Mechanopolymerchemie

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Mechanochemie bei PolymerenDass Polymere überhaupt existieren, war in den Anfängender makromolekularen Chemie keine Selbstverständlich-keit. Hermann Staudingers Hypothese über die Existenz vonMakromolekülen – lange Ketten sich wiederholender Ein-heiten – wurde weithin nicht akzeptiert und verspottet. Soschrieb Heinrich Wieland (Nobelpreis 1927 für die Aufklä-rung der Zusammensetzung der Gallensäure) in einem Briefan Staudinger: „Lieber Herr Kollege, lassen Sie doch die Vor-stellung mit den großen Molekülen, organische Molekülemit einem Molekulargewicht über 5000 gibt es nicht. Rei-nigen Sie Ihre Produkte, wie z. B. den Kautschuk, dann wer-den diese kristallisieren und sich als niedermolekulare Stof-fe erweisen.“

Staudinger ließ sich jedoch nicht beirren und verfolgteweiterhin seinen Weg, um die Existenz von Polymeren zubeweisen. So verwundert es nicht, dass er einen großenTeil seiner Aufmerksamkeit der Analyse dieser Molekül-gruppe widmete. Staudingers wegweisende Entdeckungenwurden 1953 mit dem Nobelpreis für Chemie gewürdigt.

Anfang der 1930er Jahre beobachtete Staudinger beimWalzen von Kautschuk und Polystyrol eine Abnahme derViskosität, die er als Molekulargewichtsabnahme interpre-tierte [2]. Damit stellte er als erster die Hypothese auf, dassmechanisch induzierte chemische Reaktionen in Polyme-ren ablaufen können. Aus dieser Entdeckung entwickeltesich in der kautschukverarbeitenden Industrie das Mastika-tionsverfahren: Dabei wird Kautschuk bei 70–80 °C gewalztund die Polymerketten werden auseinandergerissen.

In der gleichen Dekade konnte mittels Ultraschall eineZersetzung natürlicher Polymere wie Agar bewirkt werden[3]. Im Rahmen ihrer Untersuchungen zur Viskosität ver-schieden langer Paraffinketten, H(CH2)nH, machten Kauz-mann und Eyring eine bemerkenswerte Beobachtung [4]:Bei kurzen Kohlenwasserstoffketten (n < 12) zeigte sich einlinearer Anstieg der Viskosität mit der Kettenlänge. Der beilängeren Ketten beobachtete Anstieg folgte jedoch nichtmehr einer linearen Kurve. Vielmehr zeigten Kohlenwasser-stoffe mit Kettenlängen n > 30 eine Viskosität, die eher fürkürzere Oligomere mit 20 < n < 30 typisch war. Dieses Er-gebnis wurde so interpretiert, dass eine lange Polymerkettenicht als Gesamtheit, sondern in Kettensegmenten fließt.„Sehr lange Ketten“ hingegen (deren Länge nicht näher ge-nannt wurde), zeigten eine deutlich niedrigere Viskosität alserwartet, was durch das Modell des segmentartigen Flussesnicht mehr erklärt werden konnte. So kamen Kauzmann und

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Molekulare Wirkung durch Kraft

MechanopolymerchemieMATHIAS SCHULZ-SENFT | MAT THIAS LIPFERT | ANNE STAUBITZ

DOI: 10.1002/ciuz.201400640www.chiuz.de

Um eine chemische Reaktion herbeizuführen, muss im Allge-meinen Energie zugeführt werden, zumindest, um die Aktivie-rungsbarriere zu überwinden. Im einfachsten Fall wird die Re-aktionsmischung erhitzt oder bestrahlt; bei der Elektrochemiewird elektrische Energie über Elektroden eingebracht undauch die freiwerdende Energie anderer Reaktionen, chemischeEnergie, kann genutzt werden. Doch wie steht es mit der me-chanischen Energie? Kann man einfach an einem Molekül„ziehen“, um Bindungen zu brechen? Und ist die Art der zuge-führten Energie relevant für den mechanistischen Reaktions-verlauf? Können gar andere, mit Wärme oder Licht nicht zu-gängliche Reaktionen möglich werden? Die Mechanopoly-merchemie untersucht diese Zusammenhänge und ihreGrundlagen und hat in den letzten fünf Jahren erstaunlicheneue Erkenntnisse zu Tage gefördert [1].

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Erstmalige Beschreibung des photomechanischen Effekts [7]. Ein Diazobenzolfarb-stoff 1 wurde in Polymere wie Nylon oder Celluloseacetat nichtkovalent eingela-gert. Durch Bestrahlung mit Licht erfolgt eine trans-cis-Isomerisierung des Farb-stoffes, die mit einer Verkürzung des Moleküls einhergeht. Die Folge war eine makroskopisch sichtbare Verkürzung der Faser.

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Eyring bereits 1940 zu der bemerkenswerten Hypothese,dass unter den angewandten rheologischen Bedingungen sohohe Zugkräfte entlang der Kette auftraten, dass diese reißenkonnten, was zu kürzeren Segmenten führte.

Schon seit den 1930er Jahren war bekannt, dass Ultra-schall in einer Polymerlösung zu einer Kettenverkürzungführt. Jedoch erst in den 1970er Jahren wurden die zuge-hörigen Mechanismen der Kraftübertragung genauer un-tersucht [5]. Die Ergebnisse schlugen sich aber nicht in ei-nem breiteren Interesse an dem Phänomen nieder. Erst inden 1990er Jahren wurde von Smith das Verhalten von Po-lymeren in Lösung unter Ultraschall detailliert untersucht.Hierbei zeigte sich, dass die beobachtete Kettenverkürzungvon Parametern wie Lösungsmittel, Konzentration der Po-lymere oder Intensität des Ultraschalls abhängt [6].

Der nächste große Schritt in der Untersuchung von me-chanischen Effekten in Polymeren erfolgte mit der Beob-achtung des photomechanischen Effekts in Nylon 1966 [7].Hierbei zeigte ein aus Nylonfäden gewebtes Band mit einemnicht kovalent eingelagerten, dispergierten Diazonium-farbstoff 1 bei Belichtung eine Längenänderung (Abbil-dung 1). Der Effekt war zwar relativ klein; es kam zu einerVerkürzung eines 30 cm langen Bandes um 0,33 mm. Beieiner Beladung von eineinhalb Gewichtsprozent Farbstoffim Polymer ist der Effekt dennoch beachtlich. Noch er-staunlicher ist, dass diese Längenänderung reversibel warund in der Dunkelheit wieder rückgängig gemacht wurde.Dies war der erste Bericht, bei dem eine Längenänderungauf molekularer Ebene direkt in ein makroskopisches Bau-teil übertragen wurde. Dieser Effekt konnte an verschiede-nen Kunststoffen (Celluloseacetat [7], Polyethylacrylat [8],Polystyrol (PS) und Polymethylacrylat (PMA) [9]) mit Dia-zonium- und Spiropyranfarbstoffen gezeigt werden [10].

