MIET MARKT...2017/07/11  · Picasa Das Bälliz 33 heute: Anna Zwahlen, die Frau...

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Gedränge auf den Spitzenplätzen Auf den Podestplätzen habe «ein richtiges Gedränge» ge- herrscht, schreibt die Berntor- schule in ihrer Medienmittei- lung. Kathrin Wüthrich, Herbli- gen, schloss mit dem Spitzen- resultat von 6,0 ab, dicht gefolgt von zwei weiteren ausgezeich- neten Absolventen mit den No- ten 5,8 und 5,7. Der Gesamt- schnitt der beiden Klassen Abend- und Samstaghandels- schule beträgt 5,3. Rektor Tho- mas Ittig freute sich mit diesen beiden Klassen: «Seien Sie ver- sichert, mit diesem Handels- diplom steigt Ihr Wert in der Arbeitswelt», lobte er die Anwe- senden an der Diplomfeier. Mit ihrem Einsatz hätten sie bewie- sen, dass sie bereit seien, sich der heutigen Forderung nach Weiterbildung zu stellen. egs Rangliste, Diplomandinnen und Diplo- manden – Abend- und Samstaghandels- schule: 1. Rang Kathrin Wüthrich, Herbli- gen, 6,0; 2. Rang Benjamin Fankhauser, Münsingen 5,8; 3. Rang Martina Wahli, Oey 5,7. Florian Bürki, Thun; Sarah Imboden, Uttigen; Petra Itten, Thun; Wendy Kober, Oberhofen; Stefan Kull, Wichtrach; Thea Lengacher, Gwatt; Nadja Marmet, Adelbo- den; Michaela Mürner, Heimberg; Stefan Pichler, Uetendorf; Cornelia Spichiger, Zäzi- wil; Ruth Schneiter, Amsoldingen; Sarah Schopfer, Schönried; Silas Thaler, Heim- berg; Ramona Zurbrügg, Frutigen; Michael Zürcher, Thun. THUN Nach einem Jahr be- rufsbegleitender Handels- schule durften an der Bern- torschule Thun 18 Frauen und Männer das Handelsdiplom entgegennehmen. Die Sommerakademie Thun lädt ein Dienstag, 11. Juli 2017, 19.30 Uhr Stadtkirche Thun Basler Madrigalisten Komm zur Quelle Eines der bedeutendsten Vokal- ensembles singt Lieder von Schweizer Komponisten aus dem frühen 20. Jahrhundert. CHF 30.– an der Abendkasse Freitag, 14. Juli 2017, 19.30 Uhr Stadtkirche Joseph Haydn Schöpfungsmesse Motette: O coelitum beati amores Schlusskonzert der Sommerakademie unter der Leitung der Absolventen des Dirigierkurses. Daniela Eaton, Sopran Barbara Erni, Alt Eelke van Koot, Tenor Tiago Mota, Bass Chor der Sommerakademie Ensemble Musica Viva Schweiz Eintritt frei – Kollekte Wohnung zu vermieten Gartenweg 13, in Adelboden Tel. 076 521 90 28 Ferienwohnungen/-häuser MIET MARKT ANZEIGE Frau Mouillé irritiert den Bundesrat Am 2. April 1864 schrieb Divi- sionsarzt Oscar Engelhard sei- nem Vorgesetzten, dem Kom- mandanten der Zentralschule in Thun Louis Denzler (1806–1880), einen besorgten Brief. Direkt neben dem eidgenössischen Kriegskommissariat befinde sich das Bad Immer, welches kürzlich durch Madame Mouillé gekauft worden sei. Sie habe dort mit Au- torisation des Gemeinderates von Thun ein förmliches Bordell eingerichtet, das gut rentieren solle. Dass die Behörden ein sol- ches Etablissement direkt neben einem eidgenössischen Verwal- tungsgebäude tolerierten, sei eine «wahre Verachtung des eidg. Militärs von Seiten der Gemein- debehörden von Thun.» Kein «Anlass zu argen Vermuthungen» Denzler wandte sich an den Bun- desrat