Mileva Maric-Einstein Online - Das Zürcher Grab Milevas · 2014. 12. 26. · älteren Mileva Maric...

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DONNERSTAG, 9. SEPTEMBER 2004 wissen TAGBLATT 29 Das Zürcher Grab Milevas Rätsel und Mythen um die erste Frau von Albert Einstein, Mileva Einstein-Maric Als Physikstudentin am Polytechnikum Zürich war sie eine Exklusivität. Als Ehefrau von Albert Einstein wurde sie unglücklich. Das Grab von Mileva Einstein-Maric wurde jetzt wiederentdeckt. BRUNO KNELLWOLF Am 23. Juni dieses Jahres trafen sich sieben Menschen auf dem Nordheim-Friedhof in Zürich: Vertreter des Stadtarchivs und Bestattungsamtes, ein serbisch- orthodoxer Priester, die General- konsulin von Serbien und Mon- tenegro sowie Peter Stojanovic. Letzterer ist Gründer der Tesla Society Schweiz (siehe Kasten), wohnt in St. Gallen und hat hier ein Archiv angelegt. Der Inhalt: Mileva Einstein-Maric. Die erste Frau des genialen Physikers Al- bert Einstein, mit dem Mileva drei Kinder hatte. Der Priester hat ein Kreuz mit- gebracht, um die Wiederauffin- dung des Grabs von Mileva Ein- stein zu würdigen: «Grab Nr. 9357, Grabfeld Nr. 9». Einen Grabstein sieht man nicht mehr, ein Grab auch nicht, nur grüne Wiese – aus alten Plänen wurde die Grabstelle rekonstruiert. Un- auffällig, ohne Glanz – so wie das Leben von Mileva geendet hat. Nun soll ihr eine Gedenktafel ge- widmet werden. «So sehr mich mein altes Zürich wieder anheimelt, so sehr fehlst Du mir, meine klei- ne, liebe ‹rechte Hand›. Ich mag hingehen, wo ich will – ich gehöre doch nirgends hin und ich vermisse zwei Är- mchen und das glühende Mäulchen voller Zärtlichkeit und Puzerline.» Albert an Mileva, 9. August 1900 Erst lange nach ihrem Tod 1948 ist die gebürtige Serbin wieder ins öffentliche Bewusst- sein gerückt. Und bald rank- ten sich Gerüchte um Mileva: War sie massgeblich an den grossen physikalischen Genie- streichen, vor allem an der Ent- wicklung der Relativitätstheorie, beteiligt? Immerhin war sie bis 1905, das als das fruchtbarste wissenschaftliche Jahr Einsteins gilt (Entdeckung der Licht- quanten, erste Arbeiten zur Rela- tivitätstheorie), die Frau an sei- ner Seite. Physik war tatsächlich auch die Disziplin von Mileva. Als ein- zige Frau begann sie zusammen mit Albert Einstein 1896 am Po- lytechnikum, heute die Eidge- nössische Technische Hoch- schule Zürich, ihr Physikstu- dium. Dies zu einer Zeit, als es gemäss dem Biografen Armin Hermann noch hiess: Gelehrte Frauen seien «Ergebnisse der Entartung» und «Nur durch krankhafte Veränderungen kann das Weib andere Talente als die zur Geliebten und Mutter befähi- genden erwerben». Mileva kam nicht zuletzt nach Zürich, weil dort Frauen überhaupt studieren durften. Geboren worden war Mileva 1875 in Novi Sad, damals zu Un- garn gehörend. Ethnisch war sie Serbin und die Tochter eines wohlhabenden Beamten. Bevor sie in die Schweiz kam, hatte sie mit besonderer Genehmigung den Mathematik- und Physikun- terricht an einem Knabengym- nasium in Zagreb besucht. Um ihre Ausbildung zu vervollständi- gen, wechselte sie 1894 an die Höhere Töchterschule der Stadt Zürich, danach schrieb sie sich an der Universität Zürich zum Medizinstudium ein, wechselte aber kurze Zeit später ins Physik- studium. Dort traf sie den jungen Ein- stein. In der dreieinhalb Jahre älteren Mileva Maric fand er eine Partnerin, die seine wissen- schaftliche Begeisterung und seine Interessen teilte. Zeugnis davon sind die Liebesbriefe, die beiden in den Jahren 1897 bis 1903 austauschten, welche in Buchform* gesammelt sind. Sie geben allerdings keinen Auf- schluss darüber, wie weit der Beitrag Milevas an Einsteins Schaffen geht. Doch zeugen ihre frühen Briefe