Michael Spenglervintage-racing-cars.com/PDF/Unterwegs_mit.pdf · kleiner Hinweis zu entdecken: ein...

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UNTERWEGS MIT TEXT MllliMI BRA UTI GAM Michael Spengler Ein Schatzsucher ist er. Und das weltweit. Australien, Belgien, China, Dänemark, England, Frankreich, Italien, Japan, Niederlande, Schweden oder USA - er ist ein Jäger und Sa ,mmler, der viel rumkommt ... I m World Wide Web entdeckt er immer wieder neue Schätzchen: Rennwagenmodelle als Druckguss im Maßstab etwa 1: 40. Ein erfolgreicher Webdesigner wie er weiß das Internet eben optimal zu nutzen. Als Freiberufler ist er unabhängig von starren Arbeitszeiten und kann zwischen seinen Jobs - oder auch während- dessen - mal eben im in- und Aus l and schauen, was es da so gibt. Suchen, finden, kaufen , tauschen . Und in ein - sc hl äg igen Foren mit Gleichgesinnten auf Eng lisch , Französisch, It alienisch fachsimpe ln. Manchmal wird Michael Spengler zum Detektiv. » Wenn mich etwas wirklich neugierig macht , setze ich all e Hebel in Bewegung, um mehr über ein Modell oder ein e Firma zu erfahren. Wie zum Beispiel über KBK« »Ich finde, mit meiner Sammelei ist es gar nicht so schlimm. Meine Frau sieht das jedoch naturgemäß anders« (siehe OCTANE Ausgabe 11). Eine spannende Geschichte, auch nachzulesen in seinem Bl og Vintage Racing Cars: Hi er stellt er immer wieder neue Themen rund um seine Sammelleidenschaft vor. Sehenswert auch Spenglers automobile Webseite , natürlich selbst gestaltet. Dort beweist er eindrücklich, da ss er auch das Fotografieren professionell beherrscht. Seine Rennwagenmodelle setzt er gekonnt ins rechte Licht. » Ich finde, di ese alten gebrauchten Miniaturen 170 JA NUA R 2015 OCTANE haben ihre ganz eigene spezielle Schönheit. Und genau die möchte ich zeigen.« Das gelingt ihm ganz wunderbar. Vielleicht , weil ihn gerade nicht das makellose , glatte, perfekte Äußere interessiert. Sein e Sleeping beaulies sind nicht gelackt und nicht perfekt, sondern besonders und einz igartig gerade wegen ihrer >>Macken«, der Ab- nutzung, den Spuren des Alters. Man kann erkennen, dass sie benutzt und geliebt wurden , dass sie auch in Rennen eingesetzt wurden, Siege errungen haben, Niederlagen erlebt. Natürlich findet man auch über diese >> Bordsteinrenner« einen Artikel in seinem Blog. Zu jedem Modell seiner Sammlung kann Spengler eine kleine Geschichte erzä hlen , mal verblüffend, mal traurig , aber immer informativ. Wie so jemand wohnt , der sich der Sammeileiden- schaft verschrieben hat , kann man sich vorstellen, oder? Denkste. Beim Betreten der Wohnung fällt zuerst auf, dass sie groß ist. Ziemlich groß. Kein Wunder, denn er und sein e Frau arbeiten beid e fr eiberuflich von zu Hause aus. Das braucht Pl atz, zum Arbeiten und zum Leben. Die ganze Wohnung ist luftig, hell und auf den ersten Blick deutet nichts darauf hin , dass hier ein leidenschaft- licher Samml er wohnt. Nur im Wohnzimmer ist ein erster kleiner Hinweis zu entdecken: ein alter Ferrari 156 aus den 1960ern, als Tretauto dekorativ in einer Ecke ge- parkt. Drei, vier kleine Modelle stehen im Büro se i ner Frau, einige Formel-l -B il dbände in der Bibliothek. An- sonsten nichts, nada , niente. Das ändert sich jedoch schlagartig, betritt man sein Büro: Auf dem großen Schreibtisch mit zwei Monitoren , diversen Laufwerken und Unterlagen tumme ln sich in jeder freien Ecke Mode ll autos in unterschiedlichsten Größen. An der Wand gegenüber ein handsigniertes großes Schwarz- Weiß-Foto des Forme l-l-Fotografen Rainer Schlegelmi lch, einem Freund Spenglers. Das Motiv: IN DER MENGE KANN MAN SCHON MAL UNTERGEHEN Wer ein geschultes Auge für Automodelle besitzt, erkennt schnell: Es sind nicht nur sehr viele aus aller Herren Länder, es sind auch teilweise sehr seltene, wirklich alte Modellautos, die Michael Spengler auf Trab halten Monaco 1963, Weltmeister Graham Hili slidet in seinem BRM durch di e Sainte Devote. Hinter Schranktüren verbergen sich dann di e eigent- lichen Schätze: Hunderte Miniaturen in allen Graden der Abnutzung. Vieles davon ist eher Spielzeug als Modell , Originalität ist Spengler wichtiger als der Zustand. Schwerpunkt seiner Sammlung sind Druckgussmod ell e zeitgenössischer Rennwagen von 1920 bis 1970, aus Zink, Blei , Magnesium. Den Grundstein dafür hat der in Willenberg Geborene schon im Jahr 1970 ge legt. Für ein Kind in der DDR waren Modellautos westlicher Marken wie Matchbox oder Siku fast unerreichbar. Doch im Sommerurlaub in Budapest kauft sein Vater ihm sein erstes Spielzeugauto West: einen blauen Fiat 500 L von Mercury. Michael will genau diesen . Und hat ihn bis heut e. Dreißi g Jahre später ersteigert er im Internet einen kleinen Lancia D SO von Mercury - und will mehr über diese Firma wissen . Mittlerweile umfasst seine Sammlung bekannte Marken wie Dinky Toys, Corgi Toys , Märklin , Mercury und Solido. Aber auch unbekanntere: diverse Modelle des englischen Herstellers Scamold, Crescent Toys , Charbens, italienische NIGAM, Ra-Ro, ZAX, australische Micro Models , Hardray, WINNA, französische Quiralu, CI), AR, schwedische BAPRO, dänische Lion Toys und Tekno, deutsche KBK, Möbius, Kar! Bub und amerika- nische Tootsietoys , Hubley und RenwaL Dazu Spiele, Dekorati on, Fachliteratur, ein kleines Ersatzteillager für anfallende Reparaturen. Und auf dem Dachbod en ist auch noch einiges geparkt... Er selbst sagt lächelnd: >>Ich finde, mit meiner Sam- melei ist es gar nicht so schlimm. Meine Frau sieht da s jedoch naturgemäß anders.« Sie behauptet, ohne ein gelegentliches Machtwort ihrerseits hätte er mit seinen Modellen längst die ganze Wohnung okkupiert. Aktuell ist er auf der Suche nach einem Verlag, der se ine Sammlung als Buch ve röffentlicht. Layo ut und Fotos sind fertig gesta l tet und bereit zur Umsetzung. Beispielseiten zeigt er auf seiner Website. Die Int ernet- gemeinde hat schon großes Interesse bekundet und fragt immer wieder, ob und wo sein Buch zu kaufen sei. Außerdem sc hreibt Michael Spengler Artikel üb er Themen , die ihm am Herzen liegen, zum Beispiel für OCTANE in der Rubrik Kleinwagen. Und arbeitet we i ter an der Komp lettierung seiner Sammlung. Sein Traum: eine Einze lausstellung seiner Sammlung und seiner Fotos ...

