Methode Zukunftswerkstatt -...

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  • Reich, K. (Hg.): Methodenpool. In: URL: http://methodenpool.uni-koeln.de 2003 ff 1

    Zukunftswerkstatt 1 Kurze Beschreibung der Methode Die Zukunftswerkstatt ist eine von Robert Jungk entwickelte Methode, in der alle Akteure Experten sind. Das Expertenwissen kann vorhandenes Wissen, soll aber vor allem auch die Fantasie jedes Akteurs umgreifen. Zukunftswerksttten finden in Gruppen statt, denen eine Moderatorin oder ein Moderator zur Seite gestellt wird. Ziel ist es, Lsungen fr gemeinsam festgelegte Probleme oder Herausforderungen zu finden. Dazu werden drei Phasen durchlau-fen: Kritikphase, Fantasiephase und Verwirklichungsphase. Ergnzt werden diese oft durch eine vorgeschaltete Vorbereitungs- und eine nachgeschaltete Erprobungsphase. 2 Primre und sekundre Quellen 2.1 Primre Quellen Jungk, R./Mllert, N.: Zukunftswerksttten. Mit Phantasie gegen Routine und Resignation, Mnchen 1989. Kommentar: Standardwerk fr die Arbeit mit Zukunftswerksttten. Einfhrung ins Konzept, konkrete Hilfestellungen zur Umsetzung und Beispiele/Erfahrungsberichte. 2.2 Sekundre Quellen Kuhnt, B./Mllert, N.: Moderationsfibel Zukunftswerksttten, Mnster 1996. Kommentar: Praxisbuch mit vielen Hinweisen zur Gestaltung der einzelnen Phasen. Burow, O./ Neumann-Schnwetter, M. (Hg.): Zukunftswerkstatt in Schule und Unterricht, Hamburg 1997. Kommentar: Schnes Buch zum Einstieg. Theoretische Einfhrungen verschiedener AutorIn-nen werden mit anschaulichen Praxisbeispielen verknpft. Das Buch macht Lust auf die eige-ne Umsetzung der Methode. Links: Unter dem Stichwort Zukunftswerkstatt findet man in Suchmaschinen sehr viele Treffer auf praktisch durchgefhrte Werksttten. Wir empfehlen auch folgende Seiten: http://www.netzwerk.nrw.de Auslobung des Robert Jungk Preis 2005: Den demografischen Wandel gestalten Chancen fr Gesellschaft und konomie. Bewerben knnen sich Projekte und Initiativen aus NRW, die Mglichkeiten und Wege aufzeigen, den Herausforderungen des Wandels zu begegnen und zivilgesellschaftlich zu gestalten. Hier auch Links zu den GewinnerInnen frherer Auslobun-gen des Preises.

