Mehr Parkfläche für das überbevölkerte Elefanten-Land · harmonisierten Visa-Regelungen und...

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40 Tages-Anzeiger – Donnerstag, 9. Juni 2011 Wissen Von Johannes Dieterich, Caprivi Eine Elefantenmama schlittert die Böschung zum Fluss hinab und kühlt sich prustend unter ihrer Rüsseldusche ab. Tapsig spielen zwei Elefantenbabys zwischen am Ufer verstreuten Büschen Fangen. «Wie süss!», ruft eine Touristin aufgeregt. «Wie schrecklich!», sagt Russell Taylor. Der Missmut des bleich- häutigen Zimbabwers ist nur halb gespielt. Taylor ist alles andere als ein Elefantenmuffel: Der 63-jährige Biologe gilt als einer der intimsten Kenner der Dickhäuter in Afrika. Gerade deshalb kann der Biologe kaum noch Gefallen an den Umtrieben der mächtigen Säuger im botswanischen Chobe-Park finden: Die täglich bis zu 350 Kilogramm Grünzeug fressenden Rüsseltiere drohen den Tier- park zu vernichten. Nirgendwo in der Welt ist die Elefan- tenpopulation dichter als am Chobe- Fluss: Auf einem Quadratkilometer Fläche leben hier durchschnittlich vier Elefanten – langfristig nachhaltig wäre vielleicht ein Achtel davon. Die Folgen des Gedränges sind mit blossem Auge wahrzunehmen. Die Vegetation am Cho- be-Ufer sieht aus wie nach einem Napalmangriff: Innerhalb des Parks sei es mit der Artenvielfalt bereits schlech- ter bestellt als ausserhalb, sagt Taylor. Um eine Katastrophe abzuwenden, müssten die Dickhäuter allerdings kei- neswegs abgeknallt werden, fährt der Biologe fort. Man müsse den Elefanten nur wieder ihre traditionellen Wander- wege öffnen, die sich einst über Hun- derte von Kilometern erstreckten. Doch das Reservat liegt in einer Re- gion, in der mit Botswana, Namibia, Sambia, Angola und Zimbabwe gleich fünf Staaten aufeinandertreffen: Ausser den Veterinärzäunen für die Rinderwei- den kommen hier noch unzählige Grenz- zäune hinzu, damit sind die Elefanten im Chobe-Park praktisch eingesperrt. Das soll sich ändern. Im August wer- den die Präsidenten der fünf Staaten einen Vertrag zur Bildung des – nach Grönland – grössten Naturschutzgebiets der Welt unterzeichnen: Mit einer Fläche von fast 350 000 Quadratkilo- metern wird das nach dem Kavango- und Zambezi-Fluss «Kaza» genannte Riesenreservat beinahe so gross wie Deutschland werden. 36 bereits be- stehende Parks sollen in dem Riesen- reservat verbunden werden: Nach Ein- schätzung des WWF handelt es sich um den «wichtigsten terrestrischen Schutz- gebietsverbund der Erde». «Kaza ist die beste Antwort auf den verrückten Um- stand, dass wir hier viel zu viele Elefan- ten haben, während sie woanders vom Aussterben bedroht sind», sagt Kaza- Sekretär Sedia Modise. Entwicklung statt Tierschutz Doch das ist nur eine Errungenschaft, die das Schutzgebiet bieten soll. Eine andere kommt wenige Kilometer weiter nördlich in dem sambischen Dörfchen Mwandi zur Sprache. Neben den übli- chen Lehmhütten sind hier auch einige Backsteinhäuser zu finden. In einem von ihnen gewährt seine Königliche Hoheit, Yambo Yeta, auf einem Polsterthron sitzend Audienz. Der Sitte des Lozi-Volks entsprechend mussten sich die Besucher dem königlichen Thron immer wieder niederkniend und in die Hände klat- schend nähern. Schliesslich heisst sie der einstige Vizepräsident Sambias in feinstem Englisch willkommen. In die- sen Breitengraden ein traditionelles Oberhaupt zu sein, sei «äusserst schmerz- haft», erklärt der in Schottland ausgebil- dete Jurist. «Die Leute erwarten, dass du ihnen aus der Armut hilfst. Aber was haben wir ihnen schon zu bieten?» Einst sei das Barotse-Land ein Para- dies gewesen, fährt Yambo Yeta fort. Die Lozis lebten von der Jagd auf wilde Tiere, Wasser war mit dem mächtigen Zambezi im Überfluss vorhanden. Doch als die Kolonialisten mit ihren Feuer- büchsen kamen, knallten sie die Tiere in rauen Mengen ab und teilten das Land untereinander auf, völlig ungeachtet der Siedlungsgebiete der Bevölkerung. Anfang