Migratorische Insertion von Alkenen in Metall-Sauerstoff- und Metall-Stickstoff-Bindungen

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Metallorganische Reaktionen DOI: 10.1002/ange.201300134 Migratorische Insertion von Alkenen in Metall- Sauerstoff- und Metall-Stickstoff-Bindungen Patrick S. Hanley und John F. Hartwig* Aminierungen · Metallorganische Reaktionen · Palla- dium · Insertionen · Reaktionsmechanismen Einfɒhrung Die migratorische Insertion ist eine fundamentale me- tallorganische Reaktion. Sie verlȨuft konzertiert und vereint einen ungesȨttigten Liganden mit einer benachbarten Metall- Ligand-Bindung, wobei ein Produkt mit einem neuen Li- ganden entsteht. In diesem Produkt ist die ungesȨttigte Gruppe formal in die ursprɒngliche kovalente Metall-Ligand- Bindung eingefɒgt (Schema 1). Eine Vielzahl ungesȨttigter Liganden gehen migratorische Insertionen ein, einschließlich Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Alkene, Alkine, Ketone, Al- dehyde und Imine. Die migratorische Insertion ist außerdem ein gemeinsamer Schritt zahlreicher katalytischer Reaktio- nen, z. B. bei Hydroformylierungen, [1, 2] Hydrierungen, [3–5] Polymerisationen, [6–9] Hydroarylierungen, [10–14] der Difunk- tionalisierung von Alkenen [15–18] und der Olefinierung von Arylhalogeniden (Mizoroki-Heck-Reaktio). [19–22] In den meisten FȨllen wird der ungesȨttigte Ligand in eine Metall-Kohlenstoff(M-C)- oder Metall-Wasserstoff(M-H)- Bindung eingebaut. Ɛhnliche Insertionen von Alkenen in Metall-Sauerstoff(M-O)- und Metall-Stickstoff(M-N)-Bin- dungen sind weit seltener (Schema 1). Im letzten Jahrzehnt wurden jedoch in mehreren Publikationen Palladium-kata- lysierte Olefinalkoxylierungen und Alkenaminierungen be- schrieben, deren stereochemische Daten darauf hindeuten, dass eine migratorische Insertion eines Alkens in eine M-O- oder M-N-Bindung erfolgte. Darɒber hinaus wurden in den letzten Jahren die ersten isolierten Ƞbergangsmetall-Amido- Komplexe beschrieben, die nichtaktivierte Alkene inserier- ten. Diese jɒngsten Publikationen ɒber isolierte Amido- Komplexe schließen Informationen ɒber die Faktoren ein, die die Geschwindigkeit der Insertionen beeinflussen. Obwohl von den ersten Beispielen fɒr die Insertion eines Alkens in eine Metall-Heteroatom-Bindung vor mehr als zwei Jahrzehnten berichtet wurde, sind Experimente, in de- nen Alkene in isolierte Metall-Amido-Komplexe inseriert werden, selten. Eine offene Koordinationsstelle ist fɒr die Anbindung eines Alkens vor der Insertion notwendig, und viele Alkoxo- und Amido-Komplexe bilden stabile mehr- kernige Strukturen, wenn das Metallzentrum koordinativ ungesȨttigt ist. Daher ist der Aufbau monomerer Amido- Komplexe mit einer offenen Koordinationsstelle fɒr die An- bindung und anschließende Insertion von Alkenen schwierig. Der Mangel an solchen Komplexen hat deshalb dazu gefɒhrt, dass die Faktoren, die die Insertionen von Alkenen in Metall- Die Insertion ungesȨttigter Liganden in M-C- oder M-H-Bindungen verlȨuft ɒber eine migratorische Insertion, die eine fundamentale metallorganische Reaktion ist. Jɒngste Berichte bestȨtigen migratori- sche Insertionen von Alkenen in M-O- und M-N-Bindungen im Ver- lauf von Alkenalkoxylierungen bzw. Alkenaminierungen. Wir geben hier einen Ƞberblick ɒber den Stand der Literatur und wollen außer- dem betrachten, wie diese jɒngsten Studien mit klassischen Experi- menten der Bildung von C-O- und C-N-Bindungen mit Alkenkom- plexen spȨter Ƞbergangsmetalle zusammenhȨngen. Schema 1. Migratorische Insertion eines Alkens oder Alkins in M-R- und M-X-Bindungen. [*] Dr. P. S. Hanley, Prof. J. F. Hartwig Department of Chemistry, University of Illinois Urbana-Champaign Urbana, IL 61801 (USA) Prof. J. F. Hartwig University of California, Department of Chemistry 718 Latimer Hall, Berkeley, CA 94720 (USA) E-Mail: [email protected] . Angewandte KurzaufsȨtze J. F. Hartwig und P. S. Hanley 8668 # 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Angew. Chem. 2013, 125, 8668 – 8684

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Metallorganische ReaktionenDOI: 10.1002/ange.201300134

Migratorische Insertion von Alkenen in Metall-Sauerstoff- und Metall-Stickstoff-BindungenPatrick S. Hanley und John F. Hartwig*

Aminierungen · Metallorganische Reaktionen · Palla-dium · Insertionen · Reaktionsmechanismen

Einf�hrung

Die migratorische Insertion ist eine fundamentale me-tallorganische Reaktion. Sie verl�uft konzertiert und vereinteinen unges�ttigten Liganden mit einer benachbarten Metall-Ligand-Bindung, wobei ein Produkt mit einem neuen Li-ganden entsteht. In diesem Produkt ist die unges�ttigteGruppe formal in die urspr�ngliche kovalente Metall-Ligand-Bindung eingef�gt (Schema 1). Eine Vielzahl unges�ttigterLiganden gehen migratorische Insertionen ein, einschließlichKohlenmonoxid, Kohlendioxid, Alkene, Alkine, Ketone, Al-dehyde und Imine. Die migratorische Insertion ist außerdem

ein gemeinsamer Schritt zahlreicher katalytischer Reaktio-nen, z. B. bei Hydroformylierungen,[1, 2] Hydrierungen,[3–5]

Polymerisationen,[6–9] Hydroarylierungen,[10–14] der Difunk-tionalisierung von Alkenen[15–18] und der Olefinierung vonArylhalogeniden (Mizoroki-Heck-Reaktio).[19–22]

In den meisten F�llen wird der unges�ttigte Ligand in eineMetall-Kohlenstoff(M-C)- oder Metall-Wasserstoff(M-H)-Bindung eingebaut. �hnliche Insertionen von Alkenen inMetall-Sauerstoff(M-O)- und Metall-Stickstoff(M-N)-Bin-dungen sind weit seltener (Schema 1). Im letzten Jahrzehntwurden jedoch in mehreren Publikationen Palladium-kata-lysierte Olefinalkoxylierungen und Alkenaminierungen be-schrieben, deren stereochemische Daten darauf hindeuten,dass eine migratorische Insertion eines Alkens in eine M-O-oder M-N-Bindung erfolgte. Dar�ber hinaus wurden in denletzten Jahren die ersten isolierten �bergangsmetall-Amido-Komplexe beschrieben, die nichtaktivierte Alkene inserier-ten. Diese j�ngsten Publikationen �ber isolierte Amido-Komplexe schließen Informationen �ber die Faktoren ein, diedie Geschwindigkeit der Insertionen beeinflussen.

Obwohl von den ersten Beispielen f�r die Insertion einesAlkens in eine Metall-Heteroatom-Bindung vor mehr alszwei Jahrzehnten berichtet wurde, sind Experimente, in de-nen Alkene in isolierte Metall-Amido-Komplexe inseriertwerden, selten. Eine offene Koordinationsstelle ist f�r dieAnbindung eines Alkens vor der Insertion notwendig, undviele Alkoxo- und Amido-Komplexe bilden stabile mehr-kernige Strukturen, wenn das Metallzentrum koordinativunges�ttigt ist. Daher ist der Aufbau monomerer Amido-Komplexe mit einer offenen Koordinationsstelle f�r die An-bindung und anschließende Insertion von Alkenen schwierig.Der Mangel an solchen Komplexen hat deshalb dazu gef�hrt,dass die Faktoren, die die Insertionen von Alkenen in Metall-

Die Insertion unges�ttigter Liganden in M-C- oder M-H-Bindungenverl�uft �ber eine migratorische Insertion, die eine fundamentalemetallorganische Reaktion ist. J�ngste Berichte best�tigen migratori-sche Insertionen von Alkenen in M-O- und M-N-Bindungen im Ver-lauf von Alkenalkoxylierungen bzw. Alkenaminierungen. Wir gebenhier einen �berblick �ber den Stand der Literatur und wollen außer-dem betrachten, wie diese j�ngsten Studien mit klassischen Experi-menten der Bildung von C-O- und C-N-Bindungen mit Alkenkom-plexen sp�ter �bergangsmetalle zusammenh�ngen.

Schema 1. Migratorische Insertion eines Alkens oder Alkins in M-R-und M-X-Bindungen.

[*] Dr. P. S. Hanley, Prof. J. F. HartwigDepartment of Chemistry, University of Illinois Urbana-ChampaignUrbana, IL 61801 (USA)

Prof. J. F. HartwigUniversity of California, Department of Chemistry718 Latimer Hall, Berkeley, CA 94720 (USA)E-Mail: [email protected]

.AngewandteKurzaufs�tze J. F. Hartwig und P. S. Hanley

8668 � 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Angew. Chem. 2013, 125, 8668 – 8684

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Heteroatom-Bindungen beeinflussen, bisher kaum verstan-den sind.

Viele Alken-Komplexe wurden hergestellt und mit Nu-kleophilen durch Angriff auf das koordinierte Alken umge-setzt. Wie weiter unten besprochen, wurde vorgeschlagen,dass die klassische Wacker-Reaktion �ber diese elementareReaktion anstatt �ber eine migratorische Insertion verl�uft.Die Produkte einer migratorischen Insertion und eines nu-kleophilen Angriffs auf ein koordiniertes Alken weisen zwardie gleiche Konnektivit�t auf, unterscheiden sich aber in ihrerKonfiguration. Wie in Schema 2 gezeigt, f�hrt die migratori-

sche Insertion zur entgegengesetzten relativen Konfigurationder a- und b-Kohlenstoffatome im resultierenden Alkyl-Komplex. Laufende Arbeiten besch�ftigen sich mit der Frage,welche Komplexe und Reaktionsbedingungen zur Insertionund welche zum nukleophilen Angriff auf das koordinierteAlken f�hren. Aktuelle Daten, die zur Kl�rung dieser Fra-gestellung beitragen kçnnten, werden in diesem Kurzaufsatzdiskutiert.

Um neue, selektive metallkatalysierte Alkoxylierungs-und Aminierungsreaktionen von Olefinen entwickeln zukçnnen, sind grundlegende Kenntnisse der Faktoren erfor-derlich, die die Geschwindigkeit und Stereoselektivit�t derInsertion von Alkenen in M-O- und M-N-Bindungen beein-flussen. Diese Faktoren werden derzeit gerade erst aufge-deckt. Ein Ziel dieses Kurzaufsatzes ist es dementsprechendauch, Querbeziehungen zwischen diesen j�ngsten Studienund klassischen Experimenten der C-O- und C-N-Bindungs-bildung mit Alkenkomplexen sp�ter �bergangsmetalle an-zustellen. Zun�chst wird die vorhandene Literatur �ber che-mische Umsetzungen mit migratorischen Insertionen von

Alkenen in M-N- und M-O-Bindungen isolierter Metall-Amido- bzw. Metall-Alkoxo-Komplexe zusammengefasst.Wir beschreiben außerdem mechanistische Studien �ber ka-talytische Aminierungen und Alkoxylierungen und bieten soeinen Einblick in den Reaktionsschritt der migratorischenInsertion.

