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Möbiustransformationen und Indras Perlen Teilnehmer: Tuyet Oehme Andreas-Oberschule, Berlin Tobias Bucher Heinrich-Hertz-Oberschule, Berlin Matthias Kestler Gymnasium Tegernsee, Holzkirchen Lucas Mann Heinrich-Hertz-Oberschule, Berlin Yuhto Piekenbrock Heinrich-Hertz-Oberschule, Berlin David Schubert Herder-Oberschule, Berlin Gruppenleiter: Andreas Filler Humboldt-Universität zu Berlin Muster wie in der unteren Abbildung – von Mumford, Series und Wright auch Indras Pearls genannt, siehe [2] – entstehen durch vier Kreise, welche sehr oft hintereinander durch vier Möbiustransformationen (von denen zwei die Umkehr- abbildungen der beiden anderen sind) abgebildet werden. Damit hat sich unsere Gruppe in dieser Woche mit Erfolg auseinander gesetzt, und wir haben sogar ei- nige solcher schönen Bilder konstruiert, indem wir uns ausführlich mit den Eigen- schaften von Möbiustransformationen auseinandergesetzt und diese mithilfe des Computerprogramms Cinderella (siehe [4]) „durchgeführt“ haben. Beispielsweise haben wir die Parameter von Möbiustransformationen bestimmt sowie Fixpunkte und Anzahlen von Iterationen festgelegt. 1

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Möbiustransformationen und Indras Perlen

Teilnehmer:Tuyet Oehme Andreas-Oberschule, BerlinTobias Bucher Heinrich-Hertz-Oberschule, BerlinMatthias Kestler Gymnasium Tegernsee, HolzkirchenLucas Mann Heinrich-Hertz-Oberschule, BerlinYuhto Piekenbrock Heinrich-Hertz-Oberschule, BerlinDavid Schubert Herder-Oberschule, Berlin

Gruppenleiter:

Andreas Filler Humboldt-Universität zu Berlin

Muster wie in der unteren Abbildung – von Mumford, Series und Wright auchIndras Pearls genannt, siehe [2] – entstehen durch vier Kreise, welche sehr ofthintereinander durch vier Möbiustransformationen (von denen zwei die Umkehr-abbildungen der beiden anderen sind) abgebildet werden. Damit hat sich unsereGruppe in dieser Woche mit Erfolg auseinander gesetzt, und wir haben sogar ei-nige solcher schönen Bilder konstruiert, indem wir uns ausführlich mit den Eigen-schaften von Möbiustransformationen auseinandergesetzt und diese mithilfe desComputerprogramms Cinderella (siehe [4]) „durchgeführt“ haben. Beispielsweisehaben wir die Parameter von Möbiustransformationen bestimmt sowie Fixpunkteund Anzahlen von Iterationen festgelegt.

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1 Möbiustransformationen

1.1 Grundlagen

Definition 1.1. Eine Funktion

M(z) =az + b

cz + d(1.1)

mit D(M) = C∪ {∞} und a, b, c, d ∈ C, sowie ad− bc 6= 0 heißt Möbiustransfor-mation.

Beispiele. Zwei Spezialfälle sind:

1. M1(z) = adz + b

d(c = 0) 2. M2(z) = 1

z

Darstellungen

Für c 6= 0 erhält man durch äquivalentes Umformen eine alternative Darstellungfür M :

M(z) =bc− adc2

·(z +

d

c

)−1+a

c. (1.2)

Folglich ist jede Möbiustransformation die Komposition einer Translation T1(z) =z + d

c, einer Inversion I(z) = z−1, einer Drehstreckung D(z) = bc−ad

c2· z und einer

weiteren Translation T2(z) = z + ac:

M = T2 ◦D ◦ I ◦ T1. (1.3)

Eine weitere Darstellung für M erhält man durch Substitution von jedem Koef-fizienten in (1.1) durch sein k-faches. Dies ermutigt zu folgender

Definition 1.2. Sei M eine Möbiustransformation in der in (1.1) gezeigten Dar-stellung. Zu D := ad − bc seien a′ = a√

D, b′ = b√

D, c′ = c√

Dund d′ = d√

D. Dann

istM(z) =

a′z + b′

c′z + d′(1.4)

die normierte Darstellung von M . Es gilt: D′ := a′d′ − b′c′ = 1.

