Methode zur Bestimmung des Chinins im Chinintannat

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Methode zur Bestimmung des Chinins im Chinintannat. Von Dr. Sigmund Neumann. (Vorgelegt der k~in. ung. Akademie der Wissenschaf~en in Budapest~ am 18. ~f~rz 1889.) Bei der letzten Apotheken-Revision in Budapest war es auffallend, dass yon den untersuchten Chinintannaten kein einziges den Anforde- rungen der PharmakopSe entsprach, ja sie sehienen so werthlos zu sein, dass ieh auf Aufforderung des Herrn Professor Ball5 die Frage zum Gegenstand eines Studiums machte. Die ungarische PharmakopSe ver- langt im Chininum tannieum einen Chiningehalt yon 30--32 ~ und sehreibt zur Bestimmung desselben aueh hier jene Methode vor, welche Orrillard*)zur Untersuchung tier Chinarinden empfohlen hat. Diese ~[ethode ist kurz die folgende: Das abgewogene Chininum tannieum wird mit frisch gelSsehtem Kalk bei gelinder W~trme zur Trockne eingedampft und mit heissem Alkohol ausgezogen. Die alkoholisehe L(isung wird mit Sehwefels~ture anges~uert, auf ein kleines Volum eingedampft und nach 6 Stunden filtrirt. Im Filtrate wird das Chinin mit Kali gefiillt, auf ein gewogenes Filter gebracht~ gelinde gewaschen~ bei 90 0 getrocknet und nach dem Erkalten gewogen. J. Job st**) hat im Jahre 1878 verschiedene Chinintannate unter- sucht, indem er dieselben mit gelSschtem Kalk eindampfte und mit Chloroform auszog. Er land, dass die verschiedenen Chinintannate 7,2--11~4 off Wasser und 7~4--31,37 ~ Chinin enthalten. Um mein Ziel zu erreichen, babe ieh, die Vorschriften der Phar- makopSe genau einhaltend~ direct zu meinen Zweeken Chinintannat be- reitet. Aus den Mengen der angewandten Substanzen und des erhaltenen *) H a g e r , Commentar 1883, ]~d. I, S. 592. **) Jahresbericht 1878, p. 876. Arch. Pharm. [2] 12, 331. F r e s e n i u s , Zeitschrift f. analyt. Chemie. XXVIII.Jahrgang. 43

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Methode zur Bestimmung des Chinins im Chinintannat.

Von

Dr. Sigmund Neumann.

(Vorgelegt der k~in. ung. Akademie der Wissenschaf~en in Budapest~ am 18. ~f~rz 1889.)

Bei der letzten Apotheken-Revision in Budapest war es auffallend, dass yon den untersuchten Chinintannaten kein einziges den Anforde- rungen der PharmakopSe entsprach, ja sie sehienen so werthlos zu sein, dass ieh auf Aufforderung des Herrn Professor B a l l 5 die Frage zum Gegenstand eines Studiums machte. Die ungarische PharmakopSe ver- langt im Chininum tannieum einen Chiningehalt yon 30--32 ~ und sehreibt zur Bestimmung desselben aueh hier jene Methode vor, welche O r r i l l a r d * ) z u r Untersuchung tier Chinarinden empfohlen hat. Diese ~[ethode ist kurz die folgende: Das abgewogene Chininum tannieum wird mit frisch gelSsehtem Kalk bei gelinder W~trme zur Trockne eingedampft und mit heissem Alkohol ausgezogen. Die alkoholisehe L(isung wird mit Sehwefels~ture anges~uert, auf ein kleines Volum eingedampft und nach 6 Stunden filtrirt. Im Filtrate wird das Chinin mit Kali gefiillt, auf ein gewogenes Filter gebracht~ gelinde gewaschen~ bei 90 0 getrocknet und nach dem Erkalten gewogen.

J. J ob st**) hat im Jahre 1878 verschiedene Chinintannate unter- sucht, indem er dieselben mit gelSschtem Kalk eindampfte und mit Chloroform auszog. Er land, dass die verschiedenen Chinintannate 7,2--11~4 off Wasser und 7~4--31,37 ~ Chinin enthalten.

Um mein Ziel zu erreichen, babe ieh, die Vorschriften der Phar- makopSe genau einhaltend~ direct zu meinen Zweeken Chinintannat be- reitet. Aus den Mengen der angewandten Substanzen und des erhaltenen

*) Hager , Commentar 1883, ]~d. I, S. 592. **) Jahresbericht 1878, p. 876. Arch. Pharm. [2] 12, 331.

