistischen Selbsteinschaumltzung gefoumlrdert (vgl KrauthausenScherer 2010 S 5 - 6) Um dies zu

3Fordern und Foumlrdern

14

gewaumlhrleisten muumlssen Kinder auch aufgefordert werden nicht immer nur den ein-fachsten Weg zu waumlhlen sondern sich auch anspruchsvollere Aspekte der Problem-stellung vorzunehmen

Im Folgenden sollen zwei Ansaumltze von Wittmann sowie von Foumlrster und Grohmann vorgestellt werden die eine natuumlrliche Differenzierung ermoumlglichen Wittmann konzi-piert sogenannte Substanzielle Lernumgebungen und Foumlrster und Grohmann entwi-ckeln diese zu einem Konzept zur Planung von einzelnen Unterrichts(doppel)stunden weiter fuumlr die natuumlrlich differenzierende Aufgabenstellungen entworfen werden die allen Kindern Kompetenzerweiterungen ermoumlglichen

31 Substanzielle Lernumgebungen

Um Lernprozesse und Kompetenzerweiterungen bei Kindern anzustoszligen und da-mit letztendlich Lernerfolge moumlglich zu machen schlaumlgt Wittmann sogenannte Sub-stanziellen Lernumgebungen vor fuumlr die er Folgendes fordert

1 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen zentrale Ziele Inhalte und Prinzipien des Mathematikunterrichts repraumlsentieren

2 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen reiche Moumlglichkeiten fuumlr mathematische Aktivitaumlten von Schuumllerlnnen bieten

3 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen flexibel sein und leicht an die speziellen Gegebenheiten einer bestimmten Klasse angepasst werden koumlnnen

4 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen mathematische psychologische und paumldagogische Aspekte des Lehrens und Lernens in einer ganzheitlichen Weise integrieren und daher ein weites Potential fuumlr empirische Forschungen bieten (Wittmann 1998 S 337-338)

Die Aufgabenstellungen und Herausforderungen in Substanziellen Lernumgebungen sollten sich in diesem Sinne also mit grundlegenden Themen des Mathematikunter-richts beschaumlftigen Eine Auseinandersetzung mit sehr engen Aufgabenstellungen oder Einzelfaumlllen ist nur dann angebracht wenn sich daran uumlber den Einzelfall hinausge-hende allgemeine Erkenntnisse gewinnen lassen

Daruumlber hinaus ist es wesentlich dass die Auseinandersetzung mit der Aufgabenstel-lung auf verschiedene Arten erfolgen kann und somit der groszligen Heterogenitaumlt der Kinder in einer Klasse genuumlgt Auszligerdem muumlssen die verschiedenen mathematischen Aktivitaumlten Erkenntnisse uumlber mathematisches Vorgehen ermoumlglichen um neue Ope-rationen anzubahnen oder bereits bekannte zu festigen Durch probierendes Untersu-chen von Zusammenhaumlngen werden bei leistungsschwachen Kindern die Grundfertig-keiten geuumlbt und bei leistungsstaumlrkeren Kindern Erkenntnisse ermoumlglicht die uumlber die Einzelfaumllle hinausgehen

Die geforderte Flexibilitaumlt ist ein weiterer wesentlicher Aspekt da unterschiedliche Gruppen von Lernenden unterschiedliche Beduumlrfnisse haben Auch muumlssen die Anfor-derungen und ihre Praumlsentationen so gewaumlhlt sein dass sie an verschiedene Anspruumlche angepasst werden koumlnnen und im Idealfall in verschiedenen Jahrgangsstufen mit ver-aumlnderten Grundannahmen eingesetzt werden koumlnnen

Die vierte Forderung ist evident da Lernumgebungen die diese Forderungen verlet-zen entweder nicht zum Lernen von Mathematik oder nicht zum Lernen von Mathe-matik geeignet sind

3Fordern und Foumlrdern

15

Der letzte Nachsatz der vierten Forderung ist nur eine Folgerung aus dem vorherge-henden da derartig gestaltete Lernumgebungen durch die unterschiedlichen Heran-gehensweisen selbstverstaumlndlich das Potential bieten diese qualitativ oder quantitativ zu erfassen und empirische Kategorienbildung ermoumlglichen Die Analyse eroumlffnet Er-kenntnisse uumlber das Potential von Aufgaben die geforderten Kompetenzen und die Herangehensweise der Kinder die sie bearbeitet haben Die Aufgaben besitzen also auch diagnostisches Potential

Das Konzept soll am Beispiel Rechenraupen erlaumlutert werden das auf eine von Stein-bring (1995 1997) beschriebene Uumlbungsform zuruumlckgeht

In einer Rechenraupe wird wie folgt gerechnet

In das letzte Koumlrperglied wird die Startzahl (im Beispiel die 2) geschrieben

Die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der Startzahl plus der Additionszahl (hier die 3) die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der zweiten auch durch Addition von 3 Alle wei-teren Koumlrperzahlen werden genauso berechnet

Um die Zielzahl im Kopf einer Rechenraupe auszurechnen werden alle Zahlen im Koumlr-per addiert

Dieses Aufgabenformat repraumlsentiert als zentrale Ideen der Mathematik

middot arithmetische Folgen und Reihen middot Rekursionen middot Summenberechnung fuumlr arithmetische Folgen

middot Addition und als Umkehrung die Subtraktion

middot Multiplikation und als Umkehrung die Division

middot funktionale Zusammenhaumlnge Bei gegebener Startzahl und Additionszahl sind die mathematischen Aktivitaumlten zunaumlchst beschraumlnkt gibt man hier jedoch beispielswei-se zwei Koumlrperzahlen vor so muss durch Dif-ferenzbildung und Division die Additionszahl bestimmt werden Durch Vorgabe der Zielzahl und durch die Suche nach Start- und Additi-onszahl wird durch systematisches Probieren eine Vielzahl an Additionen durchgefuumlhrt und die Rechenfertigkeit geuumlbt Gerade die Suche nach verschiedenen Moumlglichkeiten eine be-stimmte Zielzahl zu erreichen beruumlcksichtigt das Prinzip des entdeckenden problem-loumlsenden Lernens denn jedes Kind kann seinen Weg zur Loumlsung des Problems selbst waumlhlen Weitere Variationsmoumlglichkeiten dieser Lernumgebung finden sich bei Stein-bring (1995 1997) Das Aufgabenformat zeigt dass es mithilfe der Variationen an die

3Fordern und Foumlrdern

a) Versucht die Startzahl und die Addi-tionszahl so zu waumlhlen dass ihr moumlg-lichst nah an die Zielzahl 50 kommt

b) Versucht mehrere Loumlsungen fuumlr die Zielzahl 50 zu finden

c) Schaut euch alle eure Zielzahlen an Was stellt ihr fest

d) Kann man auch die Zielzahl 66 treffen

e) Bestimmt fuumlr die Zahlen oben die Ad-ditionszahl die Startzahl und die Zielzahl

16

Beduumlrfnisse einer Lerngruppe angepasst werden kann und verschiedene Ziele verfolgt werden koumlnnen

Eine Fuumllle von weiteren Beispielen derartiger Substanzieller Lernumgebungen findet sich in den Veroumlffentlichungen des Projekts bdquomathe 2000ldquo insbesondere in den Hand-buumlchern Produktiver Rechenuumlbungen von Gerhard N Muumlller und Erich Ch Wittmann (1992 1993) Weitere Quellen sind die Lernumgebungen von Nuumlhrenboumlrger und Pust (2006) sowie die Lernumgebungen fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte von Hen-gartner et al (2006) und von Hirt und Waumllti (2008)

32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung

Will man als Lehrkraft nicht nur auf bereits vorliegende Lernumgebungen zuruumlckgrei-fen sondern selbst geeignete Umgebungen generieren so bietet sich das Konzept von Foumlrster und Grohmann an Sie entwickelten ein Konzept zur Aufgabenoumlffnung ur-spruumlnglich zur Begabungsfoumlrderung zeigen dabei aber auch das Potential auf das ihr Vorgehen zur Foumlrderung aller Kinder innerhalb des alltaumlglichen Mathematikunterrichts besitzt Sie machen dabei folgende Grundannahmen zum mathematischen Gehalt die denen von Wittmann fuumlr seine Substanziellen Lernumgebungen aumlhneln Im Einzelnen fordern sie dass bdquodie Offenheit in der Wahl der Hilfsmittel der Loumlsungswege und der Ergebnisdarstellung hellip das Loumlsen der Ausgangsaufgabe und weiterer Anschlusspro-bleme Eigenproduktionen der Kinderldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) erlaubt bzw foumlrdert und dass bdquodie reichhaltige mathematische Substanz und inhaltliche Offenheit der Ausgangsaufgabe hellip vielfaumlltige Moumlglichkeiten zum Mathematiktreibenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) bietet

Diesen Forderungen stellen Foumlrster und Grohmann die beiden folgenden weniger auf den mathematischen Gehalt als auf das Wecken von Interesse und die Verstaumlndlichkeit der Aufgabenstellung gerichteten Kriterien voran naumlmlich dass bdquoder jeweilige Inhalt einer (Ausgangs-)Aufgabe hellip Neugier und Interesse hellip weckenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) soll und dass die bdquoAusgangsaufgabe hellip leicht verstaumlndlich [ist] sodass alle Kinder die Chance haben sich mit der Aufgabe erfolgreich auseinanderzusetzenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) Neben der Erfuumlllung dieser Bedingungen sollen die Aufgabensequenzen die durch Oumlffnung entstehen so entwickelt werden dass sie in einer Unterrichtsstunde bearbeitet werden koumlnnen Ziel dieser Aufgabenstellungen ist das Uumlben Die Oumlffnung ermoumlglicht aber auch dass andere Kinder bei der Bearbeitung weitergehende Erkenntnisse gewinnen und ihre Kompetenzen erweitern koumlnnen

Als Ausgangspunkte der Oumlffnung schlagen Foumlrster und Grohmann zum einen ge-schlossene Aufgaben aus Schulbuumlchern vor deren curriculare Anbindung in der Regel gegeben ist und zum anderen bdquoKnobel-ldquo oder Problemaufgaben Stammen letztere nicht aus Schulbuumlchern so sollte zunaumlchst die curriculare Einbindung geklaumlrt werden

Foumlrster und Grohmann schlagen zur Gewinnung folgendes Vorgehen vor

Vorgehensweisen fuumlr das Erstellen geoumlffneter AufgabensequenzenAusgangspunkt

Geschlossene Aufgaben(z B aus Schulbuumlchern)

AusgangspunktbdquoKnobelldquo- bzw Problemaufgaben(z B aus Aufgabensammlungen)

a) Analyse des mathematischen Gehalts der uumlber den Uumlbungseffekt hinausweist bzw hinauswei-sen kann

a) Analyse der Moumlglichkeiten curricularer Einbindung auf Grundlage verschiedener Loumlsungswege

3Fordern und Foumlrdern

17

b) Formulierung einer (meist) geoumlffneten Pro-blemstellung die neben dem Uumlbungsgehalt auch den Zugang zum mathematischen Gehalt (implizit) anregt

b) Analyse des Uumlbungspotenzials bei probierender Bearbeitung des Loumlsungsprozesses und der mathematischen Struktur der Aufgabe

c) Analyse weiterer moumlgl auch andersartiger Loumlsungsmoumlglichkeiten fuumlr die Kinder

d) Ausweitung der Fragestellung d h weitere moumlgl viele Fragen finden mit unterschiedlichen Bedin-gungen (Vorrausetzungen Einschraumlnkungen ) fuumlr die Problemstellung

e) Zusammenfassen aller Fragen in (moumlglichst) einer einzigen Fragestellung

f) Ein leichtes Ausgangsproblem wird erstellt dessen Bearbeitungszeit fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuuml-ler ungefaumlhr gleich ist ggf Verstaumlndnisfragen klaumlrt und zu probierenden Ansaumltzen anregt

g) Moumlgliche offenegeoumlffnete Anschlussfragen werden konzipiert

(FoumlrsterGrohmann 2010 S 114 Hervorhebungen aus dem Original)

Das folgende Aufgabenpaumlckchen aus dem Uumlbungsheft zu Welt der Zahl 4 dient als Ausgang fuumlr die Oumlffnung einer bdquogeschlossene Aufgabeldquo

Abbildung aus RinkensHoumlnisch 2006 S 29 copy Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schoumlningh Winklers GmbH

Ziel und mathematischer Gehalt (a) dieser Aufgabe ist originaumlr das Uumlben schriftlicher Multiplikation vier- bis fuumlnfstelliger Faktoren mit einem einstelligen zweiten Faktor so-wie das Sortieren fuumlnfstelliger Zahlen der Groumlszlige nach Daruumlber hinaus koumlnnte man in eine solche Uumlbung auch noch den Einfluss der Stellen an denen Ziffern stehen auf die Groumlszlige der Ergebnisse mit untersuchen

Als geoumlffnete Problemstellung (b) bietet sich hier an nicht mit willkuumlrlich vorgege-benen Zahlen zu hantieren sondern die Kinder erkunden zu lassen bei welcher Anord-nung von gegebenen Ziffern das Ergebnis am groumlszligten wird Eine entsprechende offene Fragestellung koumlnnte dann folgende sein

Ihr habt fuumlnf Ziffernkaumlrtchen mit den Ziffern 2 3 4 7 und 9 zur Verfuumlgung Daraus bildet Ihr eine vierstellige Zahl und multipliziert sie mit der fuumlnften Zahl Bestimmt das groumlszligte Produkt

Um diese Aufgabenstellung zu bearbeiten koumlnnten die Kinder unter anderem folgende Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) waumlhlen Sie koumlnnten systematisch probierend herangehen Es koumlnnten aber auch Kinder auf die Idee kommen dass das Produkt am groumlszligten wird wenn aus den Ziffern fuumlr den ersten Faktor die groumlszligte moumlgliche Zahl gebildet wird wenn also die vier Ziffern des ersten Faktors der Groumlszlige nach von groszlig nach klein sor-tiert sind Die Kinder muumlssten dann nur noch die fuumlnf Wahlmoumlglichkeiten der Ziffern fuumlr den zweiten Faktor uumlberpruumlfen

3Fordern und Foumlrdern

18

Als moumlgliche weitere Fragen (d) koumlnnte man untersuchen wie groszlig die Aumlnderungen im Ergebnis sind wenn man zwei der vorhandenen Ziffern gegeneinander tauscht und welche Gesetzmaumlszligigkeiten dabei auftreten oder welches das groumlszligte Ergebnis ist wenn man die Vorgabe vierstellige und einstellige Faktoren wegfallen laumlsst und auch die Multiplikation eines dreistelligen mit einem zweistelligen Faktor zulaumlsst

Als zentrale einzige Fragestellung (e) bietet sich hier der anfaumlnglich bereits formu-lierte Erkundungsauftrag nach dem groumlszligtmoumlglichen (kleinstmoumlglichen) Ergebnis bei der Multiplikation von einem vierstelligen und einem einstelligen Faktor an Werden die Kinder dabei auch aufgefordert Vermutungen anzustellen zu uumlberpruumlfen und ge-gebenenfalls zu begruumlnden so werden durch diese Fragestellung neben der Uumlbung des schriftlichen Multiplizierens auch prozessbezogene Kompetenzen in verschiedenen Anforderungsniveaus gefordert

Als leichtes Ausgangsproblem (f) das von allen Kindern mit vergleichbarem Aufwand bearbeitet werden kann soll eine Aufgabe dienen die den Fokus auf den Groumlszligen-vergleich verschiedener Multiplikationsaufgaben aus Zahlen mit permutierten Ziffern lenkt

Als geoumlffneteoffene Anschlussfragen (g) die Erkenntnisse uumlber das Uumlben der schrift-lichen Multiplikation hinaus ermoumlglichen bietet es sich an tatsaumlchlich die oben ge-nannten Erweiterungen der Fragestellung auf quantitative Auswirkungen von Ziffern-vertauschungen oder die Untersuchung von Aufgaben mit zwei- und dreistelligen Faktoren zu waumlhlen

Aus diesen Analysen laumlsst sich dann folgende Aufgabensequenz konstruieren

a) Nehmt vier verschiedene Ziffern und bildet daraus eine vierstellige Zahl Nehmt eine fuumlnfte Ziffer und multipliziert die vierstellige Zahl schriftlich damit Bildet aus den fuumlnf Ziffern drei weitere Multiplikationsaufgaben Sortiert die Ergebnisse der Groumlszlige nach

b) Nehmt eine der Aufgaben und vertauscht in der vierstelligen Zahl zwei der vorhandenen Ziffern Multipliziert nun Vergleicht die Ergebnisse Vermutet wann das Ergebnis groumlszliger wird Schreibt eure Vermutung auf und uumlberpruumlft sie

c) Nehmt wieder fuumlnf verschiedene Ziffern und sucht die Multiplikationsaufgabe einer vierstelligen mit einer einstelligen Zahl aus diesen Ziffern mit dem groumlszligten Ergebnis

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer geschlossenen Schulbuchaufgabe Diese Auf-gabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die nebenstehende Knobelaufgabe von Renate Rasch (2003 S 97) dient als Aus-gangspunkt zur Entwicklung einer geoumlff-neten Aufgabensequenz

Curricular (a) laumlsst sich diese Aufgabe ei-nerseits bei den prozessbezogenen Kompe-tenzen insbesondere beim Problemloumlsen einordnen Inhaltlich kann diese Aufgabe zur Leitidee bdquoZahlen und Operationenldquo Kompetenzbereich bdquoRechenoperationen verste-hen und beherrschenldquo und zur Leitidee bdquoMuster und Strukturenldquo Kompetenzbereich bdquoGesetzmaumlszligigkeiten erkennen beschreiben und darstellenldquo zugeordnet werden Je

9 Geschichte Quicki las in einer Woche ein Buch von 133 Seiten

Am Montag las sie einige Seiten und von da ab jeden Tag 5 Seiten mehr als am Tag davor Am Sonntag wurde sie fertig

Wie viele Seiten las sie am Montag

3Fordern und Foumlrdern

19

nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

3Fordern und Foumlrdern

20

auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

21

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Ministeriumfuumlr Bildung und Kultur

des Landes Schleswig-Holstein

Partner des Programm

s SINU

S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

Programmkoordination fuumlr die Laumlnder durch dasMinisterium fuumlr Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBK)Dr Kai Niemannwwwschleswig-holsteindeMBKDEMBK_nodehtml

Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

10

genen Vorgehensweisen bearbeiten hellip Forscheraufgaben Auffaumllligkeiten beschrei-ben und begruumlnden hellip Ruumlckschau und Ausblick uumlber das Lehren und Lernen schrei-benldquo (SundermannSelter 2006 S 125 Hervorhebungen im Original) Die Analyse dieser Eigenproduktionen liefert Aufschluumlsse uumlber das Denken der Kinder und ihre Vorstellungen Neben prozessbezogenen Kompetenzen lassen sich anhand der durch-gefuumlhrten Berechnungen auch Rechenkompetenzen erkennen

Eine spezielle Form dieser Eigenproduktionen stellen die Lerntagebuumlcher nach Gallin und Ruf (1998) dar in denen Lernende ihre Gedanken beim Erschlieszligen eines neuen Sachverhalts verschriftlichen In diesem bdquoReisetagebuch geht es nicht primaumlr um ir-gendwelche Rechnungen die moumlglichst richtig geloumlst werden sollen sondern darum dass die Schuumllerinnen und Schuumller sich in eigenen Worten zu der Arbeit am Thema aumlussernldquo (Gallin 1999 S5) Diese Eigenproduktionen liefern eine Fuumllle an Moumlglich-keiten Ruumlckschluumlsse uumlber das Denken der Kinder zu ziehen und so geeignete Heraus-forderungen fuumlr diese Kinder bereitzustellen

Dieses Vorgehen basiert auf einer Wuumlrdigung der geleisteten Arbeit durch die Lehr-kraft indem sie mit dem Kind uumlber seine gewonnenen Erkenntnisse spricht und es so weiter motiviert Auch die nicht nur punktuelle Erhebung sondern die Erfassung der Entwicklung von Kompetenzen zeichnet dieses Vorgehen aus Waumlhrend Kinder die Ei-genproduktionen anfertigen entstehen fuumlr die Lehrkraft Freiraumlume sich mit einzelnen Kindern intensiv zu beschaumlftigen Die Sichtung der Ergebnisse der Lerntagebucheintra-gungen erfordert Zeit und ein diagnostisches Gespuumlr zum Erkennen der manifestierten Vorstellungen und Konzepte

27 Integriertes Modell

Anhand schriftlicher Standortbestimmungen in Form von informellen Tests wird ein Uumlberblick uumlber den Kompetenzstand aller Kinder einer Klasse gewonnen Der Test sollte dabei so angelegt sein dass eine Auswertung mit geringem zeitlichen Aufwand moumlglich ist er aber trotzdem Indizien dafuumlr liefert ob ein Kind auffaumlllig abweichende Leistungen zeigt und ob es eventuell besondere Schwierigkeiten hat In nachfolgenden individuellen Gespraumlchen mit auffaumlllig gewordenen Kindern werden anhand geeig-neter Fragestellungen und Materialien die spezifischen Schwierigkeiten des Kindes oder seine besondere Leistungsfaumlhigkeit genauer eingegrenzt Fuumlr die so festgestellten Besonderheiten werden nun foumlrderliche Herausforderungen in Form von Einzelauftrauml-gen Gruppenauftraumlgen Klassenauftraumlgen oder Partner- und Gruppenspielen fuumlr die Kinder bereitgestellt die an die Ergebnisse des Gespraumlchs angepasst werden

Dieses Vorgehen soll am Beispiel eines Kindes das in einem schriftlichen Test auffaumlllig wurde illustriert werden

Maria1 ist ein achtjaumlhriges Maumldchen am Ende des zweiten Schuljahres Im schriftlichen Test zeigte sie Auffaumllligkeiten bei der Bearbeitung von Groumlszligen hier Geldwerten Die Aufgabenstellungen stammten aus dem Diagnosebegleiter (Guder et al 2007 a) Sie konnte zunaumlchst mit richtigen Muumlnzwerten den geforderten Geldbetrag darstellen bei der Darstellung durch 1ct Muumlnzen kam sie nicht zum richtigen Ergebnis Ursaumlchlich koumlnnte hier sein dass der Platz fuumlr eine vollstaumlndige Loumlsung mit 1ct Muumlnzen nicht reichte Maria blieb nicht durchgaumlngig bei den zulaumlssigen Muumlnzgroumlszligen und verwen-dete spaumlter Einzelbetraumlge (30 ct) die es nicht als Muumlnze gibt Die Summe betrug aber

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

11

trotzdem 1 euro Maria besitzt also Rechenkompetenzen im Raum bis 100 mit vollen Zehnern und besitzt die Kenntnis dass 1 euro gleich 100 ct sind

Nach der Auswertung des schriftlichen Tests fuumlhrte die Fachkraft ein kurzes Interview Dieses wurde anders als es im Alltag not-wendig waumlre videogra-phiert und transkribiert Maria bekam den Auftrag mit zwei 5 euro-Scheinen und mehreren Muumlnzen in allen Nennwerten von 1 ct bis 2 euro einen Geldbetrag von 10 euro zu legen Dieser Betrag wurde ihr auch als Bild eines 10 euro Scheins praumlsentiert Sie legt daraufhin zwei 5 euro-Scheine

Daran schlieszligt sich folgendes Gespraumlch2 an

I [v] OK Super Kannst Du das auch noch auf eine andere Art

I [nv] Legt die zwei 5euro Scheine zuruumlck

Ma [v] mhm

Ma [nv] Schiebt die Muumlnzen hin und her und

Ma [v] So geht das

Ma [nv] legt anschlieszligend sieben 1 ct und eine 2 ct Muumlnze auf den Tisch

Schiebt die Muumlnzen zusammen

I [v] mhm OK Und sind das 10 euro

Ma [v] ((3s)) Ja ((12s))

Ma [nv] Zaumlhlt die Muumlnzen einzeln nach Dabei tippt sie auf jede 1 ct Muumlnze einzeln und

Ma [v]

Ma [nv] anschlieszligend zweimal auf die 2 ct Muumlnze Holt eine weitere 1 ct Muumlnze dazu die zu-naumlchst herunterfaumlllt und hebt sie wieder auf

I [v] Geht das noch auf eine andere Art

Ma [v] ((55 s))

Ma [nv] Legt alle Muumlnzen und Scheine auseinander dreht sie so dass die Zahlen oben

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Abbildung von Testheft 22A (Guder et al 2007a S 2) copy Ernst Klett Verlag GmbH Eintragungen ergaumlnzt

1 Name geaumlndert2 Das Transkript wurde in Partiturschreibweise mit verbalen und nonverbalen Aumluszligerungen erstellt Dabei stehen gleichzeitige Aumluszligerungen und Handlungen untereinander Die Laumlnge der einzelnen Abschnitte im Transkript sagt dabei nichts uumlber die Laumlnge der Aumluszligerung aus Pausen werden durch Angabe der Laumlnge als in Doppelklammern ein-geschlossene Zeitdauer in Sekunden angegeben Beispiel ((3 s)) bedeutet eine Pause von 3 Sekunden I[v] bedeutet bdquoVerbale Aumluszligerung des Interviewersldquo I[nv] eine bdquononverbale Aumluszligerungldquo bzw Handlung des Interviewers Analoges gilt fuumlr M[v] und M[nv]

12

I [v] Das sind 10 euro

Ma [v] ((10s))

Ma [nv] liegen nimmt 5euro 2 x 2 ct und 1 x 1 ct

Tipp einmal auf 5euro je zweimal auf 2 ct und einmal auf 1 ct Nickt

Man kann erkennen dass Maria auf der reinen Zahlenebene die Zahl 10 zerlegen kann Jedoch ist auffaumlllig dass ihr das Verstaumlndnis fuumlr die unterschiedlichen Werte von Euro und von Cent fehlen

Im anschlieszligenden Interviewteil der ihr Verstaumlndnis fuumlr die Geldwerte genauer un-tersucht wird bestaumltigt dass es bei Maria Verwechslungen zwischen der physischen Groumlszlige und dem Wert von Muumlnzen gibt Sie ist jedoch in der Lage die Muumlnzen in ihrer Kaufkraft zu vergleichen und in die richtige Reihenfolge zu bringen

I [v] Kannst Du die in eine Reihe legen Was ist die wert-vollste Muumlnze

I [nv] Legt 2 ct 5 ct 20 ct 50 ct 1 euro und 2 euro unsortiert auf den Tisch

I [v]

Ma [nv] Bringt schnell die ct Muumlnzen in Reihenfolge legt die Euromuumlnzen uumlbereinander und legt sie neben das 50 ct Stuumlck Tauscht 1euro und 50 ct

I [v] Und wofuumlr kannst Du am meisten kaufen

Und am zweit-meisten

Und am

Ma [nv]

Nimmt 2euro aus der Reihe

Nimmt 1 euro

I [v] drittmei-sten

Am viertmei-sten

Und am fuumlnftmei-sten

Gut

Ma [nv]

Nimmt 50 ct

Nimmt 20 ct

Nimmt 5 ct

Auf den spezifischen Foumlrderbedarf von Maria die Geldwerte von Muumlnzen und Geld-scheinen sicher zu kennen sowie Euro und Cent unterscheiden zu lernen wird nun durch geeignete Herausforderungen eingegangen So bieten sich Partnerarbeiten oder Kleingruppenarbeit an in deren Verlauf Maria direkte Ruumlckmeldungen zu ihren Louml-sungsversuchen bekommt Anknuumlpfend an ihre Rechenkenntnisse koumlnnte beispielwei-se folgendes Vorgehen in den beschriebenen Arbeitsformen mit Unterstuumltzung durch die Lehrkraft gewaumlhlt werden

Arbeits-Sozialform Partner- oder Gruppenarbeit (bis 5 Personen)

Zusaumltzliches Material Rechengeldmuumlnzen

Durchfuumlhrung Ein Kind nimmt zwei Muumlnzen in die Hand und addiert ihrenWert Dann legt es die geschlossene Hand mit den Muumlnzen auf den Tischoder auf seinen Schoszlig bdquoIch habe mit zwei Muumlnzen hellip Euro (Cent) in derHand Welche Muumlnzen sind esldquo Wer es herausfindet darf das naumlchste Raumltselstellen