Wir haben diesen Kurzaufsatz in zwei Abschnitte aufge-teilt. Der erste Abschnitt gliedert sich in zwei Unterab-schnitte: 1) die Beschreibung katalytischer Reaktionen, f�rdie Beweise f�r die Alken-Insertion in eine M-O-Bindungexistieren, und 2) die Beschreibung stçchiometrischer Reak-tionen von Alkoxo-Komplexen mit Alkenen. Der zweiteAbschnitt beschreibt chemische Umsetzungen mit migrato-rischen Insertionen von Alkenen in M-N-Bindungen. Da esmehr Berichte �ber Alken-Insertionen in M-N-Bindungengibt, gliedert sich der Abschnitt zu diesem Thema in dreiUnterabschnitte: 1) die Beschreibung katalytischer Reaktio-nen mit Insertionen von Alkenen in Bindungen zwischenStickstoff und Lanthanoiden, Actinoiden, Erdalkali- undfr�hen �bergangsmetallen, 2) die Beschreibung katalytischerReaktionen, die Insertionen von Alkenen in Bindungensp�ter �bergangmetalle und Stickstoff beinhalten, und 3) dieBeschreibung von Reaktionen diskreter Amido-Komplexemit Alkenen, die wahrscheinlich durch eine migratorischeInsertion des Alkens in die M-N-Bindung erfolgen.

Reaktionen mit migratorischer Insertion von Olefi-nen in M-O-Bindungen

Die oxidative Funktionalisierung von Alkenen ist ein weitverbreiteter Prozess und wird durch lçsliche �bergangs-metallkomplexe katalysiert. Die Oxidation von Ethylen inWasser mit einem Palladium-Katalysator, h�ufig als Wacker-Prozess bezeichnet, wird f�r die Produktion von j�hrlich 2 �106 Tonnen Acetaldehyd genutzt (Schema 3).[23] �ber viele

Jahre hinweg dachte man, dass die Metall-vermittelte Bildungneuer C-O-Bindungen durch die Zugabe eines Sauerstoff-Nukleophils zu einem Olefin ausschließlich �ber den nu-

John Hartwig ist Henry-Rapoport-Professoran der University of California, Berkeley.Seine Arbeitsgruppe erforscht �bergangs-metallkatalysierte Reaktionen und Reaktions-mechanismen. Er ist Autor des Lehrbuchs„Organotransition Metal Chemistry: FromBonding to Catalysis“, Tr�ger des ACSAward in Organometallic Chemistry (2006)und des ACS H.C. Brown Award in Synthe-tic Methods (2013) und seit 2012 Mitgliedder National Academy of Sciences.

Patrick Hanley erwarb 2008 seinen B.S. ander West Virginia University unter der Anlei-tung von Prof. Jeffrey L. Petersen und pro-movierte 2012 bei Prof. John F. Hartwig ander University of Illinois �ber palladium-katalysierte Reaktionen zur Bildung vonKohlenstoff-Stickstoff-Bindungen. Gegenw�r-tig arbeitet er in der Forschung bei TheDow Chemical Company in Michigan.

Schema 2. Migratorische Insertion eines Alkens in M-X-Bindungen imVergleich zu einem nukleophilen Angriff von X auf ein koordiniertes Al-ken.

Schema 3. Der Wacker-Prozess.

Migratorische Insertion

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kleophilen Angriff des Sauerstoff-Nukleophils auf das Me-tall-koordinierte Olefin erfolgt. Gut charakterisierte Metall-Olefin-Komplexe wurden hergestellt, und es wurde gezeigt,dass Alkohole das Alken in diesen Komplexen auf der demMetallzentrum gegen�berliegenden Seite angreifen.[24–27]

Daher wurde angenommen, dass Metall-katalysierte Addi-tionen von Sauerstoff-Nukleophilen an Olefine in der Regel�ber eine anti-Addition erfolgen. Vor kurzem wurde jedoch�ber Alkoxometall-Olefin-Komplexe berichtet, die �ber mi-gratorische Insertionen reagieren. In diesem Abschnitt be-schreiben wir katalytische Reaktionen, einschließlich demWacker-Prozess, deren mechanistische Daten darauf schlie-ßen lassen, dass die C-O-Bindung durch Insertion eines Al-kens in eine M-O-Bindung entsteht. Stçchiometrische Re-aktionen von Alkoxo-Komplexen mit Alkenen werden aus-f�hrlich diskutiert.

Katalytische Reaktionen mit Alken-Insertion in M-O-Bindungen

Der Mechanismus des Wacker-Prozesses war w�hrend derletzten vier Jahrzehnte umstritten. Fr�he kinetische Datenzur Wacker-Oxidation waren im Einklang mit dem Mecha-nismus einer syn-Addition eines vorher gebildeten Palla-dium-Hydroxo-Komplexes an Ethylen.[28] Studien der Ar-beitsgruppen von Akermark, Stille und B�ckvall zeigten je-doch, dass Palladium, das mit substituierten oder Deuterium-markierten Alkenen koordiniert war, Produkte durch anti-Oxypalladierung erzeugte.[29–32] Die Zugabe von CO zu einerMischung aus Bis[(cis-[D2]Ethylen)PdCl2] und H2O in einergepufferten Lçsung aus CuCl2 und NaOAc f�hrte beispiels-weise zur Bildung von Lactonprodukten. Die Konfigurationder Kohlenstoffatome im Lacton ließ darauf schließen, dasseine anti-Addition des Sauerstoffatoms und Palladiums anEthylen erfolgte.[30] In der Tat erkl�rten B�ckvall, Siegbahnund Mitarbeiter, dass ein Hydroxymetall-Olefin-Komplex zuunreaktiv ist, um eine cis-Migration eines OH-Liganden zueinem gebundenen Alken zu ermçglichen.[33]

Henry und Mitarbeiter bemerkten richtig, dass diese Ex-perimente unter Reaktionsbedingungen durchgef�hrt wur-den, die sich deutlich von denen der katalytischen Wacker-Reaktion unterschieden. Der Wacker-Prozess wird in derRegel mit einer niedrigen Chloridionen-Konzentrationdurchgef�hrt. Henry und Mitarbeiter untersuchten die Hy-droxylierung allylischer Alkohole und zeigten, dass das ste-reochemische Ergebnis des Oxypalladierungsschritts bei ho-hen und niedrigen Chloridionen-Konzentrationen unter-schiedlich ist. Bei einer hohen Chloridionen-Konzentrationwurden die Produkte einer anti-Oxypalladierung beobachtet,die stereochemische Konfiguration der beobachteten Pro-dukte bei niedriger Chloridionen-Konzentration ließ jedochdarauf schließen, dass eine syn-Oxypallierung, vermutlichdurch migratorische Insertion eines Alkens in eine Metall-Alkoxo-Bindung, stattfand.[34–39] Da zwei Produktgruppen mitunterschiedlichen relativen Konfigurationen beobachtetwurden, muss die Hydroxylierung der allylischen Alkohole�ber zwei verschiedene Mechanismen verlaufen. Trotz dieserErgebnisse wurde in den f�hrenden Lehrb�chern der Me-chanismus des Wacker-Prozesses mit dem Angriff eines freien

Wassermolek�ls auf ein Palladium-gebundenes Ethylen-molek�l beschrieben.[40]

Die Untersuchungen wurden von Henry und Mitarbeiternmit allylischen Alkoholen durchgef�hrt, um zu ermitteln, obdie Addition �ber eine syn- oder anti-Oxypalladierung ver-l�uft. Allylische Alkohole kçnnten Ergebnisse liefern, die aufeinen der beiden Mechanismen schließen lassen w�rden, dasie zwei Bindungsstellen enthalten und unter den Reakti-onsbedingungen isomerisieren kçnnten. Daher haben andereForscher vor kurzem die Stereochemie verschiedener Wa-cker-Reaktionen studiert.

Hayashi et al. bestimmten die Stereochemie des Oxypal-lierungsschritts in der oxidativen Cyclisierung eines o-Allyl-phenols.[41] Stereospezifisch deuterierte racemische 6-(2-Hy-droxyphenyl)-3-deuteriocyclohexene cyclisierten in Anwe-senheit von [Pd(MeCN)4(BF4)2] als Pr�katalysator und (S,S)-2,2’-Bis-(4-isopropyloxazolyl)-1,1’-binaphthol als Ligand mit4 �quivalenten Benzochinon in MeOH bei 40 8C (Schema 4).In Abwesenheit von LiCl wurde eine Reihe cyclisierter Pro-dukte erhalten, deren Aufbau �ber eine syn-Oxypalladierung

Schema 4. a) Oxidative Cyclisierung von 6-(2-Hydroxy-phenyl)-3-deute-riocyclohexen. b) Mechanismus der Bildung der Produkte A–C durchsyn-Oxypalladierung. M.S. = Molekularsieb, TFA = Trifluoracetat.

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durch migratorische Insertion gefolgt von mehreren b-Was-serstoff-Eliminierungen und Insertionen zur Erzeugung ver-schiedener Produktisomere erfolgte. In Anwesenheit vonLiCl wurden verschiedene Produkte gebildet. Unter diesenReaktionsbedingungen entstand das Haupt-Cyclisierungs-produkt durch anti-Addition von Palladium und Sauerstoff andas interne Alken.

Stoltz et al. gewannen ebenfalls Hinweise auf die Ste-reochemie des syn-Oxypallierungsschritts �hnlicher Palla-dium-katalysierter Cyclisierungen von Phenolen und prim�-ren Alkoholen.[42] Die Behandlung eines Deuterium-mar-kierten unges�ttigten Alkohols mit 10 Mol-% [(bpy)Pd-(TFA)] (Bpy = 2,2’-Bipyridin), 2 �quivalenten Na2CO3,1 atm O2 und 500 mgmol�1 3�-Molekularsieb in Toluol bei80 8C f�r 3 Stunden ergab die cyclisierten Produkte mit einerGesamtausbeute von 51% (Schema 5). Wie die Produkte von

Hayashis Experiment kçnnen die Produkte von Stoltz� Ex-periment am Besten durch Bildung �ber syn-Oxypalladierung(sprich die migratorische Insertion des Alkens in die Pd-O-Bindung) erkl�rt werden. Die Stereochemie des Oxypalla-dierungsprozesses ließ in diesem Fall jedoch darauf schließen,dass die Reaktionen mit oder ohne zus�tzliche Chloridanio-nen �ber eine syn-Oxypalladierung verliefen. Dar�ber hinausverliefen Reaktionen, die mit Pyridin-basierten, nicht che-latbildenden Liganden durchgef�hrt wurden, �ber eine syn-Oxypalladierung.

Wolfe und Mitarbeiter verçffentlichten eine Reihe vonBerichten �ber Alkoxyarylierungen von Alkenen. Die Ste-reochemie der Produkte der Palladium-katalysierten Reak-tion von Arylbromiden mit g-Hydroxyalkenen ließ daraufschließen, dass diese Reaktionen ebenfalls �ber eine syn-Addition des Palladium- und Sauerstoffatoms an das Alkenstattfand (Schema 6).[43–45] Diese Reaktionen sind hoch regio-und stereoselektiv und f�hren zu trans-2,5-disubstituiertenFuranprodukten. Die Selektivit�t dieser Produkte steht imWiderspruch zu einem Mechanismus, der eine trans-Hydro-

xypalladierung des Alkens einschließt. Der �ber eine anti-Hydroxypalladierung verlaufende Reaktionsweg w�rde syn-1’,2-disubstituierte Produkte ergeben, die jedoch nicht beob-achtet werden. Der f�r diese Reaktionen vorgeschlageneMechanismus beginnt mit der oxidativen Addition des Aryl-bromids an Bisphosphan-gebundenes Pd0 und der anschlie-ßenden Transmetallierung zum Aufbau des [Pd(Ar)(OR)]-Intermediats. Dieses Intermediat geht eine selektive migra-torische Insertion des anh�ngenden Alkens in die Pd-O-Bindung anstelle der Pd-Ar-Bindung ein. Der daraus resul-tierende Alkylpalladium-Aryl-Komplex reagiert in einer re-duktiven Eliminierung unter Bildung einer C-C-Bindung zumTetrahydrofuran-Produkt.

