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Mit freundlicher Unterstützung der Gesellschaft der Freunde des Badischen Staatstheaters e. V. und der Sparda-Bank Baden-Württemberg

Musik IGOR STRAWINSKY, ALFRED SCHNITTKE, JOHN STEPAN ZAMECNIK, TOLCHARD EVANS & HARRY TILSLEYMusikalische Leitung DANIELE SQUEOChoreografie, Inszenierung & Film TERENCE KOHLERBühne & Kostüme JORDI ROIGLicht DAVID BOFARULLBallettmeister ALEXANDRE KALIBABCHUK VERONICA VILLARDramaturgie SILKE MEIER

DAS KLEINE SCHWARZE / THE RIOT OF SPRINGBallett von Terence KohlerURAUFFÜHRUNG

PREMIERE 14.11.15 GROSSES HAUSAufführungsdauer 1 ¾ Stunden, eine Pause

Aufführungsrechte Igor Strawinsky: Boosey & Hawkes Bote & Bock GmbH, Berlin Chester Music / Edition Wilhelm Hansen vertreten durch Bosworth Music GmbH / The Music Sales Group, BerlinAlfred Schnittke: Musikverlag Hans Sikorski GmbH & Co. KG, Hamburg

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Sehr verehrtes Publikum,

mit der Uraufführung das kleine schwarze / the riot of spring kehrt acht Jahre nach sei-ner letzten abendfüllenden Kreation Die Tempeltänzerin der Choreograf Terence Kohlerzum BADISCHEN STAATSBALLETT KARLSRUHE zurück. Vielen von Ihnen ist er wohlauch durch seine packende Tolstoi-Adaption Anna Karenina noch in bester Erinnerung.Für mein Ensemble und mich ist es ein freudiges Wiedersehen und sehr beglückend,erneut mit Terence Kohler, der mittlerweile für viele große und renommierte Compagnienweltweit choreografiert, zusammenzuarbeiten.Sein drittes abendfüllendes Ballett für das STAATSBALLETT KARLSRUHE porträtiert mit der Modedesignerin Coco Chanel und dem Komponisten Igor Strawinsky zwei kreative Giganten zu Beginn des 20. Jahrhunderts und mit ihnen das Lebensgefühl der anbre-chenden Moderne. Die BADISCHE STAATSKAPELLE wird unter der Leitung von Daniele Squeo Strawinskys wohl berühmteste und zugleich skandalöseste Komposition Le Sacre du Printemps zum Klingen bringen.

Freuen Sie sich mit uns auf einen sinnlich-eleganten, humorvollen und musikalisch rau-schenden Theaterabend, der sich Coco Chanels Credo von der zeitlosen Schönheit derFrau ebenso verschreibt wie der unvergänglichen Kraft der künstlerischen Inspiration!

Ich danke der Gesellschaft der Freunde des Badischen Staatstheaters für die großzügigeUnterstützung der Produktion!Mein Dank gilt auch der Sparda-Bank Baden-Württemberg für die stete Förderung unserer Arbeit!

Herzlichst,Ihre

Birgit Keil

3Modell und Muse Rafaelle Queiroz, Coco Chanel Bruna Andrade

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SZENENFOLGE

1. AKT DAS KLEINE SCHWARZE

1 Silvester 1899/1900 – Tanzstunde – Walzer der verlorenen Männer (Erster Weltkrieg)

2 In Coco Chanels Salon

3 In Coco Chanels Atelier

4 Revuetheater

5 Begegnung

6 Die Neue Frau und die Traditionshüterin

7 Zeitlose Schönheit

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2. AKT THE RIOT OF SPRING

1 Igor Strawinsky im Schaffensrausch

2 Probe der Ballets Russes

3 Waslaw Nijinsky und die auserwählte Jungfrau

4 Der Skandal der Uraufführung

5 Nachwirkungen des Skandals

6 Umzug in Chanels Villa

7 Igor Strawinsky und die Geister der Zeit

8 Die ewigen Geister der Zeit (Danse sacrale)

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7Coco Chanel Bruna Andrade, Misia Sert Harriet Mills

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MUSIK

1. AKT DAS KLEINE SCHWARZE

Alfred Schnittke „Kutsche“ und „Wowka“ aus der Filmmusik Der Walzer

Tolchard Evans & Harry Tilsley Lights of Paris

Igor Strawinsky Apollon musagète

Jay Whidden Band Mon Paris

John Stepan Zamecnik „Marathon, Horse or Automobile Race“ aus der Filmmusik Weekly

Igor Strawinsky Ragtime

2. AKT THE RIOT OF SPRING

Igor Strawinsky Le Sacre du Printemps

9Geist der Zeit Blythe Newman

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DAS GEHEIMNIS

EIN INTERVIEW MIT DEM CHOREOGRAFEN TERENCE KOHLER

ZUR INSZENIERUNG

Was hat Dich zu Deiner dritten abendfüllen-den Kreation für das STAATSBALLETTKARLSRUHE inspiriert?

Im Grunde genommen hat mich das aktuelle Spielzeitmotto des STAATSTHEATERS darauf gebracht, „Von Aufbrüchen“. Was ermöglicht Aufbrüche? Meist eine völ-lig neue, noch nie vorher da gewesene, verrückte und skandalumwitterte Idee. Die Modedesignerin Coco Chanel und der Komponist Igor Strawinsky waren zu Be-ginn des 20. Jahrhunderts etwa zur selben Zeit auf einem ersten Höhepunkt ihrer Kreativität angelangt und im Begriff, etwas völlig Neues zu schaffen. Chanels Entwurf des Kleinen Schwarzen entsetzte damals das Establishment und gilt heute als Inbe-griff zeitloser weiblicher Eleganz. Le Sacre du Printemps, dessen Uraufführung zu einem der größten Theaterskandale über-haupt geriet, ist heute ein Meilenstein der Musikgeschichte und ein Bravourstück für alle brillanten Dirigenten und Orchester.

Die außergewöhnliche Kreativität zweier so unterschiedlicher Persönlichkeiten in einer Epoche einander gegenüberzustel-len, hat mich gereizt. Dabei ist es unerheb-lich, ob Chanel und Strawinsky wirklich, wie einige Biografen behaupten, ein Liebesabenteuer verband oder nicht. Denn die Ausgangsfrage, die ich mir zu Beginn stellte, war: Wie entsteht eine Kreation? Welche Herausforderungen, aber auch welche Opfer sind mit ihr verbunden? Wo-her kommt die Kreativität? Welche Quellen gibt es für gute Ideen?

Welchem Aufbau folgt Deine Choreografieund welche oder wessen Geschichtemöchtest Du erzählen?

Ich erzähle keine lineare Geschichte, aberich verwende durchaus erzählerische Elemente in dem zweiteiligen Abend. Im 1. Akt geht es um die Entwicklung desEntwurfs des Kleinen Schwarzen von Chanel: Wäre dieses Kleid möglich gewe-

KREATIVITÄTDER

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sen ohne die traumatischen Erfahrungen des Ersten Weltkrieges, die die Frauen mit neuem Selbstbewusstsein und einer weitreichenden Emanzipierung im Berufs-, Familien- und Gesellschaftsleben ausstat-teten?Im 2. Akt skizziere ich den Entstehungs-prozess von Le Sacre du Printemps undzeige zugleich die Zerbrechlichkeit einerKreation. Waslaw Nijinsky verfiel sicher-lich nicht allein wegen der niederschmet-ternden Kritiken zu seiner Uraufführungs-choreografie später dem Wahnsinn, abersein Schicksal zeigt, wie nah Selbstaufop-ferung für die Kunst und Selbstzerstörungbeieinander liegen können.

Neben Strawinsky und Chanel sind auchweitere historische Persönlichkeiten aufder Bühne zu sehen wie Coco Chanels einflussreiche Freundin Misia Sert, die alsMuse und Förderin zahlreicher namhafterKünstler die damalige Pariser Kunstszeneaufmischte, der Tausendsassa Sergej Diaghilew, instinktsicherer Talentscoutund erfolgreicher Impresario der Ballets Russes, und der Choreograf der Urauffüh-rung von „Le Sacre du Printemps“, derberühmte Tänzer Waslaw Nijinsky. Du stellst ihnen die abstrakte Figur Geist derZeit gegenüber. Welche Aufgaben über-nimmt diese Figur?

