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Abby McDonald Plötzlich Liebe

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DIE AUTORIN

Abby McDonald, geboren 1986, hat in Oxfordihr Examen in Politik, Philosophie und Volks-wirtschaft abgelegt. Nach dem Studium arbei-tete sie als Musikjournalistin und hat Künstlerwie LeAnn Rimes und Marilyn Manson inter-viewt. Seit 2009 ist sie freie Autorin und hatmit »Plötzlich Liebe« ein erfolg reiches Jugend-buch-Debüt abgeliefert.

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Abby McDonald

Plötzlich LiebeAus dem Englischen von Catrin Frischer

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cbjist der Kinder- und Jugendbuchverlagin der Verlagsgruppe Random House

1. AuflageDeutsche Erstausgabe April 2011Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform© 2011 für die deutschsprachige Ausgabe cbj Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbHAlle deutschsprachigen Rechte vorbehaltenDie Originalausgabe erschien 2009 unter dem Titel Sophomore Switch bei Candlewick Press, USA.© 2009 by Abigail McDonaldPublished by Arrangement with Abigail McDonald.Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen.Aus dem Englischen von Catrin FrischerUmschlagfotos: iStockphoto (oben: Steve Cole,unten: David Cox)Umschlaggestaltung: init.büro für gestaltung, BielefeldReprinted by Permission of Candlewick Press,Inc., Somerville, MA 02144.MI · Herstellung: CZSatz: KompetenzCenter, MönchengladbachDruck und Bindung: GGP Media GmbH, PößneckISBN: 978-3-570-40034-0Printed in Germany

www.cbj-verlag.de

Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100Das für dieses Buch verwendete FSC®-zertifizierte Papier München Super Extraliefert Arctic Paper Mochenwangen GmbH.

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Tasha

Das ist ja so was von keine gute Idee. Nicht mal fünf Minu-ten von meinem ersten Kurs im Semester sind um undschlagartig geht mir auf, wie schlecht diese Idee ist. Nicht soschlecht, wie bei laufender Kamera mit Tyler Trask in denWhirlpool zu steigen, nee, nee, so schlecht sicher nicht, aberdas ist ja auch kaum zu toppen. Noch schlechtere Ideen fin-det man vermutlich nur bei denen, die entschieden haben,dass Crocs ein megasüßes Schuhkonzept sind. Doch wieblöd war es, für mein Auslandssemester einen Platz an derUniversität von Oxford anzunehmen, wo ich doch leistungs -mäßig gerade mal Durchschnitt bin? Richtig: ziemlich blöd.

»… Mittlerweile dürften alle mit den grundlegenden Tex-ten auf der Lektüreliste vertraut sein …«

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Ich werfe einen raschen Blick auf die dicht beschriebenezweiseitige Liste, die in meinem Austausch-Infopaket ent-halten war. Lauter Titel wie »Politische Neuerung und Konzeptwandel« und ich muss mich daran erinnern, weiter-zuatmen. Erst vor ein paar Tagen bin ich in England ange-kommen, aber es gibt keine Schonfrist, nicht mal wenn manunter Mörderjetlag leidet.

»… Und es gibt ein neues Gesicht. Natasha Collins, herz-lich willkommen.«

Mein Kopf zuckt hoch, ich schaue mich um und stelle fest,dass mich die ganze Gruppe anstarrt. Anstelle der dicht be-setzten anonymen Hörsäle, die ich von zu Hause kenne, be-finde ich mich in einem dunklen holzvertäfelten Raum undbin eine von gerade mal zehn Studenten, die auf schäbigenSofas und Polstersesseln hocken.

»Möchten Sie sich vorstellen?«, fragt Professor Susan-ne Elliot. Ihr grau meliertes Haar umrahmt ein Gesicht,das bei uns längst bis zum Abwinken gebotoxt worden wäre.

»Äh, klar«, fange ich an. »Ich bin Tash, Natasha«, berich -tige ich mich. Ich vergess das immer, Tasha gibt’s nichtmehr, diese Version von mir selbst habe ich kichernd und betrunken in diesem Whirlpool zurückgelassen. »Ich kommvon der UCSB und bin nur dieses Semester hier.«

»UCSB?«, wiederholt Elliot mit gerunzelter Stirn. Allesklar, eindeutig kein Botox.