Fresen ius , Zeitschrift f. analyt. Chemie. XXVIII. Jahrgang. 43

664 Neumann: Methode zur Bestimmung des Chinins im ChinintannaL

Productes berechnet, muss das letztere mindestens 25--30 o,6 Chinin ent- halten. Doeh als ieh das so erzeugte Chinintannat nach der Pharma- kopOe untersuchte, land ieh darin bloss 7--13 y5 Chinin, wie dies die folgende Tabelle zeigt:

I. B e s t i m m u n g des C h i n i n s n a e h O r r i l l a r d ' s M e t h o d e .

Abgewogenes Gewicht des Chinin- V e r s u c h Chinintannat Chinins Gehalt

g g °/o

1,000 0,999 1,007 1,000 1,000

0,102 0,117 0,131 0,071 0,102

10,9 11,7 13,1 7,1

10,9

Mein Pri~parat enthielt zwar 10,0,0/0 Wasser, doeh habe ich obige Zahlen tier Einfachheit wegen auf feuchte Substanz bezogen. Die Ver- suche habe ich unter m6glichst gleichen Umstanden und mit ziemlich gleichen Mengen ausgeftihrt und trotzdem erhielt ich variable Resultate, was daher rtihren kann, dass entweder das Chinintannat yore Kalk nicht vollst~ndig zersetzt wird, oder dass der Alkohol das Chinin nicht ganz auszieht; ja sogar das ist mSglich~ dass die Mutterlauge (die Ltisung yon Kali und Kaliumsulfat) und das Waschwasser den auf dem Filter gesammelten Chininniederschlag in nicht geringem Maasse 15sen.

Ich versuchte daher das Chininum tannicum statt mit Kalk mit Kali zu zersetzen und, da letzteres in Alkohol 15slich ist, das Chinin mit Chloroform auszuziehen~ ~hnlich wie R a b o u r d i n * ) bei tier Ana- lyse der Chinarinden es machte. Zu diesem Zweeke babe ich 1,000 g Chinintannat mit 10--15cc Kalilauge vola speeifisehen Gewicht 1,24 zusammen geschfittelt. Die Gerbs~ture wurde hierbei vom Kali gebr/iunt und das Chinin itockig ausgeschieden. Jetzt fiigte ich genau abgemessene 100 c c Chloroform zu und schiittelte abermals tiichtig auf. Iqach einer halbert Stunde, als sich das Chloroform unten angesammelt hatte, wur- den yore letzteren 50 cc abgemessen und in einem abgewogenen Beeher- glase verdunsten lassen. Das zurtickgebliebene Chinin babe ich bei 100 ° getrocknet und erhielt beim Abwiigen 0,133 .q. Das yon mir be- reitete Pri~parat enthiilt also 26,6 ~ Chinin; als Zeichen~ dass beim

*) h I u s p r a t t - S t o h m a n n , Chemie 1865, I, Seite 1329.

Neamann: •ethode zur Bestimmung des Chinins im Chinintannat.. 665 ~

Bereiten desselben kein Fehler gemacht wurde. Das so erhaltene Resnl- tat eiferte mieh an, meine Untersuchungen mit Chloroform fortzusetzen,

doch ersehwerte die betiiubende Wirkung desselben seine Anwendung derart~ dass ich yon derselben absehen musste. Ieh bemtihte reich nun, das Chloroform durch ein anderes L6sungsmittel zu ersetzen und land, dass sich der Aether ffir den betreffenden Zweck sehr gut eignet. Letz- terer hat noch den ¥ortheil, dass er sich an der Oberfl~che der Fltissig- keit ansammel L yon wo er mit der Pipette leiehter abzunehmen ist. Vom Aether wandte ich auch 100 c c an und pipettirte davon naeh dem Zusammensehtltteln ebenfalls 50 c c ab, welche ieh im abgewogenen Becher- gl~s verdunsten liess. ~[eine Versuehe mit Aether fortsetzend kam ich mit dem yon mir erzeugten Pr~parate zu folgendem Resu l t a t e :

I I . B e s t i m m u n g des C h i n i n s m i t m e i n e r M e t h o d e .

Abgewogenes Gewicht des Chinin- V e r s u c h Chinint~nnut Chinins Gehult

g g °[o

1,214 2,000 2,033 2,000

0,155 0,258 0,259 0,270

25,5 25,8 25,4 27,0

Die erhaltenen Resultate stimmen unter sich ziemlich tiberein and

entsprechen dem bei der Bereitung des Praparates bereehneten und schon erw~ihnten Gehalte yon 2 5 - - 3 0 off Chinin.