mit der Bitte, das Lokal schliessen zu lassen. Der EMD - Vorsteher Constant Fornerod (1819–1899) schrieb deshalb an den Regierungsrat des Kantons Bern, welcher wiederum den Re- gierungsstatthalter von Thun um genaue Informationen bat. Der Statthalter forderte daraufhin den Landjägerfeldweibel Christen auf, der Sache nachzugehen und zu untersuchen, ob dort wirklich ein Bordell be- trieben werde. Dessen Be- richt war klar: Auf der Vorderseite (Bälliz) befin- de sich die Gaststube, da- rüber Wohnungen mit gut beleumdeten Mietern. Für die Bedienung der Gäste in den Badekam- mern des Bades (aaresei- tig) stünden vier bis fünf weibliche Personen zur Verfügung. Ob diese mehr böten als Speisen und Getränke und unterhalt- same Gespräche, könne man natürlich nicht fest- stellen. Wer aber nur in der Gastwirtschaft ein Glas Wein trinken wolle und sonst nichts verlange, werde nicht belästigt. Christen bestritt aus- drücklich, dass «je weib- liche Gestalten zur Schau aufgestellt [gewesen], welche in sittlicher Be- ziehung Anlass zu argen Vermu- thungen geboten hätten.» Und, fügte er an, wer Dirnen wolle, fin- de sie auch sonst überall. Gemeinderat habe kein Bordell bewilligt Der Gemeinderat nahm dem Statthalter gegenüber ebenfalls zu den Klagen des Militärs Stel- lung. Er verwahrte sich dagegen, ein Bordell bewilligt zu haben, da für Wirtschaftspatente ja der Kanton zuständig sei. Zudem sei- en ihm bisher keine Klagen zu Ohren gekommen, weshalb er al- le «ungebührlichen Ausfälle» in den fraglichen Briefen zurück- weise. Der Regierungsrat schrieb schliesslich an den Bundesrat, es lägen keine Gründe vor, die eine Schliessung rechtfertigen würden. Schliessung und Gefängnis- strafe für Mouillé Leider lässt sich heute nicht mehr feststellen, ob Rosa Mouillé das Bad tatsächlich so gesetzes- treu führte, wie die Berichte von Polizei und Gemeinderat dies suggerierten. Ganz daneben scheinen die Offiziere jedoch nicht gelegen zu haben: Als es nämlich ein paar Jahre später da- rum ging, das bisherige Kommis- sariatsgebäude als Primarschule umzunutzen, war der Gemeinde- rat plötzlich dafür, das «mit ge- werbsmässiger Unzucht verbun- dene Etablissement der Witwe Mouillé im Bälliz» zu beseitigen, wie es im Protokoll der Sitzung vom 4. April 1868 heisst. Er be- schloss, «es sei die Polizei-Com- mission eingeladen gegen Frau Mouillé gestützt auf § 168 des Strafgesetzbuches wegen ge- werbsmässiger Unzucht deren Bestrafung zu verlangen.» Das geschah denn auch: Rosa Mouillé wurde von der Polizei- kammer wegen «Vorschubleis- tung zu Unsittlichkeiten» zu einer kurzen Gefängnisstrafe und zur Schliessung des Lokals auf 1. April 1869 verurteilt. Bevölkerung wollte das Bad behalten Interessant ist, dass die Bevölke- rung einen Weiterbetrieb befür- wortete; da kamen sich offenbar Bedürfnis und Moral in die Que- re. Weshalb aber hatte der Ge- meinderat jahrelang gewartet, bis er der Moral zum Durchbruch verhalf ? Sieht man von persönli- chen Motiven ab, welche wir den Gemeinderäten nicht unterstel- len wollen, so bietet ein Blick ins Einkommenssteuerregister eine mögliche Erklärung. Witwe Mou- illé gehörte zu den besten Steuer- zahlerinnen. 