metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die...

29
Politik für alle – sicher, gerecht und selbstbestimmt DER GROSSE IG METALL-WAHLCHECK BUNDESTAGSWAHL 2017 Bezirk metall zeitung Mitgliederzeitung der IG Metall | Jahrgang 69 | September 2017 | D 4713 R Seite 28 Geld, Urlaub, Spaß Es lohnt sich, Mitglied in der IG Metall zu sein R Seite 23 R Seite 20 Ausbildung Metallerinnen und Metaller verbessern die Ausbildung in ihrem Betrieb Bezirk spezial Jugend

Transcript of metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die...

Page 1: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

Politik für alle – sicher,gerecht und selbstbestimmt

DER GROSSEIG METALL-WAHLCHECK

BUNDESTAGSWAHL 2017

Bezirk

metallzeitungMi t g l i e d e r ze i t u ng de r I G Me t a l l | J a h r g ang 69 | S e p t e m b e r 2 0 1 7 | D 47 13

R Seite 28

Geld, Urlaub, Spaß Es lohnt sich,

Mitglied in der IG Metall zu sein

R Seite 23R Seite 20

Ausbildung Metallerinnen und Metaller

verbessern die Ausbildung in ihrem Betrieb

Bezirk

spezial

Jugend

Page 2: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

2

>INHALT

4 Feiern und lernen Beim Jugendcamp der IG Metall am

Biggesee stand neben Party auch Politik auf dem Programm.

6 Gesundheit Die Versicherten der Barmer können bis zum

4. Oktober ihre Selbstverwaltung wählen. Beate Kautzmann

kandidiert bei der Barmer auf der Liste der IG Metall.

7 Antikriegstag Seit 60 Jahren erinnern die Gewerkschaften am1. September an die Schrecken zweier Weltkriege.

8 Im Gespräch ZumAusbildungsstart erläutert Christiane Benner,Zweite Vorsitzende der IGMetall, was »modern bilden« heißt.

10 Kampagne Auszubildende und Studierende erklären Politikern,was sich im Berufsbildungsgesetz ändern muss.

11 Leiharbeit Philipp Jochmann fiel zu spät auf, dass seine Ausbil-dung in die Leiharbeit führte. Aber immer noch früh genug, umsich zum Betriebsrat wählen zu lassen und einiges zu verbessern.

Bundestagswahl 2017:Wir checken die Pläne der ParteienWelchen Wert hat unsere Arbeit? Werde ich von meiner

Rente einmal gut leben können? Kurz: Wie gerecht geht

es künftig in unserem Land zu? Bei der Bundestagswahl

geht es um viel. Wir haben die Wahlprogramme der großen Parteien

durchleuchtet. Der Check zeigt, was für Beschäftigte drinsteckt.

16 Umfrage unter Bundestagsabgeordneten Was haben Metal-lerinnen und Metaller im Bundestag erreicht?

18 Arbeitszeitkongress In Mannheim diskutierte die IG Metallüber Arbeitszeiten, die zum Leben passen.

20 Ausbildungsqualität Drei junge Metaller erzählen, wie sie dieAusbildung in ihrem Betrieb verbessert haben.

22 Duales Studium Jurist Tjark Menssen erläutert, wie sich dualStudierende und Auszubildende rechtlich unterscheiden.

23 Geld, Urlaub, Spaß Warum sich die IG Metall auch für jungeMenschen in der Ausbildung lohnt.

24 Rechte und Pflichten Wozu sind Auszubildende verpflichtet?Welche Rechte haben sie? Wer seine Ausbildung startet, sollte diewichtigsten Antworten kennen.

26 Last minute Das Ausbildungsjahr hat zwar schon begonnen,aber es gibt noch offene Stellen. Wer noch sucht, kann sich an dieAgentur für Arbeit wenden. Sie vermittelt noch offene Stellen.

26 Weiterbildung Die Tarifverträge der IG Metall ermöglichenWeiterbildung auch in Teilzeit neben der Arbeit.

27 Chance für Studienabbrecher Wie der Wechsel in eine andereBerufsausbildung gelingen kann.

28 Aus den Bezirken

30 Lokales/Karikatur

31 Rätsel/Impressum

Die nächste Ausgabe liegt ab dem 7. Oktoberin Euren Briefkästen. Der Grund: Wir wollen über dieErgebnisse der Bundestagswahl berichten

eine unendliche Zahl von Situatio-nen. Es ist unmöglich, Software inall diesen Situationen zu testen. Eswird zu Unfällen kommen, weil dieSoftware falsch reagiert. Ein Autoist nicht allein auf der Straße. Ver-kehrsteilnehmer agieren nicht wieMaschinen immer gleich. Es istnoch ein langer Weg, bis mit Soft-ware soziales Verhalten richtiggedeutet werden kann.Klaus Stampfer, Bonstetten

Aus dem Herzen gesprochenmetallzeitung Juli/August 2017»Teilzeit ist schlecht für die Karriere«Ich hoffe, dass dieses wichtigeThema für uns Frauen in der Koali-tion Thema bleiben wird. Sie spre-chen vielen Frauen aus demHerzen.Stefanie Bauer, per E-Mail

>LESERBRIEFE

Debatte dringend nötigmetallzeitung Juli/August 2017»Moral und Maschine«DerTechnikphilosophkritisiert nichtdie bestehenden Machtverhältnisse.Das ist schade, denn da die Maschi-nen den Arbeitgebern gehören, be-stimmt ihr Einsatz die ausführendeArbeit mit. Über die jeweilig beste-hende Ungleichverteilung vonMachtchancen imZuge derDigitali-sierung –mit welchemAnteil an au-tonomen Maschinen auch immer –redet der Artikel nicht. Darüber zureden ist aber dringend notwendig.Michael Hesseler, Bremen

Meine Erfahrung als Softwareent-wickler ist, dass nicht ausreichendgetestete Software potenziell fehler-haft ist. Im Straßenverkehr gibt es

>REDAKTIONSSCHLUSS DIESER AUSGABE:21. August 2017

Antikriegstag Seit 60 Jahrengedenken die Gewerkschaften am1. September dem Schrecken derzwei Weltkriege .R Seite 7

Kampagne Junge Metallerinnen undMetaller erklären Politikern, was sich inder Bildung ändern muss. Dabei habensie schon einiges erreicht.R Seite 10

Foto

:dp

a/pa

Foto

:sh

ock

/foto

lia.d

e

12TITEL

Tite

lfoto

s:Rom

an

Bro

del,

Cord

ula

Kro

pke

metallzeitungSeptember 2017

Miche l leLever ing

MikeStoeck

EduardGer tner

Mar inaBorn

Page 3: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

3

Für Betrügereien geradestehenmetallzeitung Juli/August 2017»Das Auto muss sauberer werden«Während dieAutoindustrie zigMil-lionen in die Entwicklung von auto-nomen Autos investiert, klammertsie sich immer noch an eine veralteteAntriebstechnik. Der Markt fürElektromobilität wird stiefmütter-lich behandelt und Herstellern wieTesla oder Streetscooter überlassen.Felix Schacht, per E-Mail

Juli/August-RätselLösungsmotto: »Meine Zeit«

1. Preis: Daniel Jamin, Bedburg-Hau2. Preis: Dennis Mönnich, Oldenburg3. Preis: Marion Westphal, Hanau

>GEWONNEN

Geld, Urlaub, Spaß Ein Berichtdarüber, warum es sich gerade fürjunge Menschen lohnt, in der IG Me-tall zu sein.R Seite 23

Arbeitszeit Mehr Gerechtigkeitund Selbstbestimmung in der Ar-beitszeit diskutierte die IG Metallauf ihrer Konferenz.R Seite 18

Foto:alfexe/fotolia.de

Fotos:

MarkusLeiser,A

nnetteKasenb

acher,Thom

asRange,An

ne-M

arieKaufmann,DanielRothenb

erger,AlexanderN

eff,An

dreasGum

merer

metallzeitungSeptember 2017

Mitgestalten und verändern

Christiane Benner,Zweite Vorsitzende

der IG Metall

Ausbildung Die IG Metall kämpft füreine gute und zukunftssichere Ausbildung.

>EDITORIAL

Der erste Tag in der Ausbildung – daran kann ich mich noch guterinnern. Ihr auch, Kolleginnen und Kollegen? 50000 jungeMen-schen starten in unseren Betrieben in diesen Wochen mit einerBerufsausbildung oder einem dualen Studium ins Berufsleben.Vom ersten Tag an steht die IG Metall an ihrer Seite. Gemeinsammit Betriebsräten und Jugend- und Auszubildendenvertretungenkämpfen wir für eine bessere Qualität der Ausbildung. Digitali-sierung und Industrie 4.0. – unsere Wirtschaft und Arbeit wan-deln sich rasant. Gute Ausbildung muss da Schritt halten. DieIGMetall setzt sich etwa dafür ein, dass die Berufsschulen auf demneusten Stand sind. Ausbilderinnen und Ausbilder, Lehrerinnenund Lehrer brauchen die nötigen Fortbildungen.

Geht wählen! Viele junge Metallerinnen und Metaller haben vorOrt für gute Ausbildung Druck gemacht. Sie haben ganz direktAbgeordnete angesprochen und deutlich gemacht, wo der Schuhdrückt. Das Ergebnis: Viele Parteien haben die Verbesserung derberuflichen Bildung in ihreWahlprogramme zur Bundestagswahl2017 aufgenommen. Das Beispiel zeigt, dass es sich lohnt, mitzu-machen. Gemeinsam mit der IG Metall kann man etwas verän-dern! Das gilt auch für viele andere Themen. Die Bundestagswahlam 24. September ist eine wichtige Richtungsentscheidung. Min-destlohn und die Rente mit 63 waren richtige Schritte. Weitere ar-beitnehmerfreundliche Gesetzemüssen folgen. Das beginnt bei ge-rechten Bildungschancen und endet mit einer Rente, von der jedergut leben kann. Wir Metallerinnen und Metaller – egal ob jungoder alt – kämpfen für eine Politik, die im Interesse der Beschäf-tigten ist. Deshalb bitte ich Euch: Geht am 24. September wählen!

metallzeitungJugendausgabe

Am 1. September kommen dieneuen Auszubildenden in die Be-triebe. Zum Start ins Berufslebenberichten wir in dieser metallzei-tung wieder rund um Ausbildung.Außerdem erzählen junge Metalle-rinnen und Metaller, was ihnen im

Arbeitsleben wichtigist und was siean der IG Metallbegeistert.

Eswar vorauszusehen, dass derDie-selgipfel nichts Vernünftiges bringt.DieHersteller sitzen inDeutschlandam längerenHebel. DieHerrenMa-nager sollten selbst einmal ihrenGeldbeutel öffnen, damit sie für ihreBetrügereien geradestehen. Derkleine Mann ist schon wieder derGelackmeierte. Nur welche politi-sche Partei oder welcher Politikerlegt sich mit dieser Lobby an?Helmut Störr, Übach-Palenberg

Foto

:G

aby

Gers

ter

LeanderHobusch

Anna lenaSte id le

JasminGebhard t

Page 4: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

metallzeitungSeptember 2017

4

Rund 1000 Auszubildende und Studie-rende versammelten sich im Juli unterdem Motto »Standards setzen« im Campder IG Metall Jugend Nordrhein-Westfa-len am Biggesee (Foto). Drei Tage langmachten sie Party mit Bands, DJs, einemTrampolin und einer Blob Base auf demSee. Zudem gab es Workshops zur Bun-destagswahl und gegen Rassismus.

Camps gibt es jeden Sommer in allenBezirken und auch regional. Was bei Dirvor Ort los ist, erfährst Du bei DeinerJugend- und Auszubildendenvertretungoder Deiner IGMetall vor Ort:

igmetall.de/vor-ort

Party mit Inhaltin den Camps derIG Metall Jugend

JANA-AILEEN PICK, 20»Das Sommercamp am Biggesee wareinfach super. Neben den vielen poli-tischen Workshops hatte man in dendrei Tagen Zeit, sich mit Kollegen ausanderen Betrieben und Branchenauszutauschen. Zudem gab es zahl-reiche Spiel- und Sportaktionen, dieden Ehrgeiz geweckt und das Ge-

meinschaftsgefühl in der Gruppe ge-stärkt haben. Wer mit Sport gar nixam Hut hatte, der hat es sich einfach

am See gemütlich gemachtund die Sonne genossen.Und am Abend hieß esdann: feiern, feiern, fei-ern, bis die Zeltwändewackeln. Ich habe vieleneue Leute kennenge-

lernt und neueFreundschaftengeschlossen –

danke,IG Metall!

Danke, für einunvergessli-ches Wochen-

ende.«

Page 5: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

metallzeitungSeptember 2017

5

Foto

s:

Tho

ma

sR

an

ge

Page 6: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

Die Sozialwahl 2017 ist gelaufen – bis auf eine Aus-nahme: Bei der Barmer Ersatzkasse ist dieUrwahl erst jetzt. In den nächsten Tagen schickt dieKrankenversicherung ihren rund 7,5 MillionenMitgliedern dieWahlunterlagen. Die IGMetall trittmit einer eigenen Liste an. Auf ihr kandidierenerfahrene Metallerinnen und Metaller aus IG Me-tall-Geschäftsstellen undBetrieben wie BMW,Bosch, MAN, ContinentalTeves und Schaeffler. Spit-zenkandidatin ist BeateKautzmann, Geschäftsfüh-rerin der IG Metall Güters-loh-Oelde.

»Wählen lohnt sich.Wer die IG Metall-Listewählt, stärkt damit diejeni-gen in den Gremien der Kasse, bei denen er sichersein kann, dass sie sich für seine Interessen einsetzen«,sagt Beate Kautzmann. Bis 4. Oktober müssen dieWahlbriefe bei der Barmer eingegangen sein.Deshalb:Stimmzettel noch diesenMonat abschicken.

Bei der Rentenversicherung und den anderengesetzlichen Krankenkassen mit Urwahlen gabendie Versicherten ihre Stimmen schon im April undMai ab. Die Ergebnisse waren für die IG Metall

durchweg positiv. Bei der Deutschen Rentenversi-cherung (DRV) Bund und der Techniker Kranken-kasse gelang es ihr, ihreMandate zu verteidigen undsogar mehr Stimmenanteile zu erzielen als bei derWahl 2011. Leider reichte es nicht für zusätzlicheSitze. Bei der DAK-Gesundheit trat die IG Metallzum ersten Mal mit einer eigenen Liste an und

sicherte sich einen Sitz.Ein großer Erfolg ge-

lang der IG Metall bei derDRV Saarland. Dort gab eserstmals Urwahlen. AufAnhieb erhielt die IGMetall39 Prozent der Stimmen.Ein wesentlicher Grund fürdas gute Abschneiden war,dass viele Metallerinnenund Metaller in den saar-

ländischen Betrieben für die Teilnahme an derWahlund die Liste der IG Metall geworben haben.

Auch in den Versicherungen, in denen eskeine Urwahlen gab, ist die IGMetall gut vertreten.Das gilt besonders für die Berufsgenossenschaften.