Auf Grund des bisher Gesagten kann ich meine Methode als ftir die Praxis anwendbar bezeichnen, for wissenschaftliehe Untersuehungen ist sie aber unbrauchbar, indem das gefundene Chinin immer etwas mehr ist als das Berechnete, wie dieses die nachstehenden und mit bei 100 ° getroeknetem Chininsulfat ausgeftihrten Yersuche beweisen:

I I I . C o n t r o l - V e r s u c h e m i t C h i n i n s u l f a t .

V e r s u c h

• 1

2 3 4

Abgewogenes Chininsulfat

g

1,596 1,019 1,841 2,155

Gewicht des Chinins

g

0,688 0/~41 0,770 0,918

Chinim Gehalt

O[o

86,2 86,5 83,6 85,2

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666 51eumann: Methode zur Bestimmung des Chinins im Chinintannat.

Das troekene ChininsuIfat enthitlt theoretiseh 82,94 % Chinin, with- rend ieh mit meiner ~ethode im l~ittel 85,4 % gefunden habe, was theils daher rtihrt, dass der Aether leicht verdunstet theils aber auch daher, dass er in Wasser 15slich ist. Wenn nur 1- -2 cc Aether ver- dunsten, macht das schon 2 - - 4 % der Menge des abzuwitgenden Chinins aus, welche Quantit~t bei einem gr(isseren Chiningehalt (wie der des Chininsulfats) eher in's Auge f~llt als bei niederem Chiningehalt (z. B. beim Chinintannat), we es bei den anf die urspriingliche Substanz be- zogenen Procenten erst in den Decimalen auffitllt.

Nachdem ieh reich vom praktischen Werthe meiner 5~[ethode tiber- zeugt hatte, nntersuehte ich einige aus verschiedenen Apotheken stam- mende Chinintannate sowohl naeh der 0 r r i 11 a r d'schen als auch nach meiner Methode.

Die erhaltenen Resultate sind die folgenden:

IV. V e r g l e i c h e n d e V e r s u e h e mi t C h i n i n t a n n a t e n des H a n d e l s .

Versuch Bezeichnung

des Pr~l) arates

Wasser- Gehalt

%

Chinin-Gehalt

nach 0 r r i l l a r d

e/o

nach meiner Methode

O/o

A A B B C D D

I

7,4 7,4

12,6

12,8 12,8 15,9 17,9 10,2 6,4 6,4

28,8 27,5 27,1 27,3 27,0 14,2 13,9

Wir sehen also, dass diese Pr~iparate, nach 0 r r i l l a r d ' s h[ethode nntersucht~ zu verwerfen witren, wogegen dieselben nach meiner Methode dem yon der ungarisehen PharmakopSe geforderten Gehalt yon 30 % Chinin so nahe kommen, dass wir sic mit einer einzigen Ausnahme ftir gut erklitren kSnnen. Ich erwithne noch, dass das Chininum tannicum im Durchschnitte 7--13 % Wasser enthitlt, welches ich nicht in Reehnung zog~ und wenn wir auch dieses in Betracht nehmen, so erhalten die untersuchten Pritparate reichlich die gewiinschten 30 ~ Chinin.

Es dr~tngt sich nun die Frage-auf, was die Ursaehe ist, class 0 r r i 11 a r d' s )[ethode zur Untersuehung der Chinintannate Unbrauch- bar erscheint.

Neumann: Methode zur Bestimmung des Chinins im Chinintannat. 667

Um diese aufzufinden, habe ich in einem Fall~ wo ich in meinem Pr@arate naeh 0 r r i 11 a r d ' s Methode 13,1 of Chinin gefunden habe, den mit Alkohol ausgezogenen Kalk in Salzsaure geli)st, mit Kali noch- reals gef~llt and mit Aether ausgeschitttelt; auf diese Weise fand ich im Kalk noch 6,2 of Chinin. ~un habe ich auch die zum Ausfallen benutzte und abfiltrirte Kalilauge and das Waschwasser mit einem ab- ge~nessenen ¥olum Aether ausgesehtittelt und daraus noeh 5,7 ~ Chinin erhalten. In beiden Fallen babe ich reich yon der Identit~t des Chinins mittelst der bekannten Chlorwasser-Ammoniak-Reaction iiberzeugt. Wenn wir die so erhaltenen Zahlen addiren (13,1-4- 6,2 Jr- 5,7 ~ 25,0 off), so erhalten wir eine dem mit meiner Methode gefundenen Werth nahe stehende Zahl, woraus sieh ergibt, dass man das Chinin aus dem Kalk mit Alkohol nicht ausziehen kann, und dass die beim F~llen benutzte Kalilauge and die entstandene LSsung yon Kaliumsulfat das Chinin in geringem Maasse 15sen.