Katalytische Olefinalkoxylierungen, f�r die ein Reakti-onsweg �ber eine migratorische Insertion vorgeschlagenwurde, beschr�nken sich nicht auf Palladium-katalysierteReaktionen. Marks und Mitarbeiter berichteten �ber dieLanthanoid-katalysierte Hydroalkoxylierung von Alkinyl-und Allenylalkoholen.[46, 47] Der aktive Lanthanoid-Katalysa-tor wird durch schnelle Protonierung des Amidliganden des[Ln{N(TMS)2}3]-Pr�katalysators aufgebaut, um einen Lan-thanoid-Alkoxo-Komplex zu bilden, der die umsatzbestim-mende migratorische Insertion des anh�ngenden Alkins indie Ln-O-Bindung eingeht. Der daraus resultierende Vinyl-ether wird protoniert, woraufhin das cyclisierte Produktfreigesetzt und der aktive Katalysator regeneriert wird.

Diese Reaktionen sind erster Ordnung im Katalysatorund nullter Ordnung im Alkinyl- oder Allenylalkohol. Diekinetischen Daten sind im Einklang mit dem in Schema 7

vorgeschlagenen Mechanismus. Obwohl von Lanthanoid-ka-talysierten Cyclisierungen von Alkenylalkoholen berichtetwurde, verlaufen diese Reaktionen nicht �ber einen Reakti-onsweg mit migratorischer Insertion des Alkens in eine Ln-O-Bindung.[48] Die Thermodynamik der Insertion eines Alkinsund eines terminalen Alkens in Ln-O-Bindungen wurdemittels Kalorimetrie untersucht. Die Daten deuten an, dass

Schema 5. Oxidative Cyclisierung eines o-Allylphenols.

Schema 6. Palladium-katalysierte Reaktion von Arylbromiden mit g-Hy-droxyalkenen. dba = Dibenzylidenaceton, dpe-phos =Bis[2-(diphenyl-phosphanyl)phenyl]ether.

Schema 7. Vorgeschlagener Reaktionsmechanismus f�r die Lantha-noid-katalysierte Hydroalkoxylierung von Alkinen.

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die Insertion eines Alkins exotherm (DH =�13 kcalmol�1),die Insertion eines endst�ndigen Alkens jedoch deutlich en-dotherm ist (DH =+ 22 kcalmol�1).[49]

Reaktionen von Metall-Alkoxo-Komplexen mit Alkenen, f�r diedirekte Beweise f�r die migratorische Insertion in eine M-O-Bindung existieren

Obwohl die Analyse katalytischer Olefinalkoxylierungenstereochemische und kinetische Beweise f�r einen syn-Oxy-palladierungsschritt durch migratorische Insertion eines Al-ken-Liganden in eine M-O-Bindung ergaben, konnten Me-tall-Alkoxo-Komplexe, f�r die Insertionen von Olefinenvorhergesagt wurden, weder isoliert noch vollst�ndig cha-rakterisiert werden. Bis vor kurzem gab es nur einen Bericht�ber einen Alkoxid-Komplex, der mit einem Olefin reagierte.Bryndza berichtete �ber die Reaktion von [(dppe)Pt(CH3)-(OCH3)] (dppe = 1,2-Bis(diphenylphosphanyl)ethan) mitdem hochaktivierten Alken Tetrafluorethylen (TFE) in[D8]THF (THF = Tetrahydrofuran) bei 25 8C.[50] Die Reakti-on ergab nahezu quantitativ [(dppe)Pt(CH3)(CF2CF2OCH3)]und ist erster Ordnung in Platinmethoxid und Tetrafluor-ethylen. Bei �80 8C ver�ndert sich die chemische Verschie-bung der Tetrafluorethylen-Resonanz im 19F-NMR-Spektrumlinear mit der Menge des zugesetzten TFE, was daraufschließen l�sst, dass Tetrafluorethylen mit dem Platinmeth-oxid-Komplex interagiert. Es wurde vorgeschlagen, dass Te-trafluorethylen unter Bildung f�nffach koordinierter Olefin-komplexe an Platinmethoxid bindet. Nach Erw�rmen auf25 8C bildete der beobachtete Alken-Komplex durch Inserti-on des Alken-Liganden in die Pt-O-Bindung einen Alkyl-platin-Komplex. Ein Markierungsexperiment zeigte dar�berhinaus, dass der dppp-gebundene Platinkomplex in Anwe-senheit von 10 �quivalenten CD3OD und Perfluorcyclo-penten zu einem neuen Alkyl-Komplex mit weniger als 8%OCD3-Einbau reagierte (Schema 8). Dieses Ergebnis zeigt,

dass der Methoxid-Ligand nicht vom Platinkomplex abdis-soziiert und dann ein koordiniertes Olefin �ber eine anti-Oxyplatinierung angreift.

In j�ngerer Zeit erschienen Berichte �ber die ersten gutcharakterisierten Alkoxo-Komplexe, die migratorische In-sertionen mit nichtaktivierten Olefinen eingehen.[51] MehrereTriethylphosphan-gebundene Rhodium-Alkoholat-Komple-xe wurden durch Reaktion des Rhodium(I)-Silylamido-

Komplexes [(PEt3)2RhN(SiMe3)2] mit a,w-Enolen beiRaumtemperatur oder darunter hergestellt und bildeten HN-(SiMe3)2 und den in Schema 9 gezeigten Alkoxorhodium-Olefin-Komplex. Eine Kristallstruktur des Olefin-Komplexeseines stabileren Analogons, das keine Insertion eingeht,wurde ebenfalls erhalten. Der Komplex nimmt eine quadra-

tisch-planare Geometrie an, in der das Alken im homoally-lischen Alkoxid-Liganden senkrecht zur quadratischen Ebe-ne gebunden ist. Beim Erw�rmen auf 25 8C in Anwesenheitvon PEt3 bildeten verschiedene Alkoxo-Olefin-Komplexedurch sequentielle migratorische Insertion des Alkens in dieRh-O-Bindung und b-Wasserstoff-Eliminierung funktionali-sierte Tetrahydrofurane und [(PEt3)4RhH] mit guten Aus-beuten (Schema 9).

Der Mechanismus des Oxypalladierungsschritts wurdedurch eine Reihe von kinetischen und stereochemischenExperimenten aufgekl�rt. Die Reaktionsgeschwindigkeit warerster Ordnung bez�glich Rhodium und nullter Ordnungbez�glich PEt3. Dar�ber hinaus war die Reaktion in wenigerpolaren Lçsungsmitteln etwas schneller als in Lçsungsmittelnmit hçherer Polarit�t. Dieser Lçsungsmitteleffekt steht imWiderspruch zu einem Mechanismus, der die Bildung einesionischen Intermediats durch Dissoziation des Alkoxids undanschließenden nukleophilen Angriff dieses Alkoxids auf einRhodium-koordiniertes Olefin umfasst. Schließlich ergab dieReaktion eines Alkoxo-Olefin-Komplexes, der einen Deute-rium-markierten Dimethyl-substituierten Alkenylalkoholenth�lt, ein einzelnes Isomer des trans-deuterierten Tetra-hydrofurans. Das gebildete Isomer ist im Einklang mit einerdurch migratorische Insertion erfolgten Cyclisierung. Daherlieferte diese Studie den ersten Beweis f�r die Reaktion einesAlkens mit einem direkt beobachteten Metall-Alkoxo-Kom-plex, um eine neue C-O-Bindung durch migratorische Inser-tion des Alkens in eine M-O-Bindung zu bilden. Noch wich-tiger ist, dass die niedrige Aktivierungsbarriere der Insertionin eine Rh-O-Bindung darauf hindeutet, dass viele katalyti-sche Olefinoxidationen, von denen angenommen wurde, dasssie �ber den nukleophilen Angriff des Alkoxids auf das Me-tall-koordinierte Olefin verlaufen, stattdessen �ber die mi-gratorische Insertion des Alkens in die Metall-Alkoxid-Bin-dung erfolgen.

Eine Reihe von Computerstudien zur relativen Ge-schwindigkeit migratorischer Insertionen von Alkenen inquatratisch-planare Methyl-, Amido- und Hydroxo-Komple-xe von Rhodium wurden ebenfalls verçffentlicht.[52] Die er-rechneten Energiebarrieren f�r die migratorische Insertiondes Alkens in die M-X-Bindung der Rhodiumkomplexe[(PMe3)2Rh(h2-CH2=CH2)(X)] (X = CH3, NH2, OH) folgendem Trend Rh-NH2 < Rh-OH ! Rh-CH3 (Schema 10).Dieser Verlauf wurde dem Vorhandensein einer dativen M-

Schema 8. Reaktionen von Platin-Methoxid-Komplexen mit perfluorier-ten Alkenen.

Schema 9. Reaktionen von Alkoxorhodium-Alken-Komplexen.

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X-Bindung im �bergangszustand und dem unmittelbarenInsertionsprodukt zugeschrieben. Die M-N- oder M-O-Bin-dung eines X-artigen Liganden im Ausgangskomplex entwi-ckelt sich w�hrend des Insertionsschritts zur M-N- oder M-O-Bindung eines L-artigen Liganden. Da die M-X-Bindung(X = NH2, OH) w�hrend des Prozesses in eine andere Bin-dungsart umgewandelt anstatt gespalten wird, ist die Barrierezur migratorischen Insertion niedriger wenn X = NH2 undOH als wenn X = CH3 ist. Wenn X = CH3 ist, wird die M-X-Bindung im Produkt aufgespalten und die M-X-Bindungs-ordnung ist im �bergangszustand niedriger.

Reaktionen mit migratorischer Insertion von Olefi-nen in M-N-Bindungen

Katalytische Reaktionen, die �ber die migratorische In-sertion eines Alkens in eine M-N-Bindung verlaufen, sind vielweiter verbreitet als die analogen Reaktionen mit Insertion ineine M-O-Bindung. Außerdem wurden mehrere Palladium-Amido-Komplexe isoliert, die Olefine mit moderaten Akti-vierungsenergien einbauen, und die thermochemische Ana-lyse der Bindungsenthalpien von Bis(pentamethylcyclopen-tadienyl)-Samarium-Komplexen zeigte, dass die Insertion inein Samariumamid deutlich weniger endotherm ist als dieInsertion in ein Samariumalkoxid.[49] �ber Lanthanoid- undActinoid-katalysierte Hydroaminierungsreaktionen, die �berdie migratorische Insertion eines Alkens in eine M-N-Bin-dung erfolgen sollen, wurde ebenfalls mehrfach berichtet. Inmehreren Berichten wurde auch gemutmaßt, dass Hydro-aminierungsreaktionen, die von �bergangsmetallen derGruppe IV katalysiert werden, �ber eine migratorische In-sertion verlaufen, obwohl der Mechanismus des Insertions-schritts ungekl�rt blieb. In diesem Abschnitt werden Bei-spiele katalytischer Reaktionen aufgef�hrt, f�r die experi-mentelle Beweise existieren, die darauf hindeuten, dass einemigratorische Insertion ein Schritt im Katalysezyklus ist.Dar�ber hinaus beschreiben wir detailliert Reaktionen gutcharakterisierter Metall-Amido-Komplexe mit Alkenen.

