Meier Biss weint CS4.indd 1 22.02.2010 13:47:04 · in der Verlagsgruppe Random House GmbH Printed...

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  • Das BuchAls Belle Goose zu ihrem Vater in die langweilige, verreg-nete Kleinstadt Switchblade zieht, rechnet sie selbstverständ-lich wie jede Highschool-Schülerin in ihrem Alter mit Ro-mantik und Abenteuer ... oder doch zumindest einem untoten und völlig unwiderstehlichen Klassenkameraden, der sich Hals über Kopf in sie verliebt und als gefährlicher Vampir entpuppt. Und richtig: Gleich an ihrem ersten Schultag hat Belle eine schicksalhafte Begegnung mit dem geheimnisvol-len Edwarz. Aber warum reagiert er so ablehnend auf die toll-patschige Belle, anstatt gleich hin und weg von ihr zu sein? Wieso redet er kaum mit seinen Mitschülern und sitzt auch in der Mittagspause in der Cafeteria immer allein vor seinem Computer? Wird er auf Belles Genöle hören und sie end-lich beißen – oder kann er seine Leidenschaft bezwingen, so dass Belle vier Bände und etliche Filme warten muss, bis(s) sie endlich dran glauben darf? Tja, Sie werden es nie erfahren, wenn Sie nicht dieses Buch lesen!

    Der AutorFrau Meier, definitiv nicht im Jahr 1793 geboren, vertrö-delt die Tage mit ihren 33 Fledermäusen und keiner Katze in einem Land, in dem wohl Englisch gesprochen wird. Der Auftrag, die ultimative Parodie auf einen Vampir-Millionen-Bestseller zu schreiben, ist ihr zugetragen worden, als sie über ihren liebsten Hobbies nachdachte, zu denen durch-tanzte Nächte und unwiderstehliche Männer, jedoch weniger Knoblauch und Kruzifixe gehören. Was aus dieser Idee wur-de, kann man auf diesen Seiten lesen. Muss es aber nicht, man kann sich auch ein Loch ins Knie bohren. Das Fehlen eines Vornamens ist inzwischen zu Frau Meiers Marken zeichen avanciert.

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  • FRAU MEIER

    Biss einer weint

    Ein Belle- und Edwarz-Roman

    WILHELM HEINI VERLAGMÜNCHEN

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  • Ver lags grup pe Ran dom House FSC-DEU-0100Das für die ses Buch ver wen dete FSC-zer tifi zier te Pa pier

    Holmen Book Cream lie fert Holmen Paper, Hallstavik, Schwe den.

    Deutsche Erstausgabe 05/2010Redaktion: Ute Brammertz

    Copyright © 2009 by The Harvard Lampoon, Inc.Copyright © 2010 der deutschsprachigen Ausgabe by

    Wilhelm Heyne Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbH

    Printed in Germany 2010Umschlagillustration: Dirk Schulz

    Umschlaggestaltung: Animagic, BielefeldSatz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

    Druck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 978-3-453-52706-5

    www.heyne-magische-bestseller.de

    Titel der OriginalausgabeNIGHTLIGHT

    Deutsche Übersetzung von Oliver Plaschka

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  • Nur von dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen, von dem darfst du nicht essen; denn sobald du davon issest, passt du nicht mehr in deine Jeans.

    Mose 2,17b

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  • Inhalt

    Auf den al ler ers ten Blick 9

    Tau wet ter 33

    Blut pro be 48

    Nach for schun gen 61

    Din ner für zwei 79

    Fern ab des Pfads 102

    Bei den Mul lens 123

    Schau er mär chen 139

    Ein sehr ge frag tes Mäd chen 156

    Ball der Vam pi re 168

    Epi log: Bis(s) zum bit te ren Ende 194

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    Auf den al ler ers ten Blick

    Die hei ße Phoe nix-Son ne schien grell auf mei-nen nack ten blas sen Arm, den ich scham los aus dem Fens ter bau meln ließ. Mei ne Mom und ich fuh ren zum Flug ha fen, aber nur auf mich war te te ein Ti-cket, und zwar ohne Rück flug.