»Universität von Kalifornien?«, erkläre ich zögernd. »Ichgehe in Santa Barbara auf die Uni.«

»Oh.« Elliot scheint überrascht zu sein. Sie blättert in ihren

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Unterlagen und sucht was. »Normalerweise pflegen wir kei-nen Austausch mit dieser Universität.«

»War irgendwie was auf den letzten Drücker, keine Ah-nung.« Ich fange an mir den farblosen Nagellack auf mei-nem Daumennagel abzupulen und ignoriere die belustigtenBlicke, die meine Klassenkameraden wechseln. Keine Ah-nung, warum die deswegen so hochnäsig tun müssen. Dasist nicht Stanford, schon klar, aber das UC System ist dochwohl auf jeden Fall ganz vorn in der zweiten Reihe!

»Santa Barbara«, wiederholt die Professorin. »Und was haben Sie dort studiert?« Sie guckt mich über das dünneDrahtgestell ihrer Brille hinweg an.

»Ich … äh hab mich noch nicht endgültig entschieden.«Mir wird immer unbehaglicher. Genau genommen stimmtdas nicht ganz, aber wenn ich dem Komitee für Austauschweltweit erzählt hätte, welche Kurse ich belegt hatte, wäreich auf so eine Art internationale Schwarze Liste gekommenund als zum Studium ungeeignet gebrandmarkt worden.

»Nun denn.« Sie hält inne. »Willkommen in Oxford. Ichbin sicher, Sie werden Theorie der Politik sehr … aufschluss-reich finden.« Sie fährt fort und redet über die Abgabeter -mine von Hausarbeiten, aber die leichte Häme entgeht mirtrotzdem nicht.

Ich rutsche tiefer in meinen Sessel und schaue meine Klas-senkameraden verstohlen an. Sie tragen brave Pullover,Oberhemden und ordentliche Jeans und wirken total ent-spannt, nicken zustimmend und lächeln sich vertraut zu,aber das ist wohl auch normal. Schließlich haben sie sich inden letzten anderthalb Jahren über staubigen Bibliotheks -

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büchern und Semesterarbeiten näher kommen können,während ich fünftausend Meilen weit weg Kurse geschwänzthab, um an den Strand und shoppen zu gehen. Ich mag ja eine tolle Bräune und wahnsinnige Fähigkeiten als Schnäpp-chenjägerin haben, aber irgendwie glaube ich, das zählt hiernicht viel.

»… Ich nehme an, das war alles. Noch Fragen?« ProfessorElliot sieht uns erwartungsvoll an.

Ich hatte jede Menge. »Was zum Teufel mach ich eigent-lich hier?« … nur als Auftakt und »Warum bin ich nicht ein-fach als freiwillige Helferin nach Guatemala gegangen, wiemeine Mutter vorgeschlagen hat?« Ich war so darauf fixiert,aus Kalifornien rauszukommen, dass ich nicht wirklich da-rüber nachgedacht hatte, was danach kommen sollte.

»Ich hab eine.« Die sportliche Blonde neben mir hebt dieHand ein wenig. »Fangen wir mit dem Thema Theorie vonMacht und Herrschaft oder den grundlegenden ideologi-schen Differenzierungen an?«

Ich blinzele.»Das wollte ich eigentlich Ihnen überlassen. Wie stehen

Sie dazu?«Alle haben enthusiastisch Vorschläge beizusteuern, wäh-

rend ich meinen Jeansrock glatt streiche (der höchstwahr-scheinlich zehn Zentimeter kürzer ist als alles, was meineKlassenkameraden besitzen), und ich wünsche mir zum acht -und zwanzigsten Mal seit meiner Landung, alles rückgängigmachen zu können. Natürlich nicht, dass ich die Staaten ver-lassen habe, das ist wohl klar. Das war notwendig. Also,Weihnachten in L.A. war krass genug (mit Mom und mei-

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nem Stiefvater, die mich abwechselnd anschwiegen oder mirVorträge darüber hielten, wie enttäuscht sie von mir seien),aber als die Uni wieder anfing, war der Klatsch übler denn je.