Variation Die Uumlbung mit drei Muumlnzen durchfuumlhren

Abbildung von Karte Gruumln Dreieck 1 (Guder et al 2007c) copy Ernst Klett Verlag GmbH

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

13

Die integrierte Vorgehensweise ermoumlglicht nicht nur die Bestimmung von Defiziten sondern liefert Erkenntnisse uumlber die vorhandenen Kompetenzen und nutzt sie zur Einleitung angemessener individueller Foumlrdermaszlignahmen

Hier besteht die Moumlglichkeit Herausforderungen zu nutzen die es den Kindern ermoumlg-lichen ihre vorhandenen Kompetenzen einzusetzen um die weitergehenden Problem-stellungen zu bearbeiten und so ihre jeweiligen Kompetenzen weiter zu entwickeln

3 Fordern und Foumlrdern

Lernfortschritte und Kompetenzerweiterungen koumlnnen bei allen Kindern unabhaumlngig von ihrem Leistungsstand nur dann gelingen wenn sie mit Anforderungen konfron-tiert werden die noch nicht verfuumlgbare Kompetenzen zur Bewaumlltigung erfordern sie also Faumlhigkeiten entwickeln muumlssen die ihren gegenwaumlrtigen Kenntnisstand uumlbersteigen Insofern sind Foumlrderung und Forderung nur zwei Facetten der glei-chen Idee und stellen eine Herausforderung an die Kinder und ihre gegenwaumlrtigen Kompetenzen dar Dabei muss jedoch darauf geachtet werden dass die vorhan-denen Kompetenzen zur Bewaumlltigung der Herausforderungen nur in einem Maszlige uumlberschritten werden das nicht zu einer Uumlberforderung fuumlhrt Allerdings darf dies nicht dazu fuumlhren dass die Probleme in kleine und kleinste Schritte zerlegt werden so dass die Kinder quasi bdquoam Nasenringldquo durch das Problemfeld gefuumlhrt werden Ziel ist es vielmehr dass sie Grundvorstellungen selbst entwickeln erweitern und in groumlszligere Sinnzusammenhaumlnge stellen Unterschiede zwischen Fordern und Foumlr-dern bestehen daher hauptsaumlchlich in graduellen Abweichungen im Anspruch der individuellen Herausforderungen Diese lassen sich durch Differenzierung realisie-ren Auch wenn die Prinzipien der Differenzierung noch keine Lernerfolge garan-tieren zeigen bdquoErfahrungsberichte aus Skandinavien und aus Leuchtturmschulen in Deutschland hellip dass adaptiver Unterricht funktionieren kannldquo (Helmke 2009 S 258 Hervorhebung im Original) Differenzierung bietet somit Chancen angemessen auf individuelle Schwierigkeiten zu reagieren Dazu lassen sich fuumlr die Grundschule zwei Hauptformen unterscheiden Zum einen gibt es die aumluszligere Differenzierung bei der die Klassen in Gruppen verschiedener Kompetenzstufen unterteilt und angepasst an die Kompetenzstufen unterrichtet werden Diese Form besitzt in der Grundschule eher randstaumlndige Bedeutung und erfolgt houmlchstens in zusaumltzlichen Foumlrderstunden Zum anderen gibt es die im Grundschulunterricht meist praktizierte innere Diffe-renzierung bei der innerhalb eines Klassenverbandes Kindern unterschiedliche Auf-gabenstellungen und Auftraumlge gegeben werden die an ihre Kompetenz angepasst sind und die meist mit Attributen wie leicht mittel und schwer belegt sind oder es gibt einheitliche Lernangebote die auf unterschiedlichen Niveaus bearbeitet werden koumlnnen Diese Lernangebote im Rahmen der so genannten natuumlrlichen Differen-zierung enthalten nach Krauthausen und Scherer eine einheitliche uumlbergeordnete Problemstellung die inhaltlich hinreichend komplex ist und fachlich wohluumlberlegt so gerahmt ist dass sie Fragestellungen unterschiedlicher Schwierigkeit bietet Hier-bei haben die Kinder die Freiheit ihre eigenen Vorgehensweisen auszuwaumlhlen und eigene Hilfsmittel zu nutzen Daneben ist die Kommunikation uumlber die gewaumlhlten Loumlsungswege integraler Bestandteil sodass die Kinder mit alternativen Sichtweisen konfrontiert werden und sie ihr Methodenrepertoire erweitern koumlnnen Neben der Erweiterung ihrer Kompetenzen wird hier auch die Entwicklung einer realistischen Selbsteinschaumltzung gefoumlrdert (vgl KrauthausenScherer 2010 S 5 - 6) Um dies zu

3Fordern und Foumlrdern

14

gewaumlhrleisten muumlssen Kinder auch aufgefordert werden nicht immer nur den ein-fachsten Weg zu waumlhlen sondern sich auch anspruchsvollere Aspekte der Problem-stellung vorzunehmen

Im Folgenden sollen zwei Ansaumltze von Wittmann sowie von Foumlrster und Grohmann vorgestellt werden die eine natuumlrliche Differenzierung ermoumlglichen Wittmann konzi-piert sogenannte Substanzielle Lernumgebungen und Foumlrster und Grohmann entwi-ckeln diese zu einem Konzept zur Planung von einzelnen Unterrichts(doppel)stunden weiter fuumlr die natuumlrlich differenzierende Aufgabenstellungen entworfen werden die allen Kindern Kompetenzerweiterungen ermoumlglichen

31 Substanzielle Lernumgebungen

Um Lernprozesse und Kompetenzerweiterungen bei Kindern anzustoszligen und da-mit letztendlich Lernerfolge moumlglich zu machen schlaumlgt Wittmann sogenannte Sub-stanziellen Lernumgebungen vor fuumlr die er Folgendes fordert

1 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen zentrale Ziele Inhalte und Prinzipien des Mathematikunterrichts repraumlsentieren

2 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen reiche Moumlglichkeiten fuumlr mathematische Aktivitaumlten von Schuumllerlnnen bieten

3 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen flexibel sein und leicht an die speziellen Gegebenheiten einer bestimmten Klasse angepasst werden koumlnnen

4 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen mathematische psychologische und paumldagogische Aspekte des Lehrens und Lernens in einer ganzheitlichen Weise integrieren und daher ein weites Potential fuumlr empirische Forschungen bieten (Wittmann 1998 S 337-338)

Die Aufgabenstellungen und Herausforderungen in Substanziellen Lernumgebungen sollten sich in diesem Sinne also mit grundlegenden Themen des Mathematikunter-richts beschaumlftigen Eine Auseinandersetzung mit sehr engen Aufgabenstellungen oder Einzelfaumlllen ist nur dann angebracht wenn sich daran uumlber den Einzelfall hinausge-hende allgemeine Erkenntnisse gewinnen lassen

Daruumlber hinaus ist es wesentlich dass die Auseinandersetzung mit der Aufgabenstel-lung auf verschiedene Arten erfolgen kann und somit der groszligen Heterogenitaumlt der Kinder in einer Klasse genuumlgt Auszligerdem muumlssen die verschiedenen mathematischen Aktivitaumlten Erkenntnisse uumlber mathematisches Vorgehen ermoumlglichen um neue Ope-rationen anzubahnen oder bereits bekannte zu festigen Durch probierendes Untersu-chen von Zusammenhaumlngen werden bei leistungsschwachen Kindern die Grundfertig-keiten geuumlbt und bei leistungsstaumlrkeren Kindern Erkenntnisse ermoumlglicht die uumlber die Einzelfaumllle hinausgehen

Die geforderte Flexibilitaumlt ist ein weiterer wesentlicher Aspekt da unterschiedliche Gruppen von Lernenden unterschiedliche Beduumlrfnisse haben Auch muumlssen die Anfor-derungen und ihre Praumlsentationen so gewaumlhlt sein dass sie an verschiedene Anspruumlche angepasst werden koumlnnen und im Idealfall in verschiedenen Jahrgangsstufen mit ver-aumlnderten Grundannahmen eingesetzt werden koumlnnen

Die vierte Forderung ist evident da Lernumgebungen die diese Forderungen verlet-zen entweder nicht zum Lernen von Mathematik oder nicht zum Lernen von Mathe-matik geeignet sind

3Fordern und Foumlrdern

15

Der letzte Nachsatz der vierten Forderung ist nur eine Folgerung aus dem vorherge-henden da derartig gestaltete Lernumgebungen durch die unterschiedlichen Heran-gehensweisen selbstverstaumlndlich das Potential bieten diese qualitativ oder quantitativ zu erfassen und empirische Kategorienbildung ermoumlglichen Die Analyse eroumlffnet Er-kenntnisse uumlber das Potential von Aufgaben die geforderten Kompetenzen und die Herangehensweise der Kinder die sie bearbeitet haben Die Aufgaben besitzen also auch diagnostisches Potential

Das Konzept soll am Beispiel Rechenraupen erlaumlutert werden das auf eine von Stein-bring (1995 1997) beschriebene Uumlbungsform zuruumlckgeht

In einer Rechenraupe wird wie folgt gerechnet

In das letzte Koumlrperglied wird die Startzahl (im Beispiel die 2) geschrieben

Die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der Startzahl plus der Additionszahl (hier die 3) die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der zweiten auch durch Addition von 3 Alle wei-teren Koumlrperzahlen werden genauso berechnet

Um die Zielzahl im Kopf einer Rechenraupe auszurechnen werden alle Zahlen im Koumlr-per addiert

Dieses Aufgabenformat repraumlsentiert als zentrale Ideen der Mathematik

middot arithmetische Folgen und Reihen middot Rekursionen middot Summenberechnung fuumlr arithmetische Folgen

middot Addition und als Umkehrung die Subtraktion

middot Multiplikation und als Umkehrung die Division

middot funktionale Zusammenhaumlnge Bei gegebener Startzahl und Additionszahl sind die mathematischen Aktivitaumlten zunaumlchst beschraumlnkt gibt man hier jedoch beispielswei-se zwei Koumlrperzahlen vor so muss durch Dif-ferenzbildung und Division die Additionszahl bestimmt werden Durch Vorgabe der Zielzahl und durch die Suche nach Start- und Additi-onszahl wird durch systematisches Probieren eine Vielzahl an Additionen durchgefuumlhrt und die Rechenfertigkeit geuumlbt Gerade die Suche nach verschiedenen Moumlglichkeiten eine be-stimmte Zielzahl zu erreichen beruumlcksichtigt das Prinzip des entdeckenden problem-loumlsenden Lernens denn jedes Kind kann seinen Weg zur Loumlsung des Problems selbst waumlhlen Weitere Variationsmoumlglichkeiten dieser Lernumgebung finden sich bei Stein-bring (1995 1997) Das Aufgabenformat zeigt dass es mithilfe der Variationen an die

3Fordern und Foumlrdern

a) Versucht die Startzahl und die Addi-tionszahl so zu waumlhlen dass ihr moumlg-lichst nah an die Zielzahl 50 kommt

b) Versucht mehrere Loumlsungen fuumlr die Zielzahl 50 zu finden

c) Schaut euch alle eure Zielzahlen an Was stellt ihr fest

d) Kann man auch die Zielzahl 66 treffen

e) Bestimmt fuumlr die Zahlen oben die Ad-ditionszahl die Startzahl und die Zielzahl

16

Beduumlrfnisse einer Lerngruppe angepasst werden kann und verschiedene Ziele verfolgt werden koumlnnen

Eine Fuumllle von weiteren Beispielen derartiger Substanzieller Lernumgebungen findet sich in den Veroumlffentlichungen des Projekts bdquomathe 2000ldquo insbesondere in den Hand-buumlchern Produktiver Rechenuumlbungen von Gerhard N Muumlller und Erich Ch Wittmann (1992 1993) Weitere Quellen sind die Lernumgebungen von Nuumlhrenboumlrger und Pust (2006) sowie die Lernumgebungen fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte von Hen-gartner et al (2006) und von Hirt und Waumllti (2008)

32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung

Will man als Lehrkraft nicht nur auf bereits vorliegende Lernumgebungen zuruumlckgrei-fen sondern selbst geeignete Umgebungen generieren so bietet sich das Konzept von Foumlrster und Grohmann an Sie entwickelten ein Konzept zur Aufgabenoumlffnung ur-spruumlnglich zur Begabungsfoumlrderung zeigen dabei aber auch das Potential auf das ihr Vorgehen zur Foumlrderung aller Kinder innerhalb des alltaumlglichen Mathematikunterrichts besitzt Sie machen dabei folgende Grundannahmen zum mathematischen Gehalt die denen von Wittmann fuumlr seine Substanziellen Lernumgebungen aumlhneln Im Einzelnen fordern sie dass bdquodie Offenheit in der Wahl der Hilfsmittel der Loumlsungswege und der Ergebnisdarstellung hellip das Loumlsen der Ausgangsaufgabe und weiterer Anschlusspro-bleme Eigenproduktionen der Kinderldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) erlaubt bzw foumlrdert und dass bdquodie reichhaltige mathematische Substanz und inhaltliche Offenheit der Ausgangsaufgabe hellip vielfaumlltige Moumlglichkeiten zum Mathematiktreibenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) bietet

Diesen Forderungen stellen Foumlrster und Grohmann die beiden folgenden weniger auf den mathematischen Gehalt als auf das Wecken von Interesse und die Verstaumlndlichkeit der Aufgabenstellung gerichteten Kriterien voran naumlmlich dass bdquoder jeweilige Inhalt einer (Ausgangs-)Aufgabe hellip Neugier und Interesse hellip weckenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) soll und dass die bdquoAusgangsaufgabe hellip leicht verstaumlndlich [ist] sodass alle Kinder die Chance haben sich mit der Aufgabe erfolgreich auseinanderzusetzenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) Neben der Erfuumlllung dieser Bedingungen sollen die Aufgabensequenzen die durch Oumlffnung entstehen so entwickelt werden dass sie in einer Unterrichtsstunde bearbeitet werden koumlnnen Ziel dieser Aufgabenstellungen ist das Uumlben Die Oumlffnung ermoumlglicht aber auch dass andere Kinder bei der Bearbeitung weitergehende Erkenntnisse gewinnen und ihre Kompetenzen erweitern koumlnnen

Als Ausgangspunkte der Oumlffnung schlagen Foumlrster und Grohmann zum einen ge-schlossene Aufgaben aus Schulbuumlchern vor deren curriculare Anbindung in der Regel gegeben ist und zum anderen bdquoKnobel-ldquo oder Problemaufgaben Stammen letztere nicht aus Schulbuumlchern so sollte zunaumlchst die curriculare Einbindung geklaumlrt werden

Foumlrster und Grohmann schlagen zur Gewinnung folgendes Vorgehen vor

Vorgehensweisen fuumlr das Erstellen geoumlffneter AufgabensequenzenAusgangspunkt

Geschlossene Aufgaben(z B aus Schulbuumlchern)

AusgangspunktbdquoKnobelldquo- bzw Problemaufgaben(z B aus Aufgabensammlungen)

a) Analyse des mathematischen Gehalts der uumlber den Uumlbungseffekt hinausweist bzw hinauswei-sen kann

a) Analyse der Moumlglichkeiten curricularer Einbindung auf Grundlage verschiedener Loumlsungswege

3Fordern und Foumlrdern

17

b) Formulierung einer (meist) geoumlffneten Pro-blemstellung die neben dem Uumlbungsgehalt auch den Zugang zum mathematischen Gehalt (implizit) anregt

b) Analyse des Uumlbungspotenzials bei probierender Bearbeitung des Loumlsungsprozesses und der mathematischen Struktur der Aufgabe

c) Analyse weiterer moumlgl auch andersartiger Loumlsungsmoumlglichkeiten fuumlr die Kinder

d) Ausweitung der Fragestellung d h weitere moumlgl viele Fragen finden mit unterschiedlichen Bedin-gungen (Vorrausetzungen Einschraumlnkungen ) fuumlr die Problemstellung

e) Zusammenfassen aller Fragen in (moumlglichst) einer einzigen Fragestellung

f) Ein leichtes Ausgangsproblem wird erstellt dessen Bearbeitungszeit fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuuml-ler ungefaumlhr gleich ist ggf Verstaumlndnisfragen klaumlrt und zu probierenden Ansaumltzen anregt

g) Moumlgliche offenegeoumlffnete Anschlussfragen werden konzipiert

(FoumlrsterGrohmann 2010 S 114 Hervorhebungen aus dem Original)

Das folgende Aufgabenpaumlckchen aus dem Uumlbungsheft zu Welt der Zahl 4 dient als Ausgang fuumlr die Oumlffnung einer bdquogeschlossene Aufgabeldquo

Abbildung aus RinkensHoumlnisch 2006 S 29 copy Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schoumlningh Winklers GmbH

Ziel und mathematischer Gehalt (a) dieser Aufgabe ist originaumlr das Uumlben schriftlicher Multiplikation vier- bis fuumlnfstelliger Faktoren mit einem einstelligen zweiten Faktor so-wie das Sortieren fuumlnfstelliger Zahlen der Groumlszlige nach Daruumlber hinaus koumlnnte man in eine solche Uumlbung auch noch den Einfluss der Stellen an denen Ziffern stehen auf die Groumlszlige der Ergebnisse mit untersuchen

Als geoumlffnete Problemstellung (b) bietet sich hier an nicht mit willkuumlrlich vorgege-benen Zahlen zu hantieren sondern die Kinder erkunden zu lassen bei welcher Anord-nung von gegebenen Ziffern das Ergebnis am groumlszligten wird Eine entsprechende offene Fragestellung koumlnnte dann folgende sein

Ihr habt fuumlnf Ziffernkaumlrtchen mit den Ziffern 2 3 4 7 und 9 zur Verfuumlgung Daraus bildet Ihr eine vierstellige Zahl und multipliziert sie mit der fuumlnften Zahl Bestimmt das groumlszligte Produkt

Um diese Aufgabenstellung zu bearbeiten koumlnnten die Kinder unter anderem folgende Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) waumlhlen Sie koumlnnten systematisch probierend herangehen Es koumlnnten aber auch Kinder auf die Idee kommen dass das Produkt am groumlszligten wird wenn aus den Ziffern fuumlr den ersten Faktor die groumlszligte moumlgliche Zahl gebildet wird wenn also die vier Ziffern des ersten Faktors der Groumlszlige nach von groszlig nach klein sor-tiert sind Die Kinder muumlssten dann nur noch die fuumlnf Wahlmoumlglichkeiten der Ziffern fuumlr den zweiten Faktor uumlberpruumlfen

3Fordern und Foumlrdern

18

Als moumlgliche weitere Fragen (d) koumlnnte man untersuchen wie groszlig die Aumlnderungen im Ergebnis sind wenn man zwei der vorhandenen Ziffern gegeneinander tauscht und welche Gesetzmaumlszligigkeiten dabei auftreten oder welches das groumlszligte Ergebnis ist wenn man die Vorgabe vierstellige und einstellige Faktoren wegfallen laumlsst und auch die Multiplikation eines dreistelligen mit einem zweistelligen Faktor zulaumlsst

Als zentrale einzige Fragestellung (e) bietet sich hier der anfaumlnglich bereits formu-lierte Erkundungsauftrag nach dem groumlszligtmoumlglichen (kleinstmoumlglichen) Ergebnis bei der Multiplikation von einem vierstelligen und einem einstelligen Faktor an Werden die Kinder dabei auch aufgefordert Vermutungen anzustellen zu uumlberpruumlfen und ge-gebenenfalls zu begruumlnden so werden durch diese Fragestellung neben der Uumlbung des schriftlichen Multiplizierens auch prozessbezogene Kompetenzen in verschiedenen Anforderungsniveaus gefordert

Als leichtes Ausgangsproblem (f) das von allen Kindern mit vergleichbarem Aufwand bearbeitet werden kann soll eine Aufgabe dienen die den Fokus auf den Groumlszligen-vergleich verschiedener Multiplikationsaufgaben aus Zahlen mit permutierten Ziffern lenkt

Als geoumlffneteoffene Anschlussfragen (g) die Erkenntnisse uumlber das Uumlben der schrift-lichen Multiplikation hinaus ermoumlglichen bietet es sich an tatsaumlchlich die oben ge-nannten Erweiterungen der Fragestellung auf quantitative Auswirkungen von Ziffern-vertauschungen oder die Untersuchung von Aufgaben mit zwei- und dreistelligen Faktoren zu waumlhlen

Aus diesen Analysen laumlsst sich dann folgende Aufgabensequenz konstruieren

a) Nehmt vier verschiedene Ziffern und bildet daraus eine vierstellige Zahl Nehmt eine fuumlnfte Ziffer und multipliziert die vierstellige Zahl schriftlich damit Bildet aus den fuumlnf Ziffern drei weitere Multiplikationsaufgaben Sortiert die Ergebnisse der Groumlszlige nach

b) Nehmt eine der Aufgaben und vertauscht in der vierstelligen Zahl zwei der vorhandenen Ziffern Multipliziert nun Vergleicht die Ergebnisse Vermutet wann das Ergebnis groumlszliger wird Schreibt eure Vermutung auf und uumlberpruumlft sie

c) Nehmt wieder fuumlnf verschiedene Ziffern und sucht die Multiplikationsaufgabe einer vierstelligen mit einer einstelligen Zahl aus diesen Ziffern mit dem groumlszligten Ergebnis

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer geschlossenen Schulbuchaufgabe Diese Auf-gabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die nebenstehende Knobelaufgabe von Renate Rasch (2003 S 97) dient als Aus-gangspunkt zur Entwicklung einer geoumlff-neten Aufgabensequenz

Curricular (a) laumlsst sich diese Aufgabe ei-nerseits bei den prozessbezogenen Kompe-tenzen insbesondere beim Problemloumlsen einordnen Inhaltlich kann diese Aufgabe zur Leitidee bdquoZahlen und Operationenldquo Kompetenzbereich bdquoRechenoperationen verste-hen und beherrschenldquo und zur Leitidee bdquoMuster und Strukturenldquo Kompetenzbereich bdquoGesetzmaumlszligigkeiten erkennen beschreiben und darstellenldquo zugeordnet werden Je

9 Geschichte Quicki las in einer Woche ein Buch von 133 Seiten

Am Montag las sie einige Seiten und von da ab jeden Tag 5 Seiten mehr als am Tag davor Am Sonntag wurde sie fertig

Wie viele Seiten las sie am Montag

3Fordern und Foumlrdern

19

nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

3Fordern und Foumlrdern

20

auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

21

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Ministeriumfuumlr Bildung und Kultur

des Landes Schleswig-Holstein

Partner des Programm

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S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

Programmkoordination fuumlr die Laumlnder durch dasMinisterium fuumlr Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBK)Dr Kai Niemannwwwschleswig-holsteindeMBKDEMBK_nodehtml

Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

11

trotzdem 1 euro Maria besitzt also Rechenkompetenzen im Raum bis 100 mit vollen Zehnern und besitzt die Kenntnis dass 1 euro gleich 100 ct sind

Nach der Auswertung des schriftlichen Tests fuumlhrte die Fachkraft ein kurzes Interview Dieses wurde anders als es im Alltag not-wendig waumlre videogra-phiert und transkribiert Maria bekam den Auftrag mit zwei 5 euro-Scheinen und mehreren Muumlnzen in allen Nennwerten von 1 ct bis 2 euro einen Geldbetrag von 10 euro zu legen Dieser Betrag wurde ihr auch als Bild eines 10 euro Scheins praumlsentiert Sie legt daraufhin zwei 5 euro-Scheine

Daran schlieszligt sich folgendes Gespraumlch2 an

I [v] OK Super Kannst Du das auch noch auf eine andere Art

I [nv] Legt die zwei 5euro Scheine zuruumlck

Ma [v] mhm

Ma [nv] Schiebt die Muumlnzen hin und her und

Ma [v] So geht das

Ma [nv] legt anschlieszligend sieben 1 ct und eine 2 ct Muumlnze auf den Tisch

Schiebt die Muumlnzen zusammen

I [v] mhm OK Und sind das 10 euro

Ma [v] ((3s)) Ja ((12s))

Ma [nv] Zaumlhlt die Muumlnzen einzeln nach Dabei tippt sie auf jede 1 ct Muumlnze einzeln und

Ma [v]

Ma [nv] anschlieszligend zweimal auf die 2 ct Muumlnze Holt eine weitere 1 ct Muumlnze dazu die zu-naumlchst herunterfaumlllt und hebt sie wieder auf

I [v] Geht das noch auf eine andere Art

Ma [v] ((55 s))

Ma [nv] Legt alle Muumlnzen und Scheine auseinander dreht sie so dass die Zahlen oben

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

Abbildung von Testheft 22A (Guder et al 2007a S 2) copy Ernst Klett Verlag GmbH Eintragungen ergaumlnzt

1 Name geaumlndert2 Das Transkript wurde in Partiturschreibweise mit verbalen und nonverbalen Aumluszligerungen erstellt Dabei stehen gleichzeitige Aumluszligerungen und Handlungen untereinander Die Laumlnge der einzelnen Abschnitte im Transkript sagt dabei nichts uumlber die Laumlnge der Aumluszligerung aus Pausen werden durch Angabe der Laumlnge als in Doppelklammern ein-geschlossene Zeitdauer in Sekunden angegeben Beispiel ((3 s)) bedeutet eine Pause von 3 Sekunden I[v] bedeutet bdquoVerbale Aumluszligerung des Interviewersldquo I[nv] eine bdquononverbale Aumluszligerungldquo bzw Handlung des Interviewers Analoges gilt fuumlr M[v] und M[nv]

12

I [v] Das sind 10 euro

Ma [v] ((10s))

Ma [nv] liegen nimmt 5euro 2 x 2 ct und 1 x 1 ct

Tipp einmal auf 5euro je zweimal auf 2 ct und einmal auf 1 ct Nickt

Man kann erkennen dass Maria auf der reinen Zahlenebene die Zahl 10 zerlegen kann Jedoch ist auffaumlllig dass ihr das Verstaumlndnis fuumlr die unterschiedlichen Werte von Euro und von Cent fehlen

Im anschlieszligenden Interviewteil der ihr Verstaumlndnis fuumlr die Geldwerte genauer un-tersucht wird bestaumltigt dass es bei Maria Verwechslungen zwischen der physischen Groumlszlige und dem Wert von Muumlnzen gibt Sie ist jedoch in der Lage die Muumlnzen in ihrer Kaufkraft zu vergleichen und in die richtige Reihenfolge zu bringen

I [v] Kannst Du die in eine Reihe legen Was ist die wert-vollste Muumlnze

I [nv] Legt 2 ct 5 ct 20 ct 50 ct 1 euro und 2 euro unsortiert auf den Tisch

I [v]

Ma [nv] Bringt schnell die ct Muumlnzen in Reihenfolge legt die Euromuumlnzen uumlbereinander und legt sie neben das 50 ct Stuumlck Tauscht 1euro und 50 ct

I [v] Und wofuumlr kannst Du am meisten kaufen

Und am zweit-meisten

Und am

Ma [nv]

Nimmt 2euro aus der Reihe

Nimmt 1 euro

I [v] drittmei-sten

Am viertmei-sten

Und am fuumlnftmei-sten

Gut

Ma [nv]

Nimmt 50 ct

Nimmt 20 ct

Nimmt 5 ct

Auf den spezifischen Foumlrderbedarf von Maria die Geldwerte von Muumlnzen und Geld-scheinen sicher zu kennen sowie Euro und Cent unterscheiden zu lernen wird nun durch geeignete Herausforderungen eingegangen So bieten sich Partnerarbeiten oder Kleingruppenarbeit an in deren Verlauf Maria direkte Ruumlckmeldungen zu ihren Louml-sungsversuchen bekommt Anknuumlpfend an ihre Rechenkenntnisse koumlnnte beispielwei-se folgendes Vorgehen in den beschriebenen Arbeitsformen mit Unterstuumltzung durch die Lehrkraft gewaumlhlt werden

