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Mitgliederzeitung der IG Metall | Jahrgang 70 | Februar 2018 | D 4713 metall zeitung R Seite 28 Tarifbindung Beschäftigte von Sauter kämpfen um ihren Tarifvertrag Bezirk R Seite 11 Hannover Messe Freier Eintritt für Mit- glieder der IG Metall R Seite 6 Mitgliederzeitung der IG Metall | Jahrgang 70 | Februar 2018 | D 4713 metall zeitung Hunderttausende im Warnstreik TARIFRUNDE 2018

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Page 1: metallzeitung...RSeite 10 12 TITEL T itel fos: hm aR ng(4) ,C rv P z/. dA E M S G Gabi Senft/transitfoto.de, Heiko Stumpe (2), UlfStephan, Robert.Koester@Konfliktdesign.de, Michael

Mi t g l i e d e r ze i t u ng de r I G Me t a l l | J a h r g ang 70 | Feb rua r 2018 | D 47 13

metallzeitung

R Seite 28

Tarifbindung Beschäftigte von Sauter

kämpfen um ihren Tarifvertrag

Bezirk

R Seite 11

Hannover Messe Freier Eintritt für Mit-

glieder der IG Metall

R Seite 6

Mi t g l i e d e r ze i t u ng de r I G Me t a l l | J a h r g ang 70 | Feb rua r 2018 | D 47 13

metallzeitung

Hunderttausendeim Warnstreik

TA R I F R U N D E 2 0 1 8

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>INHALT

4 Mitbestimmung In Firmen, in denen Betriebsräte mitbestim-

men, läuft es besser – in vielerlei Hinsicht.

6 Kostenlose Tickets Mitglieder der IG Metall haben freien Ein-

tritt zur Hannover Messe.

7 General Electric Neue Hiobsbotschaft für die Beschäftigten:Der Konzern steht womöglich vor einer Aufspaltung.

8 Ausblick Im Interview spricht Jörg Hofmann über die Heraus-forderungen des Jahres 2018 – und darüber hinaus.

9 Fachkräftemangel Das Problem ist in aller Munde, doch beigenauer Betrachtung stellt es sich anders dar, als vermutet.

10 Siemens Das Ringen um die Sicherung der von Schließung be-drohten Standorte geht weiter.

11 Thyssen-Krupp Stahlwerker stimmen über das Verhandlungs-ergebnis ab.

Tarifrunde Metall und Elektro:Hunderttausende im Warnstreik

Im Januar rollte die Warnstreikwelle durch die Metall- und

Elektroindustrie.Bis Redaktionsschluss dieser metall-

zeitung waren rund 600 000 Metallerinnen und Metaller in 3000

Betrieben im Warnstreik – für mehr Geld und Arbeitszeiten, die zum

Leben passen. Die Betriebe standen zeitweise komplett still.

18 Digitalisierung Sogenannte agile Arbeitsmethoden können fürBeschäftigte attraktiv sein – wenn sie richtig gestaltet werden.

20 Blaue Plakette Was es damit auf sich hat und warum dieIG Metall sie für eine gute Idee hält.

21 Ausgezeichnete Technik Die Firma ARRI stellt Kamerasys-teme her und hat schon 19-mal den Technik-Oscar abgeräumt.

22 Recht so Wo das Weisungsrecht des Arbeitgebers an seineGrenzen stößt.

23 Rechtsfall Wer betriebliches Ruhegeld erhält, muss daraufkeine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zahlen.

24 Ratgeber Wie Beschäftigte das Mitarbeitergespräch für ihreZiele nutzen können.

26 Berufsporträt Hörakustiker Fachleute in einem spannendenArbeitsfeld, die händeringend gesucht werden.

27 IT-Berufe Warum eine große Neuordnung ansteht und weshalbsie so lange auf sich warten lässt.

28 Aus den Bezirken

30 Lokales/Karikatur

31 Rätsel

31 Impressum

eine echte Entlastung für uns Ar-beitnehmer. Ich drücke Ihnen dieDaumen!Ugur, per E-Mail

Lebenswerte Zukunftmetallzeitung 1/2018Leserbrief »Zu wenig Selbstkritik«Der Kollege Gerhard spricht miraus dem Herzen. Ich freue michsehr über so einen kritischen,umweltbewussten Gewerkschafts-kollegen wie ihn! Ich bin knapp30 Jahre jünger als er, Gewerk-schafterin seit 45 Jahren undmache mir auch große Sorgen umunsere Umwelt und die Zukunftunserer Kinder. Warum? Weil dieRiesen-Konzerne als Hauptverur-sacher inzwischen wissentlich dieZerstörung und Vergiftung unse-rer Lebensgrundlagen in Kaufnehmen, nur um ihren Profit zusichern.

Deswegen sind wir Gewerk-schafter und Gewerkschafterinnenherausgefordert, die bisher verbrei-tete Politik »Arbeitsplätze gegenUmweltschutz« zu überwindenund aktiv(er) einzutreten für dra-stische, notwendige Umwelt-schutzmaßnahmen und den Erhaltder Arbeitsplätze – für eine Zu-kunft in Einklang vonMensch undNatur!Linda Weißgerber, Wuppertall.

>LESERBRIEFE

Großartiges Engagementmetallzeitung 1/2018»Im Einsatz für gute Arbeit«Danke für den wertvollen Beitrag.Hierbei wurde mir wieder klar, wiegroßartig das Engagement vielerBetriebsräte ist. Meine Hochach-tung und Dank gilt all diesen Be-triebsräten, die sich für dieBelegschaft aufopfern. Bedenklichfinde ich die langen ungesundenArbeitszeiten, die in diesem Be-richt beschrieben werden. Diesehaben wahrscheinlich auch einennegativen Einfluss auf die betroffe-nen Familien/Lebenspartner. Soll-ten wir hier nicht den Ansatzverfolgen, Betriebsratsprozesse zuvereinfachen, um die Betriebsrätezu entlasten?Helmut Schneider, per E-Mail

Keine Zeit für Behördengängemetallzeitung 1/2018»Wir machen Druck«Ich bin Auszubildender und arbeitejeden Tag bis 17 Uhr. Ich merke,dass ich nach der Arbeit keine Be-hördengänge, keine Arztbesuchemachen kann, weil die Zeit nichtausreicht. Bis ich zu Hause ange-kommen bin, haben alle Praxenoder die Behörden längst zu. Ichwürde mich freuen, wenn es ge-lingt, die Arbeitszeitforderung derIG Metall durchzusetzen. Das wäre

>REDAKTIONSSCHLUSS DIESER AUSGABE:19. Januar 2018

Mitbestimmung Belegschaf-ten mit Betriebsrat dürfen sichglücklich schätzen. Denn bei ihnenläuft vieles besser.R Seite 4

Siemens Das Tauziehen um die Zu-kunft der bedrohten Standorte geht wei-ter. Für die IG Metall ist klar: Schlie-ßungen sind keine Option.R Seite 10

12TITEL

Titelfotos: Thomas Range (4), Christian von Polentz/transitfoto.de, Andreas Engel, Martin Storz/Graffiti,

Gabi Senft/transitfoto.de, Heiko Stumpe (2), Ulf Stephan, [email protected],

Michael Knopp

metallzeitungFebruar 2018

Foto:JürgenLösel/dpa-Zentralbild/ZB/pa

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Berufsporträt Hörakustiker sind ge-fragte Fachleute. Gesucht werden Men-schen mit technischem Verständnis undEinfühlungsvermögen.R Seite 26

Ratgeber Ob Weiterbildung, Prä-mie oder mehr Gehalt: Im Mitarbei-tergespräch können Beschäftigteeiniges rausholen.R Seite 24

Illustration:LeonardoPellegrino

metallzeitungFebruar 2018

Eine starke Gemeinschaft

Foto:FrankRumpenhorst

Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall

Stark Stabile Mitgliederentwicklung, starkeVerankerung in den Betrieben, finanziell gutaufgestellt: Die IG Metall geht selbstbewusst indieses wichtige Jahr.

>EDITORIAL

106785 neue Mitglieder konnten wir im vergangenen Jahr in derIGMetall begrüßen. Das entspricht in etwa der Einwohnerzahl vonErlangen. Damit hat die IG Metall auch 2017 ihre stabile Mitglie-derentwicklung fortgesetzt. Besonders erfreulich ist, dass es unsgelungen ist, unsere Verankerung im Betrieb weiter zu stärken. DieZahl der Mitglieder, die in den Betrieben arbeiten, stieg auf1570537 und ist damit auf dem höchsten Stand seit über zehn Jah-ren. Insgesamt lag die Zahl derMitglieder am Jahresende bei exakt2262661. Das ist trotz eines leichten Rückgangs ein gutes Ergebnis.Denn diese stabile Entwicklung ist in diesen Zeiten keine Selbst-verständlichkeit. Sie ist ein großes Zeichen des Vertrauens und dieGrundlage unseres Erfolgs. Nur durch die Kraft der vielen könnenwir etwas bewegen. Die IG Metall geht stark und auf fester Basisin dieses wichtige Jahr. Und wir setzen auf die richtigen Themen.

Miteinander für morgen Das zeigt sich besonders in der Tarif-runde der Metall-und Elektroindustrie. Die Wirtschaft brummtund die Beschäftigten haben sich ein ordentliches Plus im Geld-beutel verdient. Und wir haben mit unserer Forderung zur Ar-beitszeit den Nerv der Gesellschaft getroffen. Die Menschen wol-len mehr Selbstbestimmung und Verlässlichkeit für ihreArbeitszeit. Und sie wollen nicht darum bettelnmüssen.Währenddiese Ausgabe der metallzeitung gedruckt wird, gehen die Ver-handlungen weiter. Wenn Ihr sie lest, wisst Ihr bereits, ob wireinen erfolgreichen Abschluss erzielt haben oder den Arbeits-kampf fortsetzen müssen. Klar ist aber schon jetzt: Die grandioseBeteiligung an den Warnstreiks mit rund 600000 Menschen vorden Werkstoren allein in den ersten beiden Wochen hat allen imLand noch einmal klargemacht: Die IG Metall ist eine starke Ge-meinschaft. Und gemeinsam können wir viel bewegen.

Roadshow-VerlosungWie bereits in den Jahren zuvor war die Roadshow der IG Metall auch2017 wieder in Deutschland unterwegs, um auf Marktplätzen, in Indus-trieparks, vor Betrieben oder bei Festivals über aktuelle Themen ausder Arbeitswelt zu informieren. Zahlreiche Besucher nahmen an demGewinnspiel der IGMetall-Roadshow teil.

Je ein Tablet haben gewonnen:Melina Memedov, OffenburgViktor Tiessen, NeuwiedMichael Wuttke, SalzgitterManuela Schmidt, Arnstein

Dezember-RätselLösungswort: »Tarifrunde«1. Preis: Ulrike Huber, Wertingen2. Preis: Volker Berg, Krummhörn3. Preis: Sonja Ickler, Eisenach

>GEWONNEN

Foto:dmytro_khlystun/stock.adobe.com

Foto:IG

Metall

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Quellen: Hans-Böckler-Stiftung, Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) und Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), DGB-Au

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BESSER MIT BE

25%Betriebsräte stärken Wettbewerbsfähigkeitund erhöhen wirtschaftlichen Erfolg15 Jahre nach Betriebsratsgründung steigt dieProduktivität der Firmen um 25 Prozent.Grund dafür ist die vertrauensvolle Zusammenarbeit.

11,8%Betriebe mit Betriebsrat familienfreundlicherWenn ein Betriebsrat vorhanden ist, steigt dieWahrscheinlichkeit für…

Regelungen zur Elternzeit: um 11,8 %familienfreundliche flexible Arbeitszeiten: um 16%Kinderbetreuung im Betrieb: um 2,1 %

4,4%Betriebe mit Betriebsrat bilden mehr ausDer Anteil der Azubis an den Beschäftigtenbetrug bei börsennotierten Unternehmen 2013:

mit Betriebsrat: 4,4 %ohne Betriebsrat: 3,8 %

metallzeitungFebruar 2018

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g (IAB), DGB-Ausbildungsreport 2016 Gestaltung: Julia Buschmann

BETRIEBSRAT

78%Betriebe mit Betriebsrat innovativerAnteil der Betriebe, die ein Produkt entwickelthaben:

mit Betriebsrat: 78%ohne Betriebsrat: 61 %

74,8%In Betrieben mit Betriebsrat mehr UrlaubAnteil von Beschäftigten, die ihren Anspruch aufUrlaub voll ausschöpfen (können):

mit Betriebsrat: 74,8 %ohne Betriebsrat: 63,6 %

75,7%Azubis in Betrieben mit Betriebsrat zufriedenerAnteil der Azubis, die (sehr) zufrieden mit ihrerAusbildung sind:

mit Betriebsrat: 75,7 %ohne Betriebsrat: 65%

metallzeitungFebruar 2018

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Cartoo

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epha

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rup

Mitglieder der IGMetall können wieder kos-tenlos die Hannover Messe besuchen. Dieweltweit wichtigste Industriemesse findet vom23. bis 27. April in Hannover statt. Der Info-stand der IG Metall ist in Halle 16 im Bereich»job and career«. Neben Vorträgen zu Ein-stiegsgehältern und Regelungen im Arbeits-vertrag gibt es dort Tipps und Beratung rundumdie Bewerbung, denArbeitsvertrag und zuTarifverträgen.

Wer an einem E-Ticket interessiert ist,meldet sich bei seinerGeschäftsstelle.Mit demTicket können Mitglieder auch die zeitgleichstattfindendeCeMAT, Leitmesse für IT-Logis-tik, Lager- und Fördertechnik, besuchen.

igmetall.de/vor-ort

Freier Eintritt zur Hannover Messe und zur CeMATMetallerinnen und Metaller erhalten kostenlose Tickets zu den zwei Fachmessen.