Informationen zur Sozialwahl und die IG Metall-Liste mitallen Kandidatinnen und Kandidaten bei der Barmer:

igmetall.de/sozialwahl2017

6 metallzeitungSeptember 2017

Mitbestimmenbei der BarmerIG Metall tritt bei Krankenkasse mit eigener Liste an –

Wählen lohnt sich: gute Ergebnisse bei Sozialwahl im Frühjahr

Beate Kautz-mann, Spitzen-kandidatin aufder Liste derIG Metall

Foto

:M

arc

oJe

nts

ch/s

chn

itts

tell

eb

erl

in

MARINA BORN, 30»Ich wusste früher gar nicht, dass die IG Metall in den gesetz-lichen Krankenkassen mitredet. Ich finde das sehr gut undkandidiere darum jetzt für die Barmer. Ich bin Betriebsrätin

und Vertrauensfrau der IG Metall bei der Firma Renold inEinbeck. Jemand wie ich erfährt täglich, welchegesundheitlichen Probleme Beschäftigte haben.

Darum können wir Metallerinnen und Metaller am be-sten ihre Interessen vertreten. Zum Beispiel uns fürbessere Vorsorge und Leistungen und weniger Zu-zahlungen einsetzen. Unser Wort hat in den Ver-waltungsräten der Kassen Gewicht, weil einestarke Gewerkschaft hinter uns steht.«

Ca

rto

on

:S

tep

ha

nR

üru

p

Foto: Markus Leiser

Page 7: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

Seit 60 Jahren, seit 1957, erinnern die Gewerk-schaften am1. September daran, dass es dieser Tagwar, an dem Nazi-Deutschland 1939 Polen über-fiel und damit den Zweiten Weltkrieg entfachte.Seitdem ist der Antikriegstag ein Tag des Erin-nerns und desMahnens. Unter demMotto »NiewiederKrieg, nie wieder Faschismus« rufen sie andiesem Tag zu Veranstaltungen und Kundgebun-gen in der ganzen Republik auf. Auch in diesemJahr beteiligt sich die IGMetall an vielen Aktio-nen. Informationen dazu gibt es bei denIG Metall-Geschäftsstellen vor Ort.

Am Antikriegstag gedenken der DeutscheGewerkschaftsbund (DGB) und seine Mitglieds-gewerkschaften der Schrecken zweierWeltkriege,die über 80 Millionen Tote gefordert haben.Damals wie heute gilt: Kriege kommen nichtüber uns, Kriege werden von Menschen ge-macht. Gerade in den vergangenen Jahren aber

7metallzeitungSeptember 2017

7

zeigt sich, wie brüchig die Friedensordnungist, auf die wir Europäer in der Nachkriegs-zeit vertraut haben. Jedes Jahr gibt es rund 35zwischenstaatliche bewaffnete Konflikte.Mehr als 65 Millionen Menschen befindensich weltweit auf der Flucht. Und wir sind,direkt oder indirekt, an immermehr Konflik-ten in unserem nächsten Umfeld beteiligt.

Der DGB und seine Mitgliedsgewerk-schaften rufen dazu auf, auf eine solidarischeFriedenspolitik hinzuwirken, die die Bemü-hungen im Rahmen der Vereinten Nationenum eine stabile globale Friedensordnung un-terstützt. Eine solche Friedenspolitik folgt derEinsicht, dass Frieden ohne soziale Gerech-tigkeit nicht zu haben ist. Sie tritt Protektio-nismus entschieden entgegenund verstärkt nicht zuletzthumanitäres Engagement.

Nie wieder KriegDer Deutsche Gewerkschaftsbund ruft am Antikriegstag zu Veranstaltungen auf.

TIM HÖWING, 24»Es ist wichtig, dass das Gedenken an die Schrecken der Welt-kriege von jungen Menschen wachgehalten wird. Das tun wirbei Salzgitter Flachstahl: Jedes Jahr am 11. April gibt es beiuns auf demWerksgelände eine Gedenkstunde in der

Gedenkstätte KZ Drütte. Am 11. April 1945 wurde das KZdurch die Alliierten befreit. Seit einigen Jahren findet imVorfeld ein Seminar in der Gedenkstätte statt, an demAuszubildende von uns teilnehmen. Hier beschäftigenwir uns mit der Geschichte und bereiten einen Teil derGedenkveranstaltung vor. In diesem Jahr haben wiruns mit den späteren Prozessen gegen die Täter be-

fasst. Das war sehr intensiv.«

Wie empfindendie Beschäftigten in derAutobranche die Krise?Jörg Hofmann: Sie sind wütend auf dieVerantwortlichen, die diese Betrügereienüber Jahre betrieben haben. Die Beschäf-tigten sind stolz auf ihre Produkte undleiden unter den ständig neuen Horror-meldungen. Viele sorgen sich um ihre Ar-beitsplätze. Im Übrigen wollen auch sie,wie alle Menschen, in einer gesundenUmwelt leben.

Hat der Diesel-Gipfel etwas gebracht?Hofmann: Gut ist, dass sich Politiker undIndustrie einig sind, dass wir den Dieselals Übergangstechnologie noch brauchen.Ansonsten waren die Ergebnisse zu unver-bindlich und nicht ausreichend. Sie kön-nen Beschäftigte in der Autobranche undAutobesitzer kaum beruhigen; die Gefahrvon Fahrverboten besteht weiter. Politikund Industrie müssen schnell weitereTaten folgen lassen.

Was muss passieren?Hofmann: Der Umbau der Autoindustriemuss endlich entschlossen angegangenwerden.Wir müssen eine Balance zwi-schen Klimaschutz und gesunder Luft undeiner innovativen, zukunftsfähigen Auto-industrie hinbekommen, ohne dass dieBeschäftigten unter die Räder geraten.Der Umstieg ist eine riesige Herausforde-rung. Arbeit und Qualifikationen werdensich verändern, bisherige Geschäftsfelderdrohen ins Abseits zu geraten, neue ent-stehen. Aber wir müssen jetzt in die Zu-kunft investieren. Und dies nicht nur inTechnik, sondern in die Beschäftigten.Nur mit innovativen, umweltfreundlichenTechnologien kann sich die deutscheAutoindustrie in Zukunft auf denWelt-märkten behaupten und viele sichereArbeitsplätze bieten.

Foto

:Fr

an

kR

um

pe

nh

ors

t

IGMetall-VorsitzenderJörg Hofmann

Diesel-Affäre Der Erste Vorsit-zende der IG Metall fordert, dieKrise als Chance für einen Um-bau der Autobranche zu nutzen.

Premiere: Zum ersten Antikriegstag versammeln sich am 1. September 1957 Demonstranten vordem Römer in Frankfurt am Main.

Fragen anJörg Hofmann3

Foto

:d

pa

/pa

Foto: Susanne Hübner

Page 8: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

ie IG Metall hat mehr als234000 Mitglieder, die jün-ger sind als 27 Jahre. Damitist sie die größte politischeJugendorganisation inDeutschland. Was glaubstDu, warum ist die IG Metallfür Junge so attraktiv?

Christiane Benner: Bei der IG Metall könnenalle mitmachen. Gemeinsam kann man imBetrieb und auch in derGesellschaft etwas ändern.Die IGMetall Jugend hat sich zum Beispiel dafüreingesetzt, dass die unbefristete Übernahme vonAuszubildenden tariflich zugesichert wird. 2012haben wir das in der Metall- und Elektroindus-trie erreicht, dieses Jahr im Südwesten, Ostenund in Bayern auch imKfz-Handwerk.Dasmachtmich stolz. Es ist schön zu sehen, wie sich jungeMenschen zusammenschließen, gemeinsam fürihre Rechte einstehen und sich durchsetzen.

Heißt es nicht, die Jugend sei unpolitisch?Benner: Den Vorwurf, die Jugend sei unpoli-tisch, kann ich nicht nachvollziehen. Mit Sicher-heit funktioniert politische Beteiligung heuteanders als noch vor 20 oder 30 Jahren. GeradeOnlineplattformen tragen dazu bei. Aber aucheine Diskussion um einen neuen Getränkeauto-mat im Pausenraum kann durchaus politischsein. Wichtig ist, dass man sich für etwas inter-essiert, es mit anderen teilt und sich dafür starkmacht.

Die neuen Auszubildenden und dual Studie-renden sind jetzt in den Betrieben. Was er-wartet sie?Benner: Die ersten Wochen und Monate sinddie aufregendsten im Betrieb. Auch wenn es beimir schon etwas her ist, erinnere ich mich nochgut. Es ist normal, dass man aufgeregt ist. Aberkeiner muss sich Sorgen machen. Und sollte esdoch einmal Probleme geben, gibt es genug recht-

derArbeitgeber es denAuszubildenden rechtzeitigmitteilen muss, wenn sie nach der Ausbildungnicht übernommen werden können. Ein weitererwichtiger Punkt ist dieAufnahmeder dual Studie-renden in das Berufsbildungsgesetz (BBiG). Siewerden immer mehr, da sollte es doch klar sein,dass es inZukunft eine gesetzlicheGrundlage gibt.

Du sprachst eben die Kampagne »mo-dern.bilden.« an. Was hat die IG MetallJugend damit bislang konkret erreicht?Benner: Wir sindmit »modern.bilden.« auf vie-len Ebenen erfolgreich! Die IGMetall Jugend hates geschafft, das Thema berufliche Bildung indie Politik zu bringen. Vor Ort haben jungeMe-tallerinnen und Metaller durch gezielte Aktio-nen zuständige Abgeordnete auf unsere Themenaufmerksam gemacht. Die IG Metall Jugend hates geschafft, dass viele Parteien das Thema be-rufliche Bildung und die Novellierung des BBiGin ihre Wahlprogramme zur Bundestagswahl2017 aufgenommen haben. Jetzt steht das Themaauf der Agenda, das ist ein Erfolg.Wir haben un-sere Hausaufgaben gemacht, jetzt ist die Politikam Zug. Wir werden hier weiter Druck machen.

Die Verbesserung des BBiG ist das eine,aber wie kann die Qualität an den Berufs-schulen verbessert werden?Benner: Es sind zumTeil unhaltbare Zustände inden Berufsschulen. Es wäre ein großer Erfolg,wenn sich in Zukunft auch der Bund an denKosten beteiligenwürde.Wir brauchenmehr undbessereComputertechnik – und Lehrerinnen undLehrer, die fit in Fragen der Digitalisierung sind.Wenn die theoretische Ausbildung der prakti-schen hinterherhinkt, dannwird das duale Systemirgendwann versagen. Wir brauchen eine Ausbil-dung 4.0, die sich zumeinen den betrieblichenBe-dürfnissen anpasst und zum anderen auch denWünschen undLebensrealitäten derAuszubilden-den entspricht. Studiengänge für angehende

liche und tarifliche Grundlagen, die den Auszu-bildenden Rechte einräumen. Man muss sie nurkennen. Im Betrieb sind Auszubildende ja auchnicht allein. Die Jugend- undAuszubildendenver-tretungen und Betriebsräte sorgen dafür, dassRegeln und Gesetze eingehalten werden. Unter-stützung bekommen sie dabei von der IGMetall.

Wie sieht es bei dual Studierenden aus?Benner: In derHolz- undKunststoffindustrie istes uns kürzlich gelungen, einen ersten Flächenta-rifvertrag für dual Studierende abzuschließen.Dieser regelt grundlegende Dinge, beispielsweisedie Zusicherung, dass alle Studienkosten für un-sereMitglieder durch den Arbeitgeber übernom-men werden. Aber bei dual Studierenden gibt esnoch Nachholbedarf, wir wollen auch in derMetall- und Elektroindustrie mehr tarifliche Re-gelungen. Deshalb ist es sowichtig, dass wirmehrdual Studierende für die IG Metall gewinnen.Denn nur mit vielen Mitgliedern gelingt es uns,die Forderungen in weiteren Bereichen durchzu-setzen.WerMitglied bei der IGMetall wird, zeigtnicht nur seine oder ihre Unterstützung, es gibtzum Beispiel auch rechtliche Hilfe bei Problemenmit demArbeitgeber. Also ein gutes Angebot.

Seit vielen Monaten setzt sich die IG MetallJugend gerade auf örtlicher Ebene für einmodernes Berufsbildungsgesetz ein ...Benner: Ja, unser Ausbildungssystem ist na-hezu einmalig und wird von derWirtschaft, aberauch von den jungen Menschen, als sehr gutempfunden. In vielen Betrieben haben wir tolleAusbildungsbedingungen. Unser Ziel ist es, dieAusbildung zukunftssicher zu machen. Deshalbfordern wir Ausbildungsqualität, Chancenge-rechtigkeit undRechtssicherheit. Konkret verbirgtsich dahinter beispielsweise, dass Bücher für dieBerufsschule oderHochschule nicht selber bezahltwerden müssen, dass niemand nach der Berufs-schule noch einmal in denBetriebmuss oder dass

Interview In diesen Wochen kommendie neuen Auszubildenden und dualStudierenden in die Betriebe. Für vielebeginnt ein neuer, wichtiger Lebensab-schnitt. Doch welche Hürden gibt es?Welche Rechte haben Auszubildende undStudierende im Betrieb? Wie eine guteAusbildung, ein modernes Berufsbil-dungsgesetz und Engagement im Betriebaussehen können, erklärt die Zweite Vor-sitzende der IGMetall, Christiane Benner,im Gespräch mit der metallzeitung.

Wir wollen einezukunftssichereAusbildung.

metallzeitungSeptember 2017

8

D

Page 9: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

Berufsschullehrer und Berufsschullehrerinnenmüssen attraktiver gestaltet werden.Nurwennbe-reits hier angesetzt wird, kann dem Lehrer- undLehrerinnenmangel entgegengetreten werden.

Was können Jugendliche selbst zurVerbesserung ihrer Situation abseitsder großen Politik tun?Benner: Macht mit, gerne bei der IGMetall. ImBetrieb gibt es die Möglichkeit, ab fünf wahlbe-rechtigten Auszubildenden und dual Studieren-den eine Jugend- undAuszubildendenvertretungzu wählen. Sie ist mit besonderen Rechten aus-gestattet und kann zusammenmit demBetriebs-

rat unter anderem für Verbesserungen in derAusbildung einstehen. Wendet Euch an EureIG Metall vor Ort. Ich bin mir sicher, dass siegerne Hilfe leistet.

Wie bringt sich denn die IG Metall Jugendbei der Forderungsdiskussion zur kommen-den Tarifrunde ein?Benner: Die kommende Tarifrunde in derMetall- und Elektroindustrie steht unter demSchwerpunkt Arbeitszeit. Natürlich haben auchAuszubildende da ihre berechtigten Forderun-gen. Für Auszubildende ist kaum etwas stressi-ger als die Prüfungszeiten. Die IGMetall Jugend

fordert deshalb eine bezahlte Freistellung für alleAuszubildenden und dual Studierenden an allenPrüfungstagen. Gesetzlich ist hier bisher nur ge-regelt, dass zur Prüfung selbst freigestellt werdenmuss. Um sich vorzubereiten und zu lernen, solldarüber hinaus auch an dem Arbeitstag vor derPrüfung bezahlt freigestellt werden. Dies gilt füralle Teile der Prüfung, also für Teil 1 und 2. Einguter Abschluss der Ausbildung oder des dualenStudiums hat Auswirkungen auf das weitere Be-rufsleben. Daher ist diese Forderung mehr alsrichtig und notwendig.