Arbeits-Sozialform Partner- oder Gruppenarbeit (bis 5 Personen)

Zusaumltzliches Material Rechengeldmuumlnzen

Durchfuumlhrung Ein Kind nimmt zwei Muumlnzen in die Hand und addiert ihrenWert Dann legt es die geschlossene Hand mit den Muumlnzen auf den Tischoder auf seinen Schoszlig bdquoIch habe mit zwei Muumlnzen hellip Euro (Cent) in derHand Welche Muumlnzen sind esldquo Wer es herausfindet darf das naumlchste Raumltselstellen

Variation Die Uumlbung mit drei Muumlnzen durchfuumlhren

Abbildung von Karte Gruumln Dreieck 1 (Guder et al 2007c) copy Ernst Klett Verlag GmbH

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

13

Die integrierte Vorgehensweise ermoumlglicht nicht nur die Bestimmung von Defiziten sondern liefert Erkenntnisse uumlber die vorhandenen Kompetenzen und nutzt sie zur Einleitung angemessener individueller Foumlrdermaszlignahmen

Hier besteht die Moumlglichkeit Herausforderungen zu nutzen die es den Kindern ermoumlg-lichen ihre vorhandenen Kompetenzen einzusetzen um die weitergehenden Problem-stellungen zu bearbeiten und so ihre jeweiligen Kompetenzen weiter zu entwickeln

3 Fordern und Foumlrdern

Lernfortschritte und Kompetenzerweiterungen koumlnnen bei allen Kindern unabhaumlngig von ihrem Leistungsstand nur dann gelingen wenn sie mit Anforderungen konfron-tiert werden die noch nicht verfuumlgbare Kompetenzen zur Bewaumlltigung erfordern sie also Faumlhigkeiten entwickeln muumlssen die ihren gegenwaumlrtigen Kenntnisstand uumlbersteigen Insofern sind Foumlrderung und Forderung nur zwei Facetten der glei-chen Idee und stellen eine Herausforderung an die Kinder und ihre gegenwaumlrtigen Kompetenzen dar Dabei muss jedoch darauf geachtet werden dass die vorhan-denen Kompetenzen zur Bewaumlltigung der Herausforderungen nur in einem Maszlige uumlberschritten werden das nicht zu einer Uumlberforderung fuumlhrt Allerdings darf dies nicht dazu fuumlhren dass die Probleme in kleine und kleinste Schritte zerlegt werden so dass die Kinder quasi bdquoam Nasenringldquo durch das Problemfeld gefuumlhrt werden Ziel ist es vielmehr dass sie Grundvorstellungen selbst entwickeln erweitern und in groumlszligere Sinnzusammenhaumlnge stellen Unterschiede zwischen Fordern und Foumlr-dern bestehen daher hauptsaumlchlich in graduellen Abweichungen im Anspruch der individuellen Herausforderungen Diese lassen sich durch Differenzierung realisie-ren Auch wenn die Prinzipien der Differenzierung noch keine Lernerfolge garan-tieren zeigen bdquoErfahrungsberichte aus Skandinavien und aus Leuchtturmschulen in Deutschland hellip dass adaptiver Unterricht funktionieren kannldquo (Helmke 2009 S 258 Hervorhebung im Original) Differenzierung bietet somit Chancen angemessen auf individuelle Schwierigkeiten zu reagieren Dazu lassen sich fuumlr die Grundschule zwei Hauptformen unterscheiden Zum einen gibt es die aumluszligere Differenzierung bei der die Klassen in Gruppen verschiedener Kompetenzstufen unterteilt und angepasst an die Kompetenzstufen unterrichtet werden Diese Form besitzt in der Grundschule eher randstaumlndige Bedeutung und erfolgt houmlchstens in zusaumltzlichen Foumlrderstunden Zum anderen gibt es die im Grundschulunterricht meist praktizierte innere Diffe-renzierung bei der innerhalb eines Klassenverbandes Kindern unterschiedliche Auf-gabenstellungen und Auftraumlge gegeben werden die an ihre Kompetenz angepasst sind und die meist mit Attributen wie leicht mittel und schwer belegt sind oder es gibt einheitliche Lernangebote die auf unterschiedlichen Niveaus bearbeitet werden koumlnnen Diese Lernangebote im Rahmen der so genannten natuumlrlichen Differen-zierung enthalten nach Krauthausen und Scherer eine einheitliche uumlbergeordnete Problemstellung die inhaltlich hinreichend komplex ist und fachlich wohluumlberlegt so gerahmt ist dass sie Fragestellungen unterschiedlicher Schwierigkeit bietet Hier-bei haben die Kinder die Freiheit ihre eigenen Vorgehensweisen auszuwaumlhlen und eigene Hilfsmittel zu nutzen Daneben ist die Kommunikation uumlber die gewaumlhlten Loumlsungswege integraler Bestandteil sodass die Kinder mit alternativen Sichtweisen konfrontiert werden und sie ihr Methodenrepertoire erweitern koumlnnen Neben der Erweiterung ihrer Kompetenzen wird hier auch die Entwicklung einer realistischen Selbsteinschaumltzung gefoumlrdert (vgl KrauthausenScherer 2010 S 5 - 6) Um dies zu

3Fordern und Foumlrdern

14

gewaumlhrleisten muumlssen Kinder auch aufgefordert werden nicht immer nur den ein-fachsten Weg zu waumlhlen sondern sich auch anspruchsvollere Aspekte der Problem-stellung vorzunehmen

Im Folgenden sollen zwei Ansaumltze von Wittmann sowie von Foumlrster und Grohmann vorgestellt werden die eine natuumlrliche Differenzierung ermoumlglichen Wittmann konzi-piert sogenannte Substanzielle Lernumgebungen und Foumlrster und Grohmann entwi-ckeln diese zu einem Konzept zur Planung von einzelnen Unterrichts(doppel)stunden weiter fuumlr die natuumlrlich differenzierende Aufgabenstellungen entworfen werden die allen Kindern Kompetenzerweiterungen ermoumlglichen

31 Substanzielle Lernumgebungen

Um Lernprozesse und Kompetenzerweiterungen bei Kindern anzustoszligen und da-mit letztendlich Lernerfolge moumlglich zu machen schlaumlgt Wittmann sogenannte Sub-stanziellen Lernumgebungen vor fuumlr die er Folgendes fordert

1 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen zentrale Ziele Inhalte und Prinzipien des Mathematikunterrichts repraumlsentieren

2 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen reiche Moumlglichkeiten fuumlr mathematische Aktivitaumlten von Schuumllerlnnen bieten

3 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen flexibel sein und leicht an die speziellen Gegebenheiten einer bestimmten Klasse angepasst werden koumlnnen

4 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen mathematische psychologische und paumldagogische Aspekte des Lehrens und Lernens in einer ganzheitlichen Weise integrieren und daher ein weites Potential fuumlr empirische Forschungen bieten (Wittmann 1998 S 337-338)

Die Aufgabenstellungen und Herausforderungen in Substanziellen Lernumgebungen sollten sich in diesem Sinne also mit grundlegenden Themen des Mathematikunter-richts beschaumlftigen Eine Auseinandersetzung mit sehr engen Aufgabenstellungen oder Einzelfaumlllen ist nur dann angebracht wenn sich daran uumlber den Einzelfall hinausge-hende allgemeine Erkenntnisse gewinnen lassen

Daruumlber hinaus ist es wesentlich dass die Auseinandersetzung mit der Aufgabenstel-lung auf verschiedene Arten erfolgen kann und somit der groszligen Heterogenitaumlt der Kinder in einer Klasse genuumlgt Auszligerdem muumlssen die verschiedenen mathematischen Aktivitaumlten Erkenntnisse uumlber mathematisches Vorgehen ermoumlglichen um neue Ope-rationen anzubahnen oder bereits bekannte zu festigen Durch probierendes Untersu-chen von Zusammenhaumlngen werden bei leistungsschwachen Kindern die Grundfertig-keiten geuumlbt und bei leistungsstaumlrkeren Kindern Erkenntnisse ermoumlglicht die uumlber die Einzelfaumllle hinausgehen

Die geforderte Flexibilitaumlt ist ein weiterer wesentlicher Aspekt da unterschiedliche Gruppen von Lernenden unterschiedliche Beduumlrfnisse haben Auch muumlssen die Anfor-derungen und ihre Praumlsentationen so gewaumlhlt sein dass sie an verschiedene Anspruumlche angepasst werden koumlnnen und im Idealfall in verschiedenen Jahrgangsstufen mit ver-aumlnderten Grundannahmen eingesetzt werden koumlnnen

Die vierte Forderung ist evident da Lernumgebungen die diese Forderungen verlet-zen entweder nicht zum Lernen von Mathematik oder nicht zum Lernen von Mathe-matik geeignet sind

3Fordern und Foumlrdern

15

Der letzte Nachsatz der vierten Forderung ist nur eine Folgerung aus dem vorherge-henden da derartig gestaltete Lernumgebungen durch die unterschiedlichen Heran-gehensweisen selbstverstaumlndlich das Potential bieten diese qualitativ oder quantitativ zu erfassen und empirische Kategorienbildung ermoumlglichen Die Analyse eroumlffnet Er-kenntnisse uumlber das Potential von Aufgaben die geforderten Kompetenzen und die Herangehensweise der Kinder die sie bearbeitet haben Die Aufgaben besitzen also auch diagnostisches Potential

Das Konzept soll am Beispiel Rechenraupen erlaumlutert werden das auf eine von Stein-bring (1995 1997) beschriebene Uumlbungsform zuruumlckgeht

In einer Rechenraupe wird wie folgt gerechnet

In das letzte Koumlrperglied wird die Startzahl (im Beispiel die 2) geschrieben

Die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der Startzahl plus der Additionszahl (hier die 3) die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der zweiten auch durch Addition von 3 Alle wei-teren Koumlrperzahlen werden genauso berechnet

Um die Zielzahl im Kopf einer Rechenraupe auszurechnen werden alle Zahlen im Koumlr-per addiert

Dieses Aufgabenformat repraumlsentiert als zentrale Ideen der Mathematik

middot arithmetische Folgen und Reihen middot Rekursionen middot Summenberechnung fuumlr arithmetische Folgen

middot Addition und als Umkehrung die Subtraktion

middot Multiplikation und als Umkehrung die Division

middot funktionale Zusammenhaumlnge Bei gegebener Startzahl und Additionszahl sind die mathematischen Aktivitaumlten zunaumlchst beschraumlnkt gibt man hier jedoch beispielswei-se zwei Koumlrperzahlen vor so muss durch Dif-ferenzbildung und Division die Additionszahl bestimmt werden Durch Vorgabe der Zielzahl und durch die Suche nach Start- und Additi-onszahl wird durch systematisches Probieren eine Vielzahl an Additionen durchgefuumlhrt und die Rechenfertigkeit geuumlbt Gerade die Suche nach verschiedenen Moumlglichkeiten eine be-stimmte Zielzahl zu erreichen beruumlcksichtigt das Prinzip des entdeckenden problem-loumlsenden Lernens denn jedes Kind kann seinen Weg zur Loumlsung des Problems selbst waumlhlen Weitere Variationsmoumlglichkeiten dieser Lernumgebung finden sich bei Stein-bring (1995 1997) Das Aufgabenformat zeigt dass es mithilfe der Variationen an die

3Fordern und Foumlrdern

a) Versucht die Startzahl und die Addi-tionszahl so zu waumlhlen dass ihr moumlg-lichst nah an die Zielzahl 50 kommt

b) Versucht mehrere Loumlsungen fuumlr die Zielzahl 50 zu finden

c) Schaut euch alle eure Zielzahlen an Was stellt ihr fest

d) Kann man auch die Zielzahl 66 treffen

e) Bestimmt fuumlr die Zahlen oben die Ad-ditionszahl die Startzahl und die Zielzahl

16

Beduumlrfnisse einer Lerngruppe angepasst werden kann und verschiedene Ziele verfolgt werden koumlnnen

Eine Fuumllle von weiteren Beispielen derartiger Substanzieller Lernumgebungen findet sich in den Veroumlffentlichungen des Projekts bdquomathe 2000ldquo insbesondere in den Hand-buumlchern Produktiver Rechenuumlbungen von Gerhard N Muumlller und Erich Ch Wittmann (1992 1993) Weitere Quellen sind die Lernumgebungen von Nuumlhrenboumlrger und Pust (2006) sowie die Lernumgebungen fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte von Hen-gartner et al (2006) und von Hirt und Waumllti (2008)

32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung

Will man als Lehrkraft nicht nur auf bereits vorliegende Lernumgebungen zuruumlckgrei-fen sondern selbst geeignete Umgebungen generieren so bietet sich das Konzept von Foumlrster und Grohmann an Sie entwickelten ein Konzept zur Aufgabenoumlffnung ur-spruumlnglich zur Begabungsfoumlrderung zeigen dabei aber auch das Potential auf das ihr Vorgehen zur Foumlrderung aller Kinder innerhalb des alltaumlglichen Mathematikunterrichts besitzt Sie machen dabei folgende Grundannahmen zum mathematischen Gehalt die denen von Wittmann fuumlr seine Substanziellen Lernumgebungen aumlhneln Im Einzelnen fordern sie dass bdquodie Offenheit in der Wahl der Hilfsmittel der Loumlsungswege und der Ergebnisdarstellung hellip das Loumlsen der Ausgangsaufgabe und weiterer Anschlusspro-bleme Eigenproduktionen der Kinderldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) erlaubt bzw foumlrdert und dass bdquodie reichhaltige mathematische Substanz und inhaltliche Offenheit der Ausgangsaufgabe hellip vielfaumlltige Moumlglichkeiten zum Mathematiktreibenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) bietet

Diesen Forderungen stellen Foumlrster und Grohmann die beiden folgenden weniger auf den mathematischen Gehalt als auf das Wecken von Interesse und die Verstaumlndlichkeit der Aufgabenstellung gerichteten Kriterien voran naumlmlich dass bdquoder jeweilige Inhalt einer (Ausgangs-)Aufgabe hellip Neugier und Interesse hellip weckenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) soll und dass die bdquoAusgangsaufgabe hellip leicht verstaumlndlich [ist] sodass alle Kinder die Chance haben sich mit der Aufgabe erfolgreich auseinanderzusetzenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) Neben der Erfuumlllung dieser Bedingungen sollen die Aufgabensequenzen die durch Oumlffnung entstehen so entwickelt werden dass sie in einer Unterrichtsstunde bearbeitet werden koumlnnen Ziel dieser Aufgabenstellungen ist das Uumlben Die Oumlffnung ermoumlglicht aber auch dass andere Kinder bei der Bearbeitung weitergehende Erkenntnisse gewinnen und ihre Kompetenzen erweitern koumlnnen

Als Ausgangspunkte der Oumlffnung schlagen Foumlrster und Grohmann zum einen ge-schlossene Aufgaben aus Schulbuumlchern vor deren curriculare Anbindung in der Regel gegeben ist und zum anderen bdquoKnobel-ldquo oder Problemaufgaben Stammen letztere nicht aus Schulbuumlchern so sollte zunaumlchst die curriculare Einbindung geklaumlrt werden

Foumlrster und Grohmann schlagen zur Gewinnung folgendes Vorgehen vor

Vorgehensweisen fuumlr das Erstellen geoumlffneter AufgabensequenzenAusgangspunkt

Geschlossene Aufgaben(z B aus Schulbuumlchern)

AusgangspunktbdquoKnobelldquo- bzw Problemaufgaben(z B aus Aufgabensammlungen)

a) Analyse des mathematischen Gehalts der uumlber den Uumlbungseffekt hinausweist bzw hinauswei-sen kann

a) Analyse der Moumlglichkeiten curricularer Einbindung auf Grundlage verschiedener Loumlsungswege

3Fordern und Foumlrdern

17

b) Formulierung einer (meist) geoumlffneten Pro-blemstellung die neben dem Uumlbungsgehalt auch den Zugang zum mathematischen Gehalt (implizit) anregt

b) Analyse des Uumlbungspotenzials bei probierender Bearbeitung des Loumlsungsprozesses und der mathematischen Struktur der Aufgabe

c) Analyse weiterer moumlgl auch andersartiger Loumlsungsmoumlglichkeiten fuumlr die Kinder

d) Ausweitung der Fragestellung d h weitere moumlgl viele Fragen finden mit unterschiedlichen Bedin-gungen (Vorrausetzungen Einschraumlnkungen ) fuumlr die Problemstellung

e) Zusammenfassen aller Fragen in (moumlglichst) einer einzigen Fragestellung

f) Ein leichtes Ausgangsproblem wird erstellt dessen Bearbeitungszeit fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuuml-ler ungefaumlhr gleich ist ggf Verstaumlndnisfragen klaumlrt und zu probierenden Ansaumltzen anregt

g) Moumlgliche offenegeoumlffnete Anschlussfragen werden konzipiert

(FoumlrsterGrohmann 2010 S 114 Hervorhebungen aus dem Original)

Das folgende Aufgabenpaumlckchen aus dem Uumlbungsheft zu Welt der Zahl 4 dient als Ausgang fuumlr die Oumlffnung einer bdquogeschlossene Aufgabeldquo

Abbildung aus RinkensHoumlnisch 2006 S 29 copy Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schoumlningh Winklers GmbH

Ziel und mathematischer Gehalt (a) dieser Aufgabe ist originaumlr das Uumlben schriftlicher Multiplikation vier- bis fuumlnfstelliger Faktoren mit einem einstelligen zweiten Faktor so-wie das Sortieren fuumlnfstelliger Zahlen der Groumlszlige nach Daruumlber hinaus koumlnnte man in eine solche Uumlbung auch noch den Einfluss der Stellen an denen Ziffern stehen auf die Groumlszlige der Ergebnisse mit untersuchen

Als geoumlffnete Problemstellung (b) bietet sich hier an nicht mit willkuumlrlich vorgege-benen Zahlen zu hantieren sondern die Kinder erkunden zu lassen bei welcher Anord-nung von gegebenen Ziffern das Ergebnis am groumlszligten wird Eine entsprechende offene Fragestellung koumlnnte dann folgende sein

Ihr habt fuumlnf Ziffernkaumlrtchen mit den Ziffern 2 3 4 7 und 9 zur Verfuumlgung Daraus bildet Ihr eine vierstellige Zahl und multipliziert sie mit der fuumlnften Zahl Bestimmt das groumlszligte Produkt

Um diese Aufgabenstellung zu bearbeiten koumlnnten die Kinder unter anderem folgende Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) waumlhlen Sie koumlnnten systematisch probierend herangehen Es koumlnnten aber auch Kinder auf die Idee kommen dass das Produkt am groumlszligten wird wenn aus den Ziffern fuumlr den ersten Faktor die groumlszligte moumlgliche Zahl gebildet wird wenn also die vier Ziffern des ersten Faktors der Groumlszlige nach von groszlig nach klein sor-tiert sind Die Kinder muumlssten dann nur noch die fuumlnf Wahlmoumlglichkeiten der Ziffern fuumlr den zweiten Faktor uumlberpruumlfen

3Fordern und Foumlrdern

18

Als moumlgliche weitere Fragen (d) koumlnnte man untersuchen wie groszlig die Aumlnderungen im Ergebnis sind wenn man zwei der vorhandenen Ziffern gegeneinander tauscht und welche Gesetzmaumlszligigkeiten dabei auftreten oder welches das groumlszligte Ergebnis ist wenn man die Vorgabe vierstellige und einstellige Faktoren wegfallen laumlsst und auch die Multiplikation eines dreistelligen mit einem zweistelligen Faktor zulaumlsst

Als zentrale einzige Fragestellung (e) bietet sich hier der anfaumlnglich bereits formu-lierte Erkundungsauftrag nach dem groumlszligtmoumlglichen (kleinstmoumlglichen) Ergebnis bei der Multiplikation von einem vierstelligen und einem einstelligen Faktor an Werden die Kinder dabei auch aufgefordert Vermutungen anzustellen zu uumlberpruumlfen und ge-gebenenfalls zu begruumlnden so werden durch diese Fragestellung neben der Uumlbung des schriftlichen Multiplizierens auch prozessbezogene Kompetenzen in verschiedenen Anforderungsniveaus gefordert

Als leichtes Ausgangsproblem (f) das von allen Kindern mit vergleichbarem Aufwand bearbeitet werden kann soll eine Aufgabe dienen die den Fokus auf den Groumlszligen-vergleich verschiedener Multiplikationsaufgaben aus Zahlen mit permutierten Ziffern lenkt

Als geoumlffneteoffene Anschlussfragen (g) die Erkenntnisse uumlber das Uumlben der schrift-lichen Multiplikation hinaus ermoumlglichen bietet es sich an tatsaumlchlich die oben ge-nannten Erweiterungen der Fragestellung auf quantitative Auswirkungen von Ziffern-vertauschungen oder die Untersuchung von Aufgaben mit zwei- und dreistelligen Faktoren zu waumlhlen

Aus diesen Analysen laumlsst sich dann folgende Aufgabensequenz konstruieren

a) Nehmt vier verschiedene Ziffern und bildet daraus eine vierstellige Zahl Nehmt eine fuumlnfte Ziffer und multipliziert die vierstellige Zahl schriftlich damit Bildet aus den fuumlnf Ziffern drei weitere Multiplikationsaufgaben Sortiert die Ergebnisse der Groumlszlige nach

b) Nehmt eine der Aufgaben und vertauscht in der vierstelligen Zahl zwei der vorhandenen Ziffern Multipliziert nun Vergleicht die Ergebnisse Vermutet wann das Ergebnis groumlszliger wird Schreibt eure Vermutung auf und uumlberpruumlft sie

c) Nehmt wieder fuumlnf verschiedene Ziffern und sucht die Multiplikationsaufgabe einer vierstelligen mit einer einstelligen Zahl aus diesen Ziffern mit dem groumlszligten Ergebnis

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer geschlossenen Schulbuchaufgabe Diese Auf-gabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die nebenstehende Knobelaufgabe von Renate Rasch (2003 S 97) dient als Aus-gangspunkt zur Entwicklung einer geoumlff-neten Aufgabensequenz

Curricular (a) laumlsst sich diese Aufgabe ei-nerseits bei den prozessbezogenen Kompe-tenzen insbesondere beim Problemloumlsen einordnen Inhaltlich kann diese Aufgabe zur Leitidee bdquoZahlen und Operationenldquo Kompetenzbereich bdquoRechenoperationen verste-hen und beherrschenldquo und zur Leitidee bdquoMuster und Strukturenldquo Kompetenzbereich bdquoGesetzmaumlszligigkeiten erkennen beschreiben und darstellenldquo zugeordnet werden Je

9 Geschichte Quicki las in einer Woche ein Buch von 133 Seiten

Am Montag las sie einige Seiten und von da ab jeden Tag 5 Seiten mehr als am Tag davor Am Sonntag wurde sie fertig

Wie viele Seiten las sie am Montag

3Fordern und Foumlrdern

19

nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

3Fordern und Foumlrdern

20

auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

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5Literatur

Ministeriumfuumlr Bildung und Kultur

des Landes Schleswig-Holstein

Partner des Programm

s SINU

S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

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ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

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I [v] Das sind 10 euro

Ma [v] ((10s))

Ma [nv] liegen nimmt 5euro 2 x 2 ct und 1 x 1 ct

Tipp einmal auf 5euro je zweimal auf 2 ct und einmal auf 1 ct Nickt

Man kann erkennen dass Maria auf der reinen Zahlenebene die Zahl 10 zerlegen kann Jedoch ist auffaumlllig dass ihr das Verstaumlndnis fuumlr die unterschiedlichen Werte von Euro und von Cent fehlen

Im anschlieszligenden Interviewteil der ihr Verstaumlndnis fuumlr die Geldwerte genauer un-tersucht wird bestaumltigt dass es bei Maria Verwechslungen zwischen der physischen Groumlszlige und dem Wert von Muumlnzen gibt Sie ist jedoch in der Lage die Muumlnzen in ihrer Kaufkraft zu vergleichen und in die richtige Reihenfolge zu bringen

I [v] Kannst Du die in eine Reihe legen Was ist die wert-vollste Muumlnze

I [nv] Legt 2 ct 5 ct 20 ct 50 ct 1 euro und 2 euro unsortiert auf den Tisch

I [v]

Ma [nv] Bringt schnell die ct Muumlnzen in Reihenfolge legt die Euromuumlnzen uumlbereinander und legt sie neben das 50 ct Stuumlck Tauscht 1euro und 50 ct

I [v] Und wofuumlr kannst Du am meisten kaufen

Und am zweit-meisten

Und am

Ma [nv]

Nimmt 2euro aus der Reihe

Nimmt 1 euro

I [v] drittmei-sten

Am viertmei-sten

Und am fuumlnftmei-sten

Gut

Ma [nv]

Nimmt 50 ct

Nimmt 20 ct

Nimmt 5 ct

Auf den spezifischen Foumlrderbedarf von Maria die Geldwerte von Muumlnzen und Geld-scheinen sicher zu kennen sowie Euro und Cent unterscheiden zu lernen wird nun durch geeignete Herausforderungen eingegangen So bieten sich Partnerarbeiten oder Kleingruppenarbeit an in deren Verlauf Maria direkte Ruumlckmeldungen zu ihren Louml-sungsversuchen bekommt Anknuumlpfend an ihre Rechenkenntnisse koumlnnte beispielwei-se folgendes Vorgehen in den beschriebenen Arbeitsformen mit Unterstuumltzung durch die Lehrkraft gewaumlhlt werden

Arbeits-Sozialform Partner- oder Gruppenarbeit (bis 5 Personen)

Zusaumltzliches Material Rechengeldmuumlnzen

Durchfuumlhrung Ein Kind nimmt zwei Muumlnzen in die Hand und addiert ihrenWert Dann legt es die geschlossene Hand mit den Muumlnzen auf den Tischoder auf seinen Schoszlig bdquoIch habe mit zwei Muumlnzen hellip Euro (Cent) in derHand Welche Muumlnzen sind esldquo Wer es herausfindet darf das naumlchste Raumltselstellen

Variation Die Uumlbung mit drei Muumlnzen durchfuumlhren

Abbildung von Karte Gruumln Dreieck 1 (Guder et al 2007c) copy Ernst Klett Verlag GmbH

2Moumlglichkeiten der Diagnostik

13

Die integrierte Vorgehensweise ermoumlglicht nicht nur die Bestimmung von Defiziten sondern liefert Erkenntnisse uumlber die vorhandenen Kompetenzen und nutzt sie zur Einleitung angemessener individueller Foumlrdermaszlignahmen

Hier besteht die Moumlglichkeit Herausforderungen zu nutzen die es den Kindern ermoumlg-lichen ihre vorhandenen Kompetenzen einzusetzen um die weitergehenden Problem-stellungen zu bearbeiten und so ihre jeweiligen Kompetenzen weiter zu entwickeln