    Ich trug ei nen schwer mü ti gen, grüb le ri schen Ge-sichts aus druck zur Schau, und mein Spie gel bild im Fens ter ver riet mir, dass mir der Aus druck auch et-was Fas zi nie ren des ver lieh. Er wirk te de plat ziert an ei nem Mäd chen in ei nem är mel lo sen Spit zen o ber-teil und Schlag ho sen (mit Stern chen auf den Hin-ter ta schen). Aber ge nau die Art Mäd chen war ich eben – de plat ziert. Dann rutsch te ich vom Ar ma tu-ren brett und setz te mich wie ein nor ma ler Mensch in mei nen Sitz. Viel bes ser.

    Ich hat te mich selbst aus dem Haus mei ner Mut-ter in Phoe nix in das Haus mei nes Va ters in Switch-blade ver bannt. Als selbst ver bann te Ver bann te wäre mir bei des ver traut: der Schmerz der Di as po-ra eben so wie das herz lo se Ver gnü gen, sie mir al-lem Fle hen zum Trotz selbst auf er legt zu ha ben. Ich

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    hat te mir so gar den Ab schied von der Schim mel-pilz ko lo nie ver sagt, die ich jah re lang lie be voll in ei-nem Blu men topf he ran ge züch tet hat te. Als Flücht-ling in Switch blade wür de ich mir ein di cke res Fell zu le gen müs sen. Switch blade lag im Nord wes ten von Ore gon, und kein Mensch kann te die Stadt. Es ist sinn los, sie auf ei ner Kar te su chen zu wol len; sie ist nicht wich tig ge nug, als dass Kar to gra phen ihr Be-ach tung schen ken wür den. Und man braucht sich auch gar nicht die Mühe zu ma chen, mich auf ei ner Kar te zu su chen – ich bin al lem An schein nach auch nicht wich tig ge nug.

    »Belle«, schmoll te mei ne Mut ter am Ter mi nal. Ich ver spür te hef ti ge Schuld ge füh le, sie so ganz ohne Freun de auf die sem rie si gen Flug ha fen zu rück zu-las sen. Aber wie die Kin der ärz tin schon mein te, ich durf te nicht zu las sen, dass ich we gen ih rer Tren-nungs ängs te die nächs ten acht Jah re nicht mehr das Haus ver ließ.

    Ich ging auf die Knie und hielt ihre Hand. »Bel-le wird nur weg sein, bis sie mit der High school fer tig ist, okay? Du wirst eine Men ge Spaß mit Bill ha ben. Stimmt’s, Bill?«

    Bill nick te. Er war mein neu er Stief va ter, und der ein zi ge ver füg ba re Mensch, der sich um sie küm-mern konn te, wäh rend ich weg war. So rich tig trau-te ich ihm zwar nicht über den Weg, aber er war güns ti ger als ein Ba by sit ter.

    Ich stand auf und ver schränk te die Arme. Zeit,

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    mit dem Un sinn auf zu hö ren. »Die Not ruf num-mern ste hen über dem Te le fon in der Kü che«, sag te ich. »Wenn sie sich ver letzt, nimm nicht die ers ten bei den – das sind dein ei ge nes Handy und der Piz-za ser vice. Ihr habt ge nug zu es sen für ei nen Mo nat, wenn ihr euch ein Drit tel Tief kühl la sag ne pro Tag teilt.«

    Beim Ge dan ken an La sag ne lä chel te mei ne Mut-ter.