Weniger arbeiten gewünscht65,4 Prozent der Männer in der Metall- und Elektroindustrie

würden am liebsten 35 oder noch weniger Stunden in der

Woche arbeiten. Tatsächlich arbeiten aber 81 Prozent länger,

48,2 Prozent sogar 40 Stunden oder mehr. Von den Frauen

würden 77 Prozent gern 35 Stunden oder weniger arbeiten,

de facto sind aber 65 Prozent von ihnen länger im Betrieb.

Das schreiben die Berliner Wissenschaftlerinnen Jutta All-

mendinger und Julia Haarbrückerie, die Beschäftigtenbefra-

gungen der IG Metall ausgewertet haben.

bibliothek.wzb.eu

RSuche: discussion paper 2017-002

Staat nicht öko genugNur 2,4 Prozent aller öffentlichen Aufträge wer-

den nach umweltverträglichen Kriterien verge-

ben. Dabei könnte der Staat einen wichtigen

Beitrag leisten, um den Ausstoß von Kohlen-

dioxid zu senken, so das Deutsche Institut für

Wirtschaftsforschung. Denn 18 Prozent des ge-

samten Konsums und 11 Prozent aller Investitio-

nen gehen auf das Konto der öffentlichen Hand.

65,4 %

2,4%

Ältere seltener krankMehr als 65 Prozent aller Arbeitnehmerinnenund Arbeitnehmer unter 35 Jahren melden sichmindestens einmal im Jahr krank, zeigen Statisti-ken der OECD. Von den Beschäftigten über 55Jahre tun das nur 54,3 Prozent. Wenn Älterekrank sind, dann allerdings meist längere Zeit.

54,3%

Fast eine MilliardeÜberstunden für lau

Deutsche Arbeitnehmer leisteten 1,7Milliarden Überstunden im Jahr 2016.Davon waren 947 Millionen Stunden un-bezahlt. Das zeigen Zahlen des Institutsfür Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.

947Mio.

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HANNOVER MESSE23–27 April 2018Hannover ▪ Germany

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XY123

Der Voucher ist kein Ticket, das zum Einlass berech-

tigt, sondern muss mit dem dort angegebenen Vou-

chercode vor der Veranstaltung durch die Internet-

registrierung in ein E-Ticket umgewandelt werden.

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7metallzeitungFebruar 2018

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Seit Jahren kämpfen die deutschen Stahlwerker für ihre Zukunft. Ihr Logo»Unser Herz aus Stahl muss weiterschlagen« ist weitbekannt. Doch wasder Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, dem Kernland des Stahls,gute Arbeitsplätze wert sind, zeigt sie gerade beim Brückenbau. Obwohlder beste Stahl im eigenen Land hergestellt wird, lässt die NRW-Regie-rung Stahl für die neue A1-Rheinbrücke bei Leverkusen aus mehr als10000 Kilometer Entfernung heranschaffen: aus China. Auch eine Ersatz-brücke in Duisburg in Nachbarschaft der Thyssen-Krupp-Werke soll auschinesischem Stahl gebaut werden. Dabei erfüllt der Stahl aus Fernostnicht die übliche Güteklasse und wird nicht unter so hohen ökologischenStandards hergestellt wie der deutsche. Aber er ist billiger, weil er wett-bewerbswidrig zu Dumpingpreisen auf denMarkt geworfen wird.

Du hast an dem Workshop »Respekt«

teilgenommen. Warum?

Franziska Haupt: Aus Neugier, weil michdie Themen Diskriminierung, Ausgren-zung und Fremdenfeindlichkeit interes-sieren. Außerdem wollte ich wissen, wieich selber ticke, man ist ja nicht frei vonVorurteilen. Sätze, die beispielsweise mit»die« Flüchtlinge beginnen, können nurfalsch sein, weil es »die« Flüchtlingenicht gibt.

Erlebst Du Fremdenfeindlichkeit imBe-

trieb?

Haupt: Davon kann sich doch keine Be-legschaft freisprechen. Rechtsradikale,sexistische oder diskriminierende Äuße-rungen kommen immer mal wieder vor.ImWorkshop haben wir Rollenspiele ge-macht. Ich war ein junger indischerComputerspezialist und wurde gefragt,ob ich ohne Probleme in die Diskokomme. Nein, komme ich nicht! Dafängt Ausgrenzung schon an.

Was soll ich tun, wenn ich fremden-

feindliche Sprüche im Betrieb höre?

Haupt: Als Betroffener diesen Mist aufgar keinen Fall schlucken, sondern mitLeuten darüber reden und Lösungen fin-den, wie man am besten reagiert. AlsOhrenzeuge solltest Du auf jeden FallPosition beziehen und »Stopp« sagen,denn jede Diskriminierung verletzt.

Mehr Infos zum Thema gibt es hier:

respekt.tv

Foto:S

MSGro

upGmbH

Franziska Haupt, 22,

ist Jugendvertreterin

bei der SMS Group.

Respekt Betriebsrat undJugendvertretung der SMSGroup haben ein Seminar zuFremdenfeindlichkeitentwickelt.

Neue Hiobsbotschaft bei General Electric (GE):Der US-Konzern muss Milliardenbelastungenaus Altgeschäften verkraften und steht womög-lich vor einer Aufspaltung. Für vor Jahrzehntenabgeschlossene Pflegeversicherungen muss dasUnternehmenmindestens 6,2Milliarden Dollarzurückstellen. Verteilt über einen Zeitraum vonsieben Jahren wird die Finanzsparte GE Capitalnun rund 15 Milliarden Dollar an Reserven bil-den und deshalb die Dividendenzahlungen andie Mutter vorerst einstellen.

Als Reaktion darauf denkt KonzernchefJohn Flannery offenbar auch an einen separatenBörsengang von Tochterfirmen. Einzelne Ge-schäftsbereiche wie Flugzeugmotoren, Gasturbi-nen oder Gesundheit könnten an die Börsegebracht werden. »Wir haben einen umfassen-

den Blick auf alle Aspekte des Unternehmensgeworfen. Alles lag auf demTisch», berichteteFlannery. Konkreter äußerte er sich nicht.

Erst AnfangDezember 2017war bekanntgeworden, dass dasManagement einen drasti-schen Stellenabbau einleiten will. Insgesamtsollen allein bei GE Power in Deutschland1600Arbeitsplätze abgebautwerden. Betroffensind vor allem die Standorte Mannheim, Ber-lin, Mönchengladbach, Stuttgart und Kassel.

Gegen die Pläne formiert sich Wider-stand. »GE setzt seine industrielle Existenz inDeutschland aufs Spiel«, sagt Marco Spreng-ler, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzenderder GEDeutschland Holding und Geschäfts-führer der IG Metall Freiburg und Lörrach.»Das werden wir uns nicht gefallen lassen.«

GE denkt über Abspaltungen nachDer Konzern will in Deutschland massiv Stellen abbauen. Dagegen formt sich Protest.

Lautstarker Protest: GE-Beschäftigte demonstrieren in Mönchengladbach gegen Stellenabbau.

Foto:IGMetall

Illustration(M):BluedarkArt /stock.adobe.com

Fragen anFranziska Haupt3

NRW-Regierung hat Herz aus Billigstahl

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Interview Globalisierung, Digitalisierung, bröckelnder sozialerZusammenhalt: Die Arbeitswelt ist im Umbruch. Im Interview erklärtJörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, wie sich der Wandelgerecht gestalten lässt und was die IG Metall dazu beiträgt.Von Simon Che Berberich

Foto:FrankRumpenhorst

8 metallzeitungFebruar 2018

Wo wächst die IG Metall sonst noch

besonders stark?

Hofmann: Überdurchschnittlich vieleNeumitglieder sind Angestellte oder Stu-dierende. Damit nähert sich die Mitglie-derstruktur immer weiter der Strukturaller Beschäftigten an. Das ist gut so. DieIGMetall soll ein Spiegelbild der arbeiten-den Bevölkerung sein.

Schauen wir nach vorn. Und das

heißt: in unruhige Zeiten. Die Globali-

sierung schreitet voran, die Digitalisie-

rung verändert ganzeWirtschafts-

zweige. VielenMenschenmacht das

Angst. Was kann eine Gewerkschaft da

tun?

Hofmann: Diese Umbrüche verlangenAntworten, die über die Schlagzeile desnächsten Tages hinausgehen. Sie betreffenalle zentralen Branchen: den Fahrzeug-und Schiffbau, die Bahntechnik, denEnergieanlagenbau und die Windkraft,die Elektroindustrie, den IT-Bereich unddenMaschinenbau. Die IGMetall will dieTransformation der Arbeitswelt so gestal-

Jörg, zu Beginn wollen wir kurz

zurückblicken: Wie fällt Deine Bilanz

des Jahres 2017 aus?

Jörg Hofmann: Die IGMetall geht gestärktins neue Jahr. In den Betrieben haben wirso viele Mitglieder wie seit Jahren nicht.Aktuell sind es genau 1 570 537. DieMen-schen wissen, dass sich Gewerkschaftlohnt. Für IG Metall-Mitglieder gab es2017 viel Positives, nicht zuletzt mehrGeld. Seit April gilt zum Beispiel diezweite Stufe des letzten Tarifabschlussesin der Metall- und Elektroindustrie –noch mal zwei Prozent mehr, nach 2,8Prozent im Jahr davor.

Wie sieht der typische

»Neu-Metaller« aus?

Hofmann: Das ist nicht unbedingt ein»Er«, sondern mit einiger Wahrschein-lichkeit auch eine »Sie«. Bei den Frauenlegen wir immer weiter zu: Mittlerweilehaben wir 255 880 weiblicheMitglieder inden Betrieben. Gerade junge Frauen ziehtes in die IG Metall. Ein Erfolg unsererWerbestrategie.

Foto: Steffen Jänicke

»MehrGerechtigkeit,

mehrZusammenhalt«

2262661

1570537

106785

325247

255880

50000

Mitglieder hat die IG Metall insgesamt.

Mitglieder hat die IG Metall in denBetrieben. Das ist der höchste Stand seitüber zehn Jahren.

Beschäftigte sind 2017 Mitgliedder IG Metall geworden.

Angestellte sind Mitglied der IG Metall.Ein Plus von 0,7 Prozent im Vergleich zumVorjahr.

Frauen in den Betrieben sind IG Metall-Mit-glieder. Im Vergleich zum Vorjahr ein Plusvon 0,6 Prozent. Ihre Zahl wächst seit Jahren.

Studierende sind IG Metall-Mitglieder. DieIG Metall wird akademischer – das ent-spricht der Gesamtstruktur allerBeschäftigten.

Starke OrganisationDie IG Metall blickt auf ein erfolgreiches Jahr zurück.Hier die Zahlen:

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9metallzeitungFebruar 2018

ten, dass die Interessen der abhängig Be-schäftigten und ihrer Familien gewahrtwerden. Der Wandel muss mehr Gerech-tigkeit, mehr Zusammenhalt bringen.

Wie kann das funktionieren?

Hofmann:Wirmüssen Visionen guter Ar-beit und guten Lebens in einerdigitalen und nachhaltigen Gesellschaftentwickeln – wohlwissend, dass sich derInteressenkonflikt eher verschärft als auf-löst. Wir brauchen Konzepte, bei denensich alleMenschenmitgenommen fühlen;die ihnen die Perspektive geben, dass derWandel so gestaltet wird, dass keinerunter die Räder kommt. Unsere Ideen tra-gen wir in die Betriebe, setzen sie in derTarif- und Betriebspolitik um, fordern sieaber auch gegenüber der Politik ein.

Wodurch zum Beispiel?

Hofmann: Durch viele Dinge: Zum Bei-spiel indem wir Arbeitszeitregelungendurchsetzen, mit denen Beschäftigte Ar-beit und Leben unter einen Hut bringen.Indem wir auf Investitionen pochen, umProduktion in Deutschland zu haltenoder ganz neue Geschäftsbereiche zu ent-wickeln – etwa bei der Batteriefertigung.Und indem wir uns um Qualifizierungkümmern. Die Digitalisierung erfordertvielerorts neuesWissen und Können. Daslässt sich nicht einfach verordnen. DieBeschäftigten müssen beteiligt werdenund mitbestimmen. Wir wollen Ansprü-che auf Weiterbildung klar regeln. Hilf-reich kann dabei das von den Sondierernder SPD und CDU angedachte Initiativ-recht von Betriebsräten für Weiterbil-dung sein.

Wie lautet das große Ziel?

Hofmann: Wir wollen die Solidarität stär-ken und den Beschäftigten einen fairenAnteil am Wohlstand dieses Landes si-chern. Denn das Problem ist: DerWandelvon Arbeitswelt und Wirtschaft trifft aufeine Gesellschaft, die zunehmend unge-recht ist und auch so empfunden wird.Der soziale Zusammenhalt bröckelt. Die-sen Trend müssen wir umdrehen.

Dazu müssen die Gewerkschaften

durchsetzungsstark sein.

Hofmann: Und das sind wir – wie unsere

Mitgliederentwicklung zeigt. Zentral istaußerdem, dass möglichst viele Betriebetarifgebunden sind. Auch hier sind wirerfolgreich: Wir haben die Tarifbindung2017 weiter stabilisiert und leicht ausge-baut. Zum Beispiel bei den sogenanntenKontraktlogistikern imUmfeld der Auto-mobilindustrie. Auch im Handwerk er-höht sich die Tarifbindung wieder.

Viele Arbeitgeber sträuben sich

hartnäckig gegen Tarifverträge.

Hofmann: Durch Fachkräfteengpässe wer-den Tarifverträge auch für Arbeitgeberwieder attraktiver. Gute Arbeitsbedingun-gen und gute Löhne sind ein zentrales Ar-gument, um neue Beschäftigte zu finden.Wir werden das Ziel, die Tarifbindungweiter zu stärken, auch 2018 konsequentverfolgen.

Muss die Politik dabei mehr

unterstützen?

Hofmann: Es gibt ja noch immer keineneue Regierung. Aber fest steht: Jede neueRegierung sollte sich um mehr Tarifbin-dung kümmern. Sie könnte zum Beispieldafür sorgen, dass Tarifverträge leichterfür allgemein verbindlich erklärt werdenkönnen. Und dafür, dass Tarifverträgeweiter gelten, wenn eine Firma Teile desUnternehmens ausgliedert.