Was konnte ich also tun? Ich wollte nicht einfach hin-schmeißen. Vielleicht sind mir Partys wichtiger gewesen alsLernen und vielleicht hab ich mehr Gedanken auf mein Out-fit zu einem ersten Date verwendet als auf meine Haus -arbeiten, aber ich schmeiß nicht so leicht hin. Und außer-dem, wenn ich abbrechen würde, sähe es so aus, als ob allesallein meine Schuld gewesen wäre, und das konnte ich schongar nicht ertragen. Seit Tubgate war ich mit einem Lächelnauf dem Gesicht rumgelaufen und hatte so getan, als ob esmich nicht die Spur kratzte, was über mich geredet wurde.Das Geflüster. Die Lügen in der Sensationspresse. Wenn ichhinschmiss und mich total zurückzog würde ich eingeste-hen, dass ich mich schmutzig und beschämt fühlte. Und diese Genugtuung würde ich denen bestimmt nicht geben.

Und da hab ich, obwohl das Semester schon angefangenhatte, um einen Austausch gebettelt und diese verklemmteVerwaltungstussi jeden Tag angerufen, bis sie endlich einge-knickt ist und mir erzählt hat, dass mit irgendeinem Mädchenin Oxford was schiefgegangen war und dass die noch immereinen Platz brauchte. Und obwohl ich deren wer-weiß-wie-hohe Elite-Uni-Anforderungen nicht erfüllte, könnte siemich gehen lassen, wenn ein Eins-zu-eins-Tausch zustandekäme: ihre Kurse gegen meine, meine 2er-WG gegen ihrStudentenheimzimmer. Da drüben hatte der Unterrichtnoch nicht mal angefangen, ich würde also nicht einen Tagversäumen. Fast drei ganze Monate in England. Perfekt.

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Aber jetzt saß ich in einem Raum voller Leute fest, diewahrscheinlich Jahrgangsbeste in ihren Highschools gewe-sen waren und nicht Anführerinnen des Cheerleader-Teams.Ich hab schon Mühe, dem Einführungsvortrag zu folgen,vom Kurs selbst ganz zu schweigen, und ich muss michwirklich fragen …

Ist das wirklich so viel besser?

Bevor die nicht sehr herzliche Begrüßung vorüber ist, habeich mir vorgenommen, ein Politologiehandbuch für An fän -ger zu kaufen. Laut Elliot hab ich drei Tage Zeit für die Vor-bereitung meiner ersten Hausarbeit, die dann meinen Klassenkameraden zur Diskussion vorgelegt werden wird.Drei Tage! National-Geographic-Aufnahmen von fressenden Piranhas flackern mir durch den Kopf, und ich nehme mirnoch etwas fest vor: Rausfinden, wo die Bibliothek ist. Irgendwie glaub ich nicht, dass meine übliche Vorgehens-weise, was aus Wikipedia und Google zusammenzuschrei-ben, bei diesen Leuten punkten kann.

Ich ziehe meinen pelzgefütterten Parka an und folge denanderen Studenten hinaus auf den eisigen Haupthof. Wiesich herausgestellt hat, besteht die Universität von Oxfordaus ein paar Dutzend einzelnen Colleges, die sich über dieganze Stadt verteilen. Ich werde im Raleigh College wohnenund studieren, das besteht aus einigen Sandsteingebäuden,die am Flussufer liegen. Gestern bin ich auf dem Campus herumgelaufen und es ist absolut toll da. Studentenwohn-heime, Mensa und die alte Kapelle mit diesen kleinen ge-pflasterten Hofplätzen, und überall sind nette Rasenflächen

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und Gärten. Das ist hübsch, eindeutig, aber bei diesem Wet-ter wünsch ich mir doch, dass sie dran gedacht hätten, in diese Klöster aus dem sechzehnten Jahrhundert auch Hei-zungen einzubauen. Nicht mal meine Lieblings-Uggs kön-nen mich warm halten.

Wo wir gerade bei Temperaturen sind … meine Klassen-kameraden machen dem Wetter Konkurrenz, so eisig be-handeln sie mich. Der kalte Wind weht Gesprächsfetzen zumir herüber, aber keiner nimmt auch nur irgendwie Notizvon meiner Existenz.

»Seh ich dich nachher in der Hall?«, fragt einer der Jungsund streicht sich sein dunkles Haar zurück.