Am 24. September ist die Bundestagswahl.Welche Themen sind wichtig?Benner: Neben der vorhin angesprochenenVerbesserung des BBiG ist auch das ThemaRente ein Thema der IG Metall. Bei Jung undAlt. Damuss etwas passieren. Zurzeit wird in deröffentlichen Debatte versucht, einen Generatio-nenkonflikt zu schüren. Dem stehen wir entge-gen. Für alleMenschenmuss eine bessere gesetz-liche Rente her, von der es sich gut leben lässt.Dafür treten wir gemeinsam ein. Ein großerWunsch ist außerdem eine bessere Wahlbeteili-gung. Nur wer denWahlzettel abgibt, erhebt dieStimme und kann sich beschweren, wenn etwasnicht nach den eigenen politischen Vorstellun-gen läuft. Dabei ist es wichtig, dass unseredemokratischen Parteien gestärkt werden undrechten Parteien das Wasser abgegraben wird.Nach derWahl wird sich dann zeigen, inwieweitunsere Forderungen und Ideen einer gerechte-ren Gesellschaft Eingang in den Koalitionsver-trag finden. Fest steht: Die IG Metall wird auchnach derWahl nicht locker lassen und sich wei-ter aktiv ins politische Geschehen einmischen.

Was wünschst Du Dir von den neuen Auszu-bildenden und dual Studierenden?Benner: WerdetMitglied bei der IGMetall undgeht am 24. September wählen!

metallzeitungSeptember 2017

9

Foto: Gaby Gerster

Zur Person Christiane Benner ist Zweite Vorsitzendeder IG Metall. Geboren 1968 in Aachen, absolvierte siezunächst eine Ausbildung in einem Maschinenbau-unternehmen und studierte später in Marburg undFrankfurt am Main sowie in den USA. Seit ihrer Ausbil-dung ist sie Mitglied der IG Metall.

Page 10: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

Die IGMetall Jugend tritt mit ihrer Kam-pagne »modern.bilden.« für eine bessereAusbildung an. Es geht um Ausbildungs-qualität, Chancengerechtigkeit undRechts-sicherheit. Dazu fordert die IG MetallJugend Verbesserungen im Berufsbil-dungsgesetz (BBiG). Die Ausbildungs-qualität für die Auszubildenden und diedual Studierenden soll verbessert und diegesetzliche Grundlage entsprechend no-velliert werden.

Das Berufsbildungsgesetz regelt, wel-che rechtlichen MindestanforderungenAusbildungsbetriebe erfüllenmüssen. Etwadass sie sich an die Ausbildungsrahmen-pläne der einzelnen Berufe halten und ge-eignete geprüfte Ausbilder habenmüssen.

Doch viele Betriebe halten sich nichtdaran. Viele Auszubildende müssen etwaBotengänge machen oder Kaffee kochen.Ausbildungsinhalte kommen zu kurz.Diese Inhalte müssen die Auszubildendendann in ihrer Freizeit nachholen.

Besonders hapert es an der Qualitätvieler Berufsschulen. Es fehlt an technischerAusstattung und an Lehrern. Ausbildungs-

ihre Lehrpläne besser mit den Betriebenabstimmen, damit Ausbildungsinhalte zurgleichen Zeit unterrichtet werden.

Mehr Rechte für dual Studierende DasBBiG gilt derzeit nur für Auszubildende,nicht aber für dual Studierende, die eben-falls im Betrieb lernen. So können Arbeit-geber mit den Studierenden machen, wassie wollen – und bezahlen, was sie wollen.Es sei denn, es gibt einen Tarifvertrag, derspeziell für dual Studierende abgeschlossenwurde (mehr dazu auf Seite 22).

Deshalb fordert die IG MetallJugend, dass dual Studierende ins BBiGintegriert werden, damit auch sie gesi-cherte Rechte und Qualitätsstandardshaben. Zudem sollen für sie die normalenTarifverträge gelten.

Junge reden mit Politikern Die IGMetallJugend redetmit Politikern, damit sie nachder Bundestagswahl handeln. Das über-nehmen die Betroffenen selbst. Auszubil-dende und dual Studierende sprechen ge-zielt die Fachleute für Berufsbildung unterden Abgeordneten an und laden sie zuDiskussionen ein. »Wir haben unsere The-men bei allen Parteien, außer der AfD,verankert, teilweise auch in denWahlpro-grammen«, sagt Michael Schmitzer, Res-sortleiter der Jungen IGMetall. »Alle Par-teien sehen ein, dass dual Studierende insBBiG integriert, die Berufsschulen besserausgestattet und die Qualität der Ausbil-dung gestärkt werden müssen.«

Hier mehr zur Kampagne »modern.bilden.«:igmetall-jugend.de

inhalte bleiben auf der Strecke. Die IGMe-tall Jugend drängtmit ihrer Kampagne da-rauf, die Ausbildungsqualität zu erhöhen.So soll es etwa eine Freistellung aller Aus-zubildenden an Berufsschultagen geben.Außerdem macht sich die IG Metall Ju-gend stark für die unbefristete Weiterbe-schäftigung ausgebildeter Fachkräfte. Wodies nicht geht, soll es feste Ankündigungs-fristen bei geplanter Nichtübernahmegeben. Zudem sollen die Berufsschulen

IG Metall Jugend Mit ihrer Kampagne »modern.bilden.« will die IG Metall Jugend erreichen, dass alleeine gute Ausbildung bekommen. Dazu sprechenAuszubildende und dual Studierende mit Politikernund erklären ihnen, was besser werden muss. Damithaben sie schon einiges bewegt.

Für eine bessereAusbildung

metallzeitungSeptember 2017

10

MICHELLE LEVERING, 23»Wir haben unsere Abgeordneten von CDU und SPD, bei-des Bildungsfachleute, eingeladen und mit ihnen disku-tiert. Einmal in der IG Metall-Geschäftsstelle in Hagenund ein zweites Mal bei einer Jugendversammlung inder Stadthalle. Mit der IG Metall-Bezirksjugend habenwir eine Bühne vor dem Parteitag der Grünen aufgebautund gezielt die Bildungsexperten angesprochen.«

Dual Studierenden Rechtssicherheit geben, das ist ein Ziel der Kampagne.

Foto

:sh

ock

/foto

lia.d

e

Foto

:Th

om

as

Range

Page 11: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

11metallzeitungSeptember 2017

Phillip Jochmanns Ausbildung begannmit einer bösen Überraschung: SeinenVertrag hatte er nicht mit der Firma di-rekt, sondern mit einer Tochterfirma imdritten Stock des gleichen Gebäudes. An-ders als bei der Mutterfirma unten galtoben der Tarifvertrag der IGMetall nicht.

Das bedeutete 20 Prozent wenigerAusbildungsvergütung und keine Über-nahme nach der Ausbildung – sondernbefristet, als Leiharbeiter. Die Mutter-firma, der Verpackungsdruckmaschinen-bauer Windmöller & Hölscher in Lenge-rich bei Münster, lieh sich dieausgebildeten Fachkräfte von der Toch-ter, der Windmöller & Hölscher Aus-bildungs GmbH aus. »Bei der Ein-stellung war den meistennicht klar, dass sie in eineTochterfirma kommen«,kritisiert Phillip Jochmann.

Betriebsrat gegründet PhillipJochmann fand das extremungerecht. Als der Betriebsrat desHauptbetriebs die Auszubildenden zueinem Grillabend einlud, nutzte er dieGelegenheit. »Wir haben uns ein paarMal gemütlich getroffen und überlegt,wie wir unsere Situation verbessern«, er-zählt Jochmann. Auch ein Sekretär derIG Metall in Münster

war dabei. »Schnell war klar:Wirmüssenerst einmal einen Betriebsrat gründen.«

Damals, vor vier Jahren, war Philliperst wenigeWochen in derAusbildung. EinDreivierteljahr später war er Betriebsratbei der Windmöller & Hölscher Ausbil-dungs GmbH, mit 20 Jahren.

Tarifvertrag geholt Alsgut die Hälfte der Be-schäftigten bei derAusbil-dungs GmbH in die IGMetall eingetreten war,

wählten Phillip unddie an-deren IG Metall-

Mitglieder eine Tarifkommission, die überForderungen diskutierte und mit dem Ar-beitgeber verhandelte, mit Jürgen Schmidtvon der IG Metall Münster als Verhand-lungsführer. Sie wollten die Bedingungenfür die Auszubildenden, für die Leiharbei-ter und die Ausbilder verbessern.

»Das Verhandeln war gar keine sogroße Sache, wie ich dachte«, erinnert sichJochmann. »Ich habe einfachmit Beispielenaus unserem Alltag im Betrieb argumen-tiert.« Als der Arbeitgeber sich sperrte,organisierten sie eine Unterschriftenak-tion. Alle unterschrieben. Und gemeinsammit den Beschäftigten des Hauptwerkstraten sie in einenWarnstreik.

Der Tarifvertrag für die AusbildungsGmbH ist unter Dach und Fach. Danachsteigen die Ausbildungsvergütungen um10 Prozent. Fertig ausgebildete Beschäf-tigte, die an die Hauptfirma verliehenwerden, erhalten 93,4 Prozent des Entgeltsder Stammbeschäftigten und werden beiEinstellungen bevorzugt.

Phillip Jochmann ist nicht mehr da.Trotz Betriebsrat und Verhandlungenschloss er die Ausbildung zum technischenProduktdesigner vorzeitig ab und studiertjetzt. Für die IGMetall Jugend ist er weiteraktiv, imOrts- undBezirksjugendausschussund im Arbeitskreis Antirassismus.

Die Auszubildendenund Leiharbeiter beider Windmöller &Hölscher Ausbil-dungs GmbH gründe-ten einen Betriebsratund holten sicheinen Tarifvertrag.

Ausbildung zum LeiharbeiterSie dachten, sie hätten eine sichere Zukunft in einem Traditionsbetrieb. Doch die Auszubildenden landeten bei einer Tochterfirma.

PHILLIPJOCHMANN, 23

»Wir haben gemeinsam einenBetriebsrat und einen Tarif-vertrag mit mehr Geld und

Festeinstellungen für Leihar-beiter durchgesetzt. Ich habe im

Betriebsrat und bei den Tarifver-handlungen viel gelernt. Die Kolle-gen und die IG Metall haben mich

dabei sehr unterstützt.«

>DER RECHTSFALL

Diese Klarstellung war mehr alsüberfällig und erkennt denWert eh-renamtlicher Tätigkeit in unsererGesellschaft an: Ehrenämter sind inder gesetzlichen Sozialversicherunggrundsätzlich beitragsfrei. Das Bun-dessozialgericht (BSG) entschied,dass das auch dann gilt, wennhierfüreine angemessene pauschale Auf-wandsentschädigung gewährt wird.

Das Urteil ist eine gute Nach-richt für die vielen IG Metall-Mit-glieder, die sich ehrenamtlich enga-

gieren, zum Beispiel in der Selbst-verwaltung. In den 53 deutschenHandwerkskammern undmehrerenTausend Innungen sind rund 60000Beschäftigte inVorständen, Vollver-sammlungen und Prüfungsaus-schüssen ehrenamtlich tätig, vieledavonMetallerinnen undMetaller.

Klarstellung Ehrenämter zeichnensich durch die Verfolgung eines ide-ellen, gemeinnützigen Zwecks ausundunterscheiden sich grundlegend

von beitragspflichtigen Beschäfti-gungsverhältnissen, heißt es in derBegründung des BSG. Die Gewäh-rung von Aufwandsentschädigun-gen ändert daran nichts, selbst wennsie pauschal undnicht aufHeller undPfennig genau entsprechend demtatsächlichenAufwand erfolgt. Auchdie Wahrnehmung von Verwal-tungsaufgaben ist daher unschäd-lich, soweit sie unmittelbar mit demEhrenamt verbunden ist, etwa dieEinberufung und Leitung von Gre-

miensitzungen. Die Richter führtenzudem aus, dass zur Stärkung desEhrenamts eine gesetzliche Klar-stellung wünschenswert sei.

Ralf Kutzner, geschäftsführen-desVorstandsmitglied der IGMetall,begrüßt die Entscheidung des BSG.»Die Entscheidung stärkt die Arbeitder ehrenamtlichen Selbstverwal-tung. Jetzt ist der Gesetzgeber gefor-dert, das Urteil umzusetzen.«

BSG vom 16. August 2017 –B 12 KR 14/16 R

Ehrenamt in der Sozialversicherung grundsätzlich beitragsfrei

Foto: Wilfried Hiegemann

Page 12: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

• Verstärkte Anstrengun-gen in den BereichenBildung, Qualifizierung,Weiterbildung.

• Verbesserung der Quali-fizierung, Vermittlungund Reintegration vonLangzeitarbeitslosen.

• »Nationale Weiterbil-dungsstrategie«, u. a.gemeinsam mit Gewerk-schaften, aber keineAussagen zu betriebli-cher Mitbestimmung.

• Abstellen offenkundigerMissstände bei befriste-ten Arbeitsverhältnissen

• »Mitwachsender Mini-job« (Anhebung der Ein-kommensgrenze).

• Keine Aussage zu Solo-selbstständigkeit.

• Umbau der Arbeitslosen-zur Arbeitsversicherungmit berufsbegleitenderQualifizierung.

• ArbeitslosengeldQualifizierung.

• Chancenkonto zur Finan-zierung von Fortbildung.

• Initiativrecht für Betriebs-räte bei Aus- und Weiter-bildungsmaßnahmen.

• Sachgrundlose Befris-tung abschaffen.

• Geringfügige Beschäf-tigung abbauen,Missbrauch bekämpfen.Minijobbern Wege insozialversicherungs-pflichtige Arbeit öffnen.

• Soloselbstständige in dieSozialversicherungs-systeme einbeziehen.

• Umbau der Arbeitslosen-zur Arbeitsversicherungmit berufsbegleitenderQualifizierung.

• BildungsZeit Plus: Mixaus Darlehen und Zu-schuss zur Weiterbil-dung.

• Ausbau der Mitbestim-mungsrechte, aber keinekonkreten Aussagen zuWeiterbildung und Per-sonalentwicklung.

• Sachgrundlose Befris-tung abschaffen.

• Minijobs in sozialversi-cherungspflichtige Be-schäftigung umwandeln.

• Mehr soziale Sicherheitfür Soloselbstständige.

• Gegen den Zwang zurAufnahme einer be-stimmten Erwerbsarbeit:Arbeitsangebote müssenQualifikation und Weiter-bildungsinteressen be-rücksichtigen.

• Verlängerung der Be-zugsdauer von Arbeitslo-sengeld I.

• Recht auf unterneh-mensfinanzierte Weiter-bildung (Fonds).

• Ausbau der Mitbestim-mungs- und Vetorechtebei Personalplanung undArbeitszeiten.

• Sachgrundlose Befris-tung und Minijobs ab-schaffen.

• Mehr soziale Sicherheitfür Soloselbstständige.

• Verteidigung des flexi-blen Arbeitsmarkts.

• Weiterbildung stärken.

• Fehlanzeige.

• Sachgrundlose Befris-tung und Minijobs beibe-halten.

• Mehr Vertragsfreiheitzwischen Auftraggeberund -nehmer stattEindämmung vonScheinselbstständigkeit

• Fehlanzeige.

• Fehlanzeige.

• Fehlanzeige.

