Maturarbeit

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CHIAROSCURO Erleuchtete Dunkelheit im Barock April 2015 - Adrian Geller - 3c - Gymnasium Oberwil Betreuerin-D.Schaffner

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Chiaroscuro - erleuchtete Dunkelheit Adrian Geller 2015

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CHIAROSCUROErleuchtete Dunkelheit im Barock

April 2015 - Adrian Geller - 3c - Gymnasium OberwilBetreuerin-D.Schaffner

Chiaroscuro - erleuchtete Dunkelheit Adrian Geller 2015

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Inhaltsverzeichnis

1 Vorwort..................................................................................................... 52 Einleitung................................................................................................. 53 Chiaroscuro 3.1 Definition.................................................................................. 7 3.2 Der Barock................................................................................ 9 3.3 Dramatik und Tragik...............................................................114 Caravaggio 4.1 Biografie....................................................................................13 4.2 Chiaroscuro; Caravaggios Technik.......................................135 Bildanalysen 5.1 Narziss - Caravaggio...............................................................15 5.2 Die Nachtwache - Rembrandt van Rijn................................19 5.3 Auswertung..............................................................................256 Eigene Gemälde 6.1 Zielsetzung..............................................................................25 6.2 Konzept....................................................................................27 6.3 Experimente.............................................................................27 6.4 Umsetzung 6.4.1 Bild 1........................................................................31 6.4.2 Bild 2........................................................................337 Fazit...........................................................................................................358 Schlusswort..............................................................................................379 Quellenverzeichnis 9.1 Literaturverzeichnis................................................................39 9.2 Webverzeichnis.......................................................................39 9.3 Abbildungsverzeichnis...........................................................3910 Selbständigkeitserklärung....................................................................4111 Beilagen..................................................................................................41

Abb.1; Aquarell von Böcklins „Pan im Schilf “

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1 VorwortSchon vor einem Jahr habe ich angefangen, mir ein Thema auszusuchen, das meinen Ansprüchen genügen würde. Ich habe beinahe ein halbes Skizzenbuch mit meinem Weg zum endgültigen Thema gefüllt. Wichtig war mir dabei nur, etwas künstlerisches zu schaffen. Ich wollte etwas mit meinen Händen erzeugen, was beeindruckt und worauf ich stolz sein kann. Ausserdem wollte ich etwas anderes erarbeiten als die Schüler vor mir. Somit habe ich mich für die Ölfarbe entschieden und für eine Epoche, die gewöhnlich viele aufgrund des Naturalismus abschreckt. Durch meine Skizzen und Studien von ver-schiedenen Gemälden, darunter Böcklin, J.W.Waterhouse und E.Millais, habe ich mich langsam an das Thema der Tragik herangetastet. Diese Werke, wie etwa die Ophelia von Millais (Abb.2), die ich im Sommer dann auch in London vor Ort betrachten konnte, beeindruckten mich sehr und schüchterten mich auch ein. Trotzdem entschied ich mich für dieses Thema. Die Ölfarbe, die ich gekauft hatte, benutzte ich für Experimente und erste Bilder. Meine schon gesammelten Erfahrungen mit Acrylfarbe kamen mir da sehr gelegen. Die beiden Werke, die ich innerhalb von etwa 30 Stunden gefertigt habe, kom-men keinesfalls den Meisterwerken meiner Idole nahe. Dennoch denke ich, dass sie eine Geschichte erzählen und zumindest einen Enthusiasmus von meiner Seite aufdzeigen.

2 EinleitungDas Chiaroscuro zieht sich durch die ganze Kunstgeschichte. Der Wendepunkt im Ba-rock brachte es jedoch erst richtig zum Vorschein. Danach wurde es laufend weiterent-wickelt und wiederverwendet. Caravaggio war ein Meister dieser Technik, und er hatte viele Nachahmer. Obschon Caravaggio in der Kunsthistorik bedauernswerterweise eher untergeht, war er ein natürliches Genie der Malkunst. Seine Biografie, wirr und turbul-ent, trieft nur von Dramatik, die ebenso in seinen Bilder wiederzuerkennen ist. Cara-vaggio ist bei weitem nicht der einzige: auch Rembrandt nutzt diese Technik, um seinen Auftragsbildern Atmosphäre zu geben.Diese Technik habe ich im praktischen Teil selbst angewendet. Ich habe zu Ölfarbe und Pinsel gegriffen und mir selbst ein Bild des Chiaroscuro gemalt. Die Darstellung grie-chischer Mythen habe ich mir dazu als Hauptthema genommen. Narziss, als Vorbild galt natürlich Caravaggios Werk, und Orpheus, eine andere tragische Geschichte, waren schliesslich die Motive, die ich verwirklichen wollte. Aus der Fertigung dieser Bilder und der Vorskizzen habe ich viel über die Wirkung des Chiaroscuro gelernt. Vor allem

Abb.2; John Everett Millais; Ophelia

Abb.3; Abendmahl in Emmaus; Caravaggio

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jedoch habe ich eine Theorie entwickelt, weshalb das Chiaroscuro als Katalysator in der Dramatik wirkt.

3 Chiaroscuro3.1 DefinitionChiaroscuro, it. für hell-dunkel, was einen starken Lichtkontrast in einem Bild be-schreibt. Dieser Malstil, der seinen Ursprung in der Renaissance hat, wurde über viele Epochen der Kunstgeschichte hinweg stetig wiederholt und neu interpretiert. Beispiele dazu bringen Künstler wie Rembrandt oder Goya, welche stark kontrastierende Gemäl-de erschaffen haben. Ihre Werke richten sich aber hauptsächlich nach den Vorgaben von Caravaggios Œuvre, der den Meilenstein zu diesem Stil geschaffen hat. Chiaroscuro entwickelt sich im Spiel von Licht und Schatten einer Szenerie. Diese Kom-ponenten bilden aus dem Zusammenspiel Flächen, welche sich zu plastischen Körpern zusammenfügen und somit die Tiefe unterstreichen. Grundsätzlich ist klar, dass Licht Dinge erscheinen lässt. Sobald jedoch Schatten hinzugefügt wird, bildet sich Plastizi-tät.1 Zusätzlich wird durch den Gebrauch dieser Technik das Objekt in Einzelflächen aufgerissen.2 Somit ist der Körper nicht mehr klar erkennbar, sondern fügt sich für den Betrachter zu einem plastischen Modell zusammen. Je stärker dieser Kontrast, desto ab-strakter erscheint uns das Motiv. Folglich wird klar, dass das Chiaroscuro nicht nur das zu malende Objekt als Motiv hat. Auch das Licht an sich wird zum Gegenstand der Betrachtung und Darstellung.3 Das Licht wird an sich erfasst, unabhängig ob es Tages- oder Kerzenlicht ist, denn die Quelle ist in dieser Form irrelevant (Abb.3). Weshalb auch die Lichtquelle meist ausserhalb des Bildes ist, meist schräg von oben einfallend.4 Nach Baumgart verbessert Caravaggio das Licht in der Darstellung nicht, erhebt es nicht zum göttlichen, sondern verstärkt seine Natürlichkeit und kommt somit dem ersehnten Na-turalismus näher.5

1 - Caravaggio; F.Baumgart; S.532 - Caravaggio; F.Baumgart; S.553 - Caravaggio; F.Baumgart; S.554 - Caravaggio; F.Baumgart; S.535 - Caravaggio; F.Baumgart; S.58

Abb.4; Deckenmalerei von Baciccio; Bei-spiel an überladenem Prunk.