der 1990er-Jahre kam die Idee auf, die von einzigartigen Naturspekta- keln wie den Victoriafällen und dem Okavango-Delta gesegnete Region tou- ristisch besser zu erschliessen. Die süd- afrikanische Peace-Park-Foundation schlug einen grenzüberschreitenden Park mit internationalem Flughafen, harmonisierten Visa-Regelungen und einem Masterplan fürs Marketing vor. «Auf diese Weise können wir in unserer von mehreren Befreiungskriegen gründ- lich zerstörten Region endlich die Armut überwinden», schwärmt Yambo Yeta. Bei der Gründung des Kaza-Parks gehe es in erster Linie gar nicht um den Tier- schutz, bestätigt Philipp Göltenboth vom WWF, der gemeinsam mit der Deza und der deutschen Entwicklungsbank KfW den Aufbau des Parks begleitet und mitfinanziert: «Wir versuchen vielmehr der Bevölkerung eine nachhaltige Ent- wicklung zu ermöglichen.» Dafür sind allerdings noch zahlreiche Hindernisse zu überwinden. Schon bei der Entfernung der Zäune hakt es: Bot- swana, das jährlich Rindfleisch im Wert von 20 Millionen Euro in die EU aus- führt, würde ohne Veterinärzäune ein Exportverbot riskieren, weil die botswa- nischen Rinder dann in Kontakt mit von der Maul- und Klauenseuche infizierten Büffeln kommen könnten. Bleiben die Zäune bestehen, werden sich die Elefan- ten nie über das Schutzgebiet verteilen können. Dabei warten die Verantwort- lichen des angolanischen Luiana-Reser- vats schon sehnlichst auf die Rückkehr der 20 000 Dickhäuter, die im Verlauf des Bürgerkriegs geflohen sind. Die ers- ten Tiere sind zwar bereits zurückge- kehrt, nachdem Botswana wenigstens ein Stückchen seines Grenzzauns nie- dergerissen hatte. Sie müssen allerdings um ihre Beine fürchten, denn im Luiana- Reservat sind noch immer eine halbe Million Landminen vergraben. Vuvuzelas als Elefantenschreck Daniel Kabala bläst seine Backen auf und drückt einen ohrenbetäubenden Ton aus seiner roten Vuvuzela. Hier im nami- bischen Caprivi-Streifen dienen die Trö- ten als Elefantenschreck. Das Dorf Ngonga liegt am Rand der Route, die die Dickhäuter auf ihrem Weg vom Chobe- Park nach Angola einschlagen: Immer wieder kommen die nimmersatten Ele- fanten dabei von ihrem Pfad ab, um sich in den Pflanzungen der Kleinfarmer den Bauch vollzuschlagen – gestern haben sie das Maisfeld von Daniels Schwester Rebecca ruiniert. Um solche Übergriffe zu verhindern, legen Kabala und seine Freunde sogar Nachtschichten ein: Mit Vuvuzelas, Blechtrommeln und sogenannten Chili- Bomben suchen sie die Dickhäuter von ihren Maisfeldzügen abzuhalten. Bei den Bomben handelt es sich um aus Chili und getrocknetem Elefanten-Dung ge- mischte Kugeln, die angezündet beissen- den Rauch entwickeln, den die Elefan- ten um jeden Preis meiden. Der Erfolg solcher Selbstverteidi- gungsmassnahmen ist für den Kaza-Park überlebenswichtig, denn auch nach der Eröffnung des Reservats werden inner- halb seiner Grenzen noch 1,2 Millionen Menschen leben. Sie umzusiedeln, wäre weder machbar noch im Sinne des Erfin- ders: «Das Schutzgebiet soll ja der Ent- wicklung der Bevölkerung zugutekom- men und sie nicht auch noch ihrer Hei- mat berauben», sagt KfW-Mann Ralph Kadel. Ein gegenseitig nutzbringendes Verhältnis zwischen Mensch und wildem Tier zu etablieren, wird zweifellos die grösste Herausforderung für die Kaza- Gründer werden. «Uns ist klar, dass wir die wilden Tiere nicht mehr als blosse Ge- fahr, sondern als einzigartige Chance zu betrachten haben», sagt seine Königliche Hoheit Yambo Yeta. «Wir sind bereit.» Mehr Parkfläche für das überbevölkerte Elefanten-Land Im Zentrum Afrikas gründen fünf Staaten ein Riesenreservat. Energie Grösster Zuwachs des globalen Energieverbrauchs seit 1973 China hat nach Angaben des Ölkonzerns BP die USA als weltweit grössten Energie- verbraucher abgelöst. In einem Bericht vom Mittwoch hiess es, die chinesische Wirtschaft habe im Jahr 2010 für 20,3 Pro- zent des globalen Bedarfs gestanden, während die Vereinigten Staaten mit 19 Prozent