Der photomechanische Effekt und auch die zuvor be-schriebenen mechanisch induzierten Kettenverkürzungenvon Polymeren blieben aber ein Randphänomen der For-schung.

Neuere EntwicklungenErst in den 2000er Jahren wurden die Mechanochemie unddie Mechanopolymerchemie wieder aufgegriffen. Hierbeiwurden die historischen Wege umgekehrt beschritten. Zu-

nächst wurde Ultraschall als Kraftübertragungsquelle bei ge-lösten Polymeren angewandt und die gewonnenen Ergeb-nisse auf Festkörper übertragen. So sind bis heute homoly-tische Bindungsspaltungen mit oder ohne Abspaltung einesMolekülfragments, Cycloreversionen und Isomerisierungendurch rein mechanische Kräfte beschrieben worden.

IsomerisierungenDie Isomerisierung eines zentral eingebauten Molekülbe-standteils durch Zugkräfte ist rein intuitiv wenig verwun-derlich und konnte beispielsweise an einem von PMA flan-kiertem BINOL-System 2 gezeigt werden. Durch Ultraschallkönnen die Isomere des BINOL-Fragments hin und her iso-merisieren. Da jedoch nur das (S)-Enantiomer in der an-schließenden Hydrolyse durch das Enzym Cholesteroleste-rase umgesetzt wird, wird dieses Enantiomer dem Gleich-gewicht beständig entzogen. So gelang eine dynamische

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Die enatiomeren Formen eines racemischen BINOL-haltigen Polymers 2 können unter Ultraschall reversibel isomerisieren. Nur das (S)-Enantiomer wird durch das Enzym hydrolysiert [11].

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Aufbau eines Sarkomers, der Basiseinheit einer Muskelfaser.Die eigentliche Muskelkontraktion kommt zustande, indemdas Myosin am Aktin in Richtung der sogenannten Z-Scheibenvorbei gleitet. Titin verbindet die M- und die Z-Zone. Durchmechanische Dehnung wird eine ATP-Bindedomäne frei undein dort liegender Tyrosinrest kann phosphoryliert werden.Dieses wiederum setzt eine Signalkaskade in Gang. Adaptiertvon Ref. [13] und reproduziert mit Genehmigung der NationalAcademy of Sciences of the USA, Copyright National Academyof Sciences of the USA 2008.

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Vergleich der Spaltungswege eines diazohaltigen Poly-ethylenglycols 4 unter Ultraschall (links) und thermischenBedingungen (rechts) [14].

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(a) Freisetzung eines Metathesekatalysators zur Durch-führung einer Ringschlussmetathese. (b) Die Umsetzungkann durch An- und Ausschalten von Ultraschall ebensoan- und ausgeschaltet werden. Adaptiert von [15] mit Genehmigung der Nature Publishing Group; Copyright2009.

a)

b)

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kinetische Racematspaltung, bei der letztendlich nahezudas gesamte Racemat in das (S)-BINOL 3 überführt wird(Abbildung 2) [11].

Besonders interessant aber ist die Bedeutung der Me-chanopolymerchemie in biologischen Systemen. So häufensich in letzter Zeit Berichte, dass Proteine nicht nur durchchemische Stimuli reguliert werden, sondern auch durchmechanische Reize [12]. Titin (auch Connectin) ist das größ-te bekannte Protein, das in quergestreiften Muskeln einewichtige Rolle bei der Wahrnehmung von Kräften spielt. Anseinem C-Terminus, wo es mit der sogenannten M-Bandedes Sarkomers, der Basiseinheit der Muskelfaser, in Verbin-dung steht, konnte eine Kinase-Domäne nachgewiesen wer-den, die auf mechanischen Zug reagiert (Abbildung 3). Imentspannten Zustand sind eine entscheidende ATP-Bin-dungsstelle und ein autoinhibitorischer Tyrosinrest im ge-falteten Protein verborgen und dadurch inhibiert. Um dieATP-Bindestelle zugänglich zu machen, und den autoinhi-bitorischen Tyrosinrest zu phosphorylieren, muss das Pro-tein durch Kräfte partiell entfaltet werden. So kann eineSignalkaskade in Gang gebracht werden, die dem Körperdie Belastung des Muskels mitteilt [13].

Homolytische BindungsspaltungenDer einfachste Fall einer Bindungsspaltung ist die Homoly-se. Um zu demonstrieren, dass dies durch mechanischeKräfte im Ultraschallbad gelingen kann, wurde ein diazo-verbrücktes Polyethylenglycol 4, das strukturell eng mitdem klassischen Radikalstarter AIBN (Azo-bis-isobutyroni-tril) verwandt ist, als Modellsystem benutzt (Abbildung 4)[14]. Durch Ultraschalleinwirkung verringerte sich das Mo-lekulargewicht von 40 kDa auf 20 kDa, während die Poly-dispersität der Probe klein blieb. Die Ketten wurden alsooffensichtlich mittig gespalten.

Eine thermische Kettenspaltung wurde durch Kühlungder Lösung auf 6–9 °C ausgeschlossen. In einem Kontroll-experiment wurde die Polymerprobe auf 82 °C erwärmt.Hierbei verringerte sich ebenfalls die Kettenlänge, aber ingeringerem Maße als bei der Ultraschallbehandlung und beiVergrößerung der Polydispersität. Die Autoren erklären die-se Beobachtung mit einer Rekombination der radikalischen

Kettenenden von 5 im Lösungsmittelkäfig. Bei der Ultra-schallbehandlung wurden die Kettenenden von 5 durch dieReißbewegung zu schnell aus dem Lösungsmittelkäfig ent-fernt, bevor die Rekombination stattfinden konnte. Die sopostulierten Erklärungen konnten durch 13C-Isotopenmar-kierung der Cyanogruppen (geminal zur Diazogruppe) be-stätigt werden. Nach der Ultraschallbehandlung wurden die13C-Atome am Kettenende von 6 nachgewiesen, hingegenbefanden sie sich nach thermischer Behandlung vorwie-gend in der Mitte von 7 als auch in kleineren Anteilen amEnde des Polymers 8.