    http://www.netzwerk.nrw.de/

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    http://www.jungk-bibliothek.at Robert-Jungk-Bibliothek fr Zukunftsfragen. Hier knnen Materialien u.a. zu gelaufenen Zu-kunftswerksttten angefordert werden (kostenpflichtig), auerdem gibt es einige gute Links. http://www.uni-kassel.de/fb1/burow Sehr zu empfehlende Seite mit Theorieteil, Links zu Praxisbeispielen und Hinweis auf Dip-lomarbeiten von Dr. Olaf-Axel Burow, Buchautor ber Zukunftswerksttten (s. o.) und Do-zent fr Pdagogik an der Uni Kassel. An der Uni werden auch Workshops zum Erlernen der Methode angeboten. http://www.sowi-online.de/methoden/lexikon/zukunftswerkstatt-boettger.htmBeschreibung der Methode Zukunftswerksatt im sowi-online Methodenlexikon. Hinweise auf weitere Literatur und Links zu einigen Praxisbeispielen. http://www.zw2003.de/Netzwerkseite, die verschiedene Zukunftswerksttten zusammenfhren will. Gibt etliche Bei-spiele von Planungen von durchgefhrten Zukunftswerksttten. 3 Theoretische und praktische Begrndung 3.1 Theoretische Begrndung Die Methode Zukunftswerkstatt wurde in den 1960er-Jahren von dem Publizisten und Zu-kunftsforscher Robert Jungk entwickelt. Inspiriert wurde er von der Kreativittsforschung in Amerika, die der deutschen und europischen weit voraus war, und hier vor allem von dem Amerikaner Osborne, der zur Entwicklung neuer Produkte eine dialektisch aufgebaute Form des Brainstormings anwandte. Jungk griff diese Dialektik in seiner Methode Zukunftswerk-statt auf, indem er eine Kritik-, Fantasie- und Verwirklichungsphase unterschied. Sein Ziel war nicht die Produktentwicklung, sondern die Verbesserung gesellschaftlicher Zustnde im kologischen und sozialen Bereich. Dies wollte er vor allem ber Partizipation, d.h. bei ihm ber direkte Brgerbeteiligung, und eine Weiterentwicklung der Demokratie erreichen. Die Methode der Zukunftswerkstatt eignet sich hier, da alle beteiligten Akteure gleichberechtigt am Problemlseprozess beteiligt sind und die Kreativitt aller zum Ergebnis beitrgt. Es soll keine Hierarchien und keine Einschrnkungen geben, wer welche Aufgabe zu erledigen hat, Teilnehmer an Zukunftswerksttten sollen gleichermaen Lehrende und Lernende sein. 3.2 Praktische Begrndung Jungk hat seine Methode entwickelt, um im politischen Bereich ber Partizipation der Brger Verbesserungen erreichen zu knnen, deren Fhigkeiten zu nutzen und die Entscheidungen nicht allein den wenigen gewhlten Volksvertretern zu berlassen. Genutzt werden soll das kreative Problemlsepotential eines jeden Menschen. Dies kann sehr gut bertragen werden auf andere Lernzusammenhnge: Ein Lehrerkollegium, das mit der Situation an der Schule unzufrieden ist, eine Referatsgruppe, die nicht recht wei, wie sie zu-

    http://www.jungk-bibliothek.at/http://www.uni-kassel.de/fb1/burowhttp://www.sowi-online.de/methoden/lexikon/zukunftswerkstatt-boettger.htmhttp://www.zw2003.de/

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    sammen zum Ziel kommen soll oder ein Gremium, das ein Konzept zur Finanzierung eines Projekts erstellen will. Der dialektische Aufbau der Methode ermglicht eine neue Herangehensweise an ein zu l-sendes Problem: Es gibt die Phase des Fantasierens, ohne Kritik, ohne Selbstkritik, ohne Be-wertung. Nach Jungk ist der Mensch, vor allem der kulturell belastete Mensch, sowohl in ei-nem Personengefngnis gefangen, also in seinen eigenen Vorbehalten, ngsten und Denk-mustern, als auch in einem Zeitgefngnis, in dem er oft die Ideen unserer Zeit als selbstver-stndlich und als die einzig richtigen ansieht. Fr diese ngste und Befangenheiten bietet Jungk mit seiner Methode Raum zunchst in der Kritik- und Fantasiephase, dadurch dann aber auch in der Verwirklichungsphase, um Visionen von Vernderungen neue Spielrume zu ermglichen.. 4 Darstellung der Methode Eine Zukunftswerkstatt kann durchgefhrt werden mit einer Gruppe, die bereits ein gemein-sames Thema hat, das sie bearbeiten will, z. B. eine Schulklasse, die etwas am Klima in der Klasse verndern mchte. Eine Gruppe kann sich aber auch neu zusammenstellen, weil sie Interesse an einem bestimmten Thema hat, wie einzelne Studierende, die sich in einer Pro-jektgruppe zur Verbesserung der Situation auslndischer Studierender zusammenfinden und dort zu diesem Thema eine Zukunftswerkstatt durchfhren. Begleitet wird die Gruppe von einem Moderator/einer Moderatorin. Begonnen wird mglichst mit einer vorbereitenden Phase. In ihr stellen sich die Gruppen-mitglieder kurz vor und sagen etwas von ihren Wnschen und Erwartungen an die Zukunfts-werkstatt. Der Moderator/die Moderatorin erlutert kurz die Geschichte und Zielsetzung der Methode, stellt die Phasen der Zukunftswerkstatt vor und erklrt ihre jeweiligen Spielre-geln. Am besten werden diese an die Wand gehngt, um sie jederzeit vor Augen zu haben. Eine Fantasiereise oder Entspannungsbung kann zur Einfhrung hilfreich sein. Jetzt kann es losgehen mit der Kritikphase: Die Teilnehmer (TN) werden ermuntert, ihrer Kritik zum Thema, zum jetzigen Stand der Dinge freien Lauf zu lassen. Der Moderator/die Moderatorin (M) kann fragen: Was strt dich; wovor hast du Angst; was macht dich w-tend?, etc. und dadurch untersttzend wirken. Es ist gut, mit allem herauszurcken, was ei-nem auf dem Herzen liegt und die Kritik so przise wie mglich zu formulieren. Nach Samm-lung der Kritikpunkte werden diese zu Problembereichen zusammengefasst. Sie werden auf groe Papierbgen geschrieben und an die Wand/Tafel gehngt. Die TN whlen nun, z. B. durch Verteilen von bunten Klebepunkten, die fr sie wichtigsten Themenbereiche aus. Es kristallisieren sich Schwerpunktthemen heraus, die in der anschlieenden Fantasiephase bear-beitet werden. Hier lassen sich auch die Moderationstechniken geschickt einsetzen. Die Fantasiephase hat eine Spielregel: Alles ist mglich. Alle Einwnde wie das geht aber nicht, weil ... und alle Zweifel haben Platz in der dritten Phase, der Verwirklichungsphase. Jetzt ist Raum fr alle Wnsche, Trume, Ziele und Utopien. Das Auslagern aller Aber in die nchste Phase hilft, der Fantasie freien Lauf zu lassen und einfach mal rumzuspinnen. In jedem Menschen steckt viel mehr, als er selber wei, beschreibt Jungk den Zweck dieser Phase und den Erfolg von Zukunftswerksttten berhaupt. Ein erster Schritt kann sein, die