lediglich den zweiten Platz belegt hätten. Der Energieverbrauch Chi- nas sei im vergangenen Jahr um 11,2 Pro- zent gestiegen, in den USA sei hingegen nur ein Anstieg um 3,7 Prozent zu ver- zeichnen gewesen, hiess es weiter. Der globale Konsum habe angesichts des Energiehungers der neuen Wirtschafts- macht in Asien mit 5,6 Prozent den gröss- ten Zuwachs seit dem Jahr 1973 erlebt. Allein der weltweite Verbrauch von Kohle ging 2010 zu 48 Prozent auf China zurück. Beim Ölverbrauch hingegen seien die USA mit 21 Prozent des globa- len Konsums weiterhin an erster Stelle gelegen. (SDA/DAPD) Ökologie Quallen werden zur Sackgasse im Nahrungsnetz Quallen verdrängen Fische, indem sie das Nahrungsnetz verändern. Dies be- richten Forscher vom Virginia Institute of Marine Science (USA), nachdem sie zwei häufige Quallenarten an der Ost- küste der USA untersucht haben. Wie sie in den «Proceedings of the National Aca- demy of Science» (PNAS) schreiben, fressen die Quallen grosse Mengen von tierischem Plankton, welches sich wie- derum von Algen ernährt. Für Fische bleibt von beiden Planktongruppen we- nig übrig. Ausserdem verzehren Quallen Fischlarven und Kleinfische. Sie selbst landen selten auf der Speisekarte ande- rer Meeresbewohner, ihre Ausscheidun- gen werden von Bakterien letztlich zu CO2 abgebaut, was Quallen zur Sack- gasse im Nahrungsnetz macht, so die Forscher. (DPA/FWT) Archäologie Bereits die ersten Reisbauern selektierten Gene Eines der wichtigsten Gene für die mo- derne Pflanzenzucht spielte bereits bei der Domestizierung von Reis vor 10 000 Jahren eine Rolle. Das fanden japanische Forscher von der Universität Nagoya mit genetischen Analysen von wildem Reis und Zuchtvarianten heraus («Proceedings of the National Academy of Science»). Demnach wählten bereits die ersten Reisbauern Pflanzen mit Mu- tationen im sogenannten Sd-1-Gen zur Neuaussaat. Diese Erbanlage spielte ab den 1960er-Jahren bei der Grünen Revolution eine grosse Rolle. Mutierte Sd-1-Gene führen zu kurzen, dicken Hal- men, wodurch die Pflanzen weniger schnell umfallen. Zudem verarbeitet sol- cher Reis Dünger effizienter und lässt sich besser lagern. (DPA/FWT) Nachrichten NAMIBIA SAMBIA ANGOLA BOTSWANA Lusaka Victoriafälle Windhoek Harare Z a m be zi 300 km ZIMBABWE TA-Grafik kmh AFRIKA O k a v a n g o Kavango Okavango- Delta Chobe Park Caprivi Projekt Kaza-Nationalpark Giraffen, Zebras, Sambesi-Fluss, Victoriafälle, Elefanten – Attraktionen für Kaza, das zweitgrösste Naturschutzgebiet der Erde. Foto: Dieterich (2), W. Wisniewski (Getty Images), PD «Uns ist klar, dass wir die wilden Tiere nicht als blosse Gefahr, sondern als einzigartige Chance zu betrachten haben.» Yambo Yeta, Königliche Hoheit von Mwandi Der heftigste Sonnensturm seit fünf Jah- ren könnte in den nächsten Tagen den GPS-Empfang und die Stromversorgung auf der Erde stören. Das meldete der US-Wetterdienst am Mittwoch aufgrund von Beobachtungen der Weltraumbe- hörde Nasa. Den Höhepunkt erreichte der Sonnensturm demnach am Diens- tagabend. Bei einem solchen Ausbruch werden elektrisch geladene Partikel ins All geschleudert. Die Wolke sei an- schliessend zurück zur Sonne gesunken und habe fast die halbe Sonnenoberflä- che bedeckt. Die Eruption sei «ziemlich dramatisch» gewesen, sagte der Pro- jektleiter für die Vorhersage des Welt- raumwetters beim US-Wetterdienst NWS, Bill Murtagh. Weil sie nicht direkt auf die 150 Mil- lionen Kilometer entfernte Erde gerich- tet war, gehen die Experten davon aus, dass die Auswirkungen auf der Erde «eher gering» ausfallen werden. Auf der Erde könnte die Eruption ab Mittwoch- abend zu kleinen oder mittelschweren geomagnetischen Stürmen führen, die in der Regel zwischen 24 und 48 Stun- den dauern. Dadurch könne es zu Stö- rungen in Stromnetzen und bei der Sa- tellitennavigation kommen. Möglicher- weise müssten Flüge über die Polarre- gionen umgeleitet werden. (SDA/AFP) Milde Folgen nach starkem Sonnensturm