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3.2 Der BarockDer Begriff Barock, dessen Herkunft noch ungeklärt beziehungsweise ungewiss ist, je-doch unregelmäßig, seltsam oder wunderlich gedeutet1 und metaphorisch als unregel-mässige Perle dargestellt wird. Andere Lexika beschreiben die Herkunft des Wortes vom italienischen Wort für Perücke (parrucca). Diese Herkunftstheorien treffen sich jedoch in einer Grauzone, einer Bezeichnung von Seltsamem, nicht Zusammengehörendem, Launenhaftem bis hin zum unerklärbaren Willkürlichen. Das Wort Barock ist aus jenem Adjektiv „barocco“ entstanden, welches den momentanen Kultursinn in dieser Zeit wie-dergibt.Diese Adjektiv „barock“ trifft auf Eigenschaften wie skurril, absurd und überladen zu. Demnach folgt, dass die Epoche des Barock einen extremen Sinneswandel von einer vergleichsweisen schlichten und nüchternen Renaissance, welche sich auf Realitäten und Erkenntnisse der Wissenschaft stützte, in eine absurde und realitätsferne Fantasie tat, die sich in skurrilen überladenen Elementen auszeichnet (Abb.4).Der Barock bildet sich in verschiedenen Teilen der Kultur aus. Dazu gehören Kunst, Literatur, Theater, Musik und Architektur.Die Kunst zeigt sich in einer üppigen Szenerie. Schönheitsideale haben hier Vorrang. Weibliche Figuren werden dem barocken Ideal in Fülle dargestellt, ähnlich einer unre-gelmässigen weissen Perle mit heller Haut. Ausserdem sind die Jugend, Schönheit und die Fülle die Attribute des Barocks. Durch die ganze Epoche zieht sich eine ausgeprägte Vorliebe für Diagonalen in der Komposition (Abb.5). Die Malerei des Barocks entfal-tet sich in vielen Genres, wie etwa die Darstellung von sakralen oder mythologischen Themen. Die sakralen Darstellung entsprangen oft den Aufträgen des Klerus in Rom, gründend auf der Verteidigung gegen die Reformation.2

1 - Barock; H.Bauer; S.92 - Die Kunst des Barocks; K.Hellwig; Malerei des 17.Jahrunderts; S.373

Abb.5; Der Sturz des Phaeton; P.P. Rubens; starke Bilddiagonale

Abb.6; Die Festnahme Christi; Caravaggio

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3.3 Dramatik und TragikDie Dramatik und Tragik besteht als bedeutender Teil des Barocks. Die üppige Darstel-lung und die abfallende oder aufsteigende Diagonale geben den Werken eine imposante Atmosphäre. Zur Zeit des Barocks gab es eine Vorliebe für das Kolossale und Über-wältigende,1 was sich durch Darstellungen von Licht und Schatten nur verstärkte. Das Chiaroscuro bildet durch seine Mysteriosität eine Aura von Tragik in jedem Gemälde. Diese entsteht dadurch, dass ein Teil des Dargestellten im Dunkel versinkt und der an-dere Teil durch das spärliche Licht erhellt wird. Dadurch wird dem Betrachter ungewiss was sich in der Dunkelheit verbirgt. Diese Ungewissheit erzeugt eine einschüchternde Atmosphäre, was dazu führt, dass wir eine dramatische Szene wahrnehmen. Das Licht, meist von oben kommend, erleuchtet Teile der Szenerie was zu einem starken Kont-rast und somit zu einem dramatischen Effekt führt. Die Dramatik beruht jedoch nicht nur auf Chiaroscuro, sondern auch auf der Komposition und der Darstellung der Szene. Raumdiagonalen und theatralische Posen sind die Stichworte. Die Diagonale als abfal-lende oder aufsteigende Bewegung gibt dem Bild Dynamik. Die Posen, meist die Arme gestreckt, tänzerisch, um eine Annäherung an die Perfektion zu garantieren. Der ausge-streckte Arm, der nach etwas zu greifen scheint, es jedoch nicht erreichen kann (Abb.7). Dies führt zu diesem tragischen Eindruck, wie wir ihn empfinden, wenn wir das Bild betrachten. Das Ausstrecken des Armes kann auch übertragen werden auf andere Kör-perteile, so etwa das Neigen oder Drehen des Kopfes, eine Drehung des Oberkörpers usw.. Erstaunlicherweise kann diese Technik des Unerreichbaren auch im dargestellten Gesicht angewendet werden. Augen, die in die Höhe blicken, um etwas zu erreichen, strahlen ebenso Tragik aus. Im Barock ist die Darstellung der Dramatik ebenfalls auf eine Stilisierung des Bewegten zurückzuführen. So ist etwa Christus in Caravaggios Ge-mälde „Die Festnahme Christi“ (Abb.6) in einer instabilen Schieflage, seine Arme und sein Blick versuchen verzweifelt der übermächtigen Bewegung der Masse entgegenzu-wirken. Das Tuch über seinem Kopf ist erstarrt und bildet eine elegant geformte Kurve. Dies gibt dem Bild einen Effekt des Zeitlosen, des Stillstandes. Dieses Mittel wird auch heute in der Filmsparte eingesetzt. Tragische Szenen wirken stärker auf den Betrachter ein wenn sie sich in Zeitlupe abgespielen.

