Medijuana 16

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18 + Nr. 16 / 2014 Sept-Okt 18 + Nr. 16 / 2014 Se p t-Ok t Medical & Harm Reduction Magazine Medical & Harm Reduction Magazine KIFFENDE ELTERN KIFFENDE ELTERN Gefahr oder Chance für die Kinder? Gefahr oder Chance für die Kinder? FREIHEITSRECHTE ÜBER ALLES FREIHEITSRECHTE ÜBER ALLES Die Kämpfe des Cannabis-Prinzen auf Die Kämpfe des Cannabis-Prinzen auf beiden Seiten des Gitters beiden Seiten des Gitters BLÜTEZEIT FÜR CANNABISPATIENTEN BLÜTEZEIT FÜR CANNABISPATIENTEN Cannabis Social Clubs auch in Österreich Cannabis Social Clubs auch in Österreich VERÄNDERTE NATUR VERÄNDERTE NATUR Landwirtschaft im Dienste des Menschen Landwirtschaft im Dienste des Menschen

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Medical and Harm reduction Magazine

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18+

Nr. 16 / 2014 Sept-Okt

18+

Nr. 16 / 2014 Sept-Okt

Medical & Harm Reduction MagazineMedical & Harm Reduction Magazine

KIFFENDE ELTERNKIFFENDE ELTERNGefahr oder Chance für die Kinder?Gefahr oder Chance für die Kinder?

FREIHEITSRECHTE ÜBER ALLESFREIHEITSRECHTE ÜBER ALLESDie Kämpfe des Cannabis-Prinzen auf Die Kämpfe des Cannabis-Prinzen auf

beiden Seiten des Gittersbeiden Seiten des Gitters

BLÜTEZEIT FÜR CANNABISPATIENTENBLÜTEZEIT FÜR CANNABISPATIENTENCannabis Social Clubs auch in ÖsterreichCannabis Social Clubs auch in Österreich

VERÄNDERTE NATURVERÄNDERTE NATURLandwirtschaft im Dienste des MenschenLandwirtschaft im Dienste des Menschen

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MEDI+GREEN

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Der Herausgeber von Medijuana weist alle Leserin-

nen und Leser darauf hin, dass der Handel mit

lebensfähigen Hanfsamen sowie Verkauf, Besitz

und Lieferung derselben in mehreren Mitglieds-

staaten der Europäischen Union als illegal gelten!

Sämtliche Inhalte sind zu Informations- bzw.

Unterhaltungszwecken gedacht. Wir möchten

keineswegs dazu beitragen, dass jemand in seiner

Heimat bestehenden Gesetzen zuwiderhandelt. Es

ist nicht Anliegen des Herausgebers von

Medijuana, irgendjemanden zur illegalen

Nutzung der in der Broschüre erwähnten Produkte

anzuregen. Der Herausgeber trägt keine

Verantwortung für Aussagen, die auf verkauften

Anzeigenfl ächen erscheinen. Sämtliche Meinun-

gen im Redaktionsteil stammen von den Autoren

und decken sich nicht in jedem Falle mit dem

Standpunkt des Herausgebers. Gelegentlich ist es

nicht möglich, den/die Inhaber des Urheberrechts

zu identifi zieren oder mit ihm/ihr Kontakt aufzu-

nehmen, daher übernehmen wir im Falle des Nach-

weises von begründeten Urheberrechtsansprüchen

auch im Nachhinein die Zahlung einer bestimmten

Vergütung. Wir gehen bei sämtlichen Texten und

Bildern bis zur Erklärung des Gegenteils davon

aus, dass sie uns zur Veröffentlichung zugesandt

wurden. Für die Vervielfältigung der Broschüre –

auszugsweise oder als Ganzes – ist die schriftliche

Erlaubnis des Herausgebers erforderlich, auch

wenn die Vervielfältigung nicht zu kommerziel-

len Zwecken erfolgt. Alle Rechte vorbehalten!

Medical & Harm Reduction Magazine

IMPRESSUMChefredakteur: Gabor Holland

Autoren: Bob Arctor, Jack Pot, Marcel Klos

Markus Berger, Martin Müncheberg, G.B.I.

Tomas Kardos, Peter Laub, Theodor Eisenschwert

Robert Schamane, H.S. von Vogelsang

Lektorin: Helen Bauerfeind

Design & Photo: Gergely Vaska

Verantwortlicher Herausgeber: G. Holland

CK & MEDIJUANA PUBLISHING

KN Advertising s.r.o.

945 05 Komarno 5. Eötvösa 57/20.

E-mail: [email protected]

Web: www.medijuana.eu

INDEXADVANCED HYDROPONICS 55

AEROPONIK SYSTEMS 45

BUSHPLANET GmbH U3

BUSHPLANET DISTRIBUTION 64

CANNAFEST 4

CITY GROW – BUSHPLANET U2–1

DINAFEM SEEDS 13

ENCOD 2

FUTURE GROW 11

GH POWDER FEEDING 11

GROWFIX 28

GROWSHOP.AT 34

HANF im GLÜCK 27

HANF UND HANF 54

HANF MUSEUM BERLIN 21

HERBALIST 45

HUG’s 41

INDRAS PLANET 15

JELLY JOKER 39

LAMOTA DISTRIBUCIÓN 35

MIHA GMBH 59

MEDICAL CANNABIS BIKE TOUR 29

NACHTSCHATTEN VERLAG 35, 61

ÖSTERREICHISCHER HANF VERBAND 17

PLAGRON 15, U4

PLANTNATION 37

PUFF AND STUFF 38

QUICK GRINDER 51

ROYAL QUEEN SEEDS 9

SEEDPLANET 32, 33

SERIOUS SEEDS 23

SWEET SEEDS 53

TIROLER HANFHOUSE 22

UNITED SEED BANKS 14

VERDAMPFTNOCHMAL 45

IN ZUSAMMENARBEIT MIT

“Ich bin ein Berliner”Die Typen, die Medijuana verteilen,

meist Grow- und Headshops, sind natür-lich genauso toll wie überall, und auch in Wien sprach mich schon mal jemand in einem Lebensmittelgeschäft wegen mei-nes Medijuana-T-Shirts an. Um uns zu be-glückwünschen natürlich, obwohl wir auch Streitgespräche nicht scheuen, denn in den vergangenen Jahren haben wir uns gut mit Argumenten gewappnet und wir wis-sen auch, wo unsere Gesinnungsgenossenübertreiben und gegebenenfalls verzer-ren. Sie sollen wissen, dass man uns nie nachsagen wird, wir wären nicht ein wenig voreingenommen. Sind wir auch.

Eines Abends fragte uns ohne Umstän-de auf einer Kreuzberger Terrasse ein jun-ges Paar, das gerade über der Speisekarte brütete, ob es mal die gebratenen Süßkar-toffeln von unserem Teller probieren dürfe, bevor es sie selbst bestellt. Hier in Berlin? Natürlich! Am Nachmittag rief ein Typ auf einem Einrad, der die große Aufschrift “Medijuana” erblickt hatte, ins Auto: “Hallo, gebt ihr mir eine Zeitung?“ “Klar”, sagten wir, und er gab uns Zeichen, ihm zu folgen. Natürlich bekam er eine. Wir freuten uns sehr darüber, dass man uns ansprach, über das persönliche Echo auf die Zeitschrift na-türlich besonders. Und danke auch für den White Russian. Es genügt zu erwähnen, dass wir das Wort “sehr” noch nie so oft in einem Satz gehört haben, in einem positiven Kon-text, wofür wir uns hier auch bedanken. In unserer Verstörung vergaßen wir tatsäch-lich, ihm ein Medijuana-T-Shirt und einen Kühlschrankmagneten zu geben - wenn er diese Zeilen liest, kann er sich ruhig über Facebook bei uns melden! Wir murmelten nur das Mantra „Vielen Dank, vielen Dank“. Wir machen das Ganze nämlich hauptsäch-lich für Euch und ein bisschen wegen sol-cher Augenblicke. Der Rest ist nur Text.

Der Redakteur

Vielleicht verraten wir kein großes Geheimnis, wenn wir sagen, dass wir natürlich Berlin lieben, obwohl

wir uns gern als österreichische Cannabis-zeitschrift apostrophieren - denn dort be-gann die Geschichte von Medijuana. Nicht in erster Linie wegen der Hanfparade, die wir natürlich sehr mögen, aber so etwas Ähnliches gibt es ja auch in Wien. Viel-leicht wird es dort auch bald ein Hanfmu-seum geben. Friedrichhain-Kreuzberg gibt es jedoch nicht, auch nicht Tempelhof, und schon gar keinen seit Langem stillgelegten Flughafen. Überhaupt gibt es nur sehr we-nig verlassene, vernachlässigte oder gerade ungenutzte Gelände, die überdies im Besitz des Magistrats oder der Stadt wären. Das garantiert ein angenehmes, beruhigend geordnetes Stadtbild, macht es aber un-möglich, dass ein öffentlicher Bereich wie der Flughafen Tempelhof sich von unten heraus entwickeln könnte. Dadurch sind natürlich auch die Menschen und die Stim-mung anders. Nicht besser, nicht schlech-ter, einfach anders. Liebenswert aus einem anderen Grund.

Es ist sicher nicht allgemein bekannt, dass wir seit Jahren einen Teil der Zeit-schriften selbst in die Läden nach Wien und Berlin bringen. Nach Berlin fahren wir seit dem Frühjahr jeden Monat und es ist jedes Mal ein Auftanken, eine Energie-bombe, wenn wir nur ein paar Tage dort verbringen können. Alle sind so direkt, ver-zichten manchmal vollkommen auf Forma-litäten. Ich meine, obwohl nicht alle Leute meine Verwandten sind, habe ich mit allen irgendwie etwas zu tun und es ist nur na-türlich, jemanden anzusprechen oder an-gesprochen zu werden. Es wäre auch keine Tragödie, im Schlafanzug in den Eckladen zu gehen. Von Amsterdam bis Mumbai habe ich wenige Städte gesehen, die of-fener wären. Manche Dinge können hier geschehen, und sie geschehen auch.

Hanf-Institut

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“ICH BIN EIN BERLINER” 5

MEDI+GREEN

WHO FORDERT ENTKRIMINALISIERUNG 8

30 JAHRE NACHTSCHATTEN VERLAG 8

Großes Symposium und Party

ABRECHNUNG IN ALBANIEN 9

CANNAFEST 2014 10

UNBEZAHLBARE QUALITÄT 10

IM HANFBIODIESEL LIEGT DIE ZUKUNFT 10

MEILENSTEIN: DEUTSCHES GERICHT ERLAUBT ERSTMALS

CANNABIS-EIGENANBAU ZU THERAPEUTISCHEN

ZWECKEN 12

ÖSTERREICHISCHE AKTIVISTEN FORMIEREN

SICH IN CANNABIS SOCIAL CLUBS 12

CANNABIS WIRD IN ÖSTERREICH EIN POLITIKUM 14

Erste parlamentarische Bürgerinitiative für die

Legalisierung gestartet

CANNA+GLOBE

25 JAHRE GROW-KULTUR 16–17

Österreichs erster Head- und Growshop

MEDI+GREEN

LEGALES GRAS ÜBERALL 18

ÜBEREIFRIGER POLIZIST 18

RIDE FOR THE RIGHTS 19

CANNA+GLOBE

FREIHEITSRECHTE ÜBER ALLES 20–22

Die Kämpfe des Cannabis-Prinzen

auf beiden Seiten des Gitters

HANFPARADE 2014 24–25

BLÜTEZEIT FÜR CANNABISPATIENTEN 26–27

Cannabis Social Clubs auch in Österreich

“ICH WÜRDE ALLES NOCHMAL GENAUSO MACHEN” 30–31

6

INHALT

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36

2430

26

48 18

4252

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MEDI+GREEN

34 FINGER WEG: COLCHICIN UND CANNABIS

CANNA+GLOBE

36–37 RECHTSPRAXIS IN ÖSTERREICH

Geldstrafe oder bedingte Freiheitsstrafe?

38–39 EIN (FIKTIVES) FALLBEISPIEL

MEDI+GREEN

41 KRANKENKASSEN ZAHLEN DRONABINOL?

MEDIZIN

42–44 KIFFENDE ELTERN

Gefahr oder Chance für die Kinder?

46–47 WARUM TRAGBARE VAPORIZER

IMMER BELIEBTER WERDEN

CANNA+GLOBE

48–51 VERÄNDERTE NATUR

Landwirtschaft im Dienste des Menschen

VOLLBLUT

52 SWEET SKUNK F1 SCHNELLVERSION

56–58 MOTAVATION

THC-Hammer mit Überraschungsfaktor

A‘LA CANNA

60 FRANZÖSISCHE GANJASUPPE

62 ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT

Linkin Park: The Hunting Party

62 DER JÜNGSTE BUB

Ed Sheeran: X

63 ES IST NIE ZU SPÄT

E.F. Schumacher: Die Rückkehr zum menschlichen Maß

63 FIKTIVE AUTOBIOGRAFIE

Eugen Ruge: In Zeiten des abnehmenden Lichts

7

46 14

19

38

60

56

16

INHALT

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WHO fordert Entkriminalisierunggenkonsumenten erheben. Nun aber tat dies die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die als Institution der UN immer ein großes Mit-spracherecht und relevanten Einfluss auf die

8

Ausgestaltung des War on Drugs hatte, und daher kann man ihre Initiative nicht außer Acht lassen.

In den 60er Jahren hatte die WHO Geburts-hilfe bei den internationalen Vereinbarungen zum Verbot von Opium, Cannabis und anderen Drogen geleistet und Vorschläge unterbreitet, welche Drogen auf die Liste zu setzen seien.Daher ist der aktuelle Schritt eindeutig ein Zei-chen dafür, dass die bisherigen Verbots- und Strafregelungen gescheitert sind. Den Anlass bot ein Bericht über die weltweite Verbreitung von HIV, in dem offen für die Rechte und Be-dürfnisse intravenöser Drogenkonsumenten eingetreten wird. In allen Ländern der Welt sei jeglicher Drogenkonsum zu entkriminalisieren, damit die Hilfsprogramme ungehindert greifen könnten – die Drogenkonsumenten sich nicht fürchteten, um Hilfe zu bitten.

Die außerordentliche Sitzung der UNO (UN-GASS) zum Thema Drogen wird 2016 stattfin-den. Auf der letzten Sitzung im Jahre 2009 entstand eine politische Erklärung, in der die Hoffnung auf eine drogenfreie Welt zum Aus-druck kommt, obwohl schon längst klar war, dass dieser Ansatz unhaltbar ist. Wenn die WHO nun ernsthaft ihre Stimme gegen eine Drogen-politik erhebt, die auf Verbot und Strafrecht basiert, dann wird der nächste Aktionsplan vielleicht von der Utopie der Drogenfreiheitabrücken und sich mit den Problemen der Kon-sumenten auseinandersetzen, beziehungsweise mit den gesellschaftlich wirklich relevanten medizinischen und sozialen Problemen.

Vom 5. bis 7. September feiert der Schweizer Fachverlag für Drogen-aufklärung, der Nachtschatten

Verlag aus Solothurn, seinen 30. Geburts-tag. Fast alle Autoren des Verlages werden dabei sein, u. a. Stanislav Grof, Ralph Metz-ner, Wolf-Dieter Storl und Christian Rätsch. Außerdem viele namhafte Künstler der psychonautischen Bewegung, beispielswei-se Gerhard Seyfried, Nana Nauwald, Luke Brown, Fred Weidmann und Steve Stoned. Am Freitag werden viele interessante Vor-träge geboten; am Samstag kann man an diversen Workshops teilnehmen, bevor am Samstagabend die Party “Psychonautica-Helvetica” mit Live-Musik von Der Dritte Raum und Akasha Project sowie vielen DJs und anderen Künstlern startet. Alle Infos und Möglichkeiten zur Anmeldung gibt’s auf www.nachtschattenverlag.ch/symposi-um.

Wir sind daran gewöhnt, dass Po-litiker, Sachverständige und For-schungsinstitute von Zeit zu Zeit

ihre Stimme gegen die Bestrafung von Dro-

MEDI+GREEN

30 Jahre Nachtschatten VerlagGroßes Symposium und Party

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Abrechnung in Albanien

Zur Erinnerung sei angemerkt, dass in Albanien der Cannabisanbau genauso illegal ist wie in den übrigen Ländern

der südosteuropäischen Region. Und es steht zu vermuten, dass die Taten eines Menschen, der die Bevölkerung eines ganzen Dorfes, auch Frauen und Kinder, für einen Hunger-lohn für die Cannabiszucht einspannt, nicht von den wohltuenden Eigenschaften des Can-nabis geleitet werden und er sogar bereit ist, auch Menschenleben zu opfern, um sein Jahr-hundertunternehmen zu schützen, nach dem sich angesichts der Umsatzzahlen auch ein mexikanischer Drogenbaron die Finger lecken würde. Offiziell produziert Lazart mit seinen 5.600 Einwohnern jährlich etwa 900 Tonnen Marihuana im Wert von 4,5 Milliarden Euro, was die Hälfte des Bruttonationalprodukts von Albanien ausmacht. Kein Cent von die-ser Summe wird für die Gesundheitsvorsorge der Arbeiter ausgegeben, die sich zu Tode schuften: Auf den Hanffeldern des Dorfes er-kranken sie in Massen – allem Anschein nach durch das Einatmen der zur Zucht verwandten Chemikalien. All das zusammengenommen, lässt das gelungene Eindringen der Polizei auf diese gigantische Plantage ausgesprochen begrüßenswert erscheinen. Doch der Landbe-sitzer gibt natürlich nicht so leicht auf – die anrückende Polizei erwartete er mit Granat-werferen und Maschinenpistolen, unter der Dorfbevölkerung nahm er Geiseln. Die Zahl der Polizisten, die an der Aktion teilnahmen, wurde in der Zwischenzeit von 500 auf 800

erhöht, und dank des lokalen Fernsehsenders konnte man live verfolgen, wie während des Sturms Spezialeinheiten mit schusssicheren Autos und Panzerfahrzeugen das Dorf um-stellten und dann auf die Plantagen losgin-gen. Im Verlauf der Aktion am 16. Juni ver-nichtete die Polizei 11.000 Cannabispflanzen und mehrere Säcke Marihuana. Ins Zentrum des Dorfes waren sie aber nicht vorgedrun-gen, weil sie einerseits befürchteten, beim Erwidern des Feuers unschuldige Zivilisten zu verletzen, andererseits waren sie sich darüber im Klaren, dass die Anführer über ein ähnli-ches Arsenal verfügten wie sie. Als dieser Arti-kel entstand, war es gelungen, sechs Personen aus der Gruppe der organisierten Kriminellen festzusetzen, und wir hoffen, dass die Aktion mit weiteren Erfolgen abschließen wird und die versklavten Züchter von Lazart bald be-freit werden.