»Nein, muss für mein Colloq lernen«, antwortet eine Brü-nette, die ihr Haar zu einem seltsam zurückgekämmtenPferdeschwanz gebunden hat. Spanisch wäre leichter zu ver-stehen, schließlich hatte ich da mal den Grundkurs belegenmüssen, aber hier hab ich null Ahnung, wovon sie reden.

»Ich hab da Mülltüten im Sinn für den Bop Freitag«, sagtdie athletische Blonde. Okay, ich bin taktvoll, wenn ich athletisch sage, meine ich Kampflesbe. Raspelkurzes Haar,weite Sportklamotten, und weil man es nicht deutlich genugsagen kann, steckt an ihrem dicken Rucksack auch noch eineRegenbogenanstecknadel. Nein, nein, ich verurteile nieman -den. Ich seh bloß nicht ein, warum gleichgeschlechtliche Prä-ferenz zwangsläufig mit totaler modischer Umnachtung ein-hergehen muss. Mal ehrlich, da muss man sich doch bloßmal Portia de Rossi angucken: heiße Frau mit Elle-Abo. Na,geht doch, würd ich sagen.

»Oder vielleicht …« Sie tauchen durch einen Torbogen ab

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in was, das ich für die Poststelle halte, die alte Holztür schlägtmit einem dumpfen Knall hinter ihnen zu. Ich kann nur eingewisses Maß kalte Schulter vertragen. Also versuch ichnicht, ihnen zu folgen, abgesehen davon bin ich mir ganz sicher, dass ich keine Post habe. Wenn meine Eltern mir eineeinzige Karte schicken, kann ich mich glücklich schätzen, sogroß ist die Schande, die Tubgate über meine Familie ge-bracht hat … behauptet meine Mutter jedenfalls. Sie sind sowütend, dass sie mein Zimmer wahrscheinlich schon alsSpielzimmer für das Baby einrichten, das sie erwarten.

Plötzlich total fertig, mag ich die Wahl zwischen Nudelnund welcher Pampe sie hier auch immer als Mensaessen aus-geben nicht treffen. Ich wickele mich fester in meine Jackeund mach mich auf zu meinem Wohnheim, wobei ich durchden Regen blinzeln muss, der nun in dichten Strömen fällt.Ich ertrag es nicht, wieder allein in dem riesigen, mit Port -räts behängten Speisesaal zu sitzen, zumindest werde ich mirdank der Instant-Nudelsuppen Größe 34 erhalten können.Ich trotte durchs kahle Treppenhaus hinauf, schiebe meineTür auf und breche auf dem Bett zusammen, total am Ende.

Weg mit den feuchten Schuhen, her mit den Sweatpants,und Joni Mitchell spielt leise dazu. So. Alles bereit. Das Heu-len kann beginnen.

Aber gerade als ich mich unter der Decke verkriechen undüber den Ozean hinwegwünschen will, sehe ich mich ge-nauer um. Zu Hause in Santa Barbara teile ich mir mit Morgan eine Wohnung, die ist winzig, liegt aber in diesemgeilen Gebäude, in dem nur Studenten wohnen, supernaham Strand. Hier wohne ich in einem Einzelzimmer im

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Wohnheim, einer Einzelzelle, besser gesagt. Ausgeblichenergrauer Teppich, hartes Doppelbett … ich stehe auf und lassdas alles ganz langsam auf mich wirken.

Die Wände sind total kahl, nur ein farbig markierter Stun-denplan und eine Leseliste hängen so gerade an der Pinn-wand, dass sie mit einem Lineal angebracht worden seinmüssen. Der Tisch ist gedeckt – mit einem Blatt Papier undzwei Stiften, die genau rechtwinklig angeordnet sind. Undder Nachttisch, der überall auf der Welt Hort interessanterUtensilien ist, enthält nichts weiter als eine Schachtel Vita-mintabletten, ein Paket Tempo und ein kleines Wörterbuch.

Ich lasse mich aufs Bett fallen, dieses Mal total ungläubig.Ich denke an meine eigene Wohnung, in der alles nur soüberquillt von allem möglichen Zeug, Klamotten, Lärm,dann gucke ich mir diesen Tempel der Ordnung und Ge-nauigkeit noch einmal an.

Emily Lewis. Was bist du bloß für ein Freak?