Von März bis Mai werden

bundesweit neue Betriebsräte

gewählt. Wie wichtig sind die

Betriebsratswahlen für die IG Metall?

Die IG Metall ist stark, weil wir eine sta-bile Mitgliederbasis haben und weil wirfest im Betrieb verankert sind. Bei denanstehenden Betriebsratswahlen wollenwir diese Stärke weiter ausbauen. In un-seremOrganisationsbereich betreuen wir11 200 Betriebe mit insgesamt 74 000 Be-triebsratsmitgliedern. Wir möchten dieZahl der Betriebe mit Betriebsrat, aberauch die Wahlbeteiligung erhöhen. Siebetrug bei der letztenWahl 2014 rund 70Prozent. Und von den gewähltenBetriebsratsmitgliedern waren 72 ProzentMitglieder der IG Metall. Am erfolg-reichsten sind wir, wenn unsere Kandida-tinnen und Kandidaten die Vielfalt derBelegschaft widerspiegeln, von der Pro-duktion bis zur Entwicklung.

Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, sieht die Ar-

beitswelt im Umbruch – und die Gewerkschaften damit vor

großen Herausforderungen. Er sagt: Die IG Metall kann und

wird den Wandel gestalten.

Wer Fachkräfte sichern will, muss in Aus- und

Weiterbildung investieren.

IG Metall empfiehlt:ausbilden statt klagen

Fachkräfte Einen flächendeckendenMangel an Fachkräften gibt es nachden Analysen der Bundesagentur fürArbeit derzeit nicht.

Regelmäßig beschwören Arbeitgeber einen Mangelan Fachkräften herauf. So warnte das arbeitgebernaheInstitut der deutschenWirtschaft vor zehn Jahren voreinem dramatischen Mangel an Ingenieurinnen undIngenieuren mit milliardenschweren Folgen für dasWirtschaftswachstum. So wenig diese Vorhersageeingetroffen ist, so wenig treffen die aktuellen Klagender Arbeitgeber zu.

Die Bundesagentur für Arbeit prüft regelmäßig,ob auf dem Arbeitsmarkt Fachkräfte fehlen. Dazu be-trachtet sie verschiedene Indikatorenwie dasVerhältnisvon offenen Stellen zur Zahl der Arbeitslosen, Arbeits-losenquoten in einzelnenBerufen undwie lange offeneStellen im Durchschnitt nicht besetzt werden können.Auch in ihrer jüngsten Analyse kommt sie zu demSchluss: Einen flächendeckenden Fachkräftemangelgibt es nicht. Fachleute fehlen lediglich in einigen Be-rufen, vor allem in der Pflege, und in einigenRegionen.

Zu den Klagen der Arbeitgeber passt nach An-sicht der IG Metall weder die Lage auf dem Arbeits-markt – 760000 offenen Stellen stehen knapp 2,4Mil-lionen Menschen ohne Arbeit gegenüber – noch ihreigenes Aus- und Weiterbildungsangebot. Bildete2007 noch fast jeder vierte Betrieb aus, war es 2015nur noch jeder fünfte.

Die IG Metall empfiehlt Arbeitgebern, die Fach-kräfte sichernwollen, inAus- undWeiterbildung zu in-vestieren und Beschäftigten gute Arbeitsbedingungenzu bieten. Statt längereArbeitszeiten zu fordern, solltensie dafür sorgen, dass Arbeit nicht krank macht undMenschen bis zur Rente gesund bleiben. Mit Arbeits-zeiten, die in die Abende undWochenenden ausufern,bringen sichArbeitgeber oft selbst um gute Fachkräfte.Nämlich um jeneMenschen, die Kinder betreuen oderältere Menschen pflegen.

Foto:HighwayStarz/PantherM

edia

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Vorsichtige Hoffnung? An manchen Tagen, inmanchen Stunden gibt es so etwas, ja. Dann denktRonny Zieschank, dass vielleicht doch alles nichtso kommen muss. Dass es vielleicht doch einenWeg gibt: Hat nicht Siemens-Chef Joe Kaeser Si-gnale ausgesandt, dass das letzte Wort über eineKomplettschließung des Görlitzer Siemenswerksnoch nicht gesprochen sei, als er kurz vorWeih-nachten überraschend die Stadt besuchte? Wassagte Kaeser da noch mal?

Ronny Zieschank, stellvertretender Be-triebsratsvorsitzender des Görlitzer Dampfturbi-nenwerks, erinnert sich ganz genau an dieWortedes Siemens-Chefs. Joe Kaeser sagte: »Es wäreecht schade, wenn dieser Standort verloren ginge,nur weil uns nichts Gutes gemeinsam einfällt.«

Dieser Satz hat die Hoffnung in Görlitzgenährt, dass das Schicksal des Werks und derBeschäftigten noch nicht besiegelt ist – einer-seits. »Andererseits hat er seine Pläne eben nichtzurückgenommen«, sagt Ronny Zieschank.

Und so ist dieHoffnung niemals vonDauer.»Nichts, worauf man sich verlassen könnte.Nichts, woraufman bauen kann«, sagt RonnyZie-schank, der Monteur gelernt hat, der seit 1986 imGörlitzer Werk arbeitet, der zwei Kinder hat undeinHaus, das er umbaut. »Alles, was bleibt, ist einegroße Unsicherheit, eine tief sitzende Angst beidenKolleginnen undKollegen.«Und bei allen an-deren Siemens-Beschäftigten an den anderenStandorten der Republik. Denn offiziell besteht

Solidarität und wenden sich direkt an die Grün-derfamilie von Siemens. In einem offenen Briefappellierten über 90 Siemens-Betriebsräte anNathalie von Siemens, die Ururenkelin des Kon-zerngründers Werner von Siemens, sich dafüreinzusetzen, dass der Kahlschlag verhindertwird. »Helfen Sie uns, die Standortschließungs-und Personalabbaupläne vom Tisch zu bekom-men!«, heißt es in dem Schreiben.

Noch ist es zu früh, um sagen zu können,ob das gelingen kann. Seit Mitte Januar laufenSondierungsgespräche zwischen der Arbeitneh-mer- und der Arbeitgeberseite. Für die Arbeit-nehmer und die IG Metall ist klar, dass es sichum ergebnisoffene Gespräche handelt – es sindkeine Verhandlungen. »Wir verhandeln nichtüber die Schließungspläne des Vorstands, son-dern es geht uns um alternative Lösungen«, sagtJürgen Kerner, geschäftsführendes Vorstands-mitglied der IG Metall und Siemens-Aufsichts-rat. Zwar sei unbestritten, dass die Nachfrage angroßen Turbinen zurückgeht. Das jedoch seikeine neue Erkenntnis. »Wir fordern seit zweiJahren, dass neue Kompetenzen angesiedeltwerden«, sagt Jürgen Kerner. Bislang allerdingssei nichts passiert. »Unsere Haltung ist klar:Eine Neuausrichtung bei einem Unternehmenmit hervorragenden Zahlen ist in Ordnung,aber wir akzeptieren keine Standortschließun-gen und Kündigungen.«

[email protected]

die Linie des Siemens-Vorstands weiter, offiziellwurde nichts von dem zurückgenommen, wasdas Management im vergangenen November inder Münchner Konzernzentrale angekündigthat: Wegen Problemen in der Kraftwerks- undin der Antriebssparte will Siemens weltweitrund 6900 Arbeitsplätze streichen, davon etwadie Hälfte in Deutschland.

Personalchefin Janina Kugel schließt auchbetriebsbedingte Kündigungen nicht aus – wasein Bruch des Abkommens »Radolfzell II« ausdem Jahr 2010 wäre. Das Abkommen schließtbetriebsbedingte Kündigungen aus, es sei denn,der Konzern befände sich in einer »existenzbe-drohenden Krise«. Davon kann allerdings keineRede sein. Allein im letzten Jahrmachte Siemenseinen Gewinn von insgesamt 6,2 MilliardenEuro. »Angesichts dieser Rekordgewinne sinddie angekündigten Abbaupläne vollkommen un-verständlich«, sagt Ronny Zieschank. »Wir wer-den sie nicht akzeptieren.«

Kampf gegen Abbau Mit dieser Einstellung ste-hen sie in Görlitz nicht allein. Überall in der Re-publik, an allen Standorten, protestieren die Be-schäftigten für den Erhalt ihrer Arbeitsplätzeund gegen die Schließung vonWerken. Sie tref-fen sich zu Kundgebungen und Demonstra-tionen wie am 19. Januar in Görlitz. Sie holensich gezielt Unterstützung aus der Politik. Sie ste-hen zusammen, beweisen standortübergreifende

Stolzer Blick:Die Siemens-

Beschäftigten, wie hierim Turbinenwerk-Görlitz,

identifizieren sichleidenschaftlich mit

ihrer Arbeit. Genausoleidenschaftlich

kämpfen sie gegendie Abbaupläne.

Alternative Lösungen gesucht

Foto:JürgenLösel/dpa-Zentralbild/ZB/pa

Siemens Seit Anfang Januar laufen ergebnisoffene Gespräche zwischen der Arbeitnehmer- undder Arbeitgeberseite von Siemens. Für die IG Metall ist klar: Es geht um neue Kompetenzen für die

Standorte. Die Schließungspläne des Vorstands sind keine Verhandlungsgrundlage.

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Seit Mitte Januar stimmen mehr als 20500IGMetall-Mitglieder an 13 Stahlstandortenvon Thyssen-Krupp (TK) über ein Sicher-heitspaket ab, das die IG Metall dem Kon-zern Ende Dezember abgerungen hat. ImStreit um die geplante Fusion der Stahltoch-ter Thyssen-Krupp Steel Europe (TKSE)mit dem indischen Konzern Tata hatte dieIGMetall »ein Jahrzehnt Sicherheit« gefor-dert – und neun Jahre durchgesetzt. DerKonzern sichert den rund 25000 Beschäf-tigten zu, dass es bis 2026 keine betriebsbe-dingten Kündigungen geben wird und alleStandorte erhalten bleiben. In dieser Zeitinvestiert TK pro Jahr mindestens 400Mil-lionen Euro in die Standorte, um ihre Zu-kunft zu sichern.

»Zehn fordern, neun bekommen –damit hat wohl kaum einer gerechnet«, sagtTekinNasikkol.Der stellvertretendeBetriebs-ratsvorsitzende imStahlwerkDuisburgHam-born-Beeckerwerth ist im Aufsichtsrat vonTK. Er findet, das ist ein »Hammerergebnis«.

Die IG Metall konnte auch eine wei-tere wichtige Forderung durchsetzen. Sierang Thyssen-Krupp das Zugeständnis ab,mindestens sechs Jahre mit 50 Prozent amkünftigen GemeinschaftsunternehmenmitTata beteiligt zu bleiben – wenn es dazukommt. Damit bleibt der Konzern in derVerantwortung.

»Das Ergebnis konnten wir nur errei-chen, weil die Beschäftigten vorher so vielDruck gemacht haben«, sagt Knut Giesler,der IGMetall-Bezirksleiter von Nordrhein-Westfalen. Die Stahlwerker hatten sich inetlichen Protestaktionen und Kundgebun-

gen gegen eine Fusion mit Tata gewehrt,weil sie befürchten, dass mit ihr TausendeArbeitsplätze verloren gehen. Darum hattedie IG Metall einen Katalog mit Forderun-gen an TK gestellt. Sie sollten sicherstellen,dass die Beschäftigten und alle Standorteeine Zukunft haben. Mit dem Verhand-lungsergebnis sind die wesentlichen erfüllt.

Keine Unterstützung Nicht verhindernkonnte die IGMetall, dass die Firmenzentralenach Amsterdam verlegt wird, wenn es zurFusion kommt, undThyssen-Kruppdamit inden Niederlanden aus der (paritätischen)Montanmitbestimmung fällt. Dies hätten dieVertreter derKrupp-Stiftung imAufsichtsratgemeinsam mit den Vertretern der Arbeit-nehmer abwenden können. Aber »sie habensich geweigert, Verantwortung zu überneh-men«, kritisiert AufsichtsratsmitgliedNasik-kol. »Auch die Landesregierung hat uns nichtgeholfen.« Die CDU/FDP-Regierung sah ta-tenlos zu, anstatt die Sorgen von TausendenStahlbeschäftigten ernst zu nehmenund sichfür ihre Zukunft einzusetzen.

Mit ihrem Votum für das Verhand-lungsergebnis sagen die Beschäftigten nichtJa zu einer Fusion, sondern nur zu einemTarifvertrag zum Schutz der Beschäftigten.Das letzteWort über die Fusion selbst kannnur der Aufsichtsrat sprechen. Wie in deneinzelnen Betrieben abgestimmt wurde,zeigt sich am 5. Februar. Dann werden dieStimmen ausgezählt.

[email protected]

igmetall.de/stahl

Sichere Arbeit garantiertStahlwerker von Thyssen-Krupp stimmen jetzt über Verhandlungsergebnis ab.

Ein Arbeiter zieht bei Thyssen-Krupp in Duisburg am Hochofen eine Probe.

Foto:OliverBerg/pa

Warnstreik: Metallerinnen undMetaller aus vielen

Firmen unterstützen die Sauter-Belegschaft.

Foto:IG

Metall

Sauer auf Sauter:Kampf um Tarif

Tarifbindung Ein schwäbisches Fami-lienunternehmen kündigt plötzlich denTarifvertrag. Das lässt sich die Beleg-schaft nicht bieten.

Mit so viel Gegenwind aus der gesamten Region hatteder neue Geschäftsführer wohl nicht gerechnet: Mi-chael F. Rudloff ist erst im April vergangenen Jahresals Externer in das Leitungsgremium der Firma Sau-ter Feinmechanik berufen worden. Seitdem hat ernicht nur eine schnelle Karriere hingelegt – inzwi-schen ist er alleiniger Geschäftsführer –, er hat auchdie gesamte Belegschaft gegen sich aufgebracht.Grund für die Aufregung beim Metzinger Maschi-nenbauer: Der Neue hat als eine seiner ersten Amts-handlungen den Austritt aus dem Arbeitgeberver-band verkündet. Dies hat zur Folge, dass dieTarifbindung bei Sauter zum Ende des Jahres 2017ausgelaufen ist.