Vor kaum einem halben Jahr haben wir Euch einen Einblick in den

unbekanntesten Winkel Europas gewährt, aus dem mehr

Marihuana an die verschiedensten Punkte des Alten Kontinents

gelangt als aus Holland und Spanien. In dem auf den Cannabisanbau

spezialisierten kleinen Dorf hat erstmals seit langer Zeit die Polizei den

Sieg davongetragen.

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aus denen man genügend Öl gewinnen kann, die gleichzeitig leicht anzubauen und anspruchslos sind und in der Lebens-mittelindustrie kaum verwendet werden. Hanf erfüllt all diese Kriterien, außerdem sind seine starken Fasern in der Textilin-dustrie zu verwerten. Die Forschergruppe setzt die magnetische Katalysemethode zur Produktion ein, die nicht nur effekti-ver, sondern auch kostensparender ist als die traditionelle Katalyse. Am Ende des Prozesses sind die benutzten Oxide auch leicht zu extrahieren. Sollte diese Me-thode in die Massenproduktion gehen, ist es gut möglich, dass wir in den nächsten Jahrzehnten weltweit auch Hanfbiodiesel tanken können.

Im Hanfbiodiesel liegt die Zukunft

Die Zeitschrift Applied Energy pub-lizierte jüngst eine Forschungsar-beit pakistanischer, italienischer

und malaysischer Autoren über eine Methode zur Umwandlung von Hanföl in Biodiesel. Der auf diese Art gewon-nene Treibstoff könnte mit der Zeit das aus Mais und Soja hergestellte Biodiesel ersetzen. Die Umweltkosten des aus Erd-öl hergestellten Benzins überragen bei Weitem jene des aus Pflanzenöl – meist Mais oder Soja – hergestellten Biodiesels. Der Gebrauch von Mais- und Sojaöl aber beeinflusst die Lebensmittelversorgung der Welt negativ, weil sich dadurch die Preise erhöhen. Aus diesem Grund suchte man nach Alternativen – nach Pflanzen,

Unbezahlbare Qualität

Den Erfolgen in Sachen Umsetzung der neuen Cannabisgesetze, wie sie Colorado geschafft hat, kann

sich endlich auch Washington anschlie-ßen, wo im Juli die ersten Grasgeschäf-te eröffnet wurden. Die Käufer haben jedoch keinen Grund, zufrieden zu sein, denn hier wird Cannabis zum Zwei- bis Dreifachen des Straßenpreises verkauft; gelegentlich gibt es auch Qualitätspro-bleme. “Sie operieren mit astronomi-schen Summen. Es ist einfach lächerlich. Der vernünftige Preis für Ganja guter Qualität liegt bei 300 Dollar pro Unze. Ich zahle 60 Dollar für zwei Gramm, was 840 Dollar für eine Unze entspricht. Das ist doch empörend“, beschwert sich ein Käufer. Andere vermissen in den Ge-schäften Fachverkäufer, die ähnlich wie in Weinhandlungen mit ein paar Fragen die Vorlieben des Käufers in Erfahrung bringen und ihm die entsprechende Sor-te empfehlen können. Ein weiterer Punkt ist die Frage der Qualität. Ein Geschäft schloss demonstrativ, als es Ganja min-derer Qualität eines neuen Züchters hat-te verkaufen sollen. Nach ihrer Ansicht richte dies das gesamte System zugrunde

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Mit dem Slogan “Der weltgrößte Cannabis- und Heilpflanzen-markt für jedes Alter” wirbt

das 5. Cannafest – und wer in den letz-ten Jahren daran teilgenommen hat, weiß, was die Veranstalter meinen. Das gigantische Ausmaß der Veranstaltung wird jedes Jahr noch ein wenig größer, und parallel dazu erweitert sich auch die Palette der ausgestellten Produkte und Aktivitäten. Das Cannafest entfernt sich immer mehr von der Hanfausstellung im eigentlichen Sinn des Wortes, wo sich al-les um unsere geliebte Pflanze dreht. Das Wort “Heilpflanzenmarkt“, das im Slogan auftaucht, gibt Anlass zu vermuten, dass durch eine Erweiterung des Fokus weiterePflanzen auf der Veranstaltung eine Rol-le spielen werden. Um den Hanf muss man sich aber keine Sorgen machen. Die enthusiastischsten Hanfkonsumenten Europas sind bekanntlich die Tschechen, daher geben sich die Veranstalter alle Mühe, ihren Geschmack zu treffen: Na-tur, Nahrungsmittel, Kunst, Medizin und erneuerbare Ressourcen, um nur ein paar der charakteristischen Themen zu nen-nen, die an den Ständen, bei den Vorträ-gen oder im Kino behandelt werden. Und wir haben noch nicht das Spielhaus er-wähnt, das Zelt des kreativen Schaffens, sowie die Konzerte, die das verdienstvolle Vergnügen unvergesslich machen wollen. Hast Du am zweiten Novemberwochen-ende schon was vor?

und treibe die Kunden auf den Schwarz-markt. Diese Fälle bezeugen, dass die Züchtererlaubnis alleine noch keinen guten Züchter macht und dass den Un-terstützern der Legalisierung, wenn sie nach langem Warten nur schlechte Qua-lität bekommen, doch wieder nur die ge-wohnten Quellen bleiben.

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dem nach einem Berufsunfall seit zehn Jahren an starken Schmerzen leidenden Mann nicht sein Cannabis als Medizin erlaubt, obwohl er damit die ungleich schädlicheren syntheti-schen Opiate bis hin zu Morphium absetzen könnte. Wallner zufolge bekämpfe Cannabis

Österreichische Aktivisten formieren

sich in Cannabis Social Clubs

Österreichs Cannabispatienten haben lange genug gelitten. Angesichts fast täglich neuer Forschungsergebnisse

wollen sie endlich ihre beste Medizin legal er-halten und formieren sich nun in einer wach-senden Zahl von Cannabis Social Clubs (CSC). Diese haben das Ziel, nach entsprechenden Gesetzeslockerungen Cannabis für ihre be-dürftigen Mitglieder produzieren zu können. Vorerst ist dies aber aufgrund der geltenden Rechtslage nicht möglich, da die Behörden in dem Moment eingreifen müssen, in dem der Straftatbestand “Vorsatz zur Suchtmittelge-winnung” erfüllt ist.

Den größten Zulauf hat bisher der im ver-gangenen Mai als erster österreichischer CSC gegründete CSC Salzburg. Gründer ist der Flachgauer Schmerzpatient Wilhelm Wallner, der sich jetzt um eine Ausnahmegenehmigung für den Anbau von medizinischem Cannabis bemüht.

Eine kurzzeitige Arrestierung von Wallner wegen einer ausstehenden Verwaltungsstrafe von einigen 100 Euro endete in einer Sympa-thiewelle österreichischer Medien. Diese stell-ten seinen Fall ausführlich dar und zeigten ebenfalls Unverständnis dafür, dass der Staat

Meilenstein: Deutsches Gericht erlaubt erstmals

Cannabis-Eigenanbau zu therapeutischen Zwecken

Ein deutsches Gericht hat am 22. Juli 2014 erstmals den Klagen von drei Cannabispatienten stattgegeben und

ihnen den Eigenanbau von natürlichem Can-nabis zu therapeutischen Zwecken erlaubt. Das geht aus einer Pressemitteilung des Ver-waltungsgerichts in Köln hervor. Zwei weitere Kläger scheiterten mit ihren Anträgen, da das Gericht bezweifelte, dass in einem Fall der unbefugte Zugriff Dritter auf das angebaute Cannabis ausgeschlossen werden könne. Im anderen Fall hieß es, der Kläger habe nicht alle konventionellen Therapieoptionen ausge-schöpft. In den Urteilsbegründungen hieß es unter anderem:

“Dieses Urteil ist ein Meilenstein in der europäischen Cannabis-Politik, weil damit erstmals der individuelle Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland ge-stattet wird, was für die Betroffenen enorme Ersparnisse bei der Behandlung ihrer Leiden bringt“, kommentierte Hanf-Institutsobmann Toni Straka die Entscheidung des Gerichts.

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seine Schmerzen besser als alles, was ihm die Ärzte im Rahmen seines jahrelangen Kampfes gegen die Schmerzen verschrieben hätten. “Von den Opiaten war ich nur benebelt und konnte mich nicht konzentrieren”, sagte Wall-ner.

Einen etwas anderen Weg geht der von Ge-rald Wagner gegründete CSC Wiener Neustadt. Wagner wolle vor allem bei der Forschung an-setzen, heißt es in den Vereinsstatuten:

Der Verein mö chte Aufzucht, Verarbeitung und Forschung aus den unterschiedlichsten Bereichen, auch mit bereits freigegebenen Hanfprodukten fö rdern und durchfü hren. … Mit dem Ziel, die Freiheit von mü ndigen Bü rgern auch im Umgang mit Cannabis als Konsummittel bzw. Genuss- und vor allem aber als Heilmittel ohne Pharmaindustrie zu erreichen.

Lokalpolitiker scheinen auf die Vorteile von Cannabis als Medizin aufmerksam zu werden und haben den CSC Wr. Neustadt aufgefor-dert, ein Modell vorzulegen, wie die Produkti-on von Cannabis zu Forschungszwecken aus-sehen könnte.

Neben diesen beiden Clubs wurde auch der CSC Wien von den Behörden bisher ge-nehmigt. Dies steht bei den CSC Mattersburg, Tirol, Eisenstadt und Graz noch aus. Fest steht aber, dass sich in Österreich immer mehr Ak-tivisten und Cannabispatienten formieren, um der Prohibition ein baldiges Ende zu bereiten.

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Euro jährlich bezifferte. Zum heiß diskutierten Thema ”Cannabis und Straßenverkehr” will Amann den § 5 Abs 1 Satz 3 StVO einführen, wobei er einen Grenzwert von 10 Nanogramm THC, dem psychoaktiven Wirkstoff in der Can-nabispflanze, je Milliliter Blut für realistisch

Mit parlamentarischen Bürgerinitiati-ven können österreichische Staats-bürgerInnen ihre Anliegen direkt

an den Nationalrat herantragen, die dann von diesem behandelt werden müssen. Die vom Obmann des Vereins “Legalize! Österreich“, Bernhard Amann, gestartete Initiative wird vom Hanf-Institut unterstützt und erreichte bereits am ersten Tag über 1.000 Unterschrif-ten. Kernpunkte der Initiative sind unter an-derem die Legalisierung des Eigenanbaus für den persönlichen Verbrauch. Wer mehr als für seinen persönlichen Konsum produzieren will, muss um eine staatliche Lizenz ansuchen und eine Steuer von ein bis zwei Euro je Gramm an den Staat abführen, schlägt die Bürgerinitiati-ve vor. Die Erzeugerlizenz muss dem Vorhaben zufolge ab einer Produktionsmenge von 500 Gramm Cannabis pro Jahr eingeholt werden.Der Besitz von 10 Gramm Cannabis soll gene-rell straffrei werden. Mit dem Erreichen des Wahlalters soll der Cannabiserwerb und -be-sitz erlaubt werden, analog zu leichten Alko-holika und Nikotin, also ab 16 Jahren. Die Ab-gabe soll bestehende Strukturen nützen und über Trafiken, Apotheken und andere lizen-zierte Abgabestellen erfolgen. Mit dieser Maß-nahme seien auch große Ersparnisse innerhalb der Strafverfolgung von Cannabis-Delikten zu erwarten, die Amann mit rund 100 Millionen

Cannabis wird in Österreich ein PolitikumErste parlamentarische Bürgerinitiative für die Legalisierung gestartet

Cannabis-Sommerloch? Davon kann in Österreich keine Rede sein! Nach Grundsatzbeschlüssen von vier der

neun Landesorganisationen des Koalitionsführers SPÖ, die sich für die Legalisierung von Cannabis

aussprachen, macht jetzt die erste parlamentarische Bürgerinitiative mit dem Titel “Herausnahme von

Cannabis aus dem österreichischen Suchtmittelgesetz” weiter Druck auf das österreichische Parlament,

das die Interessen der eine Million Cannabiskonsumenten bisher ignorierte.

hält. Zum Vergleich: Snowboarder dürfen bei internationalen Wettbewerben bis zu 150 Na-nogramm je Milliliter aufweisen. Die Bürgerini-tiative kann elektronisch auf der Parlaments-Webseite unterzeichnet werden.

Hanf-Institut

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GROWMIX VON PLAGRONSUBSTRATE / FERTILISED

Problemlos züchten auf vorgedüngter Erde

Plagron Growmix ist speziell zusammengestellt für eine einfache Wachstumsphase und eine kontrollierbare Blütephase. Durch die fein abgestimmte Kombination von hochwertigem Weiß- und Schwarztorf wird eine optimale Luftfeuchtigkeit erreicht.

Plagron Growmix enthält relativ viel Weißtorf – die obere, jüngste Schicht des Torfs. Diese Schicht ist sehr luftig und dräniert außerordentlich gut. Eine optimale Mischung von Weißtorf, Schwarztorf und Wurmhumus sorgt für eine problemlose Wachstumsphase und erspart die Benutzung von Wachstumsdünger. Der Wurmhumus sorgt, zusammen mit den zugesetzten mineralischen Düngemitteln, für ausreichend Nahrung für junge Pfl anzen. Damit ist Plagron Growmix eine sehr geeignete Erde für die Anpfl anzung von jungen Stecklingen und gewurzelten Sämlingen. Growmix ermöglicht Plagron dem Züchter einen schnellen Start mit einer ausgezeichneten Basis für eine reichhaltige Blütephase. Wie alle Plagron-Qualitätserden ist Growmix luftig, sauerstoffreich und schrumpft nicht.

Vorteile von Growmix:– luftige Bodenstruktur– in der Blütephase ganz nach eigenem Belieben düngen– mit oder ohne Perlit erhältlich

Hast Du noch Fragen? [email protected] Informationen über Plagron Growmix und andere Produkte fi ndest Du auf www.plagron.com

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25 Jahre Grow-Kultur25 Jahre Grow-KulturÖsterreichs erster Head- und Growshop

Den ersten österreichischen Head- und Growshop WAS DENN ...

gibt es jetzt schon seit 1989 - und damit ein Fachgeschäft in Wien, das

sich auf die Head- und Grow-Landschaft spezialisiert hat. Heuer begeht

das Team seinen 25. Geburtstag und feiert ein Vierteljahrhundert Head-

und Growshop-Kultur. Wir haben mit Inhaber Peter Vardjan gesprochen.

Medijuana: Was war vor 25 Jahren eure

Motivation, den Shop zu gründen?

Peter Vardjan: Wir haben 1989 den ers-ten Head- & Growshop Österreichs in der Schaumburgergasse im 4. Wiener Gemeinde-bezirk eröffnet. Die Idee ist damals meiner Exfrau Sylvia und mir gekommen, als wir noch in Utrecht (Holland) gewohnt haben. Wir saßen an einem highteren Abend mit ein paar Freunden im nicht weit entfernten Amsterdam zusammen, als mich Henk von Dutch Passion fragte, ob wir nicht Lust hät-ten, seine Samen in Österreich zu verkaufen. Da es hierzulande noch keine Geschäfte gab, die Grow-Equipment, Hanfsamen, geschwei-ge denn Literatur darüber verkauften, dach-ten wir uns, so etwas sollte es doch auch bei uns geben, und legten keine neun Monate später den Grundstein für die heutige Grow-Szene in unserem Land! Tja, und so machten wir unser größtes Hobby zum Beruf und er-öffneten die erste WAS DENN ...-Filiale.

MED: Ihr feiert in diesem Jahr euren 25.

Jahrestag, ein echtes Jubiläum! Habt ihr zu

diesem Anlass bestimmte Aktionen geplant?

Wird es auch ein Fest geben?

PV: Kaum zu glauben, wie die Zeit ver-geht, aber so ist es, wir feiern heuer wirklich schon unser 25. Firmenjubiläum und sind auch schon mitten in den Party-Vorberei-tungen. Wir haben natürlich einiges für un-sere Geschäftspartner, Kunden und Freunde geplant, aber da möchte ich jetzt lieber noch nicht zu viel verraten! Ihr werdet es rechtzei-tig erfahren! (grinst)

MED: Wie hat sich euer Geschäft im Lauf der

letzten 25 Jahre entwickelt?

PV: Es hat sich sehr viel getan die letzten 25 Jahre! Der Kundenstamm ist mittlerwei-le enorm breit gefächert, die Produktpalette hat sich vervielfacht, und somit haben wir uns natürlich an die Bedürfnisse unserer Kunden angepasst. Wir haben dank sehr großer Nachfrage und größtenteils positiver Resonanz Mitte der 90er Jahre vier weitere Head- & Growshops und einen Großhandel eröffnet, denn die Szene wächst stetig. 1995 gab es schon mehr als zwölf Head- oder Growshops und das allein in Wien!

MED: Erzähle uns doch ein wenig

von eurer Produktpalette. Was bekommen

eure Kunden im WAS DENN …-Shop?

PV: Wir haben uns in den letzten fünf Jahren wieder auf den Grow-Sektor fokus-siert und unter anderem damit begonnen, eigene LED-Leuchtsysteme zu entwickeln – davon aber später mehr. Unseren Head-shop im Obergeschoss mussten wir zu ei-nem Showroom umwandeln, damit wir noch mehr Ausstellungsfläche zur Verfügung ha-ben. Natürlich bekommt der Kunde bei uns auch alles für den Gärtnerbedarf, egal ob Anfänger oder Profi.

Unser Bücherregal mit der wichtigsten Literatur für den Anbau, die Vermehrung

25 Jahre WAS DENN

In diesem Jahr wird das WAS DENN …-Team ein rauschendes Fest an-lässlich des 25. Jahrestags veranstal-ten. Genauere Informationen gibt das Team um Peter und Samuel Vard-jan aber noch nicht bekannt – Zitat: “Es ist noch einiges zu klären! – In-fos folgen natürlich zur rechten Zeit!” www.was-denn.at

CANNA+GLOBE

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Prozess gewonnen – und ich bin mit einer weißen Weste ausgestiegen!

MED: Engagiert ihr euch auch ideell? Sprich:

Setzt sich das Team von WAS DENN … auch

für eine neue und bessere Drogenpolitik ein?

PV: Klar, wir unterstützen seit Jahren den ÖHV, sind auch am Hanfwandertag mit ei-genem Truck vertreten, wir unterstützen au-ßerdem die CAM – die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin, die diesjährige Medi-cal Cannabis Motorcycles Tour und natürlich die Cultiva, auf der wir heuer unsere eigenen LEDs präsentieren wollen.

MED: Und hat sich die Kundschaft im Lauf

der Zeit auch verändert? Kann man das sagen?