Spaltung koordinativer BindungenNicht nur kovalente Bindungen lassen sich durch Ultra-schalleinwirkung spalten, auch für koordinative Bindungenwurde die Bindungsspaltung berichtet.

Das Knüpfen von C-C-Bindungen erfolgt häufig überübergangsmetallvermittelte Reaktionen. Hierbei werdenKomplexe von Übergangsmetallen als Katalysatoren einge-setzt. Katalysatorkomplexe benötigen freie Koordinations-stellen, um beispielsweise Olefine und Aromaten zu kom-plexieren und in räumliche Nähe zu bringen und zu akti-vieren.

Für den Metathesekatalysator 9 wurde die mechanischeAktivierung eindrucksvoll gezeigt (Abbildung 5 a) [15].Durch Ultraschall kann einer der Carbenliganden zur Dis-soziation angeregt werden, so dass im Komplex 10 einefreie Koordinationsstelle entsteht. An diese kann ein Olefinkoordinieren und so eine Olefinmetathese initiiert werden.Ohne Ultraschall oder mit einem vergleichbaren, aber nichtpolymergebundenen Metathesekatalysator konnte keineUmsetzung beobachtet werden. Es wurde auch gezeigt, dassdie Reaktion bei Abschalten des Ultraschalls zum Erliegenkommt (Abbildung 5 b), aber danach wieder „angeschal-tet“ werden kann. Es ist noch nicht gelungen, das An- undAusschalten reversibel zu vollziehen, d. h. ohne Ultraschallregeneriert sich der Katalysator 9 nicht. Dies wäre ein be-deutender Meilenstein in der Entwicklung schaltbarer Ka-talysatoren.

Eine mögliche Anwendung solcher mechanosensitivenKatalysatoren wäre beispielsweise eine durch mechanische

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Unter Druck wird aus dem gem-Dichlorcyclopropansystem Salzsäure freigesetzt. Um die Kraftübertragung zu gewährleisten,ist die funktionelle Einheit in quervernetztes PMA eingebunden [16].

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1 : PE R I C YC L I S C H E R E A K T I O N E N U N D D I E WO O DWA R D - H O F F M A N N - F U KU I - R EG E L N

Pericyclische Reaktionen verlaufen nicht über reaktive Zwischenstufen. Sämtliche Bindungsbrüche und -Bildungen der Reaktion laufen gleichzeitig,d. h. konzertiert ab.

Viele pericyclische Reaktionen weisen eine hohe Stereoselektivität auf. DieGrenzorbitaltheorie (engl. FMO-Theory, „frontier molecule orbital“) kann dieentstehenden stereoselektiven Produkte erklären.

In Molekülen werden die Orbitale der einzelnen Atome (AO) durch Linear-kombination zu Molekülorbitalen (MO) kombiniert. Hierbei entstehen „bin-dende“ und „antibindende“ MO. Bindende MO sind durch einen Energiege-winn verglichen zu den AO gekennzeichnet, antibindende MO durch einenEnergieverlust. Der Energiegewinn für das bindende MO ist umso größer, jeenergetisch ähnlicher die kombinierten AO einander sind. Nach Kombinationder Orbitale werden die Bindungselektronen gemäß der Hundschen Regeln indie entstandenen MO „verteilt“.

Die besetzten Orbitale niedriger Energien (d. h. unterhalb der Grenzorbita-le) spielen im Allgemeinen bei Reaktionen keine Rolle. Daher werden in derGrenzorbitaltheorie lediglich die Orbitale an der Grenze zwischen besetztenund unbesetzten Orbitalen betrachtet. Dies sind das höchste besetzte MO(„highest occupied molecule orbital“, HOMO) und das niedrigste unbesetzteMO („highest unoccupied molecule orbital“, LUMO). Radikale besitzen nochdas einfach besetzte MO („single occupied molecule orbital“, SOMO).

Damit eine pericyclische Reaktion abläuft, müssen die Energien des HOMOdes einen und des LUMO des anderen Reaktanden einander ausreichend ähn-lich sein und überlappen.

Pericyclische Reaktionen werden in vier Gruppen eingeteilt: SigmatropeUmlagerungen (Abbildung 14), chelotrope Reaktionen (Abbildung 14), elektrocyclische Reaktionen (Abbildung 15) und Cycloadditionen (Abbildung 17).

Bei sigmatropen Umlagerungen wandern σ-Bindungen entlang eines π-Systems durch Verschieben der Doppelbindungen. Im gesamten Molekülbleibt die Anzahl an σ- und π-Bindungen gleich.Chelotrope Reaktionen sind Ringbildungsreaktionen, bei denen eine isolierteπ-Bindung oder ein lineares konjugiertes π-System mit einem einzelnen Atommit einem voll besetzten p-Orbital einen Ring bildet. Damit muss das Atomentweder eine reaktive Spezies wie ein Singulettcarben sein, oder anderweitigfreie Elektronenpaare besitzen. Die ringöffnende Rückreaktion wird als Frag-mentierung bezeichnet.

Als elektrocyclische Reaktion wird die Cyclisierung von linearen konjugier-ten π-Systemen unter Verlust einer π-Bindung und Ausprägung einer neuenσ-Bindung bezeichnet. Die Rückreaktion ist ebenfalls eine elektrocyclische Reaktion. Wichtige Beispiele sind die Isomerisierungen von Spiropyranen zuMerocyaninen (vgl. Kasten 2).

Cycloadditionen sind die Ringschlussreaktionen zweier linearer π-Systeme.Zwei π-Bindungen der Reaktanden werden zu zwei σ-Bindungen im Produkt.Die Rückreaktion wird als Cycloreversion bezeichnet. Eine allgemein bedeu-tende Cycloaddition ist die in den 1920ern in Kiel entdeckte Diels-Alder-Reak-tion, bei der ein Dien und ein Alken zu einem Cyclohexen reagieren (Abbil-dung 16).

Die Regeln an zwei Beispielen erklärt:Da die beschriebenen Reaktionen grenzorbitalkontrolliert ablaufen, spielt dieOrbitalsymmetrie eine entscheidende Rolle. Diese symmetriekontrolliertenReaktionen verlaufen gemäß den Woodward-Hoffmann-Fukui-Regeln, benannt nach ihren Entdeckern.

Die Regeln beschreiben den Zusammenhang zwischen der Anzahl der beteiligten Atome und den Reaktionsbedingungen. Cycloadditionen könnenprinzipiell auf zwei Arten initiiert werden: thermisch oder photochemisch.

Abb. 14 Schematische Darstellung von sigmatropen Umlagerungenund chelotropen Reaktionen. Die wandernde Bindung in der Claisen-Umlagerung ist rot hervorgehoben. Chelotrope Reaktionen sind Ring-schlussreaktionen z. B. zu einem 3- oder 5-Ring.