»Wirwaren immer ein solides und attraktives Fa-milienunternehmen«, sagt die BetriebsratsvorsitzendeManuela Dankesreiter. »Mit der Tarifflucht wurde unsder Teppich unter den Füßenweggezogen.« Bei der Be-legschaft löste dieser Schritt Entsetzen aus – und eineBesinnung auf die eigene Stärke: gemeinsam und soli-darisch für die eigenen Rechte einzustehen. Die Kolle-ginnenundKollegen tratenmassenhaft in die IGMetallein und kämpfen jetzt für die Tarifbindung ihres Un-ternehmens. Dabei bekommen die 340 Beschäftigtenviel Unterstützung aus der Region. Beim erstenWarn-streik trafen sich etwa 1000Metallerinnen undMetallerzur Solidaritätskundgebung vor demWerkstor.

Die IG Metall hat Sauter inzwischen wiederholtzuVerhandlungen für einenHaustarifvertrag aufgefor-dert. Der Arbeitgeber verweigert bisher jegliches Ge-sprächmit derGewerkschaft. Doch davon lässt sich dieBelegschaft nicht verunsichern. ImGegenteil: Die Zahlder IG Metall-Mitglieder steigt weiter. Die Beschäftig-ten sind fest entschlossen, gemeinsammit der IGMetallvor Ort für ihre Rechte zu kämpfen.

igmetall.de/tarifbindung

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Warnstreikende bei Demag Cranes & Components in Hagen lassen die Wecker klingeln.Mehr Fotos

von den Warnstreiks:

flickr.com/

igmetall.de Hunderttausende

imWarnstreik

Foto

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Redaktionsschlussdieser Ausgabewar am 19. Januar. Danach standen

noch weitere Tarifverhandlungen

an. Aktuelle Nachrichten:metall-tarifrunde-2018.de

Im Januar rollte die Warnstreikwelle durch die Metall- und Elektroindustrie.

Seit Ende der Friedenspflicht am 31. Dezember bis Redaktionsschluss dieser

metallzeitung am 19. Januar waren rund 600 000 Metallerinnen und Metaller in

3000 Betrieben im Warnstreik – für mehr Geld und Arbeitszeiten, die zum Leben passen.

Die Betriebe standen zeitweise komplett still. Ein Weckruf an die Arbeitgeber: Wacht auf.

Bewegt Euch endlich in den Tarifverhandlungen. Wir sind viele. Wir stehen zusammen.

Wir sind stark genug, um auch länger zu streiken und Eure Betriebe lahmzulegen.

Auf den folgenden Seiten seht Ihr einen kleinen Ausschnitt aus Tausenden Warnstreikaktionen.

Von Dirk Erb und Sylvia Koppelberg | Fortsetzung auf Seite 14»

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Weckruf: Die besten Aktions-Outfits

Wie geht Ihr zum Warnstreik? In der letzten metallzeitunghaben wir Euch gebeten, uns Fotos mit Euren Warnstreik-Out-fits zu schicken. Das hier sind die Gewinner unserer Tarif-We-cker: Der erste Preis geht an Volker Wohlfarth, Fellbach, alsIG Metall-Ritter der Tarifrunde (Foto links); Weitere Preisegehen an Elisabeth Bak, Lohne; Alexander Kleimush, Ra-statt und Markus Paffrath, Köln.

Unser Sonderpreis für die kreativste »Weckruf«-Aktion geht an:Johanna Karl und die IG Metall-Vertrauensleute und-Betriebsräte bei Mahle Behr in Neustadt an der Donau,als Wecker-Verstecker. Johanna und ihre Kollegen verstecktenTarif-Wecker im Betrieb und stellten sie so ein, dass ihr Klingelnmaximale Unruhe verursacht, vor allem in Manager-Meetings.

Gewinner de

s

Aktionsoutfi

ts

Hunderttausende Metallerinnen und Metallerwaren im Januar im Warnstreik. Bei Regen,Schnee und Sturm machten sie Druck für dieTarifforderungen der IG Metall in der Metall-und Elektroindustrie. Für mehr Geld. Und fürArbeitszeiten, die zum Leben passen.

Als erste gingen am 2. Januar die Beschäf-tigten bei RFS und Nexans in Hannover sowiebei Bosch in Salzgitter raus. Porsche in Stuttgartfolgte am 4. Januar. In der zweiten Januarwocherollte dieWarnstreikwelle richtig an: AmMontagstreikten über 12000 Beschäftigte, am Dienstag65000, amDonnerstag traten dann erstmals über100000 in 500 Betrieben in denWarnstreik.

Bis zum Redaktionsschluss dieser metall-zeitungs-Ausgabe am 19. Januar waren insgesamt600000 Beschäftigte in 3000 Betrieben beteiligt.

»Wir können eskalieren«. Warnstreik bei Daimler in Sindelfingen an Tor 7.

Die Montagebänder standen eine Stunde still.

Draußen trotz Regen und eisigem

Wind: Warnstreik bei Grohe,

Schaeffler und Schneider in

Lahr/Baden-Württemberg.

Zur Kundgebung tat sich

der Himmel auf:

Beschäftigte im Warn-

streik bei Audi Neckar-

sulm. Die Jugend

demonstriert für freie

Tage vor Prüfungen.

Bei Kolbenschmidt in Neckarsulm fiel um

Mitternacht der Hammer. Die Nachtschicht

zog mit Fackeln über das Werksgelände.

▸▸ Fortsetzung von Seite 13

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Trotz Sturm, Schnee und Regen Kein noch soschlechtes Wetter, nicht mal orkanartiger Windkonnte die Metallerinnen und Metaller vomWarnstreiken abhalten. Sie gingen zu jeder Tages-undNachtzeit vor die Tore. ZurWarnstreikaktionvor der Tarifverhandlung in Saarbrücken etwakamen trotz Orkantief »Friederike« 7000 undzogen bei strömendem Regen mit einer Samba-Trommlergruppe durch die Stadt. Auch bei Zargesim oberbayerischen Weilheim und bei Thaletecim Harz, wo Friederike als Schneesturm wütete,zogen die Beschäftigten ihreWarnstreiks durch.

Laut und grell unterwegs Trommeln und großeÖlfässer, die mit demHammer oder Stöcken ge-schlagen werden, Tröten oder Ratschen warenneben klassischen Trillerpfeifen fast überall zuhören. Nachts machten sie Licht mit Fackelnund brennenden Öltonnen. Die Warnstreiken-

den hatten selbst gestaltete Transparente, Kos-tüme oder Figuren dabei – etwa riesige Weckeroder überdimensionale »6%«-Plastiken. »Alle 11Minuten vereinsamt ein Arbeiterkind«, standauf einem Transparent der Metallerinnen undMetaller bei Norma im hessischen Maintal,womit sie die Forderung nach familienfreund-lichen Arbeitszeiten unterstützen.

Öfter raus In vielen Betrieben gingen die Be-schäftigten sogar mehrmals raus, nicht nur beiPorsche in Stuttgart, BMW in Dingolfing oderbei VW in Zwickau, sondern auch in kleinerenBetrieben. Etwa bei Danfoss Power Solutions inNeumünster. Dort gab es gleich dreiWarnstreiksan einem Tag, in der Frühschicht, in der Nor-malschicht und in der Spätschicht. Die Nacht-schicht war bereits zwei Tage zuvor draußen. DieIG Metall Herborn zog dieses Konzept in allen

tarifgebundenen Betrieben durch: Sie rief alleBeschäftigten in jeder Schicht am gleichen Tagzum Warnstreik auf. Erst für zwei oder dreiStunden, später dann auch für vier Stunden undlänger.

Länger raus Noch länger dauerte der Warn-streik bei Hydac und Magna Exteriors im saar-ländischen Sulzbach. Ursprünglich sollte derWarnstreik in der Früh- und Normalschicht nuranderthalb Stunden dauern. Doch die Beschäf-tigten testeten erstmals die von der IGMetall ge-forderte Wahloption auf kürzere Arbeitszeit:»Wollt Ihr rein oder heim?«, wollte die IGMetallSaarbrücken von ihnen bei einer Blitzumfragewissen. Die großeMehrheit war für »heim«. DerBetrieb lief erst mit der Spätschicht wieder an.

Die Warnstreikenden bei Hydac und Magna

Exteriors im saarländischen Sulzbach

testeten erstmals die Wahloption bei der

Arbeitszeit. »Wollt Ihr rein oder heim?«,

wollte die IG Metall Saarbrücken bei einer

Blitzumfrage wissen. Die große Mehrheit

war für »heim«.Beschäftigte der Nachtschicht bei Ford in Saarlouis mit Fackeln und Trom-

meln imWarnstreik, gemeinsam mit Beschäftigten der ZuliefererFotos v. li. n. re.: Martin Storz/Graffiti, Joachim E. Röttgers/Graffiti,Betriebsrat Daimler Sindelfingen, Nevin Akar/Dennis Poß,Privat, Michael Knopp, Andreas Engel

▸▸ Fortsetzung auf Seite 16

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Gemeinsam raus Viele Betriebe gingen gemein-sam mit anderen raus. In Schweinfurt traten dieBeschäftigten von Schaeffler, Bosch Rexroth, ZFund SKF gleich zweimal gleichzeitig in denWarn-streik und trafen sich bei zentralen Kundgebun-gen. In Berlin zogen die Beschäftigten von BMW,Schnellecke, Osram, Coriant, Bosch-Siemens-Hausgeräte, Atos und Siemens durch die Stadt.

Die Siemensianer demonstrierten zugleichauch für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze und gegenden geplanten Stellenabbau bei Siemens. In Berlinhatten sie eine selbstgebastelte Figur ihres Kon-zernchefs Joe Kaeser dabei, der die Leute raus-warf – und seinen Aktionären das Geld in denRachen hineinwarf. An anderen Siemens-Stand-orten gab es ähnliche kombinierte Aktionen.

Auch bei Opel verbanden die Beschäftigten ihreWarnstreiks in Eisenach, Kaiserslautern undRüsselsheim mit einer Demonstration für dieZukunft ihrer Arbeitsplätze und forderten dazukonkrete Zusagen von ihrem neuen französi-schen Mutterkonzern PSA.

Solidarität für Tarifbindung Viele Betriebewaren das erste Mal überhaupt im Warnstreik,etwa Voith Turbo in Rutesheim. Bei SEW Euro-drive in Graben-Neudorf gab es nach 37 Jahrenerstmalswieder eineWarnstreikkundgebung.Undes waren auch Betriebe dabei, die gar nicht imTarif sind. Die Beschäftigten des AutozulieferersMagna in Heilbronn, die gerade für einen Tarif-vertrag kämpfen, legten die Produktion still.

Umgekehrt unterstützten auch tarifgebundeneBe-legschaften ihre Kolleginnen und Kollegen in Be-trieben ohne Tarif. Rund 1000 Beschäftigte aus 21umliegendenBetrieben demonstrierten vor SauterFeinmechanik im schwäbischen Metzingen. DieGeschäftsführung von Sauter ist gerade aus demArbeitgeberverband und dem Tarif ausgetreten.Flucht aus demTarif – so etwas wollen dieMetal-lerinnen und Metaller in den benachbarten Be-trieben nicht einfach hinnehmen. Sie sagen: »Sau-ter ist auch unser Kampf«. Ursprünglich hatte dieIGMetall Reutlingen vier Busse für denTransportbestellt, musste dann jedoch noch fünf Bussenachordern. Auch Beschäftigte von Hugo Bosswaren dabei, die gar nicht imMetalltarif sind, son-dern im Textiltarif.

Gut gelaunt und

bunt ging es in die

Warnstreiks. Hier bei

Komatsu Germany in

Hannover.

Sie wollen verbindliche Optionen bei der Arbeitszeit: Ingenieure

und IT-Spezialisten bei einer Tarifaktion im Forschungs- und In-

novationszentrum von BMW in München.

Auch das Orkantief

»Friederike« konnte sie

nicht abschrecken:

Warnstreikende

demonstrierten bei

Schnee und Regen vor

der Tarifverhandlung

in Bremen.

Fotos v. li. n. re.: [email protected], Heiko Stumpe, Jelca Kollatsch, Carmen Jaspersen, IG Metall,Christian von Polentz/transitfoto.de, Eric Münch

▸▸ Fortsetzung von Seite 15

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Noch drin im Tarif sind die Beschäftigten vonDemag Cranes & Components in Wetter an derRuhr (großes Foto auf Seite 12/13). Noch. Siesind vom finnischen Konecranes-Konzern ge-kauft worden, der mit Tarif nichts am Huthaben will. Mit ihremWarnstreik demonstriertedie Belegschaft daher nicht nur für mehr Geldund die Wahloption auf kürzere Arbeitszeit,sondern setzte auch ein Zeichen für ihre Tarif-bindung. Sie marschierten durch die Stadt zumMarktplatz und ließen ihre Wecker klingeln.

Ingenieure für Flexibilität mal anders Warn-streiken ist keineswegs nur Sache der Arbeiter inden Fabriken. 600 Ingenieure kamen zumWarn-streik im Entwicklungszentrum bei Ford in

Köln, einige reisten sogar extra aus anderenStandorten an. Vor allem die Forderung nachselbstbestimmteren Arbeitszeiten spricht sie an.Die Arbeitgeber haben sich bei der Flexibilitätzu lange die Rosinen herausgepickt.

Zur Tarifaktion im Forschungs- und Inno-vationszentrum von BMW in München kamensogar 1800 Ingenieure. Obwohl der Betriebsratbei BMW schon viel in Sachen Arbeitszeit gere-gelt hat, wollen gerade die jungen Entwicklerverbindliche Ansprüche auf Arbeitszeiten, diezum Leben passen.