an Einstein «von einem hohen Mass an Selbst- sicherheit und Unabhängig- keit, Disziplin im Studium und einer gehörigen Portion Spott- lust», wie der Biograf Jürgen Renn schreibt. Doch bald wird in die- sen Briefen ihr Gefühl der Isola- tion als einzige Frau in ihrem Semester deutlich spürbar. Ihre späteren Briefe sind oft von einem fatalistischen Ton gekenn- zeichnet. Die Briefe zeigen, wie Mileva 1901 zum zweiten Mal versuchte, das Fachlehrerdip- lom am Polytechnikum zu erwer- ben, was ihr wiederum nicht ge- lang. Ein halbes Jahr später brachte sie die gemeinsame Tochter zur Welt. Die Geburt eines uneheli- chen Kindes machte ihre Situa- tion noch prekärer. Zum einen missbilligten die Eltern Einsteins die Verbindung Alberts zu Mileva. Zum anderen hatten beide noch kein gesichertes Einkommen, Einstein hatte damals nur eine Aushilfslehrerstelle am Techni- kum Winterthur. Durch das Töch- terchen «Lieserl» wird die Bewer- bung Einsteins für eine feste Stel- le im Patentamt Bern zusätzlich gefährdet. Vom «Lieserl» ist später nie mehr die Rede; bis heute ist nicht klar, was aus Einsteins er- stem Kind geworden ist. Vermutet wird, dass sie zur Adoption freige- geben worden ist. Ich freu mich auch sehr auf unsere neuen Arbeiten. Du musst jetzt Deine Untersu- chung fortsetzen – wie stolz werd ich sein, wenn ich gar vielleicht ein kleines Doktor- lein zum Schatz hab & selbst noch ein ganz gewöhnlicher Mensch bin. Albert an Mileva, 13. September 1900 Nachdem Albert am 16. Juni 1902 eine Anstellung am Patent- amt erhalten hat, heiraten die beiden sechs Monate später. Die Briefe deuten darauf hin, dass Mileva ab diesem Zeitpunkt 1902 nicht mehr die geistig-seelisch beeindruckende Partnerin war, in die er sich fünf Jahre zuvor ver- liebt hatte. Trotzdem wurde 1904 ihr erster Sohn, Hans Albert, ge- boren und 1910 ihr zweiter Sohn Eduard. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte sich das Paar auseinan- der gelebt. Dem lebensfrohen, selbstbewussten Einstein miss- fiel die immer misstrauischere, wortkargere Mileva in ihrer de- pressiven Art. Einstein schrieb später: «Auch ihre körperliche Behinderung hat zu dieser psy- chischen Grundeinstellung bei- getragen.» Eine Knochentuber- kulose hatte zu einer Verkürzung eines Beines geführt, weswegen sie hinkte. Einstein folgte 1914 dem Ruf nach Berlin, Mileva reiste ihm mit den beiden Kindern nach, verliess Einstein aber bald wieder Richtung Zürich; die Ehe wurde 1919 geschieden. In Zürich lebte sie danach weitere drei Jahrzehn- te in bescheidenen Verhältnissen und profitierte nur noch einmal von Einsteins Erfolg. Nachdem dieser im Jahr 1921 den Nobel- preis für Physik zugesprochen bekam, erhielt Mileva das Geld für die Söhne. Der jüngere Sohn Eduard litt an Geisteskrankheit und musste in der Heilanstalt Burghölzli gepflegt werden, das in Immobilien angelegte Geld schwand dementsprechend. Das Verhältnis zwischen Mileva und Albert war inzwischen derart schlecht, dass Einstein, nun in den USA lebend, keinen guten Faden an Mileva liess und sie auch finanziell nicht besonders unterstützte. Auch seine man- gelnde Fürsorge für seine Söhne warf Schatten auf den Nobel- preisträger und förderte das Ent- stehen von Mythen. Aber siehst, es ist wirklich ein Lieserl geworden, wie Du es wünschtest. Ist es auch gesund und schreit es schon gehörig? Was hat es denn für Augerl? Wem von uns sieht es mehr ähnlich? Albert an Mileva, 4. Februar 1902 Die feministische Zeitschrift «Emma» publizierte 1983 einen Aufsatz zu Mileva Maric mit dem Titel: «Die Mutter der Relativitätstheorie». Der Frau sei Unrecht geschehen, ihr Anteil am Zustandekommen der Theo- rie sei totgeschwiegen wor- den. Eine These, welche eine