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    Kritikpunkte positiv umzuformulieren. Der Satz Wir reden in unserer Klasse nur untereinan-der und zu zweit oder dritt ber Sachen, die uns stren. Ich finde, dass wir so gar nichts n-dern knnen knnte positiv formuliert heien: Ich mchte, dass wir Konflikte mit der gan-zen Klasse besprechen, um sie gemeinsam lsen zu knnen. Im zweiten Schritt, dem Brainstorming, sollen die TN sich mglichst fantasievolle Lsungs-vorschlge ausdenken, ohne Rcksicht auf Sachzwnge, Gesetze, konomische und soziale Hemmnisse. Die Ideen werden gesammelt und in einem nchsten Schritt von der Gruppe zu konkreten utopischen Entwrfen ausgearbeitet. Ist auf Grund von Zeitknappheit oder einer groen Flle von Vorschlgen eine Auswahl notwendig, kann vor der Ausarbeitung der Ideen noch mal mit Hilfe von Klebepunkten entschieden werden, welche der Vorschlge weiterent-wickelt werden. Arbeiten mehrere Kleingruppen gleichzeitig am selben Thema, knnen diese Entwrfe jetzt auch den anderen Gruppen vorgestellt werden, z.B. in Form einer Collage, ei-nes Rollenspiels oder einfach erzhlt werden. Wenn die Fantasiephase den TN zu Anfang Schwierigkeiten bereitet, kann der Moderator/die Moderatorin ermutigen und Hilfen geben, z.B. durch den Vergleich mit Science Fiction oder durch den Einsatz einer Fantasiereise. Auch der nichtsprachliche Bereich kann oft helfen, den Kopf frei zu machen, z.B. indem die TN aufgefordert werden, ihre Wnsche als Bild zu malen. In der Verwirklichungsphase oder Realisierungsphase werden die utopischen Entwrfe mit der Realitt zusammengebracht. Welche Schwierigkeiten gibt es, die Ideen in die Tat umzu-setzen? Wo mssen die Entwrfe verndert oder angepasst werden? Wo besteht die Notwen-digkeit, uere Bedingungen, z.B. bestehende Vereinbarungen, eingeschlichene Gewohnhei-ten oder ausgehandelte finanzielle Rahmenbedingungen, zu berdenken und ggf. zu vern-dern, um die Zukunftsentwrfe Wirklichkeit werden zu lassen? Auch in dieser Phase ist Krea-tivitt und Fantasie ntig, um mglichst Erfolg versprechende und neuartige Wege zur Ver-wirklichung einer besseren Zukunft zu finden. Vernderungsschritte mssen konkretisiert werden. Was fr Manahmen sollen ergriffen werden? Wer sind eventuelle Kooperations-partner? Muss Geld herangeschafft werden, wie viel und von wem? Wer tut es? Welche Al-ternativlsungen gibt es bei den einzelnen Schritten? Wo fehlen noch Kenntnisse zur Ver-wirklichung und wie kann ich sie erlangen? Bis wann sollen einzelne Schritte erledigt sein? Mithilfe dieser Konkretisierung lsst sich prfen, ob eine weiterentwickelte Idee realisierbar ist. Sie ist die notwendige Bedingung fr die sptere Umsetzung. Die Rolle der Moderato-rin/des Moderators kann hier sein, auf Schwachstellen in der Planung hinzuweisen, also die Sicht von auen einzunehmen, evtl. auch Anregungen zu geben. M kann aber auch zum Durchhalten an schwierigen Punkten motivieren, wenn Utopie und Wirklichkeit nicht zu-sammenzufhren zu sein scheinen. An die Verwirklichungsphase sollte eine nachbereitende Phase anschlieen, auch permanen-te Werkstatt oder weiterfhrende Werkstattarbeit genannt. Die Verwirklichungsphase ist der theoretische Abschluss einer Zukunftswerkstatt. Die Praxisanwendung des Erarbeiteten, die weiterfhrende Werkstattarbeit, ist jedoch immer zu befrworten, um die Arbeit mit Zu-kunftswerksttten sinnvoll und befriedigend zu machen. Sie erfordert ein ausfhrliches Werk-stattprotokoll. Sie erfordert auch und vor allem eine Erarbeitung von praktisch umsetzbaren Utopieentwrfen in der Verwirklichungsphase. Jungk/Mllert geben in ihrem Buch (s. Quel-len) eine Reihe eindrucksvoller Beispiele dafr, was Zukunftswerksttten erreichen knnen.