Damit ich aueh einige Handgriffe meiner Methode angeben kann, halte ieh eine etwas ausfahrliehere Beschreibung des Yerfahrens far zweckm~ssig: Wir w~gen am besten genau 2,000g gepulvertes Chinin- tannat ab und bringen dasselbe in einen mit gut eingeriebenem Glas- st6psel versehenen und circa 300 cc fassenden Cylinder, welchen wir vorher mit 20- -25 cc Kalilauge (yore specifisehen Gewieht 1,240) be- sehickten, and sehiitteln das Ganze gut zusammen. Wir miissen hier darauf achten, dass das Chinintannat nieht an der Wandung des Cylin- ders haftet~ denn es wird ,:on dort durch die Kalilauge sehr sehwer weggewasehen. Nun verdannen wir alas Ganze auf circa 60- -80 cc,

geben genau abgemessene 100 cc Aether hinzu: verschliessen rasch den Cylinder und schiitteln gut zusammen. Naeh einigen Minuten scheiden sich zwei Fliissigkeitssehichten, oben sammelt sieh der farblose Aether an and nnten die yon der Gerbs~ure braun gef~rbte Kalilauge. Weder im Aether noeh in der Kalilauge di]rfen feste Theile herumschwimmen, was darauf hindeuten wiirde, dass entweder das Chinintannat unrein war oder aber, dass wir dasselbe mit Kali nieht vollst~ndig zersetzt haben. Ist die Kalilauge so dunkel, dass sie undurchsiehtig ist, so ver- diinnen wir dieselbe, oder wir legen den Glaseylinder horizontal and beobaehten yon unten hinauf sehend, ob in den Fliissigkeiten keine festen Bestandtheile herumschwimmen. Nachdem sich die zwei Flassigkeits- sehiehten vollst~ndig getrennt haben, 6ffnen wir den Cylinder, messen nfit der Pipette rasch 50 cc Aether ab and giessen denselben in das

668 Mann: Ueber schnelle Erkennung und Bestimmung

abgewogene Becherglas. Den Aether lassen wir an einem warmen 0rte (50- -600 C.) langsam verdunsten und troeknen das ira Becherglas zurtiek- gebliebene Chinin(anhydrid) bei 100 °. Nach dem Erkalten w~tgen wit dieses ab, und wenn wir urspMinglieh genau 2 g Substanz angewandt haben, so erhalten wir gleieh die Chininprocente.

Haben wit aber nicht 2 g Chinintannat, sondern eine beliebige Menge desselben genommen, so haben wir das Gewieht des im Becher- glas gewogenen Chinins zu verdoppeln und k0nnen hieraus die 2rocente desselben bereehnen.

Das zurtickgebliebene Chinin kann eventuell auf andere Alkaloide untersucht werdem In jedem Falle muss dasselbe in verdtinnter Salz- oder Schwefets~ure vollst~ndig 1Oslich sein; sollte dies nieht der Fall sein, so war entweder der Aether unrein, oder alas Pr~tparat enthielt ausser Alkaloiden noeh andere in Aether tSstiehe Substanzen (Fetter tIarze etc.).

Ein Vortheil meiner Methode ist ausser ihrer Verliissliehkeit a u c h ihre leichte und rasche Ausftihrung. In anderthalb Stunden kann man den Chiningehalt eines Chinintamlates mit Leichtigkeit bestimmen.

B u d a p e s t, St~dtisehes Laboratorium.

Ueber schnelle Erkennung und Best immung eines Chlorgehaltes in Rhodanalkal ien.

Yon

C. Mann.

Wird ein Rhodanalkalimetall mit einer KupfersulfatlSsung gemischt und Sehwefelwasserstoffgas eingeleitet, so fi~llt anfangs nur weisses Kupfer- rhodantir, und erst durch l~ngere Einwirkung wird dieses in Sehwefel- kupfer umgewandelt. Ist aber mehr KupferlSsung vorhanden als eben zur Bildung des Rhodankupfers hinreicht und unterbricht man in dem Zeitpunkte den Gasstrom, wo die Fltissigkeit b r a u n wird, wo das Rhodan- kupfer ausgefallt ist, das Schwefelkupfer zu entstehen beginnt and noch nicht zusammengeballt erscheint, f ti g t s o d a n n e i n e e n t s p r e c h e n d e :Menge n e u e r K u p f e r l 0 s u n g h i n z u , um den freien Schwefelwasser-