serbische Biografin bereits 1969 in die Welt gesetzt hatte. «Wahr- scheinlich hätte Einstein über diesen surrealistischen Witz schallend gelacht», schreibt Buchautor Armin Hermann. Schon 1920 war ihm von Antise- miten Plagiat vorgeworfen wor- den. Allerdings hatten diese kei- ne Ahnung, bei wem Einstein ab- geschrieben haben soll. Einen wissenschaftlichen Beweis für ei- ne Mitarbeit Milevas an der Rela- tivitätstheorie wurde ebenfalls nie gefunden. Dass sie zumin- dest während einiger Jahre als mutige, junge Intellektuelle In- spiration und Beistand war, scheint dagegen nicht umstrit- ten. «Ich bin glücklich, dass ich eine Person gefunden habe, wel- che mir ebenbürtig ist», wird Ein- stein denn auch in einem neuen Film einer australischen Regis- seurin zitiert. Eine der Akten in Peter Stoja- novics Wohnung in St.Gallen weist den Weg nach Rorschach – zur Pianofabrik Sabel. Dort hatte sie ein Klavier oder zumindest ei- nen Teil davon gekauft. Wenige Wochen später starb sie am 4. Au- gust 1948 in Zürich. Am 6. August um 16.30 Uhr wurde sie im Fried- hof Nordheim beerdigt. *«Albert Einstein, Mileva Maric. Am Sonntag küss ich Dich mündlich. Die Liebesbriefe 1897–1903», Piper-Ver- lag, München/Zürich Bild aus glücklichen Tagen: Albert Einstein mit Ehefrau Mileva Einstein-Maric, seiner früheren Studiengefährtin am Polytechnikum Zürich. Nicolas Tesla war ein bedeuten- der und genialer serbo-amerika- nischer Erfinder und Physiker. Der am 10. Juli 1856 im heutigen Kroatien geborene Serbe wan- derte nach Studien in Graz, Wien und Paris in die USA aus und war ab dem Jahre 1884 als Mitarbei- ter bei Thomas Edison beschäf- tigt. Er gründete in New York ein eigenes Labor und entdeckte un- abhängig von anderen Physikern das Prinzip des Drehstrommotors und erzeugte mit dem Tesla- Transformator die ungefährlichen hochfrequenten Wechselströme hoher Spannung, aber kleiner Stromstärke, welche vor allem in der Medizin nützlich sind. Der 1943 in New York verstorbene Tesla hat hunderte von Erfindun- gen zu Energie und Magnetismus gemacht. Die Tesla Society ver- sucht das Andenken an den Phy- siker wach zu halten. In der Schweiz hat der in St. Gallen wohnhafte Peter Stojanovic die Tesla Society Schweiz gegrün- det. (Kn.) www.teslasociety.ch STICHWORT Tesla Society Eine Legende ist nicht totzukrie- gen: Albert Einstein war zu keiner Zeit ein schlechter Schüler, schreibt der Biograf Armin Her- mann. Im Luitpoldgymnasium in München hatte er immer gute bis sehr gute Noten. Er war der jüngste in seiner Klasse und er- hielt in Latein und Mathematik die Höchstnoten, eine Eins, im Griechischen eine Zwei. Monate später verliess er im Jahre aller- dings nach einem Streit mit sei- nem Klassenlehrer die Schule ohne Abschlussexamen. Man vermutet, dass Einstein dem Mi- litärdienst entgehen wollte. Auch später stand er oft in Opposition zu seinen Lehrmeistern, was viel- leicht zur Legendenbildung bei- getragen hat. Peter Stojanovic hat Kopien der Zeugnisse der ETH Zürich zu Hause in seinem Archiv. Einstein hatte gute Noten. Allerdings ist bemerkenswert, dass seine Kommilitonin Mileva nicht die schlechteren hatte als der spätere Nobelpreisträger. Das Fachlehrer-Diplom hat Mileva allerdings nicht geschafft. (Kn.) STICHWORT Albert Einsteins Noten Bild: Piper-Verlag Mileva Einstein-Maric mit ihrem 1904 geborenen Sohn Hans Albert. Einsteins Frau Ist die erste Frau Albert Einsteins, Mileva Einstein-Maric, ein verkanntes Genie, welches einen massgeblichen Beitrag an Einsteins Relativitätstheorie leistete? In Zürich wurde diesen Sommer ihr Grab auf dem Nordheim-Friedhof wiederentdeckt. Sicher ist nur, dass das Leben der ehemaligen Physik-Studentin einsam endete. Bild: rtr