3 Fordern und Foumlrdern

Lernfortschritte und Kompetenzerweiterungen koumlnnen bei allen Kindern unabhaumlngig von ihrem Leistungsstand nur dann gelingen wenn sie mit Anforderungen konfron-tiert werden die noch nicht verfuumlgbare Kompetenzen zur Bewaumlltigung erfordern sie also Faumlhigkeiten entwickeln muumlssen die ihren gegenwaumlrtigen Kenntnisstand uumlbersteigen Insofern sind Foumlrderung und Forderung nur zwei Facetten der glei-chen Idee und stellen eine Herausforderung an die Kinder und ihre gegenwaumlrtigen Kompetenzen dar Dabei muss jedoch darauf geachtet werden dass die vorhan-denen Kompetenzen zur Bewaumlltigung der Herausforderungen nur in einem Maszlige uumlberschritten werden das nicht zu einer Uumlberforderung fuumlhrt Allerdings darf dies nicht dazu fuumlhren dass die Probleme in kleine und kleinste Schritte zerlegt werden so dass die Kinder quasi bdquoam Nasenringldquo durch das Problemfeld gefuumlhrt werden Ziel ist es vielmehr dass sie Grundvorstellungen selbst entwickeln erweitern und in groumlszligere Sinnzusammenhaumlnge stellen Unterschiede zwischen Fordern und Foumlr-dern bestehen daher hauptsaumlchlich in graduellen Abweichungen im Anspruch der individuellen Herausforderungen Diese lassen sich durch Differenzierung realisie-ren Auch wenn die Prinzipien der Differenzierung noch keine Lernerfolge garan-tieren zeigen bdquoErfahrungsberichte aus Skandinavien und aus Leuchtturmschulen in Deutschland hellip dass adaptiver Unterricht funktionieren kannldquo (Helmke 2009 S 258 Hervorhebung im Original) Differenzierung bietet somit Chancen angemessen auf individuelle Schwierigkeiten zu reagieren Dazu lassen sich fuumlr die Grundschule zwei Hauptformen unterscheiden Zum einen gibt es die aumluszligere Differenzierung bei der die Klassen in Gruppen verschiedener Kompetenzstufen unterteilt und angepasst an die Kompetenzstufen unterrichtet werden Diese Form besitzt in der Grundschule eher randstaumlndige Bedeutung und erfolgt houmlchstens in zusaumltzlichen Foumlrderstunden Zum anderen gibt es die im Grundschulunterricht meist praktizierte innere Diffe-renzierung bei der innerhalb eines Klassenverbandes Kindern unterschiedliche Auf-gabenstellungen und Auftraumlge gegeben werden die an ihre Kompetenz angepasst sind und die meist mit Attributen wie leicht mittel und schwer belegt sind oder es gibt einheitliche Lernangebote die auf unterschiedlichen Niveaus bearbeitet werden koumlnnen Diese Lernangebote im Rahmen der so genannten natuumlrlichen Differen-zierung enthalten nach Krauthausen und Scherer eine einheitliche uumlbergeordnete Problemstellung die inhaltlich hinreichend komplex ist und fachlich wohluumlberlegt so gerahmt ist dass sie Fragestellungen unterschiedlicher Schwierigkeit bietet Hier-bei haben die Kinder die Freiheit ihre eigenen Vorgehensweisen auszuwaumlhlen und eigene Hilfsmittel zu nutzen Daneben ist die Kommunikation uumlber die gewaumlhlten Loumlsungswege integraler Bestandteil sodass die Kinder mit alternativen Sichtweisen konfrontiert werden und sie ihr Methodenrepertoire erweitern koumlnnen Neben der Erweiterung ihrer Kompetenzen wird hier auch die Entwicklung einer realistischen Selbsteinschaumltzung gefoumlrdert (vgl KrauthausenScherer 2010 S 5 - 6) Um dies zu

3Fordern und Foumlrdern

14

gewaumlhrleisten muumlssen Kinder auch aufgefordert werden nicht immer nur den ein-fachsten Weg zu waumlhlen sondern sich auch anspruchsvollere Aspekte der Problem-stellung vorzunehmen

Im Folgenden sollen zwei Ansaumltze von Wittmann sowie von Foumlrster und Grohmann vorgestellt werden die eine natuumlrliche Differenzierung ermoumlglichen Wittmann konzi-piert sogenannte Substanzielle Lernumgebungen und Foumlrster und Grohmann entwi-ckeln diese zu einem Konzept zur Planung von einzelnen Unterrichts(doppel)stunden weiter fuumlr die natuumlrlich differenzierende Aufgabenstellungen entworfen werden die allen Kindern Kompetenzerweiterungen ermoumlglichen

31 Substanzielle Lernumgebungen

Um Lernprozesse und Kompetenzerweiterungen bei Kindern anzustoszligen und da-mit letztendlich Lernerfolge moumlglich zu machen schlaumlgt Wittmann sogenannte Sub-stanziellen Lernumgebungen vor fuumlr die er Folgendes fordert

1 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen zentrale Ziele Inhalte und Prinzipien des Mathematikunterrichts repraumlsentieren

2 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen reiche Moumlglichkeiten fuumlr mathematische Aktivitaumlten von Schuumllerlnnen bieten

3 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen flexibel sein und leicht an die speziellen Gegebenheiten einer bestimmten Klasse angepasst werden koumlnnen

4 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen mathematische psychologische und paumldagogische Aspekte des Lehrens und Lernens in einer ganzheitlichen Weise integrieren und daher ein weites Potential fuumlr empirische Forschungen bieten (Wittmann 1998 S 337-338)

Die Aufgabenstellungen und Herausforderungen in Substanziellen Lernumgebungen sollten sich in diesem Sinne also mit grundlegenden Themen des Mathematikunter-richts beschaumlftigen Eine Auseinandersetzung mit sehr engen Aufgabenstellungen oder Einzelfaumlllen ist nur dann angebracht wenn sich daran uumlber den Einzelfall hinausge-hende allgemeine Erkenntnisse gewinnen lassen

Daruumlber hinaus ist es wesentlich dass die Auseinandersetzung mit der Aufgabenstel-lung auf verschiedene Arten erfolgen kann und somit der groszligen Heterogenitaumlt der Kinder in einer Klasse genuumlgt Auszligerdem muumlssen die verschiedenen mathematischen Aktivitaumlten Erkenntnisse uumlber mathematisches Vorgehen ermoumlglichen um neue Ope-rationen anzubahnen oder bereits bekannte zu festigen Durch probierendes Untersu-chen von Zusammenhaumlngen werden bei leistungsschwachen Kindern die Grundfertig-keiten geuumlbt und bei leistungsstaumlrkeren Kindern Erkenntnisse ermoumlglicht die uumlber die Einzelfaumllle hinausgehen

Die geforderte Flexibilitaumlt ist ein weiterer wesentlicher Aspekt da unterschiedliche Gruppen von Lernenden unterschiedliche Beduumlrfnisse haben Auch muumlssen die Anfor-derungen und ihre Praumlsentationen so gewaumlhlt sein dass sie an verschiedene Anspruumlche angepasst werden koumlnnen und im Idealfall in verschiedenen Jahrgangsstufen mit ver-aumlnderten Grundannahmen eingesetzt werden koumlnnen

Die vierte Forderung ist evident da Lernumgebungen die diese Forderungen verlet-zen entweder nicht zum Lernen von Mathematik oder nicht zum Lernen von Mathe-matik geeignet sind

3Fordern und Foumlrdern

15

Der letzte Nachsatz der vierten Forderung ist nur eine Folgerung aus dem vorherge-henden da derartig gestaltete Lernumgebungen durch die unterschiedlichen Heran-gehensweisen selbstverstaumlndlich das Potential bieten diese qualitativ oder quantitativ zu erfassen und empirische Kategorienbildung ermoumlglichen Die Analyse eroumlffnet Er-kenntnisse uumlber das Potential von Aufgaben die geforderten Kompetenzen und die Herangehensweise der Kinder die sie bearbeitet haben Die Aufgaben besitzen also auch diagnostisches Potential

Das Konzept soll am Beispiel Rechenraupen erlaumlutert werden das auf eine von Stein-bring (1995 1997) beschriebene Uumlbungsform zuruumlckgeht

In einer Rechenraupe wird wie folgt gerechnet

In das letzte Koumlrperglied wird die Startzahl (im Beispiel die 2) geschrieben

Die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der Startzahl plus der Additionszahl (hier die 3) die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der zweiten auch durch Addition von 3 Alle wei-teren Koumlrperzahlen werden genauso berechnet

Um die Zielzahl im Kopf einer Rechenraupe auszurechnen werden alle Zahlen im Koumlr-per addiert

Dieses Aufgabenformat repraumlsentiert als zentrale Ideen der Mathematik

middot arithmetische Folgen und Reihen middot Rekursionen middot Summenberechnung fuumlr arithmetische Folgen

middot Addition und als Umkehrung die Subtraktion

middot Multiplikation und als Umkehrung die Division

middot funktionale Zusammenhaumlnge Bei gegebener Startzahl und Additionszahl sind die mathematischen Aktivitaumlten zunaumlchst beschraumlnkt gibt man hier jedoch beispielswei-se zwei Koumlrperzahlen vor so muss durch Dif-ferenzbildung und Division die Additionszahl bestimmt werden Durch Vorgabe der Zielzahl und durch die Suche nach Start- und Additi-onszahl wird durch systematisches Probieren eine Vielzahl an Additionen durchgefuumlhrt und die Rechenfertigkeit geuumlbt Gerade die Suche nach verschiedenen Moumlglichkeiten eine be-stimmte Zielzahl zu erreichen beruumlcksichtigt das Prinzip des entdeckenden problem-loumlsenden Lernens denn jedes Kind kann seinen Weg zur Loumlsung des Problems selbst waumlhlen Weitere Variationsmoumlglichkeiten dieser Lernumgebung finden sich bei Stein-bring (1995 1997) Das Aufgabenformat zeigt dass es mithilfe der Variationen an die

3Fordern und Foumlrdern

a) Versucht die Startzahl und die Addi-tionszahl so zu waumlhlen dass ihr moumlg-lichst nah an die Zielzahl 50 kommt

b) Versucht mehrere Loumlsungen fuumlr die Zielzahl 50 zu finden

c) Schaut euch alle eure Zielzahlen an Was stellt ihr fest

d) Kann man auch die Zielzahl 66 treffen

e) Bestimmt fuumlr die Zahlen oben die Ad-ditionszahl die Startzahl und die Zielzahl

16

Beduumlrfnisse einer Lerngruppe angepasst werden kann und verschiedene Ziele verfolgt werden koumlnnen

Eine Fuumllle von weiteren Beispielen derartiger Substanzieller Lernumgebungen findet sich in den Veroumlffentlichungen des Projekts bdquomathe 2000ldquo insbesondere in den Hand-buumlchern Produktiver Rechenuumlbungen von Gerhard N Muumlller und Erich Ch Wittmann (1992 1993) Weitere Quellen sind die Lernumgebungen von Nuumlhrenboumlrger und Pust (2006) sowie die Lernumgebungen fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte von Hen-gartner et al (2006) und von Hirt und Waumllti (2008)

32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung

Will man als Lehrkraft nicht nur auf bereits vorliegende Lernumgebungen zuruumlckgrei-fen sondern selbst geeignete Umgebungen generieren so bietet sich das Konzept von Foumlrster und Grohmann an Sie entwickelten ein Konzept zur Aufgabenoumlffnung ur-spruumlnglich zur Begabungsfoumlrderung zeigen dabei aber auch das Potential auf das ihr Vorgehen zur Foumlrderung aller Kinder innerhalb des alltaumlglichen Mathematikunterrichts besitzt Sie machen dabei folgende Grundannahmen zum mathematischen Gehalt die denen von Wittmann fuumlr seine Substanziellen Lernumgebungen aumlhneln Im Einzelnen fordern sie dass bdquodie Offenheit in der Wahl der Hilfsmittel der Loumlsungswege und der Ergebnisdarstellung hellip das Loumlsen der Ausgangsaufgabe und weiterer Anschlusspro-bleme Eigenproduktionen der Kinderldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) erlaubt bzw foumlrdert und dass bdquodie reichhaltige mathematische Substanz und inhaltliche Offenheit der Ausgangsaufgabe hellip vielfaumlltige Moumlglichkeiten zum Mathematiktreibenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) bietet

Diesen Forderungen stellen Foumlrster und Grohmann die beiden folgenden weniger auf den mathematischen Gehalt als auf das Wecken von Interesse und die Verstaumlndlichkeit der Aufgabenstellung gerichteten Kriterien voran naumlmlich dass bdquoder jeweilige Inhalt einer (Ausgangs-)Aufgabe hellip Neugier und Interesse hellip weckenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) soll und dass die bdquoAusgangsaufgabe hellip leicht verstaumlndlich [ist] sodass alle Kinder die Chance haben sich mit der Aufgabe erfolgreich auseinanderzusetzenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) Neben der Erfuumlllung dieser Bedingungen sollen die Aufgabensequenzen die durch Oumlffnung entstehen so entwickelt werden dass sie in einer Unterrichtsstunde bearbeitet werden koumlnnen Ziel dieser Aufgabenstellungen ist das Uumlben Die Oumlffnung ermoumlglicht aber auch dass andere Kinder bei der Bearbeitung weitergehende Erkenntnisse gewinnen und ihre Kompetenzen erweitern koumlnnen

Als Ausgangspunkte der Oumlffnung schlagen Foumlrster und Grohmann zum einen ge-schlossene Aufgaben aus Schulbuumlchern vor deren curriculare Anbindung in der Regel gegeben ist und zum anderen bdquoKnobel-ldquo oder Problemaufgaben Stammen letztere nicht aus Schulbuumlchern so sollte zunaumlchst die curriculare Einbindung geklaumlrt werden

Foumlrster und Grohmann schlagen zur Gewinnung folgendes Vorgehen vor

Vorgehensweisen fuumlr das Erstellen geoumlffneter AufgabensequenzenAusgangspunkt

Geschlossene Aufgaben(z B aus Schulbuumlchern)

AusgangspunktbdquoKnobelldquo- bzw Problemaufgaben(z B aus Aufgabensammlungen)

a) Analyse des mathematischen Gehalts der uumlber den Uumlbungseffekt hinausweist bzw hinauswei-sen kann

a) Analyse der Moumlglichkeiten curricularer Einbindung auf Grundlage verschiedener Loumlsungswege

3Fordern und Foumlrdern

17

b) Formulierung einer (meist) geoumlffneten Pro-blemstellung die neben dem Uumlbungsgehalt auch den Zugang zum mathematischen Gehalt (implizit) anregt

b) Analyse des Uumlbungspotenzials bei probierender Bearbeitung des Loumlsungsprozesses und der mathematischen Struktur der Aufgabe

c) Analyse weiterer moumlgl auch andersartiger Loumlsungsmoumlglichkeiten fuumlr die Kinder

d) Ausweitung der Fragestellung d h weitere moumlgl viele Fragen finden mit unterschiedlichen Bedin-gungen (Vorrausetzungen Einschraumlnkungen ) fuumlr die Problemstellung

e) Zusammenfassen aller Fragen in (moumlglichst) einer einzigen Fragestellung

f) Ein leichtes Ausgangsproblem wird erstellt dessen Bearbeitungszeit fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuuml-ler ungefaumlhr gleich ist ggf Verstaumlndnisfragen klaumlrt und zu probierenden Ansaumltzen anregt

g) Moumlgliche offenegeoumlffnete Anschlussfragen werden konzipiert

(FoumlrsterGrohmann 2010 S 114 Hervorhebungen aus dem Original)

Das folgende Aufgabenpaumlckchen aus dem Uumlbungsheft zu Welt der Zahl 4 dient als Ausgang fuumlr die Oumlffnung einer bdquogeschlossene Aufgabeldquo

Abbildung aus RinkensHoumlnisch 2006 S 29 copy Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schoumlningh Winklers GmbH

Ziel und mathematischer Gehalt (a) dieser Aufgabe ist originaumlr das Uumlben schriftlicher Multiplikation vier- bis fuumlnfstelliger Faktoren mit einem einstelligen zweiten Faktor so-wie das Sortieren fuumlnfstelliger Zahlen der Groumlszlige nach Daruumlber hinaus koumlnnte man in eine solche Uumlbung auch noch den Einfluss der Stellen an denen Ziffern stehen auf die Groumlszlige der Ergebnisse mit untersuchen

Als geoumlffnete Problemstellung (b) bietet sich hier an nicht mit willkuumlrlich vorgege-benen Zahlen zu hantieren sondern die Kinder erkunden zu lassen bei welcher Anord-nung von gegebenen Ziffern das Ergebnis am groumlszligten wird Eine entsprechende offene Fragestellung koumlnnte dann folgende sein

Ihr habt fuumlnf Ziffernkaumlrtchen mit den Ziffern 2 3 4 7 und 9 zur Verfuumlgung Daraus bildet Ihr eine vierstellige Zahl und multipliziert sie mit der fuumlnften Zahl Bestimmt das groumlszligte Produkt

Um diese Aufgabenstellung zu bearbeiten koumlnnten die Kinder unter anderem folgende Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) waumlhlen Sie koumlnnten systematisch probierend herangehen Es koumlnnten aber auch Kinder auf die Idee kommen dass das Produkt am groumlszligten wird wenn aus den Ziffern fuumlr den ersten Faktor die groumlszligte moumlgliche Zahl gebildet wird wenn also die vier Ziffern des ersten Faktors der Groumlszlige nach von groszlig nach klein sor-tiert sind Die Kinder muumlssten dann nur noch die fuumlnf Wahlmoumlglichkeiten der Ziffern fuumlr den zweiten Faktor uumlberpruumlfen

3Fordern und Foumlrdern

18

Als moumlgliche weitere Fragen (d) koumlnnte man untersuchen wie groszlig die Aumlnderungen im Ergebnis sind wenn man zwei der vorhandenen Ziffern gegeneinander tauscht und welche Gesetzmaumlszligigkeiten dabei auftreten oder welches das groumlszligte Ergebnis ist wenn man die Vorgabe vierstellige und einstellige Faktoren wegfallen laumlsst und auch die Multiplikation eines dreistelligen mit einem zweistelligen Faktor zulaumlsst

Als zentrale einzige Fragestellung (e) bietet sich hier der anfaumlnglich bereits formu-lierte Erkundungsauftrag nach dem groumlszligtmoumlglichen (kleinstmoumlglichen) Ergebnis bei der Multiplikation von einem vierstelligen und einem einstelligen Faktor an Werden die Kinder dabei auch aufgefordert Vermutungen anzustellen zu uumlberpruumlfen und ge-gebenenfalls zu begruumlnden so werden durch diese Fragestellung neben der Uumlbung des schriftlichen Multiplizierens auch prozessbezogene Kompetenzen in verschiedenen Anforderungsniveaus gefordert

Als leichtes Ausgangsproblem (f) das von allen Kindern mit vergleichbarem Aufwand bearbeitet werden kann soll eine Aufgabe dienen die den Fokus auf den Groumlszligen-vergleich verschiedener Multiplikationsaufgaben aus Zahlen mit permutierten Ziffern lenkt

Als geoumlffneteoffene Anschlussfragen (g) die Erkenntnisse uumlber das Uumlben der schrift-lichen Multiplikation hinaus ermoumlglichen bietet es sich an tatsaumlchlich die oben ge-nannten Erweiterungen der Fragestellung auf quantitative Auswirkungen von Ziffern-vertauschungen oder die Untersuchung von Aufgaben mit zwei- und dreistelligen Faktoren zu waumlhlen

Aus diesen Analysen laumlsst sich dann folgende Aufgabensequenz konstruieren

a) Nehmt vier verschiedene Ziffern und bildet daraus eine vierstellige Zahl Nehmt eine fuumlnfte Ziffer und multipliziert die vierstellige Zahl schriftlich damit Bildet aus den fuumlnf Ziffern drei weitere Multiplikationsaufgaben Sortiert die Ergebnisse der Groumlszlige nach

b) Nehmt eine der Aufgaben und vertauscht in der vierstelligen Zahl zwei der vorhandenen Ziffern Multipliziert nun Vergleicht die Ergebnisse Vermutet wann das Ergebnis groumlszliger wird Schreibt eure Vermutung auf und uumlberpruumlft sie

c) Nehmt wieder fuumlnf verschiedene Ziffern und sucht die Multiplikationsaufgabe einer vierstelligen mit einer einstelligen Zahl aus diesen Ziffern mit dem groumlszligten Ergebnis

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer geschlossenen Schulbuchaufgabe Diese Auf-gabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die nebenstehende Knobelaufgabe von Renate Rasch (2003 S 97) dient als Aus-gangspunkt zur Entwicklung einer geoumlff-neten Aufgabensequenz

Curricular (a) laumlsst sich diese Aufgabe ei-nerseits bei den prozessbezogenen Kompe-tenzen insbesondere beim Problemloumlsen einordnen Inhaltlich kann diese Aufgabe zur Leitidee bdquoZahlen und Operationenldquo Kompetenzbereich bdquoRechenoperationen verste-hen und beherrschenldquo und zur Leitidee bdquoMuster und Strukturenldquo Kompetenzbereich bdquoGesetzmaumlszligigkeiten erkennen beschreiben und darstellenldquo zugeordnet werden Je

9 Geschichte Quicki las in einer Woche ein Buch von 133 Seiten

Am Montag las sie einige Seiten und von da ab jeden Tag 5 Seiten mehr als am Tag davor Am Sonntag wurde sie fertig

Wie viele Seiten las sie am Montag

3Fordern und Foumlrdern

19

nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

3Fordern und Foumlrdern

20

auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

21

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Guder K-U Herrmann C Luumlthje T amp Pyroth S (2007c) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Einzeltest-kartei 12 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Herrmann C amp Pyroth S (2007d) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Foumlrderkartei 12 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Kruumlger H amp Pyroth S (2008a) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Lehrerhandreichungen 1-4 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Kruumlger H amp Pyroth S (2008b) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Klassentesthefte 3-4 Schuljahr Jeweils Teile 1 und 2 Stuttgart Klett

Guder K-U Pyroth S Kruumlger H Dreier N amp Winkelmann I (2008c) Diagnosebegleiter ndash Mathema-tik Einzeltestkartei 34 Schuljahr Stuttgart Klett

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SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

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Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

13

Die integrierte Vorgehensweise ermoumlglicht nicht nur die Bestimmung von Defiziten sondern liefert Erkenntnisse uumlber die vorhandenen Kompetenzen und nutzt sie zur Einleitung angemessener individueller Foumlrdermaszlignahmen

Hier besteht die Moumlglichkeit Herausforderungen zu nutzen die es den Kindern ermoumlg-lichen ihre vorhandenen Kompetenzen einzusetzen um die weitergehenden Problem-stellungen zu bearbeiten und so ihre jeweiligen Kompetenzen weiter zu entwickeln

3 Fordern und Foumlrdern

Lernfortschritte und Kompetenzerweiterungen koumlnnen bei allen Kindern unabhaumlngig von ihrem Leistungsstand nur dann gelingen wenn sie mit Anforderungen konfron-tiert werden die noch nicht verfuumlgbare Kompetenzen zur Bewaumlltigung erfordern sie also Faumlhigkeiten entwickeln muumlssen die ihren gegenwaumlrtigen Kenntnisstand uumlbersteigen Insofern sind Foumlrderung und Forderung nur zwei Facetten der glei-chen Idee und stellen eine Herausforderung an die Kinder und ihre gegenwaumlrtigen Kompetenzen dar Dabei muss jedoch darauf geachtet werden dass die vorhan-denen Kompetenzen zur Bewaumlltigung der Herausforderungen nur in einem Maszlige uumlberschritten werden das nicht zu einer Uumlberforderung fuumlhrt Allerdings darf dies nicht dazu fuumlhren dass die Probleme in kleine und kleinste Schritte zerlegt werden so dass die Kinder quasi bdquoam Nasenringldquo durch das Problemfeld gefuumlhrt werden Ziel ist es vielmehr dass sie Grundvorstellungen selbst entwickeln erweitern und in groumlszligere Sinnzusammenhaumlnge stellen Unterschiede zwischen Fordern und Foumlr-dern bestehen daher hauptsaumlchlich in graduellen Abweichungen im Anspruch der individuellen Herausforderungen Diese lassen sich durch Differenzierung realisie-ren Auch wenn die Prinzipien der Differenzierung noch keine Lernerfolge garan-tieren zeigen bdquoErfahrungsberichte aus Skandinavien und aus Leuchtturmschulen in Deutschland hellip dass adaptiver Unterricht funktionieren kannldquo (Helmke 2009 S 258 Hervorhebung im Original) Differenzierung bietet somit Chancen angemessen auf individuelle Schwierigkeiten zu reagieren Dazu lassen sich fuumlr die Grundschule zwei Hauptformen unterscheiden Zum einen gibt es die aumluszligere Differenzierung bei der die Klassen in Gruppen verschiedener Kompetenzstufen unterteilt und angepasst an die Kompetenzstufen unterrichtet werden Diese Form besitzt in der Grundschule eher randstaumlndige Bedeutung und erfolgt houmlchstens in zusaumltzlichen Foumlrderstunden Zum anderen gibt es die im Grundschulunterricht meist praktizierte innere Diffe-renzierung bei der innerhalb eines Klassenverbandes Kindern unterschiedliche Auf-gabenstellungen und Auftraumlge gegeben werden die an ihre Kompetenz angepasst sind und die meist mit Attributen wie leicht mittel und schwer belegt sind oder es gibt einheitliche Lernangebote die auf unterschiedlichen Niveaus bearbeitet werden koumlnnen Diese Lernangebote im Rahmen der so genannten natuumlrlichen Differen-zierung enthalten nach Krauthausen und Scherer eine einheitliche uumlbergeordnete Problemstellung die inhaltlich hinreichend komplex ist und fachlich wohluumlberlegt so gerahmt ist dass sie Fragestellungen unterschiedlicher Schwierigkeit bietet Hier-bei haben die Kinder die Freiheit ihre eigenen Vorgehensweisen auszuwaumlhlen und eigene Hilfsmittel zu nutzen Daneben ist die Kommunikation uumlber die gewaumlhlten Loumlsungswege integraler Bestandteil sodass die Kinder mit alternativen Sichtweisen konfrontiert werden und sie ihr Methodenrepertoire erweitern koumlnnen Neben der Erweiterung ihrer Kompetenzen wird hier auch die Entwicklung einer realistischen Selbsteinschaumltzung gefoumlrdert (vgl KrauthausenScherer 2010 S 5 - 6) Um dies zu

3Fordern und Foumlrdern

14

gewaumlhrleisten muumlssen Kinder auch aufgefordert werden nicht immer nur den ein-fachsten Weg zu waumlhlen sondern sich auch anspruchsvollere Aspekte der Problem-stellung vorzunehmen

Im Folgenden sollen zwei Ansaumltze von Wittmann sowie von Foumlrster und Grohmann vorgestellt werden die eine natuumlrliche Differenzierung ermoumlglichen Wittmann konzi-piert sogenannte Substanzielle Lernumgebungen und Foumlrster und Grohmann entwi-ckeln diese zu einem Konzept zur Planung von einzelnen Unterrichts(doppel)stunden weiter fuumlr die natuumlrlich differenzierende Aufgabenstellungen entworfen werden die allen Kindern Kompetenzerweiterungen ermoumlglichen

31 Substanzielle Lernumgebungen

Um Lernprozesse und Kompetenzerweiterungen bei Kindern anzustoszligen und da-mit letztendlich Lernerfolge moumlglich zu machen schlaumlgt Wittmann sogenannte Sub-stanziellen Lernumgebungen vor fuumlr die er Folgendes fordert

1 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen zentrale Ziele Inhalte und Prinzipien des Mathematikunterrichts repraumlsentieren

2 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen reiche Moumlglichkeiten fuumlr mathematische Aktivitaumlten von Schuumllerlnnen bieten

3 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen flexibel sein und leicht an die speziellen Gegebenheiten einer bestimmten Klasse angepasst werden koumlnnen

4 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen mathematische psychologische und paumldagogische Aspekte des Lehrens und Lernens in einer ganzheitlichen Weise integrieren und daher ein weites Potential fuumlr empirische Forschungen bieten (Wittmann 1998 S 337-338)

Die Aufgabenstellungen und Herausforderungen in Substanziellen Lernumgebungen sollten sich in diesem Sinne also mit grundlegenden Themen des Mathematikunter-richts beschaumlftigen Eine Auseinandersetzung mit sehr engen Aufgabenstellungen oder Einzelfaumlllen ist nur dann angebracht wenn sich daran uumlber den Einzelfall hinausge-hende allgemeine Erkenntnisse gewinnen lassen

Daruumlber hinaus ist es wesentlich dass die Auseinandersetzung mit der Aufgabenstel-lung auf verschiedene Arten erfolgen kann und somit der groszligen Heterogenitaumlt der Kinder in einer Klasse genuumlgt Auszligerdem muumlssen die verschiedenen mathematischen Aktivitaumlten Erkenntnisse uumlber mathematisches Vorgehen ermoumlglichen um neue Ope-rationen anzubahnen oder bereits bekannte zu festigen Durch probierendes Untersu-chen von Zusammenhaumlngen werden bei leistungsschwachen Kindern die Grundfertig-keiten geuumlbt und bei leistungsstaumlrkeren Kindern Erkenntnisse ermoumlglicht die uumlber die Einzelfaumllle hinausgehen