    »Du brauchst wirk lich nicht zu ge hen, Belle«, sag te Bill. »Klar, mein Street ho ckey-Team geht auf Tour, aber nur in der nä he ren Um ge bung. Es ist ge-nug Platz im Auto für dich, dei ne Mom und mich.«

    »Ist nicht so wild. Ich will weg. Ich will all mei ne Freun de und das Son nen licht zu rück las sen, um in eine ver reg ne te Klein stadt zu zie hen. Euch glück-lich zu ma chen, macht mich glück lich.«

    »Bit te, bleib – wer soll denn die Rech nun gen be-zah len, wenn du fort bist?«

    Ich hör te, wie mein Flug auf ge ru fen wur de. »Ich wet te, Bill kann schnel ler als Mom zu dem le cke ren Saft stand dort hin ten lau fen!«

    »Ers te!«, rief mei ne Mom. Als sie da von lie fen, und sich ge gen sei tig an den Klei dern zo gen, um den an de ren zu über ho len, mach te ich mich auf den Weg zu mei nem Gate, über quer te die Pas sa gier-brü cke und stieg in das Flug zeug. Kei ner von uns konn te be son ders gut Le be wohl sa gen. Aus ir gend-ei nem Grund klang es im mer nach »Lebe hohl«.

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    Das Wie der se hen mit Dad mach te mich et was ner-vös. Er konn te dis tan ziert sein. Als ein zi ger Fens-ter put zer in Switch blade war er sie ben und zwan zig Jah re lang ge zwun gen ge we sen, sei nen Mit men-schen ge gen über min des tens eine Fens ter schei-be Dis tanz zu wah ren. Ich wuss te noch, wie Mom da mals nach ei nem Streit auf dem Sofa zu sam-men brach, und er sie nur aus drucks los be trach te-te, durch das Fens ter hin durch, das er in kraft vol len krei sen den Be we gun gen wisch te.

    Als ich ihn vor dem Ter mi nal war ten sah, ging ich schüch tern auf ihn zu. Da bei stol per te ich über ein Klein kind und se gel te in ei nen Stän der mit Schlüs-sel an hän gern. Pein lich be rührt rich te te ich mich wie der auf und fiel die Roll trep pe hi nab, wo bei ich Pur zel bäu me über die acht los auf der lin ken Sei te ab ge stell ten Kof fer schlug. Mei ne Ko or di na ti ons-prob le me habe ich von mei nem Dad, der mich im-mer um schubs te, als ich lau fen lern te.

    »Al les klar?«, lach te mein Dad und stütz te mich, als ich die Roll trep pe ver ließ. »Wenn das nicht mein gu ter al ter Toll patsch Belle ist!«, füg te er hin zu und deu te te auf ein an de res Mäd chen.

    »Ich bin’s! Ich bin dei ne Belle!«, rief ich und ver-barg mein Ge sicht hin ter mei nen Haa ren. So trug ich sie nor ma ler wei se.

    »Oh, hal lo! Schön, dich zu se hen, Belle.« Er drück te mich fest an sich.

    »Ich freue mich auch, dich zu se hen, Dad.« Wie

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    selt sam es war, ihn so zu nen nen. Zu Hau se in Phoe-nix nann te ich ihn Jim, und mei ne Mom nann te ihn Dad.

    »Du bist so groß ge wor den – ich schät ze, ich habe dich ohne die Na bel schnur nicht wie der er kannt.«

    War es wirk lich so lan ge her? Hat te ich Dad wirk lich nicht mehr ge se hen, seit ich mit drei zehn mei ne Plüsch-Na bel schnur-Pha se durch ge macht hat te? Of fen sicht lich hat ten wir so ei ni ges nach zu-ho len.

    Ich hat te nicht alle mei ne Kla mot ten aus Phoe-nix mit ge bracht, da her hat te ich nur zwölf Ta schen da bei. Mein Dad und ich tru gen sie ab wech selnd zu sei ner Dod ge Vi per.

