META4 - Elbphilharmonie · 2016. 10. 20. · Kaija Saariaho: Terra memoria Sie erzeuge »akustische...

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27. OKTOBER 2016 LAEISZHALLE KLEINER SAAL M ETA4

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2 7. O K T O B E R 2 016L A E I S Z H A L L E K L E INE R S A A L

META4

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Donnerstag, 27. Oktober 2016 | 20 Uhr | Laeiszhalle Kleiner Saal

19 Uhr | Einführung im Studio E mit Niklas Rudolph

META4ANTTI TIKKANEN VIOLINE

MINNA PENSOLA VIOLINE

ATTE KILPELÄINEN VIOLA

TOMAS DJUPSJÖBACKA VIOLONCELLO

Kaija Saariaho (1952)

Terra memoria (2007)

ca. 20 Min.

Dmitri Schostakowitsch (1906–1975)

Streichquartett Nr. 4 D-Dur op. 83 (1949)

AllegrettoAndantinoAllegrettoAllegrettoca. 25 Min.

Pause

Ludwig van Beethoven (1770–1827)

Streichquartett a-Moll op. 132 (1825)

Assai sostenuto – AllegroAllegro ma non tantoMolto adagio (Heiliger Dankgesang eines Genesenen an die Gottheit, in der lydischen Tonart) – Andante (Neue Kraft fühlend)Alla marcia, assai vivaceAllegro appassionatoca. 45 Min.

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Stets im Stehen – so lautet die Devise von Meta4. Dass das finnische Streichquartett zu den Senk-rechtstartern der Branche zählt, könnte durchaus auch an ihrer Spielhaltung liegen. Die erlaubt näm-lich eine größere Flexibilität in den Bewegungen und damit auch im Zusammenspiel, als es zumeist sitzenden Kollegen gegeben ist. Dazu kommt noch, dass sich die Finnen mit Vorliebe auf die großen, emotional hochintensiven Werke der Quartett-literatur stürzen – so auch am heutigen Abend. Auf dass am Ende nicht nur die Musiker stehen, sondern auch die Härchen an Ihren Armen. Vor Gänsehaut.

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CINEASTISCHE MUSIK

Kaija Saariaho: Terra memoria

Sie erzeuge »akustische Bilder von magnetischer Kraft« schrieb der Guardian einmal über Kaija Saariaho und die besondere Sogwirkung ihrer Musik. Und in der Tat: Den sinnlichen, klang-lich oft überbordenden Werken der finnischen Komponistin kann man sich nur schwer entziehen. Das liegt (auch) daran, dass sie komplexe Strukturen nicht als Selbstzweck begreift, sondern als Mittel zur Erzeugung von musikalischer Schönheit.

Denn Kaija Saariaho, die als einzige Frau ihrer Klasse an der Sibelius-Akademie und anschließend in den 70ern bei den Neue-Musik-Koryphäen Klaus Huber und Brian Ferneyhough in Freiburg studierte, erkannte schon früh, das sich ihr Weg von dem ihrer Lehrer unterscheiden würde. »All diese Komplexität – aber für welches akustische Ergebnis? Es ist nicht erlaubt, einen Puls zu komponieren, oder tonal orientierte Harmonien, oder Melodien. Ich hingegen konstruiere nicht irgendwelche Geheimnisse, die nur von Musikologen herauszufinden sind. Ich arbeite mit und für die Ohren! Alles ist zulässig, solange es mit gutem Geschmack gemacht wird.«