1 - Die Kunst des Barocks; K.Hellwig; Malerei des 17.Jahrhunderts; S.372

Abb.7; Narziss; Benczur Gyula; Beispiel einer tragischen Pose

Abb.8 Knabe mit Früchtekorb; Caravaggio

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4 Caravaggio

4.1 BiografieCaravaggio Merisi wurde 1571 in Caravaggio geboren. Sein Vater war im Dienst des Marquese de Caravaggio. 1584 nimmt Caravaggio eine Lehre bei Simone Peterzano auf, welcher ein Lehrling Tizians war. Nach Abschluss der 4-jährigen Lehre kehrt er nach Caravaggio zurück wo seine Mutter 1590 stirbt. Aufgrund von Hungersnöten und Epi-demien flüchtet Caravaggio nach Rom. Dort nahm er dann schliesslich seine Arbeit bei Arpino wieder auf, ein anerkannter Stillebenmaler dieser Zeit. Sein Unterstützer und Financier ist Kardinal del Monte. Die Kirche ist die einzige finanzielle Basis der Künste damals. Nach 1600 wird Caravaggio berüchtigt für kleinkriminelle Handlungen, ausser-dem verspottet er andere Zeitgenossen. 1606 begeht Caravaggio Mord an einem Spiel-gegner in Neapel, er flüchtet schliesslich nach Genua. Von dort geht er nach Malta, wo er 1607 zum Ritter des Malteserordens ernannt wird. Als er jedoch wieder wegen krimi-neller Handlung auffällt, wird er aus dem Orden ausgeschlossen. Er beschliesst wieder zurück nach Rom zu reisen, in Neapel wird er von Freunden seines Mordopfers überfal-len. Er findet Schutz bei Kardinal Gonzaga, wird jedoch dann hinter Gitter gebracht. Als er nach 2 Tagen wieder frei kommt, setzt er seine Reise nach Rom zu Fuss fort. Starkes Fieber quält ihn auf der Reise und er stirbt schliesslich am 18. Juli 1610.Baglione, ein Künstler dieser Zeit, der von Caravaggio immer verhöhnt wurde, spottete er wäre so elend gestorben wie er gelebt hatte.1

4.2 Chiaroscuro; Caravaggios TechnikCaravaggios Trumpf in seiner Zeit waren der Naturalismus, das Chiaroscuro und die Farbigkeit. Diese galt es zu dieser Zeit zur Perfektion zu treiben.2 In der Darstellung des Lichts und Schattens als weitverbreitete Technik im Barock, so wie sie auch Rembrandt und Vermeer gebraucht haben, hat Caravaggio eine eigene Darstellungsart gefunden. Er braucht den Stil in einer extremeren Form, in der der natürliche Zustand die Nacht ist,

1 - Caravaggio; J.Held; S.21-252 - Caravaggio; F.Baumgart; S.47-48

Abb.9; Die Berufung des Matthäus; Cara-vaggio

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die Szenerie jedoch ist in das Licht einer Kerze oder Laterne getaucht. Dazu muss jedoch gesagt werden, dass die Intensität der Helligkeit einer Kerze niemals ausgereicht haben kann um diese Szenen zu erleuchten. David Hockney erklärt in seinem Buch „Geheimes Wissen“ anhand verschiedener Punkte, dass eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass Caravaggio mit der Camera obscura gearbeitet hat. Dieses Hilfsmittel hat ihm er-laubt, die Szenerie nachzustellen, wichtige Körperpunkte der Personen rasch festzuhal-ten, um schliesslich die Modelle unabhängig voneinander posieren lassen können. Diese Technik implementiert jedoch eine starke und grelle Lichtquelle. Diese kann unbestreit-bar nur Tageslicht gewesen sein.1 Trotzdem ist in seinen Bildern nicht die Lichtquelle das entscheidende, sondern das Licht an sich2 In den Ateliers waren die Fenster (ausser die essentielle Lichtquelle) meist übermalt, z.B. in „Die Berufung des Matthäus“ (Abb.9) da es sonst zu grellem Gegenlicht kommen würde und zudem die Lichtquelle im Bild sichtbar würde was offensichtlich unerwünscht war. Ausserdem sieht man an diesem Gemälde sehr gut, dass Caravaggio nicht in die Tiefe geht, alles spielt sich auf einer Ebe-ne ab, die Blicke, die Gesten liegen alle auf derselben Ebene.3

5 Bildanalysen5.1 Narziss – CaravaggioMichelangelo Merisi da Caravaggio erschuf dieses Gemälde in der Zeitspanne von 1597-1599. Das Motiv des Narziss wurde mithilfe von Ölfarben auf Leinwand dargestellt, in einem Format von 113.3 cm x 94 cm.4Es hängt in der nationalen Galerie der antiken Kunst in Rom im Palazzo Barberini. Zu sehen ist ein Jüngling, der sich mit beiden Händen abstützt um seine Reflektion im Was-ser zu betrachten. Er neigt leicht zur linken Seite um die Distanz zu seinem Spiegelbild zu verkleinern. Die Hand auf der rechten Seite des Bildes taucht ins dunkle Wasser. Der Knabe trägt ein Hemd mit weiten Ärmeln, die bis zu den Ellbogen hochgekrempelt sind. Er kniet am Wasser, eines seiner Beine ist unbedeckt. Am Oberkörper trägt er ein Bro-katoberteil ohne Ärmel. Das Profil des Gesichts ist frei, da die Haare sorgsam zur Seite gekämmt wurden. Der Hintergrund ist gleich wie das Wasser sehr dunkel. Die Reflek-tion im Wasser ist sehr viel trüber als das reale Abbild, die Konturen sind nur noch als dunkle Schemen zu erkennen. Die Wassergrenze ist etwa in der Bildmitte zu erkennen.Als zentrales Objekt im Zentrum steht sicher das Gesicht und die Arme des Jungen. 1 - Geheimes Wissen; D.Hockney; S.1262 - Caravaggio; F.Baumgart; S.593 - Geheimes Wissen; D.Hockney; S.124-1254 - galleriabarberini.beniculturali.it