    »Be vor du mit den Sti che lei en an fängst von we-gen Schei dung, über vier zig, Mid life-Cri sis und so«, sag te er, wäh rend wir un se re Gur te, Fuß gur-te und Hel me an leg ten, »er lau be mir da rauf hin zu-wei sen, dass ich als Fens ter put zer ein über aus ae-ro dy na mi sches Fahr zeug be nö ti ge. Mei ne Kun den sind sehr vor ein ge nom men – wenn ich nicht ein ech tes Ren nen zu ih ren Fens tern hin le ge, fra gen sie sich, ob ich der rich ti ge Kerl bin, um mich von ih-ren Dä chern ab zu sei len. Drück mal auf den Knopf da, Schätz chen – der fährt den gro ßen Schlan gen-kopf aus.«

    Ich hoff te, er hat te nicht vor, mich mit dem Auto zur Schu le zu fah ren. Alle an de ren rit ten wahr-schein lich auf ei nem Esel.

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    »Ich hab dir dein ei ge nes Auto be sorgt«, sag te mein Dad, nach dem ich den Count down run ter-ge zählt und »Zün dung!« ge ru fen hat te. Er dreh te mehr mals den Schlüs sel im Schloss, bis die Vi per an sprang.

    »Was für ein Auto?« Dad lieb te mich sehr, da her war ich ziem lich si cher, dass es kein Auto, son dern ein hal bes Flug zeug sein wür de.

    »Ein Truck. Ein aus ran gier ter Wa gen ei ner Spe-di ti ons fir ma, um ge nau zu sein. Ich hab ihn ziem-lich bil lig ge kriegt. Um sonst, um ge nau zu sein.«

    »Wo hast du ihn her?«, frag te ich und hoff te, er wür de nicht sa gen, vom Schrott platz.

    »Von der Stra ße.«Puh. »Von wem hast du ihn?«»Mach dir des we gen kei ne Ge dan ken. Es war ein

    Ge schenk.«Ich konn te es kaum glau ben. Ein rie si ger Truck,

    um all die Kron kor ken zu la gern, die ich schon im-mer hat te sam meln wol len!

    Ich wid me te mei ne Auf merk sam keit dem Fens-ter, das mein leicht er rö te tes, zu frie de nes Ge sicht wi der spie gel te. Vor dem Fens ter ging der Re gen in Strö men auf das grü ne Städt chen Switch blade nie-der. Das zu grü ne Städt chen Switch blade. In Phoe-nix sind die ein zi gen grü nen Din ge Ver kehrs am-peln und Aliens. Hier hin ge gen war die Na tur grün.

    Das Haus war zwei stö ckig und im Tu dor stil ge-baut, creme mit scho ko la den far be nem Fach werk,

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    wie ei nes die ser klei nen Süß ge bä cke, die ei nen ta ge-lang fett ma chen. Die Sicht da rauf wur de fast völ lig von mei nem Truck ver stellt. Auf der Sei te prang te das Logo der Spe di ti ons fir ma mit dem Schrift zug RENT-A-VAN.

    »Er ist wun der schön.« Ich rang nach Atem. Dann at me te ich aus. Dann rang ich wie der nach Atem. »Wun der schön.«

    »Freut mich, dass er dir ge fällt, denn er ge hört ganz dir al lein.«

    Ich be wun der te mei nen gro ßen, un hand li chen Truck und stell te ihn mir auf dem Schul park platz vor, um ge ben von blit zen den Sport wa gen. Dann stell te ich mir vor, wie er die se an de ren Au tos auf-fraß. Ich grins te se lig.

    Da mein Dad ganz be stimmt da rauf be ste hen wür de, mei ne zwölf Ta schen alle selbst ins Haus zu tra gen, rann te ich schon ein mal auf mein Zim mer vor. Es sah ver traut aus. Vier Wän de und eine De-cke, ge nau wie mein al tes Zim mer in Phoe nix! Mein Dad ver steht sich ein fach auf die se klei nen Din ge, die ei nem ein Ge fühl von Ge bor gen heit ver mit teln.