Auf den »Geschmack« kam Kaija Saariaho in Paris, wo sie ab 1982 ihr Studium am berühmten, von Pierre Boulez gegrün-deten Institut IRCAM im Centre Pompidou fortsetzte. Besonders die Möglichkeiten der Live-Elektronik und computergestützten Musik hatten es ihr angetan. Weitere Anregungen erhielt sie von Komponistenkollegen wie Gérard Grisey und Tristan Murail, die viel mit Obertönen experimentierten. Diese »Spektralmusik« entsprach Saariahos Klangsinn, der laut eigener Aussage von Lichtern und Farben angeregt und stets »cineastisch« gedacht ist. Vielleicht ist das der Grund, warum ihre Kompositionen fast immer Titel wie etwa Orion, Laterna Magica oder Lichtbogen tra-gen. Auf diese Weise erhalten sie etwas Bildhaftes: »Für mich ist ein Titel sehr wichtig, denn ich möchte eine persönliche musikalische Form finden. Es hilft mir dabei, mein Material zu

Kaija Saariaho über das Streich-quartett: »Ich liebe den Reichtum und die Sensibilität des Streicher-

klangs, und trotz meines spar-samen Beitrags zu dieser Gattung:

wenn ich für Streichquartett komponiere, fühle ich, dass ich in

den inneren Kern der musikali-schen Kommunikation vordringe.«

entwickeln.« Statt konkreter Aussagen kreiert Saariaho allerdings vielmehr eine abstrakte Atmosphäre.

Auch ihr zweites Streichquartett, das 2007 im Abstand von 20 Jahren zum ersten entstand, trägt einen Titel: Terra memoria. Saariaho widmete das Stück »denjenigen, die gestorben sind«, wobei nicht die Trauer im Vordergrund steht, sondern vielmehr das Nostalgische, das uns mit Verstorben verbindet: »Wir halten die Erinnerung an die Menschen, die nicht länger bei uns sind, aufrecht. Das Material – ihr Leben – ist vollendet, es wird nichts mehr hinzugefügt. Wir, die zurückgeblieben sind, erinnern uns fortwährend an die gemeinsamen Erleb-nisse und die verschiedenen Aspekte ihrer Persönlichkeit. Manche Erinnerungen verfolgen uns sogar bis in unsere Träume. Nach vielen Jahren verändern sich einige dieser Erinnerungen, während andere wie klare Blitze zurückbleiben.« Diese Gedanken ließ Saariaho ganz unmittelbar in ihre Musik einfließen, indem sie einen Teil des musikalischen Materials transformiert, während der andere nahezu unverändert und klar erkennbar bleibt. Darauf verweist bereits der asso-ziationsreiche Titel: »Die Erde steht für mein Material und Erinnerung für die Art, wie ich damit arbeite.«

Was die Interpretation ihrer Werke allgemein und von Terra memoria insbe-sondere betrifft, gewährt die Komponistin größte Freiheit, etwa in Bezug auf das Tempo. »Musik ist flexibel. Mir ist es wichtig, dass sich die Musiker durch meine Musik selbst ausdrücken können. In diesem Sinne sehe ich mich als romantische Komponistin.« Damit haben die Vier von Meta4 Saariahos Segen, das Werk im heutigen Konzert so expressiv zu gestalten, wie sie möchten. Simon Chlosta

DIE MUSIK

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Foto linke Seite: Der 1. Kongress des Sowjetischen Komponistenverbands 1948. Seine Losung: »Es lebe das große unbesiegbare Banner Marx’ - Engels’ - Lenins - Stalins! Es lebe der Leninismus!«

AM RANDE DES ABGRUNDS

Dmitri Schostakowitsch: Streichquartett Nr. 4

Vielleicht hatte Dmitri Schostakowitsch gedacht, es sei nun ausgestanden. Im Jahr 1936 war er heftig mit dem Sowjetregime aneinandergeraten, als seine Oper Lady Macbeth von Mzensk in der nationalen Zeitung Prawda als »Chaos statt Musik« beschimpft worden war. Doch mit seiner 7. Sinfonie, der Leningrader, hatte er sich sein Ansehen 1941 zurückerkämpft. Vielleicht hatte er gedacht, schlimmer könne es nun nicht mehr kommen.