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Emily

»… Und ich dann: ›Nee, geht gar nicht‹, aber er dann: ›Scheißdrauf, geht doch‹, und dann ging das mitten auf der Tanz -fläche total zur Sache! Manno … nee … Echt krass! Und derwar echt megaeifersüchtig … Ha! Nee, echt!«

Ich kneife die Augen fest zu, aber als ich sie wieder auf-mache, bin ich immer noch hier und starre an die Wand, dievoll mit fremden Fotos ist, während meine neue Mitbewoh-nerin ihre faszinierende Analyse moderner Sexualität fort-setzt.

»Geht gar nicht!«, kreischt sie, klar verständlich auch nochim angrenzenden Zimmer. »O Gottogott, ich kann gar nichtglauben, dass du ihn das hast machen lassen!«

Seufzend schwinge ich meine Beine über die Bettkante

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und verschaffe mir einen Überblick über die anstehende Auf-gabe. Zunächst einmal brauche ich Putzutensilien und irgendein flaches Werkzeug, mit dem ich den Müll von denWänden kratzen kann. Wahrscheinlich ist alles mit Blu-Tackfestgeklebt, und ich weiß, welche Fettflecken das Zeug hin-terlässt. Während ich mich für mein neues Projekt erwärme,sprudelt nebenan Morgans Strom von »echt« und »mega!«unaufhörlich weiter. Systematisch kratze ich Schichten vonZeitschriftenausschnitten und Fotos ab, ordne das Chaos, bissich darunter helle cremefarbene Wände offenbaren, diekühl und beruhigend wirken.

»He, Em!« Ohne anzuklopfen stößt Morgan die Tür auf.Sie hat den Kopf auf die Schulter gelegt, denn dort klemmtdas Telefon, während sie ihre Nägel in einem schrillen Himbeerton lackiert. Ist schon halb fertig. »Wir gehen wasessen – willst du mit?«

»Geht nur.« Ich schüttele den Kopf. »Ich muss noch aus -packen. Aber danke.«

»Na gut. Kein Problem!« Morgan zuckt die Achseln, gehtaber nicht wieder raus. Stattdessen dreht sie sich zu dem rie-sigen Schminkspiegel um, beendet die Lackarbeiten undfängt an, eine frische Schicht Mascara aufzutragen. Platin-strähnchen hellen ihr blondes Haar auf, das zu losen Ringelngedreht weit über ihren Rücken fällt und auf ihrem blass-blauen Tanktop synthetisch grell glänzt. Durch die Sonnen-bräune und das sorgfältige Make-up wirkt sie wie nicht ganzecht – wie eine perfekte Puppe. Und sie ist nicht die Einzige.Diese Stadt scheint Austragungsort irgendeines Junior-Step-ford-Experiments zu sein.

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»Nein, sie bleibt hier.« Morgans Stimme wird leiser, alssie sich wieder dem Telefon zuwendet. »Nein … hm … nein,sie ist irgendwie still. Ich weiß … sie macht sauber.«

Ich ignoriere ihre gedämpften Kommentare und arbeiteweiter, bis sie geht, schwinge mich auf den wohligen Rhyth-mus von Abziehen, Wischen usw. ein, bevor ich meine eige -nen Sachen auspacke. Eine warme Brise bauscht die Vor-hänge und ein vertrauter Popsong driftet von der Wohnungunter mir herauf, sonst stört nichts meinen Frieden. Dann istmein Zimmer schließlich ordentlich und sauber, Natashaszahlreiche Besitztümer sind unter dem Bett verstaut undmeine Kleider und Studiensachen an ihrem Platz.

So.Ich lege eine Atempause ein und betrachte mit tiefer Be-

friedigung die Ordnung, die ich aus dem Nichts und denHinterlassenschaften meiner Tauschpartnerin geschaffen habe. Wenn nicht alle Sachen an ihrem Platz sind, kann ichmich nicht konzentrieren. Alles andere an diesem Austauschmag ja die totale Katastrophe sein, aber dieses Durcheinan-der hab ich im Griff.

Mein eigenes Telefon macht sich bemerkbar, nicht mit derdröhnenden Rapmusik, die Morgans Handy heute mindes-tens schon ein Dutzend Mal ausgespuckt hat, sondern mit einem normalen Piepton.