Der Geist der Zeit ist für mich der persona-lisierte Geist der Kreativität, aber auchder kreative Instinkt. Er ist wie ein Beob-achter, der geduldig im Hintergrund mit all den Informationen wartet, die erforderlich sind, um eine Idee zum Leben zu erwecken und umzusetzen. Er kennt alle abstrakten Zusammenhänge, ist also der Träger des göttlichen Wissens und der ewigen Ideen.Er drückt all das aus, was die Figuren nichtzur Sprache bringen können: ihre Ängste,

Hoffnungen und Geheimnisse. In gewisserWeise übernimmt der Geist der Zeit auch die Funktion des Chores in der klassischengriechischen Tragödie. Er ist Kommentatorund Vermittler zugleich. Er liefert Zusam-menfassungen und historische Hinter-grundinformationen, so etwa im 1. Akt, wenn es um die Goldenen Zwanziger Jahre und die Emanzipierung der Frau geht.

Warum wird der Geist der Zeit im 1. Aktvon einer Frau und im 2. Akt von einemMann (oder je nach Besetzung umgekehrt)getanzt?

Mir ging es darum, diese Rolle von einereindeutigen Zuordnung als Mann oder Frauzu lösen. Der Geist der Zeit ist vielleichtsogar geschlechtlos, auf jeden Fall andro-gyn, doppeldeutig, schillernd zwischenweiblichen und männlichen Prinzipien, undnimmt durch seine Ambiguität Einfluss aufdie Dynamik des Kreationsprozesses.

Die Uraufführung von „Le Sacre du Printemps“ ging als einer der größten Skandale in die Theatergeschichte ein. Dieser Skandal ist auch versteckt im Titel unserer Produktion vorhanden. „the riot ofspring“ ist nicht die englische Überset-zung des französischen Werktitels („The Rite of Spring“), sondern weist auf den Tu-mult durch das Wortspiel „rite / riot“ hin. Manche Kritiker (und auch Igor Strawins-ky selbst) sagen, den Skandal löste vor allem die avantgardistische Choreografie von Waslaw Nijinsky aus. Wie gehst Du mit seiner Originalchoreografie um?

Was Nijinsky damals kreierte, war völligneu. Auch wenn die Choreografie in ihrerGänze und originalen Gestaltung heute verloren ist, war sie eines der ersten, wenn nicht sogar das erste moderne

KREATIVITÄT

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Ballett, das einen ganz eigenen Ausdruck jenseits der klassischen Technik fand. Nijinskys Choreografie wurde damals als so skandalös empfunden, weil er seine eigene neue Schönheit allein aus der ges-tischen Form und strukturellen Anordnung der Tänzer im Raum gewann; die Gesichterblieben völlig ausdruckslos. Ich hatte abernie vor, Nijinskys Choreografie historischkorrekt zu rekonstruieren, das wäre vermessen! In meiner choreografischen Annäherung habe ich mich lose an den Aufzeichnungen von Nijinskys damaligerAssistentin Marie Rambert orientiert. Zudem habe ich alles historische Material,das ich dazu finden konnte – Fotos, Gemäl-de und Bühnenbild- und Kostümentwürfedes Ausstatters Nicholas Roerich –, sozu-sagen in einen Schmelztiegel geworfen, um eine choreografische Essenz daraus zugewinnen.

Wieso hast Du als zweite Komposition vonStrawinsky das Ballett „Apollon musagète“ für reines Streichorchester ausgewählt?

Zum einen hat Coco Chanel für die Neu-einstudierung dieses Balletts 1929 die Kostüme entworfen, da lag diese Auswahlnatürlich nahe. Zum anderen kreierte der erst 24jährige George Balanchine 1928 mit seiner Choreografie eines der ersten neoklassischen Ballette überhaupt, dia-metral entgegengesetzt zu Nijinskys Sacre – und das zu Werken ein und desselben Komponisten! Mit der Musik von Apollon musagète, die sich durch eine reduzierte, einfache Schönheit auszeichnet, wird auch die Vielseitigkeit des Komponisten Strawinsky hörbar. Außerdem lässt sich die Handlung von Apollon musagète – derjunge griechische Gott Apoll wird von dreiMusen zivilisiert – gut auf Coco Chanels

kreativen Prozess übertragen. Chanel fertigte nie Zeichnungen oder Skizzen an,sie arbeitete stets mit Stoff am lebendenModell. Ihre Modelle wurden zu ihren Mu-sen, die sie zu den großartigen Entwürfen, die wir heute alle kennen, inspirierten.

Ein Wort zu Bühnenbild und Kostümen?

Jordi Roigs Kostüme sind historisch anden Beginn des 20. Jahrhunderts und die1920er Jahre angelehnt, jedoch ohne denAnspruch einer historisch einwandfreienReproduktion. Es ging uns eher darum, denZeitgeist und das Lebensgefühl einer Epo-che einzufangen. Das Bühnenbild arbeitetzunächst mit zweidimensionalen Schablo-nen, bis gegen Ende die Geister der Zeitaus riesigen Monolithen eine Art Scheiter-haufen oder Altar als ewigen Opferraumerrichten. In ihm werden die unendliche, ewige Energie, aber auch die zerstöreri-sche Kraft der Kreation heraufbeschworen.

Eine blasphemische Frage zum Schluss:Wen bewunderst Du persönlich mehr?Chanel oder Strawinsky? Das KleineSchwarze oder „Le Sacre du Printemps“?

Ich kann und will mich nicht für einenvon beiden entscheiden. Ich bewundereChanels Mode in ihrer Körperlichkeitebenso wie Strawinskys Musik in ihrerImmaterialität! Ihre Ideen haben bis heutenichts von ihrer Frische und Spontaneitäteingebüßt. Das Kleine Schwarze erfindetsich seit fast 90 Jahren immer wieder neu,und Le Sacre du Printemps ist nach wievor eine große Inspiration für Künstler.Chanel und Strawinsky waren Pioniereauf ihrem jeweiligen kreativen Gebiet und leisteten einen entscheidenden Beitrag zum Wandel hin zur Moderne.

13Coco Chanel Bruna Andrade, Geist der Zeit Blythe Newman

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AUS COCO CHANELS BIOGRAFIE

ZWEI

Im Mai 1920 lernte Chanel Igor Strawinskykennen. Misia stellte sie dem Komponistenvor, der die Kriegsjahre mit seiner Frau, Catherine Nossenko, und ihren zweiTöchtern in der Schweiz verbracht hatte.Der Sieg der Bolschewiken hatte ihn umsein russisches Einkommen und die ge-samte Familie Strawinskys um ihre Pässegebracht. Er hatte sich entschlossen, sichum die französische Staatsbürgerschaftzu bewerben, und wollte den Sommer mitCatherine und den Mädchen in Carantecverbringen, einem Fischerdorf in der Bretagne.

Strawinsky war, trotz seines glattgekämm-ten blonden Haares, seiner schadhaftenZähne, Kurzsichtigkeit und dicken Lippendoch eine eindrucksvolle Erscheinung. Ergab sich den Anschein eines Gecken, trugein schwarzes Jackett zu blauem Hemdund blauem Kragen, senffarbenen Hosenund gelben Schuhen. Als er erwähnte,dass Freunde von ihm keine Wohnung für

ihn und seine Familie in Paris hatten findenkönnen, lud Coco ihn ein, in ihrer Villa zuwohnen. Im September nahm StrawinskyCocos Angebot, in Garches zu wohnen, an.