Abb.10; Narziss; Caravaggio

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Der Raum entsteht ebenfalls durch Überschneidung, da der Arm auf der rechten Seite über das Bein verläuft, welches sich ins Dunkle verliert. Die Frontalansicht nimmt einen grossen Teil der Perspektive und der Tiefe, die räumliche Wirkung nach vorne geht je-doch nicht verloren.Die Flächenformen und –verteilung ist sehr speziell. Die hellen Bildflächen sind klar in der Minderheit. Durch diese spärliche Verteilung von hellen Flächen, die schliesslich die Formgebung und Kontur minimal darstellt, entsteht der Chiaroscuro. Die hellen Flächen sind zu einem Kreis (Körper, Arme, Spiegelbild) und einem Zentrum in der Mitte (Knie) angeordnet. Die Flächenunterteilung oben/unten durch die Wasseroberfläche steht etwa im Verhältnis des goldenen Schnitts, wobei der grössere Teil vom realen Körper des Narziss gefüllt wird. Die hellen Flächen grenzen sich klar von den dunklen ab, jedoch gibt es verwischende und klare Übergänge. Das Knie bildet eine klare Binnenfläche in der Mitte, wird jedoch im Spiegelbild beinahe ausgeblendet.Die klarste Linie im Bild ist sicherlich der Kreis, der durch die Arme, die Schultern, den Kopf zur Hälfte gebildet und schliesslich durch das Spiegelbild vollendet wird (Abb.11). Auch die Horizontale, mehrmals im Bild klar erkennbar, durch die Wasseroberfläche (bzw. Kante) und die Linie des Rückens, bzw. der Schultern die ausserdem durch die Neigung des Kopfes unterstützt wird. Der Kreis könnte ebenfalls als Dreieck gesehen werden, wenn man der Neigung der Arme Achtung trägt. Folglich wäre dann eine Form-wiederholung im Gesicht erkennbar, genauer im Auge, welches in einem dreieckigen Schatten liegt. Die Lichtsituation ist relativ einfach: Das Licht stammt aus der linken oberen Bildecke, und führt diagonal übers Bild. Die Stellen, wo das Licht direkt auf den Körper trifft ist es am hellsten. Das Haar zeigt wenig Glanzlichter auf, was aufgrund der Lichtkonstellation und der Natur des Haares unrealistisch wirkt. Auch die zu erwartende Lichtreflexion und die damit verbundene Beleuchtung von unten bleibt aus.Trotz starker Ausleuchtung des Körpers ist das Spiegelbild verschwommen und sehr ver-dunkelt. Die runden Formen wurden bei den Hell/Dunkel Kontrasten weich schattiert, d.h. mit Verlauf, während die Flächen entgegen der Lichtquelle völlig abgedunkelt sind und über eine scharfe Kante verfügen. Die Verteilung der hellen Flächen beschränkt sich auf den oberen Teil des Bildes. Die hellen Flächen bilden Kreise. Die Komposition weitet sich auf eine breite Varietät von Formen aus. Die Diagonale, durch Kopf und Knie gebildet, bricht die strenge zentrierte Kreiskomposition des Körpers und seines Spiegel-bilds auf. Weiter ist die Horizontale zwei Mal stark ausgeprägt in den Schultern und der Wasserlinie und auch schwach im Spiegelbild des Narziss. Die Vertikale ist ebenfalls klar zu erkennen, vor allem im Arm und dem Blick, der in einer lotrechten Linie durch das

Abb.11; Narziss; Caravaggio; Kompositionslinien

Abb.12; Narziss nach Caravaggio; Studie

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Bild verläuft. Der dunkle Block des Wassers bildet eine stabile Grundlage für Narziss, der sich mit extravaganten und filigranen Hell/Dunkel Kontrasten vom Hintergrund abhebt. Die Kreiskomposition des Körpers könnte als Dreieck gedeutet werden, aufgrund der unterschiedlichen Neigungen der Arme und des spitzen Winkels im linken Ellenbogen, Narziss nimmt das ganze Bild ein, sein Spiegelbild ist jedoch abgeschnitten.Stilistisch lässt sich das Bild im Barock bis Hochbarock einordnen. Im breiten Werk von Caravaggio geht dieses Gemälde eher unter, da Caravaggios Hauptfeld eigentlich die Darstellung von katholischen Gestalten war. Jedoch hat er auch einige heidnische Sagenfiguren dargestellt.Die tragische Pose des Narziss lässt uns erkennen wie verzweifelt er ist. Er neigt sich vornüber, berührt mit einer Hand die Wasseroberfläche, bricht jedoch durch. Die Was-seroberfläche lässt sich als Spiegel seiner selbst interpretieren. Er ist verliebt in sich selbst, sieht sich im Spiegel, kann sein Spiegelbild jedoch nicht berühren. Er läuft Ge-fahr, in das Wasser hineinzufallen, da er sich so weit nach vorne neigt. Er würde somit in die Tiefen seiner Seele fallen. Diese tiefe Verzweiflung dargestellt durch das Versinken in sich selbst, berührt den Betrachter. Narziss bekommt durch dieses Versinken nichts mehr von der Aussenwelt mit, keine Frauen oder Männer die er auch lieben könnte. Er schottet sich ab und ist somit auch von aussen unerreichbar. Es erhebt sich wie eine dunkle Mauer um ihn, symbolisch steht dafür die Dunkelheit hinter ihm. Teile von ihm versinken in der Dunkelheit, während er ins Wasser zu fallen droht. Der Ausschluss aus der Gesellschaft, dargestellt durch die Dunkelheit, und die Gefahr seiner Selbst, darge-stellt durch die Tiefe des Wassers sind die beiden Kontrapunkte im Bild. Die spiegelnde Oberfläche des Wassers hält ihn davon ab, die Tiefe des Wassers zu erkennen. Somit bedeutet nur das Aussehen etwas für Narziss. Er liebt nicht seinen Charakter, sondern sein hübsches Gesicht.

5.2 Die Nachtwacht – Rembrandt van RijnDas Gemälde mit dem Namen „Die Nachtwacht“ wurde 1642 fertiggestellt. Es misst 3.63m x 4.37m und hängt im Rijksmuseum in Amsterdam. Rembrandt van Rijn hatte es mit Öl auf Leinwand gemalt.1 Bei diesem Gemälde handelt es sich um eine Personensze-nerie mit militärischem Thema. Zu sehen ist eine Ansammlung von Menschen, welche alle auf das Zentrum fokussiert sind. Zwei Männer, Seite an Seite, scheinen miteinander zu diskutieren. Der eine trägt schwarze Kleidung mit weissem Kragen und einen schwar-zen Hut. Dazu eine rote Schärpe quer über die Brust gebunden. Der andere Mann trägt