»Hallo, Elizabeth.« Ich lasse mich auf mein frisches, neuesBettzeug fallen und bemerke einen Fleck an der Decke, umden ich mich später kümmern werde.

»Santa Barbara? Emily, hast du den Verstand verloren?«Meine große Schwester verschwendet keine Zeit auf »Wie

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war dein Flug?«-Freundlichkeiten, ihre Missbilligung schrilltklar vernehmlich durch die Leitung aus England. »Das istnicht mal Ivy League! Was für einen Sinn soll es denn haben,drei Monate auf einer Schule für Strandgammler und Party-schlampen zu verschwenden?«

»Ist nicht meine Schuld«, führe ich an und recke die nack-ten Füße in die Luft. Warum nicht die Kritik mit ein paarstraffenden Übungen verbinden? Alle verfügbare Zeit musskonstruktiv genutzt werden, das ist der Schlüssel zum Erfolg.»Professor Tremain hat meine Bewerbung vergessen. Er hatsie erst nach Bewerbungsschluss eingeschickt, da war an denguten Schulen schon alles vergeben. Ich hab Glück gehabt,dass ich diesen Platz gekriegt habe. Hier hat das Semesterlängst angefangen.« Im Stillen dankte ich für irgendeinenschlüpfrigen Zwischenfall, der Natasha nach England flüch-ten ließ. Gleich nach meiner Ankunft hatte Morgan irgend-was von Whirlpools und Fernsehstars gefaselt, aber ich warso übermüdet und schlecht gelaunt gewesen, dass ich nichtrichtig hingehört hatte.

»Glück?«, brüllt Elizabeth. Ich höre Töpfe klappern undstelle sie mir in ihrer gepflegten Granitküche vor, in der sienach einer Fünfzehn-Stunden-Schicht im Krankenhaus maleben ein Drei-Gänge-Menü zaubert. »Du hättest überhauptnicht fahren sollen. Das zweite Jahr ist nicht der richtigeZeitpunkt, um sich gehen zu lassen, weißt du. Da sollte manzusätzliche Kurse belegen, sich in der Studentenpolitik undDiskussionsforen engagieren.«

»Ich weiß.« Hab ich alles schon mal gehört. Elizabeth wie-derholte den Sermon meines Vaters praktisch wortgetreu.

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»Und warum verschwindest du dann einfach und setzst alles aufs Spiel?« Elizabeth schwenkt von Missbilligung zuErbitterung um, während ein Kessel pfeift. »Das begreife ichnicht.«

»Ist doch keine große Sache.« Geschickt weiche ich derFrage aus. »Auslandsaufenthalte sind als Bereicherung desStudiums anerkannt. Damit stelle ich unter Beweis, dass ichmir zu helfen weiß und anpassungsfähig bin.«

»Selbstverständlich sind Auslandsaufenthalte legitim.« Eli-zabeth seufzt. »Aber welche Bereicherung willst du da dennfinden? Harvard ist das wohl kaum.«

Harvard. Schon, dass sie es ausspricht, tut weh. Eigentlichsollte ich jetzt dort inmitten der hellsten Köpfe des Landesüber ordentliche College-Höfe zu Seminaren über inter -nationale Beziehungen und politische Philosophie gehen. Ichhatte alles durchgeplant, bis zum Stundenplan und der Vor-lesungsliste. Das Faltblatt liegt in meinem Koffer in einemReiseführer über Boston, den mein Vater mir zu Weihnach-ten geschenkt hat. Ich glaube, den brauche ich jetzt nichtmehr.

»… Machst du das? Emily?«»Was?« Ich schrecke aus meinen Träumen.»Ich hab gesagt, es ist nicht zu spät. Du könntest wie-

der nach Hause kommen. Wieder zurück nach Oxford gehen.«

»Aber mein Platz ist besetzt. Das andere Mädchen ist da.«»Das können wir sicher regeln, da bin ich mir sicher.«

Elizabeth kaut irgendwas. »Dad hat gesagt, er sucht dir einZimmer in Oxford, da kannst du wohnen, bis du deins zu-

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rückbekommst, du könntest all deine Kurse besuchen, ganznormal. Und er würde dir sogar den Unterhalt zahlen.«