1.2 Gruppeneigenschaften

Zwei wichtige Eigenschaften von Möbiustransformationen zeigen folgende Sätze:

Satz 1.1. Seien M1 und M2 zwei Möbiustransformationen. Dann ist auch M1◦M2

eine Möbiustransformation.

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Beweis. Seien M1(z) = pz+qrz+s

und M2(z) = az+bcz+d

. Dann gilt:

(M1 ◦M2)(z) =a · pz+q

rz+s+ b

c · pz+qrz+s

+ d=

(pa+ qc)z + (pb+ qd)

(ra+ sc)z + (rb+ sd). (1.5)

Satz 1.2. M sei eine Möbiustransformation. Dann ist M umkehrbar und M−1

ist ebenfalls eine Möbiustransformation.

Beweis. Für die Umkehrung M−1 muss gelten:

(M ◦M−1)(z) = z.

Nach Formel (1.5) ist dies genau dann erfüllt, wenn gilt: pa+ qc = 1, pb+ qd = 0,ra + sc = 0 und rb + sd = 1. Dieses lineare Gleichungssystem hat wegen D :=bc− ad 6= 0 die eindeutige Lösung:

p =d

D, q = − b

D, r = − c

D, s =

a

D.

Daraus folgt, dass es zu jeder Möbiustransformation M eine Umkehrung M−1

gibt.

Aus diesen beiden Sätzen folgert man:

Satz 1.3. Sei MT die Menge aller Möbiustransformationen. Dann ist (MT, ◦)eine nicht-kommutative Gruppe. Diese ist isomorph zur Gruppe der 2,2-Matrizen.

Beweis. Nach Satz 1.1 ist ◦ eine Verknüpfung inMT , denn für alleM1,M2 ∈MTist M1 ◦M2 ∈MT . Ferner gilt in (MT, ◦):

Assoziativität. Die Komposition von Funktionen ist bekanntlich assoziativ.

Existenz des neutralen Elements. Das neutrale Element von (MT, ◦) ist dieidentische Abbildung Id, die man für a, d = 1 und b, c = 0 erhält.

Existenz von inversen Elementen. Nach Satz 1.2 besitzt jede Möbiustrans-formation M ∈ MT eine Umkehrung M−1 ∈ MT . Diese ist das Inverse zuM , denn es gilt M ◦M−1 = Id.

Kommutativität. (MT, ◦) ist nicht kommutativ. Das zeigt das BeispielM1(z) =2z,M2(z) = z−1, denn offensichtlich ist (M1 ◦M2)(z) = 2

z, jedoch (M2 ◦

M1)(z) = 12z.

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Daraus folgt, dass (MT, ◦) eine nicht-kommutative Gruppe ist.

Zur Isomorphie: Sei M1(z) = az+bcz+d

und M2(z) = pz+qrz+s

. Die eineindeutige Abbil-dung

ϕ(M) =

(a bc d

)(1.6)

bildet Möbiustransformationen auf 2,2-Matrizen ab. Diese Abbildung ist opera-tionstreu, denn es gilt:

ϕ(M ′ ◦M) = ϕ

((pa+ qc)z + (pb+ qd)

(ra+ sc)z + (rb+ sd)

)=

(pa+ qc pb+ qdra+ sc rb+ sd

)=

(p qr s

)·(a bc d

)= ϕ(M ′) · ϕ(M).

1.3 Geraden- und Kreistreue

Dieser Abschnitt beschäftigt sich mit dem Verhalten von Möbiustransformationengegenüber Kreisen und Geraden. Für die folgenden Beweise ist es zweckmäßig,eine allgemeine Gleichung für Geraden und Kreise in der Gaußschen Zahlenebenezu finden.

Eine allgemeine Gerade in der Ebene ist die Menge aller Punkte (x, y) mit

βx+ γy + δ = 0. (1.7)

Dabei sind α, β, γ reelle Koeffizienten.

Analog ist die Menge aller Punkte (x, y) mit:

(x− xm)2 + (y − ym)2 = r2 (1.8)

der Kreis um (xm, ym) mit Radius r. Um beide Gleichungen in einer zusammen-zufassen, multipliziere man zunächst (1.8) aus:

x2 − 2xxm + x2m + y2 − 2yym + y2m − r2 = 0

⇔ x2 + y2 + (−2xm)x+ (−2ym)y + (x2m + y2m − r2) = 0.