CDU/CSU SPD Grüne Linke FDP AfD

»Politik ist nicht so weit von uns Jugendlichen entfernt, wie vieledenken. Sie sind ansprechbar. Ich kann aus eigener Erfahrungsagen:Wennwir aktiv sind, könnenwir etwasbewegen. Die IGMe-tall Jugend setzt sich bundesweit dafür ein, dass das Berufsbil-dungsgesetz reformiert wird. Darüber reden wir mit Bundestags-kandidatinnenund -kandidaten.WirwarenaufParteitagenpräsentundhabenAbgeordnete zuDiskussionen in Jugendversammlungen

DAS SIND DIE ANTWORTEN DER PARTEIEN

Von der Arbeitszeit bis zur Bildung, von der Tarifbindung bis zur Rente: Bei der Bundestagswahlsteht viel auf dem Spiel. Geht es in unserem Land künftig gerechter zu? Oder vertieft sich diesoziale Spaltung? 681 241 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben bei der großen Beschäf-tigtenbefragung der IG Metall ihr Votum abgegeben. Was sind die Antworten der Parteien?

ARBEIT 4.0: DAS FORDERN DIE BESCHÄFTIGTEN

BUNDESTAGSWAHL 2017

BASTIAN SZESNY, 24, MITGLIED IM ORTSJUGENDAUSSCHUSS DER IG METALL LÜBECK-WISMAR

eingeladen.Wir rufen sie imWahlkreisbüro anoder tref-fen uns mit ihnen, damit sie uns Rede und Antwortstehen.Wir verbreiten unsere Forderungen ansie über Facebook und Twitter und schi-cken ihnen Postkarten von Unterstüt-zern. Und auch nach der Wahl bleiben wir dran: Solange das Ge-setz nicht reformiert ist, müssen die Politiker mit uns rechnen.«

DER GROSSEIG METALL-WAHLCHECK

Foto

:Cor

dula

Krop

ke

1. Sicher in die Arbeitswelt der Zukunft – Erhalt undAusbau der Qualifikation müssen bei ArbeitslosigkeitVorrang vor schneller Vermittlung haben.

2. Mitbestimmung bei Weiterbildung undPersonalentwicklung im Betrieb.

3. Sachgrundlose Befristung, Minijobs undprekäre Soloselbstständigkeit abschaffen.

Politik für alle – sicher,gerecht und selbstbestimmt

Page 13: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

▸▸ Fortsetzung auf Seite 14

• Zusätzliche Flexibilitätbei Arbeitszeit für tarifge-bundene Unternehmen.

• Prüfauftrag zu Familien-und Lebensarbeitszeit-konten zur Schaffungvon mehr Spielraum fürFamilienzeit.

• Modernisierung desArbeitszeitrechts. Ziel:Schaffung zusätzlicherSpielräume für Tarif-partner.

• Anspruch auf befristeteTeilzeit in Betrieben abeiner bestimmten Größe.

• Rechtsanspruch auf einenKita-Platz und Betreuungim Grundschulalter.

• Für ein Wahlarbeitszeit-gesetz.

• Mehr Wahlmöglichkeitenbei Arbeitszeit und Ar-beitsort.

• Recht auf Nichterreich-barkeit.

• Für Rückkehrrecht vonTeilzeit in Vollzeit.

• Für Entgeltausgleich beiArbeitszeitreduzierungfür Erziehung und Pflege.

• Rechtsanspruch auf Ganz-tagsbetreuung von Kita-und Grundschulkindern.

• Einführung flexibler Voll-zeit von 30 bis 40 Stun-den pro Woche.

• Schutz vor Entgrenzungder Arbeit.

• Für Rückkehrrecht vonTeilzeit in Vollzeit.

• Entgeltaufstockung fürQualifizierungs-, Pflege-und Familienzeiten.

• Rechtsanspruch aufGanztagsbetreuung inKita und Grundschule biszum Ende der viertenKlasse.

• Gesetzliche Wochen-höchstarbeitszeit von 40Stunden.

• Stärkere Kontrolle vonÜberstunden und Ar-beitszeitgesetz durchBetriebsräte.

• Recht auf Nichterreich-barkeit.

• Für Rückkehrrecht vonTeilzeit in Vollzeit.

• Auszeiten-Regelungen(Sabbatical).

• Arbeitszeitverkürzung(auf ca. 30 Stunden proWoche) bei vollem Lohn-und Personalausgleich.

• Entgeltausgleich vonmind. 70 Prozent beiArbeitszeitreduzierungwährend einer Weiterbil-dung.

• Rechtsanspruch aufGanztagsbetreuung inKita und Grundschule.

• Flexibilisierung desArbeitszeitgesetzes: Ab-schaffung von täglicherHöchstarbeitszeit undRuhezeiten in nichtsicherheitsrelevantenBereichen.

• Kein Entgeltausgleich beiArbeitszeitreduzierung.

• Gegen Rückkehrrechtvon Teilzeit in Vollzeit.

• Förderung von Langzeit-arbeitskonten.

• Kein Entgeltausgleich beiArbeitszeitreduzierung

• Keine Aussagen zurGanztagsbetreuung.

• Fehlanzeige.

• Fehlanzeige.

• Fehlanzeige.

CDU/CSU SPD Grüne Linke FDP AfD

13metallzeitungSeptember 2017

13

1. Selbstbestimmte Arbeitszeiten für alle!Schutz vor Überlastung.

2. Anspruch auf Arbeitszeitreduzierung (befristet nachLebenslagen) und Entgeltausgleich bei Auszeitenwegen Kindern, Pflege und Bildung.

3. VerlässlicheGanztagsbetreuung.

ARBEITSZEIT: DAS FORDERN DIE BESCHÄFTIGTEN

Jörg Hofmann, Erster Vorsitzenderder IG Metall

NUR WER WÄHLT, ENTSCHEIDET MIT»Wer nicht wählt, bestraft keine Partei, sondern sich selbst. Nur wer wählt, bestimmt mit. Werzu Hause bleibt, überlässt seine Zukunft den anderen. Bei der Bundestagswahl am 24. Septembersteht für die Beschäftigten viel auf demSpiel: die Zukunft der Rente, derWert der eigenen Arbeit,wie gerecht es in unserem Land zugeht undwelche beruflichen Perspektiven die Arbeitswelt vonmorgen bietet. Für die IGMetall ist klar: Wir kämpfen für eine Arbeitswelt, die sicherer, gerechterund selbstbestimmter ist als heute.

Überparteilich: Als Einheitsgewerkschaft sind wir überparteilich und zugleich parteiisch:Unser Maßstab sind die Interessen der Beschäftigten. Deshalb fühlen wir den Parteien auf denZahn und schauen genau hin – etwa wenn sich die FDP, wie gehabt, zum Sprachrohr der Arbeit-geber für Sozialabbau macht. Und wir sagen Stopp! bei Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.Parteien wie die AfD sind für uns nicht wählbar: Ihre Programmatik ist von Abgrenzung durch-zogen. Rassistischen sowie rechtsradikalen Äußerungen ihrer Kandidatinnen und Kandidatenwiderspricht sie nicht.

Dabei kommt es auf jede Stimme an. Entscheide bei der Bundestagswahl mit: für mehrSicherheit, Gerechtigkeit und Selbstbestimmung!«

Foto

:Fra

nkRu

mpe

nhor

st

DAS SIND DIE ANTWORTEN DER PARTEIEN

Page 14: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

• Tarifbindung stärken.• Zusätzliche Flexibilität,Spiel- und Experimen-tierräume für Unterneh-men, für die ein Tarifver-trag gilt oder bei denener angewendet wird odereine Vereinbarung mitdem Betriebsrat erfolgt.

• Entgelttransparenz-gesetz überprüfen undggf. mit den Sozialpart-nern weitere Schritteunternehmen.

• Keine höheren Steuernfür hohe Einkommen,hohe Vermögen undgroße Erbschaften.

• Tarifbindung stärken.• Für Fortgeltung vonTarifverträgen bei Aus-lagerung von Betriebenoder Betriebsteilen.

• Entgelttransparenz-gesetz zu einem Entgelt-gleichheitsgesetz mitVerbandsklagerechtweiterentwickeln,Beschäftigte in kleinenu. mittelgroßen Unter-nehmen einbeziehen.

• Auskunftsanspruch undverpflichtende Prüfungder Entgeltstruktur inBetrieben ab 50Beschäftigte.

• Keine Vermögenssteuer.• Anhebung des Spitzen-steuersatzes auf 45Prozent ab 76 200 Eurozu versteuerndem Ein-kommen (für Ledige).

• Reichensteuer: dreiProzentpunkte mehr abzu verst. Jahreseinkom-men von 250 000 Eurofür Ledige.

• Höhere Steuern für »sehrgroße Erbschaften«.

• Tarifbindung stärken,aber keine Aussage zurFortgeltung von Tarif-verträgen bei Ausglie-derungen.

• Entgeltgleichheitsgesetzmit Lohncheck.

• Verpflichtung von Tarif-partnern und Arbeitge-bern, Lohnstrukturenauf Diskriminierung zuüberprüfen.

• Einführung eines Ver-bandsklagerechts gegenLohndiskriminierung.

• Höherer Spitzensteuer-satz ab zu versteuern-dem Jahreseinkommenvon 100.000 Euro fürLedige.

• Vermögenssteuer für»Superreiche«.

• Erbschaftsteuer: neuesModell nur bei Scheiternder derzeitigen Regelungvor dem Bundes-verfassungsgericht.

• Tarifbindung stärken.• Unbefristete Fortgeltungvon bestehenden Tarif-verträgen bei Auslage-rungen und Betriebs-übergängen in nichttarifgebundene Unter-nehmen. Gilt auch fürNeueingestellte.

• Verbindliches Entgelt-gleichheitsgesetz mitVerbandsklagerecht.

• Spitzensteuersatz von53 Prozent ab 70 000Euro zu versteuerndemJahreseinkommen fürLedige.

• »Reichensteuer« von60 Prozent ab Einkom-men von 260 533 Eurofür Ledige.

• Erbschaftsteuer auf hoheErbschaften erhöhen.

• Vermögenssteuer vonfünf Prozent ab einemVermögen von einer Mil-lion Euro.

• Fehlanzeige.

• Fehlanzeige.

• Keine höheren Steuernfür hohe Einkommen,hohe Vermögen undgroße Erbschaften.

• Erbschaftssteuer ab-schaffen.

CDU/CSU SPD Grüne Linke FDP AfD

• Fehlanzeige.

• Bürokratische »Belas-tungen« wie das Ent-geltgleichheitsgesetz fürUnternehmen vermin-dern.

• Keine höheren Steuernfür hohe Einkommen,hohe Vermögen undgroße Erbschaften.

• Bei Erbschaftenzwischen Ehegatten/Lebenspartnern sollenkeine Steuern mehranfallen.

• Steuersenkungen auchfür Reiche.

LENA FUHRMANN, 20,JUGENDVERTRETERIN BEI SALZGITTER

FLACHSTAHL

»Die Zukunft der Rente ist nicht nur einThema für die ältereGeneration. Bei uns imStahlwerk gibt es körperlich schwere Ar-beit. Viele Schichtarbeiter müssen vor 60den Arbeitsplatz wechseln, weil sie die Ar-beit nicht mehr schaffen. Das kriegenschon die Azubismit. Und fragen sich, wiees ihnen wohl erst später einmal geht. Ofthöre ich Sätze wie: Egal wie viel wir arbei-ten, wir landen eh alle mal in der Altersar-mut. DieVerschlechterungen bei der Rentebetreffen gerade uns, die künftigen Rent-nergenerationen. Darum kann man unsnicht spalten: Wir setzen uns gemeinsammit den Älteren für ein höheres Rentenni-veau ein. In den letzten Monaten vor derBundestagswahl haben wir, die IG MetallJugend in Salzgitter-Peine, in Jugendver-sammlungen, Aktionen, Kundgebungenund Podiumsdiskussionen ziemlich deut-lich gemacht, wofür wir stehen.«

DAS SIND DIE ANTWORTEN DER PARTEIEN

Hinweis zum Wahlcheck:Um eine Partei richtig einschätzen zu können, kommt es auf das Gesamtbild an: Wiehandelt die Partei im politischen Alltag? Wie treten ihre Funktionäre und Kandidatin-nen und Kandidaten auf? Die Wahlprogramme geben wichtige Hinweise, wie ernst dieParteien die Anliegen der Beschäftigten nehmen. Wir haben die zentralen Forderungender Beschäftigten mit den Kernaussagen der Wahlprogramme verglichen und in dieserÜbersicht zusammengefasst. Sie enthält alle Parteienmit einer Perspektive auf Einzug inden Bundestag – unabhängig davon, ob wir ihre politische Agenda als vereinbar mitunseren gewerkschaftlichenWerten von Gerechtigkeit, Toleranz und Solidarität sehen.

Weitere Infos zur Bundestagswahl: Stellt Euren Kandidaten Fragen unter:

igmetall.de/wahl2017 kandidatencheck.de

Politik für alle – sicher,gerecht und selbstbestimmt

TARIFBINDUNG UND GERECHTIGKEIT:DAS FORDERN DIE BESCHÄFTIGTEN1. Gerecht mit Tarif: Mitbestimmung bei Fremdvergabe

und Fortgeltung von Tarifverträgen bei Ausgliederung.2. Gleiches Geld für gleiche Arbeit – unabhängig

vom Geschlecht.

3. Höhere Steuern für hohe Einkommen,hohe Vermögen und große Erbschaften.

Page 15: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

• Keine Änderungen in dergesetzlichen Rentenver-sicherung bis 2030(Ausnahme: Verbesse-rung der Erwerbsminde-rungsrente).

• Erarbeitung von Vor-schlägen für die Zeitnach 2030 durch eineRentenkommission ausPolitik und Tarifpartnern.

• Keine konkreten Plänezur Betriebsrente. Solltesich aufgrund der Emp-fehlungen der Renten-kommission vor 2030Handlungsbedarf erge-ben, werden Maßnah-men ergriffen.

• Keine Aussage zur Finan-zierung der Krankenver-sicherung.

• Stabiles Rentenniveaubei mindestens 48 Pro-zent bis 2030.

• Beitragsstabilisierungbei 22 Prozent bis 2030.

• Solidarrente 10 Prozentüber Grundsicherung (ab35 Jahren Beitrags- bzw.Erziehungs-/Pflegezeit).

• Ziel: Erwerbstätigenver-sicherung für alle.

• Betriebliche Altersver-sorgung attraktiver ma-chen: gesetzliche Ver-pflichtung zurbetrieblichen Altersver-sorgung (bAV), wenn diejüngsten Reformen nichtausreichen.

• Gleiche Krankenkassen-beiträge für Arbeitneh-mer und Arbeitgeber.

• Abschaffung der Zusatz-beiträge zur gesetzlichenKrankenversicherung.

• Keine weitere Absen-kung des Rentenniveaus.

• Für steuerfinanzierteGarantierente.

• Ziel: Bürgerversicherungfür die Rente.

• Arbeitgeber sollen künf-tig ihren Beschäftigteneine Betriebsrente an-bieten und sie mit einemeigenen Arbeitgeberbei-trag unterstützen.

• Gleiche Krankenkassen-beiträge für Arbeitneh-mer und Arbeitgeber.

• Abschaffung der Zusatz-beiträge zur gesetzlichenKrankenversicherung.