Katalytische Reaktionen mit Insertion in Metall-Stickstoff-Bindungen von Lanthanoid-, Actinoid-, Alkali- und fr�hen�bergangsmetall-Komplexen

Von Lanthanoid-katalysierten Hydroaminierungen wirdtypischerweise angenommen, dass sie mechanistisch �ber diemigratorische Insertion eines Alkens in eine Ln-N-Bindungerfolgen.[53–57] Eine genauere Auswertung der kinetischen Da-ten, die f�r viele dieser Systeme existieren, l�sst darauf schlie-ßen, dass einige der Schritte des Reaktionsmechanismus einerNeubewertung unterzogen werden sollten. F�r Reaktionen N-deuterierter Aminoalkene wird in vielen F�llen ein hoher ki-netischer Isotopeneffekt (KIE) beobachtet, und diese Datenstehen im Widerspruch zu einer einfachen migratorischen In-sertion als umsatzbestimmendem Schritt. Der unterst�tzendeEinfluss eines koordinierten Amins wurde urspr�nglich alsUrsache f�r den kinetischen Isotopeneffekt vorgeschlagen.Aktuelle Ergebnisse von Sadow und anderen[53] zeigen, dassHydroaminierungen, die von Alkali- und fr�hen �bergangs-metallsystemen katalysiert werden, ebenfalls einen hohen ki-netischen Isotopeneffekt aufweisen. Sadow schlug vor, dassdiese Systeme �ber einen sechsgliedrigen �bergangszustandreagieren, und nicht �ber eine einfache migratorische Insertion.

In diesem Abschnitt geben wir Beispiele f�r Lanthanoid-und Actinoid-katalysierte Hydroaminierungen. Obwohl an-genommen wird, dass diese Reaktionen �ber die migratori-sche Insertion eines Alkens in eine M-N-Bindung erfolgen,besteht die Mçglichkeit, dass diese Systeme �ber den gleichensechsgliedrigen �bergangszustand reagieren, der f�r die Re-aktionen von Erdalkali- und fr�hen �bergangsmetallsyste-men vorgeschlagen wurde. Wir werden die mechanistischenDaten, die f�r jedes System gesammelt wurden, im Hinblickauf die j�ngsten Vorschl�ge zusammenfassen.

In einem wegweisenden Bericht beschrieben Marks undMitarbeiter intramolekulare Reaktionen von Aminoalkenen,die von einer Reihe von Komplexen von Bis(penta-methylcyclopentadienyl) mit Lanthanoiden katalysiert wer-den, darunter Lanthan, Neodym, Samarium, Yttrium undLutetium.[53] Reaktionen mit Katalysatoren, die grçßereLanthanoide enthalten, verliefen schneller als mit kleinerenLanthanoiden. Die Hydroaminierungen sind erster Ordnungim Katalysator und nullter Ordnung im Aminoalken. Dies istim Einklang mit einem schnellen Protonentransfer, gefolgtvon einer umsatzbestimmenden migratorischen Insertion desgebundenen Alkens in die Ln-N-Bindung (Schema 11).

Schema 10. Optimierte Energien der Grund- und �bergangszust�ndef�r die Ethylen-Insertion in Rhodium-Alkyl-, Rhodium-Amido- und Rho-dium-Hydroxy-Bindungen.

Schema 11. Vorgeschlagener Reaktionsmechanismus f�r Lanthanoid-katalysierte Hydroaminierungen.

Migratorische Insertion

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Amido-Komplexe ohne gebundenes Alken wurden durchdie Reaktion von [Cp*2LaCH(TMS)2] (Cp* = Penta-methylcyclopentadienyl, TMS = Trimethylsilyl) mit HNR2

erhalten. 1H-NMR-Spektroskopie und Kristallstrukturanaly-se best�tigten das Vorhandensein eines zus�tzlich koordi-nierten Amins. Die Eyring-Analyse der durch [Cp*2LaCH-(TMS)2] katalysierten Cyclisierung von 1-Aminopent-4-enen�ber einen Temperaturbereich von 25–60 8C ergab eine Ak-tivierungsbarriere von DH� = (12.7� 1.4) kcalmol�1 undDS� = (�27.0� 4.6) cal mol�1 f�r die migratorische Insertion.Diese Werte sind im Einklang mit einem sehr geordneten�bergangszustand. Reaktionen mit N-Deuterium-markiertenAminoalkenen wiesen einen prim�ren KIE von 2.7–5.2 auf.W�ren migratorische Insertionen, die �ber einen konzertier-ten Reaktionsweg mit einem viergliedrigen �bergangs-zustand verlaufen, umsatzbestimmend, w�rden sie keinenprim�ren KIE aufweisen. Daher schlugen die Autoren vor,dass ein Proton des koordinierten Aminliganden den �ber-gangszustand der migratorischen Insertion stabilisiert, indemes die sich bildende Ln-C-Bindung protoniert, w�hrend dasAlken in die Ln-N-Bindung inseriert wird (Schema 12).

Fragal, Marks und Mitarbeiter haben den Mechanismusdieser Hydroaminierungen auch mit computerchemischenMethoden untersucht. Sie berechneten die Aktivierungsbar-rieren (Enthalpie und freie Energie) f�r die intramolekulareHydroaminierung von Aminoalkenen. Die berechnetenBarrieren deuten darauf hin, dass die migratorische Insertionumsatzbestimmend ist.[58] Die f�r die Cyclisierung von 1-Aminopent-4-en berechneten Aktivierungsparameter warenDH� = 11.3 kcal mol�1, DG� = 12.5 kcalmol�1 und DS� =

�14.6 calmol�1. Da f�r die katalytische HydroaminierungTemperaturen hçher als Raumtemperatur erforderlich sind,wurde die freie Energie entweder falsch berechnet oder diemigratorische Insertion ist nicht der umsatzbestimmendeSchritt. Dar�ber hinaus umfasste der berechnete �ber-gangszustand f�r die migratorische Insertion nicht die vor-geschlagene Stabilisierung durch ein Proton des koordinier-ten Amin-Liganden, was den prim�ren Isotopeneffekt er-kl�ren w�rde.

Marks und Mitarbeiter untersuchten außerdem Hydro-aminierungen, die von Actinoid-Komplexen katalysiert wur-den, deren Liganden eine eingeschr�nkte Geometrie auf-wiesen (Schema 13). Die Aktivit�t dieser Actinoid-organi-schen Katalysatoren ist �hnlich der der aktivsten Lanthanoid-Katalysatoren und hçher als die der meisten Gruppe-IV-�bergangsmetallsysteme. Das Substratspektrum dieser Sys-teme umfasst Aminoalkene, Aminoalkine, Aminoallene undAminodiene. Die katalytische Reaktion verl�uft vermutlich

�ber die migratorische Insertion eines anh�ngenden Alkensin eine An-N-Bindung.[59, 60]

K�rzlich wurde auch �ber verschiedene Gruppe-IV-Komplexe berichtet, die die Cyclisierung/Hydroaminierungsekund�rer Amine katalysieren. In der Regel verlaufen Hy-droaminierungen, die von �bergangsmetallkomplexen kata-lysiert werden, �ber die [2 + 2]-Cycloaddition eines Alkens aneine Metall-Imido-Bindung.[61,62] Hydroaminierungen, die�ber diesen Mechanismus verlaufen, kçnnen jedoch nur pri-m�re Amine an Alkene addieren; ein Metall-Imido-Komplexkann nicht aus einem sekund�ren Amin gebildet werden.

Hultzsch beschrieb intramolekulare Hydroaminierungensekund�rer Aminoalkene in Gegenwart des Katalysators[Cp2ZrMe]+[MeB(C6F5)3]

� ,[63] und Marks berichtete ebenfalls�ber intramolekulare Hydroaminierungen sekund�rer Ami-noalkene und Aminoalkine mit Zirconium-Katalysatoren,deren Liganden die gleiche eingeschr�nkte Geometrie auf-wiesen (Schema 13).[64] Beide schlugen vor, dass die neue C-N-Bindung durch migratorische Insertion gebildet wird.Dar�ber hinaus beschrieb Odom die durch Titan- und Zir-conium-Dipyrrolylmethan-Komplexe katalysierte intramole-kulare Hydroaminierung prim�rer Aminoalkene.[65] Auf derGrundlage der konkurrierenden Bildung von Produkten ausHydroaminierung und oxidativer Aminierung verlaufen dieseReaktionen wahrscheinlich �ber die Insertion eines Alkens ineine M-N-Bindung.

Hill und Mitarbeiter berichteten �ber die erste durchErdalkalimetall-Komplexe katalysierte Hydroaminierungvon Aminoalkenen und schlugen vor, dass diese Reaktionenebenfalls �ber die migratorische Insertion des Alkens in dieM-N-Bindung erfolgen. Sie untersuchten außerdem die durchCalcium-Amido- und Magnesium-Amido-Komplexe mit b-Diketiminat-Liganden katalysierte intramolekulare Hydro-aminierung von Aminoalkenen (Schema 14).[66,67] Die kine-tische Analyse der durch das Magnesiumsystem katalysiertenReaktion ergab eine Abh�ngigkeit erster Ordnung von derKatalysator-Konzentration und eine Abh�ngigkeit umge-kehrter erster Ordnung von der Konzentration des Amino-alkens. Obschon nur vorl�ufig, sind diese Daten im Einklangmit einer umsatzbestimmenden Insertion des Alkens in dieM-N-Bindung nach Dissoziation eines Substratmolek�ls vomMetallzentrum.

In j�ngerer Zeit fanden Sadow und Mitarbeiter Beweisef�r einen alternativen Weg der C-N-Bindungsbildung in Hy-droaminierungen, die durch d0-Systeme katalysiert werden.

Schema 12. Vorgeschlagener Mechanismus der protonenvermitteltenAlken-Insertion in eine Ln-N-Bindung.

Schema 13. Actinoid-katalysierte Hydroaminierung von Aminoalkenen.

.AngewandteKurzaufs�tze

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Sie berichteten �ber die Hydroaminierung von Aminoalke-nen, die durch einen Magnesium(II)-Amido-Komplex miteinem Tris(4,4-dimethyl-2-oxazolinyl)phenylborat-Liganden([ToM]) katalysiert wurde.[68] Die Reaktion von ([ToM])MgMemit Aminoalkenen erfolgt mit einem großen prim�ren KIE,der �hnlich dem KIE ist, den Marks und Mitarbeiter[53] f�r diedurch Lanthanoid-Metallocen-Komplexe katalysierte Hy-droaminierung erhielten. Allerdings sind die Geschwindig-keiten dieser Hydroaminierungen erster Ordnung sowohl inMg als auch im Aminoalken, was darauf hindeutet, dass dievor der Cyclisierung stattfindende Bindung des Substrats re-versibel ist. Der isolierte [ToM]Mg-Komplex mit dem prim�-ren Amid und dem anh�ngenden Alken ging allerdings inAbwesenheit von zus�tzlichem Amin keine Cyclisierung ein.In Anwesenheit einer katalytischen Menge eines prim�renAmins ging der Komplex eine Cyclisierung ein und bildeteeinen Amido-Komplex, der das durch die sekund�re Amin-funktion gebundene cyclisierte Produkt enthielt (Schema 15).Daher wird ein zus�tzlicher Amin-Ligand bençtigt, um dieCyclisierung zu unterst�tzen.

Auf der Grundlage dieser Daten schlugen Sadow undMitarbeiter vor,[68] dass die Cyclisierung des [ToM]Mg-Amido-Komplexes �ber die Substitution eines Arms des [ToM]-Li-ganden durch ein Amin gefolgt vom konzertierten ge-schwindigkeitsbestimmenden Aufbau der C-N- und C-H-Bindung �ber einen sechsgliedrigen �bergangszustand ver-l�uft (Schema 16). Diesem vorgeschlagenen Mechanismuszufolge w�rden Hydroaminierungen nicht �ber den typischenWeg einschließlich einer migratorischen Insertion des Alkensin eine M-N-Bindung erfolgen.