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    5 Beispiele Im folgenden sei ein kleines Beispiel aus Burow, O./ Neumann-Schnwetter, M. erzhlt. Es handelt sich um ein kleine, sehr bersichtliche Zukunftswerkstatt. Grere Beispiele, welche die Mglichkeiten der Partizipation im politischen Bereich besser darstellen, sind ber die oben angegebenen Literatur- und Internetquellen zu beziehen. Heinz Hinz: Einmal mit dem Bett in die Schule fahren In der Zukunftswerkstatt mit Schlern ber Schule reflektieren Anlass dieser Werkstatt war, dass die Schler und Schlerinnen einer sechsten Klasse einer Frderschule sich zum Ende des Schuljahres von ihrer Klassenlehrerin verabschieden und zu Beginn der siebten Klasse eine neue Lehrerin bekommen sollten. Es entstand die Idee, das vergangene Schuljahr zu reflektieren und Verbesserungswnsche direkt der neuen Lehrerin mitzuteilen. Dies sollte mit Hilfe einer Zukunftswerkstatt geschehen. An zwei aufeinander folgenden Tagen standen dafr jeweils vier Stunden Zeit zur Verfgung. In der vorbereitenden Phase wurde den SchlerInnen die Werkstattmethode vorgestellt. Eine Fantasiereise, in der die Kinder im Traum durch das vergangene Schuljahr fliegen konnten, an vergangene Projekttage, Schulfest, aber auch Auseinandersetzungen etc. denken und sich er-trumen konnten, was im neuen Schuljahr passieren sollte, diente der Einstimmung. In einem oder mehreren Bildern sollte das Erlebte aufgemalt und anschlieend der Klasse mitgeteilt werden. Die Kritikphase begann mit der Aufforderung, alles aufzuschreiben, was den SchlerInnen im vergangenen Jahr nicht gefallen hatte. Wer Schwierigkeiten mit dem Aufschreiben von Tex-ten hatte, konnte seine Gedanken dem Lehrer diktieren. Die Kritikpunkte wurden vom Lehrer auf Plakate bertragen und aufgehngt. Klebepunkte wurden verteilt und an den fr die Sch-lerInnen wichtigsten Kritikpunkten angebracht. Es kristallisierten sich folgende Problem-schwerpunkte heraus:

    zu frhes Aufstehen die Jungen in der Klasse der Wochenplan gefllt mir nicht

    Die Fantasiephase bereitete zunchst Schwierigkeiten, ein Vergleich mit Science fiction er-leichterte das Fantasieren. Als utopische Gegenbilder entstanden

    ein Bett, das die SchlerInnen morgens direkt und rechtzeitig zur Schule fahren wrde und in dem sie den ganzen Vormittag verbringen und wieder mit ihm nach Hause fah-ren knnten

    die Idee der Jungen, mit den Mdchen tanzen zu gehen der Vorschlag einer Schule ohne Lehrer, in der sich die Schler alles selbst beibringen