Früher waren es ja eher die “Freaks”, die in

Headshops einkauften. Ist das heute anders?

PV: Und wie sich die Kundschaft verändert hat! Zu meinen Anfängen waren die Leute bei Weitem noch nicht so offen wie heute, es gab die typischen, sagen wir mal “Hippies”, die Esoteriker und, wie du schon so schön gesagt hast, die “Freaks”, die einkaufen ka-men. Mittlerweile kommen die Kunden aus allen Gesellschaftsschichten, vom Studenten zum Tischler bis hin zum Großvater ist jeder vertreten.

text: Markus Berger

ge Samen, denn: Wer günstig kauft, kauft teuer.

MED: Nun haben es österreichische

Hanfshops zurzeit auch nicht gerade leicht.

Gibt es bei euch auch Probleme mit der

Staatsgewalt?

PV: Nein, da habe ich zum Glück seit fast zwei Jahren endlich Ruhe! Ich habe in Sum-me mehr als 22 Jahre gegen den österreichi-schen Staat prozessiert und dabei auch sehr, sehr viel Geld verloren, aber dafür auch jeden

und Tipps und Tricks für den Zierpflanzen-bau befindet sich im Showroom, im Ober-geschoss, wo unsere Kunden sich auf einer großen Couch ein wenig einlesen und da-bei relaxen können. Da wir seit 2007 keine Stecklinge mehr produzieren und verkaufen, haben wir uns ein sorgfältig ausgewähltes Samensortiment zusammengestellt! Wir bie-ten unseren Kunden seitdem Hanfsamen von Dutch Passion, Dinafem, Paradise Seeds und Royal Queen Seeds an. Nur hochwerti-

Page 20: Medijuana 16

wohl deren Bevölkerungsanteil in Seattle bei insgesamt 8% liegt. Der Polizeifüh-rung stach der unverhältnismäßig hohe

Übereifriger Polizist

Wer hätte gedacht, dass in Seat-tle (Washington) im Zeitraum zwischen der Abstimmung über

die Legalisierung und ihrer Einführung die Festnahmen wegen Besitzes von Marihu-ana zu 80% der segensreichen Tätigkeit eines einzigen, übereifrigen Polizisten zu verdanken sind? Der Wermutstropfen dabei ist allerdings, dass sich das Poli-zeipräsidium mittlerweile von diesem hyperaktiven Kollegen verabschiedet hat. Mitte Juli erschien die Erklärung der Se-attle Police, aus der hervorgeht, dass von den 83 Festnahmen im ersten Halbjahr 2014 66 sicher auf das Konto des glei-chen Officers gingen. Der Chef der Polizeiverriet auch, dass es unserem Mann aus-gesprochenes Vergnügen bereitete, sich an die Delinquenten heranzupirschen und dass er vor den Aktionen mit dem Wurf einer Münze entschied, wo er seine Opfer suchen würde. Das Genick brach ihm allerdings nicht der Jagdinstinkt, den er an Gelegenheitskonsumenten aus-lebte, sondern der offene Rassismus, der seiner Motivation zugrunde lag. 36% der Menschen, die dieser Prozedur unterzo-gen wurden, waren Afroamerikaner, ob-

Legales Gras überallDie Schauspielerin Susan Sarandon träumt von der globalen Mari-huanalegalisierung, die unaus-

weichlich in eine schönere Welt führe, weil sich die vom Alkohol angeheizte häusliche Gewalt in ein großes gemein-sames Lachen auflöse. In einem Interview mit Daily Beast sagte sie, dass man den Zugang zu Lebensmitteln mit Cannabis-gehalt regulieren müsse, um Kinder vor ihnen zu schützen und Erwachsene vor dem zu häufigen Genuss zu bewahren. Sie fügte hinzu, dass der Alkoholgenuss zu einer großen Zahl von Toten geführt habe, am Marihuana aber noch niemand gestorben sei. Die gegenwärtige Situa-tion bezeichnet sie als “Wahnsinn“, da gewaltige Summen für die Verfolgung und den Drogenkrieg ausgegeben wür-den, die Drogenkartelle unterdessen eine Blüte erlebten. Ihr persönliches Glaubensbekenntnis ist: “Sei nie stoned, wenn du dann so tun musst, als wärst du es nicht.” Daher würde sie nie Cannabis rauchen, wenn sie auf ihre Kinder auf-passen müsste, sondern eine Gelegenheit wählen, wenn keine Verpflichtungen be-stehen und sie sich auf das Erlebnis ein-lassen könnte.

In dem Interview spricht Sarandon of-fen über ihre Vorliebe für psychedelische

MEDI+GREEN

18

Drogen, Erlebnisse mit Magic Mushrooms und Ayahuasca, die sie am liebsten im Wald oder gar im Grand Canyon zu sich nehme. All das klingt aus dem Mund der Schauspielerin so natürlich, dass wir

Anteil von Menschen schwarzer Hautfar-be in den Statistiken sofort ins Auge und sie trennte sich von dem Polizisten, der sich nach der Eröffnung der Washing-toner Grasläden am 8. Juli nun wirklich eine neue Arbeit suchen muss.

schon von Hunderten von Berühmtheiten träumen, die sich für eine globale Le-galisierung einsetzen und sich zu ihrem eigenen, verantwortlichen Konsum offen bekennen.

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Bei der Medical Cannabis Motorcycle Tour kann man sich die Frage stellen: Was hat das eine mit dem anderen

zu tun? Mit Wohltätigkeit, Massenläufen, Schwimmen oder gemeinsamem Motorrad-fahren, Tischtennis oder Tischfußball lassen sich alle möglichen Anliegen verbinden. Ja, es muss gehen! Ungefähr so dachten die WienerVertreter der Cannabisszene, die sich haupt-sächlich um Indras Planet und dessen Besitzer,den Harleyfahrer Hannes, gruppieren.

Also gaben auch wir Gas und begaben uns unter die Motorradfahrer, die für die Rechte und Interessen der Medizinalcannabis kon-sumierenden Patienten eintraten. Eine bunt gemischte Brigade hatte sich versammelt. Es gab kleine und große Chopper, Enduros, Speed Bikes – je nach Geschmack. Unter den Motorradfahrern aus Deutschland, Ungarn und natürlich Österreich waren neben den Vertretern des ÖHV auch die des vor Kurzem

gegründeten Hanf-Instituts und des Salzbur-ger Cannabis Social Clubs. Das gemeinsame Ziel, die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung der vollkommenen Umsetzung der Patienten-rechte zu lenken, verwischte jedoch schnell die unbedeutenden Unterschiede. In dieser Gesellschaft war es leicht zu begreifen, dass die von allen vertretene Sache, das Ziel, das die Teilnehmer hierher geführt hatte, weit über die Einzelinteressen hinausreichte. Selbst wirtschaftliche Interessen geraten da in den Hintergrund.

Natürlich wäre es ohne die Sponsoren und die Beiträge der Teilnehmer schwer, der Sa-che des therapeutischen Cannabis handfeste Hilfe zukommen zu lassen. Die vor und wäh-rend der Veranstaltung gesammelten Spen-den gelangen an den dafür geeignetsten Ort – die Organisation Cannabis als Medizin, zur Unterstützung der Medizinalcannabispatien-ten.

Ride for the rights

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Freiheitsrechte über allesDie Kämpfe des Cannabis-Prinzen

auf beiden Seiten des Gitters

Nach einer gut

vierjährigen Haftstrafe

gelangte im Juli 2014 der

Prinz des Cannabis

wieder auf freien Fuß.

Marc Emery, Begründer

der Zeitschrift

Cannabis Culture und

Führer der ersten

Cannabispartei

Kanadas, war wegen

internationalen

Hanfsamenhandels

verhaftet und in den USA

gefangen gehalten

worden. Wer aber spielt

die Rolle der neuen

Public Enemy? Wen jagt

man so wie seinerzeit

Timothy Leary?

geführt hat, sondern einer, dessen gesamte Denkweise von Ideen bestimmt wird, für die er genauso entschlossen eintritt wie für die Sache der Legalisierung.

Die Idee der persönlichen Freiheit

Marc Scott Emery wurde 1958 in London, Ontario, geboren, nach eigenen Angaben in einer liebevollen Familie, in der niemand seine Fähigkeiten einschränkte. Diesem Geis-te entsprang sein politischer Aktivismus, der darin gipfelte, dass er mit 22 als Kandidat der kanadischen Liberalen antrat. Ein Jahr später gab er sein erstes Enthüllungsblatt heraus, das nichts mit Cannabis zu tun hatte, son-dern Korruptionsfälle und andere Ungerech-tigkeiten aufgriff, welche ansonsten nicht die nötige Medienpublizität bekamen. Kurz nach dem Scheitern des Blattes trat Emery mit ei-ner neuen Zeitung unter dem Namen London Metro Bulletin hervor, auf die er seine ganze

Arbeitskraft verwandte – von der Recherche, der Herstellung der Fotos, dem Schreiben der Storys und der Redaktion bis zum Vertrieb. In der Zwischenzeit von den Liberalen ent-täuscht, gründete er die Unpartei (Unparty), die sich die Einschränkung der Regierungs-macht zum Ziel gesetzt hatte. Diese beiden Projekte boten Emery den Rahmen, um seine individualistischen Ansichten, die die Unab-hängigkeit des Menschen und seinen freien Willen in den Mittelpunkt stellten, auszu-drücken. Auf die bald aufgelöste Partei der Regierungsgegner folgte 1984 die Partei der Freiheit, für die Emery die Wahlkampagne lei-tete. In den 80ern demonstrierte er für zahl-reiche Anliegen – von den Austragungsorten der Winterspiele, Regulierungen für Müllde-ponien bis zur Ladenöffnung an Sonntagen – nur die Cannabisfrage war nicht darunter. Das Eintreten für Dinge, die offensichtlich nicht zusammenhängen, begründete Emery mit dem Gedanken, dass man die Umsetzung der Freiheitsrechte nicht vom Staat erwarten

CANNA+GLOBE

Das ist alles Nonsens. Sie hätten mich nie der amerikanischen Regierung ausliefern dürfen. Meine eigene Re-

gierung hat mich verraten, deshalb werde ich mich, sobald ich heimkomme, mit einem entsprechenden politischen Skandal revan-chieren und eine Kampagne gegen die Kon-servativen starten, erklärte Marc Emery in seinem ersten Interview nach seiner Freilas-sung dem Nachrichtenkanal CBC, als er noch auf seine Überstellung nach Kanada wartete. Mit seiner Frau Jodie Emery hatte er schon während seiner Haft Cannabisdemonstratio-nen in 30 kanadischen Städten angekündigt, sodass die erlebnishungrigen Aktivisten sich schon die Hände reiben können. Was aber bewegt einen fast Sechzigjährigen nach ei-ner langen Gefangenschaft dazu, sich mit frischer Kraft in den Kampf zu stürzen? Wie es in exponierten Aktivistenkreisen nicht selten vorkommt, ist Emery in erster Linie Politiker, den nicht die Legitimierung des eigenen Graskonsums zum Hanfaktivismus

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schriften geführt hätten, drohende Gefäng-nisstrafen hielten ihn nicht vom Engagement ab und er erreichte mit klarer Argumentation mehrfach die Änderung von Gesetzen. 1990 wandte er sich von der Politik ab und verkün-dete: Wenn man eine Veränderung will, soll man nicht die eine oder andere Partei wäh-len, sondern man soll die Gesetze brechen, die der eigenen Meinung nach die Rechte verletzen.

Die ungerechteste Sache

1984, als Paul McCartney wegen Marihua-nabesitzes verhaftet wurde, sprach Emery sich gegen das Grasrauchen aus. Im gleichen Jahr verkündete er seine Quasiabstinenz gegenüber allen bewusstseinsverändernden Drogen, Tabak und Alkohol eingeschlossen, weil er meinte, diese behinderten sein kla-res Nachdenken über philosophische Fragen. 1990 las er Jack Herers Klassiker “Die Wie-derentdeckung der Nutzpflanze Hanf” (engl. The Emperor Wears No Clothes), der mit ei-nem Schlag seine Meinung über das Cannabis veränderte. Zu seiner größten Überraschung verboten die Gesetze den Verkauf von Bü-chern oder Videomaterial mit Darstellungen von Produktion, Konsum oder Vertrieb ille-galer Drogen, für Zuwiderhandlungen stan-den 100.000 Dollar Geldstrafe, sechs Monate Gefängnis oder beides zusammen. Emery be-saß seit seinem siebzehnten Lebensjahr einen Buchladen, wo er auch das Buch von Herer verkaufte. Der Prinz des Cannabis beging sein erstes Drogendelikt, als er noch keine Ahnung davon hatte und sich ihres Konsums enthielt; sie zu vertreiben, war ihm nicht ein-mal in den Sinn gekommen. Als er erkannte, dass die Gesetze versuchten, die Wahrheit über einzelne Mittel zu verschleiern, war das schon genug. Schnell deckte er die rassisti-schen Ursprünge des Marihuanaverbots auf und erkannte, dass es sich außer gegen die schwarze Gemeinschaft in erster Linie ge-gen Nonkonformisten und Systemkritiker richtete. Da er wusste, in welchem Maße die Praxis, Konsumenten zu inhaftieren, ganze Familien zerstörte, fand Emery sich plötzlich mit der größten Ungerechtigkeit der moder-nen Geschichte konfrontiert. Ein vollkomme-nes Betätigungsfeld für ihn.

Einer seiner Freunde behauptet, Emery sei Cannabisaktivist geworden, weil er über diese Schiene seine Auffassung von der Frei-heit am einfachsten zum Ausdruck bringen konnte. Nach der Erkenntnis der Tatsachen schritt er zur Tat und bestellte alle Ausga-ben des legendären New Yorker High Times Hanfmagazins und verkaufte sie in seinem Laden. Damit die Aktion den Behörden nicht verborgen blieb, versah er seinen Laden mit einem Transparent: Bei ihm sei erstmals die High Times, die in Kanada schon sechs Jah-re auf dem Index stand, erhältlich. Und er

dürfe, sondern man sie nur mit tatkräftigen Aktionen erreichen könne. Die Rechtsbrüche, die er bei seinen Aktivitäten beging, waren seiner Meinung nach moralisch berechtigt, da die kritisierten Maßnahmen und Gesetze die friedliche und lautere Ausübung der Persön-lichkeitsrechte verletzten. Er argumentiert, dass in der Geschichte immer wieder Rechts-brüche zur Überarbeitung von Rechtsvor-

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lud auch ihren Chefredakteur ein, den Fans die Zeitschrift zu signieren. Doch egal wie er sich bemühte, er organisierte sogar eine Hanfdemo vor der Polizeiwache, man wollte ihn einfach nicht bestrafen. Er musste grö-ßere Pläne aushecken. Da er wusste, dass in Vancouver die größte Zahl von Grasrauchern und Züchtern beheimatet war, zog er 1994 dorthin und eröffnete den Hanfsamenladen Hemp BC, wo er auch Bongs, Pfeifen und andere Gerätschaften verkaufte, die zu dieser Zeit in Kanada überhaupt nicht erhältlich wa-ren. 1995 startete er die Zeitschrift Cannabis Canada, die er drei Jahre später in Cannabis Culture umtaufte. Damit gelang es ihm, die Hemmschwelle der Polizei zu überschreiten, die schließlich im Januar 1996 eine Razzia in seinem Laden abhielt, die Waren beschlag-nahmte und eine Strafe von mehreren Tau-send Dollar verhängte. Emery ließ das kalt und er eröffnete von Neuem. Ein Jahr später verpasste man ihm in einem Interview mit CNN den Namen “Prinz des Cannabis“, den er seitdem stolz trägt. Im Dezember 1997 wurde Emery nach einer neuerlichen Razzia ein paar Tage inhaftiert, jedoch nicht des Sa-menhandels angeklagt, sondern weil er einen Polizisten, der seine Angestellten beleidigt hatte, anspuckte. In den folgenden Jahren wurde er mehrmals des Samenhandels ange-klagt, aber er musste jeweils nur eine Nacht im Knast verbringen, was auf ihn keine ab-schreckende Wirkung hatte. Um die Sache auch im Parlament zu vertreten, gründete er 2000 die kanadische Marihuanapartei, bei der die völlige Legalisierung des Cannabis an erster Stelle des Programms stand. Ein Jahr später gründete er eine neue Formation mit dem Namen British Columbia Marijuana Par-ty, deren Vorsitz er übernahm. 1999 schloss er sich dem Global Marijuana March an und unterstützte begeistert alle Demonstrationen gegen das Cannabisverbot. 2005 wurde die bisher schärfste Anklage gegen ihn erhoben: Lenkung des internationalen Samenhandels zwischen Kanada und den USA. Schließlich erreichte er, dass man an ihm ein Exempel statuierte. Bei Gefangennahme drohte ihm

eine Strafe von mindestens zehn Jahren, doch es konnte auch lebenslänglich werden! Emery schloss seinen Frieden mit dem Ge-danken, denn er hatte immer mit einer län-geren Haftstrafe gerechnet, er bat nur darum, sie in einem kanadischen Gefängnis absitzen zu können. Dieser Wunsch ging nicht in Er-füllung. Das endgültige Urteil erging Ende 2009 und lautete auf fünf Jahre gemäßigten Vollzug. Die Strafe trat er 2010 in den USA an. Wegen guter Führung wurde er nach gut vier Jahren am 9. Juli 2014 entlassen, aber die Überstellung nach Kanada zog sich noch Wochen hin.

Wo er aufgehört hatte

In seinem ersten Interview mit CBC nach sei-ner Freilassung sagte er, dass er auch jetzt noch auf seine Taten stolz sei, denn nach seinen zwanzig Jahren Aktivismus zeigten sich jetzt deutliche Ergebnisse: Washington und Colorado geben als erste Staaten Ma-rihuana reguliert frei, und in ganz Amerika und Kanada neigt die öffentliche Meinung

zur Legalisierung. Er hob hervor, dass seine Arbeit auch im Gefängnis anerkannt wor-den war, auch von den Gefangenen, die ihn freundlich behandelten. Er lernte Bassgitarre spielen und wurde Mitglied einer Gefängnis-band, sodass er sich mit neuen Kenntnissen und Erlebnissen verabschiede. Man glaube aber nicht, dass Emery im Gefängnis eitel Freude erlebt habe! Abgesehen davon, dass seine Frau sich von ihm trennte, verbitterte ihn, dass die Regierung seines Landes ihn an die Vereinigten Staaten ausgeliefert hatte. Diese Verletzung erwähnte er sofort bei sei-ner Freilassung und fügte hinzu, dass er alles unternehmen werde, die konservative Regie-rung zu stürzen. In der Gefängniszeit sei sein Cannabisaktivismus nicht verschlissen und er sei bereit, die begonnene Schlacht für die Legalisierung des Marihuanas zu Ende zu führen, bei der er immer größere Unterstüt-zermassen hinter sich wisse.

text: Jack Pot

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Am 9. August zog die HANFPARADE zum mittlerweile

18. Mal durch Berlins Mitte – in diesem Jahr folgten

ca. 6.500 Menschen dem Demonstrationsaufruf.