Das Bild, das Coco von Strawinsky zeich-nete, war alles andere als schmeichelhaft.Zu Paul Morand sagte sie, er wäre sorussisch, dass er antwortete, als er sie mitseiner Leidenschaft verfolgte und sie ihndaran erinnerte, dass er verheiratet war:„Sie weiß, dass ich dich liebe. Wem, wennnicht ihr, würde ich etwas so Großes wohlanvertrauen?“Misia bekam Wind von dem Stelldichein.„Was führt ihr zwei im Schilde? Wie ichhöre, führt Igor deinen Hund spazieren.Erzähl.“Zuerst 200.000 Francs für Diaghilew, danneine Affäre mit Strawinsky. Coco war ei-gentlich nicht so sehr die ehrgeizige jungeNaive, die versuchte, einen leidenschaftli-chen Star auf der Bühne und im Bett zuentthronen, doch Misia fasste es so auf.

GIGANTENKREATIVE

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Die Affäre war flüchtig, unruhig und wurdenicht gerade mit Leib und Seele durchlebt.Coco war verletzlich, hatte den Verlust vonBoy Capel noch nicht überwunden, und fürStrawinsky war es eine schwierige Zeit.Der Komponist ging auf die Vierzig zu, waremotional in einer Sackgasse angekom-men, entwurzelt, staatenlos und wusstenicht, was die Zukunft bringen würde. Ihrgeschäftlicher Erfolg machte alles nochkomplizierter.

Der Name Coco Chanel war in aller Munde, und die Chanel-Mode wurde zum Inbegriff des neuen Jahrzehnts. Vor dem Krieg hatte Gabrielle dem Jersey in schlichtem Grau und Matrosenkleidern Chic verliehen, Kleidern, die so ganz anders waren als alles, was Frauen bisher getragen hatten. Jetzt stand sie vor ihren größten Triumphen.

Misia wurde brutal als Schirmherrin derKünstler betrachtet, die das 19. Jahrhun-dert zu Grabe getragen hatten, Coco alsdie Verkörperung der neuen Ära. Cocohatte einen scharfen Instinkt für das un-mittelbar Bevorstehende und ahnte, dassein Bruch mit der Welt vor 1914 kommenmusste, dass die jungen Leute gernetabula rasa machen wollten, all das seinwollten, was ihre Eltern nicht waren. Dieannähernde Auslöschung einer vollständi-gen Generation vergrößerte den Abstandzwischen den Alten und den Jungen, zwi-schen dem Offiziellen und dem Inoffiziellen.

Vorkriegssitten hatten keine Gültigkeit mehr. Emilienne d’Alençon und die groß-artigen horizontales* waren eine aus-sterbende Gattung. Gepuderte Frauen in den Vierzigern hielten an den Traditionen aus der Zeit vor 1914 fest, doch Sport und körperliche Betätigung bestimmten das

weibliche Ideal, Sonnenbaden veränderte den Teint, die Lust am schnelleren Leben modifizierte die Eleganz, während diskri-minierende Trägheit der Geschmeidigkeit wich und affektierte Prüderie von einer energischen Direktheit verdrängt wurde. Schlangenhafte Schlankheit ersetzte die Fülligkeit im Rubensstil, das neue weibli-che Ideal war „flexibel und biegsam wie ein Rohr, wie ein Stück Boa Constrictor“, wie Aldous Huxley die Neue Frau in Nar-renreigen beschrieb. Der Marquis Boni de Castellane, der extravaganteste Pariser Dandy und Freund Misias, sagte: „Es gibt keine Frauen mehr; alles, was geblieben ist, sind von Chanel entworfene Jungen.“

Chanel war die sich ausweitende Erfolgs-story all der weiblichen Nachkriegshoff-nungen. Sie verkörperte die Frau in einemJahrzehnt, in dem alles möglich schien:Eine Frau konnte selbst ihren Lebensunter-halt verdienen, konnte wählen, wen sielieben wollte, konnte nach ihren eigenenVorstellungen leben. Mit ihrem scharfenBlick für guten Geschmack entwarf siesehr teure Kleider, die ideal für jungenhaf-te Mädchen waren. Die junge Generation,diejenigen, die während des Krieges voll-jährig geworden waren, waren begeistert.Sie gaben sich modern und definierten dasWort „chic“. Es war chic, sich bei Chanelzu kleiden. Es war chic, Tango zu tanzen,im Nachtclub Bœuf sur le Toit gesehen zuwerden, Opium zu rauchen, an surrealisti-schen Demonstrationen teilzunehmen undalles zu bewundern, was Cocteau schrieb.

Im Jahr 1921 steckte Coco die Frauen inPullover und kurze Faltenröcke mit herab-gezogener Taille, entwarf Topfhüte undStirnbänder. Diese gertenschlanke Silhou-ette bezeichnete Paris als garçonne-Look,London und New York nannten sie flapper.

* Kurtisanen zur Zeit der Dritten Französischen Republik zwischen 1870 und 1940

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La Garçonne war der Titel eines Bestsel-lers des Jahres 1921, ein „skandalöser“Roman, der die Geschichte eines jungenMädchens erzählt, das die Heuchelei derFamilie ablehnt, um lieber selbst seinenUnterhalt zu verdienen. (Dieser Skandalkostete den Autor, Victor Marguerite,seinen Orden der légion d’honneur.)

Chanel soll später gesagt haben, dass sieallein diesen Stil kreiert habe. Die Frauenhatten schon seit einiger Zeit ihre Rock-säume gekürzt und sich der Troddeln undSchleppen, Spitzen und Schlaufen entle-digt, doch sie war die erste, die Kleider fürjunge Leute schuf. Bis zu den Zwanzigernwar die Jugend eine Vorbereitungszeit,keineswegs das Leben selbst.

Im Jahr 1920 befand sich der Rocksaum bei Chanel neun Zoll (etwa 23 Zentimeter) über dem Boden, und obwohl allerseitsvorausgesagt wurde, dass die Röcke wie-der länger würden, wurden die ihren noch ein paar schockierende Zoll kürzer. „Die gerade Linie ist ihr Medium“, schwärmte die britische Vogue. Von 1920 an füllten Femina und Minerva, zwei beliebte Pariser Modezeitschriften, ihre Seiten mit Chanel-Modellen und ließen ihre Leserinnen wissen: „Chanel lässt uns die Frau von gestern vergessen, lehrt uns, natürlich zu gehen, indem sie hier eine Locke, dort den Volant eines Kleides abschneidet.“Flappers trugen dünne Kleider, mit kurzen Ärmeln und gelegentlich ärmellos; die wilderen jungen Mädchen rollten ihre Strümpfe bis unter die Knie herab und boten schockierten Augen flüchtige Blicke auf Schienbeine und Kniescheiben. In Deauville, in Biarritz, auf der Rennbahn, in Ballsälen und bei Maxim’s imitierten die Damen der Gesellschaft den raschen Schritt und hektischen Atem der Jugend.

Chanel war der Rattenfänger, der die Frauen fortführte von den komplizierten, unbequemen Kleidern hin zu einfachen, schlichten, lässigen Looks, die mit derZeit ihren Namen annahmen. Zum Ende des Jahrzehnts konnte Vogue sagen, die bedeutendsten Designer, die die Zwan-ziger hervorgebracht hatten, „waren die zwei, die auch am stärksten an den neuen Bewegungen in anderen Bereichen beteiligt waren – Chanel, zu deren Kreis Picasso, Cocteau und Strawinsky gehör-ten, und Schiaparelli, deren Freunde die Surrealisten waren.“

Paul Poiret nannte ihren Stil „misérabilisme de luxe“. Im Jahr 1919 hatte der große Rivale ein spektakuläres Comeback, doches gelang ihm nie recht, seine Vorkriegs-inspirationen in Kleidung umzusetzen, die die neue Generation akzeptabel fand. Er bedauerte den neuen Look, zu dessen Schaffung er selbst beigetragen hatte, eröffnete jedoch ein palastartiges Haus am Rond Point des Champs Élysées, in dem das Gemälde der Tierkreiszeichen an der Decke des Foyers den Stand der Sterne bei seiner Geburt zeigte. Er veranstaltete glänzende Gartenfeste – auf Leinwand festgehalten von van Dongen – und ent-warf Kleider, die er vielen seiner Kundin-nen für eine Zeitlang aufzwingen konnte. Trotzdem wurde Poiret nie als ein den Damen, die er einkleidete, gesellschaftlichGleichgestellter anerkannt. Der Chic jedoch hob Chanel auf den Thron.