Es kam schlimmer. Kurz nach dem Krieg zog die Kommunistische Partei die Schrauben für Künstler noch einmal enger an. Literatur, Theater, Film und auch die Musik sollten ausschließlich den Staatszielen dienen. In der Parteiresolution vom 10. Februar 1948 hieß es: »Es steht schlecht um die Sinfonie und die Oper. Besonders die Werke der Genossen Schostakowitsch, Prokofjew und anderer verraten formalistische Bestrebungen und antidemokratische Tendenzen, die dem sowjetischen Volk und seinem künstlerischen Geschmack fremd sind. Zu den charakteristischen Eigenschaften einer solchen Musik gehören Atonalität, Dissonanz und Disharmonie, die angeblich ein Ausdruck für ›Neuerung‹ und ›Fortschritt‹ in der musikalischen Entwicklung sein sollen und die die Musik in Kakophonie verwandeln.«

In der Folge verlor Schostakowitsch nicht nur Kompositions-aufträge und Auftrittsmöglichkeiten, sondern auch seine beiden Professuren an den Konservatorien in Moskau und Leningrad. Persönlich, künstlerisch, moralisch und auch finanziell stand er am Rande des Abgrunds.

Wie nun reagieren? 20 Jahre später gab Schostakowitsch einem jungen Kollegen einen zynischen Tipp fürs Leben, der »auf eigener Erfahrung« beruhe: »Wenn man dich auf Befehl des ›Großen Führers und Lehrers‹ von oben bis unten mit Schmutz übergießt, wage ja nicht, dich zu säubern. Verbeuge dich und bedanke dich! Es wird sowieso niemand deinen feind-lichen Ansichten Beachtung schenken.« Beim Ersten Kongress Sowjetischer Komponisten im April 1948 griff er also zum Mik-rofon und kroch demonstrativ zu Kreuze: »Ich weiß, dass die Partei recht hat, dass es die Partei gut mit mir meint und dass es meine Aufgabe ist, Wege zu finden, die mich zum sozialisti-schen, realistischen und volksnahen Schaffen führen.«

Was für ein Lippenbekenntnis! In Wahrheit geriet er in eine tiefe Sinnkrise. Aus Angst vor Verhaftung und Gulag ließ er sich fortan als Aushängeschild sowjetischer Kultur benutzen, trug vorgeschriebene Reden vor und schmeichelte der Regierung mit Propagandamusik. Doch was ihm wirklich am Herzen lag, verschwand in der Schublade – auch das Streichquartett Nr. 4. Schostakowitsch ging in die innere Emigration.

Erst nach Stalins Tod 1953 stand Schostakowitschs Rück-kehr ins Musikleben nichts mehr im Wege. Süffisant nutzte er ausgerechnet die Prawda, um mit den Kulturkommissaren abzurechnen: »Die Dogmatiker legen den Begriff des Tragischen in der Kunst völlig falsch aus, indem sie ihn in primitiver Weise mit Pessimismus gleichsetzen. Sie übersehen dabei, dass in der Kunst aller Länder und Zeiten tragische Werke immer die am stärksten lebensbejahenden waren. Das gilt zum Beispiel für Shakespeare, Goethe, Tolstoi, Beethoven oder Tschaikowsky.«

Und für Schostakowitsch, könnte man hinzufügen. Auch in seiner Musik kommt vordergründiges Pathos meist doppelbö-dig daher, während trauriger Musik gleichzeitig immer auch ein Hoffnungsschimmer innewohnt. Nun, nach Stalins Tod, konnte Schostakowitsch seine jüngsten, bislang unter Verschluss gehaltenen oder nur in Hauskonzerten erprobten Werke endlich der Öffentlichkeit vorstellen.