Monteure wollen Zeit zum Leben Nur wenigeKilometer weit weg von den Ford-Entwicklerndemonstrierten am gleichen Tag die Monteure

von Otis, Kone, Schindler, Thyssen-Krupp Auf-züge und Bosch Sicherheitssysteme im KölnerNorden am Fühlinger See. Sie kamen mit Luft-matratzen, Schwimmreifen und Surfbrettern zurWarnstreikaktion, unter demMotto »Rufbereit-schaft – ohne uns geht ihr baden«. Ihre Bot-schaft: Arbeit muss besser planbar sein und Ar-beitszeit zum Leben lassen.

Ihre Kollegen, die Monteure in der RegionLeipzig haben sich eine ganz neue Form desWarnstreiks einfallen lassen: Da sie in der ge-samten Region aufMontage unterwegs sind, or-ganisierte die IGMetall Leipzig eineWarnstreik-Telefonkonferenz. Alle haben gleichzeitigmiteinander telefoniert – und währenddessennatürlich die Arbeit niedergelegt.

Bei der Meyer Werft

in Papenburg endeten

alle Schichten zwei

Stunden früher.

Draußen tobte Orkan

»Friederike«. Die Demo

wurde vorsorglich

abgesagt. Die Warn-

streikenden kamen nach

drinnen in die Swiss Life

Hall in Hannover.Mit weißer Weste in den Warnstreik: Beschäftigte der E-Golf-Fertigung in der

Gläsernen Manufaktur von VW in Dresden haben den Strom abgestellt.

In Berlin zogen viele Betriebe gemeinsam durch

die Stadt. Hier Beschäftigte von Atos, BMW,

Dierse, Osram und Siemens. Dass die Stadt

immer noch in eine 35- und eine 38-Stunden-

Zone geteilt ist, finden sie absurd.

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Christiane

Benner, Zweite

Vorsitzende

der IG Metall

Foto:AnnetteHornischer/IG

Metall

18 metallzeitungFebruar 2018

AmAnfang wussten sie nicht genau, was das ist,welche Auswirkungen es hat: Arbeiten in einer»Schwarmorganisation«? Arbeiten mit »agilenMethoden«? »Wir sind an Grenzen gestoßen«,sagt Bernd Öhrler, Betriebsrat in der Daimler-Konzernzentrale. »Wir wussten nicht, was aufuns zukommt.« Sie wussten aber, dass sie sichdieser neuen Arbeitsform nicht verschließenwollten. Dass sie sie gestalten wollten, um dieChancen für die Beschäftigten zu sichern. Dasist gelungen.

Seit April 2017 gibt es eine Gesamtbe-triebsvereinbarung beim Stuttgarter Autobauer,die agiles Arbeiten in einem Schwarm regelt.Und auch definiert, was das denn überhaupt ist,ein Schwarm. Was man sich darunter vorstellensoll, unter agilem Arbeiten.

Agil. Ein schnelles, wendiges, ein hübschklingendes Wort. Es bedeutet so viel wie flinksein, sich flexibel und schnell auf neue Situatio-

nen einstellen. Für Unternehmen war das schonimmer wichtig. In Zeiten fortschreitender Digi-talisierung aber, in denen völlig neue Produkteund neue Dienstleistungen entstehen, in denenMärkte zunehmend dynamisch werden undKundenwünsche instabil, sind flexible, kurzfris-tige Reaktionen auf veränderte Rahmenbedin-gungen überlebenswichtig. Unternehmen setzendeshalb verstärkt auf Agilität.

»Agilität ist eine Arbeitsmethode, die ur-sprünglich aus der Softwareentwicklungkommt«, sagt Bernd Öhrler. Agiles Arbeiten be-deutet: Ein Projekt, ein Produkt wird in kleinenSchritten entwickelt, von sich selbst organisie-renden, aus unterschiedlichen Bereichen zusam-mengesetzten Teams. Kontinuierliches Feedbackist dabei elementar. Richtig umgesetzt kann agi-les Arbeiten attraktiv sein. Es kann zu mehrSelbstbestimmung führen, schnellere Erfolgser-lebnisse bringen.

Digitalisierung Agile Methoden ziehen in die Arbeitswelt ein, dieUnternehmen versprechen sich davon Schnelligkeit und Flexibilität.Für Beschäftigte können die neuen Arbeitsformen attraktiv sein – wennsie richtig gestaltet werden. Bei Daimler hat man es getan. Von Jan Chaberny

Arbeiten im Schwarm

Ungestörtes Arbeiten in kleinen

Teams: Agiles Arbeiten kann für

die Beschäftigten attraktiv sein.

Agiles Arbeitenkann attraktiv seinInterview Drei Fragen an ChristianeBenner, Zweite Vorsitzende derIG Metall, zu agilem Arbeiten

Immer mehr Unternehmen nutzen agileMethoden. Was ist deren Grundlage?Christiane Benner: Agil bedeutet, beweglichzu sein und sich schnell an neue Rahmenbe-dingungen anzupassen. Die Teams organisie-ren sich selbst. Die Unternehmen wollendamit schneller auf Kundenwünsche reagie-ren.Wir beobachten, dass agiles Arbeiten einAusdruck für grundlegende Veränderungender Arbeitsorganisation in Unternehmen ist.Wenn agiles Arbeiten zu mehr Selbstbestim-mung und zu mehr individuellen Gestal-tungsspielräumen für die Beschäftigten führt,begrüßen wir das. Damit das klappt, brauchtes die Beteiligung der Beschäftigten.

Wie kannman agiles Arbeiten attraktivmachen?Benner: Agiles Arbeiten wird einfach zu oftverordnet und nicht professionell eingeführt.Da herrscht dann zuRecht Skepsis. Es kommtzu höherer Arbeitsverdichtung und mehr Be-lastung. Wer agiles Arbeiten will, muss esernsthaft einführen.Die Beschäftigtenmüssenqualifiziert werden, die Projekte brauchen aus-reichend Personal und genug Zeit. Und Füh-rungskräfte müssen lernen, ihre Angst vorKontrollverlust abzubauen. Die IG Metallempfiehlt deshalb denAbschluss vonBetriebs-vereinbarungen zu agilem Arbeiten.

Was können, was sollen Betriebsräte regeln?Benner: Häufig gab es bei den Betriebsverein-barungen einen breiten Beteiligungsprozess.Die Kolleginnen und Kollegen wissen selbstambesten,was sie brauchen.Die Beschäftigtenwollen vor allem verbindliche Regelungen.BeispielsweisemüssenBeschäftigte, die in Pro-jekten arbeiten, von ihren Aufgaben in ihrerLinienfunktion freigestellt werden. Und esmuss verbindlich geregelt sein, dass die dortfrei gewordenen Positionen wieder besetztwerden.Vertrauensleute undBetriebsratmüs-sen klarmachen: Wir sind der Ansprechpart-ner Nummer eins, um gemeinsam dieArbeitswelt zu gestalten.

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Attraktive Arbeit »Erste Projekte gab es bei unsAnfang 2016«, sagt Bernd Öhrler. Beschäftigteaus dem Marketing und der IT-Abteilung wur-den zu einem Schwarm organisiert, die Kollegensollten digitale Produkte entwickeln, die auchnach dem Verkauf eines Fahrzeugs wirken.»AgileMethoden können kreative Lösungen be-günstigen«, sagt der 49-Jährige. »Aber es brauchtgute Regelungen.« Die wurden geschaffen – derGesamtbetriebsrat war dabei die treibende Kraft.

Die Vereinbarung regelt die Grundzüge zurEinrichtung und Umsetzung von sogenannten»Kurzzeitschwärmen«. Eine Schwarmzelle be-steht demnach aus fünf bis zwölf Mitgliedern,sie existiert mindestens vier Wochen und maxi-mal zwölf Monate. In diesem Zeitraum arbeitendie Beschäftigten in ihr. Allerdings: Währendihres Einsatzes in der Schwarmzelle bleiben dieKolleginnen und Kollegen formal ihren bisheri-gen Strukturen zugeordnet. »Die Anbindung an

den Vorgesetzten bleibt bestehen«, sagt BerndÖhrler. »Er ist weiter für die Leistungsbeurteilung,Vergütungs- sowie Personalentwicklung und dieEinhaltung des Arbeitszeitgesetzes zuständig.«

Ebenso wichtig ist, dass die Beschäftigtennur dann in einer Schwarmzelle arbeiten, wennsie es freiwillig wollen. Wird dieses Prinzip imEinzelfall nicht umgesetzt, hat der Betroffene dasRecht, den Betriebsrat einzuschalten – der dannintervenieren kann. »Nicht jeder Kollege fühltsich in einer Schwarmzelle wohl, das ist auch garnicht schlimm. Alle aber, die agil arbeiten, brau-chen Qualifikation.« Auch das haben sie beiDaimler geregelt: Sogenannte »Agile Coaches«begleiten dieMitglieder einer Schwarmzelle. Sieinformieren über agile Vorgehensmodelle wie»Scrum«, bei dem ein Produkt in kurzen»Sprints« realisiert wird. Sie klären über die ver-schiedenen Rollen innerhalb einer Schwarmzelleauf. Sie geben Anregungen, wie die Eigenverant-

wortlichkeit der Teams gestärkt werden kann.AmEnde jedes Einsatzes werden dieArbeitsbelastungund dieArbeitszufriedenheit abgefragt. Das Feed-back ist wichtig: Es fließt in dieArbeit derCoachesein, es zeigt, welcheAuswirkungen Schwarmarbeithat und wo noch Regelungsbedarf besteht.

Den gibt es. »Wir haben viele positiveRückmeldungen«, sagt Bernd Öhrler. »WennTeams aber nicht genügend Ressourcen besitzen,wenn sie nicht ausreichend qualifiziert sind oderkeine Entscheidungshoheit haben, wird esschwer.« Schließlich dürfe agiles Arbeiten nichtzur Leis-tungsverdichtung führen – sowohl fürden Beschäftigten im Schwarm, als auch für dieKollegen in dessen ursprünglicher Abteilung.Bei Daimler haben sie deshalb Mitbestim-mungsrechte bei der Kapazitätsplanung festge-schrieben. »Entstehende Kapazitätslückenmüs-sen notfalls mit zusätzlichem Personalausgeglichen werden«, sagt Öhrler.

Foto: yoshitaka /stock.adobe.com

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Auch in der Holz- und Kunststoffindus-trie kämpfen IG Metall-Mitglieder mitWarnstreiks und anderen Aktionen fürmehr Geld. Tausende Beschäftigte inBaden-Württemberg, Bayern, Hessen undRheinland-Pfalz legten im Januar zeit-weise die Arbeit nieder – unter anderembei Gardena, Hymer, Rolf Benz, Benderund Nolte Möbel.

In den übrigen Tarifgebieten giltnoch die Friedenspflicht.Warnstreiks sinddaher nicht zulässig. Dennoch demonstrie-ren auch dort Beschäftigte vor den Betrie-ben, um dieWarnstreiks zu unterstützen.

Der Holz- und Kunststoffindustriegeht es insgesamt gut. Sie profitiert von

der guten Konjunktur und vom starkenprivaten Konsum. Allerdings haben vieleUnternehmen bereits Probleme, offeneStellen zu besetzten, meint Cornelia Mil-tenberger von den RauchMöbelwerken inFreudenberg undMitglied der IGMetall-Verhandlungskommission in Baden-Württemberg. »Wir sind in vielen Berei-chen unterbesetzt und finden keine Leutemehr. Wenn wir höhere Entgelte hätten,wäre unser Betrieb wieder konkurrenzfä-hig beim Kampf um Facharbeiter.«

Nach Redaktionsschluss der metall-zeitung standen noch weitere Verhandlun-gen an. Aktuelle Nachrichten:

holz-tarifrunde.de

Auch die »Hölzer« sind im Warnstreik

Schon Ende Februar drohen Fahrverbotefür Autos mit Dieselmotor. Die DeutscheUmwelthilfe klagt gegen mehrere Bundes-länder, weil einzelne Städte die Grenzwertefür Stickoxide (NOx) nicht einhalten. Dieersten Entscheidungen vonVerwaltungsge-richten stehen an.

Um flächendeckende Fahrverbotezu verhindern, spricht sich die IG Metallfür eine Blaue Plakette aus. Danach dürf-ten Diesel-Pkws mit einem solchen Auf-kleber an der Windschutzscheibe weiteruneingeschränkt in allen Städten unter-wegs sein.Wer die Plakette nicht hat, darfin belastete Städte, die als Umweltzonenausgewiesen sind, nicht mehr einfahren.Jedenfalls nicht uneingeschränkt: Die Pla-kette könnte so gestaltet werden, dass Ein-fahrverbote auf einzelne Stadtteile, be-stimmte Tageszeiten oderWetterlagen oderTagemit Feinstaubalarm begrenzt werden.

Vorschlag Die IGMetall erwartet von derkünftigen Regierung eine bundesweite Lö-sung.Die CSUhat die Plakette bisher abge-lehnt. Die Bundeskanzlerin äußerte sich»skeptisch«. Das Bundesumweltminis-terium, der Deutsche Städtetag, Baden-Württemberg und einige Städte, wie Köln,befürworten sie jedochundmachenDruck.Die Vorstellungen darüber, nach welchenKriterien die Plakette vergeben werdenkönnte, gehen jedoch auseinander.

Die IGMetall schlägt vor, sich an denWerten zu orientieren, die seit September

2017 fürDieselmit Euro-Norm6 gelten. Siedürfen auf dem Prüfstand höchstens noch80MilligrammNOxproKilometer aussto-ßen. Für die Messung im Realbetrieb giltfür eine Übergangszeit bis Ende 2019 der2,1-facheWert: 168Milligramm.

Bei Euro-5-Fahrzeugen gilt zurzeit aufdem Prüfstand 180 mg als Grenzwert, beiEuro-4-Pkws 250mg.Die IGMetall sprichtsich dafür aus, den 2,1-fachen Übergangs-wert auch auf sie anzuwenden. Der Grenz-wert für Euro-5-Autos wäre dann 378 mg,für Euro-4-Fahrzeuge 525 mg.