Abb. 15 Beispiele elektrocyclischer Reaktionen an 4- und 6-Ringen.Der Ringschluss geht jeweils mit dem Verlust einer π-Bindung einher.Im Beispiel der Isomerisierung von Merocyanin zum Spiropyran sinddas beteiligte π-System sowie der resultierende Ring rot hervorge -hoben (Abb. 11 und 12).

Abb. 16 Der Diels-Alder-Platz am Otto-Diels-Institut für OrganischeChemie der Universität Kiel. Otto Diels und sein Schüler Kurt Alder entdeckten die nach ihnen benannte Reaktion 1929 in Kiel und wurdenim Jahr 1950 mit dem Nobelpreis geehrt.

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Die bei der Bindungsbildung beteiligten Orbitale müssen jeweils konstruktivinterferieren. Bei der thermischen Aktivierung reagieren die Grenzorbitale derStartmaterialien direkt miteinander. Wie in Abbildung 17 gezeigt ist, lassensich die Grenzorbitale eines Diens (z.B. HOMO) mit denen eines Alkens (z.B.LUMO) im Fall einer [4+2]-Cycloaddition aufgrund gleicher Vorzeichen linearkombinieren. Eine photochemische Aktivierung besetzt eines der beiden vor-herigen LUMOs einfach mit einem Elektron und führt zu einem SOMO. EinSOMO eines Diens kann mit einem LUMO eines Dienophils nicht auf beiden

Seiten konstruktiv interferieren, genauso wenig wie ein LUMO eines Diens miteinem SOMO eines Dienophils. Damit sind [4+2]-Cycloaddition thermisch erlaubt und photochemisch verboten. [2+2]-Cycloadditionen zeigen ein gegensätzliches Verhalten. Hierbei ist die Symmetrie der Grenzorbitale derbeteiligten Spezies gleich, sodass HOMO und LUMO aufgrund unterschiedli-cher Symmetrie nicht kombiniert werden können. Erst nach photochemischerAnregung ist die Geometrie des entstandenen SOMOs kompatibel mit einemHOMO und eine Cycloaddition kann stattfinden.

Abb. 17 Die Woodward-Hoffmann-Fukui-Regeln für den Fall der Diels-Alder-Reaktion und der [2+2]-Cycloaddition. Molekülorbitale gleicherVorzeichen können konstruktiv kombiniert werden (grün gepunktete Linien), bei unterschiedlichen Vorzeichen geht die Kombination nicht miteinem Energiegewinn einher (rot gepunktete Linien). Die Darstellung veranschaulicht die Symmetrie der beteiligten Orbitale und vernachlässigtderen relative Energie.

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Energie induzierte Selbstheilung von Materialien. Die Mög-lichkeit, mechanophore Metathesekatalysatoren auch fürdie ringöffnende Metathesereaktion einzusetzen, wurde be-reits demonstriert [15]. Inwiefern sich diese Erkenntnisseauf feste Materialien übertragen lassen, ist aber noch un-gewiss.

Freisetzung kleiner MoleküleDie Spaltung von Bindungen kann mit der Freisetzung klei-ner Moleküle einhergehen. Im oben beschriebenen Fall derhomolytischen Bindungsspaltung wurde Stickstoff aus dia-zohaltigen Polymeren freigesetzt.

Ein weiteres Beispiel für die mechanophore Freisetzungeines reaktiven Moleküls ist die Freisetzung von Salzsäure,HCl (Abbildung 6) [16]. Die labile, in PMA eingebaute me-chanophore Einheit war ein modifiziertes Indensystem 11.Die gem-Dichlorcyclopropaneinheit steht dabei unter Ring-spannung, während Produkt 12 nach Umlagerung und Eli-minierung zusätzlich durch den entstandenen aromatischenRing stabilisiert wird. Obwohl die für diese Reaktion not-wendigen Drücke mit 100 bis 400 MPa recht hoch waren,ist die Umsetzung von bis zu 20 % der mechanophoren Ein-heiten in fester Phase beachtlich.

CycloreversionenDa offensichtlich selektiv schwache Bindungen gebrochenwerden können, lässt sich Ultraschall für eine Reihe ande-rer Reaktionen als Energiequelle nutzen. Beispielsweisewurden mittlerweile verschiedene Ringöffnungsreaktionen

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Mechanisch induziert lassen sich Cyclobutenringesowohl konrotatorisch als auch disrotatorisch öffnen. Die eigentlich geltenden Woodward-Hoff-mann-Fukui-Regeln sind außer Kraft gesetzt [17].(Vergleiche Kasten 1).

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Wird ein 1,2-Dicyanocyclobutan 18, eingebaut in PMA, durch Ultraschall aktiviert,entsteht über ein Diradikal 19 als Zwischenstufe ein Cyanoacrylat 20, dessen Exis-tenz durch Abfangen mit einem Nukleophil 21 in einer Michael-Addition nachge-wiesen werden konnte [18].

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und Katalysatoraktivierungen durch Ultraschall induziert.Ein besonders ungewöhnlicher Fall sind die elektrozykli-schen Ringöffnungsreaktionen, die Cycloreversionen. Die-ser Typ der pericyclischen Reaktion folgt normalerweiseden Woodward-Hoffmann-Fukui-Regeln (Infokasten 1).

Ein benzanelliertes Cyclobuten 13 in der Mitte eines Po-lyethylenglycol-Polymers konnte durch Ultraschall zurRingöffnung gebracht werden (Abbildung 7) [17]. Dabei ent-stand das reaktive cyclohexadienanellierte Butadien 14, wel-ches mit einem 13C-markierten Maleimid 16 abgefangen undanalysiert werden konnte. Ungewöhnlich waren allerdingsdie Beobachtungen, die beim Einsatz der cis- und trans-Ste-reoisomere der Cyclobutene gemacht wurden: Das Butadien14, in dem die beiden exocyclischen Doppelbindungentrans-konfiguriert sind, kann thermisch nur aus dem trans-Cyclobuten 13 entstehen (da die Woodward-Hoffmann- Fukui-Regeln eine konrotatorische Ringöffnung bedingen),während es photochemisch nur aus dem cis-Cyclobuten 15durch disrotatorische Ringöffnung entstehen kann.