DIE MUSIK

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Schostakowitsch liest die Prawda

DER MOUNT EVEREST DER KAMMERMUSIK

Ludwig van Beethoven: Streichquartett a-Moll op. 132

Als »Mount Everest der Kammermusik« gelten Ludwig van Beethovens späte Streichquartette, zu denen auch das in a-Moll mit der Opusnummer 132 zählt. Nicht wenige Interpreten und Hörer schrecken vor den gewaltigen Dimensionen, konditionell atemraubenden Steigungen und tiefgründigen Schluchten dieser Werke zurück. Das war schon bei der Uraufführung 1825 so, die die Allgemeine Musikalische Zeitung ratlos kommentierte: »Was unser musikalischer Jean Paul hier gegeben hat, ist abermals groß, herrlich, ungewöhnlich und originell, muss aber nicht nur öfters gehört, sondern eigentlich studiert werden. Der vorherr-schende düstere Charakter, die Einförmigkeit in dem sehr langen Adagio, freilich aber auch die unerträgliche Hitze in dem gedrängt vollen Saale mochten die Ursache sein, weshalb dieses jüngste Geisteskind des unerschöpflich fruchtba-ren Meisters keine allgemeine Sensation machte.«

Auslöser der Komposition war Fürst Nikolaus von Galitzin, selbst begeisterter Hobby-Cellist. Ende 1822 schrieb er Beethoven aus St. Petersburg und gab »ein, zwei oder drei« neue Quartette in Auftrag, für die er ein hohes Honorar in Aus-sicht stellte. Ob er allerdings den technischen Anforderungen und der Komplexi-tät der drei Werke gewachsen war, die Beethoven ihm drei Jahre später schickte und unter denen sich auch das a-Moll-Quartett fand, darf bezweifelt werden.

Der erste Satz lebt von zwei Elementen, die sich sehr gut heraushören lassen und beide vom Cello vorgestellt werden. Einerseits eine Folge von vier Tönen mit zwei Halbtonschritten: Dieses Motiv prägt als Fuge nicht nur die mystische Einleitung, sondern taucht an fast allen Nahtstellen des Satzes wieder auf. Das zweite Element ist eine wellenförmige Geste, die in punktierten Noten an- und abschwillt. Manchmal benutzt Beethoven das chromatische Viertonmotiv sogar zur Begleitung des Wellenmotivs. Der zweite Satz beginnt mit einem ähnlichen Thema, das ebenfalls Halbton-Intervalle und einen merkwürdig suchenden Cha-rakter aufweist. Auch hier spaltet Beethoven einzelne Melodiefetzen ab, die dann versetzt durch alle vier Stimmen geistern. Entspannung bringt erst das Trio, in dem Liegetöne an einen Dudelsack denken lassen.

Nicht nur der Symmetrie wegen ist der dritte der fünf Sätze das Herzstück des Quartetts: Er nimmt fast die Hälfte der Gesamtspielzeit ein. Beethoven über-schreibt ihn – und das ist wirklich ungewöhnlich – mit einem expliziten Titel: »Heiliger Dankgesang eines Genesenen an die Gottheit, in der lydischen Tonart«.

Schostakowitschs Rückzug ins Private drückt sich im Vierten Streichquartett in einer verinnerlichten, lyrischen Musik aus, die sich überwiegend im Piano-Bereich bewegt und so alles Pathos ablegt. Schon der Kopfsatz klingt wie friedliche Volksmusik: Der Grundton D bleibt über fast die Hälfte des Satzes unverändert liegen, darüber entspinnen sich verschlungene Melodien, eine Art meditative Dudelsack-Improvisation.

Diese ungewöhnliche Kompositionsweise erklärt sich aus dem letzten Satz des Quartetts, der – nach einem ausgiebigen Bratschen-Rezitativ – ganz unver-hohlen jüdische Volksmusik serviert. Mit modaler Harmonik und Polka-Beat, mit fröhlichen Tanzweisen und langgezogenen Klagegesängen lässt Schostakowitsch die untergegangene Welt des jüdischen Schtetl wiederauferstehen, genau wie im zeitgleich entstandenen Liedzyklus Aus jüdischer Volkspoesie. Exakt diese offen-kundige Verneigung vor dem jüdischen Erbe hatte die frühere Veröffentlichung der Werke unmöglich gemacht, lief sie doch dem gar nicht so unterschwelligen Antisemitismus der sowjetischen Diktatur zuwider.