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40 Tages-Anzeiger – Donnerstag, 9. Juni 2011

Wissen

Von Johannes Dieterich, CapriviEine Elefantenmama schlittert die Böschung zum Fluss hinab und kühlt sich prustend unter ihrer Rüsseldusche ab. Tapsig spielen zwei Elefantenbabys zwischen am Ufer verstreuten Büschen Fangen. «Wie süss!», ruft eine Touristin aufgeregt. «Wie schrecklich!», sagt Russell Taylor. Der Missmut des bleich-häutigen Zimbabwers ist nur halb gespielt. Taylor ist alles andere als ein Elefantenmuffel: Der 63-jährige Biologe gilt als einer der intimsten Kenner der Dickhäuter in Afrika. Gerade deshalb kann der Biologe kaum noch Gefallen an den Umtrieben der mächtigen Säuger im botswanischen Chobe-Park finden: Die täglich bis zu 350 Kilogramm Grünzeug fressenden Rüsseltiere drohen den Tier-park zu vernichten.

Nirgendwo in der Welt ist die Elefan-tenpopulation dichter als am Chobe-Fluss: Auf einem Quadratkilometer Fläche leben hier durchschnittlich vier Elefanten – langfristig nachhaltig wäre vielleicht ein Achtel davon. Die Folgen des Gedränges sind mit blossem Auge wahrzunehmen. Die Vegetation am Cho-be-Ufer sieht aus wie nach einem Napalmangriff: Innerhalb des Parks sei es mit der Artenvielfalt bereits schlech-ter bestellt als ausserhalb, sagt Taylor. Um eine Katastrophe abzuwenden, müssten die Dickhäuter allerdings kei-neswegs abgeknallt werden, fährt der Biologe fort. Man müsse den Elefanten nur wieder ihre traditionellen Wander-wege öffnen, die sich einst über Hun-derte von Kilometern erstreckten.