    In der Verwirklichungsphase wurden die Entwrfe in Hinblick auf Machbarkeit modifiziert und anschlieend konkretisiert. Die Akteure der Zukunftswerkstatt wollten

    die Problemschwerpunkte mit der neuen Klassenlehrerin besprechen verhandeln, dass die Schule im neuen Schuljahr zweimal in der Woche spter als 7.45

    Uhr anfngt miteinander und mit der neuen Lehrerin ins Schullandheim fahren, um den Bereich

    des Miteinanderumgehens zu bearbeiten

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    den Wochenplan nicht ganz zur Seite legen, aber mit der neuen Lehrerin abwechs-lungsreichere Unterrichtsformen diskutieren.

    Den SchlerInnen gefiel diese Art, sich mit der Schule auseinanderzusetzen. Wie es in der weiterfhrenden Werkstattarbeit weiterging, wurde in dem Beispiel nicht beschrieben. Die Vorschlge wurden aber in der Verwirklichungsphase gut ausgearbeitet, um damit gute Vor-aussetzungen fr das Gelingen ihrer Umsetzung zu schaffen. 6 Reflexion der Methode 6.1 Methodenkompetenz Zukunftswerksttten ermglichen partizipatives und gleichberechtigtes Lernen. Die Lernen-den sind gefordert, sich mit ihren individuellen Mglichkeiten einzubringen. Das erfordert Engagement und die Bereitschaft, sich auf den Gruppen- und den kreativen Prozess einzulas-sen und etwas von sich zu zeigen. Zukunftswerksttten ermglichen den Lernenden, sich mit ihren Ideen und Fhigkeiten voll einzubringen und sich miteinander weiterzuentwickeln und im gemeinsamen Prozess gegenseitig zu beflgeln. Die TN ben sich im Anwenden dieses demokratischen und partizipativen Verfahrens und lernen dessen Kraft und Mglichkeiten kennen. Darber hinaus knnen Visualisierungs- und andere Prsentationstechniken erlernt und verbessert werden. Der Blick auf die eigenen Problemlsefhigkeiten und das eigene kre-ative Potenzial kann sich zum Positiven hin verndern. Das Bewusstsein ber die eigenen kreativen Fhigkeiten und die Erfahrung demokratisch und gemeinsam in der Gruppe be-schlossener Lsungsvorschlge kann dazu beitragen, auch in anderen Lernzusammenhngen sowohl das eigene Potential besser auszuschpfen als auch die Kraft des Miteinanders zu nut-zen. Von den Lehrenden wird bei der Methode Zukunftswerkstatt erwartet, dass sie partizipativen Prozessen gegenber aufgeschlossen sind und den Lernenden auf gleichberechtigter Ebene gegenbertreten. Der Moderator/die Moderatorin bentigt Erfahrung im Umgang mit Grup-penverhalten, Konflikten und Feedback. Sie/er braucht eine offene, wertschtzende Haltung den Lernenden gegenber. Sie/er sollte in der Lage sein, zu motivieren und den kreativen und Problemlseprozess voranzutreiben, falls dieser ins Stocken gert. Dazu ist die Kenntnis eini-ger Kreativittstechniken sinnvoll, zum Beispiel Wort- oder sonstige Spiele, die die Fantasie anregen. Die Moderationsseite der Lehrenden kommt bei dieser Methode gut zum Ausdruck. 6.2 Methodenvielfalt Die Methode Zukunftswerkstatt ist besonders gut einsetzbar bei abgeschlossenen Themenbe-reichen. Sie ist eine eigenstndige Methode, die andere Methoden um eine besondere Facette ergnzt. Besonders gut ergnzt sie Methoden des Projektmanagements, wie z. B. ZOPP (ziel-orientierte Projektplanung; vgl. url: http://web.mit.edu/urbanupgrading/upgrading/issues-tools/tools/ZOPP.html ) und klassische Planungsmethoden (ber Zieldefinition, Meilenstein-bestimmung, Projektstruktur- und Ablaufplan und Zeitleiste).

    http://web.mit.edu/urbanupgrading/upgrading/issues-tools/tools/ZOPP.htmlhttp://web.mit.edu/urbanupgrading/upgrading/issues-tools/tools/ZOPP.html

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    6.3 Methodeninterdependenz Innerhalb einer Zukunftswerkstatt kann man einige andere Methoden und Techniken gut ein-setzen.