• Anhebung des Rentenni-veaus auf 53 Prozent.

• Für »Solidarische Min-destrente« in Höhe von1050 Euro.

• Einführung einerErwerbstätigenver-sicherung für alle.

• Für eine betrieblicheAltersversorgung, die»überwiegend« vonArbeitgebern finanziertwird.

• Gleiche Krankenkassen-beiträge für Arbeitneh-mer und Arbeitgeber.

• Abschaffung der Zusatz-beiträge zur gesetzlichenKrankenversicherung.

• Für ein Rentenniveau,das sich an der Lebens-erwartung der jeweiligenGeneration orientiert.

• Stärkung der betriebli-chen Altersversorgung.

• Fehlanzeige.

• Fehlanzeige.

• Betriebsrenten und reinprivate Altersvorsorgegesetzgeberisch stärken.

• Gleiche Krankenkassen-beiträge für Arbeitneh-mer und Arbeitgeber.

15

CDU/CSUWeiterbildung, Rückkehrrecht, keinMissbrauch von Befristungen: Vieles imProgramm von CDU/CSU klingt gut,doch die konkreten Vorschläge sindvage. Bei Rentenniveau und Paritätherrscht Fehlanzeige – und das Arbeits-zeitgesetz will die Union aufweichen.

DIE LINKEDie Linke fordert einen Ausbau des So-zialstaats und mehr Gerechtigkeit in derSteuerpolitik. Ihre Positionen beim Ren-tenniveau sowie für einen deutlich hö-heren Mindestlohn gehen über die For-derungen der IG Metall sogar hinaus.

SPDDie SPD setzt sich für mehr soziale Ge-rechtigkeit und den Ausbau von Infra-strukturmaßnahmen ein. ZahlreicheForderungen, wie etwa in der Arbeits-marktpolitik stärker auf Qualifizierungzu setzen, greifen unsere Anliegen auf.

FDPBei der FDP gibt es alten Wein in neuenSchläuchen. Sie setzt auf Bildung, damitjeder Einzelne für sich Verantwortungübernehmen kann. Flexibilität bedeutetFlexibilität für Arbeitgeber. KollektiveSchutzvorschriften will sie zurück-drängen.

GRÜNEBei der Arbeitszeit oder einer Arbeits-marktpolitik, die stärker auf Qualifizie-rung setzt, liegen die Grünen dicht anden Positionen der IG Metall. Mit Lei-denschaft kämpfen sie für ihre Kernthe-men Klima- und Umweltschutz – da gibtes Konflikte.

AFDBei nahezu allen Beschäftigten-Themenherrscht bei der AfD Fehlanzeige. DieKandidatinnen und Kandidaten der ausWirtschaftsvertretern entstandenenPartei zeichnen sich durch Abgrenzungund Rassismus statt Solidarität aus.

metallzeitungSeptember 2017

15

ERGEBNIS IG METALL-CHECK:

1. Rentenniveau erhöhen – auch wenn dadurchdie Rentenbeiträge steigen sollten.

2. Betriebsrenten für alle.

3. Gleiche Krankenkassenbeiträge für Arbeitneh-mer und Arbeitgeber (Rückkehr zur »Parität«).

SOZIALE SICHERHEIT:DAS FORDERN DIE BESCHÄFTIGTEN

DAS SIND DIE ANTWORTEN DER PARTEIEN

CDU/CSU SPD Grüne Linke FDP AfD

Foto

:R

om

an

Bro

de

l

Page 16: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

Foto:P

R

Foto:P

R

Foto:M

arionHog

l

Foto:P

R

Foto:M

aruriceWeiss

SIGMAR GABRIEL, SPD,AUSSENMINISTER UND VIZEKANZLER

»Als SPD-Minister und Vizekanzler habe ich dafür gesorgt,dass die folgenden Arbeitnehmervorhaben in Absprache mit derIG Metall und den DGB-Gewerkschaften durchgesetzt wurden:der Mindestlohn, die abschlagsfreie Rente nach 45 Versiche-rungsjahren (und damit die Abschaffung der Rente mit 67 füralle diejenigen, die spätestens im Alter von 20 Jahren begonnenhaben zu arbeiten), Verbesserungen bei der Betriebsrente undder Erwerbsminderungsrente, die Begrenzung von Leih- und

Zeitarbeit und Werkverträgen, Vereinfachung derAllgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen, dieSicherung von 15000 Stellen beim UnternehmenTengelmann, die Verdreifachung der Mittel für densozialen Wohnungsbau, den Ausbau der Krippen-und Kitaplätze, ElterngeldPlus. Dazu kommt der

erfolgreiche Kampf für den Erhalt von Indus-triearbeitsplätzen zum Beispiel in derStahlindustrie.«

27 Metallerinnen undMetaller sitzen im Bundestag. metallzeitung hat diese Abgeordneten

gefragt: »Was habt Ihr in der vergangenen Legislaturperiode für die Beschäftigten erreicht?«

Hier der zweite Teil der Umfrage.

SABINE ZIMMERMANN, DIE LINKE,AUSSCHUSS FÜR ARBEIT UND SOZIALES

»Für mich als Gewerkschafterin sind natürlich das Zurückdrängenvon prekärer Beschäftigung und das Entstehen guter Arbeit ein Haupt-anliegen, zum Beispiel ein Mindestlohn von zwölf Euro, Streichungder Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung, Abschaf-fung der systematischen Niedriglohnbeschäftigung inForm der Leiharbeit und über Werkverträge, Stärkungder gesetzlichen Rente und die Rücknahme der Renteerst ab 67. Unsere entsprechenden Anträge wurden vonder Großen Koalition natürlich abgelehnt. Trotzdemglaube ich, dass durch Die Linke gewerkschaftlicheThemen im Bundestag präsenter sind.«

CLAUDIA TAUSEND, SPD, AUSSCHUSS FÜRANGELEGENHEITEN DER EUROPÄISCHEN UNION

»Gute Arbeit – dafür haben wir uns in der Großen Koalition besonderseingesetzt. Und viel erreicht: Wir haben den Mindestlohn einge-

führt, die Tarifautonomie gestärkt, die Tarifeinheit beschlos-sen und den Missbrauch bei Leiharbeit und Werksverträgenbekämpft. ›Gleicher Lohn für gleiche Arbeit‹ muss auchzwischen den Geschlechtern gelten – hier haben wir mit

dem Lohngerechtigkeitsgesetz einen wichtigen Schrittgetan. Mit dem Aufstiegs-BAföG ermöglichen wir mehrMenschen den Zugang zu beruflicher Förderung underleichtern den Karriereaufstieg.«

DAS HABEN METALLERINNEN UND METALLERIN DEN VERGANGENEN JAHREN IM BUNDESTAGFÜR DIE BESCHÄFTIGTEN ERREICHT

MARKUS PASCHKE, SPD,AUSSCHUSS FÜR ARBEIT UND SOZIALES

»Als Mitglied der SPD im Ausschuss Arbeit und Soziales undals Metaller habe ich dafür gesorgt, dass die Anliegen der Ge-werkschaften in der SPD-Fraktion wieder eine zentrale Rolleeinnehmen. Zudem war ich direkt an der Umsetzung des Min-destlohns, der Tarifeinheit und der rentenpolitischen Neuaus-richtung der SPD beteiligt. Als zuständiger Berichterstatter derSPD habe ich die Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsge-

setz wesentlich mitgestaltet und verhandelt. Zudemhabe ich einen weit über den Kompromiss hin-ausgehenden Grundsatzbeschluss der Fraktionmitentwickelt, der Grundlage für weitere Verbes-serungen bei Leiharbeit und insbesondere Werk-verträgen in der nächsten Legislaturperiode ist.

Ein besonsderes Anliegen ist mir die Stär-kung und der Ausbau der Mitbestim-mung.«

STEFAN REBMANN, SPD,ENTWICKLUNGSPOLITISCHER SPRECHER

»Das Thema Gute Arbeit ist für mich als Gewerkschafter eineHerzensangelegenheit. Die SPD konnte viele wichtige Gesetzesvor-haben durchsetzen: Mindestlohn, Frauenquote, Rente mit 63 undvieles mehr. Als entwicklungspolitischer Sprecher meiner Fraktionhabe ich dafür gekämpft, dass Arbeitnehmerrechte auch internationalgewahrt werden. Wir wollen, dass Unternehmen ihrenmenschenrechtlichen Sorgfaltspflichten entlang globalerLieferketten nachkommen. Fairer statt freier Handellautet hier das Stichwort. Dazu wurde der NationaleAktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP)verabschiedet. Dieser ist ein erster wichtiger Schritt.Zur Unterstützung des NAP habe ich unseren Antrag›gute Arbeit weltweit‹ initiiert.«

Die Forderungen der IG Metallan die Politik:

IGMETALL.DE/WAHL2017

Politik für alle – sicher,gerecht und selbstbestimmt

Page 17: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

Foto:P

R

Foto:S

usiK

noll

Foto:P

R

Foto:P

RFoto:P

R

Foto:G

ebha

rdBücker

Foto:M

arco

Leibetsede

r/ed

itorial240

.com

HUBERTUS HEIL, SPD,GENERALSEKRETÄR DER SPD

»In der Energiepolitik habe ich mich dafür eingesetzt, dassdie Ziele der Energiewende – sauber, sicher und bezahlbar – imEinklang stehen. Erneuerbare Energien müssen auch aus indus-triepolitischer Sicht gefördert werden. Besonders am Herzenlagen und liegen mir auch die Belange der Stahlin-dustrie. Sie darf weder durch den Import vongedumpten Stahl aus China noch durch die – not-wendige – Reform des Emissionshandels gefährdetwerden. Dieses Signal haben wir mit einer Initiativeim Bundestag bekräftigt. Mir ist besonders wichtig:Wir dürfen die industrielle Basis in unse-rem Land niemals aufgeben.«

DAGMAR SCHMIDT, SPD,AUSSCHUSS FÜR ARBEIT UND SOZIALES

»Die SPD hat den Mindestlohn eingeführt und die Vereinbarkeit vonFamilie und Beruf verbessert. Als Mitglied im Ausschuss für Arbeitund Soziales habe ich mich besonders mit dem Thema Rente beschäf-tigt. Erstmals seit Jahrzehnten haben wir deutliche Verbesserungen inder Rente erreicht: abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren, 5 Jah-re mehr Zurechnungszeit bei der Erwerbsminderungsrente, bessereReha-Leistungen und flexible Eingänge in die Rente. Wir habenerste Schritte bei der Regulierung von Leiharbeit und Werk-verträgen unternommen. Streikbruch durch Leiharbeit ha-ben wir beendet. Wir haben viel, aber lange nicht alles er-reicht. Die Digitalisierung der Arbeitswelt muss gestaltetwerden: im Bereich Arbeitszeit, Arbeitsschutz, Beschäftig-tendatenschutz, Mitbestimmung und Teilhabe und durcheinen starken Sozialstaat. Es gibt noch viel zu tun. Esist Zeit für mehr Gerechtigkeit.«

MARTINA STAMM-FIBICH, SPD,GESUNDHEITSAUSSCHUSS

»Besonders stolz bin ich als ehemalige Betriebsrätin darauf,dass wir mehr Gerechtigkeit und klare Regeln bei Werkverträ-gen und Leiharbeit erkämpft haben – gegen den Widerstand derUnion. Wir haben klargestellt, dass Leiharbeitnehmer nicht alsStreikbrecher missbraucht werden dürfen und beiden Schwellenwerten zur Unternehmensmitbe-stimmung mitzählen. Wir haben auch erreicht,dass Leiharbeitsverträge nicht mehr risikolosals Werkverträge deklariert werden können.Missbrauch kann jetzt endlich sanktioniertwerden und wir haben die Informations-rechte von Betriebsräten gestärkt.«

ALEXANDER ULRICH, DIE LINKE, AUSSCHUSS FÜRANGELEGENHEITEN DER EUROPÄISCHEN UNION

»Ohne unser Beharren seit 2005 hätten wir heute noch keinenMindestlohn. Zudem kommt dank unseres parlamentarischenEngagements heute niemand mehr an Themen wie der Begren-zung von Leiharbeit und der Bekämpfung von Altersarmut vor-

bei. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hatdarüber hinaus unser Kampf gegen Handelsverträge àla CETA konkrete Folgen. TTIP liegt auf Eis, CETAwurde zumindest entschärft. Auch in der nächstenLegislaturperiode werden viele arbeitnehmerrelevan-te Fragen zu entscheiden sein. Dabei gilt: Je stärker

Die Linke, desto sozialer das Land.«

MATTHIAS W. BIRKWALD, DIE LINKE,AUSSCHUSS FÜR ARBEIT UND SOZIALES

»Dass es einen gesetzlichen Mindestlohn gibt, ist auch auf Die Linkezurückzuführen. Ich persönlich kämpfe seit 1995 für einen gesetzlichenMindestlohn, damals noch in der PDS. Im Jahr 2016 habe ichmit einem Antrag an den Bundesparteitag der Linken er-reicht, dass sich Die Linke für einen gesetzlichen Mindest-lohn in Höhe von zwölf Euro einsetzt. Dass nach 15 JahrenRentenkürzungen endlich wieder über das zu niedrigeRentenniveau diskutiert wird, ist nicht zuletzt der FraktionDie Linke im Bundestag zu verdanken, die seit Jahren mitGesetzesinitiativen und Anfragen für eine armutsfeste undlebensstandardsichernde Rente für alle kämpft.«

UWE SCHUMMER, CDU/CSU,BILDUNGSAUSSCHUSS

»Mein Schwerpunkt lag beim Bundesteilhabegesetz und der da-mit verbundenen Stärkung der Schwerbehinderten-

vertretung. Es wurden die Freistellungen verbes-sert, die materielle Unterstützung, Aufwertungder Stellvertreter und stärkere Informationsrech-te bei einer Kündigung. Des Weiteren wollen wir

mit einem Budget für Arbeit die Beschäftigungund Inklusion behinderter Menschen ab2018 weiter verbessern.«

JUTTA KRELLMANN, DIE LINKE,GEWERKSCHAFTSPOLITISCHE SPRECHERIN DER LINKEN

»Als Linke in der IG Metall verstehe ich mich als Sprachrohr derErwerbstätigen und Gewerkschaften im Bundestag. Als gewerkschafts-politische Sprecherin gestalte ich aktiv Debatten und mische mich imSinne der Beschäftigten ein. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieWirtschaft den Menschen dienen muss und nicht umgekehrt. Von mirwurden viele Anträge in den Bundestag eingebracht. Soforderte ich unter anderem eine Anti-Stress-Verord-nung, das Recht auf Rückkehr in Vollzeit, die Abschaf-fung der sachgrundlosen Befristung, dass Leiharbeitund Werkverträge reguliert werden und dass Betriebs-ratswahlen erleichtert werden. Zwei Betriebsräte-konferenzen mit je 400 Teilnehmern zum Thema ›Union-Busting‹ habe ich organisiert.«

metallzeitungSeptember 2017

17

Page 18: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

Arbeitszeitkongress Beschäftigte wünschen sichArbeitszeiten, die zum Leben passen. Sie wünschensich, mehr selbst über ihre Zeit bestimmen zu können,und sie wollen, dass Flexibilität auch für ihr Privat-leben gilt. Auf dem Arbeitszeitkongress der IG Metalldiskutierten 850 Mitglieder der Tarifkommissionenaller Bezirke, was das für die Tarifpolitik heißt.Von Fabienne Melzer

metallzeitungSeptember 2017

18

Arbeitszeiten, diezum Leben passen

ANNALENA STEIDLE,22

»Der schönste Moment auf demArbeitszeitkongress war für mich,

als Jörg Hofmann die Jugend-forderung vor dem ganzenPlenum vorlas. Dies zeigt mir:Wir sind laut. Und vor allem:Wir werden gehört.