»Das würde er bestimmt.«»Sag das nicht so.« Wieder seufzt sie. »Er ist nur be-

sorgt. Das sind wir alle. Das sieht dir überhaupt nicht ähn-lich.«

»Und was sieht mir ähnlich?«, frage ich argwöhnisch.»Du bist verantwortungsbewusst. Zielstrebig.« Elizabeth

versucht das klingen zu lassen, als wäre es etwas Gutes. »Duwürdest nicht einfach abhauen und deine guten Zensurenriskieren – und die Aussichten auf eine gute Praktikanten-stelle.«

»Um das Praktikum habe ich mich schon beworben, undabgesehen davon, warum wissen eigentlich alle so genau,was ich machen werde? Ich bin achtzehn Jahre alt und keinealte Jungfer!«

»Jungfer?« Elizabeth merkt auf. »Emily, hat das etwas mitSebastian zu tun? Denn …«

»Mit dem hat das gar nichts zu tun!«»Gut.« Sie seufzt wieder. »Denk einfach drüber nach,

okay? Es ist doch nicht so, dass du damit eine Niederlage ein-gestehen würdest.«

»Ich komme nicht nach Hause«, gebe ich ihr mit Nach-druck zu verstehen. Die Erinnerung an Sebastian hat mich inmeinem Entschluss bestärkt. »Mir … gefällt es hier.«

»Tatsächlich?«»Ja«, sage ich vorsichtig. »Meine Mitbewohnerin ist wirk-

lich nett und ich kann jede Menge interessanter Kurse be -legen.«

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»Oh.« Sie macht eine Pause. »Na, du wirst schon wissen,was du tust …«

»Genau.« Endlich lasse ich meine Beine wieder fallen, nachdreißig Wiederholungen.

»Dann pass auf dich auf. Und ruf Dad an. Er macht sichSorgen.«

»Tu ich. Hab dich lieb.«»Ich dich auch.«Ich wälz mich auf die Seite und mein Blick fällt auf das

Infopaket auf dem Schreibtisch. Egal, was ich Elizabeth er-zählt hab, noch habe ich mich nicht dazu durchringen kön-nen, mir meinen Stundenplan anzusehen. Aber ich kann mirvorstellen, was Natasha – Amateurmodell für Dessous undTabledancer (wenn man nach den Fotos an der Wand geht) –belegt hat. Einführung in die Kindergartenerziehung oderEnglisch für Sonderschüler.

Aber als ich die zusammengehefteten Seiten durchblät -tere, stelle ich mit Entsetzen fest, dass ich sie überschätzt habe. Filmkritik: Der aktuelle Blockbuster? Teen Movies:Brat Pack und die Folgen?

Das Mädchen studiert blöde Filme?

Ich nehme einen Shuttlebus von unserer Wohnung und stie-fele dann praktisch im Sturmschritt über den Campus, weilich noch ins internationale Studentenbüro will, ehe die zu-machen. Es ist okay für mich, meine Familie vor den Kopfzu stoßen, meine Chancen auf ein Praktikum bei einer derfünf besten Anwaltskanzleien aufs Spiel zu setzen und frei-willig zwölf Wochen auf beschränktem Raum mit Morgan

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zu verbringen, aber so einen Witz von Stundenplan kann ichnicht hinnehmen. Sogar ich ziehe Grenzen.

Überall um mich herum schlendern gebräunte und glück-liche Studenten in der Sonne herum, die von meinen Qualennicht die geringste Notiz nehmen. An diese Massen habe ichmich noch nicht gewöhnt. In Raleigh gibt es vierhundertStudenten, hier vermutlich beinahe zwanzigtausend. Ichkenne nicht mehr jedes Gesicht, sondern bin völlig verlorenin einem Meer von gebräunten Fremden.

Doch erstaunlicherweise fühle ich mich nicht so allein,wie ich erwartet hatte. Ehrlich gesagt, während ich michdurch die Menge schlängele und in der Ferne den Ozean fun-keln sehe, stellt sich eine seltsame Zufriedenheit bei mir ein.Diese Anonymität, diese Freiheit ist etwas völlig Neues fürmich. Den Campus von Raleigh kann ich nicht überqueren,ohne von jemandem angehalten zu werden, der mit mirüber Kurse oder Veranstaltungen reden will, aber hier zeigtniemand auch nur einen Funken Interesse an mir, wenn ichvorbeiflitze. Ich könnte sonst wer sein, nicht einfach nur dieStreberin Emily Lewis, die ich den größten Teil meines Lebens gewesen bin. Nach allem, was die Leute hier von mirwissen, könnte ich durchaus jemand sein, der so etwas ge-wohnheitsmäßig macht: ein Mädchen, das mir nichts dirnichts auf die andere Seite der Erde fährt, eine leichtsinnigeAbenteurerin.