1 - wikipedia.org/wiki/Die_Nachtwache

Abb.13; Die Nachtwacht; Rembrandt van Rijn

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weiss bis gelbliche grosszügig geschmückte Kleidung, einen weissen Schal um die Taille gewickelt und einen goldenen Stab. Ein metallener Kragen und ein hoher weisser Hut mit Federn ergänzen sein Äusseres. Der Mann zur Linken hebt seine offene Hand nach vorne, jedoch ohne auf etwas bestimmtes zu deuten. Die umgebenden Personen sind eher unscheinbar und fügen sich in das Gemenge, jedoch fällt eine Person auf. Im ersten Drittel von links befindet sich in der Menge eine kleine Frau oder ein Mädchen. Sie ist vollkommen in weiss-gold gekleidet und sticht deutlich aus der Masse hervor. Ihr Blick trifft genau den Betrachter. An ihrem Gürtel hängt ein totes Huhn. Die Personen die um das Mädchen herumstehen scheinen sie nicht zu bemerken. Auf dem Kopf der Frau ist eine Krone oder ein Diadem, allgemein geht von ihr ein Schimmer aus. Die restlichen Personen sind nur Männer. Sie tragen Waffen wie Speere und Gewehre, ein Mann auf der rechten Seite erzeugt jedoch mit seiner Trommel ein wenig Militärmusik. Die Sze-nerie findet in der Nacht statt (Die Nachtwacht) ob es unter freiem Himmel ist oder in einem Gebäude ist jedoch unklar. Die interessantesten Punkte an diesem Gemälde sind sicher die leuchtende Person in der Masse und die Bedeutung der beiden Männer im Vordergrund.Die Farbe im Bild ist meist gebrochen und unscheinbar, bloss das Rot und das Gold er-scheinen leuchtend. Die ausgesprochen exzessive Nutzung des Chiaroscuro bringt hier einen dramatischen Effekt ins Spiel. Die beiden leuchtenden Figuren im Bild scheinen ohne jeglichen Blickkontakt oder jegliche Nähe eine geheime Verbindung zu haben. Der starke Kontrast und die scharfen Kanten mit denen das Helldunkel wechselt, sind Grundsätze des Chiaroscuro. Das Licht scheint von vorne zu kommen, d.h. vom Be-trachter aus. Jedoch leuchtet die Unbekannte ebenfalls.Die Zentralperspektive lässt sich unschwer am Architekturdetail in der rechten oberen Ecke erkennen. Ausserdem ist die Grösse der Personen der Perspektive angepasst. Eine Farbperspektive wird erkennbar wenn man das Rot und das Gold betrachtet. Das Gold vom rechten Vordermann und der leuchtenden Frau folgt der Perspektive, das Rot je-doch nimmt genau den verkehrten Weg. Die kleine Fläche des Schals und die grosse Flä-che des Mannes links im Bild. Der Raum wird ebenfalls durch Überschneidung gebildet. Die vorderen Personen wurden über die anderen gelegt, damit erzeugt Rembrandt einen Tiefeneffekt.Die schon angesprochenen Flächen sind regelmässig im Bild verteilt um ausgewogen zu wirken. Die grosse dunkle Fläche, die links durch die Flagge abgetrennt wird, wird durch den Schatten der Gruppe rechts unten ausbalanciert. Die goldenen und roten Flächen wurden schon im vorherigen Abschnitt besprochen.

Abb.14; Selbstbildnis; Rembrandt van Rijn

Abb.15; Die Nachtwacht; Rembrandt van Rijn; Detail mit schiessendem Jungen und Mädchen

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Im Bild sind einige bedeutende Linien zu erkennen. Zum Einen die starken Diagonalen, die in einem Kreuz über das Bild verlaufen und ein Hauptmerkmal des Barock sind. Diese Linien haben ihren Ursprung in der Lanze und der unbekannten Frau. Die andere Linie wird durch die Flagge und die zentralen Personen definiert. Die strahlenförmige Anordnung kleinster Linien auf die Unbekannte deutet auf ihre Bedeutsamkeit hin. Der Stab des Mannes mit dem roten Schal, die zentrale Lanze, das Gewehr des Mannes links, die Flagge und viele andere unscheinbare Linien weisen auf das Mädchen hin. Die Kom-position ist offensichtlich eine Diagonalenkomposition, jedoch zweifach, d.h. ein Kreuz.Dieses Gemälde lässt sich in die Epoche des Barocks einteilen. Es ist eines der Haupt-werke Rembrandts und fällt vor allem durch seine monumentale Grösse auf. Das Bild war ein Auftragswerk für die Schützengilde in Amsterdam zu dieser Zeit. Sie hatten für den Neubau des Gildenhauses 7 lebensgrosse Gruppenbildnisse in Auftrag gegeben.1 Besonders fällt in diesem Bild die leuchtende Frau auf, die als Nebenzentrum den Blick des Betrachters auf sich lenkt. Dieses leuchtende Mädchen und ihre schwer erkennbare Gefährtin sollen die Wirtinnen des Gildenhauses darstellen und damit als Personifikati-on der Schützengilde stehen. Dies erklärt auch das Pulverhorn und die Pistole der Frau. Bei den beiden Männern im Zentrum handelt es sich um Frans Banning Cocq, dem Ka-pitän der Bürgerkompanie zur Linken und Wilhelm van Ruytenburgh, den Leutnant zu seiner Rechten.1 Die Gestik weist darauf hin, dass Cocq Ruytenburgh einen Befehl gibt oder eher erklärt und dies mithilfe seiner Gestik umschreibt. Ein weiteres unerkanntes Detail ist der Schütze hinter Cocq und Ruytenburgh (Abb.15). Zu sehen sind nur seine Beine und der Lauf seines Gewehrs, das Schussfeuer verschwin-det hinter Ruythenburghs Hut. Der wegrennende Bursche am linken unteren Bildrand bekräftigt dieses Geschehen, da Müller ihn als Pulverknaben beschreibt. Ausserdem deutet der Mann auf der rechten Seite direkt auf das Geschehnis hinter dem Rücken des Kapitäns.1Diesen Schuss kann man folgendermassen interpretieren: Der Kapitän als Oberhaupt erklärt seine Befehle der gesamten Gilde, allen voran dem Leutnant. Der Mann im Hin-tergrund jedoch, entgegen aller Befehle feuert einen zufälligen Schuss ab. Rembrandt hat absichtlich dieses Detail versteckt, da es sich um ein Auftragswerk für die Gilde handelte. Die Darstellung der Unfolgsamkeit wäre somit unerwünscht. Ob es sich dabei um einen tieferen Sinn geht oder um die blosse Belustigung Rembrandts ist nicht klar. Grundsätzlich ist Rembrandt Auftragsmaler. Seine Gemälde bilden ab, was der Kunde wünscht oder auch ein bisschen mehr. Rembrandt hatte offensichtlich ein Bedürfnis, Kunst in seine Ware zu stecken. Er erbrachte zusätzliche Arbeit um seine Bilder einzigar-

1 - Jürgen Müller; Rembrandts Nachtwacht; Anmerkungen zur implizierten Kunsttheorie

Abb.16; Narziss; Öl auf Holz; Experiment

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tig zu machen. Die Nachtwacht zum Beispiel zeigt viel mehr Personen als nötig gewesen wären.Zusammenfassend hat Rembrandt van Rijn dieses Auftragsbild durch Chiaroscuro zur überhöhten Dramatik erhoben. Der starke Helldunkelkontrast trägt aktiv zur Spannung im Bild bei. Die versteckten Details verstärken diesen Eindruck und lassen die Szenerie mysteriös und geheimnisvoll erscheinen.

5.3 AuswertungDas Chiaroscuro wirkt als Katalysator der Atmosphäre. Das Ungewisse, das Hand in Hand geht mit der gezielten Beleuchtung gewisser Objekte und Personen gibt dem Ge-mälde einen rätselhaften Touch und somit dem Betrachter genügend Raum für Interpre-tation. Diesen Raum nennt man Atmosphäre, denn was sich der Betrachter vorstellt sind seine eigenen Ängste und Gefühle, die er im Bild impliziert, was dazu führt, dass der Betrachter vom Bild gerührt ist. Kurz, dramatisch wirkt das Bild, wenn der Betrachter sich hinein versetzen kann und der Künstler so mit seinen Gefühlen spielt. Ohne dieses Spiel wäre ein Kunstwerk nichts weiter als ein Stück Leinwand mit Farbe. Das Chiaros-curo ist ein wichtiges Mittel um dies zu erreichen, da es den Betrachter im Ungewissen lässt und somit Spielraum bietet.