Die geforderte Flexibilitaumlt ist ein weiterer wesentlicher Aspekt da unterschiedliche Gruppen von Lernenden unterschiedliche Beduumlrfnisse haben Auch muumlssen die Anfor-derungen und ihre Praumlsentationen so gewaumlhlt sein dass sie an verschiedene Anspruumlche angepasst werden koumlnnen und im Idealfall in verschiedenen Jahrgangsstufen mit ver-aumlnderten Grundannahmen eingesetzt werden koumlnnen

Die vierte Forderung ist evident da Lernumgebungen die diese Forderungen verlet-zen entweder nicht zum Lernen von Mathematik oder nicht zum Lernen von Mathe-matik geeignet sind

3Fordern und Foumlrdern

15

Der letzte Nachsatz der vierten Forderung ist nur eine Folgerung aus dem vorherge-henden da derartig gestaltete Lernumgebungen durch die unterschiedlichen Heran-gehensweisen selbstverstaumlndlich das Potential bieten diese qualitativ oder quantitativ zu erfassen und empirische Kategorienbildung ermoumlglichen Die Analyse eroumlffnet Er-kenntnisse uumlber das Potential von Aufgaben die geforderten Kompetenzen und die Herangehensweise der Kinder die sie bearbeitet haben Die Aufgaben besitzen also auch diagnostisches Potential

Das Konzept soll am Beispiel Rechenraupen erlaumlutert werden das auf eine von Stein-bring (1995 1997) beschriebene Uumlbungsform zuruumlckgeht

In einer Rechenraupe wird wie folgt gerechnet

In das letzte Koumlrperglied wird die Startzahl (im Beispiel die 2) geschrieben

Die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der Startzahl plus der Additionszahl (hier die 3) die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der zweiten auch durch Addition von 3 Alle wei-teren Koumlrperzahlen werden genauso berechnet

Um die Zielzahl im Kopf einer Rechenraupe auszurechnen werden alle Zahlen im Koumlr-per addiert

Dieses Aufgabenformat repraumlsentiert als zentrale Ideen der Mathematik

middot arithmetische Folgen und Reihen middot Rekursionen middot Summenberechnung fuumlr arithmetische Folgen

middot Addition und als Umkehrung die Subtraktion

middot Multiplikation und als Umkehrung die Division

middot funktionale Zusammenhaumlnge Bei gegebener Startzahl und Additionszahl sind die mathematischen Aktivitaumlten zunaumlchst beschraumlnkt gibt man hier jedoch beispielswei-se zwei Koumlrperzahlen vor so muss durch Dif-ferenzbildung und Division die Additionszahl bestimmt werden Durch Vorgabe der Zielzahl und durch die Suche nach Start- und Additi-onszahl wird durch systematisches Probieren eine Vielzahl an Additionen durchgefuumlhrt und die Rechenfertigkeit geuumlbt Gerade die Suche nach verschiedenen Moumlglichkeiten eine be-stimmte Zielzahl zu erreichen beruumlcksichtigt das Prinzip des entdeckenden problem-loumlsenden Lernens denn jedes Kind kann seinen Weg zur Loumlsung des Problems selbst waumlhlen Weitere Variationsmoumlglichkeiten dieser Lernumgebung finden sich bei Stein-bring (1995 1997) Das Aufgabenformat zeigt dass es mithilfe der Variationen an die

3Fordern und Foumlrdern

a) Versucht die Startzahl und die Addi-tionszahl so zu waumlhlen dass ihr moumlg-lichst nah an die Zielzahl 50 kommt

b) Versucht mehrere Loumlsungen fuumlr die Zielzahl 50 zu finden

c) Schaut euch alle eure Zielzahlen an Was stellt ihr fest

d) Kann man auch die Zielzahl 66 treffen

e) Bestimmt fuumlr die Zahlen oben die Ad-ditionszahl die Startzahl und die Zielzahl

16

Beduumlrfnisse einer Lerngruppe angepasst werden kann und verschiedene Ziele verfolgt werden koumlnnen

Eine Fuumllle von weiteren Beispielen derartiger Substanzieller Lernumgebungen findet sich in den Veroumlffentlichungen des Projekts bdquomathe 2000ldquo insbesondere in den Hand-buumlchern Produktiver Rechenuumlbungen von Gerhard N Muumlller und Erich Ch Wittmann (1992 1993) Weitere Quellen sind die Lernumgebungen von Nuumlhrenboumlrger und Pust (2006) sowie die Lernumgebungen fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte von Hen-gartner et al (2006) und von Hirt und Waumllti (2008)

32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung

Will man als Lehrkraft nicht nur auf bereits vorliegende Lernumgebungen zuruumlckgrei-fen sondern selbst geeignete Umgebungen generieren so bietet sich das Konzept von Foumlrster und Grohmann an Sie entwickelten ein Konzept zur Aufgabenoumlffnung ur-spruumlnglich zur Begabungsfoumlrderung zeigen dabei aber auch das Potential auf das ihr Vorgehen zur Foumlrderung aller Kinder innerhalb des alltaumlglichen Mathematikunterrichts besitzt Sie machen dabei folgende Grundannahmen zum mathematischen Gehalt die denen von Wittmann fuumlr seine Substanziellen Lernumgebungen aumlhneln Im Einzelnen fordern sie dass bdquodie Offenheit in der Wahl der Hilfsmittel der Loumlsungswege und der Ergebnisdarstellung hellip das Loumlsen der Ausgangsaufgabe und weiterer Anschlusspro-bleme Eigenproduktionen der Kinderldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) erlaubt bzw foumlrdert und dass bdquodie reichhaltige mathematische Substanz und inhaltliche Offenheit der Ausgangsaufgabe hellip vielfaumlltige Moumlglichkeiten zum Mathematiktreibenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) bietet

Diesen Forderungen stellen Foumlrster und Grohmann die beiden folgenden weniger auf den mathematischen Gehalt als auf das Wecken von Interesse und die Verstaumlndlichkeit der Aufgabenstellung gerichteten Kriterien voran naumlmlich dass bdquoder jeweilige Inhalt einer (Ausgangs-)Aufgabe hellip Neugier und Interesse hellip weckenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) soll und dass die bdquoAusgangsaufgabe hellip leicht verstaumlndlich [ist] sodass alle Kinder die Chance haben sich mit der Aufgabe erfolgreich auseinanderzusetzenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) Neben der Erfuumlllung dieser Bedingungen sollen die Aufgabensequenzen die durch Oumlffnung entstehen so entwickelt werden dass sie in einer Unterrichtsstunde bearbeitet werden koumlnnen Ziel dieser Aufgabenstellungen ist das Uumlben Die Oumlffnung ermoumlglicht aber auch dass andere Kinder bei der Bearbeitung weitergehende Erkenntnisse gewinnen und ihre Kompetenzen erweitern koumlnnen

Als Ausgangspunkte der Oumlffnung schlagen Foumlrster und Grohmann zum einen ge-schlossene Aufgaben aus Schulbuumlchern vor deren curriculare Anbindung in der Regel gegeben ist und zum anderen bdquoKnobel-ldquo oder Problemaufgaben Stammen letztere nicht aus Schulbuumlchern so sollte zunaumlchst die curriculare Einbindung geklaumlrt werden

Foumlrster und Grohmann schlagen zur Gewinnung folgendes Vorgehen vor

Vorgehensweisen fuumlr das Erstellen geoumlffneter AufgabensequenzenAusgangspunkt

Geschlossene Aufgaben(z B aus Schulbuumlchern)

AusgangspunktbdquoKnobelldquo- bzw Problemaufgaben(z B aus Aufgabensammlungen)

a) Analyse des mathematischen Gehalts der uumlber den Uumlbungseffekt hinausweist bzw hinauswei-sen kann

a) Analyse der Moumlglichkeiten curricularer Einbindung auf Grundlage verschiedener Loumlsungswege

3Fordern und Foumlrdern

17

b) Formulierung einer (meist) geoumlffneten Pro-blemstellung die neben dem Uumlbungsgehalt auch den Zugang zum mathematischen Gehalt (implizit) anregt

b) Analyse des Uumlbungspotenzials bei probierender Bearbeitung des Loumlsungsprozesses und der mathematischen Struktur der Aufgabe

c) Analyse weiterer moumlgl auch andersartiger Loumlsungsmoumlglichkeiten fuumlr die Kinder

d) Ausweitung der Fragestellung d h weitere moumlgl viele Fragen finden mit unterschiedlichen Bedin-gungen (Vorrausetzungen Einschraumlnkungen ) fuumlr die Problemstellung

e) Zusammenfassen aller Fragen in (moumlglichst) einer einzigen Fragestellung

f) Ein leichtes Ausgangsproblem wird erstellt dessen Bearbeitungszeit fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuuml-ler ungefaumlhr gleich ist ggf Verstaumlndnisfragen klaumlrt und zu probierenden Ansaumltzen anregt

g) Moumlgliche offenegeoumlffnete Anschlussfragen werden konzipiert

(FoumlrsterGrohmann 2010 S 114 Hervorhebungen aus dem Original)

Das folgende Aufgabenpaumlckchen aus dem Uumlbungsheft zu Welt der Zahl 4 dient als Ausgang fuumlr die Oumlffnung einer bdquogeschlossene Aufgabeldquo

Abbildung aus RinkensHoumlnisch 2006 S 29 copy Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schoumlningh Winklers GmbH

Ziel und mathematischer Gehalt (a) dieser Aufgabe ist originaumlr das Uumlben schriftlicher Multiplikation vier- bis fuumlnfstelliger Faktoren mit einem einstelligen zweiten Faktor so-wie das Sortieren fuumlnfstelliger Zahlen der Groumlszlige nach Daruumlber hinaus koumlnnte man in eine solche Uumlbung auch noch den Einfluss der Stellen an denen Ziffern stehen auf die Groumlszlige der Ergebnisse mit untersuchen

Als geoumlffnete Problemstellung (b) bietet sich hier an nicht mit willkuumlrlich vorgege-benen Zahlen zu hantieren sondern die Kinder erkunden zu lassen bei welcher Anord-nung von gegebenen Ziffern das Ergebnis am groumlszligten wird Eine entsprechende offene Fragestellung koumlnnte dann folgende sein

Ihr habt fuumlnf Ziffernkaumlrtchen mit den Ziffern 2 3 4 7 und 9 zur Verfuumlgung Daraus bildet Ihr eine vierstellige Zahl und multipliziert sie mit der fuumlnften Zahl Bestimmt das groumlszligte Produkt

Um diese Aufgabenstellung zu bearbeiten koumlnnten die Kinder unter anderem folgende Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) waumlhlen Sie koumlnnten systematisch probierend herangehen Es koumlnnten aber auch Kinder auf die Idee kommen dass das Produkt am groumlszligten wird wenn aus den Ziffern fuumlr den ersten Faktor die groumlszligte moumlgliche Zahl gebildet wird wenn also die vier Ziffern des ersten Faktors der Groumlszlige nach von groszlig nach klein sor-tiert sind Die Kinder muumlssten dann nur noch die fuumlnf Wahlmoumlglichkeiten der Ziffern fuumlr den zweiten Faktor uumlberpruumlfen

3Fordern und Foumlrdern

18

Als moumlgliche weitere Fragen (d) koumlnnte man untersuchen wie groszlig die Aumlnderungen im Ergebnis sind wenn man zwei der vorhandenen Ziffern gegeneinander tauscht und welche Gesetzmaumlszligigkeiten dabei auftreten oder welches das groumlszligte Ergebnis ist wenn man die Vorgabe vierstellige und einstellige Faktoren wegfallen laumlsst und auch die Multiplikation eines dreistelligen mit einem zweistelligen Faktor zulaumlsst

Als zentrale einzige Fragestellung (e) bietet sich hier der anfaumlnglich bereits formu-lierte Erkundungsauftrag nach dem groumlszligtmoumlglichen (kleinstmoumlglichen) Ergebnis bei der Multiplikation von einem vierstelligen und einem einstelligen Faktor an Werden die Kinder dabei auch aufgefordert Vermutungen anzustellen zu uumlberpruumlfen und ge-gebenenfalls zu begruumlnden so werden durch diese Fragestellung neben der Uumlbung des schriftlichen Multiplizierens auch prozessbezogene Kompetenzen in verschiedenen Anforderungsniveaus gefordert

Als leichtes Ausgangsproblem (f) das von allen Kindern mit vergleichbarem Aufwand bearbeitet werden kann soll eine Aufgabe dienen die den Fokus auf den Groumlszligen-vergleich verschiedener Multiplikationsaufgaben aus Zahlen mit permutierten Ziffern lenkt

Als geoumlffneteoffene Anschlussfragen (g) die Erkenntnisse uumlber das Uumlben der schrift-lichen Multiplikation hinaus ermoumlglichen bietet es sich an tatsaumlchlich die oben ge-nannten Erweiterungen der Fragestellung auf quantitative Auswirkungen von Ziffern-vertauschungen oder die Untersuchung von Aufgaben mit zwei- und dreistelligen Faktoren zu waumlhlen

Aus diesen Analysen laumlsst sich dann folgende Aufgabensequenz konstruieren

a) Nehmt vier verschiedene Ziffern und bildet daraus eine vierstellige Zahl Nehmt eine fuumlnfte Ziffer und multipliziert die vierstellige Zahl schriftlich damit Bildet aus den fuumlnf Ziffern drei weitere Multiplikationsaufgaben Sortiert die Ergebnisse der Groumlszlige nach

b) Nehmt eine der Aufgaben und vertauscht in der vierstelligen Zahl zwei der vorhandenen Ziffern Multipliziert nun Vergleicht die Ergebnisse Vermutet wann das Ergebnis groumlszliger wird Schreibt eure Vermutung auf und uumlberpruumlft sie

c) Nehmt wieder fuumlnf verschiedene Ziffern und sucht die Multiplikationsaufgabe einer vierstelligen mit einer einstelligen Zahl aus diesen Ziffern mit dem groumlszligten Ergebnis

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer geschlossenen Schulbuchaufgabe Diese Auf-gabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die nebenstehende Knobelaufgabe von Renate Rasch (2003 S 97) dient als Aus-gangspunkt zur Entwicklung einer geoumlff-neten Aufgabensequenz

Curricular (a) laumlsst sich diese Aufgabe ei-nerseits bei den prozessbezogenen Kompe-tenzen insbesondere beim Problemloumlsen einordnen Inhaltlich kann diese Aufgabe zur Leitidee bdquoZahlen und Operationenldquo Kompetenzbereich bdquoRechenoperationen verste-hen und beherrschenldquo und zur Leitidee bdquoMuster und Strukturenldquo Kompetenzbereich bdquoGesetzmaumlszligigkeiten erkennen beschreiben und darstellenldquo zugeordnet werden Je

9 Geschichte Quicki las in einer Woche ein Buch von 133 Seiten

Am Montag las sie einige Seiten und von da ab jeden Tag 5 Seiten mehr als am Tag davor Am Sonntag wurde sie fertig

Wie viele Seiten las sie am Montag

3Fordern und Foumlrdern

19

nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

3Fordern und Foumlrdern

20

auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

21

5 LiteraturBos W (2008) TIMSS 2007 Mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen von

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Guder K-U Herrmann C amp Pyroth S (2007d) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Foumlrderkartei 12 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Kruumlger H amp Pyroth S (2008a) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Lehrerhandreichungen 1-4 Schuljahr Stuttgart Klett

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Guder K-U Pyroth S Kruumlger H Dreier N amp Winkelmann I (2008c) Diagnosebegleiter ndash Mathema-tik Einzeltestkartei 34 Schuljahr Stuttgart Klett

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des Landes Schleswig-Holstein

Partner des Programm

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S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

Programmkoordination fuumlr die Laumlnder durch dasMinisterium fuumlr Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBK)Dr Kai Niemannwwwschleswig-holsteindeMBKDEMBK_nodehtml

Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

14

gewaumlhrleisten muumlssen Kinder auch aufgefordert werden nicht immer nur den ein-fachsten Weg zu waumlhlen sondern sich auch anspruchsvollere Aspekte der Problem-stellung vorzunehmen

Im Folgenden sollen zwei Ansaumltze von Wittmann sowie von Foumlrster und Grohmann vorgestellt werden die eine natuumlrliche Differenzierung ermoumlglichen Wittmann konzi-piert sogenannte Substanzielle Lernumgebungen und Foumlrster und Grohmann entwi-ckeln diese zu einem Konzept zur Planung von einzelnen Unterrichts(doppel)stunden weiter fuumlr die natuumlrlich differenzierende Aufgabenstellungen entworfen werden die allen Kindern Kompetenzerweiterungen ermoumlglichen

31 Substanzielle Lernumgebungen

Um Lernprozesse und Kompetenzerweiterungen bei Kindern anzustoszligen und da-mit letztendlich Lernerfolge moumlglich zu machen schlaumlgt Wittmann sogenannte Sub-stanziellen Lernumgebungen vor fuumlr die er Folgendes fordert

1 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen zentrale Ziele Inhalte und Prinzipien des Mathematikunterrichts repraumlsentieren

2 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen reiche Moumlglichkeiten fuumlr mathematische Aktivitaumlten von Schuumllerlnnen bieten

3 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen flexibel sein und leicht an die speziellen Gegebenheiten einer bestimmten Klasse angepasst werden koumlnnen

4 Substanzielle Lernumgebungen muumlssen mathematische psychologische und paumldagogische Aspekte des Lehrens und Lernens in einer ganzheitlichen Weise integrieren und daher ein weites Potential fuumlr empirische Forschungen bieten (Wittmann 1998 S 337-338)

Die Aufgabenstellungen und Herausforderungen in Substanziellen Lernumgebungen sollten sich in diesem Sinne also mit grundlegenden Themen des Mathematikunter-richts beschaumlftigen Eine Auseinandersetzung mit sehr engen Aufgabenstellungen oder Einzelfaumlllen ist nur dann angebracht wenn sich daran uumlber den Einzelfall hinausge-hende allgemeine Erkenntnisse gewinnen lassen

Daruumlber hinaus ist es wesentlich dass die Auseinandersetzung mit der Aufgabenstel-lung auf verschiedene Arten erfolgen kann und somit der groszligen Heterogenitaumlt der Kinder in einer Klasse genuumlgt Auszligerdem muumlssen die verschiedenen mathematischen Aktivitaumlten Erkenntnisse uumlber mathematisches Vorgehen ermoumlglichen um neue Ope-rationen anzubahnen oder bereits bekannte zu festigen Durch probierendes Untersu-chen von Zusammenhaumlngen werden bei leistungsschwachen Kindern die Grundfertig-keiten geuumlbt und bei leistungsstaumlrkeren Kindern Erkenntnisse ermoumlglicht die uumlber die Einzelfaumllle hinausgehen

Die geforderte Flexibilitaumlt ist ein weiterer wesentlicher Aspekt da unterschiedliche Gruppen von Lernenden unterschiedliche Beduumlrfnisse haben Auch muumlssen die Anfor-derungen und ihre Praumlsentationen so gewaumlhlt sein dass sie an verschiedene Anspruumlche angepasst werden koumlnnen und im Idealfall in verschiedenen Jahrgangsstufen mit ver-aumlnderten Grundannahmen eingesetzt werden koumlnnen

Die vierte Forderung ist evident da Lernumgebungen die diese Forderungen verlet-zen entweder nicht zum Lernen von Mathematik oder nicht zum Lernen von Mathe-matik geeignet sind

3Fordern und Foumlrdern

15

Der letzte Nachsatz der vierten Forderung ist nur eine Folgerung aus dem vorherge-henden da derartig gestaltete Lernumgebungen durch die unterschiedlichen Heran-gehensweisen selbstverstaumlndlich das Potential bieten diese qualitativ oder quantitativ zu erfassen und empirische Kategorienbildung ermoumlglichen Die Analyse eroumlffnet Er-kenntnisse uumlber das Potential von Aufgaben die geforderten Kompetenzen und die Herangehensweise der Kinder die sie bearbeitet haben Die Aufgaben besitzen also auch diagnostisches Potential

Das Konzept soll am Beispiel Rechenraupen erlaumlutert werden das auf eine von Stein-bring (1995 1997) beschriebene Uumlbungsform zuruumlckgeht

In einer Rechenraupe wird wie folgt gerechnet

In das letzte Koumlrperglied wird die Startzahl (im Beispiel die 2) geschrieben

Die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der Startzahl plus der Additionszahl (hier die 3) die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der zweiten auch durch Addition von 3 Alle wei-teren Koumlrperzahlen werden genauso berechnet

Um die Zielzahl im Kopf einer Rechenraupe auszurechnen werden alle Zahlen im Koumlr-per addiert

Dieses Aufgabenformat repraumlsentiert als zentrale Ideen der Mathematik

middot arithmetische Folgen und Reihen middot Rekursionen middot Summenberechnung fuumlr arithmetische Folgen

middot Addition und als Umkehrung die Subtraktion

middot Multiplikation und als Umkehrung die Division

middot funktionale Zusammenhaumlnge Bei gegebener Startzahl und Additionszahl sind die mathematischen Aktivitaumlten zunaumlchst beschraumlnkt gibt man hier jedoch beispielswei-se zwei Koumlrperzahlen vor so muss durch Dif-ferenzbildung und Division die Additionszahl bestimmt werden Durch Vorgabe der Zielzahl und durch die Suche nach Start- und Additi-onszahl wird durch systematisches Probieren eine Vielzahl an Additionen durchgefuumlhrt und die Rechenfertigkeit geuumlbt Gerade die Suche nach verschiedenen Moumlglichkeiten eine be-stimmte Zielzahl zu erreichen beruumlcksichtigt das Prinzip des entdeckenden problem-loumlsenden Lernens denn jedes Kind kann seinen Weg zur Loumlsung des Problems selbst waumlhlen Weitere Variationsmoumlglichkeiten dieser Lernumgebung finden sich bei Stein-bring (1995 1997) Das Aufgabenformat zeigt dass es mithilfe der Variationen an die

3Fordern und Foumlrdern

a) Versucht die Startzahl und die Addi-tionszahl so zu waumlhlen dass ihr moumlg-lichst nah an die Zielzahl 50 kommt

b) Versucht mehrere Loumlsungen fuumlr die Zielzahl 50 zu finden

c) Schaut euch alle eure Zielzahlen an Was stellt ihr fest

d) Kann man auch die Zielzahl 66 treffen

e) Bestimmt fuumlr die Zahlen oben die Ad-ditionszahl die Startzahl und die Zielzahl

16

Beduumlrfnisse einer Lerngruppe angepasst werden kann und verschiedene Ziele verfolgt werden koumlnnen

Eine Fuumllle von weiteren Beispielen derartiger Substanzieller Lernumgebungen findet sich in den Veroumlffentlichungen des Projekts bdquomathe 2000ldquo insbesondere in den Hand-buumlchern Produktiver Rechenuumlbungen von Gerhard N Muumlller und Erich Ch Wittmann (1992 1993) Weitere Quellen sind die Lernumgebungen von Nuumlhrenboumlrger und Pust (2006) sowie die Lernumgebungen fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte von Hen-gartner et al (2006) und von Hirt und Waumllti (2008)

32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung

Will man als Lehrkraft nicht nur auf bereits vorliegende Lernumgebungen zuruumlckgrei-fen sondern selbst geeignete Umgebungen generieren so bietet sich das Konzept von Foumlrster und Grohmann an Sie entwickelten ein Konzept zur Aufgabenoumlffnung ur-spruumlnglich zur Begabungsfoumlrderung zeigen dabei aber auch das Potential auf das ihr Vorgehen zur Foumlrderung aller Kinder innerhalb des alltaumlglichen Mathematikunterrichts besitzt Sie machen dabei folgende Grundannahmen zum mathematischen Gehalt die denen von Wittmann fuumlr seine Substanziellen Lernumgebungen aumlhneln Im Einzelnen fordern sie dass bdquodie Offenheit in der Wahl der Hilfsmittel der Loumlsungswege und der Ergebnisdarstellung hellip das Loumlsen der Ausgangsaufgabe und weiterer Anschlusspro-bleme Eigenproduktionen der Kinderldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) erlaubt bzw foumlrdert und dass bdquodie reichhaltige mathematische Substanz und inhaltliche Offenheit der Ausgangsaufgabe hellip vielfaumlltige Moumlglichkeiten zum Mathematiktreibenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) bietet

Diesen Forderungen stellen Foumlrster und Grohmann die beiden folgenden weniger auf den mathematischen Gehalt als auf das Wecken von Interesse und die Verstaumlndlichkeit der Aufgabenstellung gerichteten Kriterien voran naumlmlich dass bdquoder jeweilige Inhalt einer (Ausgangs-)Aufgabe hellip Neugier und Interesse hellip weckenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) soll und dass die bdquoAusgangsaufgabe hellip leicht verstaumlndlich [ist] sodass alle Kinder die Chance haben sich mit der Aufgabe erfolgreich auseinanderzusetzenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) Neben der Erfuumlllung dieser Bedingungen sollen die Aufgabensequenzen die durch Oumlffnung entstehen so entwickelt werden dass sie in einer Unterrichtsstunde bearbeitet werden koumlnnen Ziel dieser Aufgabenstellungen ist das Uumlben Die Oumlffnung ermoumlglicht aber auch dass andere Kinder bei der Bearbeitung weitergehende Erkenntnisse gewinnen und ihre Kompetenzen erweitern koumlnnen

Als Ausgangspunkte der Oumlffnung schlagen Foumlrster und Grohmann zum einen ge-schlossene Aufgaben aus Schulbuumlchern vor deren curriculare Anbindung in der Regel gegeben ist und zum anderen bdquoKnobel-ldquo oder Problemaufgaben Stammen letztere nicht aus Schulbuumlchern so sollte zunaumlchst die curriculare Einbindung geklaumlrt werden

Foumlrster und Grohmann schlagen zur Gewinnung folgendes Vorgehen vor

Vorgehensweisen fuumlr das Erstellen geoumlffneter AufgabensequenzenAusgangspunkt

Geschlossene Aufgaben(z B aus Schulbuumlchern)

AusgangspunktbdquoKnobelldquo- bzw Problemaufgaben(z B aus Aufgabensammlungen)

a) Analyse des mathematischen Gehalts der uumlber den Uumlbungseffekt hinausweist bzw hinauswei-sen kann

a) Analyse der Moumlglichkeiten curricularer Einbindung auf Grundlage verschiedener Loumlsungswege

3Fordern und Foumlrdern

17

b) Formulierung einer (meist) geoumlffneten Pro-blemstellung die neben dem Uumlbungsgehalt auch den Zugang zum mathematischen Gehalt (implizit) anregt

b) Analyse des Uumlbungspotenzials bei probierender Bearbeitung des Loumlsungsprozesses und der mathematischen Struktur der Aufgabe

c) Analyse weiterer moumlgl auch andersartiger Loumlsungsmoumlglichkeiten fuumlr die Kinder

d) Ausweitung der Fragestellung d h weitere moumlgl viele Fragen finden mit unterschiedlichen Bedin-gungen (Vorrausetzungen Einschraumlnkungen ) fuumlr die Problemstellung

e) Zusammenfassen aller Fragen in (moumlglichst) einer einzigen Fragestellung

f) Ein leichtes Ausgangsproblem wird erstellt dessen Bearbeitungszeit fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuuml-ler ungefaumlhr gleich ist ggf Verstaumlndnisfragen klaumlrt und zu probierenden Ansaumltzen anregt

g) Moumlgliche offenegeoumlffnete Anschlussfragen werden konzipiert

(FoumlrsterGrohmann 2010 S 114 Hervorhebungen aus dem Original)

Das folgende Aufgabenpaumlckchen aus dem Uumlbungsheft zu Welt der Zahl 4 dient als Ausgang fuumlr die Oumlffnung einer bdquogeschlossene Aufgabeldquo

Abbildung aus RinkensHoumlnisch 2006 S 29 copy Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schoumlningh Winklers GmbH