Dar�ber hinaus berichteten Sadow und Mitarbeiter, dassmit �hnlichen Ligandger�sten koordinierte Zirconium-[69] undYttrium-Komplexe[70] Hydroaminierungen katalysieren. Diemechanistischen Daten dieser Studie implizierten, dass die

Reaktionen �ber den gleichen sechsgliedrigen �bergangszu-stand verlaufen, der f�r die Reaktionen der Erdalkalisystemevorgeschlagen wurde. Anschließend schlugen Schafer undMitarbeiter einen �hnlichen �bergangszustand f�r die Hy-droaminierung prim�rer und sekund�rer Aminoalkene vor,die durch Zirconium-Komplexe mit anh�ngendem Bis(ureat)katalysiert wurden.[71]

Der vorgeschlagene sechsgliedrige �bergangszustand er-kl�rt die kinetischen Daten, die f�r das von Sadow undSchafer beschriebene System erhalten wurden, und ist einmçglicher �bergangszustand f�r den durch die Ln- und An-Systeme katalysierten Aufbau der C-N-Bindung, �ber denMarks und Mitarbeiter berichteten.[53, 58–60] Die Reaktions-ordnung bez�glich dem Substrat in Verbindung mit Infor-mationen �ber den Ruhezustand sowie die KIE-Werte deutenauf Parallelen zwischen diesen Systemen hin. Die hohen KIE-Werte, die f�r viele dieser Reaktionen beobachtet wurden,sprechen daf�r, dass die Spaltung der N-H-Bindung im um-satzbestimmenden Schritt erfolgt. Obwohl die berechnetenBarrieren f�r die Alken-Insertion moderat sind, erkl�ren sienicht die Spaltung einer N-H-Bindung im �bergangszustand.Es scheint daher mçglich, dass Lanthanoid-katalysierte Hy-droaminierungen �ber einen �hnlichen sechsgliedrigen�bergangszustand verlaufen. Gleichzeitig wurde gezeigt, dassdie von Marks und Mitarbeitern[72] beschriebenen Lantha-noidsysteme Tandem-Additionen an Alkene �ber den Auf-bau von C-N- und C-C-Bindungen katalysieren. Wie inSchema 17 gezeigt, implizieren diese Daten, dass zumindest

Schema 14. Vorgeschlagener Mechanismus der Calcium-katalysiertenHydroaminierung von Aminoalkenen.

Schema 15. Reaktionen des [ToM]Mg-Amido-Komplexes in Gegenwartund Abwesenheit eines zus�tzlichen Amins.

Schema 16. Vorgeschlagener Reaktionsmechanismus f�r die [ToM]Mg-katalysierte Hydroaminierung von Aminoalkenen.

Schema 17. Bicyclisierung eines Aminodiens, die f�r die Anwesenheiteiner M-C-Bindung und eine migratorische Insertion spricht.

Migratorische Insertion

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Page 9: Migratorische Insertion von Alkenen in Metall-Sauerstoff- und Metall-Stickstoff-Bindungen

die Reaktionen sekund�rer N-Allylamine �ber ein Zwi-schenprodukt mit einer M-C-Bindung verlaufen. Eine alter-native Erkl�rung f�r den prim�ren kinetischen Isotopeneffektund die Abh�ngigkeit erster Ordnung von der Substratkon-zentration ist eine Reaktion, deren Mechanismus die Bildungeines Metall-Imido-Intermediats als umsatzbestimmendenSchritt enth�lt.[73, 74] Weitere Studien sind eindeutig erforder-lich, um die Beziehungen zwischen den Versuchsdaten undden Mechanismen der Hydroaminierungen, die durch Erd-alkali-, Gruppe-IV- und Lanthanoid-Komplexe katalysiertwerden, zu beschreiben.

Katalytische Reaktionen mit Insertionen in Pd-N-Bindungen

Die meisten Verçffentlichungen �ber Palladium-kataly-sierte oxidative Aminierungen von Alkenen mit Amiden,h�ufig Aza-Wacker-Reaktion genannt, besagen, dass derMechanismus den nukleophilen Angriff eines Stickstoff-Nukleophils auf ein Metall-koordiniertes Olefin beinhaltet.In mehreren fr�hen, eleganten Studien wurde nachgewiesen,dass bei der Addition eines Stickstoff-Nukleophils an einPalladium-koordiniertes Alken die C-N-Bindung �ber eineanti-Aminopalladierung aufgebaut wird.[75–77] Hegedus undMitarbeiter beschrieben die erste katalytische oxidativeAminierung von Alkenen mit Benzochinon als Oxidations-mittel f�r die Regeneration von Palladium(II) und schlugenvor, dass diese Reaktionen �ber die anti-Addition des Palla-diums und des Nukleophils an das Alken erfolgte.[78] W�hrendder n�chsten zwei Jahrzehnte wurde in mehreren Studien�ber Palladium-katalysierte Aminierungen berichtet, aberkeine enthielt Beweise f�r eine syn-Aminopalladierung durchmigratorische Insertion des Alkens in eine Pd-N-Bin-dung.[79–82] Daher ging man nicht davon aus, dass die migra-torische Insertion Teil des Mechanismus der Palladium-ka-talysierten Aminierung von Alkenen ist.

In den letzten zehn Jahren hat sich jedoch die Sichtweiseauf diesen Mechanismus ge�ndert. Zu Palladium-katalysier-ten Aminierungen, von denen man heute annimmt, dass sie�ber einen migratorischen Insertionsschritt erfolgen, gehçrenCarboaminierungen,[83–86] oxidative Aminierungen,[87–89]

Chloraminierungen,[90] Aminoacetoxylierungen,[91] Diami-nierungen[92] und Hetero-Heck-Umsetzungen.[93] In einigenF�llen wurden stereochemische Beweise f�r die syn-Amino-palladierung durch migratorische Insertion erhalten. Da esbereits �bersichten �ber die bekannten Beispiele f�r Palla-dium-katalysierte Aminopalladierungen gibt,[94, 95] konzen-trieren wir uns hier auf den migratorischen Insertionsschritt.

Stahl und Mitarbeiter beschrieben die ersten Palladium-katalysierten intermolekularen oxidativen Aminierungen vonnichtaktivierten Alkenen mit Amiden.[91] Die Stereochemiedes Produkts der oxidativen Aminierung von Norbornen istim Einklang mit einem Mechanismus, der eine syn-Amino-palladierung enth�lt. Die oxidative Kupplung von zwei Nor-bornen-Molek�len mit p-Toluolsulfonamid in Gegenwart von5 Mol-% [(CH3CN)2PdCl2] und 5 Mol-% CuCl2 in DME un-ter 1 atm O2 bei 60 8C ergibt ein cyclisches Produkt mit einerrelativen Konfiguration, die der Norbornen-Insertion in diePd-N-Bindung entspricht (Schema 18).[96]

Stahl und Mitarbeiter untersuchten anschließend denMechanismus Palladium-katalysierter oxidativer Aminie-rungen mit mehreren Palladium-Katalysatoren unter ver-schiedenen Reaktionsbedingungen.[88] In den meisten F�llenist die relative Konfiguration der Produkte der oxidativenCyclisierung Deuterium-markierter, Sulfonamid-substituier-ter Aminoalkene im Einklang mit einen syn-Aminopalladie-rungsmechanismus (migratorische Insertion; Tabelle 1). Die

Aminierung von Substraten, die eine Nosyl-Gruppe anstelleder Tosyl-Gruppe enthalten, ergab ausschließlich Produkteeiner syn-Aminopalladierung. Da das NH-Proton der Nosyl-Gruppe saurer als das NH-Proton der Tosyl-Gruppe ist, bil-den sich Palladium-Amido-Komplexe der Nosylamide leich-ter als die der Tosylamide. Mit den meisten Katalysator-Kombinationen wurde f�r die oxidative Cyclisierung vonTosyl-substituierten Carboxamidsubstraten eine niedrigereStereoselektivit�t beobachtet, allerdings ist die Ursache f�rdie Selektivit�t unklar.

Weitere mechanistische Studien der intramolekularenAmidierung von Alkenen, die durch [(IMes)Pd-(O2CCF3)2H2O] katalysiert wurden und zu Produkten sowohlder syn- als auch der anti-Amidopalladierung f�hrten (Ta-belle 1, Eintrag 4), ergaben, dass Reaktionen in Anwesenheitvon Na2CO3 ausschließlich zu Produkten der syn-Amidopal-

Schema 18. Vorgeschlagener Reaktionsmechanismus der Palladium-ka-talysierten oxidativen Aminierung von Norbornen. DME= Dimethoxy-ethan, Ts = 4-Toluolsulfonyl.

Tabelle 1: Oxidative Aminierung Sulfonamid-substituierter Aminoalke-ne.

Nr. Pd-Katalysator[a] t Ausb. Produktverh�ltnis[h] [%] syn-Amino-

palladierunganti-Amino-palladierung

1 Pd(OAc)2/DMSO 15 70 100:0 –2 Pd(OAc)2/py 15 84 98:2 –3 Pd(O2CCF3)2/py 15 85 88:12 –4 Pd(IMes)(O2CCF3)2/

BzOH72 60 43:8 37:12

5 Pd(O2CCF3)2/sp 72 72 59:41 –

[a] IMes = 1,3-Di(2,4,6-trimethylphenyl)imidazolin-2-yliden, py = Pyridin,sp = Spartein.

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ladierung f�hrten.[97] In Abwesenheit einer Base erfolgte dieReaktion sowohl �ber eine syn-Amidopalladierung durchBildung eines Palladium-Sulfonamidat-Komplexes und an-schließende migratorische Insertion als auch �ber eine anti-Amidopalladierung durch einen nukleophilen Angriff auf einkoordiniertes Alken. In Anwesenheit von Na2CO3 wurde eineErhçhung der Reaktionsgeschwindigkeit um den Faktor dreibeobachtet. Die Anwesenheit einer Base f�hrt vermutlich zurausschließlichen Bildung des Produkts der syn-Amidopalla-dierung, da die Base die Bildung eines Palladium-Sulfon-amidat-Komplexes beg�nstigt.

Vor kurzem untersuchten Stahl und Mitarbeiter dieEnantioselektivit�t von syn- und anti-Amidopalladierungen,die durch einen Palladium-Komplex mit einem chiralen,nichtracemischen Pyridinoxazolin-Liganden katalysiert wer-den.[98] In diesen Beispielen ergaben Reaktionen, die �bereine migratorische Insertion eines Alkens in eine Pd-N-Bin-dung verlaufen, Produkte mit niedriger Enantioselektivit�t.Demgegen�ber gaben Amidocyclisierungen, die in ersterLinie �ber eine trans-Amidopalladierung verliefen, Produktemit hervorragender Enantioselektivit�t (96 %).