    Eine an de re gute Sa che an mei nem Dad ist, dass er nicht mehr der Jüngs te ist und nicht mehr all-zu gut hört. Als ich die Tür zu mei nem Zim mer schloss, aus pack te, un kont rol liert los heul te, die Tür schlug und mei ne Klei der in ei nem An fall wü ten der Nie der ge schla gen heit he rum warf, be kam er da von folg lich gar nichts mit. Es war eine Er leich te rung,

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    et was Dampf ab zu las sen, aber ich war noch nicht be reit, al les raus zu las sen. Das hob ich mir für spä ter auf, wenn mein Dad schlief und ich wach lag und da rü ber sin nier te, wie schreck lich ge wöhn lich mei-ne Al ters ge nos sen wa ren. Wenn es doch nur ei nen gäbe, der un ge wöhn lich wäre, dann wäre ich auch end lich mei ne Ein schlaf prob le me los.

    Am nächs ten Mor gen sto cher te ich in mei nem Früh stück he rum. Die ein zi gen Ce re a li en, die Dad in sei nem Kü chen schrank hat te, wa ren Fisch flo-cken. Nach dem ich mich an ge zo gen hat te, sah ich in den Spie gel. Ein teig wangi ges Mäd chen mit lan-gen dunk len Haa ren, blas ser Haut und dunk len Au-gen starr te zu rück. Blöd sinn! Mann, wäre das viel-leicht un heim lich! Da starr te na tür lich bloß ich zu rück. Ich kämm te mir rasch die Haa re, nahm mei nen Ruck sack und kämpf te mich seuf zend die Strick lei ter in mei nen Truck em por. Hof fent lich gab es kei ne Vam pi re an die ser Schu le.

    Auf dem Schul park platz stell te ich mei nen Truck in die ein zi ge Lü cke, in die er pass te: den Stell-platz des Rek tors und den des Kon rek tors. Ab ge-se hen von mei nem Truck stach ei nem nur ein an-de res Auto ins Auge; ein Renn wa gen mit An ten nen über all auf dem Dach. Wel che Sor te Mensch wohl so ei nen schi cken Un ter satz fuhr?, frag te ich mich, als ich durch die schwe re Ein gangs tür trat. Kei ne Sor te Mensch, die mir je über den Weg ge lau fen war.

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    Im Sek re ta ri at saß eine rot haa ri ge Frau hin ter dem Schreib tisch. »Was kann ich für dich tun?«, frag te sie und be äug te mich durch ihre Bril le. Of-fen bar ver such te sie mich nach mei nem Aus se hen zu be ur tei len. Als tief mys te ri ö se Per son hal te ich sol chen Ver su chen aber stand. Sie war blass, wie ich, aber auf eine gro ße, fett lei bi ge Art.

    »Sie ken nen mich nicht – ich bin neu hier«, sag te ich, tak tisch ge schickt. Das Letz te, was der Bür ger-meis ter jetzt noch brau chen konn te, war, dass die Toch ter des Fens ter put zers ent führt wur de. Doch die Sek re tä rin starr te mich trotz dem an. Mein Ruhm war mir of fen sicht lich vo raus ge eilt.

    »Und was kann ich für dich tun?«, wie der hol te sie.

    Ich wuss te, dass sie mir wahr schein lich bloß hel-fen woll te, weil ich die Toch ter des Fens ter put zers war, das Mäd chen, über das je der sprach, seit mein Flug zeug ges tern ge lan det war. Und ich wuss te, was sich die Leu te über mich er zähl ten: »Belle Goo se: Kö ni gin, Krieg erin, Bil der buch le se rin.« Schlau, wie ich war, be schloss ich, die Leu te noch in ih ren Vor ur tei len zu be stär ken.