Doch das Reservat liegt in einer Re-gion, in der mit Botswana, Namibia, Sambia, Angola und Zimbabwe gleich fünf Staaten aufeinandertreffen: Ausser den Veterinärzäunen für die Rinderwei-den kommen hier noch unzählige Grenz-

zäune hinzu, damit sind die Elefanten im Chobe-Park praktisch eingesperrt.

Das soll sich ändern. Im August wer-den die Präsidenten der fünf Staaten einen Vertrag zur Bildung des – nach Grönland – grössten Naturschutzgebiets der Welt unterzeichnen: Mit einer Fläche von fast 350 000 Quadratkilo-metern wird das nach dem Kavango- und Zambezi-Fluss «Kaza» genannte Riesenreservat beinahe so gross wie Deutschland werden. 36 bereits be-stehende Parks sollen in dem Riesen-reservat verbunden werden: Nach Ein-schätzung des WWF handelt es sich um den «wichtigsten terrestrischen Schutz-gebietsverbund der Erde». «Kaza ist die beste Antwort auf den verrückten Um-stand, dass wir hier viel zu viele Elefan-ten haben, während sie woanders vom Aussterben bedroht sind», sagt Kaza- Sekretär Sedia Modise.

Entwicklung statt TierschutzDoch das ist nur eine Errungenschaft, die das Schutzgebiet bieten soll. Eine andere kommt wenige Kilometer weiter nördlich in dem sambischen Dörfchen Mwandi zur Sprache. Neben den übli-chen Lehmhütten sind hier auch einige Backsteinhäuser zu finden. In einem von ihnen gewährt seine Königliche Hoheit, Yambo Yeta, auf einem Polsterthron sitzend Audienz. Der Sitte des Lozi-Volks entsprechend mussten sich die Besucher dem königlichen Thron immer wieder niederkniend und in die Hände klat-schend nähern. Schliesslich heisst sie der einstige Vizepräsident Sambias in feinstem Englisch willkommen. In die-sen Breitengraden ein traditionelles Oberhaupt zu sein, sei «äusserst schmerz-haft», erklärt der in Schottland ausgebil-dete Jurist. «Die Leute erwarten, dass du ihnen aus der Armut hilfst. Aber was haben wir ihnen schon zu bieten?»

Einst sei das Barotse-Land ein Para-dies gewesen, fährt Yambo Yeta fort. Die Lozis lebten von der Jagd auf wilde Tiere, Wasser war mit dem mächtigen Zambezi im Überfluss vorhanden. Doch als die Kolonialisten mit ihren Feuer-büchsen kamen, knallten sie die Tiere in rauen Mengen ab und teilten das Land untereinander auf, völlig ungeachtet der Siedlungsgebiete der Bevölkerung.

Anfang der 1990er-Jahre kam die Idee auf, die von einzigartigen Naturspekta-keln wie den Victoriafällen und dem Okavango-Delta gesegnete Region tou-ristisch besser zu erschliessen. Die süd-afrikanische Peace-Park-Foundation schlug einen grenzüberschreitenden Park mit internationalem Flughafen, harmonisierten Visa-Regelungen und einem Masterplan fürs Marketing vor. «Auf diese Weise können wir in unserer von mehreren Befreiungskriegen gründ-lich zerstörten Region endlich die Armut überwinden», schwärmt Yambo Yeta. Bei der Gründung des Kaza-Parks gehe es in erster Linie gar nicht um den Tier-schutz, bestätigt Philipp Göltenboth vom WWF, der gemeinsam mit der Deza und der deutschen Entwicklungsbank KfW den Aufbau des Parks begleitet und mitfinanziert: «Wir versuchen vielmehr der Bevölkerung eine nachhaltige Ent-wicklung zu ermöglichen.»