Mechanochemisch jedoch wird das 5,6-Bismethylency-clohexa-1,3-dien 14 aus beiden, cis- und trans-Butadien er-zeugt, so dass die Woodward-Hoffmann-Fukui-Regeln hieraußer Kraft gesetzt sind und ein radikalischer Verlauf an-genommen werden kann. Streng genommen handelt es sichalso bei diesen ultraschallinduzierten Reaktionen nicht umperizyklische Reaktionen, sondern sie können auch bei denhomolytischen Bindungsspaltungen (siehe vorheriger Ab-schnitt) eingeordnet werden.

Nach dieser erfolgreichen Demonstration der elektro-zyklischen Ringöffnung begann die Entwicklung von Sys-temen, die nicht nur von theoretischem Interesse sind, son-dern auch erste Anwendungen versprechen. Ein Ansatz wardie Untersuchung einer Cycloreversion, die unter Zug zumReißen einer Polymerkette führt, wobei aber die entste-henden Kettenenden hochreaktiv sind [18]. Dadurch soll ei-ne anschließende Quervernetzungsreaktion möglich sein,die so nach einer Kurzzeitbelastung des Materials zur Selbst-heilung des Werkstückes führt. Diese Idee wurde durch denEinbau eines 1,2-Dicyanocyclobutans in PMA 18 erprobt(Abbildung 8). Durch Ultraschall konnten Zugkräfte aufge-baut werden, die durch homolytische Bindungsspaltungwahrscheinlich zum Diradikal 19 führten, das dann unterRekombination zu zwei Molekülen 20 reagierte. Der Nach-weis dieses Cyanoacrylates gelang eindeutig durch Abfan-gen der relativ reaktiven Endgruppe durch ein sekundäresAmin 21 in einer Michael-Reaktion zum Produkt 22.

Kraftübertragung auf MoleküleAnalyse der Kraftübertragung

Mögen die oben genannten Beispiele auf den ersten Blickeher speziell wirken, die Bedeutung der Mechanochemieder Polymere ist jedem intuitiv bekannt: Seile können rei-ßen, Plastikschüsseln zerbrechen oder Beschichtungen zer-kratzt werden.

Um dieses Materialversagen auf der Molekülebene bes-ser verstehen zu können, kann die dynamische Einzelmo-

lekül-Kraftmikroskopie („Atomic Force Microscopy“, AFM)mittels eines Rasterkraftmikroskops angewandt werden.Hierbei wird ein Polymermolekül zwischen einer Oberflä-che und einem Kantilever fixiert und das Molekül gedehnt,wobei die aufgewendete Kraft gemessen wird. Im darge-stellten Beispiel handelt es sich um ein carboxymethylier-tes Amylosemolekül, das mit einem Aminosilylan-Anker aufeiner Glasoberfläche fixiert wurde (Abbildung 9 a). Die

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(a) Struktur desfür die AFM-Kraft-messungen ver-wendeten Poly-mers. Der Gradder Carboxyme-thylierung sowiedie Stelle der Car-boxymethylierung(C2, C3 oder C6)sind nicht be-kannt. Dieschwächsten Bin-dungen sind dieSi-C-Bindungender Linker mit sowohl der Glas-oberfläche alsauch der Silicium-nitrid-Kantilever-spitze. (b) Typi-sche Kraft-Auslen-kungskurve mitEntknäulung (bis800 nm, Konfor-mationsänderung(bis ca. 840 nm),Streckung vonBindungen undBindungswinkeln(bis 850 nm) und Bindungsbruch(850 nm). Abbil-dung 9 (b) adap-tiert von Ref. [19]mit Erlaubnis der American Chemi-cal Society, Copy-right AmericanChemical Society2008.

Ausdehnung [nm]750 800 850

Kra

ft [n

N]

2

1

0

a) b)

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schwächste Bindung ist hierbei die Si-C-Bindung, die zuerstreißt. Trägt man nun die Ausdehung gegen die aufgewen-dete Kraft auf, so ergeben sich typische Kraft-Ausdehnungs-Kurven (Abbildung 9 b) [19].

Bei einer Distanz von weniger als 800 nm wird lediglichdie Verknäuelung des Polymers aufgehoben, doch ab einemgewissen Wert steigt die aufgewendete Kraft an: Es kommtzu einer Änderung der Sesselkonformation der Glycosyl-bausteine zur Wannenkonformation. Danach wird einschlagartiger Anstieg der Kraft beobachtet, da nun Bindun-gen gedehnt und Bindungswinkel aufgeweitet werden undso aus dem potentiellen Energieminimum gebracht wer-den. Dann erfolgt ein schlagartiges Reißen der Polymer-kette. Das Einwirken der Kraft erniedrigt somit die Akti-vierungsenergie der Bindungsspaltung. Die Bindungsspal-tung ist jedoch trotz Aufwendung von Kraft ein thermischerProzess. Außerdem konnte gezeigt werden, dass eine hö-here Zuggeschwindigkeit die für einen Bindungsbruch nö-tigen Kräfte erhöht. Eine langsame, kontinuierliche Kraft-einwirkung kann also ein Polymer über längere Zeit er-heblich schwächen.

Ein homolytischer Bindungsbruch ist allerdings nur un-ter bestimmten Bedingungen das Resultat des Ziehens anden Amylosemolekülen. Sind die Proben Feuchtigkeit aus-gesetzt, so wird beim Anlegen von Zugkräften im AFM nichtder beschriebene Bindungsbruch beobachtet. Stattdessentritt eine kraftinduzierte Hydrolyse der Glykosidbindungzwischen der Amylose und dem Linker auf [20].

Übertragung der Kraft auf Mechanophore in flüssiger Phase

Eine wichtige Fragestellung ist jedoch, wie Kraft auf Mole-küle in einer Lösung übertragen werden kann. Gängige

Möglichkeiten sind Ultraschall, aber auch das Pressen derReaktionsmischung durch Düsen.

Ultraschallwellen haben eine Frequenz von über 20 kHz.Sie erzeugen in Flüssigkeiten und Lösungen mikroskopischkleine Bläschen, Kavitäten. Das Kollabieren dieser Blasenführt zu einem schlagartigen Zurückströmen der umge-benden Flüssigkeit. Hierbei können enorme Druck-schwankungen und -spitzen in der Größenordnung vonmehreren 100 MPa erreicht werden. In der Nähe kollabie-render Kavitäten befindliche Polymerketten werden mitdem Lösungsmittel in das freie Volumen gezogen. Hierbeiwerden die Kettenenden nahe den Kavitäten deutlichschneller beschleunigt als die weiter entfernten Kettenen-den. Die auftretenden Geschwindigkeitsgradienten inner-halb der Kette erzeugen eine potentielle Energie, die ge-nügt, um Bindungen zu brechen (Abbildung 10) [1c].