Zwischen dem ersten und letzten Satz des Quartetts liegen ein fahles, ver-huschtes Scherzo an dritter Stelle sowie ein lyrisches Andantino, das zu den berührendsten Stücken zählt, die Dmitri Schostakowitsch je komponierte. Falls Sie dieses Heft gerade lesen, wenn dieser Satz kommt, legen Sie es bitte weg und hören Sie zu. Clemens Matuschek

DIE MUSIK

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Man muss schon ein bisschen in Beethovens Biografie blättern, um dieser merk-würdigen Überschrift auf die Spur zu kommen: Während der Arbeit am Quartett erkankte Beethoven stark, wahrscheinlich an einer Darmentzündung. Im April 1825 bat er seinen Hausarzt Dr. Anton Braunhofer um Hilfe, der ihm daraufhin den Genuss von Kaffee und Wein verbot und ihn zur Kur schickte. Beethoven gehorchte widerwillig, und siehe da: sein Zustand besserte sich. Er bedankte sich bei Braunhofer mit einem kleinen Kanon (»Doktor sperrt das Tor dem Tod, Note hilft auch aus der Not«) und komponierte das Gefühl grenzenloser Dankbarkeit, das jeder kennt, der sich einmal mit Beethovens Symptomen herumgeschlagen hat, direkt in sein neues Quartett hinein. Der Satz beginnt langsam und erinnert durch die Verwendung der altertümlichen »lydischen« Kirchentonart an einen Choral. Doch plötzlich ändert sich die Stimmung; die Erste Geige trillert fröhlich drauflos. »Neue Kraft fühlend« schrieb Beethoven an dieser Stelle in die Partitur, und so fühlt man noch heute.

Im vierten Satz erlaubt sich Beethoven einen ziemlich hinterhältigen Scherz: Der Auftakt der Ersten Violine und der Einsatz der anderen Stimmen suggerieren einen stampfenden Dreiertakt. Doch wer versucht mitzuzählen, gerät schnell in Verwirrung: In Wahrheit handelt es sich um einen Vierertakt, der vermeintliche Auftakt ist gar keiner! Mit einem quasi freien Rezitativ leitet die Erste Geige am Ende des kurzen Intermezzos dann zum drängenden Finalsatz über. Eigent-lich war dieses Allegro appassionato als Schlusssatz der Neunten Symphonie gedacht. Doch als Beethoven auf die geniale Idee kam, dort einen Chor und Schillers Ode an die Freude einzubauen, verarbeitete er das Thema eben in die-sem Quartett – genau das richtige Finale für Kammermusik in derartigen sym-phonischen Dimensionen.

Clemens Matuschek

DIE MUSIK

ALAIN PLATEL / STEVEN PRENGELS, BERLINDE DE BRUYCKERE, LES BALLETS C DE LA B:

NICHT SCHLAFEN MAHLER-PROJEKT2 4.–26.11 .2016 / 20:00

TICKETS: K AMPNAGEL .DE / 040 2 70 949 49

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»Gustav Mahlers Musik fängt die Unruhe und die emotionale Aufgewühltheit ein, die die Menschen zu seiner Zeit verspürt haben. In diesem Sinne ist es besonders interessant, ihn in die heutige Zeit zu holen.« Alain Platel im Interview im WDR

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Schostakowitsch-Quartetts erhielt. 2007 erspielte sich Meta4 zudem den Ersten Preis beim internationalen Joseph-Haydn-Kammermusikwettbewerb in Wien. Der finnische Kulturminis-ter zeichnete die Musiker mit dem Finnland-Preis aus, der an vielversprechende junge Künstler des Landes verliehen wird. Von 2008 bis 2010 war Meta4 Teil des New Generation Artist Programms der BBC.