Es ergibt sich: Jede Gerade und jeder Kreis wird durch die folgende Gleichungbeschrieben:

α(x2 + y2) + βx+ γy + δ = 0. (1.9)

Zur Betrachtung von Geraden und Kreisen in der Gaußschen Zahlenebene ist eszweckmäßig, z = x+ iy einzusetzen:

αzz̄ +1

2β(z + z̄)− 1

2iγ(z − z̄) + δ = 0 (1.10)

αzz̄ + β(z + z̄)− iγ(z − z̄) + δ = 0. (1.11)

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Beim Umformen von (1.10) zu (1.11) wurde 12β durch β ersetzt, analog bei γ.

Mit dieser Darstellung zeigt man das folgende

Lemma 1.1. Die komplexe Inversion bildet Geraden und Kreise auf Geradenund Kreise ab.

Beweis. Eine beliebige Gerade oder ein Kreis sei gemäß der Darstellung in (1.11)gegeben durch die Gleichung

αzz̄ + β(z + z̄)− iγ(z − z̄) + δ = 0. (1.12)

Zu zeigen ist, dass auch 1zeiner solchen Gleichung genügt. Man substituiere also

z durch 1zund erhält:

α1

z

1

z̄+ β

(1

z+

1

)− iγ

(1

z− 1

)+ δ = 0. (1.13)

Für z 6= 0 lässt sich (1.13) äquivalent umformen:

α1

z

1

z̄+ β

(1

z+

1

)− iγ

(1

z− 1

)+ δ = 0

⇔ α + β(z̄ + z)− iγ(z̄ − z) + δzz̄ = 0

⇔ δzz̄ + β(z + z̄)− i(−γ)(z − z̄) + α = 0.

Mit α′ := δ, β′ := β, γ′ := −γ, δ′ := α erhält man die äquivalente Darstellung

α′zz̄ + β′(z + z̄)− iγ′(z − z̄) + δ′ = 0.

Es verbleibt der Fall z = 0: Erfüllt z = 0 die Gleichung (1.12), so muss δ = 0gelten. Daraus folgt α′ = 0, das Bild bei der Inversion ist also eine Gerade.Folglich liegt dann auch 1

z=∞ auf der Bildgeraden.

Satz 1.4 (Geraden- und Kreistreue). Jede Möbiustransformation bildet Kreiseund Geraden auf Kreise und Geraden ab.

Beweis. Sei M eine Möbiustransformation. Gemäß (1.3) hat M eine DarstellungM = T2 ◦ D ◦ I ◦ T1. Die Translationen T1 und T2 und die Drehstreckung Dsind geraden- und kreistreu. Nach Lemma 1.1 hat auch I eine Geraden- undKreistreue. Daraus folgt die Behauptung.

1.4 Fixpunkte von Möbiustransformationen

Sei M mit M(z) = az+bcz+d

eine Möbiustransformation. Nun sollen die Fixpunkte,also die Lösungen für M(z) = z gefunden werden:

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Fall 1 (c 6= 0). Dann hat die Gleichung M(z) = z die Lösung

z0 =a− d

2c+

√(a− d

2c

)2

+b

c=a− d+

√(a− d)2 + 4bc

2c. (1.14)

M hat also genau dann zwei Fixpunkte1, wenn die Diskriminante D∗ =(a − d)2 + 4bc ungleich 0 ist, ansonsten gibt es genau einen Fixpunkt. Esgilt:

D∗ = (a− d)2 + 4bc = (a+ d)2 − 4(ad− bc).

Insbesondere stellt man fest: Falls D = ad− bc = 1, so ist D∗ = (a+ d)2 −4. Dieser Zusammenhang spielt in späteren Untersuchungen eine wichtigeRolle.

Fall 2 (c = 0). Hier ist M(z) = z äquivalent zu:

az + b

d= z

⇔ (a− d)z + b = 0. (1.15)

Fall 2.1 (a− d 6= 0). In diesem Fall hat die Gleichung genau eine Lösung,da es eine lineare Gleichung in z ist.