Gabrielles Antwort auf Poirets farben-frohen Glanz war ihr berühmtes Kleines Schwarzes. Bisher trugen Frauen Schwarz nur zum Zeichen der Trauer um einen Ver-storbenen; Chanel erhob Schwarz zu einer Modefarbe, die Frauen jederzeit tragen konnten. Laut einer Version der Geschichte

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ihrer Erfindung des Kleinen Schwarzen geschah es auf einer Galavorführung in der Oper. Als sie sich in der Pause aus ihrer Loge beugte, beobachtete sie die Frauen in ihren Poiret-Kleidern. Der Anblick brachte sie auf die Idee ihres dauerhaften Kleinen Schwarzen. Nach einem anderen Bericht war es der Tod von Boy Capel, der sie zu den Worten veranlasste: „Ich werde die ganze Welt für ihn in Trauer kleiden.“

Immer wieder brachte Coco genau das heraus, was sich die Frauen wünschten, und ihr Name bedeutete bald den vollkom-menen Look, von der Matrosenmütze biszu beige-schwarzen Slingpumps. Ihr In-stinkt leitete sie. Alles, was sie erfand, warsehr vernünftig. Ihre Reisemäntel warenbequem, hatten große Taschen, ihre Hüteließen sich im Koffer verstauen, und ihreKnöpfe waren nicht zur Dekoration, son-dern dienten dazu, ein Kleid zu schließen.

Sie verlangte Schlankheit, einen so schlanken Körper, wie sie selbst hatte. „Schneidet mir den Kopf ab, ihr werdet denken, ihr seht den Körper einer Heran-wachsenden vor euch“, sagte sie patzig.Der Inbegriff der Frau der Zwanziger Jahre– schlank, gebildet, stromlinienförmigund modern – erforderte nicht so sehreine jungenhafte Mode, sondern vielmehreine jugendliche. Als die jungen Frauenanfingen, ein unabhängigeres Leben zuführen, wurden sie die Trendsetter. DieNachkriegsdesillusion von den „Alten“,die die Jungen zum Sterben in den Krieggeschickt hatten, trug ebenfalls zur Ver-götterung der Jugend bei.

Chanel und Poiret waren nicht die einzigenPariser Modehäuser, doch die traditio-nellen Häuser Paquin, Vionnet und die männlichen Designer Patou und Lucien

Lelong sahen sich gezwungen, die kurzen Röcke, die herabgezogenen Taillen und die vom Lebensstil und Geschmack der Frau der Zwanziger Jahre geforderte Schlicht-heit zu übernehmen. Und nicht nur die Art der Frauen, sich zu kleiden, veränderte sich. Die Künste und in ihrem Gefolge Textilien, Farbgebung, Architektur und Innenausstattung traten in ihre erfinderi-sche Periode ein.

Vera de Bosset, die 1940 Strawinskys zweite Frau wurde, und Robert Craft, Strawinskys Biograf, taten die Chanel-Affäre als nebensächlich ab, als etwas, womit „sie in späteren Erinnerungen prahlen“ konnte. Doch ein Brief des Kom-ponisten mehr als ein Jahrzehnt später an Misia wirft ein anderes Licht auf die Beziehung.

Liebe Misia,

es tut mir furchtbar leid, dass ich dichständig um etwas bitte oder dich mit mei-nen nichtigen Angelegenheiten belästige,aber du weißt, dass Chanel uns seit demErsten nichts geschickt hat. So haben wirdiesen Monat nichts zum Beißen, und ichbitte dich, sei so freundlich und erwähnees ihr gegenüber. Ich danke dir im Vorausfür deine Freundlichkeit, die so großzügigist, dass man leicht gewohnheitsmäßig aufsie zählt, und ich umarme dich tausend undabertausend Mal wärmstens, Igor

Chanel und Strawinsky blieben ihr Lebenlang, wenn auch auf Distanz, befreundet.Sie starben im selben Jahr, sie unter einerIkone, die er ihr ein halbes Jahrhundertzuvor geschenkt hatte.

Axel Madsen

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STIL &SCHÖNHEIT

Die Figur ist wichtiger als das Gesicht, und wichtiger als die Figur sind die Mittel, mit denen man sie sich erhält. Wichtiger als alle drei ist die Lebensfreude aufgrund der eigenen Konstitution, und die lässt sich nur durch gute Gesundheit bewahren. Finde heraus, was du gern tust, und dann tu’s. Wenn du sagst, du kannst nicht, dann ist das einfach nur das Eingeständnis, dass du deinen eigenen Körper nicht so weit in Schuss hast, dass er die Rolle spielen kann, die du dir für ihn wünschst. Man lebt ja nur einmal, und da kann man ebenso gut auch amüsant sein.

Ich bevorzuge an einer Frau charmante Umgangsformen, eine charmante Art zu reden, eine charmante Haltung, eine char-mante Art zu tanzen gegenüber der bloß klassischen Schönheit. Klassische Schön-heit kann sehr stupide sein, wenn man sich außerhalb des Museums befindet.

Ein hübsches Gesicht kann der inneren Verfassung sehr unangemessen sein. Ich

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SCHÖNHEIT

mag ein Gesicht, dass irgendetwas sagt, das schlicht und zutreffend Auskunft gibt über die Persönlichkeit. Natürlich, wenn man das alles sein kann und gleichzeitig auch noch schön, dann ist man die Ziel-scheibe göttlicher Freigebigkeit gewesen.

Beobachten Sie doch, wie die Frau, die alle Blicke auf sich zieht, einen Raum betritt. Wie sie geht, wie sie sich setzt, welche Gesten sie beim Gespräch verwendet. Sie mag nach klassischen Maßstäben schlicht hässlich sein, trotzdem ist an ihrer Figur, an ihren Gesten irgendetwas dran, das Stil hat und ansehnlich ist, weil sie eben kein schmückendes Beiwerk sind, sondern zu ihrem Wesen gehören.

Weshalb ist sie unter 50, 100 anderen die Attraktivste, ob sie nun groß oder klein, dunkelhaarig oder blond, sportlich oder feminin ist? Weil sie weiß, wie sie gehen möchte, warum sie sich hinsetzen will und worauf sich ihre Gesten beziehen. Sie ist sie selbst.

Wenn eine Frau sich ihre Figur erhalten will, dann muss sie sich beschäftigen, arbeiten können. Dann ist sie glücklich, weniger befangen, und dieser Zustand wird sich in ihrer Figur widerspiegeln. Männer mögen tüchtige Frauen. Sie ist frei von der Angst, die sie empfand, als sie wirtschaftlich abhängig war, und folglich besitzt sie auch mehr echte Schönheit.

Was ist denn eigentlich eine schlechte Figur? Das ist eine Figur, die bis in die einzelnen Glieder hinein ängstlich ist. Eine solche Ängstlichkeit in der Haltung kommt daher, dass man seinem Körper nicht ge-geben hat, was ihm zusteht. Ein Mädchen, das sich schämt, weil es seine Schulauf-gaben nicht gemacht hat, hat denselben Ausdruck wie der Körper einer Frau, die nicht gelernt hat, was Natur ist.

Coco Chanel

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21Salongesellschaft Ensemble

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ZUR MUSIK

RAFFINESSE

Historisch streng genommen passen dieLebensdaten des sowjetischen Komponis-ten Alfred Schnittke – er wurde erst1934 geboren und starb 1998 – nicht zuder Zeit, die Terence Kohler in seinerKreation das kleine schwarze / the riot ofspring porträtiert. Dank seiner Komposi-tionstechnik jedoch, die er selbst „Poly-stilistik“ nennt und in der er Zitate ausder Musikgeschichte in verblüffend neueZusammenhänge stellt, evoziert Schnittkein seinem Œuvre, das immerhin auch 60 Filmmusiken umfasst, vergangene Klang-welten. „Alle Antiquitäten in meinen Stücken [werden] von mir nicht gestohlen, sondern gefälscht“, lautet seine Devise.In der 1969 entstandenen Filmmusik Der Walzer kommt die Walzerseligkeit der Johann Strauß-Dynastie zunächst leicht-füßig daher. Doch Schnittkes untrüglichesGespür für Verfremdung legt Abgründe freiund macht die Fragilität der Klänge hörbar.Schnittkes Walzer schicken zu Beginn des 1. Aktes die jungen Männer aus der

Tanzstunde direkt in die Todesmaschineriedes Ersten Weltkrieges, der fast eine kom-plette Generation auslöschen wird.