1868 versteuerte sie mit einem Einkommen von 2000 Franken den höchsten Betrag al- ler 77 Wirte von Thun. Sie lag damit etwa gleichauf mit einem Dampfschiffkapitän (2000 Franken), dem Direktor der Kon- struktionswerkstätte (2400 Fran- ken) oder dem burgerlichen Fami- liengut (2200 Franken). Viele Ärz- te und Fürsprecher verdienten weniger. Der Gemeinderat hatte also gute Gründe, im Interesse der Stadtkasse so lange wie möglich wegzusehen. Philipp Stämpfli Der Autor gehört zum siebenköpfi- gen Historikerteam, welches im Auftrag des Vereins Thuner Stadt- geschichte die jüngere Stadtge- schichte aufarbeitet (wir berichte- ten). Das Gesamtwerk erscheint im Herbst 2018. Diese Zeitung publi- ziert in loser Folge als Serie einzelne Themen aus ihrem Fundus an Re- cherchen. THUN Bevor Zentralheizung und fliessendes Wasser in die Wohnhäuser Einzug hielten, befriedigten öffentliche Bäder das Bedürfnis nach Körperhygi- ene. Schon immer gaben sie (oft begründeten) Anlass zur Ver- mutung, dort würde noch ganz Anderes geboten. Ein Bad be- fand sich im Bälliz, am Stand- ort des heutigen Hauses Nr. 33. Die Hausnummer 33 im Bälliz: Dieses Gebäude gehörte Rosa Mouillé, bis sie es 1869 verkaufte und nach Bern zog. Das Bad Bälliz, wie es später hiess, wurde noch bis ins 20. Jahrhundert weiterbetrieben.. zvg/Stadtarchiv THUN historisch Diese Frauen und Männer haben sich das Handelsdiplom erarbeitet. Picasa Das Bälliz 33 heute: Anna Zwahlen, die Frau Gemeindepräsidentin von Thun, betrieb das Bällizbad noch bis in die 1910er-Jahre. Franziska Streun «Ich sehe was, das du nicht siehst» Ein Quilt ist eine Zierdecke oder ein Wandteppich und besteht aus drei Lagen, die mit kleinen Sti- chen zusammengenäht werden. Früher ein praktischer Ge- brauchsgegenstand, entstehen heute textile Kunstwerke. Die Muster, Variationen und Farben- pracht sind vielseitig. Das Ausstel- lungsthema «Ich sehe was, das du nicht siehst» wurde aus Vorschlä- gen der Vereinsmitglieder ausge- wählt. Dazu passend wurde in je- des Werk ein Stück eines vorgege- benen Stoffes eingearbeitet. «Es ist spannend, diesen Stoff in den Ausstellungsstücken zu entde- cken», schreibt der 1995 gegrün- dete Verein Thuner Quilters in seiner Medienmitteilung. An der von über 120 Personen besuchten Vernissage sprach Gastredner Da- niel Suter über Quilt-Fakten und das Leben als «QGP» (Quilt-ge- prüfter Partner) – seine Frau Marianne ist schliesslich Vizeprä- sidentin des Vereins. Präsidentin Evelyn Stoll dankte den Helferin- nen und Helfern und lobte die Vereinsmitglieder: «Eure Beteili- gung ist grandios. Noch nie konn- ten wir den Besuchern so viele Ausstellungsstücke zeigen.» egs Die Ausstellung im Kirchgemeinde- haus Uetendorf-Allmend dauert bis zum Sonntag, 23. Juli, und ist täg- lich von 10 bis 17 Uhr geöffnet (Ein- tritt frei). UETENDORF Die Thuner Quil- ters zeigen im Kirchgemeinde- haus auf der Allmend mit über 50 Exponaten ihr Können. Berner Oberländer/Thuner Tagblatt Dienstag, 11. Juli 2017 Region | 4