    »Sa lut! Comm ent al lez-vous s’il vous pla ît … Oh, tut mir leid. Wie pein lich. In mei ner al ten High-school in Phoe nix hat te ich Fran zö sisch; manch mal platzt es ein fach so aus mir he raus. Wie dem auch sei, um es auf Eng lisch zu sa gen: Wis sen Sie, wo mei ne nächs te Stun de ist?«

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    »Si cher. Wol len wir mal ei nen Blick auf dei nen Stun den plan wer fen …«

    Ich nahm ihn aus mei ner Ta sche und über ließ ihn ih ren blei chen, pum me li gen Fin gern, von de nen ei-ner durch ei nen Di a mant ring ge quetscht war wie ein Würst chen durch ei nen Lauf kno ten. Ich lä chel-te sie an. Sie war ge nau die Art Frau, die eine dank-ba re Ehe frau ab gab.

    »Sieht so aus, als ob dei ne ers te Stun de Eng lisch wäre.«

    »Aber ich habe frü her schon Eng lisch be legt. So-gar schon meh re re Se mes ter lang.«

    »Mar kier hier bloß nicht die Schlaue, jun ge Dame.«

    Sie wuss te also, dass ich schlau war. Ge schmei-chelt ließ ich ihr ih ren Wil len. »Wis sen Sie was? Ich gehe hin. Ich mei ne, wie so ei gent lich nicht?«

    »Den Flur run ter und dann nach rechts«, sag te sie. »Raum 201.«

    »Dan ke«, sag te ich. Es war noch nicht ein mal Mit tag, und schon hat te ich eine Freun din ge fun-den. Denn Freun din nen wa ren wir in zwi schen – was sie wahr schein lich längst ge ahnt hat te. War ich ei-ner die ser Men schen, die an de re mag ne tisch an zo-gen? Zu ge ge ben, sie war in den bes ten Jah ren, aber das er gab durch aus Sinn. Mei ne Mom hat schon im-mer ge sagt, ich sei sehr reif für mein Al ter, be son-ders, weil ich den Ge schmack von Kaf fee mit hei ßer Scho ko la de und Zu cker und Milch wirk lich schät

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    ze. Ich schlen der te er wach sen zu Raum 201, warf die Tür auf und stu dier te mei ne Klas sen ka me ra den mit em por ge reck tem Kinn. Der gan zen Klas se muss te klar sein, dass ich mit äl te ren Leu ten be freun det war.

    Der Leh rer über flog sei ne An we sen heits lis te. »Und du musst wohl … Belle Goo se sein.«

    Die se gan ze Auf merk sam keit wur de mir all mäh-lich fast ein we nig pein lich.

    »Nimm doch Platz«, sag te er.Lei der war die Stun de zu ober fläch lich, um mein

    In te res se zu we cken: Das Er zähl werk von James Joyce, Tho mas Py nc hon, Da vid Foster Wall ace und Ayn Rand aus den ver schie de nen Blick win keln von Derr ida, Fou ca ult, Freud, Dr. Som mer, Dr. Dre und Dr. Oet ker. Ich stöhn te laut, wäh rend der Leh rer vor sich hin lei er te und uns mit den ein zel nen Na-men be kanntmach te. Ich wür de mei ne Mom bit-ten müs sen, mir et was in te res san te ren Le se stoff zu schi cken, zum Bei spiel die Es says, die ich letz tes Jah r ge schrie ben hat te.

    Als die Glo cke er tön te, dreh te sich der Jun ge ne-ben mir er war tungs ge mäß zu mir und sprach mich an.

    »Ent schul di ge«, sag te er, wohl in der Hoff nung, dass ich mich in ihn ver lieb te. »Dei ne Ta sche ist mir im Weg.«

    Ich hat te es doch ge wusst. Er war der to ta le »Dei-ne-Ta sche-ist-mir-im-Weg«-Typ.