Wolfe und Mitarbeiter untersuchten die StereochemiePalladium-katalysierter Carboaminierungen von N-Aryl-aminoalkenen mit Arylbromiden. Die Reaktion von N-Aryl-aminoalkenen mit Arylbromiden in Anwesenheit von 1 Mol-% [Pd2(dba)3], 2 Mol-% dppb-Ligand und 1.2�quivalentenNaOtBu in Toluol bei 60 8C erzeugte carboaminierte Pro-dukte (siehe Schema 19 f�r ein repr�sentatives Beispiel).[99]

Bei Durchf�hrung der Reaktion mit einem Substrat, das eincyclisches Alken enth�lt, gewannen sie starke Hinweise dar-auf, dass der bindungsbildende Schritt der C-N-Bindungsbil-dung in diesen Mehrkomponentenreaktionen �ber die mi-gratorische Insertion des Alkens in eine Pd-N-Bindung er-folgt. Die sorgf�ltige Auswahl des Phosphan-Liganden f�hrtezur selektiven Synthese von 5-Aryl- oder 6-Aryl-substituier-ten carboaminierten Produkten (Schema 20).[84] Ein Kataly-satorsystem aus [Pd2(dba)3] und dem chelatbildenden Phos-phan dppf-iPr lieferte haupts�chlich 6-Aryloctahydrocyclo-penta-b-pyrrole als Produkte. Analoge Reaktionen, die mit[Pd2(dba)3] und P(tBu)2Me·HBF4 durchgef�hrt wurden, bil-deten jedoch das 5-Aryl-Isomer mit hoher Diastereoselekti-vit�t.

Dar�ber hinaus berichtete die Gruppe von Wolfe �berBeispiele asymmetrischer Palladium-katalysierter Carbo-aminierungen, die wahrscheinlich �ber die migratorische In-sertion in eine Pd-N-Bindung erfolgen, zum Aufbau enan-

tiomerenangereicherter 2-(Arylmethyl)- und 2-(Alkenylme-thyl)pyrrolidine.[85] Im Gegensatz zu den von Stahl und Mit-arbeitern[98] beschriebenen Amidocyclisierungen, die beimVerlauf �ber eine migratorische Insertion Produkte mitniedriger Enantioselektivit�t bilden, liefern die von Wolfebeschriebenen Cyclisierungen die Produkte mit bis zu 94%ee.

Reaktionen von Metall-Amido-Komplexen mit Alkenen, f�r diedirekte Beweise f�r eine migratorische Insertion in eine M-N-Bindung existieren

Obwohl die stereochemischen und kinetischen Analysenvieler der in diesem Kurzaufsatz beschriebenen katalytischenReaktionen �berzeugende Beweise daf�r liefern, dass eineAlken-Insertion in eine M-N-Bindung Teil des Mechanismusist, wurde f�r keines dieser Systeme ein direkter Beweis f�reine Insertion gefunden. In keinem der F�lle wurde ein Me-tall-Amido-Komplex isoliert und mit einem Alken umgesetzt,um zu zeigen, dass eine Amido-Gruppe auf das Olefin �ber-tragen wird. Vor kurzem wurde jedoch �ber einige Beispielef�r Metall-Amido-Komplexe berichtet, die mit Alkenen zuMetall-Alkyl-Komplexen oder zu organischen Produktenreagieren, deren relative Konfiguration im Einklang mit einersyn-Amidometallierung ist. Diese Beispiele sind Bestandteildes n�chsten Abschnitts.

Trogler und Mitarbeiter berichteten �ber das erste Bei-spiel eines isolierten Metall-Amido-Komplexes, dessen Re-aktion mit Alkenen Produkte einer „formalen“ Insertion ei-ner unges�ttigten C-C-Doppelbindung in eine M-N-Bindunglieferte.[100] Der PEt3-gebundene Platin-Komplex[(PEt3)2Pt(H)(NHPh)] reagierte mit Acrylnitril bei 20 8C inC6D6 und bildete durch 2,1-Insertion des Acrylnitrils einenAlkylkomplex (Schema 21). Bei Erw�rmung auf 70 8C rea-

Schema 19. Palladium-katalysierte Carboaminierung eines N-Aryl-aminoalkens mit Arylbromiden.

Schema 20. Palladium-katalysierte Carboaminierung von N-Aryl-aminoalkenen zu 5-Aryl- oder 6-Aryl-Produkten. dppf= 1,1’-Bis(diphe-nylphosphanyl)ferrocen.

Schema 21. Vorgeschlagener Mechanismus der Reaktion von Platin-amiden mit Acrylnitril.

Migratorische Insertion

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gierte dieser Komplex in einer reduktiven Eliminierung unterAufbau einer C-H-Bindung zum Produkt eines Hydroami-nierungszyklus. Obwohl beschrieben wurde, dass die Reak-tion �ber einen migratorischen Insertionsmechanismus ver-l�uft, liegen keine Beweise vor, die den direkten Angriff desAmido-Komplexes auf das aktivierte Acrylnitril ausschließenw�rden. Reaktionen mit weniger aktivierten Olefinen fandennicht statt.

Milstein und Mitarbeiter berichteten 1988 im Rahmenvon Studien zur Iridium-katalysierten Addition von Anilin anNorbornen �ber starke Hinweise auf die migratorische In-sertion eines Alkens in eine M-N-Bindung (Schema 22).[101]

Die Zugabe von Anilin zu einer Suspension aus Norbornenund [Ir(PEt3)2(C2H4)2Cl] in siedendem Et2O f�hrte zur Bil-dung eines gut charakterisierten azametallacyclischen Iridi-um-Komplexes. F�r dieses Zwischenprodukt wurde ange-nommen, dass es durch die oxidative Addition der N-H-Bindung des Anilins an [Ir(PEt3)2(C2H4)2Cl] und die an-schließende migratorische Insertion des Norbornens in die Ir-N-Bindung entsteht. Die Vorstufe des Insertionsschritteswurde nicht beobachtet, aber die Zugabe von �bersch�ssigemPEt3 zum Azametallacyclus bzw. die Reaktion von [Ir-(PEt3)3Cl], Anilin und Norbornen f�hrten zum verwandten,koordinativ ges�ttigten Komplex [Ir(PEt3)3(NHPh)(H)Cl].Die Erw�rmung des azametallacyclischen Iridium-Komple-xes auf 45 8C f�hrte �ber eine reduktive Eliminierung unterAufbau einer C-H-Bindung zur Freisetzung von exo-2-(Phe-nylamino)norbornan. Die katalytische Addition von Anilinan Norbornen mit 10 Mol-% [Ir(PEt3)2(C2H4)2Cl] und0.2 Mol-% ZnCl2 wurde ebenfalls beobachtet und f�hrte zuexo-2-(Phenylamino)norbornan. Vor kurzem wurde �bermehrere Beispiele f�r enantioselektive, Iridium-katalysierteHydroaminierungen gespannter bicyclischer Alkene berich-tet, und es wurde nachgewiesen, dass diese Reaktionen durchmigratorische Insertion des Alkens in eine Ir-N-Bindung er-folgen.[102–105]

Vor kurzem berichteten Hartwig und Mitarbeiter �ber die�bertragung einer Amido-Gruppe eines isolierten Rhodium-Amido-Komplexes auf Alkene und Vinylarene.[106] MehrereTriethylphosphan-gebundene Rhodium-Amido-Komplexereagierten bei 60 8C mit Vinylarenen zu den entsprechenden

N-Aryliminen und einem dimeren Hydridorhodium-Amid-Komplex (Schema 23). Die Komplexe reagierten auch mitPropylen und bildeten bei 95 8C N-Arylimine. Die Reaktionvon [(PEt3)3RhNHAr] mit Styrol war erster Ordnung be-z�glich dem Rhodium-Amido-Komplex und Styrol und inverserster Ordnung bez�glich PEt3. Diese Daten sind im Einklangmit dem in Schema 23 gezeigten Mechanismus, der den re-versiblen Austausch von Styrol durch PEt3 im Ausgangs-komplex und die nachfolgende irreversible migratorischeInsertion des Vinylarens in die Rh-N-Bindung einschließt.

Obwohl die stçchiometrischen Reaktionen von Alkenenmit Iridium-Amido-, Platin-Amido- und Rhodium-Amido-Komplexen zeigten, dass die Insertion eines Alkens in dieBindung eines sp�ten �bergangsmetalls mit Stickstoff mçg-lich ist, wurde erst vor kurzem von Palladium-Amido-Kom-plexen berichtet, die mit einem Olefin zu einer neuen C-N-Bindung reagieren. Im Jahr 2010 beschrieben Wolfe[107] sowieHartwig und Mitarbeiter[108] zwei verschiedene Phosphan-gebundene Palladium-Amido-Komplexe, die �ber eine mi-gratorische Insertion mit nichtaktivierten Alkenen reagieren.Zusammen mit nachfolgenden Studien �ber den Effekt be-nachbarter Amido-Liganden auf die Geschwindigkeit desInsertionsschritts[109, 110] liefern diese Berichte ausf�hrlicheInformationen zu den Faktoren, die die Geschwindigkeit dermigratorischen Insertion eines Alkens in eine Metall-Hete-roatom-Bindung beeinflussen.

Wolfe und Mitarbeiter f�hrten Untersuchungen desmçglichen Amido-Intermediats in Palladium-katalysiertenCarboaminierungen aus. Um den Mechanismus dieser Re-aktionen zu untersuchen, synthetisierten sie Palladium-Ami-do-Komplexe und studierten die migratorische Insertion ei-nes anh�ngenden Alkens in die Pd-N-Bindung in situ.[107]

Durch Mischen von [(dppf)Pd(4-F-C6H4)Br] und KN(4-F-C6H4)(CH2)3CH=CH2 in THF bei Raumtemperatur bildetesich der Komplex [(dppf)Pd(4-F-C6H4)][N(4-F-C6H4)-(CH2)3CH=CH2] (1) (Schema 24; siehe Schema 26 f�r Ver-bindungen 2 und 3). Sie charakterisierten diesen Komplexdurch das Vorhandensein eines Paares von Duplett-Reso-nanzen bei d = 24.9 ppm (J = 38.1 Hz) und d = 9.0 ppm (J =

35.5 Hz) im 31P-NMR-Spektrum und zweier neuer Resonan-zen bei d =�123.7 und �137.3 ppm im 19F-NMR-Spektrum.Der Komplex ging eine migratorische Insertion des anh�n-genden Alkens in die Pd-N-Bindung ein und bildete dabeivermutlich einen Alkylpalladium-Aryl-Komplex als neuesIntermediat. Letzterer Komplex wiederum spaltet sich durch

Schema 22. Vorgeschlagener Mechanismus der Iridium-katalysiertenAddition von Anilin an Norbornen.

Schema 23. Reaktionen von Rhodiumamiden mit Vinylarenen.

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reduktive Eliminierung unter C-C-Bindungsbildung und bil-det dabei das Pyrrolidin-Produkt und [(dppf)2Pd] mit einerGeschwindigkeit, die vergleichbar mit derjenigen der Kom-plexbildung ist.

Die Struktur des Alkylpalladium-Aryl-Intermediats wur-de durch die Synthese eines Komplexes aufgekl�rt, der einenAmido-Liganden mit einem anh�ngenden 13C-markiertenAlken trug (Schema 25). Die chemischen Verschiebungen der

markierten Kohlenstoffatome im vorgeschlagenen Alkylpal-ladium-Amido-Intermediat waren nicht im Einklang mit ei-nem koordinierten Alken. Die chemische Verschiebung vonCb (d = 61.9 ppm) deutete darauf hin, dass es an ein Hetero-atom gebunden ist. Diese Konnektivit�t widerspricht einemsechsgliedrigen Palladacyclus, der aus der Alken-Insertion in

die Palladium-Aryl-Bindung hervorgehen w�rde. Stattdessenist diese Konnektivit�t im Einklang mit dem Produkt einerAlken-Insertion in eine Pd-N-Bindung (4 in Schema 24).Daher kamen die Autoren zu dem Schluss, dass die Reaktion�ber einen Weg verl�uft, der eine Aminopalladierung desAlkens einschließt. Die stereochemische Konfiguration derPyrrolidin-Produkte, die aus der Reaktion eines Palladium-Amido-Komplexes mit einem Deuterium-markierten trans-Alken hervorgehen, deutet an, dass unterm Strich eine syn-Addition der Aryl-Gruppe und eines Stickstoffatoms an dasAlken erfolgt.