Kraftübertragung in festen MechanophorenUm die Möglichkeiten der Kraftübertragung in fester Pha-se zu diskutieren, muss man sich über das Verhalten der Po-lymerketten im festen Zustand Gedanken machen: Da dieKetten in Polymeren sehr lang sind, kommt es zu starkenKettenverwicklungen. Dadurch wird verhindert, dass sichdas Ensemble aus Polymerketten vollständig regelmäßig an-ordnet. So bilden Polymere keine klassischen Kristalle wieniedermolekulare Stoffe, sondern weisen allenfalls kristalli-ne Teilbereiche auf, die von amorphen Bereichen umgebensind. Wenn sich einzelne kristalline Bereiche im Feststoffausprägen, spricht man von Semikristalliten. In amorphenPolymeren sind die Polymerketten so stark verknäuelt, dasssich keine kristallinen Bereiche ausprägen.

Während klassische, molekulare Substanzen die Ag-gregatszustände fest, flüssig und gasförmig aufweisen, gibtes bei den meisten Polymeren noch zusätzlich den vis-koelastischen Zustand. Dieser tritt im Temperaturbereichzwischen der Glasübergangstemperatur, Tg, und derSchmelztemperatur auf. Unterhalb von Tg liegen Polymerein einem festen glasähnlichen Zustand vor. Aufgrund derkovalenten Bindungen der Monomere in der Polymerketteist jede Translationsbewegung eines Segments ein Prozess,der sich auf den Rest der Kette auswirkt. Dadurch bildetsich ein fließendes System nur schwer aus. In vereinfach-ter Weise kann man die Bewegegung einzelner Kettenseg-mente betrachten. Oberhalb von Tg werden die vorher zueinem Glas erstarrten Polymerkettensegmente beweglicherund durch temperaturbedingte Ausdehnung erhöht sichdas freie Volumen. Die Kettensegmente können sich durchBelegung dieses zusätzlichen Volumens stärker bewegen,was makroskopisch zu einer gummiähnlichen Konsistenzführt. Abhängig von der vorliegenden Phase ergeben sichzwei Möglichkeiten, Kräfte an Polymerketten anzulegen.

Polymere wie PMA oder PU besitzen eine Tg unterhalbvon 25 °C und liegen in dem elastischen, gummiähnlichenZustand vor. Proben dieser Polymere lassen sich einfachdehnen. Hierbei werden die zuvor verknäuelten Ketten zu-nächst gestreckt, aneinander vorbeigezogen und brechen ir-

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Die Ausbreitung von Ultraschallwellen in einer Flüssigkeit bedeutet, dass sich eineregelmäßige Abfolge von Überdruck- durch Kompression, und Unterdruckphasen(Rarefaktion) von der Ultraschallquelle aus ausbreitet. Infolge des Unterdruckskönnen im Ultraschallfeld kleine Vakuumblasen (Hohlräume) entstehen. Wenn die-se kollabieren, werden die Polymerketten in der Nähe mitgerissen, so dass entlangder Polymerketten Kräfte auftreten, die zu chemischen Reaktionen führen können.Adaptiert von [1c] und reproduziert mit Erlaubnis von Wiley VCH, Copyright WileyVCH 2013.

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gendwann am schwächsten Glied. Um die Wirkung vonKraft auf einen Festkörper aus einem solchen Material zutesten, stellt man ein hundeknochenförmiges Werkstückher, das eine dünne Sollbruchstelle in der Mitte aufweist(Abbildung 11 a). Dann wird an beiden Enden eine defi-nierte Kraft ausgeübt und die Veränderung des Feststoffesanalysiert (Abbildung 11 b und c).

Bei PMMA ist die Glasübergangstemperatur durch diezusätzliche Methylgruppe im Vergleich zu PMA höher alsRaumtemperatur (Tg von PMMA: 105 °C; Tg von PMA: 10 °C)[21]. Da sie somit im glasähnlichen Zustand vorliegen, las-sen sich Werkstücke aus PMMA nicht bei Raumtemperaturdehnen. Der experimentelle Aufbau zur Analyse der Aus-wirkung mechanischer Kraft muss daher anders gestaltetwerden. Die Probe wird in einen schraubstockähnlichen

Aufbau gespannt und zusammengepresst (Abbildung 12).Die hierbei auftretenden Kräfte innerhalb des Polymers sindgroß genug, um die mechanophoren Gruppen zu aktivie-ren.

Basierend auf den zuvor diskutierten mittels Ultraschallerzeugten Effekten an gelösten Polymeren wurde nun dasVerhalten ähnlicher Systeme in Polymerfeststoffen unter-sucht. Die Arbeitsgruppe um Moore zeigte, dass sich Spi-ropyranfarbstoffe in sowohl elastischen (PMA, PU, Abbil-dung 11) als auch thermoplastischen (PMMA, PS, Abbil-dung 12) Polymerwerkstücken durch Anlegen von Druck-oder Zugkräften z. T. reversibel schalten lassen, was erst-mals auch an praktische Anwendungen der Mechanochemiedenken lässt. Das spiropyranhaltige PU stellt eine Neuheitdar: es war erstmals möglich, nach Beenden der Dehnung

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(a) Schematische Darstellung von Hundeknochenwerkstücken, welche gedehnt werden und eine Sollbruchstelle aufweisen [24].(b) Dehnen eines PMA-Hundeknochens mit Spiropyranen in der Hauptkette. Das Polymer verfärbt sich deutlich, was die Schal-tung vom Spiropyran ins Merocyanin zeigt. (c) Spiropyran in PU. Das zunächst weiße Polymer wird durch Dehnung violett(Übergang Spiropyran zum Merocyanin). Nach Absetzen der Kraft erfolgt zunächst kein spontanes Rückschalten. Dies ist jedochmittels Belichtung möglich. Damit ist dies das erste Elastomer, das reversibel geschaltet werden konnte [22]. (a) und (b): adap-tiert von [24] und reproduziert mit Genehmigung der Nature Publishing Group, Copyright Nature Publishing Group 2009. (c): adaptiert von [22] mit Genehmigung der American Chemical Society, Copyright American Chemical Society 2010.

a) b)

c)

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den verfärbten Feststoff mittels Belichtung mit sichtbaremLicht wieder zurückzuschalten [22].