    »Ich hei ße Belle«, sag te ich. Ich frag te mich, was

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    an mir über ra schen der war – mei ne Ell bo gen, die von Na tur aus spitz wa ren, oder dass mir Be liebt-heit nicht das Ge rings te be deu te te, auch wenn ich alle Bü cher über das Be liebt sein ge le sen hat te, so dass ich durch aus be liebt sein konn te, wenn ich nur woll te. »Du kannst mich zu mei ner nächs ten Stun-de be glei ten.«

    »Hm, na gut«, sag te er, heiß vor Ver lan gen. Un-ter wegs führ te er Small talk da rü ber, wie man ihn als Kind aus ge setzt hat te, und er erst wie der ru hig schla fen wür de, wenn er ge rächt wäre. Er hieß Tom. Die Leu te, an de nen wir vor bei ka men, ver such ten, un ser Ge spräch zu be lau schen, weil sie na tür lich hoff ten, dass ich das Ge heim nis mei ner Ver gan gen-heit lüf te te.

    »Und, wie ist es so in Phoe nix?«, frag te er be-schwö rend.

    »Heiß. Und im mer son nig.«»Echt? Wow.«»Du klingst über rascht. Wahr schein lich über-

    rascht es dich, wie hell häu tig ich bin, wo ich doch aus ei ner so hei ßen Ge gend kom me.«

    »Hmm. Ein biss chen blass bist du wahr schein lich schon.«

    »Ge nau – ich bin schon halbtot«, scherz te ich, äu ßerst wit zig. Er lach te nicht. Ich hät te wis sen sol-len, dass nie mand in Switch blade mei nen Sinn für Hu mor tei len wür de. Es war, als hät te man hier noch nie et was von Sar kas mus ge hört.

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    »Hier ist dei ne Klas se«, sag te er, als wir den Tri-go no met rie saal er reich ten. »Viel Glück!«

    »Dan ke. Viel leicht ha ben wir ja noch ei nen an-de ren Kurs zu sam men«, sag te ich, um ihm ei nen Grund zum Weit er le ben zu ge ben.

    Tri go no met rie war das üb li che Bla bla über For-meln, die wir dann so wie so auf un se ren Ta schen-rech nern spei cher ten, und So zi al kun de war das üb li-che Bla bla, dass wir mor gen die Gren ze über que ren und Ka na da an grei fen wür den. Nichts, was ich nicht schon an mei ner al ten Schu le ge hört hät te.

    Ein Mäd chen be glei te te mich in die Ca fe te ria zum Mit tag es sen. Sie hat te bu schi ges brau nes Haar, das zu ei nem Pfer de schwanz ge bun den war, der viel leicht eher ein Eich hörn chen schwanz war, be-dach te man ihre glän zen den Eich hörn chen au gen. Ich hat te das Ge fühl, sie von ir gend wo her zu ken-nen, kam aber nicht da rauf.

    »Hi«, sag te sie. »Ich glau be, ich bin in all dei nen Kur sen.« Des halb kam sie mir so be kannt vor! Sie er in ner te mich an ein Eich hörn chen, mit dem ich in Phoe nix viel rum ge han gen hat te.

    »Ich hei ße Belle.«»Ich weiß. Wir ha ben uns schon vor ge stellt. So

    um die vier Mal.«»Oh, tut mir leid. Es fällt mir echt schwer, mir

    un wich ti ge Din ge zu mer ken.«Sie sag te mir nochmal ih ren Na men. Lu lu lu? Za-

    gra ziea? Es war ei ner die ser schwer zu be hal ten den

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    Na men. Dann frag te sie mich, ob ich Lust hät te, mit ihr zu es sen. Ich blieb im Flur ste hen, öff ne te mei nen Ter min ka len der und schau te un ter Mon tag um 12:00 Uhr nach.

    »Frei!«, rief ich. Ich krit zel te mit Blei stift »Mit-tag es sen mit Klas sen ka me ra din« hi nein und hak te es ab, wäh rend wir an stan den. In die sem Jahr wür de ich end lich an fan gen, Ord nung zu hal ten.

    Wir sa ßen mit Tom und ein paar an de ren Lang-wei lern an ei nem Tisch. Sie stell ten mir un ab läs sig boh ren de Fra gen zu mei nen Hob bys. Ich brach-te ih nen scho nend bei, dass sol che Ein zel hei ten im Grun de nur mich und mei ne po ten zi el len Freun de et was an gin gen.