Die Konzentrationen des Amido-Komplexes, des Alkyl-palladium-Aryl-Intermediats und des Pyrrolidins wurden imReaktionsverlauf aufgezeichnet. Da sich die Geschwindig-keiten der einzelnen Schritte innerhalb einer Grçßenordnungbefanden, wurde die Geschwindigkeitskonstante f�r jedenSchritt durch Anpassung der Geschwindigkeitsgleichungenf�r Folgereaktionen erster Ordnung bestimmt. Eine Eyring-Analyse zeigte, dass die Enthalpie-Barriere f�r die Alken-Insertion in die Pd-N-Bindung 24.8 kcal mol�1 betr�gt.

In einem nachfolgenden Artikel beschrieben Wolfe undMitarbeiter[110] die elektronischen und sterischen Effekte derbenachbarten Liganden sowie der Amido- und Aryl-Ligan-den auf die Geschwindigkeitskonstanten k1 und k2 f�r dieBildung bzw. Umsetzung des Aminoalkyl-Intermediats(Schema 26). Komplexe mit elektronenschiebenden Substi-tuenten an der N-Aryl-Gruppe wurden durch migratorischeInsertion von 1 zu 4 umgesetzt. Außerdem bildeten sie dasCarboaminierungsprodukt aus 4 durch reduktive Eliminie-rung schneller als Komplexe mit elektronenziehenden Sub-stituenten an der N-Aryl-Gruppe. Eine Hammett-Analysemit dem sp-Parameter ergab lineare Abh�ngigkeiten f�r log-(kR/kH), aus denen 1 = (�2.5� 0.2) und 1 = (�9.2� 0.06) f�rk1 bzw. k2 erhalten wurden. Ein klarer Zusammenhang zwi-schen Komplexen mit unterschiedlichen Substituenten amAryl-Ligand wurde nicht beobachtet. Der Effekt der elek-tronischen Eigenschaften des Hilfsliganden auf die Um-wandlung von 1 in 4 wurde ebenfalls untersucht. Der Kom-plex mit dem am wenigsten elektronenschiebenden dppf-Derivat (der Ligand mit p-CF3, dppf-p-CF3) wurde 1.5-malschneller umgesetzt als der Komplex mit nichtsubstituiertemdppf.

Der Effekt des Chelatwinkels auf die Reaktivit�t derArylpalladium-Amido-Komplexe wurde zwar untersucht,

Schema 24. Vorgeschlagener Mechanismus der Reaktion von Arylpalla-dium-Halogenid-Komplexen mit KN(Ar)(CH2)3CH=CH2.

Schema 25. Reaktionen von [(dppf)Pd]-Amid-Komplexen mit isotopen-markierten Alkenen.

Schema 26. Mçgliche Reaktionswege der Aminopalladierung in dppf-gebundenen Arylpalladium-Amido-Komplexen.

Migratorische Insertion

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aber quantitative Geschwindigkeitsdaten wurden nicht er-halten. Qualitative Untersuchungen zeigten, dass Amido-Komplexe mit Bisphosphanen mit großen Chelatwinkeln (N-Methyl-Nixanthphos und Xantphos) bei Raumtemperaturschnell Pyrrolidin-Produkte bildeten. Demgegen�ber rea-gierten Amido-Komplexe von Bisphosphanen mit kleinenChelatwinkeln (dppe, dpp-Benzol, dppp, binap) bei hohenTemperaturen (60 8C) entweder gar nicht oder wurden zer-setzt. Dar�ber hinaus zeigten die Autoren, dass ein Komplexmit einem Amido-Liganden, der an einem 1,1-disubstituier-ten Alken h�ngt, zum entsprechenden Pyrrolidin-Produktreagiert, obwohl diese Reaktion langsamer als die des ana-logen Komplexes mit einem monosubstituierten Alken ver-l�uft. Komplexe mit cis- oder trans-1,2-disubstituierten Al-kenen reagierten nicht.

F�r die Umsetzung des Amido-Komplexes 1 zumAminoalkyl-Komplex 4 wurden mehrere Mechanismen inErw�gung gezogen. In Schema 26 sind vier Wege gezeigt, vondenen zwei ein f�nffach koordiniertes Intermediat und zweidie Dissoziation einer H�lfte des chelatbildenden Phosphansbeinhalten. Ein Teil der Daten spricht daf�r, dass die Inser-tion �ber Pfad C verl�uft. F�r die Umsetzung von 1 nach 4wurde eine positive Aktivierungsentropie gemessen. F�r dieReaktion �ber Pfad A w�rde man eine negative Aktivie-rungsentropie erwarten, da die Gesamtordnung des Systemsim �bergangszustand von 1 nach 4 grçßer ist, w�hrend manf�r Pfad C, der eine geschwindigkeitsbestimmende Dissozia-tion des Phosphans beinhaltet, einen positiven DS�-Wert er-warten w�rde. Dar�ber hinaus war die Umwandlung von1 nach 4 f�r Komplexe mit weniger elektronenschiebendenBisphosphan-Liganden schneller als f�r Komplexe mit st�r-ker elektronenschieben Bisphosphanen. Die Dissoziation ei-nes Arms eines weniger schiebenden Phosphan-Ligandensollte schneller sein als die Dissoziation eines Arm eines mehrschiebenden Phosphans. Wenn die Schlussfolgerung vonWolfe stichhaltig ist, dann zeigen die kinetischen Daten dieelektronischen Effekte der Dissoziation des Phosphan-Li-ganden und nicht die der migratorischen Insertion.

Gleichzeitig mit den Arbeiten von Wolfe berichtetenHartwig und Mitarbeiter �ber eine Reihe von Palladium-Diarylamido-Komplexen, die mit nichtaktivierten Alkenenzu Enamin-Produkten reagieren.[108] Diese Reaktionen ver-laufen �ber eine intermolekulare migratorische Alken-In-sertion in die Pd-N-Bindung. Um die Bildung monomererAmido-Komplexe zu unterst�tzen und die reduktive Elimi-nierung unter Bildung einer C-N-Bindung zu unterdr�cken,wurden Komplexe mit einem cyclometallierten, monoanio-nischen Benzylphosphan untersucht. Stabile thf-gebundeneAmido-Komplexe wurden durch die Reaktion von [{(P-C)PdCl}2] mit KNAr2 in THF bei Raumtemperatur herge-

stellt (Schema 27). Mehrere Komplexe mit verschiedenenDiarylamido-Liganden wurden synthetisiert, isoliert undmittels Kristallstrukturanalyse vollst�ndig charakterisiert.

Die thf-gebundenen Amido-Komplexe reagierten mitEthylen bei �10 8C und mit 1-Octen bei 80 8C in guten Aus-beuten zu Enamin-Produkten (Schema 28). Komplexe mit

st�rker elektronenschiebenden Amido-Gruppen reagiertenschneller als diejenigen mit weniger elektronenschiebendenAmido-Gruppen. So reagierte beispielsweise der Komplexmit Di-p-anisylamid 10-mal schneller als die Komplexe mitweniger elektronenschiebenden Diphenyl- oder Di-p-fluor-phenylamid.

Der Mechanismus der Reaktion von Ethen mit Palla-dium-Amid-Komplexen wurde durch kinetische Experimenteund die Bewertung der stereochemischen Ergebnisse der In-sertion untersucht. Die Reaktion war erster Ordnung be-z�glich dem Palladium-Amid-Komplex und Ethylen und in-vers erster Ordnung bez�glich thf. Diese Daten sind im Ein-klang mit einem Ligandaustausch von Ethylen durch thf undder anschließenden migratorischen Insertion des Alkens indie Pd-N-Bindung eines vierfach koordinierten Ethylen-Amido-Intermediats. Die Reaktion der Palladium-Amid-Komplexe mit cis-[D2]-Ethylen erzeugte Enamin-Produktemit einer Alkengeometrie, die man als Ergebnis einer kon-zertierten migratorischen Insertion in die Pd-N-Bindung undanschließender b-Wasserstoff-Eliminierung, reduktiver Eli-minierung unter C-H-Bindungsbildung und Bindung des zu-s�tzlichen Phosphans erwarten w�rde.

Ein analoger Diarylamido-Komplex ohne thf-Ligandenwurde durch die Reaktion von [{(P-C)PdCl}2] mit KNAr2 inBenzol hergestellt. Dieser Komplex ist in Lçsung bei Raum-temperatur ein dreifach koordiniertes Monomer. In Lçsungbei niedrigen Temperaturen und im festen Zustand ist derKomplex unsymmetrisch und zweikernig (Schema 29). DieZugabe von Ethylen zum thf-freien, dreifach koordiniertenPalladium-Amid-Komplex bei �65 8C ergibt ein vierfach ko-ordiniertes Ethylen-Amido-Intermediat, das bei �40 8C einemigratorische Insertion eingeht. Das Ethylenamido-Inter-mediat wurde durch Niedrigtemperatur-NMR-Spektroskopiecharakterisiert. Unter anderem wurde eine neue, breite Re-sonanz bei d = 106.5 ppm im 13C-NMR-Spektrum bei �65 8Cnach Behandlung des thf-freien Palladium-Amido-Komple-xes mit 13CH2=

13CH2 beobachtet.Eine vollst�ndige Beschreibung des Mechanismus, durch

den diese Komplexe mit Ethylen reagieren, sowie der steri-schen und elektronischen Effekte des Hilfsliganden auf die

Schema 27. Synthese thf-gebundener Palladium-Diarylamido-Komple-xe.

Schema 28. Reaktionen thf-gebundener Palladiumamide mit Ethylenund Octen.

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Geschwindigkeit der migratorischen Insertion wurde vorkurzem verçffentlicht.[109] Der Zusatz unterschiedlicherMengen an �bersch�ssigem Ethylen zu den dreifach koordi-nierten Amido-Komplexen zeigte, dass die Bindung vonEthylen zur Bildung des Olefin-Addukts schnell und rever-sibel ist. Damit die Geschwindigkeit der migratorischen In-sertion direkt gemessen werden kann, wurden Reaktions-bedingungen ermittelt, unter denen in Lçsung haupts�chlichder Alken-Amido-Komplex vorlag. Mit einem �berschuss anEthylen (150 �quiv.) bei �50 8C war der Alken-Amido-Komplex mit �ber 85% der Hauptkomplex in Lçsung, unddie Geschwindigkeit der migratorischen Insertion konnte di-rekt gemessen werden. Der vorgeschlagene Mechanismus derReaktion dieser Palladium-Amid-Komplexe mit Ethylen istin Schema 30 dargestellt. Die Geschwindigkeitskonstante dermigratorischen Insertion hatte einen DG�-Wert von16.0 kcal mol�1.

Um die sterischen Effekte des Hilfsliganden auf die Ge-schwindigkeit der migratorischen Insertion zu untersuchen,wurde ein Amido-Komplex mit einem cyclometalliertenBenzyl(isopropyl)(tert-butyl)-Phosphanliganden hergestellt.Anschließend wurde die Reaktivit�t dieses Komplexes mitder Reaktivit�t von 2-(tBu)2PCH2C6H4-gebundenen Kom-plexen durch experimentelle und rechnerische Methodenverglichen. Die Geschwindigkeitskonstante der migratori-schen Insertion des sterisch weniger gehinderten 2-(tBu)-(iPr)PCH2C6H4-gebundenen Komplexes war fast eine Grç-ßenordnung kleiner als die Geschwindigkeitskonstante des 2-(tBu)2PCH2C6H4-gebundenen Komplexes (Schema 31).