6 Eigene Gemälde

6.1 ZielsetzungDas Ziel meiner eigenen Werke war zentral die Erschaffung einer tragischen oder auch dramatischen Szene mithilfe des Chiaroscuro. Ich wollte zwei Bilder schaffen, die berüh-ren und eine Geschichte erzählen. Daher hatte ich schon von Anfang an einen gewis-sen Qualitätsanspruch, den die Bilder erfüllen sollten. Die Gemälde habe ich mithilfe von Ölfarbe auf Leinwand gemalt, als Vorbild stand natürlich Caravaggio. Jedoch sollte anders als bei Caravaggio die Umsetzung völlig ohne Modell oder andere Hilfsmittel, wie zum Beispiel eine Camera obscura, geschehen. Die Öltechnik habe ich durch Ex-perimente selbst erforscht und erarbeitet. Diese Erkenntnisse habe ich dann in meinen Gemälden umgesetzt. Der Arbeitsprozess, der zu diesen Bildern führt, ist in einem Skiz-zenbuch sichtbar. Dort habe ich Entwürfe zu tragischen Positionen, Lichtkonzepten und

Abb.17; Experimente; von o.l. im Uhr-zeigersinn: Lasur hell über dunkel; Lasur dunkel über hell; Deckend hell über dunkel; Deckend dunkel über hell

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Studien skizziert und gemalt. Grundsätzlich ist das Ziel ein Erlernen der Stilrichtung in einem gewissen Masse, die dazugehörige Technik und ein dementsprechendes Resultat in Form zweier Bilder.

6.2 KonzeptGrundidee war die Darstellung von Griechischen Mythen. Zuerst konnte ich mich noch für keinen Mythos entscheiden. Ich hatte noch keine Ahnung davon, dass ich mich mit dem Chiaroscuro beschäftigen würde. Ich skizzierte Sagengestalten wie Nymphen, Zentauren bis ich schliesslich auf Narziss und die Selbstliebe kam. Danach fand ich das Gemälde von Caravaggio von Narziss und es faszinierte mich sehr. So begann ich ver-schieden Bilder von Caravaggio zu inspizieren. Ich wollte auch im starken Helldunkel arbeiten wie ich es auch schon in der Freizeit getan hatte, einfach ein wenig komplexer. Ich untersuchte Caravaggios Gemälde auf Komposition zu analysieren und die Gestik und Mimik des Narziss zu erfassen.

6.3 ExperimenteMeine Experimente bauten auf der Darstellung des Lichts im Stil des Chiaroscuro auf. Verschiedene Lasuren, hell auf dunkel, dunkel auf hell, oder dicke Impastoschichten ha-ben mir eine Grundidee gegeben vor der grossen Aufgabe des tatsächlichen Bildes.Ich habe mit den Farben Umbra gebrannt, Chinacridonrosa, Titanweiss, Azogelb hell und dunkel, Azorot mittel und Elfenbeinschwarz. Dazu Terpentinöl zur Verdünnung und als zusätzlicher fakultativer Komponent gereinigtes Leinöl.Das erste Experiment war die Gegenständliche Darstellung eines Lichtflecks. Es unter-teilt sich in 4 Teile (Abb.17).

1. Lasur; Hell auf Dunkel; ohne Leinöl

Dies gab keine leuchtende Wirkung, resultierend war ein eher gräulicher Schim-mer, die Feuchtigkeit und die langsam trocknende Ölfarbe verhindern eine rei-ne Lasur. Die Feuchtigkeit des Terpentins lässt die Farben ineinander verlau-fen, da sie nicht ganz trocken sind. Diese Methode kam nicht in Frage, da dass Trocknen zu viel Zeit in Anspruch genommen hätte.

Abb.18; Aquarellstudie Chiaroscuro

Abb.19; Ölskizze auf Leinwand

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2. Lasur; Hell auf Dunkel; ohne Leinöl

Hier habe ich eine sehr leuchtende Wirkung erreichen können, die Helligkeit der Leinwand kam sehr gut zum Vorschein. Ein Problem ist der Übergang zwi-schen den dunklen und den helleren Farben. Die Lasur hat Flächen gebildet. Dieser Effekt stört natürlich den Realismus im späteren Bild.

3. Deckend; Hell über Dunkel; ohne Leinöl

Die Impasto Technik, oder eine Version davon, ist eher geeignet für die natu-ralistische Darstellung. Sie lässt sich gut verwischen, was eine Voraussetzung ist für die Sfumato Technik, die schon Leonardo da Vinci für die realistische Darstellung verwendet hat. Der Auftrag gibt scharfe Kanten, was jedoch durch das Verwischen vermindert werden kann. Bei einer Kerze lässt sich eine gewisse Lichtaura um die Flamme bemerken. Diese Aura ist nur schwer zu erzeugen mit hell über dunkel.

4. Deckend; Dunkel über Hell; ohne Leinöl

Bei dieser Technik habe ich das beste Ergebnis erreicht. Farbe, Leuchtigkeit ergänzen sich hier gut mit dem Effekt einer glatten Fläche. Dies ist besonders wichtig bei der Darstellung von Haut, bzw. Menschen. Diese Technik bietet glat-te Flächen, optimal für ein Gemälde im Stile Caravaggios. Ausserdem tritt das Licht durchaus gut zur Geltung.

Das zweite Experiment bezog sich auf die Eigenschaft des Leinöls. Dessen Konsistenz ist eher dickflüssig. Somit wird eine glattere Oberfläche und ein feinerer Übergang zwi-schen den Farbgrenzen erzielt. Dazu erzeugt das Öl mehr Fett auf der Leinwand, was geeignet ist für Lasuren. Ein Nachteil ist jedoch das zusätzlich verlangsamte Trocknen. Ausserdem kann man eine breitere Vielfalt an Nuancen erzeugen, jedoch folglich auch keine starken Kontraste (Abb.20 & 21).Ausserdem habe ich verschiedenste Experimente gemacht bei denen ich kleinere Bilder gemalt habe, um ein Gefühl für die Darstellung von Licht und Schatten auf Haut zu be-kommen. Ich bemerkte dabei, dass eine zu starke Verwischung für die Übergänge nicht überall empfehlenswert ist. Vielmehr soll ein Teil der Konturen klar abgegrenzt werden um einen stärkeren Kontrast zu erzeugen. Ausserdem ist der Schatten einer kantigen

Abb.20; Versuch mit Leinöl

Abb.21; Versuch ohne Leinöl

Abb.22; Narziss; fertiges Bild Nr 1

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Form klar abgegrenzt wogegen die runde Oberfläche in einem Übergang gemalt wird. Da nun das Gesicht und der menschliche Körper insgesamt eher runde, jedoch auch einige kantige Formen hat, ist diesem Aspekt viel Aufmerksamkeit zu widmen. Zu den Farben ist mir aufgefallen, dass die Dunkelheit nicht überall schwarz ist. Oder wir sie zumindest nicht so darstellen sollten, da Nuancen im Bild es interessant machen. Dazu verwende ich eine Mischung aus Umbra gebrannt und Titanschwarz, um der Dunkelheit einen Gelbstich zu geben.