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UNTERWEGS MIT TEXT MllliMI BRA UTI GAM

Michael Spengler Ein Schatzsucher ist er. Und das weltweit. Australien, Belgien, China, Dänemark, England, Frankreich, Italien, Japan, Niederlande, Schweden oder USA - er ist ein Jäger und Sa,mmler, der viel rumkommt ...

Im World Wide Web entdeckt er immer wieder neue Schätzchen: Rennwagenmodelle als Druckguss im Maßstab etwa 1:40. Ein erfolgreicher Webdesigner

wie er weiß das Internet eben optimal zu nutzen. Als Freiberufler ist er unabhängig von starren Arbeitszeiten und kann zwischen seinen Jobs - oder auch während­dessen - mal eben im in- und Ausland schauen, was es da so gibt. Suchen, finden, kaufen, tauschen. Und in ein­schlägigen Foren mit Gleichgesinnten auf Englisch, Französisch, Italienisch fachsimpeln.

Manchmal wird Michael Spengler zum Detektiv. »Wenn mich etwas wirklich neugierig macht, setze ich alle Hebel in Bewegung, um mehr über ein Modell oder eine Firma zu erfahren. Wie zum Beispiel über KBK«

»Ich finde, mit meiner Sammelei ist es

gar nicht so schlimm. Meine Frau

sieht das jedoch naturgemäß anders«

(siehe OCTANE Ausgabe 11). Eine spannende Geschichte, auch nachzulesen in seinem Blog Vintage Racing Cars: Hier stellt er immer wieder neue Themen rund um seine Sammelleidenschaft vor.

Sehenswert auch Spenglers automobile Webseite, natürlich selbst gestaltet. Dort beweist er eindrücklich, dass er auch das Fotografieren professionell beherrscht. Seine Rennwagenmodelle setzt er gekonnt ins rechte Licht. »Ich finde, diese alten gebrauchten Miniaturen

170 JA NUA R 2015 OCTANE

haben ihre ganz eigene spezielle Schönheit. Und genau die möchte ich zeigen.« Das gelingt ihm ganz wunderbar. Vielleicht, weil ihn gerade nicht das makellose, glatte, perfekte Äußere interessiert. Seine Sleeping beaulies sind nicht gelackt und nicht perfekt, sondern besonders und einzigartig gerade wegen ihrer >>Macken«, der Ab­nutzung, den Spuren des Alters. Man kann erkennen, dass sie benutzt und geliebt wurden, dass sie auch in Rennen eingesetzt wurden, Siege errungen haben , Niederlagen erlebt. Natürlich findet man auch über diese >>Bordsteinrenner« einen Artikel in seinem Blog. Zu jedem Modell seiner Sammlung kann Spengler eine kleine Geschichte erzählen, mal verblüffend, mal traurig, aber immer informativ.