Computerchemische Rechnungen trugen dazu bei, denEffekt der sterischen Eigenschaften des Liganden auf dieeinzelnen Schritte der migratorischen Insertion aufzuzeigen.Mit DFT-Methoden wurden die freien Energien der Reak-tionen dieser Komplexe und der Reaktionen analoger Kom-plexe mit einem verk�rzten 2-(CH3)2PCH2C6H4 berechnet.Die berechneten Barrieren entsprachen den experimentellgemessenen. Die sperrigen Substituenten am Phosphan ver-ursachen st�rkere sterische Wechselwirkungen im Grundzu-stand als im �bergangszustand der migratorischen Insertion.Somit haben Komplexe mit sperrigeren Hilfsliganden in mi-gratorischen Insertionen eine niedrigere Aktivierungsenergieals Komplexe mit weniger sperrigen Hilfsliganden.

Da die Reaktionen der zwei thf-gebundenen Analogadieser Komplexe bei �10 8C mit �hnlichen Geschwindig-keitskonstanten ablaufen, muss der durch den Hilfsligandenverursachte sterische Effekt auf die migratorische Insertiondurch den sterischen Effekt der Bindung des Alkens an dendreifach koordinierten Komplex ausgeglichen werden. DerKeq-Wert f�r die Bindung von thf an den Komplex mit demsterisch weniger anspruchsvollen Liganden 2-(tBu)-(iPr)PCH2C6H4 ist zweimal grçßer als der Keq-Wert f�r dieBindung von thf an den Komplex mit dem sterisch an-spruchsvolleren Liganden 2-(tBu)2PCH2C6H4. In gleicherWeise war der Keq-Wert f�r die Bindung von Ethylen an densterisch weniger eingeschr�nkten Komplex 13-mal grçßer alsder Keq-Wert f�r die Bindung von thf an den sterisch mehreingeschr�nkten Komplex. Somit kompensieren die f�r dieeinzelnen Komplexe gemessenen Gleichgewichtskonstantendie relativen Geschwindigkeitskonstanten der migratorischenInsertion, und die Geschwindigkeitskonstanten der Gesamt-

Schema 29. Herstellung thf-freier und Ethylen-gebundener Palladium-amide.

Schema 31. Geschwindigkeitskonstanten der migratorischen Insertionvon Amidopalladium-Ethylen-Komplexen. DMSO= Dimethylsulfoxid.

Schema 30. Vorgeschlagener Mechanismus der Reakion Benzylphosphan-gebundener Palladiumamide mit Ethylen.

Migratorische Insertion

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reaktionen von Ethen mit den zwei thf-gebundenen Amidensind einander �hnlich.

Um die elektronischen Effekte der Hilfsliganden auf dieGeschwindigkeitskonstante der migratorischen Insertioneinsch�tzen zu kçnnen, wurden Amido-Komplexe mit cyclo-metallierten Di-tert-butylbenzylphosphan-Liganden mit me-ta-Trifluormethyl- und meta-Methoxy-Substituenten amArylring untersucht. Die Auswirkungen der elektronischenEigenschaften des Alkens auf die Geschwindigkeit der In-sertion wurden untersucht, indem thf-gebundene Palladium-Amido-Komplexe mit einer Reihe von Vinylarenen mit un-terschiedlichen Substituenten am Arylring umgesetzt wurden.Komplexe mit weniger elektronenschiebenden Hilfsligandenreagierten in migratorischen Insertionen schneller als dieje-nigen mit st�rker elektronenschiebenden Phosphanen(Schema 31).

Um den elektronischen Effekt des Alkens auf die Ge-schwindigkeitskonstante der migratorischen Insertion zu un-tersuchen, wurden schließlich Palladium-Amido-Komplexemit einer Reihe von Vinylarenen mit elektronenziehendenund -schiebenden Substituenten umgesetzt. Die Reaktionenelektronen�rmerer Vinylarene verliefen schneller als dieelekronenreicherer Vinylarene. Eine Hammett-Analyse er-gab einen 1-Wert von 1.04. Damit kommt es w�hrend dermigratorischen Insertion zu einer B�ndelung der negativenLadung oder einer verkleinerten positiven Teilladung imOlefin. Diese Untersuchung der Insertion von Alkenen inPalladium-Amido-Komplexe liefert somit einen ungewçhn-lich detaillierten Einblick in die Auswirkungen der sterischenund elektronischen Eigenschaften des Alkens, des reaktivenLiganden und der Hilfsliganden auf die Reaktionsgeschwin-digkeit.

Erst k�rzlich beschrieben White und Stahl die intramo-lekulare migratorische Insertion eines nichtaktivierten Ole-fins in die Pd-N-Bindung eines wohldefinierten Palladium-Sulfonamidat-Komplexes.[111] Der luftstabile Palladium-Amidat-Komplex wurde durch die Reaktion von[(tBu2bpy)PdCl2] mit einem einzelnen �quivalent NaN(Ts)-[(CH2)3CH=CH2] in CH2Cl2 bei Raumtemperatur hergestelltund mittels NMR-Spektroskopie und Kristallstrukturanalysevollst�ndig charakterisiert. Die Reaktion des Sulfonamidat-Komplexes in DMSO �ber 12 Stunden ergab einen Alkyl-palladium-Chlorid-Komplex. Es wurde vorgeschlagen, dassdieser Komplex durch Dissoziation des Chlorid-Ligandenund nachfolgende migratorische Insertion des anh�ngendenAlkens in eine Pd-N-Bindung �ber ein vierfach koordiniertesIntermediat entsteht (Schema 32). Unter aeroben Bedin-gungen bei 60 8C reagierte der Alkylkomplex in einer b-Wasserstoff-Eliminierung zu einer Mischung aus N-Tosyl-pyrrol- und N-Tosylpyrrolidin-Produkten (Schema 33). DieReaktion eines Palladium-Sulfonamidat-Komplexes mit ei-

nem stereochemisch definierten Deuterium-markiertenAmido-Liganden ergab die aus einer syn-Aminopalladierungresultierenden Produkte.

Der Zusatz von �bersch�ssigem HCl zu den Amino-alkylpalladium-Chlorid-Komplexen f�hrte zur schnellen Bil-dung von 4-Pentenyltosylamid und [(tBu2bpy)PdCl2] (Sche-ma 33). So geht der Alkylkomplex schneller eine Deinsertiondes Sulfonamids (b-Amidat-Eliminierung) als die b-Wasser-stoff-Eliminierung ein, und der daraus resultierende Palla-dium-Amidat-Komplex wird durch HCl protoniert. DiesesErgebnis l�sst darauf schließen, dass die Alken-Insertion indie Palladium-Amidat-Bindung reversibel ist. Die Reaktio-nen einer Reihe von Palladium-Sulfonamidat-Komplexen mitverschiedenen para-substituierten Benzolsulfonamidat-Gruppen wurden mit 1H-NMR-Spektroskopie verfolgt. DieSulfonamid-Komplexe reagierten in einer migratorischenInsertion zu einem Gleichgewichtsgemisch aus Aminoalkyl-Palladium- und Sulfonamidat-Palladium-Komplexen. DieKomplexe zerfielen unter der Bildung heterocyclischer Pro-dukte (Schema 34). Die Geschwindigkeitskonstante der mi-

gratorischen Insertion wurde f�r jeden dieser Komplexe ge-messen, und die Komplexe mit st�rker elektronenschieben-den Gruppen am Amidatliganden reagierten schneller alsdiejenigen mit weniger elektronenschiebende Gruppen.Dieser Trend entspricht dem Befund f�r die Insertion vonEthylen in Palladium-Diarylamido-Bindungen.

Schlussfolgerungen

In letzter Zeit wurde �ber mehrere katalytische Aminie-rungen und Alkoxylierungen von Alkenen berichtet, f�r de-ren Katalysezyklus eine migratorische Insertion eines Alkensin eine M-N- oder M-O-Bindung als Teilschritt vorgeschlagenwurde. Dar�ber hinaus wurden Beispiele f�r isolierte Amido-und Alkoxo-Komplexe, die mit Alkenen reagieren, be-schrieben. Die Neigung von Amido- und Alkoxo-Komplexenzur Bildung stabiler N- oder O-verbr�ckter Dimere oderOligomere macht die Bildung von Amido- und Alkoxo-Komplexen mit einer Alken-Bindungsstelle schwierig.Schema 32. Reaktion von Palladium-Sulfonamidat-Komplexen.

Schema 33. Reaktionen eines Di-tert-butylpyridin-gebundenen Palla-dium-Alkyl-Komplexes.

Schema 34. Vorgeschlagener Mechanismus f�r Reaktionen von Palla-dium-Sulfonamidat-Komplexen.

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Page 16: Migratorische Insertion von Alkenen in Metall-Sauerstoff- und Metall-Stickstoff-Bindungen

In den letzten Jahren wurden jedoch in mehreren Artikelneine Reihe von Palladium-Amido-Komplexe beschrieben, diemigratorische Insertionen mit nichtaktivierten Olefinen ein-gehen. Die in diesen Untersuchungen durchgef�hrten Expe-rimente bieten direkte Beweise daf�r, dass die migratorischeInsertion eines Alkens in eine Bindung eines sp�ten �ber-gangsmetalls mit Stickstoff eine niedrige Aktivierungsenergiehat. Die von Stahl, Wolfe und Hartwig untersuchten Systemegingen bei oder unterhalb Raumtemperatur migratorischeInsertionen ein, und diese niedrigen Aktivierungsenergien�hneln denen, die f�r Insertionen in M-C-Bindungen beob-achtet wurden.

Obwohl die meisten Autoren vorgeschlagen haben, dassMetall-katalysierte Aminierungen und Alkoxylierungen vonOlefinen �ber den Angriff eines Heteroatom-Nukleophils aufein Metall-koordiniertes Olefin verlaufen, finden viele dieserReaktionen wahrscheinlich durch migratorische Insertion desAlkens in eine M-O- oder M-N-Bindung statt. Die niedrigenAktivierungsenergien, die inzwischen direkt f�r migratori-sche Insertionen gemessen wurden, erkl�ren, warum kataly-tische Reaktionen �ber die migratorische Insertion einesAlkens in eine M-O- oder M-N-Bindung verlaufen, obwohlauf der Grundlage fr�herer mechanistischer Studien vermutetwurde, dass sie �ber den externen Angriff eines Nukleophilsverlaufen. In der Tat haben migratorische Insertionen vonAlkenen in M-O- und M-N-Bindungen �hnliche Aktivie-rungsenergien wie Insertionen in M-C-Bindungen.

Eine Neubewertung des Mechanismus Lanthanoid-kata-lysierter Hydroaminierungen scheint aufgrund neuer Beweisef�r einen sechsgliedrigen �bergangszustand mit gleichzeiti-ger Beteiligung eines Amid- und Amin-Liganden ebenfallsgeboten. Wenn allerdings die Reaktionen von Lanthanoidenmit Alkenen �ber diesen sechsgliedrigen �bergangszustandverlaufen, d�rften die Insertionen von Alkenen in Metall-Amid-Bindungen von Lanthanoid-Komplexen nicht so ein-fach sein, wie urspr�nglich angenommen. Bevor diese Re-aktionen ebenso gut verstanden sind wie die migratorischeInsertion von Alkenen in M-C-Bindungen, werden offen-sichtlich noch viele Informationen bençtigt.

Danksagung

Wir danken dem Department of Energy (DE-FG02-96ER14678) f�r die Unterst�tzung unserer grundlegendenStudien �ber migratorische Insertionen in Palladium-Stick-stoff-Bindungen. Unsere Arbeit in Berkeley wurde vom Di-rector, Office of Science, of the U.S. Department of Energyunter der Vertragsnr. DE-AC02-05CH11231 unterst�tzt.

Eingegangen am 8. Januar 2013Online verçffentlicht am 5. Juli 2013

�bersetzt von Dr. Susanne Kruse, Weinheim

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