6.4 Umsetzung

6.4.1 Bild 1Das erste Bild stellt Narziss dar. Um zu diesem Ergebnis zu kommen habe ich mich schon von Anfang an mit skizzieren und malen auf das Motiv vorbereitet. Dazu habe ich die Sage in Ovids Metamorphosen nachgelesen und mir eine Grundidee dazu gemacht. Danach war der Fokus voll und ganz auf der Tragik. Ich habe Posen und Gesten skiz-ziert und versucht sie zu optimieren. Dazu kamen Kompositionsstudien und Licht- bzw. Farbstudien. Diese habe ich entweder mit Bleistift, Aquarell oder direkt mit Öl auch ausprobiert. Das Bild ist in verschiedene Konzepte zu gliedern. Das Licht, die Linien bzw. Flächen, die Farbe und das Motiv an sich und seine Pose.Obwohl ich zuerst eine Kerze im Bild geplant hatte, habe ich das Licht nach Vorbild Caravaggios ausserhalb des Bildes platziert, die Lichtquelle scheint von links oben ins Bild zu scheinen.Die Flächen und Linien habe ich versucht ebenso raffiniert wie Caravaggio zu platzieren, was mir jedoch wahrscheinlich nur halb so gut gelungen ist. Eine ausgeprägte Horizon-tale als Wasseroberfläche, gemalt mit einem weissen Strich, dem Original nachempfun-den. Dazu eine Bilddiagonale über den Kopf und die linke Hand bzw. rechter Ellbogen. Dies ergibt wiederum eine kleine Dreieckskomposition, was man auf eine Kreiskompo-sition erweitern kann, wenn man das Spiegelbild miteinbezieht. Als Flächen sehen wir die grosse dunkle Fläche oben links, die ich versucht habe mit der linken Hand auszu-gleichen, die etwas weiter links ist als sie sein sollte.Mit der Farbe hatte ich einige Mühe. Sobald ich versuchte das Bild abzudunkeln habe ich Schwarz benutzt, was dem Gesicht und somit dem Hautton einen gräulichen und toten Stich gab. Ich habe dann einen Tag später, als die Farbe getrocknet war, versucht mit einer leuchtenderen Hautfarbe zu übermalen um es zu korrigieren. Dadurch wurde der

Abb.23; Skizzen zu Narziss

Abb.24; Orpheus; fertiges Bild Nr 2

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Auftrag flächiger und somit verlor auch das Gesicht an Plastizität. Ausserdem versuchte ich ein möglichst vages Spiegelbild zu erschaffen welches sich jedoch immer noch als solches erkennen lassen sollte. Dafür habe ich mit einem bläulichen Hautton die Grund-form gemalt, welche ich dann mit den Fingern verwischt habe.Die Pose habe ich lange versucht zu erfassen, zuerst stehend und mit den Armen the-atralisch gestikulierend. Doch ich entschied mich dagegen um eine besinnlichere Pose zu entwerfen, welche näher an das Original von Caravaggio herankommen würde. Ich entwarf die Wasseroberfläche nicht als Teich sondern als Brunnen oder Wasserbecken, über dessen Kante sich Narziss beugt um in die Tiefen des Wassers zu sehen. Seine Arme sollten sich dabei am Brunnenrand festhalten, aus Angst, ins Wasser zu fallen. In seiner linken Hand soll er dazu noch eine Narzisse halten. Diese sollte jedoch nicht naturalis-tisch dargestellt sein, sondern eher schemenhaft und unklar, als Gespenst sozusagen. Seine Augen sollten in der Dunkelheit bleiben, da gemalte Augen die Atmosphäre zer-stört hätten, da ich nicht die genügende Qualität hätte liefern können. Da dieses Bild das erste war, konnte ich einige Punkte sehen, die ich im nächsten verbessern wollte, darunter fielen die Plastizität der Haut, die natürliche Darstellung, und die Atmosphäre.Zusammenfassend soll dieses Bild ein Gefühl vermitteln. Ein Gefühl von Hilflosigkeit vor sich selbst. Angst, sich in seinen eigenen Tiefen zu verlieren. Ich habe den Narziss-mus nicht romantisch dargestellt als reale Liebe, sondern als Kampf mit sich selbst und das Kennenlernen seiner selbst.

6.4.2 Bild 2Mein zweites Bild zeigt Orpheus, ebenfalls eine Sagengestalt aus dem antiken Griechen-land. Hier habe ich kein Gemälde zum Vorbild genommen. Ich wollte den Moment fest-halten, als Orpheus sich zu seiner Eurydike umdreht, was er nicht hätte tun dürfen. Dieser Moment auf dem Weg aus der Unterwelt, schien mir geeignet für ein Gemälde im Stil des Chiaroscuro.Auch dieses Gemälde werde ich auf Licht, Komposition, Farbe und Pose analysieren und erläutern:Das Licht scheint wie auch schon beim vorherigen Bild von oben. Dieses Mal kommt es jedoch von der rechten oberen Ecke. Das Licht trifft auf seine Schulter und sein Ge-sicht, im selben Viertel aus dem das Licht kommt. Damit wollte ich symbolisieren, dass Orpheus aus der Unterwelt aufsteigt. Der halbe Rücken von Orpheus verschwindet im Dunkeln, er ist sozusagen hin- und hergerissen zwischen Ober- und Unterwelt, wo seine Geliebte ist.Die Bilddiagonale, die ich nach Vorbild des Barock eingebaut habe, folgt dem Licht von

Abb.25; Lichtstudie Narziss

Abb.26; Lichtstudie in Acryl

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rechts oben nach links unten. Das Profil des Gesichts nimmt dabei die Hauptrolle ein. Ausserdem habe ich den halben Rücken und das Gesicht als zwei Dreiecke konzipiert, die sich ergänzen. Die umgekehrte Position der beiden Dreiecke bildet eine instabile Form, die man mit Orpheus’ seelischem Zustand in Verbindung setzen kann. Orpheus sieht über seine Schulter, um nach Eurydike zu sehen, obwohl es ihm verboten worden ist. Diese Momentaufnahme direkt zwischen dem Moment des Hinblickens und des nicht Hinblickens macht dieses Gemälde aus. Er steht am Punkt wo er sich entschei-den muss, ob er einen Blick riskiert und seine Geliebte nie mehr sehen wird oder er hält durch bis zur Oberwelt.Im Vergleich zum ersten Bild habe ich vielmehr auf die Plastizität der Haut geachtet. Die Feinschattierung und die Farbe sind mir um einiges besser gelungen. Dies habe ich dadurch erreicht, dass ich anstatt Schwarz als Abdunklungsfarbe gebrannte Umbra be-nutzt habe. Die Haut hat damit ihre natürliche Farbe behalten. Ausserdem ist mir der atmosphärische Moment besser gelungen, und damit auch die Dramatik. Die Proporti-onen haben sich eindeutig verbessert, was man auf die fehlenden Hände zurückführen könnte.