Fall 2.2 (a− d = 0). Falls b 6= 0, hat M keinen Fixpunkt. Ansonsten sindalle c ∈ C Lösungen der Gleichung, d. h. M ist die Identität.

Insbesondere erkennt man: Alle Möbiustransformationen außer der Identität ha-ben höchstens zwei Fixpunkte.

Quellen und Senken

Abbildung 1.4 zeigt eine Möbi-ustransformation mit zwei Fixpunk-ten, die zusammen mit ihrer Um-kehrung mehrfach auf Dr. Stickler(blaues Strichmännchen) angewandtwird. Zu erkennen ist, dass es zweiGrenzpunkte gibt. Der linke Grenz-punkt fungiert als Quelle und derrechte als Senke. Quelle und Senkesind die Fixpunkte der Möbiustrans-formation. Abbildung 1: Quellen und Senken

1Man beachte, dass die Quadratwurzel in den komplexen Zahlen stets zwei Werte hat.

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1.5 Bestimmung von Möbiustransformationen durch dreiPunkte und die dazugehörigen Bildpunkte

Die Behandlung von Fixpunkten im letzten Abschnitt führt zu folgendem wich-tigen Satz:

Satz 1.5. Eine Möbiustransformation ist durch drei paarweise verschiedene Punk-te z1, z2, z3 und ihre Bildpunkte w1, w2, w3 eindeutig bestimmt.

Beweis. SeienM und N zwei Möbiustransformationen, die die gegebenen Punkteauf die gegebenen Bildpunkte abbilden.Nach Satz 1.2 ist dann auch N−1 eine Möbiustransformation, nach Satz 1.1 auchN−1 ◦M und es gilt:

(N−1 ◦M)(z1) = z1, (N−1 ◦M)(z2) = z2, (N−1 ◦M)(z3) = z3.

Die Möbiustransformation N−1◦M hat also drei Fixpunkte. Nach den Überlegun-gen des vorigen Abschnitts ist N−1 ◦M die Identität. Daraus folgt M = N .

Beispiele. 1. Gesucht ist diejenige Möbiustransformation M , die

M(−1) = −i, M(0) = 1, M(1) = i

erfüllt. Zur Vereinfachung sei der Koeffizient d auf 1 normiert. Aus derzweiten Gleichung folgt b = 1. Weiteres Umformen der anderen Gleichungenergibt a = i und c = −i.

2. Nun ist die Möbiustransformation M gesucht, die

M(0) = −1, M(1) = −i, M(∞) = 1

genügt. Aus der dritten Gleichung folgt ac= 1, also a = c. Aus der ersten

Gleichung folgt bd

= −1, also b = −d. Setzt man dies in die zweite Gleichungein, so erhält man:

a · 1 + b

a · 1− b= −i

⇔ a+ b = −ia+ b

⇔ a = b · i + 1

i− 1

⇔ a = −ib.

Eine mögliche Darstellung für M ist also

M(z) =z − i

z + i.

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2 Klassifikation von Möbiustransformationen

2.1 Konjugation

Zur Klassifizierung von Möbiustransformationen ist es zweckmäßig, folgende De-finition einzuführen:

Definition 2.1. Es seiM eine Möbiustransformation mit den Fixpunkten p1 undp2 und F eine Möbiustransformation, die p1 auf 0 und p2 auf ∞ abbildet. Dannheißt

M̂ = F ◦M ◦ F−1 (2.1)

Konjugation von M . M̂ hat die Form M̂(z) = k · z (k ∈ C). Der Koeffizient kheißt Multiplikator von M .Hat M nur einen Fixpunkt p und ist G diejenige Möbiustransformation mitG(p) =∞, so ist die Konjugation von M

M̂ = G ◦M ◦G−1. (2.2)

Dabei hat M̂ die Form M̂(z) = z + t.

Für F und G findet man leicht

F (z) =z − p1z − p2

,

F−1(z) =p2z + p1z + 1

,

G(z) =1

z − p,

G−1(z) =1

z+ p.

2.2 Klassen

Definition 2.2. SeiM eine Möbiustransformation mit zwei Fixpunkten und mitdem Multiplikator k. Dann heißt M

• elliptisch, falls |k| = 1,

• hyperbolisch, falls k ∈ R,

• loxodromisch andernfalls.