Was auf den Ersten Weltkrieg folgt, sinddie Goldenen Zwanziger Jahre mit Wirt-schaftsaufschwung, Frauenemanzipationund unbekümmerter Vergnügungssucht.Der Stummfilm füllt die Kinos und derUS-amerikanische Dirigent und KomponistJohn Stepan Zamecnik (1872–1953) wirdzu einem der Pioniere der sogenannten„photoplay music“, die er für Pianistenund Orchester zur Begleitung von Stumm-filmaufführungen schreibt. Die Revue, alslockere Folge von Tanz-, Gesangs- undSlapsticknummern aus dem französischenCabaret entstanden, erlebt ihre Blütezeit.Big-Bands mit großer Blechbläserbeset-zung bringen den Jazz und Swing unterdie Leute; die Anzahl der für diese Forma-tionen geschriebenen und arrangiertenKompositionen aus den 1920er Jahrenist immens. Auch Igor Strawinsky, der seit

& URGEWALT

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1920 in Frankreich lebt, setzt sich in sei-nem Ragtime für 11 Instrumente, der inKarlsruhe in der Fassung für Soloklavier zuhören sein wird, mit dem Jazz auseinander.

Strawinskys Ballettkomposition Apollonmusagète komplettiert die Musik des 1. Aktes. Als Auftragswerk der US-ameri-kanischen Mäzenin Elizabeth SpragueCoolidge für ein Festival für zeitgenössi-sche Musik in der Washingtoner Library ofCongress 1928 entstanden, ist heute vor allem die europäische Erstaufführung inParis in Erinnerung. Der damals erst 24jäh-rige George Balanchine wird mit seiner für die Ballets Russes kreierten Choreografie über Nacht bekannt. 1929 entwirft keine andere als Coco Chanel neue Kostüme für Balanchines Choreografie. In der melodie-orientierten, Dur-seligen Tonsprache und dem zurückhaltend agierenden Streich-orchester gehört dieses Werk bereits zu Strawinskys Periode des Neoklassizismus.

Im 2. Akt folgt Le Sacre du Printemps – einMonolith in der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts, ein absolutes Ausnah-mewerk auch heute noch, 102 Jahre nach seiner Uraufführung am 29. April 1913 im Pariser Théâtre des Champs Élysées. Generationen von Musikwissenschaftlern,Kritikern und Historikern haben sich andiesem nur 33 Minuten langen Werk abge-arbeitet; unzählige Artikel sind veröffent-licht und die wissenschaftlichen Debattenum der Komposition zugrundeliegendemelodische Reihen, rhythmische Prinzipienund harmonische Systeme sind kontroversund hitzig geführt worden. Vollständig ver-stehen und in seiner Gänze durchdringen können wir dieses Werk bis heute nicht.

Entworfen und komponiert in den Jahren1910 bis 1912, gerät die Uraufführung 1913

zu einem der größten Skandale der Musik-geschichte. Sowohl Strawinskys Musikals auch Waslaw Nijinskys Choreografiesorgen für Irritationen und Gelächter imPublikum. Es kommt zu Handgreiflichkeitenund Prügeleien: Der Polizeibericht von da-mals soll 27 Verletzte protokolliert haben.

Der Handlung zugrunde liegt ein altes heid-nisches Ritual, in dem eine auserwählteOpferjungfrau sich selbst zu Tode tanzt,um den Gott des Frühlings günstig zustimmen. Strawinsky selbst umreißt seineGrundidee so: „In diesem Frühlingsopferhabe ich den panischen Schrecken derNatur vor der ewigen Schönheit darstellenwollen. Und so muss das ganze Orchesterdie Geburt des Frühlings wiedergeben.“

Dieses Orchester ist ein großes, spät- romantisches mit riesigem Schlagzeug-apparat und wird durch hochkomplexe schwindelerregende Rhythmen gepeitscht, die keiner Regelmäßigkeit, geschweige denn einer Rationalität folgen. Die Rhyth-mik wird gewissermaßen entkultiviert und in einen vorzivilisatorischen Zustand zurückversetzt. In ihrer Intensität ist sie allein körperlich erfahrbar. Leonard Bern-stein fasste sich kurz: „It’s all about sex.“

Auch in der Harmonik lässt Strawinskysämtliche tonalen Bezugspunkte hintersich. Das Orchester erzeugt permanentwüste und wüsteste Dissonanzen. DieTotalverweigerung der Konsonanz liegtwiederum im heidnischen Opferritualbegründet, das keinerlei individuelle Emo-tion zulässt, sondern kollektive Strengeeinfordert. Nur in einem prähistorischen,barbarischen und rohen Klang, den wir bisheute als äußerst kühn und kompromisslosempfinden, kann das archaische Erlebnisvon Opfertod und Geburt stattfinden.

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DER

Die ersten Klänge der Ouvertüre wurdenunter Gemurmel angehört, aber sehr baldbenahm sich das Publikum nicht wie daswürdige von Paris, sondern wie eine Hordeunartiger, schlecht erzogener Kinder.Einer der Augenzeugen, Carl Van Vechten,schrieb über diesen denkwürdigen Abend:„Ein Teil des Publikums erregte sich überdas, was es als einen blasphemischenVersuch betrachtete, Musik als Kunst zuzerstören, und begann, vom Zorn hingeris-sen, kurz nach Aufgehen des Vorhangs zupfeifen und mit lauter Stimme Vorschlägezu machen, wie die Vorstellung weiterge-hen solle. Das Orchester war nur dannzu hören, wenn eine leichte Beruhigungeintrat. Der junge Mann hinter mir in derLoge stand während des Balletts auf, umbesser sehen zu können. Seine Aufregungverriet sich dadurch, dass er mit den Fäusten rhythmisch auf meinen Kopf ein-hämmerte. Meine Erregung war derart,dass ich die Faustschläge eine Zeitlang gar nicht bemerkte.“

In der Tat, die Aufregung, die Rufe entwi-ckelten sich zum Paroxysmus. Die Leutepfiffen, beleidigten die Darsteller und denKomponisten, schrien, lachten. Die Aus-einandersetzungen blieben nun nicht

mehr auf Geräusch beschränkt, sondern arteten in Handgreiflichkeiten aus. Eine schön gekleidete Dame in einer Orches-terloge erhob sich und ohrfeigte einen jungen Mann, der in der Nachbarloge zischte. Ihr Begleiter stand auf und Kar-ten wurden ausgetauscht. Ein Duell folgte am nächsten Tag. Eine andere Dame der Gesellschaft spie einem Demonstranten ins Gesicht. Die Prinzessin de P.[olignac] verließ ihre Loge und erklärte: „Ich bin sechzig Jahre alt, aber dies ist das erste Mal, dass jemand gewagt hat, mich für dumm zu verkaufen!“ In diesem Augen-blick rief Diaghilew: „Je vous en prie, laissez achever le spectacle!“ Darauf trat eine gewisse Beruhigung ein, aber nur zeitweilig. Kaum war das erste Tableau beendet, fing der Kampf wieder an. Be-täubt von dem Radau, rannte ich so rasch ich konnte hinter die Bühne. Dort war es genauso schlimm wie im Zuschauerraum. Die Tänzer zitterten, waren den Tränen nahe; sie kehrten nicht in ihre Garderoben zurück.