Hanfparade 2014

Ab 13 Uhr füllte sich der Washing-tonplatz vor dem Berliner Haupt-bahnhof, bis er schließlich gegen 14

Uhr nahezu vollständig gefüllt war – erste Ansprachen von Aktivisten, Politikern und Geschäftsleuten der Branche schworen die sich versammelnden Teilnehmer auf die diesjährige Massendemonstration für lega-les Cannabis ein, bevor sich der Zug mit 14 Paradewagen und drei Kleinfahrzeugen kurz nach 14 Uhr in Bewegung setzte und über die Invalidenstraße zur Bundesgeschäftsstel-le der Grünen zog, wo gegen 15 Uhr die erste Zwischenkundgebung stattfand.

Weiter ging es dann durch die Friedrich-straße, wo vor dem Bundesministerium für Gesundheit die zweite Zwischenkundgebung abgehalten wurde. Als die Parade mit einer knappen Stunde Verspätung am Branden-burger Tor und damit auf dem Gelände der Abschlusskundgebung mit großer Haupt-bühne und vielen Infoständen ankam, ver-dunkelte sich der Himmel und heftiger Wind kam auf. Was viele eh schon erwartet hatten, trat nun ein und ein heftiger Sommerregen ging auf die Demonstranten nieder, die sich ihre Laune davon aber nicht verderben lie-ßen. Schon wenig später riss der Himmel dann auch schon wieder auf und die Sonne schien erneut und bis zu ihrem Untergang.

Das Bühnenprogramm präsentierte ab ca. 17 Uhr eine bunte Mischung aus Musik und politischen Ansprachen und konnte so bis 22 Uhr Tausende auf der Straße des 17. Juni halten. Das lag sicherlich vor allem an den namhaften Künstlern, die sich in diesem Jahr musikalisch für eine Legalisierung ausspra-chen – u. a. Uwe Banton & Ganjaman, Mar-tin Jondo, D-Flame und Götz Widmann.

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Auch wenn die diesjährige HANFPARADE etwas hinter den Erwartungen der Berliner Veranstalter zurückblieb, konnte sie doch wieder Tausende Menschen zusammenbrin-gen, die keine Angst hatten, sich für Can-nabis einzusetzen. Solange sich die 6.500 Teilnehmer derart amüsieren, werden sie auch im nächsten Jahr wiederkommen – und dann vielleicht wirklich noch einen weiteren Freund mitbringen, damit die 10.000er-Mar-ke endlich wieder geknackt werden kann.

text & photos: M. M. & Hanfparade

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CANNA+GLOBE

Willi Wallner ist 55

und selbst ein

Cannabispatient, der

mit der aktuellen

Situation in Österreich

nicht zufrieden ist.

Deshalb hat er sich

mit Gleichgesinnten

zusammengetan und

in Salzburg den

ersten Cannabis Social

Club (CSC) des Landes

gegründet.

Medijuana: Seit wann ist es rechtlich möglich,

in Österreich CSCs zu gründen und zu

betreiben?

Willi Wallner: Gründen und betreiben sind ja schon mal zwei völlig verschiedene Sa-chen – wir machen hier einfach nur einen Schritt nach dem anderen. Meine Kranken-geschichte ist ja in gewisser Weise ein Beleg dafür, dass hier noch eine ganze Menge ge-tan werden muss – deshalb habe ich mich mit Legalize! Europe in Verbindung gesetzt und vorgeschlagen, ganz konkret hier in Salzburg etwas zu tun. Am besten wäre es doch, hier gleich einen CSC zu gründen. Das fand man dort sehr interessant und so hat sich die Sache entwickelt – man hat dann

die Statuten des CSC verfasst und ihn als Verein gegründet. Das hat in Salzburg so-weit ganz gut geklappt, in Linz dagegen wurde die Gründung eines ähnlichen Ver-eins abgelehnt – obwohl hier identische Statuten verwendet wurden. Schon daran kann man sehen, dass in Österreich nicht alles überall gleich ist.

MED: Wie werbt ihr in der Öffentlichkeit

dafür, den CSC nach der Gründung auch

wirklich betreiben zu können?

WW: Zum einen nehme ich jede Mög-lichkeit für Interviews und öffentliche Er-klärungen wahr – außerdem versuche ich auch immer, möglichst viele Gleichgesinnte zusammenzukriegen, wenn wir zum Beispiel

Blütezeit für CannabispatientenCannabis Social Clubs

auch in Österreich

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den “Hanfwandertag” in Salzburg im Rah-men des GMM organisieren. Ansonsten pla-nen wir auch eine mediale Eröffnungsphase, in der wir mit unserem Anliegen und ganz vielen Aktivisten, Patienten und Ärzten an die Öffentlichkeit gehen und über unsere Ziele informieren. Während dieser media-len Aktion, die drei bis sechs Monate laufen wird und an der 30 bis 40 Aktivisten und Ärzte beteiligt sind, werden wir neben Pres-severtretern auch Behördenvertreter und die Polizei einladen – so hoffen wir nach der medialen Eröffnungsphase einen gro-ßen öffentlichen Druck aufgebaut zu ha-ben, der uns entsprechend Rückendeckung gibt und es uns ermöglicht, einen Antrag auf Ausnahmegenehmigung einzureichen bzw. einen von den Grünen unterstützten Modellversuch zu beginnen – der Modell-versuch würde dann unter meiner Leitung als Obmann zunächst ein Jahr lang lau-

fen. Danach wird dann jeder erkennen, wie wichtig und notwendig ein medizinischer CSC in Salzburg ist, und die Behörden wer-den den Club dann hoffentlich weiterlaufen lassen.

MED: Welche konkreten Schritte seid ihr

auf dem Weg zum ersten österreichischen

CSC bereits gegangen?

WW: Ja, immerhin haben wir inzwischen schon eine geeignete Lokalität mit passen-den Räumlichkeiten gefunden – die könn-ten wir drei Monate lang kostenlos renovie-ren und dann für ein Jahr mieten. Konkret fehlt es uns da noch an einem ausgefeilten Konzept und Kostenplan, um loslegen zu können. Ich selbst und viele Mitstreiter ha-

ben bisher schon eine Menge Geld und Ar-beit investiert. Was wir hier gerade planen, ist ja kein normaler CSC, wie es ihn zum Beispiel in Spanien gibt – uns schwebt hier eher ein CSC für Cannabispatienten vor. Da-bei müssen wir natürlich genau darauf ach-ten, dass wir uns stets im legalen Rahmen bewegen – schließlich will ja keiner von uns strafrechtlich belangt werden. Sobald der Club dann soweit aufgebaut ist – so wie ein vernünftiger CSC eben aufgebaut sein muss – werden wir so tun, als ob unser CSC be-reits läuft. Dann können da auch gerne Leu-te vorbeikommen und sich alles im Detail erklären lassen: wie die Buchführung geht oder wie ein Patient als Mitglied aufgenom-men werden kann bis hin zu den konkreten Modalitäten der Ausgabe.

MED: Wie soll es dann weitergehen?

WW: Wir arbeiten ja derzeit nach einem bestimmten Plan, der auch von Legalize!

EU begleitet wird – das heißt, wir gründen jetzt Fachabteilungen, die die notwendige Struktur reinbringen, und versuchen dann hier in Salzburg, den ersten CSC durchzu-bringen. Dann kommt der nächste CSC in Wien und so weiter. Das Schöne daran ist, dass wir ja alle miteinander vernetzt sind und so alles immer wieder benutzt werden kann – ich glaube, genau das ist der Weg. Wir müssen einfach eine starke Gemein-schaft bilden, die sich gegenseitig unter-stützt.

text: Martin Müncheberg

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3030

Günter Ulrich war ein

unbeschriebenes Blatt

mit einer weißen Weste,

bevor er mit seinem

Hanfshop in den

Fokus der Grazer

Staatsanwaltschaft geriet

– im letzten Jahr wurde

er wegen seiner

Geschäftstätigkeit

verurteilt und muss

seitdem eine Fußfessel

tragen.

Medijuana: Wie kam es ganz konkret dazu,

dass du heute eine Fußfessel tragen musst?

Günter Ulrich: Dazu muss ich kurz ein wenig ausholen: Ich bin ja nun schon seit fast 14 Jahren in der Hanfbranche tätig. 2001 habe ich mich mit dem Hanf Paradies in Graz selbstständig gemacht – das Geschäft hat sich dann auch ganz gut entwickelt, 2010 gründeten wir eine GmbH und stellten neue Mitarbeiter ein. Gleichzeitig kam es zu der Zeit auch zu einem Staatsanwalt-Wechsel in Graz – der alte Staatsanwalt ging in Pen-sion und zwei neue Staatsanwälte kamen und übernahmen. Diese zwei neuen Staats-anwälte haben sich dann das Missionsziel gestellt, die angebliche Einstiegsdroge Can-nabis weitestgehend aus Graz zu verbannen. Sie waren der Meinung, dass – wenn Can-nabis und die Hanfshops erstmal verbannt sind – es auch keinerlei Probleme mehr mit irgendwelchen anderen Drogen gäbe. So rückte auch mein Geschäft in den Fokus der Beamten, da wir schon einer der größeren Shops in Graz waren und ja auch das ganze Rundum-Package angeboten haben. Bei uns gab es ja von Samen über Dünger bis hin zu Stecklingen und Homeboxen so ziemlich alles, was man braucht, um anzubauen –

auch die einschlägige Literatur war bei uns zu haben. So begann die Staatsanwaltschaft sehr schnell mit ihren Ermittlungen gegen unser Geschäft wegen “Beitragstäterschaft“. Das hat dann letztendlich zu dem Konstrukt der Anklageschrift geführt – darin wurde uns vorgeworfen, dass wir wissentlich und billigend in Kauf genommen haben, dass viele Kunden bei uns Pflanzen erwarben, aus denen sie dann “Suchtmittel” herstell-ten. In der ersten Instanz wurde ich dann wegen “Beitragstäterschaft” zu drei Jahren ohne Bewährung verurteilt, was wir natürlich erst einmal angefochten haben. Der Oberste Gerichtshof hat dann jedoch bestätigt, dass eine “Beitragstäterschaft” allein dann schon besteht, wenn wir unsere Kunden entspre-chend beraten und hier aus einer Hand al-les anbieten können, was für den illegalen Anbau benötigt wird. Da hier alles nötige Equipment zusammen mit dem Know-how und Stecklingen angeboten werde, könne man in meinem Fall von einer “Beitragstä-terschaft” ausgehen. Damit hatte die Staats-anwaltschaft nun eine Art Präzedenzfall geschaffen, der auch auf andere Growshops übertragen werden könnte, die Stecklinge neben Growequipment anbieten.

text: M. M.

CANNA+GLOBE

“Ich würde alles nochmal “Ich würde alles nochmal

genauso machen”genauso machen”

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MED: Ich dachte, in Österreich darf man

Stecklinge ganz legal verkaufen – trotzdem

wurdest du ja dafür verurteilt, innerhalb von

zweieinhalb Jahren 155.000 Stecki’s verkauft

zu haben, aus denen angeblich 870 Kilo

“Cannabiskraut” erzeugt wurden…

GU: Das stimmt schon, als Zierpflanzen darf man Hanfpflanzen nach wie vor verkau-fen, nicht aber zur Suchtmittelproduktion. Doch genau die wurde uns ja unterstellt, und dann hat man aufgrund unserer Kun-dendaten einfach mal hochgerechnet, was da zusammengekommen sein könnte. Zuvor haben sie unser Geschäft ca. sieben Monate lang observiert – auch meine Frau und ich wurden komplett überwacht. Außerdem mie-tete die Staatsanwaltschaft zwei Wohnungen an – eine beim Vordereingang und eine beim Hintereingang – und observierten so in die-sem Zeitraum auch 29 unserer Kunden. Etwa acht Wochen nach dem Kauf der Pflanzen in unserem Geschäft suchte dann die Staats-anwaltschaft diese 29 Kunden zu Hause auf und fand hier in den meisten Fällen auch die Hanfpflanzen, die inzwischen auch schon etwas “Suchtmittel” produziert hatten. Aller-dings schien es den Beamten gar nicht so sehr um die Sicherstellung der Hanfpflanzen zu gehen, sondern eher darum, uns wegen Beihilfe dranzukriegen. Die Befragung un-serer Kunden ging nämlich vor allem in die Richtung, ob wir die Kunden auch entspre-

chend beraten und vielleicht auch genau gewusst hätten, was sie mit den Stecklingen vorhaben. Leider haben sich dann einige unserer Kunden dazu hinreißen lassen aus-zusagen, dass wir im Prinzip schon gewusst hätten, was sie mit den Pflanzen vorgehabt haben – dabei hatten wir in jedem Ver-kaufsgespräch darauf hingewiesen, dass der Anbau von Cannabis zur Suchtmittelgewin-nung strafbar und damit verboten ist. Na-türlich war uns damals schon klar, was 95 % unserer Kunden mit den Stecklingen vorha-ben – insofern konnte ich dann vor Gericht auch nicht den völlig Ahnungslosen spielen. Dazu kam dann ja noch, dass von Seiten des slowenischen Außenministeriums ein Schrei-ben an das österreichische Innenministerium ging, in dem darauf hingewiesen wurde, dass in Graz auch an slowenische Kunden Steck-linge in größeren Mengen verkauft würden – der österreichische Staat möge sich daher um die Einschränkung dieser Verkäufe be-mühen. Und da wir in unserem Geschäft nie-manden diskriminiert oder Reisepässe kon-trolliert haben, sondern auch ausländischen Kunden Stecklinge als Zierpflanzen verkauft haben, gerieten wir schließlich ins Visier der Staatsanwaltschaft, die an uns wohl auch ein Exempel statuieren wollte.

MED: Konntest du rechtlich gegen dieses

Urteil vorgehen und z. B. eine Beschwerde

dagegen einreichen?

GU: Wir sind gleich in Berufung gegan-gen und landeten so vor dem Obersten Gerichtshof, der dann aber die Sichtweise der Grazer Staatsanwaltschaft bestätigte und den Fall zurück nach Graz überwies. Immerhin wurde hier im September letzten Jahres das Strafmaß ein klein wenig redu-ziert – und da wir zu dem Zeitpunkt auch so ziemlich am Ende unserer finanziellen Möglichkeiten waren, akzeptierte ich letzt-endlich das Urteil, obwohl man noch ein-mal in Berufung hätte gehen können. Da Rechtsanwälte aber nun mal nicht gerade preiswert sind, haben wir das lieber gelas-sen.

MED: Wie lange musst du nun noch die

Fußfessel tragen?

GU: Normalerweise bis zum 30. Januar 2015 – ich hoffe allerdings, dass ich schon beim Zwei-Drittel-Straftermin am 20. Okto-ber das “staatliche Freundschaftsband” wie-der abgenommen bekomme.

MED: Offensichtlich haben die Behörden

kein Problem damit, dass du derzeit in einem

Headshop arbeitest – hättest du mit der

Fußfessel auch wieder in einem Growshop

arbeiten dürfen?

GU: Nein, mir ist ausdrücklich unter-sagt worden, wieder in einem Growshopzu arbeiten, selbst wenn dort gar keine Stecklinge verkauft werden. Denn wenn ich nochmal wegen “Beitragstäterschaft” ange-klagt werden würde, dann wäre ich in den Augen der Justiz ein Wiederholungstäter, der dann noch deutlich härter zu bestrafen sei. Kurioserweise darf ich in unserem Head-shop sogar Lehrlinge ausbilden – da stört die Fußfessel überhaupt nicht. Es gibt da schon einige Widersprüche in der behördli-chen Wertung meiner Taten.

MED: Würdest du rückblickend alles

nochmal so machen?

GU: Ja, denn es war mir immer das Wich-tigste, nicht nur zufriedene, sondern glück-liche Kunden zu haben – und glückliche Kunden hat man nur bei entsprechender Be-ratung. Aber ich würde mich rechtlich noch etwas besser absichern – obwohl ich ja der Meinung war, das bereits ganz vernünftig getan zu haben. Schließlich habe ich mich immer rechtlich beraten lassen und aktuell informiert – und genau das sollte mir zum Verhängnis werden. Denn nachdem dann auch meine Computer beschlagnahmt wur-den, entdeckten die Ermittler eine E-Mail-Kommunikation mit meinem Anwalt, der mir mitteilte, dassman Stecklinge nicht ver-kaufen dürfe, wenn man genau weiß, was die Kunden damit machen. Leider hatte ich darauf geantwortet, dass wir dann halt so tun werden, als ob wir das nicht wüssten. Das war schon ziemlich blöd und hat letzt-endlich auch zu meiner Verurteilung beige-tragen. Aber abgesehen davon würde ich alles nochmal genauso machen.

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zen aufhören). Die gleichzeitige Einnahme von Cannabispräparaten führte im Fall des Cannabispatienten zu oben genannten Symptomen. Möglicherweise gibt es Can-nabispatienten, die andere – bessere – Er-fahrungen mit dieser Kombination gemacht haben. Da jedoch über die Wechselwirkung von Colchicin und Cannabinoiden/Cannabis bislang keine Untersuchungen vorgenom-men wurden, kann jedem Gicht- und Can-nabispatienten bis auf Weiteres nur davon abgeraten werden, diese Stoffe gleichzeitig einzunehmen.

Gicht ist eine spezielle Form der Ar-thritis und insbesondere unter Män-nern eine weit verbreitete Krankheit.

Die sehr schmerzhafte Entzündungserkran-kung äußert sich in bestimmten Gelenken der Hände oder Füße (Podagra im Fuß, Chiragra in der Hand) und wird vor allem durch einen Überschuss an Harnsäure hervorgerufen, der wiederum entsteht, wenn zu viele purinhal-tige Lebensmittel konsumiert werden. Gicht kann gut mit Cannabis behandelt werden. THC, CBD und andere Cannabinoide wirken schmerzlindernd und entzündungshemmend – ein heftiger akuter Anfall ist jedoch bei manchen Cannabispatienten nur unzurei-chend mit Hanfblüten zu behandeln, mögli-cherweise verschreibt der Arzt ein zusätzli-ches Medikament. Hier gelten Diclofenac und Kortisonpräparate als Mittel erster Wahl – nicht sehr häufig, aber immer noch wird auch der Wirkstoff der Herbstzeitlosen, das Col-chicin, verordnet. Und hier kann ein Problem seinen Anfang nehmen. Ein Cannabispatient berichtet über genau diese Kreuzmedikation Cannabis/Colchicin. Diese ist nach mehrfacher Überprüfung offensichtlich nicht kompatibel und kann, wie in diesem Fall, übelste Symp-tome hervorrufen (alle zeitgleich): Herzrasen, Schwindel, Kribbeln am ganzen Körper, Ge-fühl der Vergiftung, nasser Schweiß, gestörte Wahrnehmung, Todesangst.