Sicherheit »Es ist technischmöglich, dassDieselfahrzeuge ab Euro-Norm 4 dieseWerte –mit oder ohne technischeNachrüs-tung –weitgehend einhalten können«, sagtFrank Iwer, Autoexperte der IGMetall.

Wenn der Staat den Bürgern einesolche neue Regelung vorgibt, muss erNachrüstungen aber auch steuerlich för-dern. Die Blaue Plakette darf auch nichtvon heute auf morgen kommen; es musseine ausreichende Übergangszeit geben,damit Autobesitzer sich darauf einstellenkönnen. Und es sollten Ausnahmen dis-kutiert werden: Niemand soll finanziellüberfordert oder in seiner Mobilität ein-geschränkt werden.

Eine Blaue Plakette würde nicht nurgroßflächige Fahrverbote verhindern. Dieverunsicherten Autokäufer und -besitzerwüssten auch endlich, woran sie sind.

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Blaue Pla|ket|te, die

In ganz Ostdeutschland erhalten Tischlerinnen undTischler, die tarifgebunden sind, seit Januar 11,1 Pro-zent mehr Lohn. Ab Januar 2019 gibt es noch einmalein Plus: 4,4 Prozent. Das setzte die IG Metall in Ta-rifverhandlungenmit den Tischlerinnungen durch. Inden letzten vier Jahren konnte die IG Metall keineneuen Tarifverträge durchsetzen. Der neue Abschlussholt den Rückstand auf, enthält aber auch eine kräftigezusätzliche Erhöhung. Mit dem Plus insgesamt sinddie Entgelte imOsten jetzt dicht an die imWesten her-angerückt. Mehr Informationen gibt es auf der Inter-netseite der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen:

igmetall-bbs.de

Digitales als KernkompetenzDrei Viertel der Erwerbstätigen (77 Prozent) sehenden Bereich Digitales als neue Kernkompetenz fürihren Arbeitsplatz an, neben der fachlichen und so-zialen Kompetenz. Das ergab eine repräsentative Be-völkerungsbefragung imAuftrag des DigitalverbandsBitkom. Allerdings: DieMehrheit sieht sich nicht aus-reichend für die digitale Arbeitswelt gerüstet. Siebenvon zehn der abhängig Beschäftigten (72 Prozent) be-mängeln, während der Arbeit keine Zeit für entspre-chende Weiterbildungen zu haben. 59 Prozent derBeschäftigten geben an, dass ihr Arbeitgeber keineWeiterbildung zu Digitalthemen anbietet.

Gericht löst Gewerkschaft aufDie Interregionale Gewerkschaft ArbeiterverbandMPRA ist ins Visier russischer Behörden geraten. ImJanuar löste das Petersburger Stadtgericht die Gewerk-schaft wegen angeblicher politischer Aktivitäten undFinanzierung aus demAusland auf.MPRA istMitgliedim Dachverband IndustriALL Global Union und or-ganisiert 4000 Beschäftigte des Automobilsektors etwabei VW inKaluga oder im Ford-WerkWsewoloschsk.Angesichts dieses offensichtlichen Falls von UnionBusting warnt IGMetall-VorstandsmitgliedWolfgangLemb vor einem »Rückfall in dieMethoden des kaltenKriegs, der auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausge-tragen wird. Diese antigewerkschaftliche Rechtspre-chung darf keine Schule machen.«

Tischlerinnen und Tischler im Osten bekommen

seit Januar 11,1 Prozent mehr Entgelt.

Foto:guruXOX/stock.adobe.com

Mehr Geld für Tischler im Osten

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Sie ist ein Star in der Filmbranche und dieeinzige Deutsche, die 19 Oscars gewonnenhat: So oft ging derOscar fürTechnik andieFirma ARRI. Das Kürzel steht für Arnoldund Richter und für ganz großes Kino. Obder neuesteTeil von »StarWars«,Komödienwie »Fack yu Göhte 3« oder die erste deut-scheNetflix-Serie »Dark«:DieKamera- undLichtechnik aus München kommt weltweitbei Filmproduktionen zum Einsatz.

Die Beschäftigten bei ARRI nennensich selbst Arrianer und im Kino schauensie den Abspann meist bis zum Schluss.Manchmal steht dort der Name eines Kol-legen und oft der Name ihres Betriebs.Christian Steiner ist seit rund 23 JahrenArrianer.Wer einmal bei demWeltmarkt-führer für Filmtechnik landet, bleibt dort.

»Die Produkte sind interessant, die Bran-che ist spannend«, sagt Steiner, Betriebs-ratsvorsitzender bei Arri. »Nicht wenigesind schon 30 oder 40 Jahre hier.« Kino-legenden wie Francis Ford Coppola,WimWenders oder Ang Lee kennen dieAdresse inMünchen.Wenn sie ein Anlie-gen haben, kommen Regisseure und Ka-meraleute in den Betrieb und sprechenmit den Fachleuten.

Innovativ mit Tarif Vor 100 Jahren grün-detenAugustArnold undRobert Richter ineinemkleinen Schuhmacherladen inMün-chen ihre Firma.Heute beschäftigt dasUn-ternehmenweltweit 1500Menschen.Alleinin den vergangenen zwei Jahren wuchs dieBelegschaft um 200. Hier arbeiten Indus-triemechaniker, Elektroniker, Informatikerund andere Berufsgruppen.

Heute bietet ARRI die komplette Pa-lette von der Entstehung eines Films biszur digitalen Auslieferung an die Kinos an.Die Technik hat sich stark gewandelt unddamit auch die Arbeit. »Früher brauchtenwir viel Feinmechanik. Damachte die Ka-mera 180 Bilder pro Sekunde«, sagt Stei-ner. »Für unsere digitalen Kameras brau-chen wir mehr Elektronik.«

Dass Beschäftigte bei ARRI bleiben, liegtnicht nur an der spannenden Branche.Auch vieles andere stimmt für BetriebsratSteiner. In der Produktion, im Vertrieb, imMarketing und bei den internenDienstleis-tungen gilt der IGMetall-Tarifvertrag.

Innovativ ist das Unternehmen nichtnur bei der Technik, sondern auch bei derFrage, wie Beschäftigte den Sprung vomanalogen ins digitale Zeitalter schaffen.Bis vor ein paar Jahren gab es inMünchennoch ein Kopierwerk, das Filme für dieKinos kopierte. Mit der digitalen Lein-wand wurde es überflüssig. »Wir konntendie Kollegen qualifizieren und versetzen«,sagt Steiner. Experten aus der analogenFilmbearbeitung arbeiten jetzt in derQualitätskontrolle. Ein gutes Auge wirdbei ARRI immer gebraucht.

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Hat schon 19 Oscars

gewonnen: Kamera-

und Lichttechnik von

ARRI aus München

wird von Filmschaf-

fenden in aller Welt

geschätzt.

OSCAR-GEWINNER Ob Hollywoodkino oder Netflix-Serie:Die Kamerasysteme der Münchner Firma ARRI kommen weltweitbei Filmproduktionen zum Einsatz.

Technik für großes Kino

Foto:SvenHoppe/dpa/pa

Christian Steiner, Betriebs-

ratsvorsitzender bei ARRI

Foto:ARRI

Foto:ARRIAugust Arnold und

Robert Richter, die

Gründer der Firma

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metallzeitungFebruar 2018

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DieGrenzen imWeisungsrechtRecht so Oft kommt es vor, dass Arbeitgeber von Beschäf-tigten verlangen, in einer anderen Abteilung zu arbeiten oderganz andere Tätigkeiten auszuüben.Was das Bundesarbeits-gericht dazu entschieden hat, erläutert TjarkMenssen.

Tjark Menssen

ist Jurist bei der

DGB Rechtsschutz

GmbH.Foto: Frank Ott/DGB Rechtsschutz

In denmeistenArbeitsverträgen ist die Ar-beitspflicht hinsichtlich Zeit, Ort und Artder Leistung nicht näher festgelegt oder –wo dies doch der Fall sein sollte – miteinemVersetzungsvorbehalt des Arbeitge-bers verbunden. Der Arbeitgeber kanndann entsprechendeWeisungen erteilen.

Allerdings ist dieses Weisungsrechtnach Paragraf 106 Gewerbeordnung be-grenzt. Die nähere Bestimmung mussnach sogenanntem billigem Ermessen er-folgen. Was das im Einzelnen heißt, istziemlich unbestimmt. Erforderlich isteine Abwägung der beiderseitigen Inter-essen.

Während der Arbeitnehmer nachfrüherer Rechtsprechung verpflichtet war,bis zu einer gerichtlichen Klärung auchunbillige Weisungen zu befolgen, muss erdies nach einer Entscheidung des Bundes-arbeitsgerichts (BAG) vom 18. Oktober2017 nicht mehr (10 AZR 330/16).

Das BAG hat entschieden: Beschäf-tigte sind nichtmehr anWeisungen gebun-den,welche dieGrenzenbilligenErmessensüberschreiten. Ein Arbeitnehmer brauchtsolcheWeisungennicht – auchnicht vorläu-fig – zu befolgen und riskiert damit auchweder seinen Entgeltanspruch noch seinArbeitsverhältnis. ImStreitfall trifft denAr-beitgeber die volleDarlegungs- undBeweis-last dafür, dass sich seine Weisung in denGrenzen billigen Ermessens gehalten hat.

Keine Pflicht Eine Verpflichtung, sichgegen unbillige Weisungen zu wehren,besteht nicht.Werden sie längere Zeit hin-genommen, kann das Recht zur Geltend-machung der Unbilligkeit allerdingsverwirkt werden.

Trotz der insgesamt positiv einzu-schätzenden Entscheidung verbleibt dasRisiko beim Arbeitnehmer. Stellt sichnämlich im Streitfall vor Gericht heraus,

dass die Weisung des Arbeitgebers dochrechtens war, können im Verweigerungs-fall Vergütungsansprüche entfallen undSanktionen wie Abmahnung oder Kündi-gung wirksam sein.

Deshalb sollten Beschäftigte – außerin Fällen ganz klarer oder offensichtlicherUnbilligkeit –Weisungen zunächst befol-gen und gegebenenfalls einen Vorbehaltäußern, die Rechtswirksamkeit gerichtlichklären zu lassen.

Gleicher Arbeitsort In der Praxis kommtes häufig vor, dass Aufgaben und Arbeits-ort über lange Zeit gleich geblieben sind.In einem solchen Fall hat aber die Nicht-ausübung des Direktionsrechts nichtbereits zur Folge, dass sich das Arbeitsver-hältnis insoweit konkretisiert hat undnicht mehr durch anderweitige Weisun-gen verändert werden kann. Das hat dasBAG bereits am 13. Juni 2012 entschieden(10 AZR 296/11).

Nach der Entscheidung vom 18. Ok-tober 2017 kann die Befolgung von An-weisungen des Arbeitgebers nach Paragraf275 Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuchverweigert werden, wenn die Weisungzum Zeitpunkt ihrer Erteilung rechtmä-ßig war, aber später die Unzumutbarkeiteintritt, etwa wegen eines erst nach derWeisung entstehenden Gewissenskon-flikts des Beschäftigten.

Metallerinnen und Metaller, die glauben,dass sie eine Weisung nicht befolgen müssen,sollten sich zuvor bei ihrer zuständigenIG Metall-Geschäftsstelle arbeitsrechtlichberaten lassen. Die Adresse findest Du unter:

igmetall.de/vor-ort

Tipp

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23metallzeitungFebruar 2018

>DER RECHTSFALL

Wer betriebliches Ruhegeld erhält, muss darauf keineKranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zahlen –im Gegensatz zu Versorgungsbezügen wie Betriebs-renten, die seit 2004 voll beitragspflichtig sind. Das hatdas Bundessozialgericht (BSG) entschieden.

Geklagt hatte IG Metall-Mitglied Walter C. 1998war er mit 55 Jahren aus dem Betrieb ausgeschieden.Seitdem hatte ihm sein Arbeitgeber ein betrieblichesRuhegeld von 1327,55DMmonatlich gezahlt. AlsWal-ter C. schließlich in die Altersrente ging, verlangte dieKrankenkasse rückwirkend dieNachzahlung der Kran-ken- und Pflegeversicherungsbeiträge für gut zehnJahre: satte 8634 Euro.

Doch Walter C. setzte sich mithilfe der IG MetallunddemDGBRechtsschutz durch. In den ersten beidenInstanzen, beim Sozialgericht und beim Landessozial-gericht, verlor er. Das Landessozialgericht entschiedzudem, dass keine Revision zugelassen sein sollte.

Doch die Juristen der Gewerkschaft legten Be-schwerde ein. Sie trugen dazu zahlreiche Betriebsver-einbarungen aus anderen Betrieben zusammen, dieähnliche Regelungen zu Übergangs- und Ruhegeldernenthielten.Dadurch konnten sie die hohe juristische Be-deutung des Falls nachweisen. Ihre Beschwerde hatte Er-folg. Das BSG, die höchste Instanz, ließ die Revisiondoch zu und rollte den Fall noch einmal auf.

Erfolg für viele Mitglieder Das BSG urteilte schließ-lich: Betriebliche Ruhegelder sind eben nicht zur Ver-sorgung gedacht, sondern für den Übergang und zurÜberbrückung. Folglich müssen auch keine Kranken-kassenbeiträge gezahlt werden.

Die Überbrückung endet dann mit dem Eintrittin die Rente, spätestens jedoch mit dem Erreichen derRegelaltersgrenze. Ab dann handelt es sich umVersor-gungsbezüge, auf die dann auch Kranken- und Pflege-versicherungsbeiträge fällig sind – derzeit je nachZusatzbeitrag rund 18,25 Prozent.