Das zweite Tableau begann, doch es war immer noch unmöglich, die Musik zuhören. Ich konnte nicht ins Parkett zurück,und da die Aufregung der in den Kulissen

TUMULT

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zuschauenden Künstler zu groß war, konn-te ich die Bühnentür nicht erreichen. Ichwurde auf der linken Kulissenseite immer weiter vorangeschoben. Mir gegenüber war ein gleicher Menschenandrang in den rückwärtigen Kulissen, und Wassi-ly musste sich seinen Weg zu Nijinsky hindurchkämpfen. Nijinsky trug sein Trainingskostüm. Sein Gesicht war so weiß wie sein Crêpe de Chine-Hemd. Er häm-merte den Rhythmus mit beiden Fäusten und rief den Künstlern zu: „Ras, dwa, tri.“ Selbst auf der Bühne war die Musik nicht zu hören und Nijinskys Dirigieren aus der Kulisse war das einzige, was die Tänzer leitete. Sein Gesicht bebte vor Erregung. Ich hatte Mitleid mit ihm, der wusste, dass sein Ballett ein großes Werk war.

Die einzige Entspannung trat beim Tanzder Erwählten Jungfrau ein. Er war vonso unbeschreiblicher Gewalt, von solcherSchönheit, dass sein Ausdruck derOpferbereitschaft selbst das chaotische Pu-blikum entwaffnete. Es vergaß seinen Streit. Dieser Tanz, vielleicht der anstrengendste in der gesamten choreografischen Literatur, wurde von Mlle Piltz hinreißend ausgeführt.

Romola Nijinsky

Die Tänzerinnen Marie Rambert (links), Mlle Jejerska und Mlle Boni in der Uraufführung von

Le Sacre du Printemps am 29. Mai 1913

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27Waslaw Nijinsky Kt. Flavio Salamanka, Die Auserwählte Jungfrau Su-Jung Lim

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ZEITTAFEL1882 Igor Strawinsky wird am 17. Juni in Oranienbaum bei St. Petersburg geboren.

1883 Gabrielle Chanel wird am 19. August als uneheliches Kind in einem Armenhaus in Saumur geboren und wächst nach dem frühen Tod der Mutter in einem Waisen-haus in Aubazine, später im Pensionat von Moulins auf.

1900 Im Grand Café von Moulins versucht sich Chanel glücklos als Sängerin; die beiden von ihr vorgetragenen Lieder Qui qu’a vu Coco und Ko Ko Ri Ko bringen ihr wohl den Spitznamen „Coco“ ein.

1902 Strawinsky beginnt ein Jura-Studium an der Universität St. Petersburg und nimmt Kompositionsunterricht bei Rimski-Korsakow.

1906 Strawinsky heiratet seine Cousine Catherine Nossenko, mit der er vier Kinder haben wird.

1908 Strawinsky begegnet Sergej Diaghilew und seinen Ballets Russes, für die nach Der Feuervogel (1910), Petruschka (1911) und Le Sacre du Printemps (1913) noch weitere Ballettkompositionen wie Pulcinella (1920) und Les Noces (1923) entstehen.

1909 Dank der finanziellen Unterstützung ihres Liebhabers Étienne Balsan eröffnet Chanel ein Hutatelier in Paris.

1910 Chanel wird die Geliebte des Engländers Arthur („Boy“) Capel, der ihr in den fol-genden Jahren die Eröffnung eines neuen Modesalons in Paris und zweier Modeboutiquen im Seebad Deauville und in Biarritz finanziert.

1913 Am 29. Mai wird im Pariser Théâtre des Champs Élysées von den Ballets Russes Strawinskys Le Sacre du Printemps in einer Choreografie von Waslaw Nijinsky uraufgeführt. Es kommt zu einem der größten Skandale der Musikgeschichte.

1919 Boy Capel stirbt im Dezember bei einem Autounfall.

1920 Über ihre Freundin Misia Sert lernt Chanel Sergej Diaghilew und Igor Strawinsky kennen. Sie bietet Strawinsky an, mit seiner Ehefrau und den Kindern in ihrer Villa „Bel Respiro“ in Garches bei Paris zu wohnen. Im Herbst erfolgt der Umzug.

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1921 Nach einer kurzen Liaison mit Chanel zieht Strawinsky allein nach Biarritz. Er lernt Vera Sudeikina (de Bosset) kennen, seine spätere zweite Ehefrau. Das Parfum Chanel N° 5 kommt auf den Markt. Im Dezember bringen die Ballets Russes in Paris eine Neuproduktion von Strawinskys Le Sacre du Printemps in einer Choreografie von Léonide Massine heraus, die Chanel maßgeblich mitfinanziert hat.

1923 Chanel entwirft die Kostüme für Arthur Honeggers Oper Antigone in einem Büh-nenbild von Picasso. Es folgen weitere Kostümbilder, u. a. für George Balanchines Apollon musagète mit Musik von Igor Strawinsky für die Ballets Russes (1929).

1926 Chanel veröffentlicht in der Vogue ein Foto ihres Entwurfs des Kleinen Schwarzen mit dem Kommentar „Dieses schlichte Kleid wird eine Art von Uniform für alle Frauen mit Geschmack werden“. Als verrucht und frivol verpönt, wird es doch zum Verkaufsschlager und scherzhaft als „Chanels Ford“ bezeichnet – in Anlehnung an das T-Model von Ford, das das erste auf dem Fließband produzierte Auto und zwischen 1915 und 1925 nur in Schwarz lieferbar war. Ausgerechnet Karl Lagerfeld, selbst lange Zeit Chefdesigner bei Chanel, zweifelt beim Kleinen Schwarzen an der Urheberschaft Chanels: „Kleine schwarze Kleider tauchten zum ersten Mal zwischen 1918 und 1920 auf, und ich habe das Gefühl, dass sie auf die Trauerklei-dung im Ersten Weltkrieg zurückgehen.“

1939 Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges muss Chanel ihr Modehaus schlie-ßen. Sie beginnt eine Affäre mit einem deutschen Nazi-Offizier. 1944 wird sie als Kollaborateurin nur kurz festgenommen, lebt aber nach dem Krieg einige Jahre im Schweizer Exil. Strawinsky hält seine berühmte Vorlesungsreihe Poétique musicale an der Harvard-Universität, lässt sich in den USA nieder und erhält 1946 die amerikanische Staatsbürgerschaft.

1954 Chanel feiert ihr Comeback mit der Wiederöffnung ihres Modesalons.

1957 Strawinsky leitet die konzertante Aufführung seines Balletts Agon bei den Donaueschinger Musiktagen und beginnt seine Beschäftigung mit serieller Musik.

1971 „Mademoiselle“ stirbt am 10. Januar in Paris, Igor Strawinsky am 6. April in New York.

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31Igor Strawinsky Ed Louzardo, Die Geister der Zeit Ensemble

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TERENCE KOHLERChoreografie, Inszenierung & Film

Terence Kohler wurde in Sydney geborenund studierte mit einem Stipendium derTanzstiftung Birgit Keil an der Akademiedes Tanzes Mannheim. 2003 wurde erstudienbegleitend Mitglied im Ballettstu-dio des STAATSBALLETTS KARLSRUHEund war von der Spielzeit 2004/05bis 2007/08 als Tänzer und Choreografam STAATSTHEATER KARLSRUHE enga-giert. Dort entstanden sowohl abendfül-lende Stücke wie Anna Karenina und Die Tempeltänzerin als auch einaktige Ballette wie Intermezzo for 20, in the near distance und Empty Frames. Anlässlich des zehn-jährigen Jubiläums der Tanzstiftung Birgit Keil kreierte er 2005 transcended. 2007 wurde er mit dem Deutschen Tanzpreis „Zukunft“ für Choreografie ausgezeichnet und im Magazin tanz als „Bester Nach-wuchschoreograf“ nominiert. Seit 2008 arbeitet Terence Kohler als freischaffender Choreograf.

Mit seinem 2009 für das Koninklijk Ballet van Vlaanderen entstandenen Werk 11:11 wurde er für den renommierten Prix Benois de la Danse nominiert. Seit 2009 ist er ‚choreographer in residence’ beim Bayerischen Staatsballett, für das er unter anderem Daphnis und Chloé, Série noire und Helden kreierte. Für den ersten vom Chinesischen Nationalballett veranstalte-ten Choreografie-Workshop entstand Take your Time, für das Finnische National-ballett Cinderella – A Tragic Tale, für das West Australian Ballet RHETORIC, für das Hong Kong Ballet Der Nussknackersowie für die Junior Company des Bayeri-schen Staatsballetts Streichquintett. Inder Spielzeit 2015/16 kreierte er anlässlichdes 20jährigen Jubiläums der TanzstiftungBirgit Keil Souvenir und arbeitet mit derUraufführung ONE im Rahmen des Ballett-abends b.26 zum ersten Mal mit demBallett am Rhein Düsseldorf/Duisburg.