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Gedränge auf den Spitzenplätzen

Auf den Podestplätzen habe«ein richtiges Gedränge» ge-herrscht, schreibt die Berntor-schule in ihrer Medienmittei-lung. Kathrin Wüthrich, Herbli-gen, schloss mit dem Spitzen-resultat von 6,0 ab, dicht gefolgtvon zwei weiteren ausgezeich-neten Absolventen mit den No-ten 5,8 und 5,7. Der Gesamt-schnitt der beiden KlassenAbend- und Samstaghandels-schule beträgt 5,3. Rektor Tho-mas Ittig freute sich mit diesen

beiden Klassen: «Seien Sie ver-sichert, mit diesem Handels-diplom steigt Ihr Wert in derArbeitswelt», lobte er die Anwe-senden an der Diplomfeier. Mitihrem Einsatz hätten sie bewie-sen, dass sie bereit seien, sichder heutigen Forderung nachWeiterbildung zu stellen. egs

Rangliste, Diplomandinnen und Diplo-manden – Abend- und Samstaghandels-schule: 1. Rang Kathrin Wüthrich, Herbli-gen, 6,0; 2. Rang Benjamin Fankhauser,Münsingen 5,8; 3. Rang Martina Wahli, Oey5,7. Florian Bürki, Thun; Sarah Imboden,Uttigen; Petra Itten, Thun; Wendy Kober,Oberhofen; Stefan Kull, Wichtrach; TheaLengacher, Gwatt; Nadja Marmet, Adelbo-den; Michaela Mürner, Heimberg; StefanPichler, Uetendorf; Cornelia Spichiger, Zäzi-wil; Ruth Schneiter, Amsoldingen; SarahSchopfer, Schönried; Silas Thaler, Heim-berg; Ramona Zurbrügg, Frutigen; MichaelZürcher, Thun.

THUN Nach einem Jahr be-rufsbegleitender Handels-schule durften an der Bern-torschule Thun 18 Frauen und Männer das Handelsdiplom entgegennehmen.

Die Sommerakademie Thun lädt ein

Dienstag, 11. Juli 2017, 19.30 UhrStadtkirche Thun

Basler MadrigalistenKomm zur Quelle

Eines der bedeutendsten Vokal­ensembles singt Lieder

von Schweizer Komponistenaus dem frühen 20. Jahrhundert.

CHF 30.– an der Abendkasse

Freitag, 14. Juli 2017, 19.30 UhrStadtkirche

Joseph HaydnSchöpfungsmesse

Motette:O coelitum beati amores

Schlusskonzert der Sommerakademieunter der Leitung der Absolventen

des Dirigierkurses.

Daniela Eaton, SopranBarbara Erni, Alt

Eelke van Koot, TenorTiago Mota, Bass

Chor der SommerakademieEnsemble Musica Viva Schweiz

Eintritt frei – Kollekte

Wohnung zu vermietenGartenweg 13, in AdelbodenTel. 076 521 90 28

Ferienwohnungen/-häuser

MIETMARKT

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Frau Mouillé irritiert den Bundesrat

Am 2. April 1864 schrieb Divi-sionsarzt Oscar Engelhard sei-nem Vorgesetzten, dem Kom-mandanten der Zentralschule inThun Louis Denzler (1806–1880),einen besorgten Brief. Direktneben dem eidgenössischenKriegskommissariat befinde sichdas Bad Immer, welches kürzlichdurch Madame Mouillé gekauftworden sei. Sie habe dort mit Au-torisation des Gemeinderatesvon Thun ein förmliches Bordelleingerichtet, das gut rentierensolle. Dass die Behörden ein sol-ches Etablissement direkt nebeneinem eidgenössischen Verwal-tungsgebäude tolerierten, seieine «wahre Verachtung des eidg.Militärs von Seiten der Gemein-debehörden von Thun.»