Dafür sind allerdings noch zahlreiche Hindernisse zu überwinden. Schon bei der Entfernung der Zäune hakt es: Bot-swana, das jährlich Rindfleisch im Wert von 20 Millionen Euro in die EU aus-führt, würde ohne Veterinärzäune ein Exportverbot riskieren, weil die botswa-nischen Rinder dann in Kontakt mit von der Maul- und Klauenseuche infizierten Büffeln kommen könnten. Bleiben die Zäune bestehen, werden sich die Elefan-ten nie über das Schutzgebiet verteilen können. Dabei warten die Verantwort-lichen des angolanischen Luiana-Reser-vats schon sehnlichst auf die Rückkehr

der 20 000 Dickhäuter, die im Verlauf des Bürgerkriegs geflohen sind. Die ers-ten Tiere sind zwar bereits zurückge-kehrt, nachdem Botswana wenigstens ein Stückchen seines Grenzzauns nie-dergerissen hatte. Sie müssen allerdings um ihre Beine fürchten, denn im Luiana-Reservat sind noch immer eine halbe Million Landminen vergraben.

Vuvuzelas als ElefantenschreckDaniel Kabala bläst seine Backen auf und drückt einen ohrenbetäubenden Ton aus seiner roten Vuvuzela. Hier im nami-bischen Caprivi-Streifen dienen die Trö-ten als Elefantenschreck. Das Dorf Ngonga liegt am Rand der Route, die die Dickhäuter auf ihrem Weg vom Chobe-Park nach Angola einschlagen: Immer wieder kommen die nimmersatten Ele-fanten dabei von ihrem Pfad ab, um sich in den Pflanzungen der Kleinfarmer den Bauch vollzuschlagen – gestern haben sie das Maisfeld von Daniels Schwester Rebecca ruiniert.

Um solche Übergriffe zu verhindern, legen Kabala und seine Freunde sogar Nachtschichten ein: Mit Vuvuzelas, Blechtrommeln und sogenannten Chili-Bomben suchen sie die Dickhäuter von ihren Maisfeldzügen abzuhalten. Bei den Bomben handelt es sich um aus Chili und getrocknetem Elefanten-Dung ge-mischte Kugeln, die angezündet beissen-den Rauch entwickeln, den die Elefan-ten um jeden Preis meiden.

Der Erfolg solcher Selbstverteidi-gungsmassnahmen ist für den Kaza-Park überlebenswichtig, denn auch nach der Eröffnung des Reservats werden inner-halb seiner Grenzen noch 1,2 Millionen Menschen leben. Sie umzusiedeln, wäre weder machbar noch im Sinne des Erfin-ders: «Das Schutzgebiet soll ja der Ent-wicklung der Bevölkerung zugutekom-men und sie nicht auch noch ihrer Hei-mat berauben», sagt KfW-Mann Ralph Kadel. Ein gegenseitig nutzbringendes Verhältnis zwischen Mensch und wildem Tier zu etablieren, wird zweifellos die grösste Herausforderung für die Kaza-Gründer werden. «Uns ist klar, dass wir die wilden Tiere nicht mehr als blosse Ge-fahr, sondern als einzigartige Chance zu betrachten haben», sagt seine Königliche Hoheit Yambo Yeta. «Wir sind bereit.»

Mehr Parkfläche für das überbevölkerte Elefanten-LandIm Zentrum Afrikas gründen fünf Staaten ein Riesenreservat.

EnergieGrösster Zuwachs des globalen Energieverbrauchs seit 1973China hat nach Angaben des Ölkonzerns BP die USA als weltweit grössten Energie-verbraucher abgelöst. In einem Bericht vom Mittwoch hiess es, die chinesische Wirtschaft habe im Jahr 2010 für 20,3 Pro-zent des globalen Bedarfs gestanden, während die Vereinigten Staaten mit 19 Prozent lediglich den zweiten Platz belegt hätten. Der Energieverbrauch Chi-nas sei im vergangenen Jahr um 11,2 Pro-zent gestiegen, in den USA sei hingegen nur ein Anstieg um 3,7 Prozent zu ver-zeichnen gewesen, hiess es weiter. Der globale Konsum habe angesichts des Energiehungers der neuen Wirtschafts-macht in Asien mit 5,6 Prozent den gröss-ten Zuwachs seit dem Jahr 1973 erlebt. Allein der weltweite Verbrauch von Kohle ging 2010 zu 48 Prozent auf China zurück. Beim Ölverbrauch hingegen seien die USA mit 21 Prozent des globa-len Konsums weiterhin an erster Stelle gelegen. (SDA/DAPD)