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DONNERSTAG, 9. SEPTEMBER 2004 wissen TAGBLATT 29

Das ZürcherGrab Milevas

Rätsel und Mythen um die erste Frau von Albert Einstein, Mileva Einstein-Maric

Als Physikstudentin am Polytechnikum Zürich war sieeine Exklusivität. Als Ehefrauvon Albert Einstein wurde sieunglücklich. Das Grab vonMileva Einstein-Maric wurdejetzt wiederentdeckt.

BRUNO KNELLWOLF

Am 23. Juni dieses Jahres trafensich sieben Menschen auf demNordheim-Friedhof in Zürich:Vertreter des Stadtarchivs undBestattungsamtes, ein serbisch-orthodoxer Priester, die General-konsulin von Serbien und Mon-tenegro sowie Peter Stojanovic.Letzterer ist Gründer der TeslaSociety Schweiz (siehe Kasten),wohnt in St. Gallen und hat hierein Archiv angelegt. Der Inhalt:Mileva Einstein-Maric. Die ersteFrau des genialen Physikers Al-bert Einstein, mit dem Milevadrei Kinder hatte.

Der Priester hat ein Kreuz mit-gebracht, um die Wiederauffin-dung des Grabs von Mileva Ein-stein zu würdigen: «Grab Nr.9357, Grabfeld Nr. 9». EinenGrabstein sieht man nicht mehr,ein Grab auch nicht, nur grüneWiese – aus alten Plänen wurdedie Grabstelle rekonstruiert. Un-auffällig, ohne Glanz – so wie dasLeben von Mileva geendet hat.Nun soll ihr eine Gedenktafel ge-widmet werden.

«So sehr mich mein altesZürich wieder anheimelt, sosehr fehlst Du mir, meine klei-ne, liebe ‹rechte Hand›. Ichmag hingehen, wo ich will –ich gehöre doch nirgends hinund ich vermisse zwei Är-mchen und das glühendeMäulchen voller Zärtlichkeitund Puzerline.»