Die Herbstzeitlose (Colchicum autumna-le) ist eine Pflanze aus der botanischen Fa-milie der Liliengewächse (Liliaceae). Haupt-wirksamer Inhaltsstoff ist Colchicin, das in der gesamten Pflanze vorkommt, dessen Konzentration jedoch in den Samenscha-len am höchsten ist. 7 bis 20 Milligramm gelten als tödliche Dosis. Das Medikament Colchicum-Dispert enthält pro Tablette 0,5 Milligramm Colchicin und wird über den Tag verteilt hoch dosiert eingenommen (Dosie-rungsanleitung: alle 1 bis 2 Stunden 1-3 Ta-bletten, also 0,5 bis 1,5 mg, bis die Schmer-

Finger weg: Colchicin und Cannabis

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CANNA+GLOBE

Folgen einer Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz oder

Warum eine unbedingte Geldstrafe besser ist als eine bedingte Freiheitsstrafe

Marihuana erzeugt wurde) im Verfahren mit-tels Diversion eingestellt werden.

Beachte: Die gesetzliche Bezeichnung Suchtgifthandel ist irrefü hrend, da das Ge-setz darauf abstellt, dass eine die Grenzmen-ge ü bersteigende Menge erzeugt wurde; wo-bei es auf die Weitergabe nicht ankommt. Im Klartext: Auch der fü r sich selbst anbauende Grower, der mehr als ca. 500 g Marihuana aberntet, ist laut Gesetz nach dem Delikt des § 28a Abs. 1 SMG Suchtgifthandel zu be-strafen.

Kommt es zu einem weiteren Vergehen, dies muss nicht unbedingt ein Vergehen nach dem SMG sein, kann die Diversion widerrufen und die Sache vor Gericht ver-handelt werden. Auch vor Gericht besteht je-doch gemäß § 37 SMG die Möglichkeit, das Verfahren noch einmal mittels Diversion zu

erledigen. Meist erfolgt die Auflage, sich so-genannten gesundheitsbezogenen Maßnah-men zu unterziehen (beispielsweise Kombi-nation aus Therapie und Drogentests).

Bei einer Diversion handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine Maßnahme besonderer Art. Dies ist wichtig, da durch die Erledigung mittels Diversion weder der Führerschein noch die Gewerbeberechtigung oder der Pass gefährdet werden. Man ist daher, wenn man sich bei einem neuen Ar-beitgeber vorstellt und dieser ein Leumunds-zeugnis verlangt, gerichtlich unbescholten. Zu beachten ist jedoch, dass auch eine diver-sionelle Erledigung registriert wird und zehn Jahre in einem eigenen – nur für Behörden einsehbaren – Register aufscheint.

Eine weitere Besonderheit im SMG ist die Regelung des § 42 Abs. 1 SMG. Verurteilun-

Rechtspraxis in ÖsterreichRechtspraxis in ÖsterreichGeldstrafe oder bedingte Freiheitsstrafe?

Das Suchtmittelgesetz (fortan genannt SMG) steht unter dem Schwerpunkt „Therapie statt Strafe“. Das bedeu-

tet, der Straftäter soll zuerst einer Therapie zugefü hrt werden und die Strafe soll ultima ratio – das letzte geeignete Mittel – sein.

Normalerweise wird bei einem ersten Ver-gehen nach dem SMG, sofern die Menge nicht mehr als ca. 0,5kg Marihuana über-schreitet, seitens der Staatsanwaltschaft eine Diversion gem. § 35 SMG Abs. 1 angeboten. Hiervon ausgenommen ist die Weitergabe an Minderjährige sowie die gewerbsmäßige Begehung. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine Muss-Vorschrift für die Staats-anwaltschaft.

Des Weiteren kann auch das Delikt des Suchtgifthandels gem. § 28a Abs. 1 SMG (dieser liegt vor, wenn mehr als ca. 0,5kg

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“Bei wahlweiser Androhung von Geldstra-fe und Freiheitsstrafe hat sich die richterliche Ermessensentscheidung zwischen diesen bei-den gesetzlichen Strafalternativen daran zu orientieren, dass die Freiheitsstrafe die Aus-nahme sein soll.”

Anmerken möchte ich abschließend, dass grundsätzlich jederzeit die Möglichkeit be-steht, auch nach rechtskräftiger Beendigung des Gerichtsverfahrens, das Urteil nachträg-lich auf seine Gesetzeskonformität überprü-fen zu lassen. Dies kann gemäß § 23 StPO mittels Nichtigkeitsbeschwerde zur Wah-rung des Gesetzes an die Generalprokuratur erfolgen.

gen nach § 27 SMG, welche sechs Monate nicht ü berschreiten, unterliegen der soge-nannten beschränkten Auskunft. Dies be-deutet, dass die Vorstrafe nur fü r Behörden ersichtlich ist, nicht jedoch in einem Leu-mundszeugnis aufscheint.

In der Praxis ist allerdings zu beobach-ten, dass insbesondere bei Mandanten, die

Beispiel: Bei einem Gesamtjahresnet-toeinkommen von 24.000 Euro (inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeld) abzü glich 850 Euro x 12 = 10.200 Euro, verbleibt ein pfändbarer Betrag von 13.800 Euro, dieser dividiert durch 360 ergibt einen Tagessatz von 38,33 Euro.

Viele Mandanten bevorzugen allerdings die bedingte Freiheitsstrafe, da diese keinen finanziellen Verlust bedeutet. Dies ist aller-dings kurzfristig gedacht, da die Gefahr des Widerrufes der bedingten Freiheitsstrafe bei einer neuerlichen Tatbegehung in der Probe-zeit besteht.

Der Oberste Gerichtshof hat sich erst un-längst zu diesem Thema ausfü hrlich geäußert und in seiner Entscheidung vom 28.1.2014 zu 14 Os182/13s (RIS-Justiz RS0090783): text: Mag. Arthur Machac

eine längere Suchtmittelkarriere und meh-rere Diversionsverfahren hinter sich haben, geringe bedingte Freiheitsstrafen verhängt werden.

Ex lege ist dies jedoch nicht richtig, da § 37 StGB lautet:

§ 37. (1) Ist fü r eine Tat keine strengere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu fü nf Jahren, sei es auch in Verbindung mit einer Geld-strafe, angedroht, so ist statt auf eine Frei-heitsstrafe von nicht mehr als sechs Mona-ten gleichwohl auf eine Geldstrafe von nicht mehr als 360 Tagessätzen zu erkennen, wenn es nicht der Verurteilung zu einer Frei-heitsstrafe bedarf, um den Täter von weite-ren strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Es wäre daher bei vielen Suchtmitteldelik-ten zuerst eine Geldstrafe statt einer Frei-heitsstrafe zu verhängen.

Was ist das Tagessatzsystem?Der Mindesttagessatz beträgt 4,00 Euro,

der Höchsttagessatz 5.000,00 Euro. Zwei Tagessätze entsprechen einem Tag Ersatz-freiheitsstrafe. Dies ist relevant, sofern die Geldstrafe nicht bezahlt wird.

Das Existenzminimum beträgt gerundet 850,00 Euro pro Monat.

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CANNA+GLOBE

Am 22. Juli urteilte das Kölner Verwaltungsge-

richt, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

bestimmten Cannabis-patienten den privaten

Eigenanbau von Cannabisblüten unter

weniger strengen Aufl agen genehmigen

muss. Bis dahin wurden diese Anbau-Anträge

abgelehnt.

Ein (fi ktives) FallbeispielEin (fi ktives) Fallbeispiel

Unter bestimmten Umständen, vor allem der Unerschwinglichkeit des Apothekenproduktes, dürfen Canna-

bispatienten in Deutschland also bald ihr Gras selber züchten (das Urteil ist noch nicht rechtskräftig).

Schauen wir uns einmal an, wie die Kos-tenfrage in Österreich aussieht und womit ein Patient, der sich Dronabinol nicht leisten kann, rechnen muss.

Von den fünf Klägern in Köln leiden zwei unter Multipler Sklerose, zwei unter chroni-schen Schmerzen und einer unter anderem unter ADHS. Laut der Bonner Behörde müss-te in einem der fünf Fälle der Kläger rund 25 Hanfpflanzen gleichzeitig anbauen, um sei-nen Monatsbedarf von 100 Gramm Canna-bisblüten zu decken. Der regelmäßige Kauf dieser Medizinalblüten sei aber unerschwing-lich, sagte der Anwalt eines Klägers. Die Kos-ten von monatlich 800,- bis 1000,- Euro übernehme die Krankenkasse nicht. Und eine

Therapie-Alternative gebe es nicht, wie die behandelnden Ärzte bescheinigten.

Was würde dieser Patient in Österreich machen?

Übernehmen wir die Zahlen aus Deutsch-land, verdient der (hier fiktive) Patient mo-natlich 1500,- Euro netto und kann sich so-mit die erforderliche Menge Dronabinol nicht leisten. Es bleibt ihm also auch in Österreich nur der Eigenanbau. Aber mit welchen Kon-sequenzen hat er damit derzeit noch (Stand Sommer 2014) zu rechnen und kann ihn eine mögliche Strafe sogar noch teurer kommen oder gar seine Freiheit kosten?

Das österreichische Suchtmittelgesetz un-terscheidet nicht zwischen dem Gebrauch als Medizin und dem Gebrauch als Genussmit-tel. Wobei es den Begriff “Genussmittel” im österreichischen Recht gar nicht gibt.

§ 27(2) SMG sagt: Wer jedoch die Straftat ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs

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Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Ta-gessätzen zu bestrafen.

Um in diesen § zu fallen, sollte derzeit die Grenzmenge von 20 g THC bzw. 40 g THCA nicht überschritten werden, jedoch soll in naher Zukunft auch eine Überschreitung möglich sein, wenn nicht gedacht war, “dass es in Verkehr gesetzt werde“. Denn selbst wenn der Patient für seine monatlichen 100gCannabisblüten zeitversetzt pflanzen würde, würden ihm die Mengen seiner fortlaufen-den Handlung addiert werden. Man kann aber davon ausgehen, dass es jeder Staats-anwalt in so einem Fall auch derzeit bei § 27(2) belassen würde.

Wird der Patient jedoch zum ersten Mal wegen Eigenanbaus belangt, erfolgt übli-cherweise der “vorläufige Rücktritt von der Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft“.

§ 35(1) SMG: “Die Staatsanwaltschaft hat unter den in den Abs. 3 bis 7 genann-ten Voraussetzungen und Bedingungen von der Verfolgung einer Straftat nach den §§ 27 Abs. 1 und 2 oder 30, die ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch oder den persönlichen Gebrauch eines anderen began-gen worden ist, ohne dass der Beschuldigte daraus einen Vorteil gezogen hat, unter Be-stimmung einer Probezeit von einem Jahr bis zu zwei Jahren vorläufig zurückzutreten.“

Wird der Patient danach zum zweiten oder dritten Mal beim Eigenanbau “erwischt” und verspricht erneut, auf Dronabinol zu wech-seln, kommt es zu einer Geldstrafe.

§ 19(2) StGB: “Der Tagessatz ist nach den persönlichen Verhältnissen und der wirt-schaftlichen Leistungsfähigkeit des Rechts-brechers zum Zeitpunkt des Urteils erster In-stanz zu bemessen. Der Tagessatz ist jedoch mindestens mit 4 Euro und höchstens mit 5 000 Euro festzusetzen.

Ein Tagessatz berechnet sich aus dem Nettomonatsgehalt minus Existenzminimum durch 30 Monatstage.

Im Fall unseres (fiktiven) Patienten also 1500,- Euro minus 850,- Eurodividiert durch 30 ergibt 21,66 Euro Tagessatz. Rechnet man mit ein paar Milderungsgründen und einer unbedingten Drittelstrafe von 120 Tagessätzen, hätte der (fiktive) Patient ca. 2600,- Euro zu bezahlen. Geht man des Weiteren von Anwaltskosten in Höhe von 2.500,- Euro aus und rechnet über drei Jahre mit 3250,- Euro Kosten für den Eigenanbau (1000,- Euro Equipment und Vaporizer so-wie jährlich 750,- Euro für Strom (400 Watt), Samen, Dünger …), so hat der (fiktive) Pati-ent inkl. Strafe mit ca. 8350,- Euro zu rech-nen.

Stellt man diesen Wert wie in Deutsch-land den Kosten für drei Jahre Dronabinol (28.800,- bis 36.000,- Euro) gegenüber, so ergibt sich eine Differenz von über 20.000,- Euro. Eine medizinische Abwägung von Dro-nabinol und echten Cannabisblüten steht uns nicht zu, aber die Kostendifferenz am Beispiel des deutschen Urteils zeigt auch für Österreich Handlungsbedarf.

Abschließend sei gesagt, dass wir nieman-den zum Gesetzesbruch auffordern, sondern lediglich den derzeitigen Unterschied zu den deutschen Genehmigungen aufzeigen woll-ten.

Es bleibt für hiesige Patienten zu hoffen, die politischen Ambitionen, den “persönli-chen Gebrauch” von Cannabisblüten straffrei zu stellen, mögen rasch im Gesetz umgesetzt werden.

text: Black Domina

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MEDIZIN

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die Landesvertretung Hessen des Verbandes der Ersatzkassen, dass THC (Dronabinol) im Rahmen der Palliativmedizin von den Ersatz-kassen erstattet wird. SAPV bedeutet spezia-lisierte ambulante Palliativversorgung.” Was bedeutet das nun? Letztlich nichts anderes, als dass Dronabinol, das als Appetitanreger und brechreizhemmendes Mittel beispiels-weise für Krebspatienten im Endstadium der Krankheit angewendet wird, von den Ersatz-kassen in Hessen übernommen wird. Dies ist zwar ein erster Schritt in die richtige Rich-tung, jedoch noch kein sonderlich großer. Erstens sollte Dronabinol auch für Patien-ten verfügbar sein, die nicht sterbenskrank sind, deren Leiden jedoch die Lebensqualität enorm einschränken. Zweitens sollten nicht nur die Ersatzkassen auf die Idee kommen, Cannabinoid-Medikamente zu bezahlen, sondern am besten alle. Und drittens ist mit Hessen lediglich ein einziges Bundesland im Gespräch, wo die Krankenkassen sich zumin-dest über die Versorgung kranker Menschen mit Cannabis-Heilmitteln Gedanken machen – auch das dürfte sich gern ausweiten. Am Ende des kurzen Artikels in den IACM-News formuliert Dr. Grotenhermen einen Wunsch, den wir alle unterzeichnen sollten: “Wir hoffen, dass dieses Modell Schule macht und dass andere Krankenkassen diesem Beispiel folgen.“

Wie die International Associati-on for Cannabinoid Medicines (IACM) in den aktuellen News be-

richtet, übernehmen hessische Ersatzkassen ab sofort die Kosten für das THC-Pharmakon Dronabinol. Allerdings nur als Arzneimit-

tel für die Palliativbehandlung (sprich: die Versorgung nicht mehr behandelbarer Er-krankungen). Der Vorsitzende Dr. Franjo Gro-tenhermen erklärte in den IACM-News: “In einem Schreiben an den Fachverband SAPV Hessen e.V. vom 4. November 2013 erklärt

Krankenkassen zahlen Dronabinol?

MEDI+GREEN

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MEDIZIN

Weltweit verschwindet

das Gras-Tabu:

Immer mehr Länder

erlauben Erwachsenen

den Gebrauch von

Cannabis und damit

geraten auch jene Eltern

in den Fokus, die

gelegentlich oder

regelmäßig Marihuana

konsumieren. Eine

wichtige Frage hierbei

ist, ob den Kindern durch

das Rauchen Schaden

zugefügt wird

beziehungsweise wie

sich die Elternrolle mit

dem therapeutischen

oder rekreativen

Hanfgebrauch

vereinbaren lässt.

Kiffende ElternGefahr oder Chance für die Kinder?

Allgemein wird gesagt, dass Gelegen-heitskiffen mit Anfang Dreißig oder mit der Gründung einer Familie aus

dem Leben eines Menschen verschwinden würde. Doch trifft das nicht auf alle zu. Wer nicht aus Rebellion oder wegen der Gesell-schaft Cannabis konsumiert, sondern weil er darin ein Mittel zur Entspannung oder eine Medizin entdeckt hat, wird wohl über die Dreißig hinaus am Konsum festhalten. Nach-folgend beschäftigen wir uns weniger mit den Eltern, die es aus medizinischen Grün-den konsumieren, sondern mit den Müttern und Vätern, die Cannabis gelegentlich zur Entspannung genießen. Auch Eltern sind nur Menschen und daher gibt es Situationen im Leben, in denen man sich sagt, dass nun ein paar Züge an einem Joint fällig sind, und diese vielleicht sogar sinnvoller sind, als ein paar Getränke zu kippen. Dahinter verbirgt sich oft nicht das selbstsüchtige Verlangen, es sich angenehm high unter Ausschluss der Umwelt in seiner eigenen kleinen Wirklich-keit bequem zu machen, sondern die positive Erwartung, den Alltagsstress abzulegen und sich eingehender mit den Kindern befassen zu können – statt Spannungen weiterzuge-ben, heitere Momente mit ihnen zu verbrin-

gen. Das Experiment ist aber nicht ungefähr-lich, daher sollte man sich ein paar Dinge vor Augen führen.