Das Repertoire von Meta4 umfasst Werke von Haydn bis zur Avantgarde, von denen dem Ensemble einige auch gewidmet sind oder von ihm in Auftrag gegeben wurden. Bekannt ist das Quartett vor allem für die Interpretation skandinavischer Werke, etwa von Grieg oder Sibelius oder zeitgenössischen Komponis-ten wie Esa-Pekka Salonen, Aulis Sallinen, Sunleif Rasmussen oder, wie im heutigen Konzert, Kaija Saariaho. Zunehmend erproben die vier Musiker auch Formate, in denen sie neben Streichquartetten auch Solo- oder Duo-Stücke spielen.

Gleich für seine erste CD-Einspielung mit drei Streich-quartetten von Joseph Haydn erhielt Meta4 2009 den Preis der Deutschen Schallplattenkritik; ein Jahr später erfolgte der Echo Klassik. Seither hat das Ensemble Schostakowitschs Streich-quartette Nr. 3, 4 und 7 eingespielt (ebenfalls mit herausragen-den Kritiken), ein Album mit Kammermusik von Kaija Saariaho sowie Sibelius’ Streichquartett »Voces intimae«. Zuletzt erschien eine CD mit den Streichquartetten Nr. 1 und 5 von Béla Bartók.

Die Mitglieder des Quartetts schätzen sich glücklich, heraus-ragende Instrumente spielen zu dürfen: Eine Stradivari von 1702, eine Carlo-Bergonzi-Violine, eine Guidantus-Viola von 1737 und ein Cello von Lorenzo Storioni aus dem Jahr 1780. Durch diese Instrumente und die Tatsache, dass die Musiker im Stehen spie-len, erzielt Meta4 seinen tragenden und ausbalancierten Klang.

META4

Fünfzehn Jahre nach seiner Gründung hat sich das finnische Streichquartett Meta4 als eines der herausragenden Ensembles der internationalen Kammer-musik-Szene etabliert – mit Auftritten im Wiener Konzerthaus, in der Londoner Wigmore Hall, der Cité de la Musique Paris oder im Konserthus Stockholm.

Das Quartett studierte bei Hatto Beyerle vom Alban Berg Quartett und Johan-nes Meissl vom Wiener Artis-Quartett. Seinen Durchbruch feierte es 2004 mit dem Ersten Preis beim Internationalen Schostakowitsch-Quartettwettbewerb in Moskau, bei dem es auch den Sonderpreis für die beste Interpretation eines

Antti Tikkanen Violine Minna Pensola Violine Atte Kilpeläinen Viola Tomas Djupsjöbacka Violoncello

DIE KÜNSTLER

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DIE PLAZA DER ELBPHILHARMONIE

Endlich ist es soweit! Ab Samstag, 5. November steht die Plaza der Elbphilharmonie allen Hamburgern und Besuchern als öffentlicher Raum zur Verfügung. Sie befindet sich an der Naht-stelle des alten Kaispeichers und des gläsernen Neubaus auf 37 Metern Höhe und gibt die wohl spektakulärste Aussicht über Hamburg und den Hafen frei. Aus Platzgründen wird der Zugang über die Ausgabe von Zählkarten geregelt, die entweder vor Ort kostenlos (nach Verfügbarkeit) für den selben Tag erhätlich sind oder für eine Gebühr von € 2 pro Ticket online vorreserviert werden können.