7 FazitDas Darstellen von Tragik mithilfe des Chiaroscuro ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Ohne Modell zu arbeiten macht es umso schwieriger eine naturalistische Darstellung zu erschaffen. Die Darstellung des Lichts habe ich sicher verbessern können durch meine Experimente und meine Bilder. Zudem habe ich die Technik der Ölfarbe neu kennen-gelernt und mir selbst beigebracht sie zu nutzen. Die Darstellung des Chiaroscuro ist ein essentieller Teil um ein berührendes und dramatisches Bild zu schaffen. Auf einem anderen Weg wäre es bedeutend einfacher, würde jedoch nicht das gleiche Ergebnis ge-ben. Durch die ganze Kunstgeschichte zieht sich diese Technik, die auch heute noch von verschiedensten Künstlern gebraucht wird. Grundsätzlich wird mir die Erkenntnis bleiben, dass der Chiaroscuro hier ist, um Raum für Interpretation und die Gefühle des Betrachters zu lassen. Dadurch wirkt das Bild dramatisch.

Abb.27; Studie Orpheus mit Kerze

Abb.28; Aquarellstudie Johannes der Täu-fer; Caravaggio

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8 SchlusswortWährend dieser Arbeit habe ich viel über die Ölmalerei und Kunstgeschichte des Ba-rocks gelernt. Die Arbeit hat mich schon vor einem Jahr, als ich sie begonnen habe, faszi-niert, und ich habe viel am praktischen Teil gearbeitet. Der theoretische Teil war vor den Winterferien noch unwichtig, da mich der praktische Teil viel Zeit kostete. Da ich schon ins Thema eingelesen war, konnte ich schnell mit dem Schreiben beginnen. In den Win-terferien habe ich angefangen zu schreiben, habe allerdings jeden Text immer wieder überarbeitet obwohl ich noch nicht weit war. Dies hat mich ebenfalls Zeit gekostet, hat aber hoffentlich dem Text gutgetan. In den drei Wochen nach den Winterferien habe ich die Arbeit eher vernachlässigt, bis ich schliesslich eine Woche vor den Frühlingsferien mit meinem Endspurt begonnen und die Abrundung meiner Arbeit vollendet habe. Das Layout zum Schluss war im Vergleich ein Kinderspiel, da es mir viel mehr Vergnügen bereitete. In einer nächsten Arbeit würde ich sicher früher beginnen, sodass ich früher abgeben kann. Ich kam aber ohne grossen Stress am Ziel an.

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9 Quellenverzeichnis9.1 Literatur-Bauer Hermann; Barock, Kunst einer Epoche; 1992 Dietrich Reimer Verlag-Baumgart Fritz; Caravaggio, Kunst und Wirklichkeit; 1955 Gebr. Mann Verlag-Held Jutta; Caravaggio; 1996 DIetrich Reimer Verlag-Hellwig Karin; Malerei des 17. Jahrhunderts in Italien, Spanien und Frank reich; Herausgegeben von Rolf Toman; 1997 Verlag Könemann-Hockney David; Geheimes Wissen, Verlorene Techniken der Alten Meister wieder entdeckt; 2001 Knesebeck GmbH & Co. Verlags KG-Müller Jürgen; Rembrandts Nachtwacht, Anmerkungen zur implizierten Kunsttheorie; 1999 Zeitschrift der Christian Knorr von Rosenroth-Gesellschaft

9.2 Webverzeichnis-http://galleriabarberini.beniculturali.it/index.php?it/194/catalogo/catalogo_barberini/737-http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Nachtwache

9.3 AbbildungsverzeichnisTitelbild Adrian Geller 2015Abb.1 Adrian Geller 2015Abb.2 http://en.wikipedia.org/wiki/Ophelia_(painting)#/media/File:John_Everett_Millais_-_Ophelia_-_Google_Art_Project.jpgAbb.3 http://www.wga.hu/art/c/caravagg/06/35emmau.jpgAbb.4 http://www.romeartlover.it/Ceiling4.jpgAbb.5 http://www.helles-koepfchen.de/bilder/originale/wissen/kunst/der-sturz-des-phaeton.jpgAbb.6 http://en.wikipedia.org/wiki/The_Taking_of_Christ_(Caravaggio)#/media/File:Caravaggio_-_Taking_of_Christ_-_Dublin.jpgAbb.7 http://de.wikipedia.org/wiki/Narziss#/media/File:Benczur-narcissus.jpgAbb.8 http://en.wikipedia.org/wiki/Caravaggio#/media/File:Boy_with_a_Basket_of_Fruit-Caravaggio_(1593).jpgAbb.9 http://de.wikipedia.org/wiki/Berufung_des_Hl._Matthäus#/media/File:Caravaggio_(1571-1610)_-_De_roeping_van_Matteüs_(1599-1600)_-_ Rome_San_Lui gi_dei_Francesi_10-01-2011_12-07-56.pngAbb.10 http://en.wikipedia.org/wiki/Narcissus_(Caravaggio)#/media/File:Narcissus-Caravaggio_(1594-96)_edited.jpgAbb.11 siehe Abb.10, bearbeitet Adrian GellerAbb.12 Adrian Geller 2015Abb.13 http://en.wikipedia.org/wiki/The_Night_Watch#/media/File:The_Nightwatch_by_Rembrandt.jpgAbb.14 http://en.wikipedia.org/wiki/Rembrandt#/media/File:Rembrandt_van_Rijn_-_Self-Portrait_-_Google_Art_Project.jpgAbb.15 http://en.wikipedia.org/wiki/The_Night_Watch#/media/File:The_Nightwatch_by_Rembrandt.jpgAbb.16 bis 28 Adrian Geller 2015

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10 SelbständigkeitserklärungIch erkläre hiermit, dass ich diese Arbeit selbständig durchgeführt und keine anderen als die angegebenen Quellen, Hilfsmittel und Hilfspersonen beigezogen habe. Alle Textstellen in der Arbeit, die wörtlich oder sinngemäss aus Quellen entnommen wurden, habe ich als solche gekennzeichnet.

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11 Beilage- Skizzenbuch; 2 Stück; gross u. klein

- Gemälde von Narziss; 46x38

- Gemälde von Orpheus; 46x38

- CD; digitale Version

- Arbeitsprotokoll