Rauchen oder Trinken

Eltern, die zu Hause Alkohol trinken, sind kulturell akzeptiert – manchmal wird Mütternmit jungen Kindern sogar geraten, die An-spannung des Tages mit ein bis zwei Gläsern Wein nach dem Zu-Bett-Bringen zu lösen. Das führt dazu, dass sich Kinder schon früh an alkoholische Getränke gewöhnen und an den Anblick trinkender Eltern. Jedoch mach-te es einen Unterschied, ob die Eltern maß-voll trinken oder sich gelegentlich vor ihren Kindern betrinken. Abgesehen davon, dass der Alkohol die Haupttriebfeder der Gewalt in der Familie ist, sollte man wissen, dass das Trinken zu Hause viele Gefahren in sich birgt. Nach einer Erhebung haben 46% der briti-schen 10- bis 14-Jährigen ihre Eltern schon betrunken gesehen und wahrscheinlich ist die Lage im übrigen Europa auch nicht vorteilhafter. Kinder, die beobachtet haben, dass ihre Eltern regelmäßig trinken, werden doppelt so oft dem Komasaufen (binge drin-king) frönen wie ihre Altersgenossen. Eine

text: Tomas Kardos

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vergleichbare Erhebung zum regelmäßig insgeheim konsumierten Cannabis steht vor-läufig nicht zur Verfügung, doch kann man sicher zu Recht annehmen, dass regelmäßi-ges Rauchen vor dem Kinde früher als nötig sein Interesse weckt, wobei das Rauchen im frühen Teenageralter besonders risikoreich ist. Ein unerhörter Vorteil im Vergleich zum Alkohol liegt darin, dass Marihuana keine aggressiven Verhaltensmuster weckt und so-mit nicht zur Ausbreitung häuslicher Gewalt beiträgt. Man bedenke, in welchem Maße diese zurückgehen würde, wenn jeder Vater, der betrunken seine Familie verprügelt, das Glas mit der Pfeife vertauschen würde. Ob es ratsam wäre, den verborgenen Problemen dieser Menschen auf den Grund zu gehen, die den familiären Alltag nur betrunken oder bekifft ertragen können, ist eine andere Fra-ge.

Grenzen und Risiken kennen

Mit mentalen Problemen in der Familienge-schichte sollte man sich ohnehin vom Can-nabis fernhalten. Wer als Elternteil dennoch ein solches Risiko eingeht, sollte wissen, dass er seine Familie stark gefährdet. Es ist nicht so sehr im kollektiven Bewusstsein präsent, dass dies auch für den Alkoholkonsum zu-trifft, der schon in einer geringen Menge zur Ausbildung einer latenten Psychose führen kann. Es spielt ebenso eine Rolle, welche Wirkung das Ganja entfaltet und was mit dem Ganjakonsum bezweckt wird. Wenn man kifft, um dann vor der Glotze hockend in Serien abzudriften, gleichmütig den Inhalt des Kühlschranks mampfend, kann es nicht schaden, daran zu denken, dass man mit die-sem Schauspiel seinem Kind keinen erbauli-chen Anblick bietet, sondern ein vollkommen ungesundes Verhaltensmuster. Außerdem ist es nicht sicher, dass man in Gefahrensitua-

tionen angemessen reagieren kann. Wenn man aber mit ein wenig Ganja offener für die Umwelt wird, leichter mit anderen in Einklang kommt und auch die Stimmung sich verbessert, dann ist es sicher kein grö-ßeres Problem, sich so vor seinem Kind zu präsentieren. Aber mit den roten Augen und dem etwas schweren Zungenschlag geht der Auftritt ohnehin bald schief und daher sollte man überlegen, ob es sich überhaupt emp-fiehlt, bekifft in Kontakt mit Familienange-hörigen zu treten.

Um nicht nur zu theoretisieren, kommen nun ‘echte’ Eltern zu Wort, die an der On-linebefragung des Guardian teilgenommen und anderen ihre eigenen Erfahrungen mit dem Dilemma Kiffen vs. Kindererziehung mitgeteilt haben.

Am rechten Ort zur rechten Zeit

“Im Allgemeinen rauche ich, nachdem sich alle schlafen gelegt haben. Das Gras gehört zu meinem Zeitvertreib in den letzten Stun-den des Tages. Vor meinen Kindern würde ich nicht rauchen, weil ich fürchte, damit das Vertrauen und die Konsequenz zu untergra-ben, die man als Vater bieten muss.” – Bud-dy 47, Los Angeles

“Mein Mann und ich rauchen nur im Frei-en, wenn die Kinder schon schlafen, und ich übertreibe es auch nicht. Wenn die Eltern vor den Augen ihrer Kinder ohne Weiteres Bier oder Wein konsumieren können, sollte das Rauchen eines Joints auch nicht anders be-urteilt werden.” – Merry, London

“Ja, ich rauche Gras. Ja, ich habe zwei wunderbare Söhne, der eine ist acht, der andere vier Jahre alt. Abends rauche ich in ihrer Anwesenheit, aber wenn es geht, gehe ich raus ins Freie oder in ein anderes Zimmer. Ich habe das Gefühl, dass das Rauchen mich nicht nur zu einem besseren Elternteil, son-dern allgemein zu einem besseren Menschen macht.” – anonym

“Wenn die anderen Bier, Wein oder Cock-tails trinken, springe ich runter in die Garage. Man muss im Sinn behalten, dass es für alles einen Ort und eine Zeit gibt. Wenn die Zeit nicht gut zum Trinken ist, dann ist sie auch nicht gut zum Rauchen. So einfach ist das.” – Rob 59, Washington

“Vor meiner Tochter rauche ich nicht. Ich ziehe mich in das Dachzimmer des Hauses zurück, in angemessenem Abstand zu ihr. Es macht mich geduldiger, weniger reizbar. Wenn ich tagsüber Cannabis rauche, dann werde ich schlaff und spiele nicht wie sonst, deshalb warte ich lieber bis zum Abend.” – Tannis, Halifax

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MEDIZIN

Ebenfalls wichtig scheint das Dilemma, “ob ich es

meinem Kind sagen soll”:

“Es hat uns noch nie rauchen sehen. Wir haben ein Zeichen, wenn einer von uns rauchen will, dann passt der andere auf oder bringt das Kind ins Bett, bevor er mit-raucht.” – Elizabeth, New York

“Mein Kind ist noch zu klein für gute Gespräche, aber ich werde es nie zum Can-nabiskonsum ermutigen, wenn die Rede darauf kommt. Ich werde ihm einfach reine Tatsachen vermitteln, wenn es erwachsen wird, genauso wie wir unsere Kinder über Alkohol, Kaffee, zu viel Dörrpflaumen oder Reinigungsmittel aufklären.” – anonym, Southampton

“Ich habe schon Kinder gesehen, die mit ihren Eltern rauchen, manchmal habe ich auch mitgeraucht. Zuerst habe ich mich un-wohl gefühlt, obwohl das ein Erlebnis ist, das die Verbindung stärkt. Mit meinen Kin-dern würde ich nicht rauchen, solange sie keine 18 sind. Ich denke, dass das Rauchen den Eltern hilft, sich besser in den Blickwin-kel der Kinder zu versetzen, was oft bei den Entscheidungen der Eltern fehlt. Wie alles andere sollte man es auch maßvoll benut-zen, und den größten Nutzen hat es viel-leicht beim Nachdenken, beim Entscheiden und der Entspannung.” – Jonathan, Bos-ton

Es macht die Eltern besser

Das hört man oft, aber mit Verallgemeine-rungen kann man auch in diesem Fall wenig anfangen. Es kommt vor, dass sich jemand als besserer Elternteil fühlt, wenn er mit den Angelegenheiten der heranwachsenden

Kinder toleranter umgeht. Andere, wenn sie strenger sind, aber trotzdem gerecht. Die Er-fahrungen der Betroffenen sind trotz ihrer Subjektivität interessant.

“Ich habe das Gefühl, dass das Gras mich zu einer besseren, ruhigeren und interakti-veren Mutter macht. Ich stelle meiner Toch-ter mehr Fragen, setze mich geduldiger mit ihr hin und bringe ihr neue Sachen bei, ich unternehme Entdeckungsspaziergänge und spiele mehr mit ihr, als wenn ich nicht ge-raucht habe. Ich sehe das so, dass es uns einander näher bringt.” – Lucy 25, Ports-mouth

“Meiner Meinung nach hilft es mir, mich auf dem Niveau meiner Tochter zu den Din-gen zu verhalten. Ich bin verspielter und verrückter, spiele mit Begeisterung, führe verrückte Tänze auf, mache Rollenspiele und wir gehen in den Wald auf Expedition. Gleichzeitig macht es ruhiger und vertreibt die ständige Zielgerichtetheit des nüchter-nen Erwachsenseins. Ich dränge nicht, len-ke nicht ständig, ich ziehe mich eher in den Hintergrund zurück und überlasse ihr die Show.” – Shawn 30, Massachusetts

“Es ist wunderbar, bekifft bei meinen Kin-dern zu sein. Ich habe zwei Kinder, eins vier, das andere acht Jahre alt. Bei dem älteren neige ich zum ‘hart’ sein, und wenn er nicht auf mich hört, rege ich mich über Kleinigkei-ten auf. Wenn ich aber etwas geraucht habe, lasse ich die Kleinigkeiten durchgehen, und als ‘taktischer’ Vater bestrafe ich nur wegen schwerwiegender Dinge. Außerdem komme ich viel leichter auf ‘ihr Niveau’, weiß ihre Vorstellungskraft mehr zu würdigen und bin in der Lage, stundenlang mit ihnen zu spie-len. Da kann ich den Alltagsstress leicht ab-legen und verwandle mich in den ‘witzigen, verrückten Papa’, statt ein bissiger Vater zu

sein, der sich nach der Arbeit nach Einsam-keit und Ruhe sehnt.” – Dan, Lemington

“Ich bedauere, dass ich nicht mehr ge-raucht habe, als meine Tochter noch klein war. Natürlich nicht Tag für Tag, aber we-nigstens am Wochenende. Wenn ich nämlich high bin, kann ich viel besser darauf achten, was sie mir sagt, und gehe viel mehr im Spiel auf, wenn wir zusammen spielen. Das Ma-rihuana ist für mich die Droge des ‘totalen Interesses’, die in das ‘Hier und Jetzt’ ver-setzt. Prinzipiell bin ich eine ruhige Person, aber im Menschen gibt es immer eine Art Ungeduld und die Sorge um sich selbst. Üb-rigens habe ich jetzt aufgehört zu rauchen.” – Paul, Schottland

“Ich habe chronische Angstzustände und das Marihuanarauchen hilft sehr dabei, sie unter Kontrolle zu halten. So kann ich eine witzige, lockere Mutter sein. Mein Sohn mag das und wir lachen den ganzen Tag zusam-men.” – Matahina 27, England

“Kein Mensch ist besorgt, wenn im Bei-sein der Kinder Alkohol getrunken wird, ob-wohl das eine viel gefährlichere und schädli-chere Droge ist. Ich war immer der Meinung, dass das Marihuana zu einem besseren El-ternteil macht. Es hilft, meine bedrücken-den, überflüssigen Frustrationen und Sorgen über meinen Tagesumsatz und darüber, was der Staat tut, in dem ich lebe, abzulegen. Es hilft mir dabei, bei meinen Kindern ich selbst zu sein und auf ihrem Level mit ih-nen in Verbindung zu treten. Mein Sohn ist inzwischen erwachsen und das gemeinsame Rauchen von ein bisschen Gras wird immer Teil unserer Beziehung sein.” – Frank, North Carolina

Quelle: The Guardian – Pot-smoking pa-rents explain the rules of getting high at home around the kids

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MEDIZIN

Wer denkt, der Erfolg der Vaporizer liege im Marketing und im hohen Budget,

welches große Firmen wie Storz & Bickel, Oglesby & Butler, Arizer & Co. jährlich in

die Werbung ihrer Produkte stecken, liegt an dieser Stelle defi nitiv falsch.

Warum tragbare Vaporizer immer beliebter werden

Das Vaporisieren bzw. das flüchtig ma-chen von Aromen und Wirkstoffen, um mittels Aromatherapie vom Körper

aufgenommen werden zu können, geht weit in die Geschichte zurück, um genau zu sein, sogar bis ins 5. Jahrhundert v.Chr.

Schon in dieser Zeit wurden Samen und Kräuter verwendet und auf glühenden Stei-nen ausgebreitet, sodass sich ein wohlrie-chender Dampf, ohne Kontaminierung mit Rauch, ausbreiten und erfolgreich zur Be-handlung von Krankheiten und zum spiritu-ellen Einsatz während der Zeremonien ein-gesetzt werden konnte.

Dieses Prinzip machten sich über die Jahrzehnte auch die indischen “Ingenieu-re der Vorzeit” zunutze und entwarfen den Großvater der heutigen Hookah, der damals noch weniger an eine Wasserpfeife erinnerte, sondern lediglich aus Kokosnussschalen und Blättern bestand.

Wie aus der Hookah ein Vaporizer wurde

Bis zu der Form eines Vaporizers, wie wir ihn heute kennen, war es noch ein langer Weg. Erst ab 1970 war die Technik so weit fort-geschritten, dass erste Produkte entworfen wurden, die auf dem Markt verkauft werden konnten.

So wurde der damalige “THE TILT” Ver-dampfer entworfen, der damit warb, auf Grund der nicht einsetzenden Verbrennung von Tabak bis zu 96 % (!!!) weniger Teer abzugeben als beim klassischen Rauchen.

Der eigentliche Vaporizer war geboren

Auch wenn sich der TILT auf Grund des da-mals relativ hohen Preises und des anfängli-chen Misstrauens seiner Anwender nicht lan-ge auf dem Markt halten konnte, erkannten in den folgenden Jahren dennoch viele Be-

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nutzer die mittel- und langfristigen Vorzüge dieser alternativen Art der Wirkstoffinhalati-on. Viele Firmen machten sich, parallel zur immer größer werdenden Nachfrage nach Tischverdampfern, an die Entwicklung von Vaporizern für unterwegs.

Die Mobilmachung

Genügend Ideen waren vorhanden, die Skiz-zenbücher waren voll, doch die damalige Akku- und Batterietechnik war noch nicht wirklich weit fortgeschritten – eine verwend-bare, tragbare Stromquelle brauchte noch extrem viel Platz und war nicht wirklich leis-tungsfähig. (Man rufe sich die ersten Mo-biltelefone in Erinnerung, die mehr an ein Funkgerät der Army erinnerten als an ein Handy für den privaten Anwender).

Und dann machte die Technik einen richtig großen

Schritt nach vorneAls im Jahre 2006 die Forschung endlich so weit fortgeschritten war, kleine, leistungsfä-hige und wiederaufladbare Akkus herzustel-len, stand dem tragbaren Vaporizer, wie wir ihn heute kennen, nichts mehr im Wege.

Parallel zum Erscheinen immer interes-santerer Modelle und Konzepte wuchs auch die Euphorie, die Nachfrage und die Akzep-tanz von Vaporizern. Was wir täglich miter-leben, ist nicht weniger als ein grundlegen-der Wandel in unserer Kultur. Zugunsten der Verbraucher gibt es stetig Fortschritte in die-ser Technologie; völlig neue Lösungen wer-den geschaffen, um der Nachfrage in Sachen Mobilität und Effizienz gerecht zu werden. Innovative Unternehmen wie Discreet Vape oder Arizer haben die Gelegenheit genutzt, das Konzept der mobilen Vaporisierung einer stilvollen Verjüngungskur zu unterziehen,

und dadurch auch begonnen, das öffentliche Interesse an der gesamten Branche zu stei-gern. So ist es kein Wunder, dass mittlerweile sogar die New York Times über diese Geräte berichtet und sich immer mehr Prominente mit ihren kleinen “Begleitern” im Rampen-licht zeigen.

Informiere Dich in der kommenden Aus-gabe im dritten und letzten Bericht aus der “Vaporizer Info – Reihe” über detaillierte und wissenschaftlich belegte Vorteile des Vaporisierens in Hinsicht auf Deine Gesund-heit und finde heraus, warum dieses Thema gerade heute immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Außerdem hast Du die Chance, einen Va-porizer zu gewinnen!

Der Ascent Vaporizer (http://www.vapstore.de/DaVinci-Ascent bzw. erhältlich auf Vapstore.de), ca. 229 Euro, von DaVinci (USA) zählt zu den hochwertigsten mobilen Vaporizern auf dem aktuellen Markt (Stand: August 2014).

Absolut gesellschaftsfähig im Design, steckt in diesem Gerät modernste Digitaltechnik zur Temperaturregelung sowie ein Dampfpfad, der vollständig aus hochwertigem Laborglas besteht. Weitere Features wie ein Bewegungsmelder mit Abschaltautomatik und eine Füllkammer aus Keramik runden das Profi l des “perfekten Tragbaren” ab.

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CANNA+GLOBE

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Das genetische

Material der Pfl anzen –

wie auch das der übrigen

Lebewesen – verändert

sich von Generation zu

Generation. Es können

winzige Veränderungen

sein, aber auch größere,

etwa Ortsveränderun-

gen, Auslöschung oder

Verdopplung großer

Genabschnitte. Diese

Veränderbarkeit bietet

Möglichkeiten, welche

die natürliche oder die

menschliche Selektion

ausnutzt. Denn dadurch

entstanden die

Charakteristika der als

nützlich betrachteten

Kulturpfl anzen, die von

den Agronomen im

Verlauf der Veredlung als

vorteilhaft betrachtet,

ausgewählt und

verbreitet wurden.

Veränderte NaturLandwirtschaft im Dienste

des Menschen

text: Theodor Eisenschwert

Eine bedeutende Entdeckung von For-schern, die sich mit Pflanzenkrankhei-ten befassten, war die Erkenntnis, dass

für die gewaltigen Rindenwucherungen an Weiden und für die tumorartigen Gebilde bei Weinreben der DNS-Abschnitt eines im Boden vorkommenden Bakteriums (Agro-bakterium) verantwortlich ist. Ein DNS-Ab-schnitt davon ist in der Lage – indem es eine abnorme Zellteilung generiert – sich in den genetischen Stamm der Wirtspflanze ein-zubauen. Zusätzlich kann zwischen diesen Plasmidabschnitten eine qualifizierende DNS mit beliebigen Eigenschaften eingebaut wer-den. Dieser Erkenntnis – und einigen Groß-unternehmen – ist es zu verdanken, dass die “Pflanzenveredelung” eine neue Richtung eingeschlagen hat.

Die rekombinante DNA-Technologie

... baut solche Bakteriengene in Pflanzen ein, die eine schädlingsbekämpfende Wir-kung haben oder eine Resistenz gegen ein

Schädlingsbekämpfungsmittel auslösen. Die eingebauten Fremdgene nennt man Trans-gene und die so geschaffenen Pflanzen – die in der Natur gewöhnlich nicht entstehen – transgenetische Pflanzen, kurz GMO (Gene-tically Modified Organisms).

Das erste GM-Gewächs brachten (1983–84) parallel eine amerikanische und eine eu-ropäische Forschergruppe zustande, als sie einer Tabakpflanze ein Antibiotikum-Gen aus einem Bakterium einbauten. Vom Erfolg ermutigt, berichteten die Forscher 1986 von der Produktion von viren- und insektenresis-tenten GM-Pflanzen der wichtigsten Kultur-pflanzen (Mais, Soja, Kartoffel, Baumwolle und Raps).