Kein «Anlass zu argen Vermuthungen»Denzler wandte sich an den Bun-desrat mit der Bitte, das Lokalschliessen zu lassen. Der EMD-Vorsteher Constant Fornerod(1819–1899) schrieb deshalb anden Regierungsrat des KantonsBern, welcher wiederum den Re-gierungsstatthalter von Thun umgenaue Informationen bat. DerStatthalter forderte daraufhin

den LandjägerfeldweibelChristen auf, der Sachenachzugehen und zuuntersuchen, ob dortwirklich ein Bordell be-trieben werde. Dessen Be-richt war klar: Auf derVorderseite (Bälliz) befin-de sich die Gaststube, da-rüber Wohnungen mit gutbeleumdeten Mietern.Für die Bedienung derGäste in den Badekam-mern des Bades (aaresei-tig) stünden vier bis fünfweibliche Personen zurVerfügung. Ob diese mehrböten als Speisen undGetränke und unterhalt-same Gespräche, könneman natürlich nicht fest-stellen. Wer aber nur inder Gastwirtschaft einGlas Wein trinken wolleund sonst nichts verlange,werde nicht belästigt.

Christen bestritt aus-drücklich, dass «je weib-liche Gestalten zur Schauaufgestellt [gewesen],welche in sittlicher Be-

ziehung Anlass zu argen Vermu-thungen geboten hätten.» Und,fügte er an, wer Dirnen wolle, fin-de sie auch sonst überall.

Gemeinderat habe kein Bordell bewilligtDer Gemeinderat nahm demStatthalter gegenüber ebenfallszu den Klagen des Militärs Stel-lung. Er verwahrte sich dagegen,ein Bordell bewilligt zu haben, dafür Wirtschaftspatente ja derKanton zuständig sei. Zudem sei-en ihm bisher keine Klagen zuOhren gekommen, weshalb er al-le «ungebührlichen Ausfälle» in

den fraglichen Briefen zurück-weise. Der Regierungsrat schriebschliesslich an den Bundesrat, eslägen keine Gründe vor, dieeine Schliessung rechtfertigenwürden.

Schliessung und Gefängnis­strafe für MouilléLeider lässt sich heute nichtmehr feststellen, ob Rosa Mouillédas Bad tatsächlich so gesetzes-treu führte, wie die Berichte vonPolizei und Gemeinderat dies

suggerierten. Ganz danebenscheinen die Offiziere jedochnicht gelegen zu haben: Als esnämlich ein paar Jahre später da-rum ging, das bisherige Kommis-sariatsgebäude als Primarschuleumzunutzen, war der Gemeinde-rat plötzlich dafür, das «mit ge-werbsmässiger Unzucht verbun-dene Etablissement der WitweMouillé im Bälliz» zu beseitigen,wie es im Protokoll der Sitzungvom 4. April 1868 heisst. Er be-schloss, «es sei die Polizei-Com-mission eingeladen gegen FrauMouillé gestützt auf § 168 des

Strafgesetzbuches wegen ge-werbsmässiger Unzucht derenBestrafung zu verlangen.»

Das geschah denn auch: RosaMouillé wurde von der Polizei-kammer wegen «Vorschubleis-tung zu Unsittlichkeiten» zueiner kurzen Gefängnisstrafe undzur Schliessung des Lokals auf1. April 1869 verurteilt.

Bevölkerung wollte das Bad behaltenInteressant ist, dass die Bevölke-rung einen Weiterbetrieb befür-wortete; da kamen sich offenbar

Bedürfnis und Moral in die Que-re. Weshalb aber hatte der Ge-meinderat jahrelang gewartet,bis er der Moral zum Durchbruchverhalf? Sieht man von persönli-chen Motiven ab, welche wir denGemeinderäten nicht unterstel-len wollen, so bietet ein Blick insEinkommenssteuerregister einemögliche Erklärung. Witwe Mou-illé gehörte zu den besten Steuer-zahlerinnen. 1868 versteuerte siemit einem Einkommen von 2000Franken den höchsten Betrag al-ler 77 Wirte von Thun.