»Wir haben schon immer die hohen Beiträge aufBetriebsrenten und andere betriebliche Bezüge kriti-siert«, erklärt Jan-Paul Grüner vom Ressort Arbeits-und Sozialrecht beim Vorstand der IG Metall. »Im-merhin sind nun Überbrückungsgelder nicht mehrbeitragspflichtig – ein großer Erfolg unseres Rechts-schutzes. Künftig werden davon viele unsererMitglie-der profitieren, die bereits vor Erreichen der Renteausscheiden, etwa bei Personalabbau mit Vorruhe-standsregelungen. Sie müssen keine Krankenkassen-beiträge mehr auf ihr Überbrückungsgeld zahlen.«

Bundessozialgericht vom 20. Juli 2017 –B 12 KR 12/15 R

Betriebliches Ruhegeldist beitragsfrei

>FASCHING UND KARNEVALUrlaub, Alkohol, Verkleidung:

Darauf müssen Beschäftigte achten

Die »tollen Tage« im Februar, die je nachRegion in Deutschland Karneval, Fa-sching oder Fastnacht heißen, sind fürüberzeugte Närrinnen und Narren dieschönste Zeit im Jahr. Sie sind aber auchimmer wieder Anlass für Ärger. Wer einpaar Grundregeln beachtet, kann sich Un-annehmlichkeiten – und Schlimmeres –ersparen.

Grundsätzlich gilt: Bei Faschingoder Karneval handelt es sich nicht umgesetzliche Feiertage, sondern um ganznormale Arbeitstage. Das heißt für die Be-schäftigten: Sie haben in der Regel keinenAnspruch darauf, zu Hause bleiben zudürfen. Gegebenenfalls regeln Betriebs-vereinbarungen, ob und in welchemUm-fang gearbeitet werden muss. In einigenFällen kann auch die sogenannte »betrieb-liche Übung« greifen. Das ist zum Beispielder Fall, wenn zwar nichts schriftlich ge-regelt ist, aber die letzten drei Jahre tradi-tionell am Rosenmontag nicht gearbeitetwurde. Dann hat die Belegschaft An-spruch darauf, dass dies auch in diesemJahr so gehandhabt wird. Ansonsten gilt:Wer Fasching feiern will, muss dafür Ur-laub beantragen und hoffen, dass er ge-nehmigt wird.

Ob man verkleidet zur Arbeit er-scheinen darf, hängt davon ab, wo manarbeitet. Fest steht: Hygienevorschriftenund Bestimmungen zum Arbeitsschutzgehen in jedem Fall vor. Ob während derArbeitszeit Alkohol getrunken werdendarf, kann der Arbeitgeber bestimmen.Hat der in der Vergangenheit dazu seinOkay gegeben, kann sich daraus ebenfallseine »betriebliche Übung« ergeben.Wennüberhaupt, ist Alkoholkonsum nur inMaßen erlaubt: Die Beschäftigtenmüssenin der Lage sein, ihre Aufgaben ordentlichzu erledigen. Vor allem aber darf die Si-cherheit am Arbeitsplatz nie gefährdetwerden.

>ARBEITSVERTRAGWirksame Versetzung auch ohne

Eingliederungsmanagement

Sind Beschäftigte über sechs Wochen imJahr arbeitsunfähig, muss der Arbeitgebermit den Betroffenen klären, welche Leis-tungen oder Hilfen möglich sind, um er-neute Arbeitsunfähigkeit zu verhindernund den Arbeitsplatz zu erhalten. DieseKlärung nennt man betriebliches Einglie-derungsmanagement (BEM).

Allein das Unterlassen eines BEMführt nicht dazu, dass Versetzungen odereine krankheitsbedingte Kündigung un-wirksam sind. Dies gilt auch in den Fällen,in denen dieseMaßnahmen des Arbeitge-bers (auch) auf Gründe gestützt werden,die im Zusammenhangmit demGesund-heitszustand des Arbeitnehmers stehen.

Bundesarbeitsgericht vom18. Oktober 2017 – 10 AZR 47/17

>EINKOMMENSTEUERAusbildungsende imKindergeldrecht

Das aufgrund einer Berufsausbildung ge-währte Kindergeld endet nicht bereits mitder Bekanntgabe des Ergebnisses einerAbschlussprüfung, sondern erst mit demspäteren Ablauf der gesetzlich festgelegtenAusbildungszeit. Der Bundesfinanzhofhat mit dem Urteil seine Rechtsprechungzur Dauer der Berufsausbildung präzi-siert. In den bislang entschiedenen Fällenwar die Bekanntgabe des Prüfungsergeb-nisses der späteste in Betracht kommendeZeitpunkt des Ausbildungsverhältnisses.Hiervon unterscheidet sich der Streitfall,weil hier das Ausbildungsende durch eineeigene Rechtsvorschrift geregelt ist.

Bundesfinanzhof vom14. September 2017 – III R 19/16

Alles,was Recht ist

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anchen Beschäftig-ten treibt allein derGedanke Schweiß-perlen auf die Stirn:Im Mitarbeiterge-spräch bewertet derVorgesetzte die per-sönliche Entwick-

lung am Arbeitsplatz. Es behagt nichtjedem, wenn der Chef zum Treffen untervier Augen bittet. Beschäftigte können esaber ganz gezielt für sich nutzen. Dennder Austauschmit der Führungskraft bie-tet auch Chancen: auf eineWeiterbildung,neue Aufgaben oder mehr Geld.

Gute Vorbereitung Tanja Jacquemin lei-tet das Ressort Unternehmensmitbestim-mung im Vorstand der IG Metall. Sieempfiehlt: »Die besten Voraussetzungenfür ein erfolgreiches Mitarbeitergesprächschaffen Beschäftigte, indem sie sichgründlich vorbereiten und dann fundiertverhandeln.« Üblicherweise findet ein sol-ches Treffen einmal jährlich, häufig zu Be-

ginn oder Ende des Jahres statt. Gut ist,wenn Führungskräfte im Vorfeld mittei-len, was sie sich von dem Austausch mitdem Beschäftigten erwarten und wie derAblauf sein soll. Teilt der Vorgesetzteseine Erwartungen nicht mit, ist es legi-tim, das einzufordern.

Der Termin für das Treffen solltemindestens zwei Wochen im Voraus ver-einbart werden, damit sich beide Seitenausreichend vorbereiten können. Proto-kolle bereits geführter Gespräche sind fürden Mitarbeiter einsehbar. Darin ist fest-gehalten, was beim letzten Mal mit demVorgesetzten vereinbart wurde. Ein sol-ches Protokoll bietet eine gute Grundlage,um das Geleistete während des Treffensgemeinsam bewerten zu können.

»In einer Betriebsvereinbarung undeinem Leitfaden sollte außerdem standar-disiert festgelegt sein, welche Anforderun-gen an ein Mitarbeitergespräch gestelltbeziehungsweise welche Themen aufjeden Fall angesprochen werden sollen«,sagt die Expertin der IG Metall.

MMitarbeitergespräch

AufAugenhöhemit dem Chef

metallzeitungFebruar 2018

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Im Mitarbeitergespräch sollte immer

auch Zeit für neue Ideen und sach-

lich formulierte Kritik sein.

Illustration: Leonardo Pellegrino

Personalentwicklung ObWeiter-bildung, Prämie oder mehr Gehalt:Im Jahresgespräch mit dem Vorgesetz-ten können Beschäftigte einiges her-ausholen – wenn sie sich gründlichvorbereiten und gut verhandeln.

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herrscht auch im Anschluss an das Tref-fen, wenn alles schriftlich in einem Pro-tokoll festgehalten und abgezeichnet wird.

Doch Vorsicht: Allzu schnell be-kommen Beschäftigte zusätzliche Arbeits-aufträge, für die sie (noch) nicht die erfor-derlichen Kompetenzen besitzen. Dahersollte während des Mitarbeitergesprächsgeklärt werden, welche zusätzlichen Schu-lungen und Materialien nötig sind. Fallsdie Führungskraft überraschend gravie-rende Änderungen bei den Aufgabenwünscht, kann sich der MitarbeiterBedenkzeit erbeten, um Vor- und Nach-teile abzuwägen. Tanja Jacquemin rät:»Nur nicht unter Druck setzen lassen.«

[email protected] Die IGMetall hat ihre Infomappe für werdende Elternüberarbeitet, aktualisiert und neu aufgelegt. Die Ma-terialsammlung enthält wichtige Informationen füralle, die Nachwuchs erwarten. Dazu gibt es praktischeChecklisten undMusteranträge – alles auf dem Standder aktuellen Gesetzeslage. Den beliebten Ratgeberrund umMutterschutz, Elternzeit, Elterngeld und Co.erhalten Mitglieder ab sofort wieder bei ihrer IGMe-tall vor Ort. Mehr Informationen zumThemaVerein-barkeit von Familie und Beruf gibt es im Internet:

igmetall.de/eltern

Ratgeber ArbeitslosengeldDie Arbeitskammer des Saarlands hat ihre Broschüre»Arbeitslosengeld« aktualisiert. Auf 196 Seitenwird dasRecht auf Arbeitslosengeld anhand zahlreicher Bei-spiele erläutert. Außerdem erhält die Broschüre einenÜberblick über die Förderung der beruflichenWeiter-bildung.DieNeufassung der Broschürewar notwendig,weil es seit 2015 einige Rechtsänderungen gab, wichtigeGrundsatzentscheidungen von Sozialgerichten getrof-fen wurden beziehungsweise die Rechtsauffassung derBundesagentur für Arbeit sich in einigen Punkten ge-ändert hat. Kostenlos zumHerunterladen unter:

arbeitskammer.de/online-broschueren

Angebot für MitgliederDie Servicegesellschaft der IG Metall hat ihr An-gebot erweitert. In Kooperation mit der DeutschenGesellschaft für Vorsorge können Metallerinnenund Metaller online eine rechtssichere Patienten-verfügung erstellen. Der Onlineservice führt Schrittfür Schritt durch die komplexe Thematik, unter-stützt die Meinungsbildung und gibt interaktivimmer die gerade benötigten Erklärungen undHilfestellungen. Die fertigen Dokumente erhaltenMitglieder per Post, um sie mit ihrer Unterschriftzu bestätigen. Über die Servicegesellschaft erhaltenMitglieder auf die Erstellung einer Patientenver-fügung inklusive Vorsorgevollmacht und Betreu-ungsverfügung 10 Euro Rabatt.

igmservice.deRVorsorgeRPatientenverfügung

Infomappe für junge Eltern ist da – damit die ersten

Wochen mit dem Baby ganz entspannt werden.

Foto:Microgen/stock.adobe.com

Infos für werdende Eltern

metallzeitungFebruar 2018

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Der Arbeitgeber hat gegenüber dem Beschäf-tigten nach Paragraf 106 der Gewerbeord-nung ein Weisungsrecht. Der Wahrnehmungdieser Befugnis dienen auch Mitarbeiterge-spräche. Die Beschäftigten sind grundsätzlichverpflichtet, einer Einladung des Arbeitgebersnachzukommen, soweit es sich um eine An-gelegenheit handelt, die im Rahmen des Wei-sungsrechts besprochen werden soll. Mehrzum Weisungsrecht auf Seite 22.

Weisungsrecht

Um ein strukturiertes Gespräch zu gewähr-leisten, ist ein Leitfaden, der den grundsätzli-chen Verlauf regelt, sinnvoll. Einem Rückblickschließt sich vielfach ein Ausblick auf das ak-tuelle/kommende Jahr an, gefolgt von einerFestlegung der Arbeitsinhalte. Im weiterenGesprächsverlauf ist dann noch Raum für Fra-gen zur Arbeitsorganisation, zum Umgangund zu Veränderungs- und Entwicklungsper-spektiven des Mitarbeiters.

Leitfaden

Mitarbeitergespräche können regelmäßig,etwa in Form eines jährlichen Treffens,aber auch anlassbezogen stattfinden. Nutztder Vorgesetzte die Besprechungen alsInstrument zur stetigen Personalführung,bieten sich noch weitere Gelegenheiten, umsich mit dem Beschäftigten auszutauschen:beispielsweise zum Ende der Probezeit, vorAusspruch einer Abmahnung oder bei Rück-kehr nach einer Arbeitsunfähigkeit.

Anlassbezogen

Gute Argumente Tanja Jacquemin emp-fiehlt zur Vorbereitung: »Wenn die Be-schäftigten mit klaren Vorstellungen undZielen in das Treffen gehen, können siesich die nötigen Argumente bereits imVorfeld zurechtlegen.« BegründenMitar-beiter dann im Gespräch mit dem Chef,warum sie neue Aufgaben übernehmen,Auslandserfahrungen sammeln oder abermit Blick auf die Familiensituation kür-zertreten wollen, kann dies die Karriereim Betrieb in die gewünschte Richtunglenken.

Mehr noch: Im Gespräch könnenMitarbeiter neue Ideen und auch sachlichund konstruktiv formulierte Kritik äu-ßern. Der Gesetzgeber räumt Arbeitneh-mern in Paragraf 82 Absatz 1 des Be-triebsverfassungsgesetzes das Recht ein,zu ihrer persönlichen Situation am Ar-beitsplatz Stellung zu beziehen. Beschäf-tigte dürfen Vorschläge zur Gestaltungihres Arbeitsplatzes und Arbeitsablaufsmachen. Tanja Jacquemin betont: »DasMitarbeitergespräch bietet eine sehr guteGelegenheit, Wünsche und Probleme di-rekt bei den Führungskräften anzuspre-chen.« So können die Beschäftigten aufspürbare Verbesserungen an ihrem Ar-beitsplatz hinwirken.

Kritik vom Chef ImMitarbeitergesprächwerden Beschäftigte umgekehrt abermöglicherweise auch mit der abwei-chenden Meinung oder Kritik des Chefskonfrontiert. Achten alle Beteiligten aufeinen respektvollen Umgang, eine aus-gewogene Beteiligung und einen sachli-chen Ton, können Konflikte zielorien-tiert geklärt werden. Vertraulichkeit istdabei eine wichtige Voraussetzung.

Wenn es um die Leistungsbeurtei-lung sowie die Möglichkeiten der berufli-chen Entwicklung im Betrieb geht, hat derArbeitnehmer Anspruch darauf, ein Be-triebsratsmitglied hinzuzuziehen. »Das istbesonders dann sinnvoll, wenn im Betriebein schwieriges Klima herrscht oder derBeschäftigte sonst allein gleich mehrerenVorgesetzten gegenübersitzen würde«,

sagt Tanja Jacquemin.