Ziel und mathematischer Gehalt (a) dieser Aufgabe ist originaumlr das Uumlben schriftlicher Multiplikation vier- bis fuumlnfstelliger Faktoren mit einem einstelligen zweiten Faktor so-wie das Sortieren fuumlnfstelliger Zahlen der Groumlszlige nach Daruumlber hinaus koumlnnte man in eine solche Uumlbung auch noch den Einfluss der Stellen an denen Ziffern stehen auf die Groumlszlige der Ergebnisse mit untersuchen

Als geoumlffnete Problemstellung (b) bietet sich hier an nicht mit willkuumlrlich vorgege-benen Zahlen zu hantieren sondern die Kinder erkunden zu lassen bei welcher Anord-nung von gegebenen Ziffern das Ergebnis am groumlszligten wird Eine entsprechende offene Fragestellung koumlnnte dann folgende sein

Ihr habt fuumlnf Ziffernkaumlrtchen mit den Ziffern 2 3 4 7 und 9 zur Verfuumlgung Daraus bildet Ihr eine vierstellige Zahl und multipliziert sie mit der fuumlnften Zahl Bestimmt das groumlszligte Produkt

Um diese Aufgabenstellung zu bearbeiten koumlnnten die Kinder unter anderem folgende Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) waumlhlen Sie koumlnnten systematisch probierend herangehen Es koumlnnten aber auch Kinder auf die Idee kommen dass das Produkt am groumlszligten wird wenn aus den Ziffern fuumlr den ersten Faktor die groumlszligte moumlgliche Zahl gebildet wird wenn also die vier Ziffern des ersten Faktors der Groumlszlige nach von groszlig nach klein sor-tiert sind Die Kinder muumlssten dann nur noch die fuumlnf Wahlmoumlglichkeiten der Ziffern fuumlr den zweiten Faktor uumlberpruumlfen

3Fordern und Foumlrdern

18

Als moumlgliche weitere Fragen (d) koumlnnte man untersuchen wie groszlig die Aumlnderungen im Ergebnis sind wenn man zwei der vorhandenen Ziffern gegeneinander tauscht und welche Gesetzmaumlszligigkeiten dabei auftreten oder welches das groumlszligte Ergebnis ist wenn man die Vorgabe vierstellige und einstellige Faktoren wegfallen laumlsst und auch die Multiplikation eines dreistelligen mit einem zweistelligen Faktor zulaumlsst

Als zentrale einzige Fragestellung (e) bietet sich hier der anfaumlnglich bereits formu-lierte Erkundungsauftrag nach dem groumlszligtmoumlglichen (kleinstmoumlglichen) Ergebnis bei der Multiplikation von einem vierstelligen und einem einstelligen Faktor an Werden die Kinder dabei auch aufgefordert Vermutungen anzustellen zu uumlberpruumlfen und ge-gebenenfalls zu begruumlnden so werden durch diese Fragestellung neben der Uumlbung des schriftlichen Multiplizierens auch prozessbezogene Kompetenzen in verschiedenen Anforderungsniveaus gefordert

Als leichtes Ausgangsproblem (f) das von allen Kindern mit vergleichbarem Aufwand bearbeitet werden kann soll eine Aufgabe dienen die den Fokus auf den Groumlszligen-vergleich verschiedener Multiplikationsaufgaben aus Zahlen mit permutierten Ziffern lenkt

Als geoumlffneteoffene Anschlussfragen (g) die Erkenntnisse uumlber das Uumlben der schrift-lichen Multiplikation hinaus ermoumlglichen bietet es sich an tatsaumlchlich die oben ge-nannten Erweiterungen der Fragestellung auf quantitative Auswirkungen von Ziffern-vertauschungen oder die Untersuchung von Aufgaben mit zwei- und dreistelligen Faktoren zu waumlhlen

Aus diesen Analysen laumlsst sich dann folgende Aufgabensequenz konstruieren

a) Nehmt vier verschiedene Ziffern und bildet daraus eine vierstellige Zahl Nehmt eine fuumlnfte Ziffer und multipliziert die vierstellige Zahl schriftlich damit Bildet aus den fuumlnf Ziffern drei weitere Multiplikationsaufgaben Sortiert die Ergebnisse der Groumlszlige nach

b) Nehmt eine der Aufgaben und vertauscht in der vierstelligen Zahl zwei der vorhandenen Ziffern Multipliziert nun Vergleicht die Ergebnisse Vermutet wann das Ergebnis groumlszliger wird Schreibt eure Vermutung auf und uumlberpruumlft sie

c) Nehmt wieder fuumlnf verschiedene Ziffern und sucht die Multiplikationsaufgabe einer vierstelligen mit einer einstelligen Zahl aus diesen Ziffern mit dem groumlszligten Ergebnis

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer geschlossenen Schulbuchaufgabe Diese Auf-gabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die nebenstehende Knobelaufgabe von Renate Rasch (2003 S 97) dient als Aus-gangspunkt zur Entwicklung einer geoumlff-neten Aufgabensequenz

Curricular (a) laumlsst sich diese Aufgabe ei-nerseits bei den prozessbezogenen Kompe-tenzen insbesondere beim Problemloumlsen einordnen Inhaltlich kann diese Aufgabe zur Leitidee bdquoZahlen und Operationenldquo Kompetenzbereich bdquoRechenoperationen verste-hen und beherrschenldquo und zur Leitidee bdquoMuster und Strukturenldquo Kompetenzbereich bdquoGesetzmaumlszligigkeiten erkennen beschreiben und darstellenldquo zugeordnet werden Je

9 Geschichte Quicki las in einer Woche ein Buch von 133 Seiten

Am Montag las sie einige Seiten und von da ab jeden Tag 5 Seiten mehr als am Tag davor Am Sonntag wurde sie fertig

Wie viele Seiten las sie am Montag

3Fordern und Foumlrdern

19

nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

3Fordern und Foumlrdern

20

auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

21

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Guder K-U Kruumlger H amp Pyroth S (2008a) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Lehrerhandreichungen 1-4 Schuljahr Stuttgart Klett

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Guder K-U Pyroth S Kruumlger H Dreier N amp Winkelmann I (2008c) Diagnosebegleiter ndash Mathema-tik Einzeltestkartei 34 Schuljahr Stuttgart Klett

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des Landes Schleswig-Holstein

Partner des Programm

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S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

Programmkoordination fuumlr die Laumlnder durch dasMinisterium fuumlr Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBK)Dr Kai Niemannwwwschleswig-holsteindeMBKDEMBK_nodehtml

Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

15

Der letzte Nachsatz der vierten Forderung ist nur eine Folgerung aus dem vorherge-henden da derartig gestaltete Lernumgebungen durch die unterschiedlichen Heran-gehensweisen selbstverstaumlndlich das Potential bieten diese qualitativ oder quantitativ zu erfassen und empirische Kategorienbildung ermoumlglichen Die Analyse eroumlffnet Er-kenntnisse uumlber das Potential von Aufgaben die geforderten Kompetenzen und die Herangehensweise der Kinder die sie bearbeitet haben Die Aufgaben besitzen also auch diagnostisches Potential

Das Konzept soll am Beispiel Rechenraupen erlaumlutert werden das auf eine von Stein-bring (1995 1997) beschriebene Uumlbungsform zuruumlckgeht

In einer Rechenraupe wird wie folgt gerechnet

In das letzte Koumlrperglied wird die Startzahl (im Beispiel die 2) geschrieben

Die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der Startzahl plus der Additionszahl (hier die 3) die naumlchste Koumlrperzahl ergibt sich aus der zweiten auch durch Addition von 3 Alle wei-teren Koumlrperzahlen werden genauso berechnet

Um die Zielzahl im Kopf einer Rechenraupe auszurechnen werden alle Zahlen im Koumlr-per addiert

Dieses Aufgabenformat repraumlsentiert als zentrale Ideen der Mathematik

middot arithmetische Folgen und Reihen middot Rekursionen middot Summenberechnung fuumlr arithmetische Folgen

middot Addition und als Umkehrung die Subtraktion

middot Multiplikation und als Umkehrung die Division

middot funktionale Zusammenhaumlnge Bei gegebener Startzahl und Additionszahl sind die mathematischen Aktivitaumlten zunaumlchst beschraumlnkt gibt man hier jedoch beispielswei-se zwei Koumlrperzahlen vor so muss durch Dif-ferenzbildung und Division die Additionszahl bestimmt werden Durch Vorgabe der Zielzahl und durch die Suche nach Start- und Additi-onszahl wird durch systematisches Probieren eine Vielzahl an Additionen durchgefuumlhrt und die Rechenfertigkeit geuumlbt Gerade die Suche nach verschiedenen Moumlglichkeiten eine be-stimmte Zielzahl zu erreichen beruumlcksichtigt das Prinzip des entdeckenden problem-loumlsenden Lernens denn jedes Kind kann seinen Weg zur Loumlsung des Problems selbst waumlhlen Weitere Variationsmoumlglichkeiten dieser Lernumgebung finden sich bei Stein-bring (1995 1997) Das Aufgabenformat zeigt dass es mithilfe der Variationen an die

3Fordern und Foumlrdern

a) Versucht die Startzahl und die Addi-tionszahl so zu waumlhlen dass ihr moumlg-lichst nah an die Zielzahl 50 kommt

b) Versucht mehrere Loumlsungen fuumlr die Zielzahl 50 zu finden

c) Schaut euch alle eure Zielzahlen an Was stellt ihr fest

d) Kann man auch die Zielzahl 66 treffen

e) Bestimmt fuumlr die Zahlen oben die Ad-ditionszahl die Startzahl und die Zielzahl

16

Beduumlrfnisse einer Lerngruppe angepasst werden kann und verschiedene Ziele verfolgt werden koumlnnen

Eine Fuumllle von weiteren Beispielen derartiger Substanzieller Lernumgebungen findet sich in den Veroumlffentlichungen des Projekts bdquomathe 2000ldquo insbesondere in den Hand-buumlchern Produktiver Rechenuumlbungen von Gerhard N Muumlller und Erich Ch Wittmann (1992 1993) Weitere Quellen sind die Lernumgebungen von Nuumlhrenboumlrger und Pust (2006) sowie die Lernumgebungen fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte von Hen-gartner et al (2006) und von Hirt und Waumllti (2008)

32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung

Will man als Lehrkraft nicht nur auf bereits vorliegende Lernumgebungen zuruumlckgrei-fen sondern selbst geeignete Umgebungen generieren so bietet sich das Konzept von Foumlrster und Grohmann an Sie entwickelten ein Konzept zur Aufgabenoumlffnung ur-spruumlnglich zur Begabungsfoumlrderung zeigen dabei aber auch das Potential auf das ihr Vorgehen zur Foumlrderung aller Kinder innerhalb des alltaumlglichen Mathematikunterrichts besitzt Sie machen dabei folgende Grundannahmen zum mathematischen Gehalt die denen von Wittmann fuumlr seine Substanziellen Lernumgebungen aumlhneln Im Einzelnen fordern sie dass bdquodie Offenheit in der Wahl der Hilfsmittel der Loumlsungswege und der Ergebnisdarstellung hellip das Loumlsen der Ausgangsaufgabe und weiterer Anschlusspro-bleme Eigenproduktionen der Kinderldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) erlaubt bzw foumlrdert und dass bdquodie reichhaltige mathematische Substanz und inhaltliche Offenheit der Ausgangsaufgabe hellip vielfaumlltige Moumlglichkeiten zum Mathematiktreibenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) bietet

Diesen Forderungen stellen Foumlrster und Grohmann die beiden folgenden weniger auf den mathematischen Gehalt als auf das Wecken von Interesse und die Verstaumlndlichkeit der Aufgabenstellung gerichteten Kriterien voran naumlmlich dass bdquoder jeweilige Inhalt einer (Ausgangs-)Aufgabe hellip Neugier und Interesse hellip weckenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) soll und dass die bdquoAusgangsaufgabe hellip leicht verstaumlndlich [ist] sodass alle Kinder die Chance haben sich mit der Aufgabe erfolgreich auseinanderzusetzenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) Neben der Erfuumlllung dieser Bedingungen sollen die Aufgabensequenzen die durch Oumlffnung entstehen so entwickelt werden dass sie in einer Unterrichtsstunde bearbeitet werden koumlnnen Ziel dieser Aufgabenstellungen ist das Uumlben Die Oumlffnung ermoumlglicht aber auch dass andere Kinder bei der Bearbeitung weitergehende Erkenntnisse gewinnen und ihre Kompetenzen erweitern koumlnnen

Als Ausgangspunkte der Oumlffnung schlagen Foumlrster und Grohmann zum einen ge-schlossene Aufgaben aus Schulbuumlchern vor deren curriculare Anbindung in der Regel gegeben ist und zum anderen bdquoKnobel-ldquo oder Problemaufgaben Stammen letztere nicht aus Schulbuumlchern so sollte zunaumlchst die curriculare Einbindung geklaumlrt werden

Foumlrster und Grohmann schlagen zur Gewinnung folgendes Vorgehen vor

Vorgehensweisen fuumlr das Erstellen geoumlffneter AufgabensequenzenAusgangspunkt

Geschlossene Aufgaben(z B aus Schulbuumlchern)

AusgangspunktbdquoKnobelldquo- bzw Problemaufgaben(z B aus Aufgabensammlungen)

a) Analyse des mathematischen Gehalts der uumlber den Uumlbungseffekt hinausweist bzw hinauswei-sen kann

a) Analyse der Moumlglichkeiten curricularer Einbindung auf Grundlage verschiedener Loumlsungswege

3Fordern und Foumlrdern

17

b) Formulierung einer (meist) geoumlffneten Pro-blemstellung die neben dem Uumlbungsgehalt auch den Zugang zum mathematischen Gehalt (implizit) anregt

b) Analyse des Uumlbungspotenzials bei probierender Bearbeitung des Loumlsungsprozesses und der mathematischen Struktur der Aufgabe

c) Analyse weiterer moumlgl auch andersartiger Loumlsungsmoumlglichkeiten fuumlr die Kinder

d) Ausweitung der Fragestellung d h weitere moumlgl viele Fragen finden mit unterschiedlichen Bedin-gungen (Vorrausetzungen Einschraumlnkungen ) fuumlr die Problemstellung

e) Zusammenfassen aller Fragen in (moumlglichst) einer einzigen Fragestellung

f) Ein leichtes Ausgangsproblem wird erstellt dessen Bearbeitungszeit fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuuml-ler ungefaumlhr gleich ist ggf Verstaumlndnisfragen klaumlrt und zu probierenden Ansaumltzen anregt

g) Moumlgliche offenegeoumlffnete Anschlussfragen werden konzipiert

(FoumlrsterGrohmann 2010 S 114 Hervorhebungen aus dem Original)

Das folgende Aufgabenpaumlckchen aus dem Uumlbungsheft zu Welt der Zahl 4 dient als Ausgang fuumlr die Oumlffnung einer bdquogeschlossene Aufgabeldquo

Abbildung aus RinkensHoumlnisch 2006 S 29 copy Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schoumlningh Winklers GmbH

Ziel und mathematischer Gehalt (a) dieser Aufgabe ist originaumlr das Uumlben schriftlicher Multiplikation vier- bis fuumlnfstelliger Faktoren mit einem einstelligen zweiten Faktor so-wie das Sortieren fuumlnfstelliger Zahlen der Groumlszlige nach Daruumlber hinaus koumlnnte man in eine solche Uumlbung auch noch den Einfluss der Stellen an denen Ziffern stehen auf die Groumlszlige der Ergebnisse mit untersuchen

Als geoumlffnete Problemstellung (b) bietet sich hier an nicht mit willkuumlrlich vorgege-benen Zahlen zu hantieren sondern die Kinder erkunden zu lassen bei welcher Anord-nung von gegebenen Ziffern das Ergebnis am groumlszligten wird Eine entsprechende offene Fragestellung koumlnnte dann folgende sein

Ihr habt fuumlnf Ziffernkaumlrtchen mit den Ziffern 2 3 4 7 und 9 zur Verfuumlgung Daraus bildet Ihr eine vierstellige Zahl und multipliziert sie mit der fuumlnften Zahl Bestimmt das groumlszligte Produkt

Um diese Aufgabenstellung zu bearbeiten koumlnnten die Kinder unter anderem folgende Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) waumlhlen Sie koumlnnten systematisch probierend herangehen Es koumlnnten aber auch Kinder auf die Idee kommen dass das Produkt am groumlszligten wird wenn aus den Ziffern fuumlr den ersten Faktor die groumlszligte moumlgliche Zahl gebildet wird wenn also die vier Ziffern des ersten Faktors der Groumlszlige nach von groszlig nach klein sor-tiert sind Die Kinder muumlssten dann nur noch die fuumlnf Wahlmoumlglichkeiten der Ziffern fuumlr den zweiten Faktor uumlberpruumlfen

3Fordern und Foumlrdern

18

Als moumlgliche weitere Fragen (d) koumlnnte man untersuchen wie groszlig die Aumlnderungen im Ergebnis sind wenn man zwei der vorhandenen Ziffern gegeneinander tauscht und welche Gesetzmaumlszligigkeiten dabei auftreten oder welches das groumlszligte Ergebnis ist wenn man die Vorgabe vierstellige und einstellige Faktoren wegfallen laumlsst und auch die Multiplikation eines dreistelligen mit einem zweistelligen Faktor zulaumlsst

Als zentrale einzige Fragestellung (e) bietet sich hier der anfaumlnglich bereits formu-lierte Erkundungsauftrag nach dem groumlszligtmoumlglichen (kleinstmoumlglichen) Ergebnis bei der Multiplikation von einem vierstelligen und einem einstelligen Faktor an Werden die Kinder dabei auch aufgefordert Vermutungen anzustellen zu uumlberpruumlfen und ge-gebenenfalls zu begruumlnden so werden durch diese Fragestellung neben der Uumlbung des schriftlichen Multiplizierens auch prozessbezogene Kompetenzen in verschiedenen Anforderungsniveaus gefordert

Als leichtes Ausgangsproblem (f) das von allen Kindern mit vergleichbarem Aufwand bearbeitet werden kann soll eine Aufgabe dienen die den Fokus auf den Groumlszligen-vergleich verschiedener Multiplikationsaufgaben aus Zahlen mit permutierten Ziffern lenkt

Als geoumlffneteoffene Anschlussfragen (g) die Erkenntnisse uumlber das Uumlben der schrift-lichen Multiplikation hinaus ermoumlglichen bietet es sich an tatsaumlchlich die oben ge-nannten Erweiterungen der Fragestellung auf quantitative Auswirkungen von Ziffern-vertauschungen oder die Untersuchung von Aufgaben mit zwei- und dreistelligen Faktoren zu waumlhlen

Aus diesen Analysen laumlsst sich dann folgende Aufgabensequenz konstruieren

a) Nehmt vier verschiedene Ziffern und bildet daraus eine vierstellige Zahl Nehmt eine fuumlnfte Ziffer und multipliziert die vierstellige Zahl schriftlich damit Bildet aus den fuumlnf Ziffern drei weitere Multiplikationsaufgaben Sortiert die Ergebnisse der Groumlszlige nach

b) Nehmt eine der Aufgaben und vertauscht in der vierstelligen Zahl zwei der vorhandenen Ziffern Multipliziert nun Vergleicht die Ergebnisse Vermutet wann das Ergebnis groumlszliger wird Schreibt eure Vermutung auf und uumlberpruumlft sie

c) Nehmt wieder fuumlnf verschiedene Ziffern und sucht die Multiplikationsaufgabe einer vierstelligen mit einer einstelligen Zahl aus diesen Ziffern mit dem groumlszligten Ergebnis

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer geschlossenen Schulbuchaufgabe Diese Auf-gabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die nebenstehende Knobelaufgabe von Renate Rasch (2003 S 97) dient als Aus-gangspunkt zur Entwicklung einer geoumlff-neten Aufgabensequenz

Curricular (a) laumlsst sich diese Aufgabe ei-nerseits bei den prozessbezogenen Kompe-tenzen insbesondere beim Problemloumlsen einordnen Inhaltlich kann diese Aufgabe zur Leitidee bdquoZahlen und Operationenldquo Kompetenzbereich bdquoRechenoperationen verste-hen und beherrschenldquo und zur Leitidee bdquoMuster und Strukturenldquo Kompetenzbereich bdquoGesetzmaumlszligigkeiten erkennen beschreiben und darstellenldquo zugeordnet werden Je

9 Geschichte Quicki las in einer Woche ein Buch von 133 Seiten

Am Montag las sie einige Seiten und von da ab jeden Tag 5 Seiten mehr als am Tag davor Am Sonntag wurde sie fertig

Wie viele Seiten las sie am Montag

3Fordern und Foumlrdern

19

nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

3Fordern und Foumlrdern

20

auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

21

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Guder K-U Kruumlger H amp Pyroth S (2008a) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Lehrerhandreichungen 1-4 Schuljahr Stuttgart Klett

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Guder K-U Pyroth S Kruumlger H Dreier N amp Winkelmann I (2008c) Diagnosebegleiter ndash Mathema-tik Einzeltestkartei 34 Schuljahr Stuttgart Klett

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5Literatur

22

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5Literatur

Ministeriumfuumlr Bildung und Kultur

des Landes Schleswig-Holstein

Partner des Programm

s SINU

S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

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ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

16

Beduumlrfnisse einer Lerngruppe angepasst werden kann und verschiedene Ziele verfolgt werden koumlnnen

Eine Fuumllle von weiteren Beispielen derartiger Substanzieller Lernumgebungen findet sich in den Veroumlffentlichungen des Projekts bdquomathe 2000ldquo insbesondere in den Hand-buumlchern Produktiver Rechenuumlbungen von Gerhard N Muumlller und Erich Ch Wittmann (1992 1993) Weitere Quellen sind die Lernumgebungen von Nuumlhrenboumlrger und Pust (2006) sowie die Lernumgebungen fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte von Hen-gartner et al (2006) und von Hirt und Waumllti (2008)

32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung

Will man als Lehrkraft nicht nur auf bereits vorliegende Lernumgebungen zuruumlckgrei-fen sondern selbst geeignete Umgebungen generieren so bietet sich das Konzept von Foumlrster und Grohmann an Sie entwickelten ein Konzept zur Aufgabenoumlffnung ur-spruumlnglich zur Begabungsfoumlrderung zeigen dabei aber auch das Potential auf das ihr Vorgehen zur Foumlrderung aller Kinder innerhalb des alltaumlglichen Mathematikunterrichts besitzt Sie machen dabei folgende Grundannahmen zum mathematischen Gehalt die denen von Wittmann fuumlr seine Substanziellen Lernumgebungen aumlhneln Im Einzelnen fordern sie dass bdquodie Offenheit in der Wahl der Hilfsmittel der Loumlsungswege und der Ergebnisdarstellung hellip das Loumlsen der Ausgangsaufgabe und weiterer Anschlusspro-bleme Eigenproduktionen der Kinderldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) erlaubt bzw foumlrdert und dass bdquodie reichhaltige mathematische Substanz und inhaltliche Offenheit der Ausgangsaufgabe hellip vielfaumlltige Moumlglichkeiten zum Mathematiktreibenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) bietet

Diesen Forderungen stellen Foumlrster und Grohmann die beiden folgenden weniger auf den mathematischen Gehalt als auf das Wecken von Interesse und die Verstaumlndlichkeit der Aufgabenstellung gerichteten Kriterien voran naumlmlich dass bdquoder jeweilige Inhalt einer (Ausgangs-)Aufgabe hellip Neugier und Interesse hellip weckenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) soll und dass die bdquoAusgangsaufgabe hellip leicht verstaumlndlich [ist] sodass alle Kinder die Chance haben sich mit der Aufgabe erfolgreich auseinanderzusetzenldquo (FoumlrsterGrohmann 2010 S 113) Neben der Erfuumlllung dieser Bedingungen sollen die Aufgabensequenzen die durch Oumlffnung entstehen so entwickelt werden dass sie in einer Unterrichtsstunde bearbeitet werden koumlnnen Ziel dieser Aufgabenstellungen ist das Uumlben Die Oumlffnung ermoumlglicht aber auch dass andere Kinder bei der Bearbeitung weitergehende Erkenntnisse gewinnen und ihre Kompetenzen erweitern koumlnnen

Als Ausgangspunkte der Oumlffnung schlagen Foumlrster und Grohmann zum einen ge-schlossene Aufgaben aus Schulbuumlchern vor deren curriculare Anbindung in der Regel gegeben ist und zum anderen bdquoKnobel-ldquo oder Problemaufgaben Stammen letztere nicht aus Schulbuumlchern so sollte zunaumlchst die curriculare Einbindung geklaumlrt werden

Foumlrster und Grohmann schlagen zur Gewinnung folgendes Vorgehen vor

Vorgehensweisen fuumlr das Erstellen geoumlffneter AufgabensequenzenAusgangspunkt

Geschlossene Aufgaben(z B aus Schulbuumlchern)

AusgangspunktbdquoKnobelldquo- bzw Problemaufgaben(z B aus Aufgabensammlungen)

a) Analyse des mathematischen Gehalts der uumlber den Uumlbungseffekt hinausweist bzw hinauswei-sen kann

a) Analyse der Moumlglichkeiten curricularer Einbindung auf Grundlage verschiedener Loumlsungswege

3Fordern und Foumlrdern

17

b) Formulierung einer (meist) geoumlffneten Pro-blemstellung die neben dem Uumlbungsgehalt auch den Zugang zum mathematischen Gehalt (implizit) anregt

b) Analyse des Uumlbungspotenzials bei probierender Bearbeitung des Loumlsungsprozesses und der mathematischen Struktur der Aufgabe

c) Analyse weiterer moumlgl auch andersartiger Loumlsungsmoumlglichkeiten fuumlr die Kinder

d) Ausweitung der Fragestellung d h weitere moumlgl viele Fragen finden mit unterschiedlichen Bedin-gungen (Vorrausetzungen Einschraumlnkungen ) fuumlr die Problemstellung

e) Zusammenfassen aller Fragen in (moumlglichst) einer einzigen Fragestellung

f) Ein leichtes Ausgangsproblem wird erstellt dessen Bearbeitungszeit fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuuml-ler ungefaumlhr gleich ist ggf Verstaumlndnisfragen klaumlrt und zu probierenden Ansaumltzen anregt

g) Moumlgliche offenegeoumlffnete Anschlussfragen werden konzipiert

(FoumlrsterGrohmann 2010 S 114 Hervorhebungen aus dem Original)

Das folgende Aufgabenpaumlckchen aus dem Uumlbungsheft zu Welt der Zahl 4 dient als Ausgang fuumlr die Oumlffnung einer bdquogeschlossene Aufgabeldquo

Abbildung aus RinkensHoumlnisch 2006 S 29 copy Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schoumlningh Winklers GmbH

Ziel und mathematischer Gehalt (a) dieser Aufgabe ist originaumlr das Uumlben schriftlicher Multiplikation vier- bis fuumlnfstelliger Faktoren mit einem einstelligen zweiten Faktor so-wie das Sortieren fuumlnfstelliger Zahlen der Groumlszlige nach Daruumlber hinaus koumlnnte man in eine solche Uumlbung auch noch den Einfluss der Stellen an denen Ziffern stehen auf die Groumlszlige der Ergebnisse mit untersuchen

Als geoumlffnete Problemstellung (b) bietet sich hier an nicht mit willkuumlrlich vorgege-benen Zahlen zu hantieren sondern die Kinder erkunden zu lassen bei welcher Anord-nung von gegebenen Ziffern das Ergebnis am groumlszligten wird Eine entsprechende offene Fragestellung koumlnnte dann folgende sein

Ihr habt fuumlnf Ziffernkaumlrtchen mit den Ziffern 2 3 4 7 und 9 zur Verfuumlgung Daraus bildet Ihr eine vierstellige Zahl und multipliziert sie mit der fuumlnften Zahl Bestimmt das groumlszligte Produkt

Um diese Aufgabenstellung zu bearbeiten koumlnnten die Kinder unter anderem folgende Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) waumlhlen Sie koumlnnten systematisch probierend herangehen Es koumlnnten aber auch Kinder auf die Idee kommen dass das Produkt am groumlszligten wird wenn aus den Ziffern fuumlr den ersten Faktor die groumlszligte moumlgliche Zahl gebildet wird wenn also die vier Ziffern des ersten Faktors der Groumlszlige nach von groszlig nach klein sor-tiert sind Die Kinder muumlssten dann nur noch die fuumlnf Wahlmoumlglichkeiten der Ziffern fuumlr den zweiten Faktor uumlberpruumlfen