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JORDI ROIGBühne & Kostüme

Jordi Roig studierte Bühnenbild in Barcelo-na und bei Ezio Frigerio. 1987 wurde er ein-geladen, seine Arbeiten bei der IV. Biennale in Paris auszustellen. Er schuf Ausstattun-gen für Produktionen wie Rudolf Nurejews Schwanensee, Vladimir Malakhovs Die Bajadere, Maskenball, Cinderella und La Péri und Spoerlis Coppélia, Les Indes Galantes und Don Quixote. Er arbeitete mit Regisseuren, Choreografen und Compagni-en wie Marcia Haydée, Vladimir Malakhov, Rudolf Nurejew, Heinz Spoerli, Renato Zanella, Stuttgarter Ballett, Wiener Staats-oper, Semperoper Dresden, Les Ballets de Montecarlo, Introdans, Deutsche Oper Berlin, Ballett Zürich, Staatsoper Unter den Linden, Bayerisches Staatsballett, Hong Kong Ballet, Teatre Nacional de Catalunya und Teatre Lliure. Nach der Tempeltänzerin ist die Ausstattung von das kleine schwar-ze / the riot of spring Roigs zweite Arbeit für das STAATSBALLETT KARLSRUHE.

DAVID BOFARULLLicht

David Bofarull wurde in Barcelonageboren und arbeitet seit 15 Jahren alsfreischaffender Lichtdesigner, vor allemin Barcelona und Madrid. 2010 setzte erVladimir Malakhovs Ballette La Péri ander Staatsoper Unter den Linden und LaBajadere an der Deutschen Oper Berlinin Szene. Mit dem Choreografen TerenceKohler schuf er die Ballette Daphnis undChloé für das Bayerische Staatsballett,Cinderella – A Tragic Tale für das Finni-sche Nationalballett und Der Nussknackerfür das Hong Kong Ballet. 2013 gewannDavid Bofarull den spanischen Theater-preis Premis Butaca für seine Lichtgestal-tung von Pere Rieras Barcelona. 2015 ister für sein Lichtdesign von Terra Baixasowohl für die spanischen Premios Maxals auch erneut für die Premis Butacanominiert worden. das kleine schwarze /the riot of spring ist seine erste Arbeit fürdas STAATSBALLETT KARLSRUHE.

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JOHANNES WILLIGNachdirigat

Johannes Willig studierte Klavier, Dirigie-ren und Korrepetition in Freiburg sowie Orchesterleitung in Wien. Engagements führten den DAAD-Stipendiaten und Preisträger mehrerer internationaler Dirigentenwettbewerbe an das Theater Biel / Solothurn, an das STAATSTHEATER KARLSRUHE und als Ersten Kapellmeister und Stellvertretenden GMD an die Oper Kiel. Er gastierte u. a. am Teatro Comunale di Bologna, Staatstheater Wiesbaden, Theater St. Gallen und Teatro di San Carlo in Neapel sowie am Freiburger Theater, an der Deutschen Oper Berlin und der Opéra de Lyon. Seit der Spielzeit 2011/12 ist er Erster Kapellmeister und Stellvertretender Generalmusikdirektor am STAATSTHEA-TER KARLSRUHE und dirigierte hier u. a. Ein Maskenball, Tosca, La Traviata und Doctor Atomic. In der Spielzeit 2015/16 leitet er u. a. die Neuproduktionen Der Prophet und Macbeth.

DANIELE SQUEOMusikalische Leitung

Daniele Squeo studierte in seiner HeimatItalien Klavier und Chordirigieren sowie später Orchesterdirigieren in Weimar. Der Preisträger mehrerer internationaler Diri-gentenwettbewerbe arbeitete bereits mit Orchestern wie der Neuen PhilharmonieWestfalen, den Jenaer Philharmonikern,dem Orchester des Theaters „LiricoSperimentale“ Spoleto, dem KarlsbaderSinfonieorchester, den Nürnberger Sym-phonikern, den Bochumer Symphonikernsowie den Essener Philharmonikern. Erbesuchte Meisterkurse bei Steven Sloane,Sir Roger Norrington und Sylvain Cambre-ling. Operndirigate führten ihn u. a. mitLa Traviata nach Rom, Spoleto und Assisi.2013/14 war Daniele Squeo Studienleiterund Kapellmeister am Theater Nordhau-sen, bevor er 2014 als Zweiter Kapellmeis-ter an das STAATSTHEATER KARLSRUHEwechselte. In der aktuellen Saison dirigierter u. a. I Capuleti e i Montecchi.

35Igor Strawinsky Ed Louzardo, Waslaw Nijinsky Kt. Flavio Salamanka, Sergej Diaghilew Admill Kuyler

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BLYTHE NEWMAN* Erste Solistin, Geist der Zeit / Modell und MuseAus Australien stammend, studierte sie an der Akademie des Tanzes Mannheim und ist seit 2006 Mitglied des Karlsruher Ensembles, wo sie u. a. Nikija in Die Tempeltänzerin, die Titelpartie in Giselle und Katharina in Der Widerspenstigen Zähmung verkörperte. Tim Plegge kreierte für sie die Titelpartie in Momo, Bombana die Partie der Leni in Der Prozess.

LARISSA MOTA* Gruppe mit Solo, Modell und MuseLarissa Mota wurde in Brasilien geboren und studierte Tanz an der Aka-demie des Tanzes Mannheim. 2007/08 war sie Mitglied des Ballettstudios am STAATSBALLETT KARLSRUHE. Nach einem Engagement am Ballett des Theaters Hof ist sie seit der Spielzeit 2010/11 Mitglied des Karlsruher Ensembles und war u. a. in der Titelpartie von Momo zu sehen.

BRUNA ANDRADE* Erste Solistin, Coco Chanel / Misia SertDie Brasilianerin und FAUST-Preisträgerin 2014 studierte an der Aka-demie des Tanzes Mannheim und ist seit 2006 im Karlsruher Ensemble. Sie tanzte u. a. Odette / Odile in Schwanensee, die Titelrolle in Giselle und Anastasia in Dornröschen – Die letzte Zarentochter. Zuletzt kreierte Davide Bombana für sie Fräulein Bürstner in Der Prozess.

HARRIET MILLS Solistin, Misia Sert / Modell und MuseGeboren in England, studierte sie u. a. an der Royal Ballet School London. Seit 2010 ist sie Ensemblemitglied des STAATSBALLETTS KARLSRUHE, wo sie u. a. Myrtha in Giselle, Anastasia in Dornröschen – Die letzte Zarentochter, Odette / Odile in Schwanensee, Katharina in Der Wider-spenstigen Zähmung und Fräulein Bürstner in Der Prozess tanzte.

RAFAELLE QUEIROZ* Solistin, Modell und Muse / Coco ChanelAus Brasilien stammend, erhielt sie ihre Tanzausbildung an der Akade-mie des Tanzes Mannheim und ist seit der Spielzeit 2009/10 Mitglied des STAATSBALLETTS KARLSRUHE. Hier debütierte sie als Odette / Odile in Schwanensee, es folgten u. a. Bianca in Der Widerspenstigen Zähmung.Zuletzt kreierte sie die Frau des Gerichtsdieners in Bombanas Prozess.

SU-JUNG LIM Gruppe mit Solo, Die auserwählte JungfrauSu-Jung Lim stammt aus Seoul und studierte Tanz an der Yewon Arts School und der Akademie des Tanzes Mannheim. In der Spielzeit 2010/11 war sie Mitglied des Ballettstudios, seit der Spielzeit 2011/12 gehört sie zum Ensemble des STAATSBALLETTS KARLSRUHE, wo sie u. a. als Leni in Davide Bombanas Prozess zu sehen war.