Um eine Farbänderung mechanochromer Systeme her-vorzurufen, muss der Farbstoff jedoch nicht zwingend ko-valent in die Polymerumgebung eingebunden werden. Oli-go(p-phenylvinylene) (OPV) sind eine Farbstoffklasse, die inLösungen Aggregate bildet. Diese Aggregate bilden sichauch bei der Verarbeitung in Polymeren. In der Polymer-schmelze entstehen regelmäßig angeordnete Bereiche derFarbstoffe. Nach Erstarren der Schmelze sind diese fixiert.Wird nun ein wie oben beschriebenes Hundeknochen-werkstück gedehnt, werden die Farbstoffaggregate aus -einandergerissen und die Farbe verändert sich (Abbil-dung 13). Diese Farbänderung lässt sich nicht wieder rück-gängig machen [1b, 23].

Bedeutung und mögliche Einsatzgebiete der Mechanochemie

Insbesondere die Verknüpfung von Phänomenen der ma-kroskopischen Welt wie Streckung oder Stauchung mit mo-lekularen Effekten – Brechen von Bindungen – prädestiniertmechanophore Polymere für entsprechende Sensoren. Ruftdie mechanische Belastung eine Farbänderung hervor,spricht man von Chromophoren.

Ein besonders interessanter Chromophor ist das Spiro-pyrangerüst, welches in eine Merocyaninform isomerisierenkann. Diese Umwandlung kann durch mehrere Stimuli her-vorgerufen werden, z. B. Bestrahlung mit UV-Licht, Absen-kung des pH-Wertes oder Zugabe von Lewis-Säuren (Info-kasten 2). Die gezeigten kraftinduzierten Isomerisierungen

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Das Spiropyran-PMMA Copolymer wird auf einer Glasplatte zusammengedrückt und währenddessen beobachtet. Mit zuneh-mender Stauchung wird ebenfalls die C-O-Bindung im Spiropyran gebrochen und eine Farbänderung beobachtet [24]. Adaptiert von [24] mit Genehmigung der Nature Publishing Group, Copyright Nature Publishing Group 2009.

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(a) Struktur des verwendeten OPV Farbstoff. (b) In LLDPE (Lineares Low Density Polyethylen) eingelagert zeigen dieFarbstoffaggregate eine rote Färbung, während isolierte Moleküle eine grüne Färbung aufweisen. Das Aufbrechen der Aggregate kann sowohl prozesstechnisch hervorgerufenwerden (links und unten rechts), als auch durch Dehnen des Werkstücks (mitte rechts). Adaptiert von [23] und reproduziert mit Erlaubnis von Wiley VCH, Copyright Wiley VCH 2013.

a)

b)

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2 : D I E S C H A LT Z U S T Ä N D E VO N S PI RO P Y R A N E N

Abb. 18 Strukturelle Änderungenvon Spiropyranverbindungen 23 un-ter Einfluss der Stimuli Licht, pH-Wert und Metallionen. Bestrahlungvon 23 mit UV-Licht führt über eineelektrocyclische Ringöffnung zur offenen Merocyaninform 25. Das Merocyanin 25 wird durch Zugabevon Säure ebenso protoniert wie dasSpiropyran 23, welches auch ohne zusätzliche Beleuchtung zum proto-nierten Merocyanin 24-z reagiert.Die Spezies 23 und 25 bilden bei Zugabe zweiwertiger Metallionen einen M(MC)2 Komplex 26.

Abb. 19 Einfluss verschiedener Me-tallionen auf die Farbe von Spiropy-ran 23 und gebildetem Komplex 26.In den Kolben befinden sich gesättig-te Lösungen folgender Salze in Ace-

ton: MgCl2 (links),NiCl2 (mitte), CuSO4 (rechts).Beleuchtet wurdemit einer UV-LED(λ = 366 nm, P = 500 mW) überzweimal 1 min.

Abb. 20 Elektrocyclische Ringöff-nung und -schluss zwischen Spiropy-ran und Merocyaninform. Die offeneSpezies liegt als Gleichgewicht zwi-schen zwitterionischer und chinoiderForm vor. Das z-Chinoid 27-z ist auf-grund der räumlichen Nähe zwischenden Sauerstoff- und Stickstoffatomenin der Lage, einen elektrocyclischenRingschluss zu vollziehen.

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(Abbildungen 11 und 12) lassen spiropyranbasierte Me-chanophore als Indikatoren für Dehnungen in Bauten wiebeispielsweise Brücken denkbar werden. Ein als Lack auf-getragenes Mechanophor könnte durch Farbänderung dasAusdehnen von Bauteilen anzeigen. Hierbei müssen aller-dings Aspekte wie die Photo- und pH-Sensitivität von Spi-ropyranen beachtet werden. Spiropyrane können sich nachetlichen Schaltzyklen zersetzen, wenn die offene Form von

Sauerstoff angegriffen wird und dann nicht mehr zurück-schalten kann.

Die OPV-basierten Systeme bieten aufgrund ihrer Funk-tionsweise etliche Vorteile: das für Spiropyrane bekannteProblem des Photobleachings durch UV-Licht entfällt hierund da die Farbstoffe nicht kovalent in Polymere eingebautwerden, ist die Synthese und Verarbeitung deutlich einfa-cher als für spiropyranbasierte Systeme. Die mechanisch

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G LOSSA R |BINOL (1,1’-Binaphtol): Chiraler Ligand. In Kreuzkupplungsreaktionen ge-nutzt, um am Katalysator eine chirale Umgebung zu erzeugen und stereo -selektiv Produkte zu erzeugen.

C-Terminus (N-Terminus): Enden eines (Poly-)Peptidstrangs. Bezeichnet dieCarbonsäure- (C-Terminus) und die Aminfunktionalität (N-Terminus).

Carben: Reaktive Kohlenstoffspezies mit freiem Elektronenpaar am Kohlen-stoff (Singlet-Carben), oder zwei ungepaarten Elektronen am Kohlenstoff(Triplet-Carben).

Chromophor (gr. „Farbträger“): Für die Farbigkeit verantwortlicher Teil inFarbstoffen und Materialien.

Elastomer: Verformbares, festes Polymer. Nach Beendigung der Belastungkehrt es in die ursprüngliche Form zurück.

Mechanophor: Farbstoff, der auf mechanische Einflüsse durch Änderung derFarbigkeit reagiert.

Metathese: Rutheniumkatalysierte Kreuzkupplung. Kupplung zweier Alkeneunter Verlust einer Ethyleneinheit.

Polydispersität (Polydispersitätsindex, PDI): Maß für die Einheitlichkeit derKettenlängen in Polymeren. Definiert als Quotient aus durchschnittlicher undmassengewichteter Kettenlänge. Sind alle Ketten gleich lang, ist der PDIgleich 1.