3Fordern und Foumlrdern

18

Als moumlgliche weitere Fragen (d) koumlnnte man untersuchen wie groszlig die Aumlnderungen im Ergebnis sind wenn man zwei der vorhandenen Ziffern gegeneinander tauscht und welche Gesetzmaumlszligigkeiten dabei auftreten oder welches das groumlszligte Ergebnis ist wenn man die Vorgabe vierstellige und einstellige Faktoren wegfallen laumlsst und auch die Multiplikation eines dreistelligen mit einem zweistelligen Faktor zulaumlsst

Als zentrale einzige Fragestellung (e) bietet sich hier der anfaumlnglich bereits formu-lierte Erkundungsauftrag nach dem groumlszligtmoumlglichen (kleinstmoumlglichen) Ergebnis bei der Multiplikation von einem vierstelligen und einem einstelligen Faktor an Werden die Kinder dabei auch aufgefordert Vermutungen anzustellen zu uumlberpruumlfen und ge-gebenenfalls zu begruumlnden so werden durch diese Fragestellung neben der Uumlbung des schriftlichen Multiplizierens auch prozessbezogene Kompetenzen in verschiedenen Anforderungsniveaus gefordert

Als leichtes Ausgangsproblem (f) das von allen Kindern mit vergleichbarem Aufwand bearbeitet werden kann soll eine Aufgabe dienen die den Fokus auf den Groumlszligen-vergleich verschiedener Multiplikationsaufgaben aus Zahlen mit permutierten Ziffern lenkt

Als geoumlffneteoffene Anschlussfragen (g) die Erkenntnisse uumlber das Uumlben der schrift-lichen Multiplikation hinaus ermoumlglichen bietet es sich an tatsaumlchlich die oben ge-nannten Erweiterungen der Fragestellung auf quantitative Auswirkungen von Ziffern-vertauschungen oder die Untersuchung von Aufgaben mit zwei- und dreistelligen Faktoren zu waumlhlen

Aus diesen Analysen laumlsst sich dann folgende Aufgabensequenz konstruieren

a) Nehmt vier verschiedene Ziffern und bildet daraus eine vierstellige Zahl Nehmt eine fuumlnfte Ziffer und multipliziert die vierstellige Zahl schriftlich damit Bildet aus den fuumlnf Ziffern drei weitere Multiplikationsaufgaben Sortiert die Ergebnisse der Groumlszlige nach

b) Nehmt eine der Aufgaben und vertauscht in der vierstelligen Zahl zwei der vorhandenen Ziffern Multipliziert nun Vergleicht die Ergebnisse Vermutet wann das Ergebnis groumlszliger wird Schreibt eure Vermutung auf und uumlberpruumlft sie

c) Nehmt wieder fuumlnf verschiedene Ziffern und sucht die Multiplikationsaufgabe einer vierstelligen mit einer einstelligen Zahl aus diesen Ziffern mit dem groumlszligten Ergebnis

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer geschlossenen Schulbuchaufgabe Diese Auf-gabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die nebenstehende Knobelaufgabe von Renate Rasch (2003 S 97) dient als Aus-gangspunkt zur Entwicklung einer geoumlff-neten Aufgabensequenz

Curricular (a) laumlsst sich diese Aufgabe ei-nerseits bei den prozessbezogenen Kompe-tenzen insbesondere beim Problemloumlsen einordnen Inhaltlich kann diese Aufgabe zur Leitidee bdquoZahlen und Operationenldquo Kompetenzbereich bdquoRechenoperationen verste-hen und beherrschenldquo und zur Leitidee bdquoMuster und Strukturenldquo Kompetenzbereich bdquoGesetzmaumlszligigkeiten erkennen beschreiben und darstellenldquo zugeordnet werden Je

9 Geschichte Quicki las in einer Woche ein Buch von 133 Seiten

Am Montag las sie einige Seiten und von da ab jeden Tag 5 Seiten mehr als am Tag davor Am Sonntag wurde sie fertig

Wie viele Seiten las sie am Montag

3Fordern und Foumlrdern

19

nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

3Fordern und Foumlrdern

20

auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

21

5 LiteraturBos W (2008) TIMSS 2007 Mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen von

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Zentru m fuumlr Empirische Paumldagogische Forschung VERA httpwww uni-landaudeveraindexhtm (zuletzt aufgerufen 13082011)

5Literatur

Ministeriumfuumlr Bildung und Kultur

des Landes Schleswig-Holstein

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s SINU

S an Grundschulen

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  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

17

b) Formulierung einer (meist) geoumlffneten Pro-blemstellung die neben dem Uumlbungsgehalt auch den Zugang zum mathematischen Gehalt (implizit) anregt

b) Analyse des Uumlbungspotenzials bei probierender Bearbeitung des Loumlsungsprozesses und der mathematischen Struktur der Aufgabe

c) Analyse weiterer moumlgl auch andersartiger Loumlsungsmoumlglichkeiten fuumlr die Kinder

d) Ausweitung der Fragestellung d h weitere moumlgl viele Fragen finden mit unterschiedlichen Bedin-gungen (Vorrausetzungen Einschraumlnkungen ) fuumlr die Problemstellung

e) Zusammenfassen aller Fragen in (moumlglichst) einer einzigen Fragestellung

f) Ein leichtes Ausgangsproblem wird erstellt dessen Bearbeitungszeit fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuuml-ler ungefaumlhr gleich ist ggf Verstaumlndnisfragen klaumlrt und zu probierenden Ansaumltzen anregt

g) Moumlgliche offenegeoumlffnete Anschlussfragen werden konzipiert

(FoumlrsterGrohmann 2010 S 114 Hervorhebungen aus dem Original)

Das folgende Aufgabenpaumlckchen aus dem Uumlbungsheft zu Welt der Zahl 4 dient als Ausgang fuumlr die Oumlffnung einer bdquogeschlossene Aufgabeldquo

Abbildung aus RinkensHoumlnisch 2006 S 29 copy Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schoumlningh Winklers GmbH

Ziel und mathematischer Gehalt (a) dieser Aufgabe ist originaumlr das Uumlben schriftlicher Multiplikation vier- bis fuumlnfstelliger Faktoren mit einem einstelligen zweiten Faktor so-wie das Sortieren fuumlnfstelliger Zahlen der Groumlszlige nach Daruumlber hinaus koumlnnte man in eine solche Uumlbung auch noch den Einfluss der Stellen an denen Ziffern stehen auf die Groumlszlige der Ergebnisse mit untersuchen

Als geoumlffnete Problemstellung (b) bietet sich hier an nicht mit willkuumlrlich vorgege-benen Zahlen zu hantieren sondern die Kinder erkunden zu lassen bei welcher Anord-nung von gegebenen Ziffern das Ergebnis am groumlszligten wird Eine entsprechende offene Fragestellung koumlnnte dann folgende sein

Ihr habt fuumlnf Ziffernkaumlrtchen mit den Ziffern 2 3 4 7 und 9 zur Verfuumlgung Daraus bildet Ihr eine vierstellige Zahl und multipliziert sie mit der fuumlnften Zahl Bestimmt das groumlszligte Produkt

Um diese Aufgabenstellung zu bearbeiten koumlnnten die Kinder unter anderem folgende Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) waumlhlen Sie koumlnnten systematisch probierend herangehen Es koumlnnten aber auch Kinder auf die Idee kommen dass das Produkt am groumlszligten wird wenn aus den Ziffern fuumlr den ersten Faktor die groumlszligte moumlgliche Zahl gebildet wird wenn also die vier Ziffern des ersten Faktors der Groumlszlige nach von groszlig nach klein sor-tiert sind Die Kinder muumlssten dann nur noch die fuumlnf Wahlmoumlglichkeiten der Ziffern fuumlr den zweiten Faktor uumlberpruumlfen

3Fordern und Foumlrdern

18

Als moumlgliche weitere Fragen (d) koumlnnte man untersuchen wie groszlig die Aumlnderungen im Ergebnis sind wenn man zwei der vorhandenen Ziffern gegeneinander tauscht und welche Gesetzmaumlszligigkeiten dabei auftreten oder welches das groumlszligte Ergebnis ist wenn man die Vorgabe vierstellige und einstellige Faktoren wegfallen laumlsst und auch die Multiplikation eines dreistelligen mit einem zweistelligen Faktor zulaumlsst

Als zentrale einzige Fragestellung (e) bietet sich hier der anfaumlnglich bereits formu-lierte Erkundungsauftrag nach dem groumlszligtmoumlglichen (kleinstmoumlglichen) Ergebnis bei der Multiplikation von einem vierstelligen und einem einstelligen Faktor an Werden die Kinder dabei auch aufgefordert Vermutungen anzustellen zu uumlberpruumlfen und ge-gebenenfalls zu begruumlnden so werden durch diese Fragestellung neben der Uumlbung des schriftlichen Multiplizierens auch prozessbezogene Kompetenzen in verschiedenen Anforderungsniveaus gefordert

Als leichtes Ausgangsproblem (f) das von allen Kindern mit vergleichbarem Aufwand bearbeitet werden kann soll eine Aufgabe dienen die den Fokus auf den Groumlszligen-vergleich verschiedener Multiplikationsaufgaben aus Zahlen mit permutierten Ziffern lenkt

Als geoumlffneteoffene Anschlussfragen (g) die Erkenntnisse uumlber das Uumlben der schrift-lichen Multiplikation hinaus ermoumlglichen bietet es sich an tatsaumlchlich die oben ge-nannten Erweiterungen der Fragestellung auf quantitative Auswirkungen von Ziffern-vertauschungen oder die Untersuchung von Aufgaben mit zwei- und dreistelligen Faktoren zu waumlhlen

Aus diesen Analysen laumlsst sich dann folgende Aufgabensequenz konstruieren

a) Nehmt vier verschiedene Ziffern und bildet daraus eine vierstellige Zahl Nehmt eine fuumlnfte Ziffer und multipliziert die vierstellige Zahl schriftlich damit Bildet aus den fuumlnf Ziffern drei weitere Multiplikationsaufgaben Sortiert die Ergebnisse der Groumlszlige nach

b) Nehmt eine der Aufgaben und vertauscht in der vierstelligen Zahl zwei der vorhandenen Ziffern Multipliziert nun Vergleicht die Ergebnisse Vermutet wann das Ergebnis groumlszliger wird Schreibt eure Vermutung auf und uumlberpruumlft sie

c) Nehmt wieder fuumlnf verschiedene Ziffern und sucht die Multiplikationsaufgabe einer vierstelligen mit einer einstelligen Zahl aus diesen Ziffern mit dem groumlszligten Ergebnis

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer geschlossenen Schulbuchaufgabe Diese Auf-gabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die nebenstehende Knobelaufgabe von Renate Rasch (2003 S 97) dient als Aus-gangspunkt zur Entwicklung einer geoumlff-neten Aufgabensequenz

Curricular (a) laumlsst sich diese Aufgabe ei-nerseits bei den prozessbezogenen Kompe-tenzen insbesondere beim Problemloumlsen einordnen Inhaltlich kann diese Aufgabe zur Leitidee bdquoZahlen und Operationenldquo Kompetenzbereich bdquoRechenoperationen verste-hen und beherrschenldquo und zur Leitidee bdquoMuster und Strukturenldquo Kompetenzbereich bdquoGesetzmaumlszligigkeiten erkennen beschreiben und darstellenldquo zugeordnet werden Je

9 Geschichte Quicki las in einer Woche ein Buch von 133 Seiten

Am Montag las sie einige Seiten und von da ab jeden Tag 5 Seiten mehr als am Tag davor Am Sonntag wurde sie fertig

Wie viele Seiten las sie am Montag

3Fordern und Foumlrdern

19

nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

3Fordern und Foumlrdern

20

auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

21

5 LiteraturBos W (2008) TIMSS 2007 Mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen von

Grundschulkindern in Deutschland im internationalen Vergleich Muumlnster Waxmann

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Guder K-U Herrmann C Luumlthje T amp Pyroth S (2007b) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Klassen-testhefte 2 Schuljahr Teil 1 und Teil 2 Stuttgart Klett

Guder K-U Herrmann C Luumlthje T amp Pyroth S (2007c) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Einzeltest-kartei 12 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Herrmann C amp Pyroth S (2007d) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Foumlrderkartei 12 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Kruumlger H amp Pyroth S (2008a) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Lehrerhandreichungen 1-4 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Kruumlger H amp Pyroth S (2008b) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Klassentesthefte 3-4 Schuljahr Jeweils Teile 1 und 2 Stuttgart Klett

Guder K-U Pyroth S Kruumlger H Dreier N amp Winkelmann I (2008c) Diagnosebegleiter ndash Mathema-tik Einzeltestkartei 34 Schuljahr Stuttgart Klett

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5Literatur

Ministeriumfuumlr Bildung und Kultur

des Landes Schleswig-Holstein

Partner des Programm

s SINU

S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

Programmkoordination fuumlr die Laumlnder durch dasMinisterium fuumlr Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBK)Dr Kai Niemannwwwschleswig-holsteindeMBKDEMBK_nodehtml

Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

18

Als moumlgliche weitere Fragen (d) koumlnnte man untersuchen wie groszlig die Aumlnderungen im Ergebnis sind wenn man zwei der vorhandenen Ziffern gegeneinander tauscht und welche Gesetzmaumlszligigkeiten dabei auftreten oder welches das groumlszligte Ergebnis ist wenn man die Vorgabe vierstellige und einstellige Faktoren wegfallen laumlsst und auch die Multiplikation eines dreistelligen mit einem zweistelligen Faktor zulaumlsst

Als zentrale einzige Fragestellung (e) bietet sich hier der anfaumlnglich bereits formu-lierte Erkundungsauftrag nach dem groumlszligtmoumlglichen (kleinstmoumlglichen) Ergebnis bei der Multiplikation von einem vierstelligen und einem einstelligen Faktor an Werden die Kinder dabei auch aufgefordert Vermutungen anzustellen zu uumlberpruumlfen und ge-gebenenfalls zu begruumlnden so werden durch diese Fragestellung neben der Uumlbung des schriftlichen Multiplizierens auch prozessbezogene Kompetenzen in verschiedenen Anforderungsniveaus gefordert

Als leichtes Ausgangsproblem (f) das von allen Kindern mit vergleichbarem Aufwand bearbeitet werden kann soll eine Aufgabe dienen die den Fokus auf den Groumlszligen-vergleich verschiedener Multiplikationsaufgaben aus Zahlen mit permutierten Ziffern lenkt

Als geoumlffneteoffene Anschlussfragen (g) die Erkenntnisse uumlber das Uumlben der schrift-lichen Multiplikation hinaus ermoumlglichen bietet es sich an tatsaumlchlich die oben ge-nannten Erweiterungen der Fragestellung auf quantitative Auswirkungen von Ziffern-vertauschungen oder die Untersuchung von Aufgaben mit zwei- und dreistelligen Faktoren zu waumlhlen

Aus diesen Analysen laumlsst sich dann folgende Aufgabensequenz konstruieren

a) Nehmt vier verschiedene Ziffern und bildet daraus eine vierstellige Zahl Nehmt eine fuumlnfte Ziffer und multipliziert die vierstellige Zahl schriftlich damit Bildet aus den fuumlnf Ziffern drei weitere Multiplikationsaufgaben Sortiert die Ergebnisse der Groumlszlige nach

b) Nehmt eine der Aufgaben und vertauscht in der vierstelligen Zahl zwei der vorhandenen Ziffern Multipliziert nun Vergleicht die Ergebnisse Vermutet wann das Ergebnis groumlszliger wird Schreibt eure Vermutung auf und uumlberpruumlft sie

c) Nehmt wieder fuumlnf verschiedene Ziffern und sucht die Multiplikationsaufgabe einer vierstelligen mit einer einstelligen Zahl aus diesen Ziffern mit dem groumlszligten Ergebnis

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer geschlossenen Schulbuchaufgabe Diese Auf-gabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die nebenstehende Knobelaufgabe von Renate Rasch (2003 S 97) dient als Aus-gangspunkt zur Entwicklung einer geoumlff-neten Aufgabensequenz

Curricular (a) laumlsst sich diese Aufgabe ei-nerseits bei den prozessbezogenen Kompe-tenzen insbesondere beim Problemloumlsen einordnen Inhaltlich kann diese Aufgabe zur Leitidee bdquoZahlen und Operationenldquo Kompetenzbereich bdquoRechenoperationen verste-hen und beherrschenldquo und zur Leitidee bdquoMuster und Strukturenldquo Kompetenzbereich bdquoGesetzmaumlszligigkeiten erkennen beschreiben und darstellenldquo zugeordnet werden Je

9 Geschichte Quicki las in einer Woche ein Buch von 133 Seiten

Am Montag las sie einige Seiten und von da ab jeden Tag 5 Seiten mehr als am Tag davor Am Sonntag wurde sie fertig

Wie viele Seiten las sie am Montag

3Fordern und Foumlrdern

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nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

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auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

21

5 LiteraturBos W (2008) TIMSS 2007 Mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen von

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Guder K-U Herrmann C Luumlthje T amp Pyroth S (2007b) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Klassen-testhefte 2 Schuljahr Teil 1 und Teil 2 Stuttgart Klett

Guder K-U Herrmann C Luumlthje T amp Pyroth S (2007c) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Einzeltest-kartei 12 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Herrmann C amp Pyroth S (2007d) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Foumlrderkartei 12 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Kruumlger H amp Pyroth S (2008a) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Lehrerhandreichungen 1-4 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Kruumlger H amp Pyroth S (2008b) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Klassentesthefte 3-4 Schuljahr Jeweils Teile 1 und 2 Stuttgart Klett

Guder K-U Pyroth S Kruumlger H Dreier N amp Winkelmann I (2008c) Diagnosebegleiter ndash Mathema-tik Einzeltestkartei 34 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Pyroth S Kruumlger H Dreier N amp Winkelmann I (2008d) Diagnosebegleiter ndash Mathema-tik Foumlrderkartei 34 Schuljahr Stuttgart Klett

Helmke A (2009) Unterrichtsqualitaumlt und Lehrerprofessionalitaumlt Seelze-Velber Kallmeyer

Hengar tner E Hirt U Waumllthi B amp Primarschulteam Lupsingen (2006) Lernumgebungen fuumlr Rechen-schwache bis Hochbegabte natuumlrliche Differenzierung im Mathematikunterricht 1 Aufl Zug Klett und Balmer

Hirt U amp Waumllthi B (2008) Lernumgebungen im Mathematikuntericht Natuumlrliche Differenzierung fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte Seelze KlettKallmeyer

Jordan A amp vom Hofe R (2008) Diagnose von Schuumllerleistungen In mathematik lehren 150 4-12

KMK (S ekretariat der Staumlndigen Konferenz der Kultusminister der Laumlnder in der Bundesrepublik Deutsch-land) (2005) Bildungsstandards im Fach Mathematik fuumlr den Primarbereich (Jahrgangsstufe 4) Muumlnchen Neuwied Luchterhand

Krajews ki K Kuumlspert P amp Schneider W (2002) Deutscher Mathematiktest fuumlr erste Klassen (DEMAT 1+) Goumlttingen Hogrefe

5Literatur

22

Krajews ki K Liehm S amp Schneider W (2004) Deutscher Mathematiktest fuumlr zweite Klassen (DEMAT 2+) Goumlttingen Hogrefe

Krautha usen G amp Scherer P (2010) Umgang mit Heterogenitaumlt Natuumlrliche Differenzierung im Mathe-matikunterricht der Grundschule Handreichung des Programms SINUS an Grundschulen Kiel IPN-Materialien

Lorenz J H (2000) bdquoAus Fehlern wird man hellip Irrtuumlmer in der Mathematikdidaktik des 20 Jahrhun-dertsldquo Grundschule 32 (1) 19 ndash 22

Lorenz J H (2006) Hamburger Rechentest Manual Hamburg

Nieders aumlchsischen Kultusministerium (2006) Kerncurriculum Schuljahrgaumlnge 1-4 Mathematik Hanno-ver (httpdb2nibisde1dbcuvodateikc_gs_mathe_nibpdf )

Nuumlhren boumlrger M amp Pust S (2006) Mit Unterschieden rechnen Lernumgebungen und Materialien fuumlr einen differenzierenden Anfangsunterricht Mathematik Seelze KlettKallmeyer

Peter-K oop A Wollring B Spindeler B amp Gruumlszliging M (2007) ElementarMathematisches BasisInter-view Offenburg Mildenberger

Radatz H (1980) Fehleranalysen im Mathematikunterricht Braunschweig Wiesbaden Vieweg

Rasch R (2003) 42 Denk- und Sachaufgaben Wie Kinder mathematische Aufgaben loumlsen und diskutie-ren 1 Aufl Seelze-Velber Kallmeyer

Rinken s H-D Houmlnisch K (2006) Welt der Zahl 4 Arbeitsblaumltter Ausgabe Nord Braunschweig Schroedel

Roick T Goumllitz D amp Hasselhorn M (2004) Deutscher Mathematiktest fuumlr dritte Klassen (DEMAT 3+) Goumlttingen Hogrefe

Selter C amp Spiegel H (1997) Wie Kinder rechnen Leipzig Klett Grundschulverlag

Steinbr ing H (1995) Zahlen sind nicht nur zum Rechnen da Wie Kinder im Arithmetikunterricht strategisch-strukturelle Vorgehensweisen entwickeln In G N Muumlller amp E C Wittmann (Hg) Mit Kindern rechnen (S 225-239) Frankfurt am Main Arbeitskreis Grundschule ndash Der Grundschulver-band - e V

Steinbr ing H (1997) Beziehungsreiches Uumlben ndash ein arithmetisches Problemfeld mathematik lehren 83 (8) S 59-63

Sunder mann B amp Selter Ch (2006) Beurteilen und Foumlrdern im Mathematikunterricht Berlin Cornelsen Scriptor

Winter H (1997) Problemorientierung des Sachrechnens in der Primarstufe als Moumlglichkeit entde-ckendes Lernen zu foumlrdern In P Bardy (Hg) Mathematische und mathematikdidaktische Ausbil-dung von Grundschullehrerinnen-lehrern (S 57-92) Weinheim Deutscher Studienverlag

Winter H (2003) rsaquoGute Aufgabenlsaquo fuumlr das Sachrechnen In M Baum amp H Wielpuumltz (Hg) Mathematik in der Grundschule Ein Arbeitsbuch (S 177-183) Seelze KlettKallmeyer

Wittm ann E Ch amp Muumlller G N (1992) Handbuch produktiver Rechenuumlbungen Bd 2 Vom halbschrift-lichen zum schriftlichen Rechnen Stuttgart Duumlsseldorf Berlin Leipzig Klett

Wittm ann E Ch amp Muumlller G N (1993) Handbuch produktiver Rechenuumlbungen Bd 1 Vom Einspluseins zum Einmaleins - 2 uumlberarb Aufl Stuttgart Duumlsseldorf Berlin Leipzig Klett

Wittm ann E C (1998) Design und Erforschung von Lernumgebungen als Kern der Mathematikstruktur Beitraumlge zur Lehrerbildung 16 (3) S 329-42

Zentru m fuumlr Empirische Paumldagogische Forschung VERA httpwww uni-landaudeveraindexhtm (zuletzt aufgerufen 13082011)

5Literatur

Ministeriumfuumlr Bildung und Kultur

des Landes Schleswig-Holstein

Partner des Programm

s SINU

S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

Programmkoordination fuumlr die Laumlnder durch dasMinisterium fuumlr Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBK)Dr Kai Niemannwwwschleswig-holsteindeMBKDEMBK_nodehtml

Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

19

nach gewaumlhltem Loumlsungsweg muumlssen Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 1000 durchgefuumlhrt aber auch Divisionsvorstellungen entwickelt werden Bei einem probierend-korrigierenden Herangehen (Prinzip des falschen Ansatzes) werden viele Additionen von 5 durchgefuumlhrt Anschlieszligend muumlssten sieben Zahlen einer arithme-tischen Progression addiert werden Gegebenenfalls muss ein Kind seine anfaumlnglich gesetzte Seitenzahl fuumlr den ersten Tag korrigieren Durch diese Korrektur koumlnnte durch das Erkennen operativer Zusammenhaumlnge das Repertoire an verfuumlgbaren Loumlsungsstra-tegien erweitert werden Das Uumlbungspotential (b) bei dem Vorgehen entsprechend des Prinzips des falschen Ansatzes bestuumlnde trotzdem im Wesentlichen im Uumlben der Addition von ein- bis dreistelligen Zahlen

Andersartige Loumlsungsmoumlglichkeiten (c) der Kinder koumlnnten sich aus der Erkenntnis ergeben dass das Ergebnis immer das Siebenfache der mittleren Zahl ist Sie koumlnnten dann aus 133 7 = 19 die anderen Zahlen der arithmetischen Progression durch Additi-on bzw Subtraktion von 5 finden Auf eine solche Vorgehensweise koumlnnten die Kinder auch kommen wenn sie uumlberlegen wuumlrden wie viele Seiten das Kind durchschnittlich jeden Tag lesen muss und dann aus dieser Zahl die anderen Zahlen bestimmen wuumlr-den (Eine ausfuumlhrlichere Darstellung der Zugangsmoumlglichkeiten findet sich bei Winter der diesen Aufgabenkontext bereits 1997 vorschlug (vgl Winter 1997 Winter 2003))

Ausweitungen (d) dieser Fragestellung waumlren moumlglich indem nicht nur nach der Start-zahl sondern auch nach dem Zuwachs von Tag zu Tag gefragt wuumlrde Auch die Frage nach den uumlberhaupt nur zu erreichenden Seitenzahlen bei diesem Vorgehen boumlte eine Erweiterung der Ausgangsfragestellung

Die Beschraumlnkung auf die einzelne Fragestellung (e) welche Zahlen als Summe von sieben aufeinander folgenden Zahlen einer arithmetischen Folge uumlberhaupt erreichbar sind liefert viele Moumlglichkeiten zum Uumlben der Addition zweistelliger Zahlen bietet aber auch die Chance zu weitergehenden Erkenntnissen

Eine geeignete leicht verstaumlndliche Ausgangsaufgabe (f) sollte hier die Idee der Bildung der arithmetischen Folge und des Aufaddierens an einem Beispiel sein

Als offenere Anschlussfragestellung (g) bietet es sich nun an zu untersuchen welche Seitenzahlen auch bei Veraumlnderung der Anzahl von Lesetagen erreichbar sind

Insgesamt ergibt sich dann folgende Sequenz

a) Nele las in der letzten Woche das Buch bdquoPonyhofgeschichtenldquo Am Montag las sie vier Seiten Weil das Buch so spannend war las sie jeden weiteren Tag fuumlnf Seiten mehr als am Vortag

b) Wie viele Seiten las sie am Dienstag am Mittwoch am Donnerstag am Freitag am Samstag am Sonntag

c) Wie viele Seiten hatte das ganze Buch

d) Kann Nele auch ein Buch mit 147 Seiten so lesen

e) Welche Seitenzahlen muss ein Buch haben damit Nele es so lesen kann

Beispiel einer geoumlffneten Aufgabensequenz zu einer Knobelaufgabe Diese Aufgabe wird hier ohne schmuumlckendes Beiwerk oder Raster zum Eintragen vorgestellt ggf sollte man geeignete Ergaumlnzungen vornehmen

Die Substanziellen Lernumgebungen im Sinne Wittmanns und die geoumlffneten Aufga-bensequenzen im Sinne Foumlrsters und Grohmanns bieten aufgrund der offeneren Fra-gestellungen gute Moumlglichkeiten die schriftlichen oder muumlndlichen Aumluszligerungen der Kinder zu den Fragestellungen sowohl in Hinblick auf Rechenkompetenzen als auch