    Und da sah ich ihn. Er saß ganz al lei ne an ei nem Tisch und aß noch nicht ein mal et was. Er hat te ein gan zes Tab lett voll Pommes vor sich ste hen, rühr te sie aber nicht an. Wie konn te ein Mensch eine sol-che Por ti on Pommes vor sich ste hen ha ben und ihr wi der ste hen? Noch ei gen ar ti ger war, dass er mich nicht be merkt hat te, mich, Belle Goo se, zu künf ti ge Os car-Preis trä ge rin.

    Vor ihm auf dem Tisch be fand sich ein Lap top. Er starr te auf merk sam auf den Bild schirm und ver-eng te sei ne Au gen zu Schlit zen und rich te te die se Schlit ze auf den Schirm, als sei die phy si sche Un-ter wer fung die ses Bild schirms das Ein zi ge, wo rauf es ihm an kä me. Er war mus ku lös – wie ein Mann, der ei nen so leicht wie ein Pos ter an die Wand pin-

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    nen konn te, und doch schlank – wie ein Mann, der ei nen lie ber in sei nen Ar men hal ten wür de. Er hat te röt li ches, blond brau nes Haar, das ge pflegt war, aber nicht so ge pflegt, dass man ihn gleich für schwul hielt. Er sah äl ter aus als die an de ren Jungs im Raum – viel leicht nicht so alt wie Gott oder mein Va ter, aber doch wie ein brauch ba rer Er satz. Man stel le sich ein fach vor, man hät te jede Frau nach ih-rem In be griff ei nes schar fen Ty pen ge fragt und den Durch schnitt dann in ei nen Mann ge gos sen. Dies war die ser Mann.

    »Was ist das?«, frag te ich, und wuss te, was auch im mer es war, es war kein Nor mal sterb li cher.

    »Das ist Edw arz Mul len«, sag te Lu lu lu.Edw arz. Ich hat te noch nie ei nen Jun gen na mens

    Edw arz ge trof fen. Ge nau ge nom men hat te ich noch gar kein mensch li ches We sen ge trof fen, das Edw arz hieß. Der Name klang lus tig. Viel lus ti ger als bei-spiels wei se Ed ward.

    Es schie nen Stun den zu ver ge hen, in de nen wir ihn an starr ten, doch ei gent lich konn te es nicht län-ger als die ge sam te Mit tags pau se ge we sen sein. Und plötz lich schnell te sein Blick auf mich zu, glitt über mein Ge sicht und bohr te sich wie Reiß zäh ne in mein Herz. Dann, blitz schnell, rich te te sich sein Blick wie der fins ter auf den Bild schirm.

    »Er ist vor zwei Jah ren aus Alas ka hier herge zo-gen«, sag te sie.

    Er war also nicht nur blass wie ich, er war auch

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  • UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

    Frau Meier

    Bis(s) einer weintDie große Stephenie-Meyer-Parodie

    DEUTSCHE ERSTAUSGABE

    Taschenbuch, Broschur, 208 Seiten, 11,8 x 18,7 cmISBN: 978-3-453-52706-5

    Heyne

    Erscheinungstermin: April 2010

    Edward, hör' endlich auf zu jammern - und beiß zu! Millionen junger Frauen, Mütter und Großmütter weltweit sind der bis(s) zu Tränen rührendenLiebesgeschichte von Bella und ihrem Vampir schwarm Edward verfallen. Und die Millionenjunger Männer, Väter und Großväter? Wurden schnöde vernachlässigt! Hier erfahren sie undalle anderen endlich, warum das langsamste Techtelmechtel aller Zeiten tatsächlich so langegedauert hat. Die ultimative Parodie auf Stephenie Meyers Millionen-Bestseller.

    http://www.randomhouse.de/book/edition.jsp?edi=339037