Wie so jemand wohnt, der sich der Sammeileiden­schaft verschrieben hat, kann man sich vorstellen, oder? Denkste. Beim Betreten der Wohnung fällt zuerst auf, dass sie groß ist. Ziemlich groß. Kein Wunder, denn er und seine Frau arbeiten beide freiberuflich von zu Hause aus. Das braucht Platz, zum Arbeiten und zum Leben. Die ganze Wohnung ist luftig, hell und auf den ersten Blick deutet nichts darauf hin, dass hier ein leidenschaft­licher Sammler wohnt. Nur im Wohnzimmer ist ein erster kleiner Hinweis zu entdecken: ein alter Ferrari 156 aus den 1960ern, als Tretauto dekorativ in einer Ecke ge­parkt. Drei, vier kleine Modelle stehen im Büro seiner Frau, einige Formel-l-Bildbände in der Bibliothek. An­sonsten nichts, nada, niente.

Das ändert sich jedoch schlagartig, betritt man sein Büro: Auf dem großen Schreibtisch mit zwei Monitoren, diversen Laufwerken und Unterlagen tummeln sich in jeder freien Ecke Modellautos in unterschiedlichsten Größen. An der Wand gegenüber ein handsigniertes großes Schwarz-Weiß-Foto des Formel-l-Fotografen Rainer Schlegelmilch, einem Freund Spenglers. Das Motiv:

IN DER MENGE KANN MAN SCHON MAL UNTERGEHEN Wer ein geschultes Auge für Automodelle besitzt, erkennt schnell: Es sind nicht nur sehr viele aus aller Herren Länder, es sind auch teilweise sehr seltene, wirklich alte Modellautos, die Michael Spengler auf Trab halten

Monaco 1963, Weltmeister Graham Hili slidet in seinem BRM durch die Sainte Devote.

Hinter Schranktüren verbergen sich dann die eigent­lichen Schätze: Hunderte Miniaturen in allen Graden der Abnutzung. Vieles davon ist eher Spielzeug als Modell , Originalität ist Spengler wichtiger als der Zustand. Schwerpunkt seiner Sammlung sind Druckgussmodelle zeitgenössischer Rennwagen von 1920 bis 1970, aus Zink, Blei, Magnesium.

Den Grundstein dafür hat der in Willenberg Geborene schon im Jahr 1970 gelegt. Für ein Kind in der DDR waren Modellautos westlicher Marken wie Matchbox oder Siku fast unerreichbar. Doch im Sommerurlaub in Budapest kauft sein Vater ihm sein erstes Spielzeugauto West: einen blauen Fiat 500 L von Mercury. Michael will genau diesen. Und hat ihn bis heute. Dreißig Jahre später ersteigert er im Internet einen kleinen Lancia DSO von Mercury - und will mehr über diese Firma wissen.

Mittlerweile umfasst seine Sammlung bekannte Marken wie Dinky Toys, Corgi Toys, Märklin, Mercury und Solido. Aber auch unbekanntere: diverse Modelle des englischen Herstellers Scamold, Crescent Toys, Charbens, italienische NIGAM, Ra-Ro, ZAX, australische Micro Models, Hardray, WINNA, französische Quiralu, CI), AR, schwedische BAPRO, dänische Lion Toys und Tekno, deutsche KBK, Möbius, Kar! Bub und amerika­nische Tootsietoys, Hubley und RenwaL Dazu Spiele, Dekoration, Fachliteratur, ein kleines Ersatzteillager für anfallende Reparaturen. Und auf dem Dachboden ist auch noch einiges geparkt...

Er selbst sagt lächelnd: >>Ich finde, mit meiner Sam­melei ist es gar nicht so schlimm. Meine Frau sieht das jedoch naturgemäß anders.« Sie behauptet, ohne ein gelegentliches Machtwort ihrerseits hätte er mit seinen Modellen längst die ganze Wohnung okkupiert.

Aktuell ist er auf der Suche nach einem Verlag, der seine Sammlung als Buch veröffentlicht. Layout und Fotos sind fertig gestaltet und bereit zur Umsetzung. Beispielseiten zeigt er auf seiner Website. Die Internet­gemeinde hat schon großes Interesse bekundet und fragt immer wieder, ob und wo sein Buch zu kaufen sei.

Außerdem schreibt Michael Spengler Artikel über Themen, die ihm am Herzen liegen, zum Beispiel für OCTANE in der Rubrik Kleinwagen. Und arbeitet weiter an der Komplettierung seiner Sammlung. Sein Traum: eine Einzelausstellung seiner Sammlung und seiner Fotos ...