Albert an Mileva, 9. August 1900

Erst lange nach ihrem Tod1948 ist die gebürtige Serbinwieder ins öffentliche Bewusst-sein gerückt. Und bald rank-ten sich Gerüchte um Mileva:War sie massgeblich an den grossen physikalischen Genie-streichen, vor allem an der Ent-wicklung der Relativitätstheorie,beteiligt? Immerhin war sie bis1905, das als das fruchtbarstewissenschaftliche Jahr Einsteinsgilt (Entdeckung der Licht-quanten, erste Arbeiten zur Rela-

tivitätstheorie), die Frau an sei-ner Seite.

Physik war tatsächlich auchdie Disziplin von Mileva. Als ein-zige Frau begann sie zusammenmit Albert Einstein 1896 am Po-lytechnikum, heute die Eidge-nössische Technische Hoch-schule Zürich, ihr Physikstu-dium. Dies zu einer Zeit, als esgemäss dem Biografen ArminHermann noch hiess: GelehrteFrauen seien «Ergebnisse derEntartung» und «Nur durchkrankhafte Veränderungen kanndas Weib andere Talente als diezur Geliebten und Mutter befähi-genden erwerben». Mileva kamnicht zuletzt nach Zürich, weildort Frauen überhaupt studierendurften.

Geboren worden war Mileva1875 in Novi Sad, damals zu Un-garn gehörend. Ethnisch war sieSerbin und die Tochter eineswohlhabenden Beamten. Bevorsie in die Schweiz kam, hatte siemit besonderer Genehmigungden Mathematik- und Physikun-terricht an einem Knabengym-nasium in Zagreb besucht. Umihre Ausbildung zu vervollständi-gen, wechselte sie 1894 an dieHöhere Töchterschule der StadtZürich, danach schrieb sie sichan der Universität Zürich zumMedizinstudium ein, wechselteaber kurze Zeit später ins Physik-studium.

Dort traf sie den jungen Ein-stein. In der dreieinhalb Jahreälteren Mileva Maric fand er einePartnerin, die seine wissen-schaftliche Begeisterung undseine Interessen teilte. Zeugnisdavon sind die Liebesbriefe, diebeiden in den Jahren 1897 bis1903 austauschten, welche inBuchform* gesammelt sind. Siegeben allerdings keinen Auf-schluss darüber, wie weit derBeitrag Milevas an EinsteinsSchaffen geht. Doch zeugen ihrefrühen Briefe an Einstein «voneinem hohen Mass an Selbst-sicherheit und Unabhängig-keit, Disziplin im Studium undeiner gehörigen Portion Spott-lust», wie der Biograf Jürgen Rennschreibt. Doch bald wird in die-sen Briefen ihr Gefühl der Isola-tion als einzige Frau in ihremSemester deutlich spürbar. Ihrespäteren Briefe sind oft voneinem fatalistischen Ton gekenn-zeichnet. Die Briefe zeigen, wieMileva 1901 zum zweiten Malversuchte, das Fachlehrerdip-lom am Polytechnikum zu erwer-

ben, was ihr wiederum nicht ge-lang.

Ein halbes Jahr später brachtesie die gemeinsame Tochter zurWelt. Die Geburt eines uneheli-chen Kindes machte ihre Situa-tion noch prekärer. Zum einenmissbilligten die Eltern Einsteinsdie Verbindung Alberts zu Mileva.Zum anderen hatten beide nochkein gesichertes Einkommen,Einstein hatte damals nur eineAushilfslehrerstelle am Techni-kum Winterthur. Durch das Töch-terchen «Lieserl» wird die Bewer-bung Einsteins für eine feste Stel-le im Patentamt Bern zusätzlichgefährdet. Vom «Lieserl» ist späternie mehr die Rede; bis heute istnicht klar, was aus Einsteins er-stem Kind geworden ist. Vermutetwird, dass sie zur Adoption freige-geben worden ist.