Generell wünsche ichmir, dass die 35-Stunden-Woche nicht nur in unseremTarifvertrag steht, sondernauch gelebt wird. Ich wün-sche mir, dass meine Kolle-gen und Kolleginnen michnicht mehr fragend an-schauen, wenn ich nachmeinem 7-Stunden-Tagnach Hause gehe, sonderndass es auch für sie zurSelbstverständlichkeitwird. Außerdem wünscheich mir, dass klare Gren-zen zwischen Arbeit undFreizeit gesetzt werden,damit ich auch in der Di-gitalisierung weiß: Jetztist meine Zeit, die ganzalleine mir gehört.«

Arbeit und Freizeit verschwimmen. DieterSeidel, Betriebsratsvorsitzender beiDaimlerin Kassel, muss sich nur in seinem Betriebumschauen. »Arbeiten am Samstag, daswar früher die große Ausnahme. Heutegeht ein Drittel unserer Schichten ins Wo-chenende«, sagte Seidel auf dem Arbeits-zeitkongress der IG Metall in Mannheim.»Die Wochenenden, an denen man mitFreunden auf dem Balkon sitzt und dieSonne genießt, werden seltener.«

Schichtarbeit, ständige Erreichbar-keit am Abend und im Urlaub – derRhythmus der Globalisierung, der Druckder Märkte bestimmen, wann Beschäf-tigte arbeiten und wann sie freihaben. Dasbelastet nicht nur das Privatleben, es scha-det auch der Gesundheit. Deshalb lautetdas Ziel der IG Metall: mehr Selbstbe-stimmung und Gerechtigkeit in der Ar-beitszeit. Wie sie dieses Ziel tarifpolitischerreichen kann, diskutierten rund 850Mitglieder der Tarifkommissionen ausallen Bezirken während des Arbeitszeit-kongresses in Mannheim.

Mehr selbstbestimmen Die großeMehr-heit der Beschäftigtenwill Arbeitszeiten, diezum Leben passen. Sie wollen Arbeitszei-ten, die genugZeit für das Leben neben derArbeit lassen undüber die sie selbst bestim-men können. Das brachte die Beschäftig-tenbefragung der IG Metall mit mehr als680000 Beteiligten zum Ausdruck und es

zeichnete sich auch in zahlreichen Beiträ-gen auf demArbeitszeitkongress ab.

Angesichts dieses Votums kritisierteJörg Hofmann, Erster Vorsitzender derIGMetall, die Arbeitgeber. Ihr Konzept aus»Vollzeit plusÜberstunden plus Leistungs-verdichtung plus Flexibilität« habe ausge-dient. Hofmann fordert einen arbeitszeit-politischen Aufbruch. Das Ziel: mehrSelbstbestimmung über die Arbeitszeit.MehrGerechtigkeit imArbeitsleben – etwadurch vorübergehende Arbeitszeitreduzie-rungmit Entgeltausgleich fürKinder, Pflegeund imSchichtbetrieb, verbundenmit demRecht, zur 35-Stunden-Woche zurückkeh-ren zu können. »Kinder, Pflege und Ge-sundheit – hier geht es nicht um Selbst-optimierung, sondern um gesellschaftlichNotwendiges. Dazu haben Arbeitgeberihren Beitrag zu leisten«, sagte Hofmann.

Angesichts der wirtschaftlichen Lagehält der Erste Vorsitzende der IG Metalldie anstehende Tarifrunde für den richti-gen Zeitpunkt für einen arbeitszeitpoliti-schen Aufbruch. Die Wirtschaft befindesich im achten Jahr nach der Krise imAufschwung und die Ertragslage vielerBetriebe sei glänzend.

Die 35-Stunden-Woche ist undbleibt dieWunscharbeitszeit für die großeMehrheit der Beschäftigten. »Die 35 stehtfür ihre Bedürfnisse nach sicherer

Arbeitszeitkongress in Mannheim:Metallerinnen und Metaller diskutier-ten rund um das Thema Arbeitszeit.

Foto

:D

anie

lRoth

enberg

er

Page 19: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

Fachrichtungen:| Maschinentechnik| Elektrotechnik| Bautechnik| Holztechnik| Heizungs-, Lüftungs-und Klimatechnik

| flexibel und effektivlernen mit derDualmethode®

| bundesweit über50 Studienorte fürden Samstagsunterricht

Geprüfter Technischer BetriebswirtBerufsbegleitende Fortbildung für staatlichgeprüfte Techniker, Meister, Ingenieure undTechnische Fachwirte

www.daa-technikum.de

Studienhandbuch

| Maschinentechnik| Elektrotechnik| Bautechnik| Holztechnik| Heizungs-, Lüftungs-und Klimatechnik

Studienhandbuch undStudieninformationkostenfrei unter0201 8316510

Kiel

Rostock

Hamburg

Delmenhorst

Potsdam

Berlin

Magdeburg

Hannover

Bielefeld

Osnabrück

Rheine

DuisburgBocholt

EssenDüsseldorf

Hagen

Dortmund

Köln

Hamm

Kassel

EisenachJena

Leipzig

Chemnitz

Dresden

Koblenz

Offenburg

FreiburgRavensburg Kaufbeuren

Neu-Ulm

Rosenheim

München

Augsburg

HeidenheimIngolstadt

Landshut

Crailsheim

NürnbergWeiden

Schweinfurt Kulmbach

Würzburg

Gießen

Frankfurt

Miltenberg

Kaiserslautern

Stuttgart

Karlsruhe

Rottweil

Wiesloch

Regensburg

Passau

Heilbronn

Studieninformation

Geprüfter TechnischerBetriebswirt (IHK)Berufsbegleitende Fortbildung für Techniker, Meister,Ingenieure und Technische Fachwirte

Beschäftigung, gesunden Arbeitszeitenund selbstbestimmtem Leben«, sagte Hof-mann. Dennoch arbeiten 80 Prozent derBeschäftigten regelmäßig länger als 35Stunden. Und deutlich mehr Beschäftigtehaben 40-Stunden-Verträge, als die Tarif-verträge vorsehen. Es gehe nun darum,die 35 als gemeinsame Erfolgsgeschichteweiterzuschreiben.

Wunscharbeitszeit 35 Die 35 ist wichtigim Westen und im Osten. Das zeigtenzahlreiche Beiträge von Kolleginnen undKollegen aus den neuen Bundesländern,wo in der Metall- und Elektroindustrienach Tarifvertrag noch 38 Stunden proWoche gearbeitet wird. Sie forderten: »35für alle.« Für alle, bei denen sie nicht mehrgelebt wird und für alle, bei denen sienoch nicht gilt.

Eine klare Absage erteilten die Kon-ferenzteilnehmer allen Bestrebungen, dasArbeitszeitgesetz aufzuweichen. Jörg Hof-mann: »Selbstbestimmt zu arbeiten heißtauch die rote Karte ziehen zu können undzu sagen: Jetzt ist Schluss für heute! Des-halb muss es auch in Zukunft verlässlichetarifliche und gesetzliche Regelungen zurRuhezeit geben.«

Die IG Metall wird die Arbeitszeit-debatte in den Betrieben fortsetzen undim Herbst die Forderungen für die anste-hende Tarifrunde in derMetall- und Elek-troindustrie beschließen.

Anzeige

Foto

:S

tephen

Petr

at

Page 20: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

Gemeinsamdie Ausbildung verbessern

Ausbildungsqualität Jugend- und Auszubildendenvertretungen kümmern sichum alle Fragen rund um die Ausbildung. Sie sichern und verbessern die Qualitätder Ausbildung im Betrieb. Das gelingt am besten, wenn sie gemeinsam mit demBetriebsrat und den jungen Kollegen dafür kämpfen. Von Jan Chaberny

igentlich kein großes Ding, derAuftrag, an jenem Morgen vorzwei Jahren: »Geh mal in Deineneue Abteilung, frag den Meister,ob Du nicht schon ein paar Tagefrüher anfangen kannst.« Das gabder Ausbildungsleiter Fabian

Schroth mit auf den Weg. Fabian, damals imzweiten Ausbildungsjahr, drehte sich um,fragte: »Undworan erkenne ich ihn, denMeis-ter?« »Dahabe ich gesagt bekommen:Der trägtein gestreiftes Hemd. Aber als ich dann in derAbteilung stand, trug so ziemlich jeder ein ge-streiftes Hemd. Da musste ich mich erst maldurchfragen, bis ich den Richtigen gefundenhatte. Das war aufwendig.«

Mittlerweile hat Fabian Schroth seineAusbildung zum Konstruktionsmechanikerabgeschlossen, er ist stellvertretender JAV-Vor-sitzender beimKranhersteller Terex/Demag inWetter – gemeinsam haben sie diesen Punktverbessert. Heute findet jeder schneller einenAnsprechpartner: Möglich machen das die»ABBA-Mappen«, die »Ausbildungsbeauf-tragten-Mappen«, die Fabian zusammenmitder JAV eingeführt hat. Ausbildungsbeauf-tragten-Mappen. Ein sperrigesWort. Aber die

Idee, die dahinter steckt, ist einfach und nütz-lich: »Wir haben uns überlegt, wie wir dieAuszubildendenintensiv auf ihre Einsätze in den jeweiligenAbteilungen vorbereiten können«, sagtFabian Schroth. Mit den ABBA-Mappen istihnen das gelungen –mit ihnen sind alle jun-gen Kolleginnen und Kollegen bei Tereximmer gut vorbereitet und informiert.Und sie werden während ihrer Ein-sätze in den Abteilungen betreut.

Wichtige Informationen DieMappen sind handelsüblicheDIN-A4-Mappen, in ihnenbefinden sich alle wichtigen

EInformationen aus der Abteilung, dieder Auszubildende gerade durchläuft:Adressen, Telefonnummern, Informa-tionen darüber, wer derMeister ist, wieviele Menschen in der Abteilung arbei-ten, wie die Abteilung aufgebaut ist. Jede

Auszubildende, jeder Auszubildende, undbei Terex/Demag gibt es derzeit

rund 100, bekommt vor demEinsatz in einer Abteilungeine speziell zugeschnitteneMappe in die Hand – undkann sichmit ihr vorab aufdie Abteilung vorbereiten.

»Die Mappen ent-halten aber nichtnur Informationenüber die Abteilun-gen«, sagt FabianSchroth. »In ihnenwird auch Wissens-wertes über den aktu-ellen Stand der Auszu-

bildenden festgehalten.«Vermerkt ist zum Beispiel, obder junge Kollege einen Kran-führerschein besitzt oder ob

FABIAN SCHROTH, 23»Ich habe mich daran erinnert, wie

orientierungslos ich alsAuszubildender manchmal imBetrieb rumgelaufen bin.Das musste sich ändern.«

Illus

trat

ion:

Rain

erCl

aus/

foto

lia.c

om

Foto: Thomas Range

Page 21: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

die junge Kollegin bereits einen Hydraulik-kurs absolviert hat. »Der Meister bekommtso einen besseren Überblick und kann danngezielt fördern. Das allein ist schon vielwert.«

Gezielte Förderung Das alleine istes aber nicht. Bestandteil jeder Mappe sindauch sogenannte »Lernzielkontrollbögen.«Wieder ein langesWort.Wieder eine wichtigeSache. Was dahintersteckt? Kein Text, keinePrüfung, kein Abfragen. Stattdessen: Gesprä-che zwischen Auszubildenden, Ausbildungs-beauftragten unddemMeister einerAbteilungüber den jeweiligen Stand der Berufsausbil-dung. »In diesen Gesprächen geht es um dieStärken und Schwächen der Kollegen, darum,wie man sie unterstützen kann«, sagt FabianSchroth.

Die Lernzielbögen seien eine guteGrundlage für die Gespräche,mit ihnen bekä-men alle Kontrollmöglichkeiten über ihreAusbildung in die Hand. »Die Auszubilden-den sind begeistert von denMappen«, sagt der23-Jährige. »Ohne ihr grünes Licht aber hättenwir uns nicht für die Mappen starkmachenkönnen. Und ohne die Unterstützung desBetriebsrats hätten wir die Einführung derMappen nicht durchsetzen können.«

Diese Erfahrung machen junge Aktiveüberall in den Betrieben, wenn sie etwas fürAuszubildende erreichen wollen: Es geht nurgemeinsam mit den jungen Kolleginnen undKollegen. Es geht nur, wenn der Betriebsrateingebunden ist und sie unterstützt.

Leander Hobusch, JAV-Vorsitzender derSartoriusCorporateAdministration inGöttin-gen, hat mit seinem Team auf diese Unterstüt-zung gebaut – so gelang es, für die Auszubil-denden des Pharma- und Laborzulieferers dieEinstellung einerweiterenAusbilderin von derGeschäftsführung genehmigt zu bekommen.»Der hausinterne Unterricht für unsere Aus-zubildenden wird durch Externe geleistet, füralles Organisatorische zu den jeweiligen Aus-bildungsgängen sind Kollegen aus den Abtei-lungen verantwortlich«, sagt der 23-Jährige.Das Problem war, dass diese Kollegen ihreArbeit ehrenamtlich leisten und häufig nichtdie fünf Stunden proWocheZeit haben, die sie

metallzeitungSeptember 2017

21

LEANDERHOBUSCH, 23

»Die persönliche Betreuung der jun-gen Kolleginnen und Kollegen kamzu kurz.Wir brauchten dringendeinen zusätzlichen Ausbilder.«

Auch Eduard Gertner weiß das. Seit 2016 istder 22-Jährige JAV-Vorsitzender bei der Fir-mengruppe Simon, 750 Beschäftigte arbeitenam Standort im Landkreis Rottweil. EduardGertner hat hier Industriekaufmann gelernt –und musste während seiner Ausbildung oft,und häufig ohne Vorlaufzeit, die Abteilungwechseln. »Ich habe am Freitag gesagt bekom-men,dass ichvomZentraleinkauf indieFinanz-buchhaltung wechseln muss, weil dort jemandausgefallen ist. Wir Auszubildenden hatten nieeinen Überblick darüber, in welche Abteilungman kommt undwie langeman dort bleibt.«

Direkte Gespräche Jetzt, als JAV-Vorsitzen-der, setzt sich Eduard Gertner dafür ein,dass »Ausbildungsdurchlaufpläne« einge-führt werden; in ihnen soll verbindlich fest-gehalten sein, wie lange ein Auszubildender,eine Auszubildende in welcher Abteilung ist.Nur so können sich die jungen Kollegen undKolleginnen auf ihren Einsatz in den Abtei-lungen vorbereiten. »Dazu brauchen wir Be-wertungsbögen für den kaufmännischen undden gewerblichen Bereich, die es den Kolle-gen ermöglichen, in Gesprächen mit derAusbildungsleitung einen Überblick überihren Ausbildungsstand zu bekommen.«

Gerade sind sie dabei, solche Bögen zuentwerfen. Bis diese abgestimmt und durchge-setzt sind, wird es noch ein bisschen dauern,sagt Eduard Gertner. Davon lasse er sich nichtentmutigen. Alles brauche eben seine Zeit.