    Brainstorming hilft sowohl in der Kritik- als auch in der Fantasie- und der Verwirkli-chungsphase.

    Moderations- und Feedbacktechniken knnen sowohl vom Moderator/der Moderatorin als auch von den TN untereinander in allen Phasen untersttzend angewandt werden.

    Metaplanmethode und Mindmapping knnen den kreativen Prozessen und dem visuel-len Veranschaulichen dienen.

    Prsentationstechniken und -formen wie simulierte Pressekonferenzen, Pantomime oder Theaterspiel machen Erdachtes anschaulich und sind dem kreativen und gemein-schaftlichen Prozess frderlich.

    Zu Beginn einer Zukunftswerkstatt knnen Entspannungstechniken und Fantasiereisen und auch Spiele zum Auflockern und Kennenlernen zum Freisetzen kreativer Energien beitragen.

    Zukunftswerksttten sind offen fr Bereicherungen durch andere Methoden und Techniken. Das Prinzip der Partizipation und des offenen Ausgangs impliziert, dass es nicht nur einen formalen Ablauf von Zukunftswerksttten geben kann, sondern dass auf vielfltige Art Er-gnzungen und Variationen vorgenommen werden knnen. 7 Praxiserfahrungen Die hier beschriebene Zukunftswerkstatt hat als Kompaktseminar ber anderthalb Tage an der Uni Kln stattgefunden und hatte das Thema Aufbruch in die Zukunft. Es sollten Alternati-ven fr die eigene, persnliche Zukunft entwickelt werden. Der Workshop begann mit dem gemeinsamen Verndern der Sitzordnung zur Kommunikation frdernden Kreisform und der Erstellung von Namensschildern. Die Kursleiterin stellte in Kurzform Ziel und Methodik der Zukunftswerkstatt vor. Zur vorbereitenden Phase gehrte auch der Einstieg ins Thema: Die TN wurden aufgefordert, auf einen Zettel zu schreiben, was ihnen besonders Positives ein-fllt, wenn sie an frhere eigene Aufbruchsituationen denken. Hier wurde z. B. von einer TN ein Auslandsjahr genannt als Aufbruch in ein neues Leben durch Umzug in eine andere Stadt und ein anderes Land. Die TN fanden, dass diese Einstimmung gute Laune gemacht hat, weil jeder was Positives gesagt hat. Die Kritikphase wurde durch Kleingruppenbildung per Auszhlen eingelutet. Innerhalb der Kleingruppe schrieb jede/r fr sich die Kritikpunkte jeweils einzeln auf ein Blatt Papier, die er oder sie in ihrem jetzigen Leben als verbesserungswrdig ansah. Jede Gruppe whlte fnf Punkte aus, die weiter bearbeitet werden sollten, und zwar mithilfe eines Dominospiels, in dem alle Themen, die zusammengehrten, aneinander gelegt wurden. Die lngsten Domino-ketten stellten die Themenbereiche dar, die am hufigsten genannt wurden. Zu diesen wurde je eine neu zusammengestellte Arbeitsgruppe gebildet. Die Arbeitsgruppen formulierten zu ihrem Themenbereich nun einen Hauptkritiksatz, der die Sache auf den Punkt bringen soll-te. Solche Stze waren beispielsweise Der Unialltag ist zu stressig und Im Alltag erlebe ich zu viel Egoismus.