Kaum zehn Jahre später begann der ge-werbliche Anbau auf 1,6 Millionen Hektar. Die Fläche beträgt heute viel mehr als 150 Millionen Hektar weltweit – und wächst jährlich um 7 Prozent. Bedeutende Produ-zenten sind die USA, Argentinien, Brasilien und Kanada, im großen Maße verbreite-te sich die GM-Baumwollproduktion auch in Indien, China und Südafrika. Die Hälfte

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der GM-Pflanzen-produzierenden Länder ist wirtschaftlich entwickelt, trotzdem sind 90% der Landwirte arme Kleinproduzenten in Entwicklungsländern.

In Europa sind GM-Pflanzen auf 0,7 Pro-mille der Anbaufläche zu finden, und das zum größten Teil in Spanien, das auf dem Lebensmittelmarkt permanent an Ansehen verliert. Um eine europäische Anbauerlaub-nis für GM-Pflanzen zu erlangen, wird eine Umweltwirkungsstudie benötigt. Deren Er-stellung bedeutet für die Sorteneigner im Moment das größte Hindernis. Gegenwärtig verfügen nur zwei GM-Pflanzen über eine Genehmigung der EU: erstens der gegen den Maiszünsler resistente Mon810-Mais von Monsanto (USA), für den Österreich erstmals ein Aussaatverbot verhängte, dem sich seit-dem weitere zehn europäische Länder an-

schlossen; zweitens Amflora, die Industrie-kartoffel von BASF mit hohem Stärkegehalt. Im Zusammenhang mit den Anbaugenehmi-gungen liegen mehrere europäische Länder mit der EU im Rechtsstreit. Einige Länder nahmen sogar die GMO-freie Landwirtschaft in ihre Verfassung auf!

Trotzdem importieren fast alle europä-ischen Länder GM-Soja zu Futterzwecken aus Südamerika. Das Futter ist kennzeich-nungspflichtig, wenn das GM-Soja 0,9% überschreitet. Jedoch besteht nach den Re-gelungen der EU keine Verpflichtung, auf den Milch-, Eier- und Fleischprodukten aus-zuzeichnen, dass den Tieren genveränderter Mais gefüttert wurde. Dieser juristische Miss-stand ist die Ursache dafür, dass entgegen aller politischer und gesellschaftlicher Ableh-nung die Menge des in die EU strömenden

genmanipulierten Sojas und Mais wächst. Beziehungsweise, dass die Anbaufläche für genbehandelte Pflanzen weltweit steigt. Das Futter eines typischen europäischen Tieres besteht nämlich zu 30% aus genveränderter Pflanzennahrung. Das bedeutet, dass jährlich 20 Millionen Tonnen genmanipulierten Ma-terials in die Lebensmittelketten gelangt.

Viele Menschen vertreten die Meinung, den GM-Pflanzen könnte eine Schlüsselstel-lung im Kampf gegen den weltweiten Hun-ger zukommen. Wenn man aber weiß, dass die GM-Sorten sich im Besitz internationaler Großkonzerne befinden, ist es weniger wahr-scheinlich, dass sie die Lösung des Hunger-problems herbeiführen werden. Die in ihnen enthaltenen veränderten DNS-Abschnitte ste-hen als geistiges Eigentum unter dem Schutz des Urheberrechts. Die Landwirte müssen für

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den Anbau von GM-Pflanzen jedes Jahr neue Lizenzverträge mit den Saatgutherstellern schließen, in denen die Firma ausschließt, dass Teile der Ernte gelagert werden, dass die Pflanzen vermehrt oder weitergegeben werden. Wegen (angeblicher) Vertragsbrüche wurden zahllose Prozesse angestrengt und von den Firmen gewonnen, die heutzuta-ge annähernd 67% des Saatgutmarktes der Welt beherrschen. Auf der Top-10-Liste ste-hen überwiegend amerikanische, europäische und japanische Firmen. Unter diesen verdient Monsanto besondere Aufmerksamkeit: 23% des Saatguthandels der Welt konzentriert sich in ihren Händen. Ein solcher Anteil stellt für sich genommen schon eine große Gefahr dar, kann aber in Verbindung mit der Pro-duktion von GM-Pflanzen Grund zu weiterer Besorgnis geben. Mit ihren Aktivitäten kann fast überall der Anbau solcher Pflanzen und die Produktion von Grundstoffen ermöglicht werden, die für die Wirtschaft zahlreicher Entwicklungsländer die Haupt- oder einzige Exporteinnahmequelle bedeutet (z. B. Palm-öl, Kakaobutter usw.).

Codierter Schutz

Der Bacillus thuringiensis, ein Bakterium, das im Boden vorkommt, produziert ein kristalli-nes Eiweiß (Bt-Toxin), das für bestimmte In-sektengruppen giftig ist. Wird dieses Gen in den Mais eingebaut, produziert er selbst die-ses Insektizid. Der Unterschied zwischen dem traditionellen Spritzen und diesem Verfahren besteht darin, dass das gespritzte Mittel bei-spielsweise vom Regen abgewaschen werden kann, beim GM-Mais die Giftproduktion in

den Genen codiert ist und es ständig pro-duziert wird. Der Prozess ist auch dann un-aufhaltsam, wenn sich eventuell schädliche Wirkungen herausstellen. Das Bt-Toxin tritt im Futtermittel auf und auch im Fleisch, das für den menschlichen Verzehr gedacht ist. Mehr als 80% des Maisanbau der Verei-nigten Staaten enthält Gentechnologie von Monsanto. Daher konsumiert dort jeder mit Lebensmitteln, die auch Maisstärkesirup ent-halten, oder jeder, der Rindfleisch kauft, mit großer Wahrscheinlichkeit GMO.

Im heutigen biotechnischen Anbau sind noch häufiger als Bt-Pflanzen die soge-nannten RR-Pflanzen (Roundup Ready), die Unkrautbekämpfungsmittel abbauen können, vertreten. Ihre Existenz ist einer zufälligen Entdeckung zu verdanken. Man entdeckte, dass im Abwasserspeicher des Total-RR-Herbizidherstellers Monsanto be-stimmte Bakterien am Leben blieben, also in der Lage waren, mit chemischer Umwand-lung das RR-Herbizid wirkungslos zu ma-chen. Die Forscher identifizierten das mit

CANNA+GLOBE

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dieser Eigenschaft codierte Gen, das sie RR-Gen nannten, und seitdem bei zahlreichen Arten (hauptsächlich bei Soja) verwenden. So können wir mit dem Total-Herbizid auf einer Plantage alles Leben vernichten, und nur das resistent gemachte Soja überlebt das Spritzen. Mit der herbizidresistenten Fähigkeit der RR-Pflanzen und der intensi-ven Landwirtschaft in Monokulturen könnte eine Überchemisierung der Böden ausgelöst werden, welche die Lebewesen im Boden schädigt und auch das Grundwasser. Die Re-

sistenz der Schädlinge und Unkräuter ent-wickelt sich mit der Zeit, was einen ständig sich erhöhenden Verbrauch von Pflanzen-schutzmitteln notwendig macht.

Die britische Regierung wendet jährlich 10 Millionen Euro dafür auf, zu ergründen, welche Wirkung der Anbau von herbizidre-sistenten GM-Sorten für die Lebewesen der Umgebung hat. (Im Normalfall wären diese Tests die Aufgabe der Hersteller oder der Zu-lassungsbehörden.) Im Verlauf der Untersu-chungen bemerkte man, dass die Artenviel-falt in der Umgebung von GM-Pflanzen um 34–44 % zurückging.

Die Risiken der GMO für die Umwelt, die Ökologie und die Gesellschaft kennen wir noch nicht genau. Zum Beispiel ist es schwer zu prophezeien, ob die Verbreitung der Transgene in den natürlichen Nutz-pflanzenbestand beziehungsweise auf die wilden Verwandten zu verhindern ist. Mög-licherweise “selektiert” die Natur sie und dämmt damit ihre Verbreitung ein. Aber es kann auch vorkommen, dass, mit anderen Pflanzen gekreuzt, die Ursorten verdrängt werden, und sich damit die Biodiversität verringert.

Selbst wenn die empfohlenen Schutzab-stände zwischen den Anbauflächen im Falle des vom Wind bestäubten Mais “wirklich” einen Damm gegen die Kreuzbestäubung darstellen sollten, lässt diese sich bei der Bestäubung durch Bienen nicht verhindern. Infolgedessen kann man heute keinen ga-rantiert GM-freien Mais mehr bekommen. (Der Patentschutz für Roundup-Ready-Soja läuft dieses Jahr aus, was für Monsanto ei-nen jährlichen Ausfall von 500 Millionen Dollar bedeutet.)

Ungarn ist der zweitgrößte Hersteller von Maissaatgut, wovon es 3/4 im Ausland ab-setzt. Doch das in den letzten Jahren ent-deckte verunreinigte Saatgut hat dem guten Namen des ungarischen Samenmarktes ge-schadet. Von den Schäden für die Landwir-te und den Staat ganz zu schweigen. Und überhaupt, warum führt ein Unternehmen Maissaatgut aus dem Ausland in das Land des zweitgrößten Produzenten ein?

Nach Ansicht unabhängiger Wissen-schaftler müsste man die in den Geschäften erhältlichen Lebensmittel, die GM-Pflanzen enthalten, aus dem Verkehr ziehen und gründlichen lebensmitteltechnischen Un-tersuchungen unterziehen. Viele behaupten indessen, sie seien vom wissenschaftlichen Standpunkt aus bisher für eine zu kurze Zeit eingesetzt worden, um potenzielle Gefahren gezeitigt zu haben und um Langzeitwir-kungen aufzuzeigen. Denn Ernährungspro-bleme entwickeln sich im Laufe vieler Jahr-zehnte und ebenso lange dauert es auch, die Zusammenhänge von Ursache und Wirkung zu erkennen.

Wird fortgesetzt.

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Sweet Skunk F1 Schnellversion ist eine der neuesten Sorten aus der Samenbank der spanischen Firma

Sweet Seeds. Sie ist eine Kreuzung aus-gewählter Vertreter der Gattungen Sweet Skunk Auto und Early Skunk, die rasant Blüten treibt und munter wächst. Das F1-Hybrid ist das Ergebnis einer Kreuzung aus automatischem und nicht-automatischem Skunk-Genmaterial und als solches nicht-automatisch, aber seine Gene bewirken eine sehr schnelle Blüte, die selbst den er-fahrensten Züchter entzückt.

Die Pflanzen fühlen sich sowohl im Frei-land als auch im Treibhaus wohl. Sie sind sehr homogen und wachsen in zwei, drei Wochen auf 30 Zentimeter heran, bei ei-nem Lichtverhältnis von 18/6. Sweet Skunk F1 Schnellversion ist eine wunderbare Wahl für SOG-Züchter, denn die Pflanzen bilden

Sweet Skunk F1 Schnellversioneinen starken Stiel aus, der mit Leichtigkeit die schweren zentralen Blütenstände trägt. Die Seitenzweige sind nicht zu lang, aber stark genug, um die ansehnliche Menge von Blüten zu tragen. Die Abstände zwischen den Blüten sind ziemlich klein, daher hängen viele Blüten auf wenig Raum und bilden zusam-men eine große Knospe.

Neben dem rasanten Wuchs begeistert die Züchter an dieser Pflanze die Ausbildung von dichten, steinharten und schweren Blüten-ständen. Die Gerüche sind ebenfalls erhaben, extrem süß und würzig, das klassische Skun-karoma. Es gibt reichlich dichte Blütenstände, die aromatisches Harz absondern. Der süßli-che Geschmack nach Skunk bleibt nach dem Rauchen oder Vaporisieren noch eine halbe Stunde im Mund.

Sweet Skunk F1 Schnellversion ist im Allgemeinen nach sieben Wochen bei ei-

ner Lichtperiode von 12/12 erntereif, einige Phänotypen aber schon früher. Die Wahl von Mutterpflanzen des schnellen Typs kann eine gute Lösung für alle Züchter sein, die bedau-ern, dass die selbstblühenden Pflanzen nicht geklont werden können. Eine gute Mutter-pflanze von Sweet Skunk F1 Schnellversi-on, ausgewählt wegen ihrer Produktivität und des schnellen Reifens, bietet Klone, die schneller reifen als die selbstblühenden Sor-ten.

Für die Produktivität der F1 Schnellversion sind nicht nur die Zuchtumstände entschei-dend, sie hängt auch von der Vegetationszeit ab, deren Länge für die Zucht entscheidend ist. Im Treibhaus kann man auf einem Qua-dratmeter unter den entsprechenden Um-ständen – in einer Umgebung frei von Giften und Verunreinigungen – mit einer Ernte von 400–500 Gramm rechnen. Im Freiland bei viel Sonnenschein und entsprechender Erde kann man 350–600 Gramm erwarten und viele süße, skunkige Blüten.

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THC-Hammer mit ÜberraschungsfaktorTHC-Hammer mit Überraschungsfaktor

MotavationMotavation

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Mit der Übernahme von Magus Ge-netics hielt auch die 70/30 Indica/Sativa-Sorte Motavation Einzug in

das erlesene Sortiment von Serious Seeds. Die Entwicklung dieses Strains durch Magus-Züchter Gerrit datiert ungefähr zehn Jahre zurück, und sie verlief auf ungewöhnliche Weise. Am Anfang stand ein von Gerrit ent-wickelter Vorläufer namens “Starwarz“. Einst berichtete er: “Starwarz war eine Pflanze, die aus der Kreuzung des besten Sensi Star-Klons des bekannten Coffeeshops Bluebird und meiner besten männlichen Warlock entstand. Später begann ich, von dem Blue-bird-Klon sowie einigen Samen, die ich vom Grower Mosca Negra erhalten hatte, eigene Sensi Star-Linien zu ziehen. Ich führte eine Reihe von Testkreuzungen mit den daraus resultierenden Pflanzen und der gleichen männlichen Warlock durch, die ich für die Kreation von Starwarz verwendet hatte. Es gab gewisse Unterschiede zwischen den verschiedenen Linien, die aus diesen Expe-rimenten entstanden, aber ich mochte ir-gendwie alle Pflanzen und brachte es nicht fertig, den entstandenen Samenüberschuss zu vernichten. Stattdessen verschenkte ich diese Experimental-Seeds, einige in Form des “Bargain Mix“, zusammen mit anderen Samen, einige aber auch separat, unter der Bezeichnung “SS F2 x WL“. Einige dieser Seeds gingen an einen österreichischen Gro-wer und Medizinalhanfpatienten, der einige Monate später mitteilte, dass die Ergebnisse superb gewesen seien, er die Sorte “Medizin Power” genannt habe und sie auch bei an-deren Medizinalhanfpatienten sehr populär geworden sei. Für einen Bericht im Heads Magazine verwendete ich dann diese deut-sche Bezeichnung als vorübergehenden Sor-tennamen.” In anderen Publikationen aber bezeichnete Gerrit die später “Motavation” getaufte Sorte dann als “London Memories“. Wie kam es dazu? Gerrit: “Im Oktober 2004 wurde in England in der Wembley Confe-rence Hall die erste London Hemp Fair abge-halten. Ich hatte zu der Zeit die Auswertung erster Testkreuzungen zwischen Sensi Star und Warlock abgeschlossen und etwas mehr als 1.000 Samen von der besten Linie übrig. Weil das aber nicht genug war, um mit der, entschied ich stattdessen, sie auf der Lon-doner Messe als “Freebies” zu verschenken. Zu dieser Zeit hatte ich den (bereits ausge-wählten) Sortennamen “Motavation” noch nicht registrieren lassen, sodass ich fand, dass “London Memories” ein weiterer netter Übergangsname sein würde. Auf diese Weise konnte ich in Ruhe den Namen “Motavati-on” rechtlich schützen lassen und in der Zwi-schenzeit neue Samen produzieren und die Sorte perfektionieren. Fast unmittelbar nach ihrem offiziellen Markteintritt im Jahre 2005 errang Motavation bereits einen bemerkens-werten Sieg, als sie die Indica-Wertung des

International Cannagraphic Cup 2005 ge-wann – und das mit Blind-Testing durch eine bunte Schar aller möglichen interna-tionalen Grower und Smoker! Zwei weitere Cup-Auszeichnungen sollten im Laufe der Jahre folgen, zuletzt 2013 der Sieg in der Indica-Kategorie des renommierten Expog-row-Cups in Spanien.

Motavation wird als eher flach wachsende, kompakte Pflanze beschrieben, der man eine etwas längere Wachstumszeit als gewöhn-lich geben sollte, Serious Seeds empfiehlt für Sämlinge fünf bis sechs Wochen. Ihre Blüte-zeit liegt bei 50–60 Tagen, am Ende ist ein Ertrag von 300–500 g/m2 zu erwarten. Unter natürlichem Licht gelangt Motavation Ende Oktober zur Reife. Sie zeichnet sich durch dichte, große Buds, einen reichen Harzge-halt sowie ein sehr besonderes, intensives süßes Aroma aus, das in seinen Untertönen geruchlich an frische Farbe oder Terpen-tin erinnert. Die Wirkung besteht in einem überwältigend starken Indica-Körpereffekt;

auf geistiger Ebene jedoch soll Motavation trotz aller Stonedheit einen Kreativschub be-wirken. “Allerdings muss die Ausführung der vielen Ideen, die man dann hat, warten, bis die Wirkung verklungen ist“, merkt Serious Seeds augenzwinkernd an. Motavation ist auch medizinisch wertvoll, z. B. als schmerz-linderndes oder einfach Tiefenentspannung bringendes Mittel.

Mr. Power-Planter braucht genau solch eine Sorte, um von seinem anstrengenden Tagewerk abschalten zu können und auf an-dere Gedanken zu kommen. Also beschloss er, Motavation einem Test-Grow zu unter-ziehen. Die vegetative Vorzucht übernahm dieses Mal aufgrund von Platznot allerdings sein Kumpel Ellis D., der in einem beheiz-ten Mini-Gewächshaus fünf feminisierte Motavation-Samen zur Keimung brachte. Sie kamen zeitig nach ungefähr drei Tagen aus ihren Jiffy-Pots hervor und wuchsen in den ersten zwei Wochen dicht platziert unter zwei 36 Watt starken fluoreszierenden Cool

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White-Röhren (nach einigen Tagen hatte Ellis D. die Jungpflanzen in 7,5-Liter-Töpfe mit PlagronGrow-Mix gesetzt). Dies führte zu einem sehr kompakten Anfangswachs-tum, schon bald zeigten sich die Ansätze der ersten Seitentriebe. Nach zwei Wochen kamen die fünf Motas dann unter eine 250-Watt-HPS-Lampe und gediehen präch-tig und sehr homogen, wurden buschig, sattgrün und waren sehr hübsch anzuschau-en. Als Ellis D. sie nach drei Wochen in die Obhut Mr. Power-Planters übergab, waren sie um die 30cm hoch. In Mr. Power-Planters Quartier erfreuten sich die fünf Motas dann einer Quadratmeter-Beleuchtungsstärke von 600-Watt-HPS, was zusammen mit der Tat-sache, dass sie ein weiteres Mal umgepflanzt worden waren (in 18-Liter-Töpfe), noch ein-mal einen Wachstumskick ergab. Nach einer Woche, insgesamt also vier Wochen Wachs-tum, leitete Mr. Power-Planter die Blüte ein, bei Höhen von 45–50 cm. Aufgrund des für die Blüte zu erwartenden lediglich modera-ten Streckungseffekts hätten die Pflanzen sicherlich noch mehr vegetative Höhe vertra-gen können, aber Mr. Power-Planter muss-te im vegetativen Raum schon die nächste Pflanzengeneration aufstellen.