3Fordern und Foumlrdern

20

auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

21

5 LiteraturBos W (2008) TIMSS 2007 Mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen von

Grundschulkindern in Deutschland im internationalen Vergleich Muumlnster Waxmann

Bos W Lankes E-M Prenzel M Schwippert K Valtin R amp Walther G (Hrsg) (2003) Erste Ergebnisse aus IGLU Schuumllerleistungen am Ende der vierten Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich Muumlnster Waxmann

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Goumllitz D Roick T amp Hasselhorn M (2006) Deutscher Mathematiktest fuumlr vierte Klassen (DEMAT 4) Goumlttingen Hogrefe

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Grunds chulverband (2004) Programm ndash Satzung ndash Veroumlffentlichungen Frankfurt Grundschulverband

Guder K-U Herrmann C Luumlthje T amp Pyroth S (2007a) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Klassen-testhefte 1 Schuljahr Teil 1 und Teil 2 Stuttgart Klett

Guder K-U Herrmann C Luumlthje T amp Pyroth S (2007b) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Klassen-testhefte 2 Schuljahr Teil 1 und Teil 2 Stuttgart Klett

Guder K-U Herrmann C Luumlthje T amp Pyroth S (2007c) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Einzeltest-kartei 12 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Herrmann C amp Pyroth S (2007d) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Foumlrderkartei 12 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Kruumlger H amp Pyroth S (2008a) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Lehrerhandreichungen 1-4 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Kruumlger H amp Pyroth S (2008b) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Klassentesthefte 3-4 Schuljahr Jeweils Teile 1 und 2 Stuttgart Klett

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Krajews ki K Kuumlspert P amp Schneider W (2002) Deutscher Mathematiktest fuumlr erste Klassen (DEMAT 1+) Goumlttingen Hogrefe

5Literatur

22

Krajews ki K Liehm S amp Schneider W (2004) Deutscher Mathematiktest fuumlr zweite Klassen (DEMAT 2+) Goumlttingen Hogrefe

Krautha usen G amp Scherer P (2010) Umgang mit Heterogenitaumlt Natuumlrliche Differenzierung im Mathe-matikunterricht der Grundschule Handreichung des Programms SINUS an Grundschulen Kiel IPN-Materialien

Lorenz J H (2000) bdquoAus Fehlern wird man hellip Irrtuumlmer in der Mathematikdidaktik des 20 Jahrhun-dertsldquo Grundschule 32 (1) 19 ndash 22

Lorenz J H (2006) Hamburger Rechentest Manual Hamburg

Nieders aumlchsischen Kultusministerium (2006) Kerncurriculum Schuljahrgaumlnge 1-4 Mathematik Hanno-ver (httpdb2nibisde1dbcuvodateikc_gs_mathe_nibpdf )

Nuumlhren boumlrger M amp Pust S (2006) Mit Unterschieden rechnen Lernumgebungen und Materialien fuumlr einen differenzierenden Anfangsunterricht Mathematik Seelze KlettKallmeyer

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Radatz H (1980) Fehleranalysen im Mathematikunterricht Braunschweig Wiesbaden Vieweg

Rasch R (2003) 42 Denk- und Sachaufgaben Wie Kinder mathematische Aufgaben loumlsen und diskutie-ren 1 Aufl Seelze-Velber Kallmeyer

Rinken s H-D Houmlnisch K (2006) Welt der Zahl 4 Arbeitsblaumltter Ausgabe Nord Braunschweig Schroedel

Roick T Goumllitz D amp Hasselhorn M (2004) Deutscher Mathematiktest fuumlr dritte Klassen (DEMAT 3+) Goumlttingen Hogrefe

Selter C amp Spiegel H (1997) Wie Kinder rechnen Leipzig Klett Grundschulverlag

Steinbr ing H (1995) Zahlen sind nicht nur zum Rechnen da Wie Kinder im Arithmetikunterricht strategisch-strukturelle Vorgehensweisen entwickeln In G N Muumlller amp E C Wittmann (Hg) Mit Kindern rechnen (S 225-239) Frankfurt am Main Arbeitskreis Grundschule ndash Der Grundschulver-band - e V

Steinbr ing H (1997) Beziehungsreiches Uumlben ndash ein arithmetisches Problemfeld mathematik lehren 83 (8) S 59-63

Sunder mann B amp Selter Ch (2006) Beurteilen und Foumlrdern im Mathematikunterricht Berlin Cornelsen Scriptor

Winter H (1997) Problemorientierung des Sachrechnens in der Primarstufe als Moumlglichkeit entde-ckendes Lernen zu foumlrdern In P Bardy (Hg) Mathematische und mathematikdidaktische Ausbil-dung von Grundschullehrerinnen-lehrern (S 57-92) Weinheim Deutscher Studienverlag

Winter H (2003) rsaquoGute Aufgabenlsaquo fuumlr das Sachrechnen In M Baum amp H Wielpuumltz (Hg) Mathematik in der Grundschule Ein Arbeitsbuch (S 177-183) Seelze KlettKallmeyer

Wittm ann E Ch amp Muumlller G N (1992) Handbuch produktiver Rechenuumlbungen Bd 2 Vom halbschrift-lichen zum schriftlichen Rechnen Stuttgart Duumlsseldorf Berlin Leipzig Klett

Wittm ann E Ch amp Muumlller G N (1993) Handbuch produktiver Rechenuumlbungen Bd 1 Vom Einspluseins zum Einmaleins - 2 uumlberarb Aufl Stuttgart Duumlsseldorf Berlin Leipzig Klett

Wittm ann E C (1998) Design und Erforschung von Lernumgebungen als Kern der Mathematikstruktur Beitraumlge zur Lehrerbildung 16 (3) S 329-42

Zentru m fuumlr Empirische Paumldagogische Forschung VERA httpwww uni-landaudeveraindexhtm (zuletzt aufgerufen 13082011)

5Literatur

Ministeriumfuumlr Bildung und Kultur

des Landes Schleswig-Holstein

Partner des Programm

s SINU

S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

Programmkoordination fuumlr die Laumlnder durch dasMinisterium fuumlr Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBK)Dr Kai Niemannwwwschleswig-holsteindeMBKDEMBK_nodehtml

Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

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auf prozessbezogene Kompetenzen zu deuten und Erkenntnisse uumlber deren Vorhan-densein zu gewinnen An guten Aufgaben koumlnnen daher nicht nur die Kinder viel ler-nen sondern die Lehrkraumlfte viel uumlber die Kompetenzen der Kinder erfahren

4 Schlussbemerkung

Kompetenzdiagnostik und Lern-anregungen befinden sich in ei-ner gegenseitigen Abhaumlngigkeit wie der folgende Qualitaumltszirkel zeigt

Die Ergebnisse der Kompetenz-feststellungen fuumlhren zu einer geeigneten Planung zur Weiter-entwicklung der Kompetenzen und gegebenenfalls zu einem Foumlrderplan Dabei koumlnnen einer-seits individuelle Foumlrderungen durch geeignete Aufgabenstel-lungen fuumlr das einzelne Kind er-folgen die gezielt die festgestellten Beduumlrfnisse des Kindes bedienen und ihm Lerner-folge ermoumlglichen Andererseits koumlnnen geeignete Aufgabenstellungen im Sinne der natuumlrlichen Differenzierung die Kinder individuell trotz heterogenem Leistungsniveau in der Klasse herausfordern

In einem weiteren Diagnosedurchgang kann und sollte die Wirksamkeit der unternom-menen Maszlignahmen durch Analysen der schriftlichen Produkte der Kinder waumlhrend der Umsetzung und gegebenenfalls durch weitere Tests uumlberpruumlft und evaluiert wer-den Zeigt sich dabei eine nicht ausreichende Wirksamkeit so muss einerseits der ei-gene Unterrichtsstil als moumlglicher Einflussfaktor naumlher in den Blick genommen werden andererseits muss uumlberlegt werden ob fuumlr bestimmte Kinder eine sonderpaumldagogische Foumlrderung innerhalb der Schule eingeleitet wird oder der schulpsychologischen Dienst zur Unterstuumltzung heranzuziehen ist

Die zentralen Ideen zur Feststellung von mathematischen Kompetenzen und zu ihrer Entwicklung moumlchte ich zum Abschluss in folgendem Leitsatz zusammenfassen

Gute Aufgaben provozieren aufschlussreiche Reaktionen

4Schlussbemerkung

21

5 LiteraturBos W (2008) TIMSS 2007 Mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen von

Grundschulkindern in Deutschland im internationalen Vergleich Muumlnster Waxmann

Bos W Lankes E-M Prenzel M Schwippert K Valtin R amp Walther G (Hrsg) (2003) Erste Ergebnisse aus IGLU Schuumllerleistungen am Ende der vierten Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich Muumlnster Waxmann

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Gallin P (1999) Dialogischer Mathematikunterricht Lernen mit Kernideen und Reisetagebuumlchern Referat an der BLK-Tagung vom 2223 11 1999 in Gotha httpsinus-transferuni-bayreuthdefilead-minMaterialienBTgallinpdf (Download 22102010)

Gerster H-D (1982) Schuumllerfehler bei schriftlichen Rechenverfahren Diagnose u Therapie Freiburg im Breisgau Basel Wien Herder

Goumllitz D Roick T amp Hasselhorn M (2006) Deutscher Mathematiktest fuumlr vierte Klassen (DEMAT 4) Goumlttingen Hogrefe

Grunds chule Hude ndash Suumld (2006) Dokumentation Individuelle Lernentwicklung Klassenliste Mathe-matik Klasse 1 httpwwwnibisdenli1gohrgsilematerialienGSHude_SuedGS20Hude-SFCd20Klasse120Dokumentation201-5pdf (Download 10102010)

Grunds chulverband (2004) Programm ndash Satzung ndash Veroumlffentlichungen Frankfurt Grundschulverband

Guder K-U Herrmann C Luumlthje T amp Pyroth S (2007a) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Klassen-testhefte 1 Schuljahr Teil 1 und Teil 2 Stuttgart Klett

Guder K-U Herrmann C Luumlthje T amp Pyroth S (2007b) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Klassen-testhefte 2 Schuljahr Teil 1 und Teil 2 Stuttgart Klett

Guder K-U Herrmann C Luumlthje T amp Pyroth S (2007c) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Einzeltest-kartei 12 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Herrmann C amp Pyroth S (2007d) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Foumlrderkartei 12 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Kruumlger H amp Pyroth S (2008a) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Lehrerhandreichungen 1-4 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Kruumlger H amp Pyroth S (2008b) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Klassentesthefte 3-4 Schuljahr Jeweils Teile 1 und 2 Stuttgart Klett

Guder K-U Pyroth S Kruumlger H Dreier N amp Winkelmann I (2008c) Diagnosebegleiter ndash Mathema-tik Einzeltestkartei 34 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Pyroth S Kruumlger H Dreier N amp Winkelmann I (2008d) Diagnosebegleiter ndash Mathema-tik Foumlrderkartei 34 Schuljahr Stuttgart Klett

Helmke A (2009) Unterrichtsqualitaumlt und Lehrerprofessionalitaumlt Seelze-Velber Kallmeyer

Hengar tner E Hirt U Waumllthi B amp Primarschulteam Lupsingen (2006) Lernumgebungen fuumlr Rechen-schwache bis Hochbegabte natuumlrliche Differenzierung im Mathematikunterricht 1 Aufl Zug Klett und Balmer

Hirt U amp Waumllthi B (2008) Lernumgebungen im Mathematikuntericht Natuumlrliche Differenzierung fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte Seelze KlettKallmeyer

Jordan A amp vom Hofe R (2008) Diagnose von Schuumllerleistungen In mathematik lehren 150 4-12

KMK (S ekretariat der Staumlndigen Konferenz der Kultusminister der Laumlnder in der Bundesrepublik Deutsch-land) (2005) Bildungsstandards im Fach Mathematik fuumlr den Primarbereich (Jahrgangsstufe 4) Muumlnchen Neuwied Luchterhand

Krajews ki K Kuumlspert P amp Schneider W (2002) Deutscher Mathematiktest fuumlr erste Klassen (DEMAT 1+) Goumlttingen Hogrefe

5Literatur

22

Krajews ki K Liehm S amp Schneider W (2004) Deutscher Mathematiktest fuumlr zweite Klassen (DEMAT 2+) Goumlttingen Hogrefe

Krautha usen G amp Scherer P (2010) Umgang mit Heterogenitaumlt Natuumlrliche Differenzierung im Mathe-matikunterricht der Grundschule Handreichung des Programms SINUS an Grundschulen Kiel IPN-Materialien

Lorenz J H (2000) bdquoAus Fehlern wird man hellip Irrtuumlmer in der Mathematikdidaktik des 20 Jahrhun-dertsldquo Grundschule 32 (1) 19 ndash 22

Lorenz J H (2006) Hamburger Rechentest Manual Hamburg

Nieders aumlchsischen Kultusministerium (2006) Kerncurriculum Schuljahrgaumlnge 1-4 Mathematik Hanno-ver (httpdb2nibisde1dbcuvodateikc_gs_mathe_nibpdf )

Nuumlhren boumlrger M amp Pust S (2006) Mit Unterschieden rechnen Lernumgebungen und Materialien fuumlr einen differenzierenden Anfangsunterricht Mathematik Seelze KlettKallmeyer

Peter-K oop A Wollring B Spindeler B amp Gruumlszliging M (2007) ElementarMathematisches BasisInter-view Offenburg Mildenberger

Radatz H (1980) Fehleranalysen im Mathematikunterricht Braunschweig Wiesbaden Vieweg

Rasch R (2003) 42 Denk- und Sachaufgaben Wie Kinder mathematische Aufgaben loumlsen und diskutie-ren 1 Aufl Seelze-Velber Kallmeyer

Rinken s H-D Houmlnisch K (2006) Welt der Zahl 4 Arbeitsblaumltter Ausgabe Nord Braunschweig Schroedel

Roick T Goumllitz D amp Hasselhorn M (2004) Deutscher Mathematiktest fuumlr dritte Klassen (DEMAT 3+) Goumlttingen Hogrefe

Selter C amp Spiegel H (1997) Wie Kinder rechnen Leipzig Klett Grundschulverlag

Steinbr ing H (1995) Zahlen sind nicht nur zum Rechnen da Wie Kinder im Arithmetikunterricht strategisch-strukturelle Vorgehensweisen entwickeln In G N Muumlller amp E C Wittmann (Hg) Mit Kindern rechnen (S 225-239) Frankfurt am Main Arbeitskreis Grundschule ndash Der Grundschulver-band - e V

Steinbr ing H (1997) Beziehungsreiches Uumlben ndash ein arithmetisches Problemfeld mathematik lehren 83 (8) S 59-63

Sunder mann B amp Selter Ch (2006) Beurteilen und Foumlrdern im Mathematikunterricht Berlin Cornelsen Scriptor

Winter H (1997) Problemorientierung des Sachrechnens in der Primarstufe als Moumlglichkeit entde-ckendes Lernen zu foumlrdern In P Bardy (Hg) Mathematische und mathematikdidaktische Ausbil-dung von Grundschullehrerinnen-lehrern (S 57-92) Weinheim Deutscher Studienverlag

Winter H (2003) rsaquoGute Aufgabenlsaquo fuumlr das Sachrechnen In M Baum amp H Wielpuumltz (Hg) Mathematik in der Grundschule Ein Arbeitsbuch (S 177-183) Seelze KlettKallmeyer

Wittm ann E Ch amp Muumlller G N (1992) Handbuch produktiver Rechenuumlbungen Bd 2 Vom halbschrift-lichen zum schriftlichen Rechnen Stuttgart Duumlsseldorf Berlin Leipzig Klett

Wittm ann E Ch amp Muumlller G N (1993) Handbuch produktiver Rechenuumlbungen Bd 1 Vom Einspluseins zum Einmaleins - 2 uumlberarb Aufl Stuttgart Duumlsseldorf Berlin Leipzig Klett

Wittm ann E C (1998) Design und Erforschung von Lernumgebungen als Kern der Mathematikstruktur Beitraumlge zur Lehrerbildung 16 (3) S 329-42

Zentru m fuumlr Empirische Paumldagogische Forschung VERA httpwww uni-landaudeveraindexhtm (zuletzt aufgerufen 13082011)

5Literatur

Ministeriumfuumlr Bildung und Kultur

des Landes Schleswig-Holstein

Partner des Programm

s SINU

S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

Programmkoordination fuumlr die Laumlnder durch dasMinisterium fuumlr Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBK)Dr Kai Niemannwwwschleswig-holsteindeMBKDEMBK_nodehtml

Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

21

5 LiteraturBos W (2008) TIMSS 2007 Mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen von

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Guder K-U Herrmann C Luumlthje T amp Pyroth S (2007a) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Klassen-testhefte 1 Schuljahr Teil 1 und Teil 2 Stuttgart Klett

Guder K-U Herrmann C Luumlthje T amp Pyroth S (2007b) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Klassen-testhefte 2 Schuljahr Teil 1 und Teil 2 Stuttgart Klett

Guder K-U Herrmann C Luumlthje T amp Pyroth S (2007c) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Einzeltest-kartei 12 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Herrmann C amp Pyroth S (2007d) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Foumlrderkartei 12 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Kruumlger H amp Pyroth S (2008a) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Lehrerhandreichungen 1-4 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Kruumlger H amp Pyroth S (2008b) Diagnosebegleiter ndash Mathematik Klassentesthefte 3-4 Schuljahr Jeweils Teile 1 und 2 Stuttgart Klett

Guder K-U Pyroth S Kruumlger H Dreier N amp Winkelmann I (2008c) Diagnosebegleiter ndash Mathema-tik Einzeltestkartei 34 Schuljahr Stuttgart Klett

Guder K-U Pyroth S Kruumlger H Dreier N amp Winkelmann I (2008d) Diagnosebegleiter ndash Mathema-tik Foumlrderkartei 34 Schuljahr Stuttgart Klett

Helmke A (2009) Unterrichtsqualitaumlt und Lehrerprofessionalitaumlt Seelze-Velber Kallmeyer

Hengar tner E Hirt U Waumllthi B amp Primarschulteam Lupsingen (2006) Lernumgebungen fuumlr Rechen-schwache bis Hochbegabte natuumlrliche Differenzierung im Mathematikunterricht 1 Aufl Zug Klett und Balmer

Hirt U amp Waumllthi B (2008) Lernumgebungen im Mathematikuntericht Natuumlrliche Differenzierung fuumlr Rechenschwache bis Hochbegabte Seelze KlettKallmeyer

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KMK (S ekretariat der Staumlndigen Konferenz der Kultusminister der Laumlnder in der Bundesrepublik Deutsch-land) (2005) Bildungsstandards im Fach Mathematik fuumlr den Primarbereich (Jahrgangsstufe 4) Muumlnchen Neuwied Luchterhand

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5Literatur

22

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Lorenz J H (2000) bdquoAus Fehlern wird man hellip Irrtuumlmer in der Mathematikdidaktik des 20 Jahrhun-dertsldquo Grundschule 32 (1) 19 ndash 22

Lorenz J H (2006) Hamburger Rechentest Manual Hamburg

Nieders aumlchsischen Kultusministerium (2006) Kerncurriculum Schuljahrgaumlnge 1-4 Mathematik Hanno-ver (httpdb2nibisde1dbcuvodateikc_gs_mathe_nibpdf )

Nuumlhren boumlrger M amp Pust S (2006) Mit Unterschieden rechnen Lernumgebungen und Materialien fuumlr einen differenzierenden Anfangsunterricht Mathematik Seelze KlettKallmeyer

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Radatz H (1980) Fehleranalysen im Mathematikunterricht Braunschweig Wiesbaden Vieweg

Rasch R (2003) 42 Denk- und Sachaufgaben Wie Kinder mathematische Aufgaben loumlsen und diskutie-ren 1 Aufl Seelze-Velber Kallmeyer

Rinken s H-D Houmlnisch K (2006) Welt der Zahl 4 Arbeitsblaumltter Ausgabe Nord Braunschweig Schroedel

Roick T Goumllitz D amp Hasselhorn M (2004) Deutscher Mathematiktest fuumlr dritte Klassen (DEMAT 3+) Goumlttingen Hogrefe

Selter C amp Spiegel H (1997) Wie Kinder rechnen Leipzig Klett Grundschulverlag

Steinbr ing H (1995) Zahlen sind nicht nur zum Rechnen da Wie Kinder im Arithmetikunterricht strategisch-strukturelle Vorgehensweisen entwickeln In G N Muumlller amp E C Wittmann (Hg) Mit Kindern rechnen (S 225-239) Frankfurt am Main Arbeitskreis Grundschule ndash Der Grundschulver-band - e V

Steinbr ing H (1997) Beziehungsreiches Uumlben ndash ein arithmetisches Problemfeld mathematik lehren 83 (8) S 59-63

Sunder mann B amp Selter Ch (2006) Beurteilen und Foumlrdern im Mathematikunterricht Berlin Cornelsen Scriptor

Winter H (1997) Problemorientierung des Sachrechnens in der Primarstufe als Moumlglichkeit entde-ckendes Lernen zu foumlrdern In P Bardy (Hg) Mathematische und mathematikdidaktische Ausbil-dung von Grundschullehrerinnen-lehrern (S 57-92) Weinheim Deutscher Studienverlag

Winter H (2003) rsaquoGute Aufgabenlsaquo fuumlr das Sachrechnen In M Baum amp H Wielpuumltz (Hg) Mathematik in der Grundschule Ein Arbeitsbuch (S 177-183) Seelze KlettKallmeyer

Wittm ann E Ch amp Muumlller G N (1992) Handbuch produktiver Rechenuumlbungen Bd 2 Vom halbschrift-lichen zum schriftlichen Rechnen Stuttgart Duumlsseldorf Berlin Leipzig Klett

Wittm ann E Ch amp Muumlller G N (1993) Handbuch produktiver Rechenuumlbungen Bd 1 Vom Einspluseins zum Einmaleins - 2 uumlberarb Aufl Stuttgart Duumlsseldorf Berlin Leipzig Klett

Wittm ann E C (1998) Design und Erforschung von Lernumgebungen als Kern der Mathematikstruktur Beitraumlge zur Lehrerbildung 16 (3) S 329-42

Zentru m fuumlr Empirische Paumldagogische Forschung VERA httpwww uni-landaudeveraindexhtm (zuletzt aufgerufen 13082011)

5Literatur

Ministeriumfuumlr Bildung und Kultur

des Landes Schleswig-Holstein

Partner des Programm

s SINU

S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

Programmkoordination fuumlr die Laumlnder durch dasMinisterium fuumlr Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBK)Dr Kai Niemannwwwschleswig-holsteindeMBKDEMBK_nodehtml

Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

22

Krajews ki K Liehm S amp Schneider W (2004) Deutscher Mathematiktest fuumlr zweite Klassen (DEMAT 2+) Goumlttingen Hogrefe

Krautha usen G amp Scherer P (2010) Umgang mit Heterogenitaumlt Natuumlrliche Differenzierung im Mathe-matikunterricht der Grundschule Handreichung des Programms SINUS an Grundschulen Kiel IPN-Materialien

Lorenz J H (2000) bdquoAus Fehlern wird man hellip Irrtuumlmer in der Mathematikdidaktik des 20 Jahrhun-dertsldquo Grundschule 32 (1) 19 ndash 22

Lorenz J H (2006) Hamburger Rechentest Manual Hamburg

Nieders aumlchsischen Kultusministerium (2006) Kerncurriculum Schuljahrgaumlnge 1-4 Mathematik Hanno-ver (httpdb2nibisde1dbcuvodateikc_gs_mathe_nibpdf )

Nuumlhren boumlrger M amp Pust S (2006) Mit Unterschieden rechnen Lernumgebungen und Materialien fuumlr einen differenzierenden Anfangsunterricht Mathematik Seelze KlettKallmeyer

Peter-K oop A Wollring B Spindeler B amp Gruumlszliging M (2007) ElementarMathematisches BasisInter-view Offenburg Mildenberger

Radatz H (1980) Fehleranalysen im Mathematikunterricht Braunschweig Wiesbaden Vieweg

Rasch R (2003) 42 Denk- und Sachaufgaben Wie Kinder mathematische Aufgaben loumlsen und diskutie-ren 1 Aufl Seelze-Velber Kallmeyer

Rinken s H-D Houmlnisch K (2006) Welt der Zahl 4 Arbeitsblaumltter Ausgabe Nord Braunschweig Schroedel

Roick T Goumllitz D amp Hasselhorn M (2004) Deutscher Mathematiktest fuumlr dritte Klassen (DEMAT 3+) Goumlttingen Hogrefe

Selter C amp Spiegel H (1997) Wie Kinder rechnen Leipzig Klett Grundschulverlag

Steinbr ing H (1995) Zahlen sind nicht nur zum Rechnen da Wie Kinder im Arithmetikunterricht strategisch-strukturelle Vorgehensweisen entwickeln In G N Muumlller amp E C Wittmann (Hg) Mit Kindern rechnen (S 225-239) Frankfurt am Main Arbeitskreis Grundschule ndash Der Grundschulver-band - e V

Steinbr ing H (1997) Beziehungsreiches Uumlben ndash ein arithmetisches Problemfeld mathematik lehren 83 (8) S 59-63

Sunder mann B amp Selter Ch (2006) Beurteilen und Foumlrdern im Mathematikunterricht Berlin Cornelsen Scriptor

Winter H (1997) Problemorientierung des Sachrechnens in der Primarstufe als Moumlglichkeit entde-ckendes Lernen zu foumlrdern In P Bardy (Hg) Mathematische und mathematikdidaktische Ausbil-dung von Grundschullehrerinnen-lehrern (S 57-92) Weinheim Deutscher Studienverlag

Winter H (2003) rsaquoGute Aufgabenlsaquo fuumlr das Sachrechnen In M Baum amp H Wielpuumltz (Hg) Mathematik in der Grundschule Ein Arbeitsbuch (S 177-183) Seelze KlettKallmeyer

Wittm ann E Ch amp Muumlller G N (1992) Handbuch produktiver Rechenuumlbungen Bd 2 Vom halbschrift-lichen zum schriftlichen Rechnen Stuttgart Duumlsseldorf Berlin Leipzig Klett

Wittm ann E Ch amp Muumlller G N (1993) Handbuch produktiver Rechenuumlbungen Bd 1 Vom Einspluseins zum Einmaleins - 2 uumlberarb Aufl Stuttgart Duumlsseldorf Berlin Leipzig Klett

Wittm ann E C (1998) Design und Erforschung von Lernumgebungen als Kern der Mathematikstruktur Beitraumlge zur Lehrerbildung 16 (3) S 329-42

Zentru m fuumlr Empirische Paumldagogische Forschung VERA httpwww uni-landaudeveraindexhtm (zuletzt aufgerufen 13082011)

5Literatur

Ministeriumfuumlr Bildung und Kultur

des Landes Schleswig-Holstein

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S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

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ISBN fuumlr diese Handreichung978-3-89088-216-1

  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur

Ministeriumfuumlr Bildung und Kultur

des Landes Schleswig-Holstein

Partner des Programm

s SINU

S an Grundschulen

Programmtraumlger IPN KielProjektleitung Prof Dr Olaf Koumlllerwwwipnuni-kielde

SINUS an GrundschulenProjektkoordination am IPN Dr Claudia FischerTel +49(0)431880-3136cfischeripnuni-kieldewwwsinus-an-grundschulende

Programmkoordination fuumlr die Laumlnder durch dasMinisterium fuumlr Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBK)Dr Kai Niemannwwwschleswig-holsteindeMBKDEMBK_nodehtml

Serverbetreuung Deutsches Institut fuumlr Internationale Paumldagogische Forschung (DIPF)wwwdipfde

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  • 1 Einfuumlhrung
  • 2 Moumlglichkeiten der Diagnostik
    • 21 Produkte und Prozesse
    • 22 Standardisierte Tests
    • 23 Informelle schriftliche Testverfahren
    • 24 Interviews und diagnostische Gespraumlche
    • 25 Beobachtungen
    • 26 Eigenproduktionen
    • 27 Integriertes Modell
      • 3 Fordern und Foumlrdern
        • 31 Substanzielle Lernumgebungen
        • 32 Natuumlrliche Differenzierung durch Aufgabenoumlffnung
          • 4 Schlussbemerkung
          • 5 Literatur