Ich freu mich auch sehr aufunsere neuen Arbeiten. Dumusst jetzt Deine Untersu-chung fortsetzen – wie stolzwerd ich sein, wenn ich garvielleicht ein kleines Doktor-lein zum Schatz hab & selbstnoch ein ganz gewöhnlicherMensch bin.

Albert an Mileva, 13. September 1900

Nachdem Albert am 16. Juni1902 eine Anstellung am Patent-

amt erhalten hat, heiraten diebeiden sechs Monate später. DieBriefe deuten darauf hin, dassMileva ab diesem Zeitpunkt 1902nicht mehr die geistig-seelischbeeindruckende Partnerin war,in die er sich fünf Jahre zuvor ver-liebt hatte. Trotzdem wurde 1904ihr erster Sohn, Hans Albert, ge-boren und 1910 ihr zweiter SohnEduard.

Bereits zu diesem Zeitpunkthatte sich das Paar auseinan-der gelebt. Dem lebensfrohen,selbstbewussten Einstein miss-fiel die immer misstrauischere,wortkargere Mileva in ihrer de-pressiven Art. Einstein schriebspäter: «Auch ihre körperlicheBehinderung hat zu dieser psy-chischen Grundeinstellung bei-getragen.» Eine Knochentuber-kulose hatte zu einer Verkürzungeines Beines geführt, weswegensie hinkte.

Einstein folgte 1914 dem Rufnach Berlin, Mileva reiste ihmmit den beiden Kindern nach,verliess Einstein aber bald wiederRichtung Zürich; die Ehe wurde1919 geschieden. In Zürich lebtesie danach weitere drei Jahrzehn-te in bescheidenen Verhältnissenund profitierte nur noch einmalvon Einsteins Erfolg. Nachdemdieser im Jahr 1921 den Nobel-preis für Physik zugesprochenbekam, erhielt Mileva das Geld

für die Söhne. Der jüngere SohnEduard litt an Geisteskrankheitund musste in der HeilanstaltBurghölzli gepflegt werden, dasin Immobilien angelegte Geldschwand dementsprechend. DasVerhältnis zwischen Mileva undAlbert war inzwischen derartschlecht, dass Einstein, nun inden USA lebend, keinen gutenFaden an Mileva liess und sieauch finanziell nicht besondersunterstützte. Auch seine man-gelnde Fürsorge für seine Söhnewarf Schatten auf den Nobel-preisträger und förderte das Ent-stehen von Mythen.

Aber siehst, es ist wirklich einLieserl geworden, wie Du eswünschtest. Ist es auch gesundund schreit es schon gehörig?Was hat es denn für Augerl?Wem von uns sieht es mehrähnlich?

Albert an Mileva, 4. Februar 1902

Die feministische Zeitschrift«Emma» publizierte 1983 einenAufsatz zu Mileva Maric mit dem Titel: «Die Mutter derRelativitätstheorie». Der Frau seiUnrecht geschehen, ihr Anteilam Zustandekommen der Theo-rie sei totgeschwiegen wor-den. Eine These, welche eineserbische Biografin bereits 1969

in die Welt gesetzt hatte. «Wahr-scheinlich hätte Einstein überdiesen surrealistischen Witzschallend gelacht», schreibtBuchautor Armin Hermann.Schon 1920 war ihm von Antise-miten Plagiat vorgeworfen wor-den. Allerdings hatten diese kei-ne Ahnung, bei wem Einstein ab-geschrieben haben soll. Einenwissenschaftlichen Beweis für ei-ne Mitarbeit Milevas an der Rela-tivitätstheorie wurde ebenfallsnie gefunden. Dass sie zumin-dest während einiger Jahre alsmutige, junge Intellektuelle In-spiration und Beistand war,scheint dagegen nicht umstrit-ten. «Ich bin glücklich, dass icheine Person gefunden habe, wel-che mir ebenbürtig ist», wird Ein-stein denn auch in einem neuenFilm einer australischen Regis-seurin zitiert.