Im Verlauf der Blüte streckten sich die schon vorher nicht kurzen Seitentriebe noch einmal gut und bildeten um den starken Leittrieb und seine Top-Cola herum einen dichten, ausladenden Teppich voller fet-

ter Blütenköpfe. Überraschenderweise legte die Indica-dominante Sorte Motavation bei der Blütestruktur einen deutlichen Sativa-Einschlag an den Tag: Alle Buds wiesen ein hohes Blüten/Blätter-Verhältnis auf, mit unzähligen eng gepackten kleinen Blüten-kelchen, und eine der fünf Plants zeitigte darüber hinaus auch eine längliche, oben spitz zulaufende Bud-Form (dieses Exem-plar setzte sich auch höhenmäßig etwas von den anderen vier ab). Gleichzeitig besaßen alle Blütenstände die Dichte und Härte einer Indica. Auch das Aroma, das sie verströmten, war identisch: Es gab geruchlich tatsächlich jenen “frischen Anstrich“, einen Anflug von frischer Farbe, der in diesem Fall aber völlig unbedenklich in tiefen Zügen einzuatmen war, weil 100% biologisch! Mr. Power-Planters Nase sagte dieses im Verlaufe der Blüte immer schwerer werdende Aroma sehr zu, und das Gleiche galt für den stattlichen Harzgehalt: Viele Blütenblätter waren von Anfang bis Ende mit Harzdrüsen besetzt, so-dass Mr. Power-Planter schon freudig an die Zubereitung von feinstem Hasch per Wasser-extraktion dachte.

Am Ende der Kultur hatten sich die Pflan-zen bei 68–87 cm eingependelt, wobei die Höhe in Orgelpfeifen-Manier mit jeder ein-zelnen Pflanze leicht abnahm. Die leichten Höhenunterschiede bewegten sich also in einem Bereich, den man insgesamt noch als homogene Performance bezeichnen konnte.

Zumal alle fünf Motavation-Plants mit einer wahren Parade an blütenmäßig hervorragend bestückten langen Seitenzweigen beein-druckten, die oben von voluminösen dichten Head-Buds gekrönt waren, die es teilweise fast mit der jeweiligen Top-Cola des Haupt-triebs aufnehmen konnten. Und auch die Blütenreifung verlief schön einheitlich: Nach 54–57 Tagen konnte Mr. Power-Planter alle fünf Pflanzen ernten, pünktlich innerhalb des angegebenen Erntezeitfensters.

Nach der Trocknung der Buds ergab sich ein ausgezeichnetes Erntegewicht von insge-samt 385g, durchschnittlich also knapp 80g pro Pflanze. Und bei längerer Wachstums-phase hätte Mr. Power-Planter mit Motava-tion sicherlich die 100g-Marke knacken kön-nen. So wie es eine Überraschung gewesen war, dass die Mota-Blüten einen deutlichen Sativa-Einschlag gezeigt hatten, kam es beim Testrauchen der Buds ebenso überraschend, dass diese durch die Bank einen verdammt heftigen Indica-Stone lieferten, der sich schon nach wenigen Zügen wie Blei über Mr. Power-Planters Körper legte und auch seinen Kopf zunächst stark benommen in wattige Wolken hüllte. Denn angesichts jener gewis-sen Sativa-Attribute der Buds hatte er damit gerechnet, dass die Mota-Wirkungsweise et-was von der Beschreibung abweichen könn-te, dass auch im High mehr Sativa-Anteil spürbar gewesen wäre. Allerdings fiel Mota-vations Sativa-Genetik bei der Wirkung nicht ganz unter den Tisch, sondern machte sich ganz genauso bemerkbar wie von Serious beschrieben: Durch eine muntere, kreative Gedankenwelt, die sich nach einer kleinen Weile in Mr. Power-Planters Kopf auftat und ihm unter anderem die Lösung für ein bestimmtes technisches Problem in seinem Grow-Raum eingab. Er fühlte sich also zwar mächtig stoned und tiefenentspannt, gleich-zeitig aber geistig auch sehr beweglich und leicht euphorisiert. Diese Wirkung hielt an-nähernd zwei Stunden an. Geschmacklich erwiesen sich die Mota-Buds als ebenso aro-matisch und würzig, wie es ihr auch nach der Trocknung noch an frische Farbe erin-nerndes Aroma verheißen hatte. Wobei diese Assoziation beim Flavour dann selbstver-ständlich nicht mehr aufkam, sondern einer komplexen süßen Würzigkeit wich, die eine lange Verweilzeit im Mund hatte.

“Eine unkompliziert zu growende, mäch-tig potente und ertragreiche Sorte mit be-sonderem Duft und ungewöhnlicher Wir-kungsweise“, befand Mr. Power-Planter und fügte hinzu: “Ein Segen, dass diese Sorte nach Gerrits Demission durch Serious Seeds erhalten worden ist!“

VOLLBLUT

text & photos: G.B.I.

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Französische GanjasuppeFranzösische Ganjasuppe

Die Zwiebel ist eines der wichtigsten Würzmittel für Speisen. Ihren Wert machen nicht die in ihr enthaltenen

fast 1.000 Kohlenhydrate, die 300 verschie-denen Eiweißarten und die unglaubliche Menge Vitamin C aus – die natürlich nicht nebensächlich sind – sondern ihre ausge-zeichneten Würzeigenschaften. Ihren charak-teristischen scharfen Geschmack verdankt sie der schwefelhaltigen Aminosäure Isoalliin.

Schon seit zweitausend Jahren wird die aus Asien stammende Zwiebel in Indien als Heilpflanze zur Behandlung von Herz- und Gefäßkrankheiten und rheumatischen Schmerzen verwendet. Wahrscheinlich wur-de sie im Iran “domestiziert” und gelangte von dort nach Ägypten und auf den üblichen Wegen auch nach Europa. Später wählten die Franzosen sie zur Grundlage eines ihrer Nationalgerichte.

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Zutaten für 4 Personen

5 rote Zwiebeln

1 Stange Lauch

5 Knoblauchzehen

100 g Butter

Olivenöl

1 gehäufter Esslöffel Mehl

1 Brühwürfel

1 Liter Wasser

200 ml saure Sahne

300 g (geräucherter)

Reibekäse

Salz

Muskatnuss

8 Scheiben (Toast-)Brot

20 g gerebeltes Cannabis

Zubereitung

Wozu das Cannabis, fragt man sich, wenn wir doch die Zwiebeln in reiner Cannabut-ter anbraten könnten. Die Antwort ist ein-fach: Gerebeltes Cannabis ist zu bevorzugen, weil sein Geschmack sich besser mit dem der Zwiebel verbindet und weitere Fettzugabe das schnelle Einziehen fördert.

Den Brühwürfel in kochendem Wasser auf kleiner Flamme 3–4 Minuten auflösen.

text: Theodor Eisenschwert

In der Zwischenzeit schneiden wir die Zwie-beln klein. Die Butter lassen wir in einem dickwandigen Kochtopf schmelzen und dünsten die Zwiebeln unter Beigabe von Salz glasig. Wir beginnen mit den roten Zwiebeln und etwa nach der Hälfte der Zeit geben wir den Lauch hinzu, und wenn er fast gar ist, das gerebelte Cannabis und den Knoblauch.

Weiter rösten, bis die Zwiebeln fast braun sind. Dann nehmen wir den Topf vom Feuer, bestreuen den Inhalt mit Mehl, gut verrüh-ren. Dann einen Deckel auf den Topf geben und bei kleiner Hitze etwa fünf Minuten kö-cheln lassen. Die Suppenbrühe zugeben und auf kleiner Flamme 5–10 Minuten köcheln lassen. Unter Rühren geben wir die saure Sahne und 40% des geriebenen Käses zu. Von der Sahne und dem Käse kühlt die Sup-pe etwas ab und wir erwärmen sie auf klei-ner Flamme, bis sie wieder aufkocht. (Wer Zwiebelstückchen nicht mag, kann sie nun mit dem Pürierstab zerkleinern.)

Vom Feuer genommen verfeinern wir die Suppe mit etwas Muskatnuss (eine Messer-spitze gemahlene Muskatnuss oder die gan-ze Nuss 2–3 Mal über die Reibe gezogen). Das (Toast-)Brot würfeln wir zu Stückchen von etwa 1x1 cm und rösten sie in einer Pfanne mit Olivenöl.

Vor dem Servieren gut umrühren und mit dem gerösteten Brot bzw. dem restlichen Käse bestreuen.

Bon appetit!

A’LA CANNA

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A’LA CANNA

Wenn eine Band zu ihren Wurzeln zurückkehren will, kündet das im Allgemeinen von schweren Pro-

blemen. Überflüssig, bei Linkin Park von Vor-zeichen großer Probleme zu sprechen, denn die haben sie schon hinter sich, auf Minutes to Midnight (2007), auf der Stadionscheibe A Thousand Suns (2010) und auf Living Things (2012), der unfruchtbaren Verbindung mit Elektronik. Während sie sich meilenweit von ihrem ursprünglichen Stil entfernten, er-reichten sie mit ihrer Musik die Massen. Zum Glück blieben sie die sympathischen Jungs, als die wir sie 2000 kennengelernt haben, und trotz der Enttäuschungen verfolgten viele immer mit Interesse, womit die Band von Zeit zu Zeit herausrückte. Bei The Hun-ting Party hat sich das Warten gelohnt.

Nach “klassischen” Nu-Metal-Riffs darf man nicht suchen. Stattdessen findet man Punk- (War) und Metalsongs (All for Nothing). Guilty All The Same – eine Num-mer feat. Rakim – hat Drive und stampft in den Boden. Wastelands ist ein korrekter Linkin Park-Song, in dem Mike Shinodas Rap-Verse und der melodische Refrain von Chester Bennington sich absolut ergän-zen. Until It’s Gone und Final Masquerade bringen die schmalzigen Unisono-Schlager der letzen drei Alben, aber als Farbtupfer

zwischen den härteren Stücken sind sie ak-zeptabel. Rebellion, zusammen mit Daron Malakian aufgenommen, erinnert an Sys-tem of a Down und ist die vielleicht beste Nummer auf der Scheibe. Das langsame Instrumentalstück Drawbar entstand zu-sammen mit Tom Morello und bleibt kaum in Erinnerung, obwohl der Gitarrist mit

Er war einmal ein sympathischer, rot-haariger Britenbub. Eines Tages stand er auf und beschloss, dass er von nun

an vom Musizieren leben wird – egal, was ge-schieht. Er ging nach London. Er ging nach Amerika. Er gab Konzerte, und wenn der Club schloss, spielte er auf der Straße Gitarre, für alle, die nicht reingekommen waren. Er schrieb

eine Menge Songs. Er lernte Menschen kennen, alltägliche und solche mit Einfluss. Schließlich erschien seine erste Platte. Ein Song schaffte es auf Platz 3 der britischen Hitparade. Er wirkte auf den Scheiben vieler Vortragskünstler mit. Gutes zu tun zahlt sich aus! Von seinem neuen Album mit dem Titel X gelangte der Song Sing, den er mit Pharrell Williams einspielte, im Mai

DER JÜNGSTE BUBEd Sheeran: X

ZURÜCK IN DIE ZUKUNFTLinkin Park: The Hunting Party

den goldenen Händen den Linkin-Jungs ein “morelliges” Fundament baut.

The Hunting Party ist bei Weitem nicht so spannend, wie es Hybrid Theory seinerzeit war, und auch nicht so genial wie Metadora, aber es enthält ein paar tolle Songs. Insge-samt eine korrekte Rockplatte. Macht mal die Probe, vielleicht bleibt sie im Player.

auf YouTube, wo ihn bereits 25 Millionen sa-hen. Aber das ist nur der Anfang.

Soweit das Märchen, jetzt zu den Tatsa-chen.

Ed Sheeran ist 23 Jahre alt. Seine charak-terlose, weiche, angenehme Stimme begleitet er mit der Gitarre. Er geht in Richtung lang-samer und gefühlvoller Popmelodien, knüpft aber auch an HipHop und Soul an. Grundsätz-lich arbeitet er mit minimalistischer Instru-mentierung, daher dominiert bei den meisten Nummern das sechssaitige Instrument. Die Songs werden mit Schlagzeug, Klavier, Syn-thi und Effekten angereichert. Die meisten Lieder kann man vergessen, aber drei, vier richtig schlagerverdächtige Kompositionen bleiben hängen. Das schon erwähnte Sing, das schwungvolle Nina, das langsame One, Bloodstream im mittleren Tempo, das poppige Runaway und das unbeschwerte Afire Love.

Es fällt auf, wenn wir die zwölf Tracks des Albums durchhören, dass es keinen Höhepunkt gibt. Angenehme Hintergrundmusik zum Au-tofahren, zum romantischen Abendessen, zum Spaziergang oder zum Liebemachen, je nach Belieben. Warum ausgerechnet er ein Star ge-worden ist? Die Antwort liegt auf der Hand, wenn wir uns ein Foto von ihm oder einen Clip mit ihm ansehen. Seine persönliche Ausstrah-lung, seine Demut und seine Ausdauer erhoben ihn zu den Sternen. Sein Erfolg wird von Dauer sein, man sollte ihn im Auge behalten.

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ein Farbklecks auf der politischen Palette bleibt, sondern ein lebensgestaltendes Prin-zip, eine Grundidee im Interesse einer bes-seren, lebenswerteren Welt.

ES IST NIE ZU SPÄTE.F. Schumacher: Die Rückkehr zum menschlichen Maß

Eugen Ruge wurde in Sibirien geboren, wuchs in der DDR auf und übersiedel-te dann nach Westdeutschland. Als

Sohn eines ostdeutschen Historikers, der aus einem sowjetischen Arbeitslager heimkehrt, beginnt er seine Karriere als Mathematiker, um in einer möglichst ideologiefreien Umge-bung arbeiten zu können. Doch bald macht er sich als Theater-, Hörspiel- und Drehbuch-autor, Regisseur, literarischer Übersetzer und Dokumentarfilmer einen Namen. Sein erster Roman In Zeiten des abnehmenden Lichts, der 2011 mit dem Deutschen Buch-preis ausgezeichnet wurde, spiegelt die Ver-gangenheit und die Identität der DDR wider. Die Kritik vergleicht Ruges Familienroman, der sich über vier Generationen erstreckt, mit den Buddenbrooks, und er ist – wie auch des Werk Thomas Manns – die Chronik des Endes einer Epoche und des Zerfalls einer Familie.

Das Buch gliedert sich in Episoden und spielt zu verschiedenen Zeiten und an ver-schiedenen Orten. Wir erfahren immer wie-der Neues aus dem Leben der Akteure, die durch wiederkehrende Motive verknüpft sind. Die Zeitebenen wechseln in jedem Ka-

text: Peter Laub

FIKTIVE AUTOBIOGRAFIEEugen Ruge: In Zeiten des abnehmenden Lichts

pitel. In der Jetztzeit, im Jahre 2001, erzählt der totkranke Alexander Umnitzer von einem Aufenthalt in Mexiko. Der zweite Haupt-strang erzählt von der Geburtstagsparty zum 90. von Alexanders Stiefgroßvater. Hier neh-men wir in einigen Kapiteln den Blickwinkel eines jeweils anderen Akteurs ein. Der dritte Strang umfasst die Ereignisse von 1952 bis 1995 chronologisch und präsentiert Cha-rakteristisches aus dem Leben der Familie Umnitzer in der DDR. Die Familie besteht aus mittleren Beamten, die das kommunis-tisch-sozialistische System am Laufen halten und von ihm profitieren. Während wir ihre Schicksale verfolgen, erhalten wir Einblick in das Funktionieren der Kommunistischen Partei, können den Aufbau und den Alltag inder DDR verfolgen und darüber hinaus auch die Auswüchse und Widersprüche des Sys-tems.

In Zeiten des abnehmenden Lichts ist ein gut lesbarer Roman, die Chronik einer unter-gegangenen Welt.

Ernst Friedrich Schumacher wurde Anfang des vergangenen Jahrhun-derts in Bonn geboren. In seinem

wirtschaftswissenschaftlichen Werk Die Rückkehr zum menschlichen Maß fasst er die Grundthesen des grünen Denkens und der grünen Weltanschauung zusammen. Auch wenn in Schumachers Buch Zahlen und Tabellen vorkommen, sollte die Be-zeichnung “wirtschaftswissenschaftlich” also niemanden abschrecken – es ist eher eine wirtschaftsphilosophische Arbeit als eine fachspezifische Studie.

Obwohl das Buch 1973 erschienen ist, hat es seine Aktualität bis heute bewahrt. Seine Sprache ist gut verständlich und stilistisc hansprechend. Heute sind den meisten Menschen die Gedanken und Be-griffe, die er entwickelt – Überbevölkerung, Umweltverschmutzung, Megalopolen usw. – geläufig. Dennoch ist es nicht überflüs-sig, das Buch zur Hand zu nehmen, denn in jedem Kapitel rückt Schumacher unsere Denkschablonen zurecht, die schon seit un-serer Jugend im Kopf verankert sind, und

A’LA CANNA

die infrage zu stellen uns nie eingefallen wäre. Der Autor trägt sie Stein für Stein ab und ordnet sie neu. Daraus entsteht ein verändertes Weltbild, in dem die Verket-tung von Ursache und Wirkung deutlich erkennbar wird.

Im Mittelpunkt der Theorie steht der Mensch mit seinen Bedürfnissen. Aus die-sen Bedürfnissen leitet er seine Gedanken her und empfiehlt den Schutz der Acker-böden, die Verringerung des übermäßigen Konsums, die Verlangsamung des Lebens-rhythmus, die Neuorganisation der Land-wirtschaft und die Überprüfung des Be-griffs der Rentabilität. Er spricht aber auch vom schädlichen Charakter der städtischen Lebensweise, oder wenigstens von ihren Problemen, und natürlich auch vom Tier-schutz.

Es ist müßig, einfach Worte und Ge-danken aus dem Text zu klauben, denn man muss ihn vollständig lesen. Mehrmals. Langsam, und sich hineinvertiefen. Denn es ist nie zu spät, zu verändern, verändern zu lassen. Damit das grüne Denken nicht nur

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