Leichtsinnig … das nötigt mir schon ein hohles Lachen ab.Dies hier ist die erste wirklich abenteuerliche Sache, die ichin meinem Leben mache – und nur wegen eines Jungen. Ichbleibe in der Nachmittagssonne stehen und denke an die

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Kommentare meiner Schwester und an das, was Sebastianvor gerade mal einer Woche gesagt hat, an dem Abend, andem er mit mir Schluss gemacht hat. Weil ich ein Kontroll-freak bin. Weil ich Angst vor Nähe habe. Weil dieses Ge-spräch auf meinem Bett stattfand und nicht darin, und weilich mehr Sachen anhatte, als er mochte. Andere Mädchenwären losgezogen und hätten viel zu viel Geld für ein tief dekolletiertes Kleid ausgegeben oder für einen Haarschnitt,um mal zu zeigen, wie spontan sie waren, aber ich nicht.Nein, ich musste ja gleich am nächsten Morgen ans Telefongehen, als die Frau vom Austausch weltweit anrief, und so-fort zusagen. Ja, ich war einverstanden mit dem Tausch inletzter Minute. Ja, ich war einverstanden mit Kalifornien.Holt mich raus aus England!

Und so sehr ich – und mein aufgeklärtes feministischesSelbst der dritten Generation – es auch verabscheute, zuzu -ge ben: meine Schwester hatte recht. Ich machte das alles nurwegen Sebastian.

Doch ich ignorierte die Beklemmung in meiner Brust, dieimmer hochkommt, wenn ich an das denke, was er gesagthat, gehe an einer Gruppe von Jungs in tief auf der Hüfte sit-zenden Jeans vorbei, die einen Frisbee werfen, und stiefele indie klimatisierte Kühle des Internationalen Studentenbüros.Es spielt keine Rolle, wie ich hierhergekommen bin: Ich sitzefest. Bis April. Da kann ich doch wenigstens dafür sorgen,dass ich eine ordentliche Ausbildung bekomme, während ichhier bin.

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Tasha

So ist das also, wenn man studiert.Also, bitte nicht falsch verstehen, ich hab schon hart ge -

arbeitet. Der Universitätseignungstest, Semesterarbeiten,Klausuren … dass ich nicht auf der Bestenliste oder so stehe,heißt noch lange nicht, dass ich nicht Zeit auf so was ver-wendet hätte. Aber es ist ein Unterschied, wenn man Sachenpaukt, die man irgendwie weiß (und nur noch besser wissenmuss), oder drei Tage am Stück durcharbeitet, um irgend-welche Konzepte in den Kopf zu kriegen, von denen mannoch nie was gehört hat. Und nach all dem, nach all der Arbeit, weiß man dann trotzdem ganz genau, dass der Auf-satz nichts taugt.

Ich bin wieder in dem schlecht beleuchteten Arbeitszim-

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Abby McDonald

Plötzlich Liebe

DEUTSCHE ERSTAUSGABE

Taschenbuch, Broschur, 352 Seiten, 12,5 x 18,3 cmISBN: 978-3-570-40034-0

cbj

Erscheinungstermin: März 2011

Ein Tapetenwechsel mit Folgen Neues Land, neues Glück? Für ihren Studienplatztausch haben die Amerikanerin Tasha unddie Britin Emily beide ihre Gründe: Die eine flüchtet nach einem Techtelmechtel mit einemB-Promi vor der Klatschpresse, die andere vor ihrem überehrgeizigen Vater. Dass sie sich aufder anderen Seite des großen Teiches plötzlich Hals über Kopf verlieben, damit haben sowohlEmily als auch Tasha nicht gerechnet. Und es kommt noch komplizierter, denn Davonlaufen warnoch nie eine Lösung …