Rasterkraftmikroskopie (AFM): Methode zur Oberflächenanalyse. Eine Na-del („Kantilever“) wird in Reichweite atomarer Kräfte (Van-der-Waals, Cou-lomb) an einer Oberfläche entlanggeführt. Kann auch zur Analyse einzelnerMoleküle verwandt werden.

Thermoplast: In bestimmtem Temperaturbereich verformbares und flüssigesPolymer. Unterhalb dieser Temperatur (Tg) liegt es in einem glasähnlichenZustand vor.

Abb. 21 Strukturen der im Text diskutierten Polymere.

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gestörten Farbstoffaggregate lassen sich jedoch nicht wie-der in ihre ursprüngliche Form bringen (Abbildung 13).Dies macht OPVs als dauerhaft abzulesende Indikatoren me-chanischer Belastung denkbar.

Sowohl die mechanisch induzierte Freisetzung kleinerMoleküle als auch die Katalysatoraktivierung versprechenAnwendungen im Bereich selbstheilender Werkstoffe. Diegebildeten reaktiven Spezies können das Material durch diegezeigten Reaktionen (Abbildungen 5,6 und 8) regenerie-ren.

In der Polymertechnik sind Kraftübertragungen wie Mo-lecular Milling, Mastikation oder Spritzguss üblich; hier han-delt es sich um Polymere in fester, viskoelastischer oder ge-schmolzener Phase. Bei der Verarbeitung mittels Spritzguss-und Extrusionsverfahren treten große Scherkräfte im Ma-terial auf. Daher eignen sich diese Verfahren nicht zur Her-stellung von Polymeren, welche sich durch mechanophoreAktivierung selbst heilen können. Dagegen lässt sich dieBehandlung von Polymeren in Lösungen mit Ultraschall be-sonders leicht durchführen und wird deshalb in der Grund-lagenforschung eingesetzt, um molekulare Vorgänge unterKrafteinwirkung besser erfassen zu können.

Die mechanische Aktivierung von Polymeren in Lösungist nicht nur von akademischem Interesse. Gerade das er-wähnte An- und Ausschalten des Metathesekatalysators zeigtdas Potential mechanophorer Systeme. Ultraschall als Ini-tiator für chemische Reaktionen stellt eine interessante Al-ternative zu den herkömmlichen Initiatoren Licht und Wär-me dar und lässt sich unabhängig von ihnen einsetzen.

ZusammenfassungChemischen Reaktionen kann auf verschiedenen Wegen Ener-gie zugeführt werden, doch mechanische Energie blieb bis-her ein Randphänomen. Ein selektiver Bindungsbruch in klei-nen Molekülen benötigt große mechanische Kräfte, die sichnicht einfach auf einzelne Bindungen übertragen lassen. Damechanische Arbeit das Produkt aus Kraft und Weg ist, er-geben sich für kurze Wege (im Bereich von Bindungslängen)große Kräfte für eine Bindungsspaltung. Makromoleküle sindjedoch länger und durch den größeren Weg sind die benö-tigten Kräfte für eine Bindungsspaltung geringer. Es wurdenBindungsspaltungen, Cycloreversionen und Isomerisierungenunter Einfluss mechanischer Energie beobachtet. Weiterhinkann mechanische Energie auch andere Reaktionsmecha-nismen hervorrufen als thermische oder Photoenergie. Prak-tische Anwendungen in diesem jungen Forschungsfeld ent-stehen noch und reichen derzeit von besserem Verständnisder Polymerzersetzung durch mechanische Kräfte zur Ent-wicklung von Dehnungssensoren mit mechanochromen Polymeren.

SummaryAlthough many methods can be employed to transfer energyto a chemical reaction, mechanical energy has not been wide-ly used: It is difficult to apply mechanical forces high enoughto lead to breaking bonds to small molecules. Work is the

product of force and displacement but when the distances aresmall, very high forces are needed to obtain sufficient energyto break a bond. The situation is different in polymers, wherethe path length can be high. Here, bond cleavage, cyclore-versions and isomerisations can be observed when mechani-cal energy is supplied, both in solution and solid systems. Me-chanical energy can lead to different mechanistic pathwaysthan those observed under thermal conditions or irradiation.Practical applications of the mechanochemistry of polymersare only just emerging and range from a better understand-ing of polymer decomposition under force to the developmentof strain sensors using mechanochromic polymers.

SchlagwörterPolymerchemie, Schaltbare Moleküle, Mechanochemie, Me-chanophore, Spiropyrane, Mechanochromie

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DankM. S.-S., M. L. und A. S. danken dem Sonderforschungsbereich SFB677 „Funktion durch Schalten“ für finanzielle Unterstützung.

Die AutorenMathias Schulz-Senft beendete das Chemiestudiuman der Universität Kiel mit einer Diplomarbeit in derArbeitsgruppe von Prof. Dr. Anne Staubitz. Seine For-schung zu schaltbaren Polymeren führt er als Dok-torand in dieser Arbeitsgruppe weiter. Die Anfangs-zeit seiner Promotion wird durch das Graduierten-kolleg des SFB 677 (Funktion durch Schalten) miteinem Stipendium gefördert.

Matthias Lipfert hat sein Chemiestudium an der Uni-versität Kiel mit einer Masterarbeit in der Arbeits-gruppe von Prof. Dr. Frank D. Sönnichsen im Jahr2013 abgeschlossen. Als Doktorand führt er die be-gonnene Forschung an den Elastin-ähnlichen Bio -polymeren mit Schwerpunkt NMR in dieser Arbeits-gruppe fort.

Anne Staubitz studierte Biochemie in Tübingen undfertigte ihre Diplomarbeit bei Prof. Dr. Paul Knochelan der LMU München an. Danach promovierte sieauf dem Gebiet der Naturstoffsynthese bei Prof. Dr.Varinder Aggarwal an der University of Bristol. Esfolgte ein Postdoc-Aufenthalt bei Prof. Dr. Ian Man-ners, ebenfalls University of Bristol, bei dem sie aufdem Gebiet der Amino-Borane arbeitete und das ers-te lösliche Polyaminoboran herstellen konnte. 2010kehrte sie nach Deutschland zurück und ist derzeitJuniorprofessorin für Organische Chemie an der Uni-versität Kiel. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind schalt-bare Polymere (SFB 677, „Funktion durch Schal-ten“), chemoselektive Kreuzkupplungen und halb -leitende Polymere (Emmy-Noether-Programm derDFG).

KorrespondenzadresseProf. Dr. Anne StaubitzOtto-Diels-Institut für Organische ChemieChristian-Albrechts-Universität zu KielOtto-Hahn-Platz 3/424098 [email protected]

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