Eine der Akten in Peter Stoja-novics Wohnung in St. Gallenweist den Weg nach Rorschach –zur Pianofabrik Sabel. Dort hattesie ein Klavier oder zumindest ei-nen Teil davon gekauft. WenigeWochen später starb sie am 4. Au-gust 1948 in Zürich. Am 6. Augustum 16.30 Uhr wurde sie im Fried-hof Nordheim beerdigt.

*«Albert Einstein, Mileva Maric. AmSonntag küss ich Dich mündlich. DieLiebesbriefe 1897–1903», Piper-Ver-lag, München/Zürich

Bild aus glücklichen Tagen: Albert Einstein mit Ehefrau Mileva Einstein-Maric, seiner früheren Studiengefährtin am Polytechnikum Zürich.

Nicolas Tesla war ein bedeuten-der und genialer serbo-amerika-nischer Erfinder und Physiker. Der am 10. Juli 1856 im heutigenKroatien geborene Serbe wan-derte nach Studien in Graz, Wienund Paris in die USA aus und warab dem Jahre 1884 als Mitarbei-ter bei Thomas Edison beschäf-tigt. Er gründete in New York eineigenes Labor und entdeckte un-abhängig von anderen Physikerndas Prinzip des Drehstrommotorsund erzeugte mit dem Tesla-Transformator die ungefährlichen

hochfrequenten Wechselströmehoher Spannung, aber kleinerStromstärke, welche vor allem inder Medizin nützlich sind. Der1943 in New York verstorbeneTesla hat hunderte von Erfindun-gen zu Energie und Magnetismusgemacht. Die Tesla Society ver-sucht das Andenken an den Phy-siker wach zu halten. In derSchweiz hat der in St. Gallenwohnhafte Peter Stojanovic die Tesla Society Schweiz gegrün-det. (Kn.)www.teslasociety.ch

STICHWORT

Tesla SocietyEine Legende ist nicht totzukrie-gen: Albert Einstein war zu keiner Zeit ein schlechter Schüler,schreibt der Biograf Armin Her-mann. Im Luitpoldgymnasium inMünchen hatte er immer gute bis sehr gute Noten. Er war derjüngste in seiner Klasse und er-hielt in Latein und Mathematikdie Höchstnoten, eine Eins, imGriechischen eine Zwei. Monatespäter verliess er im Jahre aller-dings nach einem Streit mit sei-nem Klassenlehrer die Schuleohne Abschlussexamen. Man

vermutet, dass Einstein dem Mi-litärdienst entgehen wollte. Auchspäter stand er oft in Oppositionzu seinen Lehrmeistern, was viel-leicht zur Legendenbildung bei-getragen hat. Peter Stojanovichat Kopien der Zeugnisse derETH Zürich zu Hause in seinemArchiv. Einstein hatte gute Noten.Allerdings ist bemerkenswert,dass seine Kommilitonin Milevanicht die schlechteren hatte alsder spätere Nobelpreisträger. DasFachlehrer-Diplom hat Milevaallerdings nicht geschafft. (Kn.)

STICHWORT

Albert Einsteins Noten

Bild: Piper-Verlag

Mileva Einstein-Maric mit ihrem 1904 geborenen Sohn Hans Albert.

Einsteins Frau Ist die erste Frau Albert Einsteins, Mileva Einstein-Maric, ein verkanntes Genie, welches einen massgeblichenBeitrag an Einsteins Relativitätstheorie leistete? In Zürich wurde diesen Sommer ihr Grab auf dem Nordheim-Friedhof

wiederentdeckt. Sicher ist nur, dass das Leben der ehemaligen Physik-Studentin einsam endete.

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