Hat M nur einen Fixpunkt, so heißt M parabolisch.

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Die Berechtigung dieser Klassifizierung erkennt man daran, dass jeder Klasse be-stimmte Figuren zugeordnet werden können, wie in den folgenden Darstellungenzu sehen (die Darstellungen zeigen die Hintereinanderausführung der jeweiligenMöbiustransformation; jeder Pfeil wird auf den nächsten abgebildet):

Abbildung 2: Elliptisch (links) und hyperbolisch (rechts)

Abbildung 3: Loxodromisch (links) und parabolisch (rechts)

Ziel ist es nun, auf einfache Weise den Multiplikator k zu ermitteln:

SeiM : M(z) = w eine Möbiustransformation mit den Fixpunkten p1 und p2 undF (z) = z−p1

z−p2 . Aus (2.1) folgt dann:

M̂ ◦ F = F ◦M

k · z − p1z − p2

=w − p1w − p2

. (2.3)

Die Gleichung (2.3) heißt Normalform von M bzgl. p1. Vertauscht man p1 und p2(beide Fixpunkte sind gleichberechtigt!), so erhält man die analoge Darstellung

k′ · z − p2z − p1

=w − p2w − p1

. (2.4)

Dabei ist k′ = 1k. Dies ist die Normalform bezüglich p2.

Setzt man in (2.3) für z den unendlich fernen Punkt ∞ ein, so folgt:

k =ac− p1

ac− p2

=a− cp1a− cp2

. (2.5)

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Beispiel. Man betrachte die Inversion:

M(z) =1

z.

Die Fixpunkte sind p1 = 1 und p2 = −1, d. h. der Wert für k ist folglich k = −1.Also ist die Inversion eine elliptische Möbiustransformation.

Mit den Ergebnissen der Fixpunktuntersuchungen in Kapitel 1.4 lässt sich (2.5)weiter umformen (dabei sei

√(a+ d)2 − 4 im Folgenden als eine der komple-

xen Quadratwurzeln von (a + d)2 − 4 fixiert). M ist hierbei in der normiertenDarstellung gewählt.

k =a− cp1a− cp2

⇔ k =a− c · a−d+

√(a+d)2−42c

a− c · a−d−√

(a+d)2−42c

⇔ k =a+ d−

√(a+ d)2 − 4

a+ d+√

(a+ d)2 − 4

⇔√k +

1√k

= a+ d.

Zusammengefasst erhält man:

Satz 2.1. Sei M : M(z) = az+bcz+d

eine Möbiustransformation in normierter Dar-stellung. Dann ist M

• elliptisch, falls (a+ d) ∈ R und |a+ d| < 2,

• hyperbolisch, falls (a+ b) ∈ R und |a+ d| > 2,

• parabolisch, falls a+ b = ±2,

• loxodromisch sonst.

3 Schottky-Gruppen

Gegeben seien vier Kreise DA, Da, DB und Db, sowie zwei Möbiustransformatio-nen a bzw. b und ihre Umkehrabbildungen A bzw. B. Es gelte:

a(DA) = Da, b(DB) = Db, A(Da) = DA, B(Db) = DB.

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Definition 3.1. Unter einer Schottky-Gruppe versteht man die Menge aller Nach-einanderausführungen von a, b, A und B.

Die folgenden beiden Bilder sowie die eingangs gezeigte Grafik veranschaulichenzwei Schottky-Gruppen. Dabei sind die großen roten Kreise die Ausgangskreise,wie in der Definition bezeichnet. Die weißen Punkte sind die Grenzpunkte derAbbildungen dieser vier Kreise.

Abbildung 4: Schottky-Gruppen

Visualisierungen dieser Art bezeichnet man als Indras Perlen, siehe [2].

Literatur

[1] Engel, J.: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, Oldenbourg, München, 2009.

[2] Mumford, D.; Series, C.; Wright, D.: Indra’s Pearls. The Vision of Felix Klein,Cambridge University Press, 2006.

[3] Needham, T., Anschauliche Funktionentheorie, Oldenbourg, München, 2001.

[4] Richter-Gebert, J.; Kortenkamp, U.: The Cinderella.2 Manual, Springer, Heidel-berg, 2012.

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