Realistische Ziele Findet dasMit-arbeitergespräch auf Augenhöhe statt undnicht nach dem Motto, »Chef macht An-sage«, zeugt dies von einem guten Be-triebsklima. In der Unterredung erklärtder Vorgesetzte idealerweise die Strategieder Abteilung, aktualisiert zusammenmitdem Beschäftigen dessen Aufgaben undformuliert neue Ziele, die auch realistischund an einen konkreten Zeitrahmen ge-knüpft sind. Transparenz für beide Seiten

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Weiterbildungfür Fachkräfte

Für viele Beschäftigte istWeiterbildung gerade imZuge der Digitalisierungein wichtiges Thema. Beider Bundesagentur für Ar-beit können Beschäftigtesich mithilfe von Erfah-rungsberichten über Wei-terbildungsmöglichkeitenin ihrem Berufsfeld infor-mieren. Mehr dazu unter:

berufsfeld-info.de

Unterstützungdurch BAföG

Mithilfe des Berufsausbil-dungsförderungsgesetzes(BAföG) können jungeFrauen und Männer ihreAusbildung an Schulenund Hochschulen absol-vieren und gleichzeitigihren Lebensunterhaltfinanzieren. In einer neuaufgelegten Broschüre hatdas Bundesministeriumfür Bildung und For-schung die wichtigstenInformationen zumBAföG zusammengefasst.Sie beantwortet unter an-derem, welche Vorausset-zungen für eine Förderungerfüllt sein müssen.

bmbf.de

Bildungsurlaubnutzen

In den meisten Bundeslän-dern haben Arbeitnehmerdas Recht auf zusätzlichfünf Tage Urlaub für Bil-dung im Jahr. Bildungsur-laub oder Bildungsfreistel-lung gibt es für beruflicheund politische Bildung.Die Freistellung mussbeim Arbeitgeber bean-tragt werden. Mehr Infor-mationen gibt es auf dieserInternetseite:

bildungsurlaub-machen.de

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Maßarbeitfürs Ohr

Millionen Menschen könnten sichnicht an Gesprächen beteiligenoder Filme, Musik oder anderesgenießen, was das Leben schönmacht, wenn es die Hörakustike-rinnen und -akustiker nicht gäbe.Etwa 16 Prozent aller Erwachsenenund sogar 54 Prozent der über 70-Jährigen sind schwerhörig.

Hörakustikerinnen und -akus-tiker beratenKunden oder Patienten.Sie helfen Schwerhörigen herauszu-finden, welche Hörhilfen ihnen ambesten helfen. Oder sie zeigen Be-rufstätigen, welcher Gehörschutzzum Beispiel bei Lärm am Arbeits-platz einer Schwerhörigkeit vor-beugt. Sie testen mithilfe des Com-

puters, wie gut Menschen nochhören können. Sie untersuchen, obsie auf Kunststoffe allergisch reagie-ren. Sie nehmen Abdrücke vomGe-hörgang, damit daraus individuellangepasste Ohrstücke gefertigt wer-den können. Diese kleinen Teile ausAcryl oder Silikon stellen sie meistnicht mehr selbst her, sondern oftmit einem 3-D-Drucker.

Digital Die fertigen Ohrstücke pas-sen sie dem künftigen Träger oderder Trägerin zusammen mit denHörsystemen an und stellen die Ge-räte dann ein. Vorher ermitteln sieden »Hörgeschmack«, wie AnkeHinz sagt. Sie ist Meisterin und lei-

tet die Firma FehnOptik &Akustikim ostfriesischen Ostrhauderfehn.»Die Geräte werden nicht mehrmitdem Schraubendreher eingestellt,alles läuft über den PC.«

»Hörakustiker brauchen Mit-gefühl und psychologisches Einfüh-lungsvermögen«, weiß sie. Denn siearbeiten mit Menschen und diehaben jeweils ein individuelles Pro-blem. Und für jedes müssen sie dierichtige Lösung finden.

Sie trainieren mit ihnen, ihrHörgerät zu handhaben, zum Bei-spiel räumlich zu hören oder Spra-chen auseinanderzuhalten.WenndieKunden ihre Hörgeräte haben, ste-hen sie ihnen weiter mit Rat, Hilfe,

Hörakustiker brauchen technisches

Wissen und viel Einfühlungsvermö-

gen. Jedes Hörgerät muss individuell

genau angepasst werden.

Hörakustiker/-in Immer mehr Menschen hörenschlecht oder müssen ihre Ohren vor Lärm schüt-zen. Hörakustiker und -akustikerinnen sindgefragt wie noch nie.

Hunderttausende Schulabgängerstehen jedes Jahr vor der Frage:Ausbildung oder Studium? Eineneu aufgelegte Broschüre des Bun-desministeriums für Bildung undForschung (BMBF) gibt Absolven-ten wichtige Tipps und Informatio-nen zu Karriereperspektiven.

Ein Schwerpunkt liegt auf derdualen Berufsausbildung: Die Kom-bination aus praktischerAusbildungim Betrieb und fachbegleitendem

Lernen in der Berufsschule gilt welt-weit als Erfolgsmodell. Zwischenmehr als 330 staatlich anerkanntenAusbildungsberufen können sichAbsolventen unabhängig vonihrem Abschluss entscheiden.Tipps, um herauszufinden, welcherBeruf zu ihnen passt, finden Schul-abgänger in der Broschüre genausowie Informationen für ihren Startin die Ausbildung.

bmbf.de

Ratgeber: Ausbildung oder Studium?

Foto:UweUmstätter/Westend61/pa

Schulabgängern stehen zahl-

reiche Wege in den Beruf offen.

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beiWartungen undReparaturen zurSeite. Kaufmännische und Verwal-tungsarbeiten, wie Angebote kalku-lieren und Rechnungen für Kran-kenkassen oder Kunden schreiben,gehören ebenfalls zum Beruf.

Bombensicher Die Ausbildungdauert drei Jahre. Ein bestimmterSchulabschluss wird nicht vorausge-setzt. Es gibt nur eine Berufsschulebundesweit – in Lübeck.Dort gibt esBlockunterricht über mehrere Wo-chen, dieAzubis sindmeist im Inter-nat untergebracht.

»Der Beruf ist unglaublichspannend«, findet AnkeHinz. »Under bietet sichere Perspektiven.« Hör-

akustiker werden händeringend ge-sucht. Allerdings sind bisher zu we-nige Beschäftigte gewerkschaftlichorganisiert. Es gibt kaumBetriebe, indenen Tarifverträge der IG Metallgelten und für gute Bezahlung undArbeitsbedingungen sorgen. Azu-bis bekommen im ersten Jahr etwa360 bis 560 Euro, im dritten 495 bis720 Euro.Die Einstiegsgehälter nachder Ausbildung liegen bei 1700 bis2100 Euro.

Der Beruf bietet aber Auf-stiegschancen.Wer weiterkommenwill, kann sich zum Meister oderzum Techniker in der FachrichtungMedizintechnik fortbilden.

[email protected]

Foto:MonkeyBusiness/stock.adobe.com

Berufliche Weiterbildung ist wich-tig, aber nicht jeder kann sie sichleisten. Für Menschen mit gerin-gem Einkommen gibt es die Bil-dungsprämie des Bundesministeri-ums für Bildung und Forschung.

Sie ist gedacht für Weiterbil-dungswillige, die mindestens 15Stunden proWoche arbeiten. Auchwer sich in Eltern- oder Pflegezeitbefindet, hat grundsätzlich An-spruch auf die Förderung. Aller-

dings: Das zu versteuernde Jahres-einkommen darf nicht über 20000Euro liegen (bei gemeinsamer Ver-anlagung: 40000 Euro). Wer dieseVoraussetzungen erfüllt, kann miteinem staatlichen Prämiengut-schein die Hälfte seiner Weiterbil-dungskosten decken (maximal För-derhöhe: 500 Euro). Mehr Infosunter der kostenlosen Infohotline0800 26 23 000 und im Internet:

bildungspraemie.info

Bildungsprämie: Gutschein vom Staat Dr. Azubihilft

Wenn es in der Ausbildung nichtrundläuft oder ungeklärte Fragenim Raum stehen, hilft »Dr. Azubi«weiter – schnell, unbürokratisch,anonym und kostenlos. Auszubil-dende können in dem Onlinefo-rum des Deutschen Gewerkschaft-bunds ihre Fragen stellen underhalten innerhalb von 48 Stundeneine Antwort.

dr-azubi.de

Informationen zur Ausbildung, zumBeruf und zu Aufstiegsmöglichkeitengibt es unter:

berufenet.arbeitsagentur.deRSuche: Hörgeräteakustiker

Weitere Infos, auch zu Vergütungenund Gehältern:

ausbildung.de/berufeRSuche: Hörakustiker

Mehr Wissen

IT-Experten habenhervorragendePerspektiven

Die IT-Berufe Systemelek-troniker/-in, Fachinforma-tiker/-in, System- undInformatikkaufmann/-frau werden neu geord-

net. Warum?Jörg Ferrando: Die 1997

formulierten Ausbildungs-ziele sind veraltet. Die heutewichtige Datensicherheitkommt völlig zu kurz. DieNeuordnung soll auch

einen Imagewechsel brin-gen und zeigen: IT-Fach-kräfte braucht nicht nur dieComputerbranche, sondernim Zuge der Digitalisierungauch derMaschinenbauund die Autoindustrie. InZukunft könnten sie zumBeispiel selbstfahrendeAutos programmieren.

Wann kommen die Ände-rungen?

Ferrando: Leider haben dieArbeitgeber sie jahrelangblockiert. Darum gibt eserste Änderungen erst abAugust: Sie bringen mehrDatenschutz und Social

Media. Die große Neuord-nung kommt wohl erst2021. Dafür suchen wirjetzt Sachverständige.

Sollte man mit einer Aus-bildung bis dahin warten?Ferrando: Absolut nicht.Bis auf Informatikkauf-mann; dieser Beruf wirdabgeschafft. IT-Ausbil-dungsberufe bieten her-vorragende Perspektivenauf dem Arbeitsmarkt.Nach der Neuordnung

werden sie auch für die In-dustrie noch attraktiver.

Jörg Ferrando-Y-Melia ist

im Ressort Bildungs- und

Qualifizierungspolitik

beim IG Metall-Vorstand.

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metallzeitungFebruar 2018

31>IMPRESSUM

Herausgeber:

Jörg Hofmann,

Christiane Benner,

Jürgen Kerner

Beauftragte der Herausgeber:

Silke Ernst (verantw. i. S. d. P.)

Anschrift:

Redaktion metallzeitung

Wilhelm-Leuschner-Straße 79,

60329 Frankfurt am Main

Chefredakteurin:

FabienneMelzer

Chef vom Dienst:

Artur Siemens

Redaktion:

Simon Che Berberich,

Jan Chaberny, Dirk Erb,

Martina Helmerich,

Jens Knüttel,

Sylvia Koppelberg,

Antonela Pelivan

Art-Direktion:

Gudrun Wichelhaus-Decher

Bildredaktion:

Michael Schinke

Sekretariat:

Beate Albrecht

igmetall.de/metallzeitung

Angebot für Sehbehinderte:

metallzeitung gibt es auch als

Word- oder PDF-Datei:

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Vertrieb:

Thomas Köhler

Telefon: 069 6693-2224

Fax: 069 6693-2538

[email protected]

Anzeigen:

Petra Wedel, Zweiplus

Medienagentur,

Pallaswiesenstraße 109,

64293 Darmstadt

[email protected]

Druck und Versand:

apm AG, Darmstadt

Papier: metallzeitung erscheint

zehn Mal im Jahr. Für Mitglie-

der der IG Metall ist der Bezug

im Beitrag enthalten. Das Pa-

pier, auf dem metallzeitung ge-

druckt wird, besteht zu 70

Prozent aus Altpapier und zu

30 Prozent aus FSC- und PEFC-

zertifiziertem Holz, das aus

nachhaltiger Waldbewirt-

schaftung in Süddeutschland

und der Schweiz stammt.

>INFOSERVICE DER IG METALLVernetzt und informiert sein, wis-

sen, was passiert – das ist der erste

Schritt auf demWeg, etwas zu ver-

ändern. Hier bestellst Du den mo-

natlichen Newsletter der IG Metall:

igmetall.de/infoservice

>DEINE GESCHÄFTSSTELLEHier findest Du Deine

IG Metall-Geschäftsstelle:

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werden:

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0800 4463825Montag bis Donnerstag: 9 bis 16 Uhr

Freitag: 9 bis 13 Uhr (gebührenfreie Rufnummer)

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Leserbriefe zu kürzen, um möglichst

viele Mitglieder zu Wort kommen

zu lassen. Es ist leider nicht möglich,

alle Zuschriften abzudrucken.

Leserbriefe geben nicht die Meinung

der Redaktion wieder.

Die Preiseim Februar

Erster Preis:

eine IG Metall-

Reisetasche

Zweiter Preis:

ein Fußball »Respekt!«

Dritter Preis:ein Lanybook

Einsenden*Bitte die Lösung bis

22. Februar 2018

unter Angabe von

Vor-, Nachnamen und

Adresse auf eine Karte

schreiben und per

Post an: Redaktion

metallzeitung,

Preisrätsel, 60244

Frankfurt am Main.

Oder per E-Mail an:

[email protected]

*Maschinell erstellteLösungszuschriften

sind von der Teilnahme

ausgeschlossen.

Wie sind die Zahlen in die leeren Kreiseeinzusetzen, damit sie in jeder Reihe

zusammen 58 ergeben?Schickt als Lösung die Summe der drei Zahlen

in den schwarzen Kreisen ein.

Kreisrechnen5712151616172230

Kreisrechnen: raetselstunde.com

>HIER KANNST DU DICH REGISTRIERENAuf der IG Metall-Internetseite sind

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erst einsehbar, wenn sich Mitglieder

online registriert haben. Deinen persön-

lichen Zugang kannst Du hier einrichten:

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