EDUARDGERTNER, 22

»Wir Auszubildenden hatten nie einenÜberblick darüber, in welche Abteilung mankommt. Mit unseren Ausbildungsdurchlauf-

plänen soll sich das nun ändern.«

eigentlich für die Auszubildenden haben soll-ten. »Uns war klar, wir brauchen dringendeinen zusätzlichen Ausbilder.«

Bei der Geschäftsführung stieß die Ju-gendvertretung anfangs auf taubeOhren. »Wirmussten eine Strategie entwickeln, auf wel-chem Weg wir unser Ziel erreichen können.«In den JAV-Sitzungen sammeln sie Argu-mente, zusammen mit den Auszubildendennutzen sie jedes Gespräch mit der Ausbil-dungsleitung, um auf den Missstand auf-merksam zu machen. Parallel dazu sprechenLeander Hobusch und sein Team mit derPersonalführung, um auch auf dieser Ebenedas Problem deutlich zu machen.

»Um den Druck zu erhöhen, haben wirdann noch eine Umfrage zur Qualität derAusbildung unter allen Auszubildendendurchgeführt. Die Ergebnisse, die wir auch aufeiner Betriebsversammlung vorgestellt haben,zeigten klar, dass die jungen Kollegen sichmehr persönliche Betreuung wünschen unddas nur mit einer zusätzlichen Ausbilderstellemöglich ist.« Schlussendlich habenwir sie auchbekommen. »Man braucht einen langenAtem,man darf sich nicht entmutigen lassen«, sagtLeander Hobusch.

Foto

:Ann

ette

Kase

nbac

her

Foto

:Ale

xand

erN

eff

Page 22: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

metallzeitungSeptember 2017

22

Eine gute Kombi –duales Studiumund GewerkschaftRecht so Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, dual zustudieren. Doch welchen Status haben dual Studierende?Sind sie Auszubildende, Studierende oder beides? TjarkMenssen erläutert die Unterschiede.

Tjark Menssenist Jurist bei derDGB RechtsschutzGmbH.Foto: Frank Ott/DGB Rechtsschutz

Duale Studiengänge verknüpfen ein Stu-dium an einer Hochschule oder (Berufs-)Akademie mit regelmäßigen ausgiebigenPraxisphasen in einem Betrieb oder gareiner anerkannten betrieblichen Berufs-ausbildung. Theoriephasen an der Hoch-schule oder Akademie wechseln sichdabei mit praktischen Phasen im Ausbil-dungsbetrieb ab. Voraussetzung für eineZulassung ist in der Regel, dass nicht nurdie Hochschule einen Studienplatz bereit-stellt, sondern auch ein Betrieb sichbereit erklärt, die Praxisbetreuung zuübernehmen beziehungsweise einen Aus-bildungsplatz zur Verfügung zu stellen.Das duale Studium dauert in der Regeldrei bis vier Jahre. Es gibt verschiedeneFormen des dualen Studiums:

Das ausbildungsintegrierte duale Stu-dium: Hier wird das Studium mit einerAusbildung kombiniert. Dabei hast Duzwei Abschlüsse in der Tasche: den Bache-lor und einen von der Industrie- undHandelskammer anerkannten Berufsab-schluss.

Das praxisintegrierte duale Studium:Hier wird das Studium mit Praxisphasenim Betrieb kombiniert. Die theoretischeAusbildung derHochschulewird umprak-tische Erfahrungen und Übungen ergänzt.

Arbeitsrecht und Tarifverträge Auch fürdual Studierende gelten die Bestimmun-gen aus dem Arbeitsrecht uneinge-schränkt, wie zum Beispiel maximaleWochenarbeitszeiten oder Lohnfortzah-lung im Krankheitsfall.

In Tarifverträgen sind bessere Rege-lungen vereinbart als im Gesetz. Tarifver-träge werden zwischen Arbeitgebern oderArbeitgeberverbänden und Gewerkschaf-ten abgeschlossen und gelten für die Mit-glieder der Gewerkschaft. Leider gibt es

zurzeit nur wenige Tarifverträge für dualStudierende.Daswill die IGMetall ändern.Sie arbeitet daran, dual Studierende undAuszubildende rechtlich gleichzustellenund damit eine Tarifbindung herzustellen.In einzelnen Branchen und Unternehmenhat sie bereits tariflicheRegelungen für dualStudierende vereinbaren können, etwa beiVolkswagen, Sartorius undMahr inGöttin-gen, Dräger, ZF in Niedersachsen, Ho-waldtswerke-Deutsche Werft in Kiel,Thyssen-Krupp Steel Europe undThyssen-Krupp Marine Systems in Kiel, um nureinige zu nennen. Auch in den BranchenHandwerk und Kfz-Handwerk in Nieder-sachsen sowie imBereich FeinwerktechnikundMetallbau in Baden-Württemberg hatdie IGMetall Regelungen vereinbart.

Mitglied werden Darum lohnt es sich,schonwährend des Studiums der Gewerk-schaft beizutreten – denn: Einen Rechts-anspruch auf tarifliche Leistungen habendual Studierende nur, wenn sie Mitgliedsind. Zudem erhalten Studierende Rechts-schutz in arbeits- und sozialrechtlichenFällen, und zwar auch bei Prüfungsstrei-tigkeiten, wenn die erfolgreiche Fortset-zung oder Beendigung des Studiums vonder Prüfung abhängt.

Das Hochschulinformationsbüro der IG Metallbietet Studierenden zahlreiche Materialiensowie nützliche Tipps rund um das dualeStudium. Zudem findet Ihr dort die lokalenAnsprechpartner der IG Metall:

hochschulinformationsbuero.de

Mehr Wissen

Page 23: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

23metallzeitungSeptember 2017

ganzes Paket an Bildungsveranstaltungenfür Auszubildende, dual Studierende sowiejunge Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mer. Außerdem jede Menge Infos in Bro-schüren, auf der IG Metall-Homepage, aufFacebook und Instagram. Und zehn Malim Jahr bekommenMitglieder die metall-zeitung kostenlos nach Hause geschickt.

Service Die Expertinnen und Expertender IG Metall beraten vor Ort etwa wennes rechtliche Probleme im Betrieb, mit derRentenversicherung, der Krankenkasseoder der Arbeitsagentur gibt. Bei Streitig-keiten vor Gericht, zum Beispiel um dasAusbildungszeugnis oder bei einer Ab-mahnung, bietet die IG Metall kostenlo-sen Rechtsschutz. Außerdem erhaltenMitglieder Serviceleistungen wie die In-ternational Student Identity Card (ISIC),die Vergünstigungen im Ausland bietetund auch für Azubis gilt, und eine Frei-zeitunfallversicherung.

Ob beim Einkommen oder im Urlaub: In der IG Metall zu sein, zahlt sich aus.

Übernahme Auch das gibt es nur mitTarifvertrag: Wer seine Ausbildung er-folgreich abgeschlossen hat, wird über-nommen. Mindestens ein Jahr. In derMetall- und Elektroindustrie sowie Stahl-industrie in der Regel unbefristet.

Nur mit Tarif Ob Übernahme, Geld, Ar-beitszeit, Urlaub oder Sonderzahlungen:Einen Anspruch darauf, der sich bei Kon-fliktenmit demArbeitgeber auch gericht-lich einklagen lässt, haben nurMitglieder.

Mitreden Jugendliche in der IG Metallkönnen sich über Erfahrungen und Pro-bleme austauschen undmitreden: etwa inArbeitskreisen und den Jugendausschüs-sen der IG Metall vor Ort – regional undauf Bundesebene. Und als Jugend- undAuszubildendenvertretung in den Betrie-ben. Die IG Metall unterstützt sie dabeiund macht sie in Seminaren fit dafür.Bilden Überhaupt bietet die IGMetall ein

Foto

:alfe

xe/f

otol

ia.d

e

IG Metallrechnet sichfür AzubisGeld, Urlaub, Spaß Gutes Einkommen,

mehr Urlaub, Kontakt zu anderen jungen

Leuten, Rat und Hilfe und vieles mehr: War-

um es sich lohnt, in der IG Metall zu sein.

Mehr Infos

Für alle, die zu den ein-zelnen Themen Genaueswissen wollen, hat dieIG Metall Jugend vieleInfos zusammengestellt .Sie sind im Internet zufinden unter:

igmetall.de/jugend

Der »Stift« hat’s schwer: dem Chef dasZweitfrühstück holen, sich herumkom-mandieren lassen, den Dreck wegmachen.Bis zu 60 Stunden in der Woche. Für einlumpiges Taschengeld. »Lehrjahre sindkeine Herrenjahre.« So war das, als Papaund Opa Lehrlinge waren. (Lehrlingewaren meist Jungs.)

Dass die Zeiten heute anders sind,verdanken Auszubildende den Gewerk-schaften. Sie haben durchgesetzt, dass Aus-zubildende nicht mehr wie Leibeigenebehandeltwerden, sondernRechte undAn-sprüche haben und selbstbewusste jungeFrauen und Männer sein können. Vorallem, wenn sie in der IG Metall sind undfür sie die Tarifverträge gelten, die die IGMetall für ihreMitglieder abgeschlossenhat.

Arbeitszeit und Urlaub Tarifverträgenhaben es Auszubildende zum Beispielzu verdanken, dass sie nur noch 35 bis 38Stunden in der Woche arbeiten, je nach-dem, wo und in welcher Branche sielernen. Das ist viel besser als das Arbeits-zeitgesetz. Denn danach könnten sie biszu 60 Stunden beschäftigt werden. NachTarif stehen ihnen auchmehr Urlaubstagezu als nach dem Gesetz: 30 Arbeitstageanstatt nur 24 Werktage.

Geld Die IG Metall sorgt auch dafür,dass mit jedem neuen Entgelttarifver-trag, den sie mit den Arbeitgebern ab-schließt, die Ausbildungsvergütungensteigen. Zurzeit verdient ein Auszubil-dender in einem Stahlwerk im erstenJahr etwa 853 Euromonatlich, im vier-ten 970 Euro, in der Metallindustrie,je nach Region, im ersten Jahr 936 bis1004 Euro, im vierten Jahr 1094 bis1211,50 Euro. Dazu kommenUrlaubs-und Weihnachtsgeld.

YASMIN GEBHARDT, 21»Ich bin Industriemechanikerin bei Schaeffler Technolo-gies in Herzogenaurach und Mitglied in der Jugend- undAuszubildendenvertretung. Nach meiner Ausbildungwurde ich unbefristet übernommen wie die anderen

Ausgelernten. Nächsten Februar beenden 43 Jugendlicheihre Ausbildung. Der Arbeitgeber informierte, dass etwa

die Hälfte von ihnen nicht oder nur befristet übernommenwerden soll. Beschäftigungsprobleme seien der Grund dafür.Das sehen wir nicht ein – und kämpfen dagegen. Anhand der

Neueinstellungen von Leiharbeitern kann man jedoch sehen, dasssolche nicht existieren. Der Betriebsrat und wir sind mit den Auszu-bildenden im Gespräch. Die IG Metall würde den betroffenen Mitglie-

dern Rechtsschutz gewähren.«Foto: Andreas Gummerer

Page 24: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

Was muss im Ausbildungsvertrag stehen?Das muss auf jeden Fall drinstehen: Beginnund Dauer der Ausbildung; Beruf;Wochenarbeitszeit, Ausbildungsort, Probe-zeit, Länge des Urlaubs und wie hoch dieVergütung ist. Den Vertrag musst Duspätestens zu Beginn derAusbildung er-halten. Er muss von Dir und DeinemArbeitgeber unterschrieben sein.

Wie lang ist die Probezeit?Maximal vier Monate. In dieserZeit kann der Arbeitgeber Dirjederzeit ohne Kündigungsfristund Begründung kündigen.WennDu nach der Ausbildung über-nommen wirst, ist eine weitereProbezeit nicht zulässig.

Darf der Chef mir nach derProbezeit kündigen?Nach dem Berufsbildungsgesetzist das nur aus einem »wichtigenGrund« möglich, etwa bei schweremDiebstahl oderwennDuhäufig unent-schuldigt fehlst. Dannmuss derChef dirinnerhalb von zwei Wochen kündigen,sonst ist die Kündigung unwirksam.

Ist die Berufsschulzeit Arbeitszeit?Ja, der Arbeitgeber muss Dich dafür freistel-len. Dafür darf Dir kein Urlaub abgezogen wer-den und Du musst die Berufsschulzeit auch nichtim Betrieb nachholen. Gleiches gilt für Prüfungenoder Bildungsmaßnahmen außerhalb des Betriebs.

Muss ich vor der Berufsschule noch in den Betrieb?Nein, es sei denn, die Berufsschule beginnt erst nach 9 Uhr.

Und nach der Berufsschule?WennDu unter 18 bist undmindestens fünf Unterrichtsstundenmit min-destens 45Minuten amTag im Blockunterricht hast, darf Dein Betrieb das

Rechte und Pflichten Gera-de mit der Ausbildung begon-nen? Dann solltest Du DeineRechte kennen – und diePflichten. Zum Beispiel beiwem Du Dich melden musst,wenn Du krank wirst. metall-zeitung beantwortet die wich-tigsten Fragen.

Guter Rat

Tipps zumStart derAusbildung

metallzeitungSeptember 2017

24

MIKE STOECK, 25»In den Betrieben kommt es immer wieder mal vor, dass Auszubildende

abgemahnt werden, etwa weil sie unentschuldigt zu spät gekommen sind. Manchmalgehen sie dann allein ins Personalbüro und unterschreiben die Abmahnung. Das istaber ein großer Fehler. Denn die Firmen können solche Abmahnungen zum Beispielzum Vorwand nehmen, um Azubis nach der Ausbildung nicht zu übernehmen. Darumempfehle ich allen Azubis, die Probleme haben, immer jemanden vom Betriebsrat undder JAV, also der Jugend- und Auszubildendenvertretung, mit ins Personalbüro zu

nehmen. Ich bin selbst Vorsitzender der JAV bei Dormakaba in Ennepetal. Wir Jugend-vertreter haben Erfahrungen, kennen die Rechte der Jugendlichen und können ihnen

helfen. Die Betriebsräte unterstützen uns dabei.«

Foto: Anne-Marie Kaufmann

Page 25: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

nicht verlangen. Bei Volljährigen werden an Be-rufsschultagen oder bei Blockunterricht dieZeitstunden angerechnet. Ist die tägliche Ar-beitszeit (laut Ausbildungsvertrag) nochnicht überschritten, können sie in denBetrieb geholt werden. Pausen undWe-gezeiten zählen zur Berufsschulzeit. Invielen Branchen regeln Tarifverträge,wann Azubis noch in den Betriebgehen müssen.

Ich lerne nichts im Betrieb. Waskann ich tun?Wende Dich an Deine Jugend-und Auszubildendenvertretung(JAV), Deinen Betriebsrat oderDeine IGMetall. Der Arbeitgeberist verpflichtet, Dir alle für denBeruf notwendigen Kenntnisseund Fähigkeiten beizubringen.