ÖkologieQuallen werden zur Sackgasse im NahrungsnetzQuallen verdrängen Fische, indem sie das Nahrungsnetz verändern. Dies be-richten Forscher vom Virginia Institute of Marine Science (USA), nachdem sie zwei häufige Quallenarten an der Ost-küste der USA untersucht haben. Wie sie in den «Proceedings of the National Aca-demy of Science» (PNAS) schreiben, fressen die Quallen grosse Mengen von tierischem Plankton, welches sich wie-derum von Algen ernährt. Für Fische bleibt von beiden Planktongruppen we-nig übrig. Ausserdem verzehren Quallen Fischlarven und Kleinfische. Sie selbst landen selten auf der Speisekarte ande-rer Meeresbewohner, ihre Ausscheidun-gen werden von Bakterien letztlich zu CO2 abgebaut, was Quallen zur Sack-gasse im Nahrungsnetz macht, so die Forscher. (DPA/FWT)

ArchäologieBereits die ersten Reisbauern selektierten GeneEines der wichtigsten Gene für die mo-derne Pflanzenzucht spielte bereits bei der Domestizierung von Reis vor 10 000 Jahren eine Rolle. Das fanden japanische Forscher von der Universität Nagoya mit genetischen Analysen von wildem Reis und Zuchtvarianten heraus («Proceedings of the National Academy of Science»). Demnach wählten bereits die ersten Reisbauern Pflanzen mit Mu-tationen im sogenannten Sd-1-Gen zur Neuaussaat. Diese Erbanlage spielte ab den 1960er-Jahren bei der Grünen Revolution eine grosse Rolle. Mutierte Sd-1-Gene führen zu kurzen, dicken Hal-men, wodurch die Pflanzen weniger schnell umfallen. Zudem verarbeitet sol-cher Reis Dünger effizienter und lässt sich besser lagern. (DPA/FWT)

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Giraffen, Zebras, Sambesi-Fluss, Victoriafälle, Elefanten – Attraktionen für Kaza, das zweitgrösste Naturschutzgebiet der Erde. Foto: Dieterich (2), W. Wisniewski (Getty Images), PD

«Uns ist klar, dass wir die wilden Tiere nicht als blosse Gefahr, sondern als einzigartige Chance zu betrachten haben.»Yambo Yeta, Königliche Hoheit von Mwandi

Der heftigste Sonnensturm seit fünf Jah-ren könnte in den nächsten Tagen den GPS-Empfang und die Stromversorgung auf der Erde stören. Das meldete der US-Wetterdienst am Mittwoch aufgrund von Beobachtungen der Weltraumbe-hörde Nasa. Den Höhepunkt erreichte der Sonnensturm demnach am Diens-tagabend. Bei einem solchen Ausbruch werden elektrisch geladene Partikel ins All geschleudert. Die Wolke sei an-schliessend zurück zur Sonne gesunken und habe fast die halbe Sonnenoberflä-che bedeckt. Die Eruption sei «ziemlich dramatisch» gewesen, sagte der Pro-jektleiter für die Vorhersage des Welt-raumwetters beim US-Wetterdienst NWS, Bill Murtagh. Weil sie nicht direkt auf die 150 Mil-lionen Kilometer entfernte Erde gerich-tet war, gehen die Experten davon aus, dass die Auswirkungen auf der Erde «eher gering» ausfallen werden. Auf der Erde könnte die Eruption ab Mittwoch-abend zu kleinen oder mittelschweren geomagnetischen Stürmen führen, die in der Regel zwischen 24 und 48 Stun-den dauern. Dadurch könne es zu Stö-rungen in Stromnetzen und bei der Sa-tellitennavigation kommen. Möglicher-weise müssten Flüge über die Polarre-gionen umgeleitet werden. (SDA/AFP)

Milde Folgen nach starkem Sonnensturm