Sie lag damit etwa gleichauf miteinem Dampfschiffkapitän (2000Franken), dem Direktor der Kon-struktionswerkstätte (2400 Fran-ken) oder dem burgerlichen Fami-liengut (2200 Franken). Viele Ärz-te und Fürsprecher verdientenweniger. Der Gemeinderat hattealso gute Gründe, im Interesse derStadtkasse so lange wie möglichwegzusehen. Philipp Stämpfli

Der Autor gehört zum siebenköpfi­gen Historikerteam, welches im Auftrag des Vereins Thuner Stadt­geschichte die jüngere Stadtge­schichte aufarbeitet (wir berichte­ten). Das Gesamtwerk erscheint im Herbst 2018. Diese Zeitung publi­ziert in loser Folge als Serie einzelne Themen aus ihrem Fundus an Re­cherchen.

THUN Bevor Zentralheizung und fliessendes Wasser in die Wohnhäuser Einzug hielten, befriedigten öffentliche Bäder das Bedürfnis nach Körperhygi-ene. Schon immer gaben sie (oftbegründeten) Anlass zur Ver-mutung, dort würde noch ganz Anderes geboten. Ein Bad be-fand sich im Bälliz, am Stand- ort des heutigen Hauses Nr. 33.

Die Hausnummer 33 im Bälliz: Dieses Gebäude gehörte Rosa Mouillé, bis sie es 1869 verkaufte und nach Bern zog. Das Bad Bälliz, wie es später hiess, wurde noch bis ins 20. Jahrhundert weiterbetrieben.. zvg/Stadtarchiv

THUNhistorisch

Diese Frauen und Männer haben sich das Handelsdiplom erarbeitet. Picasa

Das Bälliz 33 heute: Anna Zwahlen, die Frau Gemeindepräsidentin von Thun, betrieb das Bällizbad noch bis in die 1910er-Jahre. Franziska Streun

«Ich sehe was, das du nicht siehst»

Ein Quilt ist eine Zierdecke oderein Wandteppich und besteht ausdrei Lagen, die mit kleinen Sti-chen zusammengenäht werden.Früher ein praktischer Ge-brauchsgegenstand, entstehenheute textile Kunstwerke. DieMuster, Variationen und Farben-pracht sind vielseitig. Das Ausstel-lungsthema «Ich sehe was, das dunicht siehst» wurde aus Vorschlä-gen der Vereinsmitglieder ausge-wählt. Dazu passend wurde in je-des Werk ein Stück eines vorgege-benen Stoffes eingearbeitet. «Esist spannend, diesen Stoff in denAusstellungsstücken zu entde-cken», schreibt der 1995 gegrün-dete Verein Thuner Quilters inseiner Medienmitteilung. An dervon über 120 Personen besuchtenVernissage sprach Gastredner Da-niel Suter über Quilt-Fakten unddas Leben als «QGP» (Quilt-ge-prüfter Partner) – seine FrauMarianne ist schliesslich Vizeprä-sidentin des Vereins. PräsidentinEvelyn Stoll dankte den Helferin-nen und Helfern und lobte dieVereinsmitglieder: «Eure Beteili-gung ist grandios. Noch nie konn-ten wir den Besuchern so vieleAusstellungsstücke zeigen.» egs

Die Ausstellung im Kirchgemeinde­haus Uetendorf­Allmend dauert bis zum Sonntag, 23. Juli, und ist täg­lich von 10 bis 17 Uhr geöffnet (Ein­tritt frei).

UETENDORF Die Thuner Quil-ters zeigen im Kirchgemeinde-haus auf der Allmend mit über 50 Exponaten ihr Können.

Berner Oberländer/Thuner TagblattDienstag, 11. Juli 2017Region

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