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    Zu Beginn der Fantasiephase sollte der Hauptkritiksatz positiv umformuliert werden. Hier gab es einige Unsicherheiten darber, ab wann ein Satz wirklich positiv ist: Ist Der Unialltag ist nicht stressig positiv, oder erst Der Unialltag ist genial? Hier bedurfte es der Hilfe der Se-minarleiterin, die erklrte, dass es hier keine genaue Definition gibt, sondern es darum geht, einfach schon mal ein Gegenbild zu entwerfen, um berhaupt den ersten Schritt aus dem ne-gativen Denken herauszugehen. Jede Gruppe bildete anschlieend zu ihrem Positivsatz ein Motto. Die Gruppe mit dem Hauptkritiksatz Im Alltag erlebe ich zu viel Egoismus benannte nach einigen Umwegen das Motto Dont worry, be happy (miteinander) als passendes Ge-genbild zu dem von ihnen empfundenen Egoismus. Die Suche nach einem Motto wurde teil-weise als einengend empfunden, da vielen TN zuerst abgedroschene Phrasen und feststehen-de Begriffe in den Kopf kamen, in deren Raster der jeweilige Positivsatz nicht passen wollte. Das Weiterdenken des Begriffs Motto in selbst gewhlte, neu erfundene Leitsprche hat bei einigen Gruppen dann aber die Fantasie entfacht. In einem nchsten Schritt wurden die Grup-pen neu zusammengestellt. Die neuen Gruppen sollten verrckte Wortzusammensetzungen bilden, die ihnen gefielen, z. B. Grastnzer, Wolkenliebe, Liebessnger. Ein gemeinsames Bild zu diesen Begriffen, mit den Begriffen als Bildunterschrift, wurde gemalt, auf einer klei-nen Vernissage mit Rede den anderen Gruppen vorgestellt und von ihnen mit Applaus gewr-digt. Die TN gingen nun in ihre alten Gruppen zurck und studierten zu den Begriffen eine Theaterauffhrung ein. Hierzu standen Verkleidungs- und andere Requisiten zur Verfgung. Das Theaterstck wurde den anderen Gruppen vorgefhrt und wieder mit viel Applaus be-dacht. Wichtig war hierbei, wie auch schon bei der Vorstellung der Bilder, das Gefhl, mit seiner fantasievollen Darbietung etwas besonders Gutes und Lobenswertes geleistet zu haben. Was die TN an den Auffhrungen am faszinierendsten fanden, wurde wieder auf einzelne Zettel geschrieben, wie z. B. Tolle Verkleidung, Viel Harmonie in der Gruppe bei der Dar-stellung, ... . Angeregt von diesen Vorarbeiten konnten nun utopische Entwrfe zu den in der Kritikphase genannten Hauptkritikstzen gebildet werden. In der Verwirklichungsphase sollten aus der Entwrfen konkrete Forderungen entstehen. Die Gruppe mit dem Kritikpunkt Im Alltag erlebe ich zu viel Egoismus entwickelte hier ein Konzept, mit anderen Studierenden einen Verein zu grnden, der Seminare anbietet. Die Or-ganisation wurde Institut fr Spa und Gemeinschaft getauft. Schwerpunkt der Seminare soll-te das Gemeinschaftserleben sein. Beispiele fr Angebote waren Tanzkurse, Psychodrama-wochenenden und gemeinsame Lernworkshops. Alle Gruppen entwickelten einen Projektum-riss, der folgende Fragen behandelte:

    Was? Projekttitel Wie? konkrete Arbeitsschritte Wann? Projektbeginn und Zeitpunkt der einzelnen Schritte Wer? Wer bernimmt was und wer hilft ihm/ihr dabei Wo Ort

    Bei diesem Werkstattdurchlauf wurde hufig die Zeitknappheit in den einzelnen Arbeits-schritten als negativ empfunden. Ein zu enges zeitliches Raster erzeugt Druck und Stress und steht der Fantasie und dem Spa entgegen, so eine TN dieser Zukunftswerkstatt. Druck er-zeugte teilweise auch, dass in vielen Teilschritten ein konkretes Ergebnis rauskommen sollte, was z. T. als einengend empfunden wurde: die Mottobildung, das Theaterstck, etc. Dennoch hat die Zukunftswerkstatt als Projektplanungsmethode den TN sehr viel Spa ge-macht, vor allem durch den groen Raum, der fr den Einsatz von Fantasie vorhanden war. Dies ist nach Meinung einiger TN ein starker Zugewinn gegenber anderen Methoden der Projektplanung, die sie bisher kennen gelernt haben.

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    Eine nachbereitende Phase oder permanente Werkstatt fehlte leider bei dieser Zukunftswerk-statt. Sie ist aber unbedingt zu empfehlen, will man die Methode nicht nur als bung oder in der Theorie einsetzen, sondern ihre Mglichkeiten sinnvoll und fruchtbar nutzen.

    Zukunftswerkstatt1 Kurze Beschreibung der Methode2 Primre und sekundre Quellen3 Theoretische und praktische Begrndung4 Darstellung der Methode5 Beispiele