Ab 5.11.2016 | täglich von 9 bis 24 Uhr Alle Informationen unter www.elbphilharmonie.de/plaza

LOCKENHAUS ON TOUR

Lockenhaus – das ist schon seit vielen Jahren ein Synonym für ein Kammermusikfestival der besonderen Art. Spontan zusam-mengesetzte Ensembles, ein Repertoire, über das erst kurz vor dem Konzert entschieden wird, das alles gibt’s nur hier. Zum 35. Jubiläum holt der Cellist Nicolas Altstaedt, der das Kultfesti-val 2012 von dessen Initiator Gidon Kremer übernahm, den Geist von Lockenhaus nach Hamburg. Gesetzt sind lediglich seine Mit-musiker, darunter der Violinist Pekka Kuusisto und Alexander Lonquich am Klavier, sowie Schuberts Forellenquintett. Man darf gespannt sein, was sie noch so alles im Gepäck haben.

Do, 8.12.2016 | 20 Uhr | Laeiszhalle Kleiner Saal

GREATEST HITS FESTIVAL FÜR ZEITGENÖSSISCHE MUSIK

Wie schön die Musik der Gegenwart sein kann, zeigt nicht nur das heutige Werk von Kaija Saariaho. Auch das erprobte Festival »Greatest Hits« auf Kampnagel wirft allen Dünkel über Bord und stürzt sich mit Wonne in die geballten Klänge der Neuen Musik. Zu hören sind diesmal u.a. das Ensemble intercontemporain, der NDR Chor und das Ensemble Resonanz. Außerdem gibt es ungewöhnliche Formate wie einen Composer Slam oder inter-aktive Installationen. Programmatisch dreht sich in diesem Jahr alles um die USA und die Komponistenikonen John Cage und Morton Feldman.

17.–20.11.2016 | Kampnagel www.greatest-hits-hamburg.de

Die Aufzeichnung des Konzerts in Ton, Bild oder Film ist nicht gestattet.

IMPRESSUMHerausgeber: HamburgMusik gGmbH – Elbphilharmonie und Laeiszhalle BetriebsgesellschaftGeneralintendanz: Christoph Lieben-SeutterGeschäftsführung: Jack F. KurfessRedaktion: Clemens Matuschek, Simon ChlostaGestaltung und Satz: Mehmet Alatur / breeder designDruck: Flyer-Druck.de

Anzeigenvertretung: Antje Sievert, +49 (0)40 450 698 03, [email protected]

BILDNACHWEISSaariaho (Priska Ketterer); 1. Komponistenkongress der UdSSR (Der Spiegel); Schostakowitsch (Ullstein); Beethoven: Gemälde von Ferdinand Georg Waldmüller (1823); Meta4 (Noora Isoeskeli); Elbphilharmonie Plaza (Oliver Heissner); Lockenhaus (Balazs Borocz)

VORSCHAU

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WIR DANKEN UNSEREN PARTNERN

PRINCIPAL SPONSORSBMWMontblanc

FÖRDERSTIFTUNGENStiftung ElbphilharmonieKlaus-Michael Kühne StiftungKörber-StiftungHans-Otto und Engelke Schümann StiftungK. S. Fischer-StiftungHaspa Musik StiftungHubertus Wald StiftungErnst von Siemens MusikstiftungCyril & Jutta A. Palmer StiftungMara & Holger Cassens StiftungRudolf Augstein Stiftung

Freundeskreis Elbphilharmonie + Laeiszhalle e.V.

MEDIENPARTNERNDRDer SpiegelByte FMNDR Kultur

PRODUCT SPONSORSCoca-ColaHaweskoLavazzaMeßmerRuinartStörtebeker

CLASSIC SPONSORSAurubisBankhaus BerenbergBlohm+VossCommerzbank AGDG HYPReederei F. LaeiszGossler, Gobert & Wolters GruppeHamburger FeuerkasseHamburger SparkasseHamburger VolksbankHanseMerkur VersicherungsgruppeHSH NordbankJyske Bank A/SKPMG AGKRAVAG-VersicherungenM.M.Warburg & CONordakademie

sowie die Mitglieder desElbphilharmonie Circle

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