Darf der Chef mir etwas von derVergütung wegnehmen, wenn ich

krank bin?Nein. Du musst den Betrieb nur amersten Tag vor Dienstbeginn informie-ren und ihm spätestens am dritten Tagdie Krankmeldung zukommen lassen.

Wenn Du an einem Berufsschultag krankwirst, musst Du den Arbeitgeber und die

Berufsschule informieren.

Muss ich Überstunden machen?Nein. Es sei denn, sie dienen der Ausbildung und

ein Ausbilder ist anwesend. Sie müssen durch Freizeitausgeglichen oder mit Zuschlag bezahlt werden.

Was ist eine Abmahnung?Mit dieser »Gelben Karte« rügt der Chef Fehlverhalten. Nachmeh-

reren Gelben Karten droht die Rote Karte: die Kündigung. Aber nichtjede Abmahnung ist gerechtfertigt. Darum: Lass Dich immer von der JAV,dem Betriebsrat oder der IG Metall vor Ort beraten.

metallzeitungSeptember 2017

25

Tipp

Du willst Deinen Ausbil-dungsnachweis lieberonline führen und erin-nert werden, falls Dueinen Eintrag vergisst?Mehr zum digitalenBerichtsheft findestDu hier:

online-ausbildungsnachweis.de

Probleme mit Kolleginnen oder Kollegen? Auf sie zugehen und dieKonflikte offen ansprechen, dabei sachlich und fair bleiben. Übertrei-bungen, Kraftausdrücke, Pauschalvorwürfe und Beleidigungenvermeiden. Lassen sich Probleme trotzdem nicht lösen, solltest Dudie Jugendvertretung ansprechen. Auch bei Ärger mit Vorgesetztenoder in der Berufsschule steht Dir die Jugend- und Auszubildenden-vertretung mit Rat und Hilfe zur Seite – gemeinsam mit dem Be-triebsrat und der IG Metall.

Deine IG Metall vor Ort findest Du unter:igmetall.de/vor-ort

Weitere Informationen zu den Themen betriebliche Arbeitszeit,Berufsschule, Zwischenprüfung und mehr sowie ein Lexikon mitBegriffen rund um Ausbildung und duales Studium findest Du hier:

igmetall.de/ausbildungsstart

Illustration: Leonardo Pellegrino

metallrente.de

Gemeinsamvorsorgenbringt mehr.

Mach mit!

AnzeigeRat und Hilfe

Page 26: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

Ausbildung perNachvermittlung

Das Ausbildungsjahr hatzwar offiziell schon begon-nen – doch zahlreiche Be-triebe melden noch offeneStellen, nicht nur imHandwerk, auch in derIndustrie. Wer eine Ausbil-dungsstelle sucht, solltesich deshalb bei der Agen-tur für Arbeit melden.Dort läuft gerade dieNachvermittlung vonJugendlichen, die eineAusbildungsstelle suchen.Die Jobbörse der Bundes-agentur für Arbeit unter-stützt Dich bei der Suchenach freien betrieblichenAusbildungsstellen.

jobboerse.arbeitsagentur.de

Gezielte Suche Wenn Dueine technische, einekaufmännische oder einedienstleistungsorientierteAusbildung machenwillst, kannst Du DeinenWunschberuf auf dersogenannten Lehrstellen-börse der Industrie- undHandelskammerin Deiner Region oderbundesweit suchen.

Über das sogenannteLehrstellenradar des Deut-schen Handwerks-kammertags findest Dubundesweit freie Ausbil-dungsplätze in über 130Handwerksberufen. DerDatenbestand der regionalzuständigen Handwerks-kammern wird laufendaktualisiert.

ihk-lehrstellenboerse.delehrstellen-radar.de

IG Metall fragen AuchEure IG Metall vor Ort istein guter Ansprechpart-ner. Denn die Kollegin-nen und Kollegen in denGeschäftsstellen wissenin der Regel, in welchenBetrieben noch Auszubil-dende gesucht werden.Kontakt:

igmetall.de/vor-ort

metallzeitungSeptember 2017

26

Weiter-bilden mit Tarif

Weiterbildung wird immer wichti-ger, heißt es überall, umsomehr, dasich die Arbeitswelt durch dieDigitalisierung rasant verändert.72,5 Prozent der unter 35-Jährigensehen das laut einer Umfrage derIG Metall genauso. Mit einer Wei-terbildung steigen die Chancen aufeinen besseren Job und mehr Geld.

Seit vielen Jahren engagiertsich die IG Metall dafür, dass Be-schäftigte sich weiterbilden können.Sie hat etwa mit durchgesetzt, dassstudieren auch ohne Abitur geht.

Für EureWeiterbildung gibt esFördergeld vom Staat, etwa BAföGund Meister-BAföG – und unter

Umständen auch etwas vom Ar-beitgeber, etwa dann, wenn EureWeiterbildung notwendig für denBetrieb ist.

Fortbi lden und studieren EineAufstiegs-Fortbildung könnt Ihrmachen, wenn Ihr mindestens einJahr lang nach der Ausbildung inEurem Beruf gearbeitet habt. Etwazum Techniker, Meister oder Fach-wirt, was in der Regel ein halbesJahr bis zwei Jahre dauert.

Auch ohne Abitur studierenkönnt Ihr je nach Bundesland nachein bis drei Jahren im Betrieb, je-doch nur in Eurem Fachgebiet – als

Mechatroniker geht etwaMechatro-nik oder Elektrotechnik. Wenn Ihrjedoch zuvor eine Aufstiegs-Fortbil-dungmacht, dürft Ihr alles studieren.

In Bildungsteilzeit gehen Anfang2015 setzte die IG Metall in derMetall- undElektroindustrie die Bil-dungsteilzeit durch: Mitglieder derIG Metall haben Anspruch darauf,sich bis zu sieben Jahre lang weiter-zubilden oder zu studieren.Das kön-nen sie in Teilzeit neben der Arbeit.Oder indem sie für ihre Weiterbil-dung ganz aus dem Betrieb heraus-gehen, wobei ihnen der Betriebschriftlich zusagt, dass sie danach

Bis zu sieben Jahre lang könnensich Mitglieder der IG Metall inder Metall- und Elektroindustrie

weiterbilden oder studieren.

Weiterbildung Die Tarifverträge der IGMetallmachenWeiterbildung und Studium für allemöglich. In Teilzeit neben der Arbeit. Oder inVollzeit, bis zu sieben Jahre, mit Jobgarantie danach.Was Ihr für Eure Bildung wissen solltet.

Die IG Metall sucht für ihre Vorstandsverwaltung

in Frankfurt am Main zum 1. September 2018:

Auszubildende zur Kauffrau/zum Kaufmann für Büromanagement

schulabschluss? Dann freuen wir uns auf Deine

Bewerbung!

[email protected] oder IG Metall

Vorstand, FB Personal, Jasmin Welzenheimer,

Wilhelm-Leuschner-Str. 79, 60329 Frankfurt am

Main. Bewerbungsschluss ist der 30. September

2017!

Du brauchst mehr Infos? igmetall.de

Möchtest Du in einem Beruf mit Zukunft

ausgebildet werden?

Hast Du Spaß und Interesse an Sekretariatsarbeit?

Bist Du kommunikationsstark und fällt es

Dir leicht, Texte zu formulieren?

Zuverlässigkeit und Lernbereitschaft sind für

Dich selbstverständlich?

Und hast Du mindestens einen guten Haupt-

Page 27: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

metallzeitungSeptember 2017

27

wieder eingestellt werden. So steht esin den IG Metall-Tarifverträgen zurBildung und Qualifizierung.

Bildungsteilzeit könnt Ihr beimArbeitgeber beantragen, wenn Ihrfünf Jahre im Betrieb seid. Dannhabt Ihr auch die nötige Berufserfah-rung nach EurerAusbildung gesam-melt, um Euch fortzubilden oderohne Abitur zu studieren. Ihr könntaber auch schon direkt nach derAusbildung inBildungsteilzeit gehen(so wie Rafael Nöhre, unten), etwawenn Ihr zumindest Fachabiturhabt. Den Antrag müsst Ihr spätes-tens sechs Monate vor Beginn derBildungsteilzeit stellen.

Foto

:ve

ge/f

oto

lia.d

e

Infos zu Weiterbildungsmöglichkeitenund Finanzierung im Bildungsportal:

wap.igmetall.deInfos zur Bildungsteilzeit:

igmetall.de/bildungsteilzeit

Mehr Wissen

Zweite Chance fürStudienabbrecher

und Studienzweifler

Ein Studienabbruch be-

deutet kein Scheitern der

beruflichen Karriere. Wie

derWechsel zu anderen Be-

rufswegen gelingen kann.

Ob ein Studium die rich-tige Ausbildung ist, mer-ken viele erst, wenn sie ander Uni angekommensind. Nach Daten desDeutschen Zentrums fürHochschulwissenschaftenbricht etwa jeder dritteBachelorstudent seinStudium ab. Doch einStudienabbruch ist keinBeinbruch: Die Karriere-und Aufstiegschancen fürAuszubildende sind besserals je zuvor. Und: Studien-abbrecherinnen und-abbrecher sind bei denUnternehmen besondersgefragt.

Wer über eine allge-meine Hochschulzugangs-berechtigung verfügt, kannbeispielsweise eine berufli-che Erstausbildung, dienormalerweise drei Jahredauert, durch den Nach-weis des Abiturs, um sechsbis zu zwölf Monate ver-kürzen. Daneben gibt esnoch weitere Möglichkeitenzur Verkürzung der dualenAusbildung, die im Berufs-bildungsgesetz und in derHandwerksordnung gere-gelt sind. Sind zusätzlichdas bisherige Studium undder gewählte Ausbildungs-beruf inhaltlich verwandt,können bereits erbrachteStudienleistungen ebenfallsbei der Ausbildungsdauerberücksichtigt werden.Oder Du legst bereits Teileder Meisterprüfung wäh-rend der Ausbildung ab.Das Bundesbildungsminis-terium unterstützt Studien-abbrecher und Betriebe,besser zusammenzufinden.Mehr dazu unter:

studienabbruch-und-dann.de

RAFAEL NÖHRE, 23»Weiterbildung bringt Chancen auf bessere Arbeit. Ichhabe gerade meine Ausbildung als Mechatroniker bei Ge-tinge in Rastatt beendet und studiere nun Elektrotechnik.

Sechs Monate vor Ende der Ausbildung habe ich meine Bildungs-teilzeit beantragt. Das lief ganz locker. Nach fünf Jahren kehre ichwieder zu Getinge zurück, mit Garantie auf einen gleichwertigen

Arbeitsplatz, bis eine Ingenieurstelle für mich frei wird.«

In anderen Branchen hat die IGMe-tall ähnliche Regelungen durchge-setzt. In der Textil- und Beklei-dungsindustrie etwa habt IhrAnspruch auf bis zu einer WocheWeiterbildung im Jahr. Der Arbeit-geber bezahlt Euren Lohn weiterund gibt Zuschüsse zu den KostenEurer Weiterbildung.

Helfen lassen Bevor Ihr loslegt:Sprecht mit Eurem Betriebsrat, mitEurer JAV odermit Eurer IGMetallvor Ort. Dort könnt Ihr Euch bera-ten lassen – auch bei Fragen zurFinanzierung EurerWeiterbildung.

[email protected]

Foto: Gustavo Alàbiso

Page 28: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

metallzeitungSeptember 2017

30

Ka

rik

atu

r:A

nd

réP

olo

cze

k

Page 29: metallzeitung · 2019. 1. 22. · metallzeitung Juli/August 2017 »Teilzeit ist schlecht für die Karriere ... 12 TITEL T i t e l f o t o s: R o m a n B r o d e l, C o r d u l a K

>ANGEBOTE FÜR MITGLIEDERReisen, Vorsorge und Bildung: Tolle

Angebote für Mitglieder bietet die

Servicegesellschaft der IG Metall.

igmservice.de

>BILDUNG IM INTERNETHier findet Ihr das Bildungspro-

gramm der IG Metall und einen

Ratgeber zum Bildungsurlaub:

igmetall.de/bildung

>DEINE GESCHÄFTSSTELLEHier findest Du Deine

IG Metall-Geschäftsstelle:

igmetall.de/vor-ort

>HIER WIRST DU MITGLIEDHier kannst Du Mitglied

werden:

igmetall.de/beitreten

>LESERBRIEFEDie Redaktion behält sich vor,

Leserbriefe zu kürzen, um möglichst

viele Mitglieder zu Wort kommen

zu lassen. Es ist leider nicht möglich,

alle Zuschriften abzudrucken.

Leserbriefe geben nicht die Meinung

der Redaktion wieder.

Die Preiseim September

Erster Preis:eine IG Metall-

Reisetasche

Zweiter Preis:eine Alu-Lunchbox

Dritter Preis:ein Fußball »Respekt!«

Einsenden*

Bitte die Lösung bis

24. September 2017unter Angabe von

Vor-, Nachnamen

und Adresse auf

eine Karte schreiben

und per Post an:

Redaktion

metallzeitung,

Preisrätsel, 60244

Frankfurt am Main.

Oder per E-Mail an:

[email protected]

*Maschinell erstellte

Lösungszuschriften

sind von der

Teilnahme aus-

geschlossen.

Die Bildausschnitte gehörenzu Fotos, die Ihr in dieserAusgabe der metallzeitungfindet. Die Lösung ergibtsich aus der Summe derSeitenzahlen, auf denen dieBilder zu finden sind.

Rätsel

metallzeitungSeptember 2017

31>IMPRESSUM

Herausgeber:

Jörg Hofmann,

Christiane Benner,

Jürgen Kerner

Anschrift:

Redaktion metallzeitung

Wilhelm-Leuschner-Straße 79,

60329 Frankfurt am Main

Chefredakteurin:

Susanne Rohmund

(verantw. i. S. d. P.)

Chefin vom Dienst:

Fabienne Melzer

Redaktion:

Simon Che Berberich,

Jan Chaberny, Dirk Erb,

Martina Helmerich,

Sylvia Koppelberg,

Antonela Pelivan

Gestaltung:

Gudrun Wichelhaus-Decher

Bildredaktion:

Michael Schinke

Sekretariat: Beate Albrecht

igmetall.de/metallzeitung

Angebot für Sehbehinderte:

metallzeitung gibt es auch als

Word- oder PDF-Datei:

[email protected]

Vertrieb:

Thomas Köhler

Telefon: 069 6693-2224

Fax: 069 6693-2538

[email protected]

Anzeigen:

Petra Wedel, Zweiplus

Medienagentur,

Pallaswiesenstraße 109,

64293 Darmstadt

[email protected]

Druck und Versand:

apm AG, Darmstadt

Papier: metallzeitung erscheint

zehn Mal im Jahr. Für Mitglie-

der der IG Metall ist der Bezug

im Beitrag enthalten. Das Pa-

pier, auf dem metallzeitung ge-

druckt wird, besteht zu 70

Prozent aus Altpapier und zu

30 Prozent aus FSC- und PEFC-

zertifiziertem Holz, das aus

nachhaltiger Waldbewirt-

schaftung in Süddeutschland

und der Schweiz stammt.

>LESERTELEFON

0800 4463825Montag bis Donnerstag 9 bis 16 Uhr und

Freitag 9 bis 13 Uhr (gebührenfreie Rufnummer)

Fax: 069 6693-2002

[email protected]