CAROLIN STEITZ* Gruppe mit Solo Kleines Fräulein / Die auserwählte JungfrauDie Deutsche wurde 1994 geboren und studierte Tanz an der Akademie des Tanzes Mannheim. Während ihrer gesamten Studienzeit von 2005 bis 2014 war sie Stipendiatin der Tanzstiftung Birgit Keil. Seit der Spielzeit 2014/15 ist sie Mitglied des STAATSBALLETTS KARLSRUHE.

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PABLO DOS SANTOS* Solist, Geist der ZeitDer Brasilianer studierte in São Paulo und an der Akademie des Tanzes Mannheim. 2012 kam er zum STAATSBALLETT KARLSRUHE. Hier tanzte er u. a. den Prinzen in Der Nussknacker – Eine Weihnachtsgeschichte, Alexei in Dornröschen – Die letzte Zarentochter, Lucentio in Der Wider-spenstigen Zähmung und Maler / Wächter in Der Prozess.

ADMILL KUYLER Erster Solist, Großer Mann / Sergej DiaghilewAus Südafrika stammend, kam er nach einem Engagement in Johannes-burg 2007 nach Karlsruhe. Hier tanzte er u. a. Oberon in Ein Sommer-nachtstraum, Wronski in Anna Karenina sowie Tybalt und Graf Paris in Romeo und Julia. Zudem kreierte er die Titelpartie in Siegfried und die des Richters in Der Prozess von Davide Bombana.

KT. FLAVIO SALAMANKA* Erster Solist, Waslaw NijinskyIn Brasilien geboren, vollendete er sein Studium an der Akademie des Tanzes Mannheim. Seit 2003 tanzte er Hauptrollen des gesamten Reper-toires, u. a. Albrecht in Giselle, Solor in Die Tempeltänzerin, Don José in Carmen, Petrucchio in Der Widerspenstigen Zähmung und Josef K. in Der Prozess. 2013 wurde ihm der Titel eines Kammertänzers verliehen.

ZHI LE XU* Solist, Igor StrawinskyIn China geboren, studierte er in Peking und an der Akademie des Tanzes Mannheim. 2008 kam er zum STAATSBALLETT KARLSRUHE, wo er u. a. Solorollen in Ein Sommernachtstraum, Schwanensee und Siegfried sowie Lucentio in Der Widerspenstigen Zähmung tanzte. Er kreierte Gigi in Momo und einen Wächter in Davide Bombanas Der Prozess.

ED LOUZARDO Gruppe mit Solo, Igor StrawinskyAus Brasilien stammend, tanzte er im Anschluss an seine Ausbildung am Centro de Dança Ana Unger in Belém sowie bei der São Paulo Companhia de Dança. Seit der Spielzeit 2013/14 ist er Mitglied beim STAATSBAL-LETT KARLSRUHE, wo er u. a. den Blauen Vogel in Dornröschen – Die letzte Zarentochter und den Landsmann in Der Prozess tanzte.

SVITLANA GORDIIEVSKA* Gruppe mit Solo, Strawinskys EhefrauDie Ukrainerin studierte an der Akademie des Tanzes in Kiew und der Aka-demie des Tanzes Mannheim. Engagements führten sie an das Vanemuine-Theater in Tartu und das Israel Ballet in Tel Aviv. Seit der Spielzeit 2014/15 ist sie nach 2011 wieder Mitglied des STAATSBALLETTS KARLSRUHE, wo sie als Frau des Gerichtsdieners in Der Prozess debütierte.

AMELIA DRUMMOND Gruppe mit Solo, Strawinskys Ehefrau In Australien geboren, studierte sie Tanz am Australian Conservatoire of Dance in Melbourne und an der Akademie des Tanzes Mannheim. Be-reits während ihres Studiums tanzte sie in den Produktionen Giselle und Schwanensee des STAATSBALLETTS KARLSRUHE, dessen Ensemble-mitglied sie seit der Spielzeit 2014/15 ist.

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* Ehemalige Stipendiaten der Tanzstiftung Birgit Keil

BALLETT – LEITUNG UND ENSEMBLE

Ballettdirektorin Kammertänzerin Prof. Birgit Keil Stellvertretender Ballettdirektor Prof.Vladimir Klos Ballettmeister Matthias Deckert, Alexandre Kalibabchuk, Veronica VillarAssistentin der Ballettdirektion Ariane Rindle Dramaturgie Silke Meier KorrepetitionInna Martushkevych, Angela YoffeErste Solisten Bruna Andrade, Blythe Newman, Admill Kuyler, Kammertänzer FlavioSalamanka Solisten Moeka Katsuki, Harriet Mills, Patricia Namba, Rafaelle Queiroz, Sabrina Velloso, Arman Aslizadyan, Pablo dos Santos, Andrey Shatalin, Juliano Toscano, Zhi Le Xu Gruppe mit Solo Amelia Drummond, Svitlana Gordiievska, Naoka Hisada, Momoka Kikuchi, Su-Jung Lim, Larissa Mota, Carolin Steitz, Eriko Yamada – Bledi Bejleri, Louis Bray, Douglas de Almeida, Ronaldo dos Santos, Ed Louzardo, Jason Maison, Roger Neves, Reginaldo Oliveira, Emiel Vandenberghe Ballettstudio Verônica da Silva, Jessica Garside, Yeonchae Jeong, Ayaka Kimoto, Moe Masaki, Lucas Correa, João dos Santos, Illya Gorobets, Tomoki Tateyama

BLEDI BEJLERI Gruppe mit Solo, Sergej DiaghilewDer Albaner studierte an der Ballettakademie Tirana und erhielt Engage-ments an der Albanischen Nationaloper und in mehreren Compagnien in Italien. 2011 wurde er Mitglied des STAATSBALLETTS KARLSRUHE, wo er u. a. die Titelpartie in Siegfried, Petrucchio in Der Widerspenstigen Zähmung und den Advokat / Richter in Der Prozess tanzte.

JULIANO TOSCANO Gruppe mit Solo, Waslaw NijinskyDer Brasilianer erhielt sein erstes Engagement bei der São Paulo Com-panhia de Dança. Seit März 2013 ist er Mitglied des STAATSBALLETTS KARLSRUHE und war u. a. als Blauer Vogel in Dornröschen – Die letzte Zarentochter, Lucentio in Der Widerspenstigen Zähmung, Albrecht in Giselle und als Josef K. in Der Prozess zu sehen.

ANDREY SHATALIN Solist, Ein alter WeiserIn Russland geboren, tanzte er u. a. beim Eifman Ballet und als Solist am Magdeburger Theater. Seit 2006 ist er im Karlsruher Ensemble, wo er zur Spielzeit 2014/15 zum Solisten ernannt wurde. Er tanzte u. a. Alexej Ka-renin in Anna Karenina und Hilarion in Giselle. Peter Breuer kreierte für ihn Hagen in Siegfried. Zuletzt kreierte er den Priester in Der Prozess.

ARMAN ASLIZADYAN* Solist, Igor StrawinskyGeboren in Armenien, studierte er an der Waganova-Akademie in St. Petersburg, der John Cranko Schule und der Akademie des Tanzes Mannheim. 2004 kam er zum STAATSBALLETT KARLSRUHE und tanzte hier u. a. Flaut und Zettel in Ein Sommernachtstraum und den Agenten in Momo. Er kreierte François in Carmen und einen Wächter in Der Prozess.

39Geist der Zeit Pablo dos Santos

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BILDNACHWEISE

UMSCHLAG & SZENENFOTOSJochen Klenk

ABBILDUNGSNACHWEISEJordi Roig: Figurine Coco Chanel (18)Charles Gerschel: Le Théâtre 1.7.1913 (25) Florian Merdes (Portraits S. 36 ff)

TEXTNACHWEISEUmschlaginnenseite vorne: Anna Achmatowa: Poem ohne Held, Göttingen 1992 Axel Madsen: Chanel. Die Geschichte einer emanzipierten Frau, Hamburg 1992 Djuna Barnes: Solange es Frauen gibt, wie sollte da etwas vor die Hunde gehen? Acht Portraits, Berlin 2010 Romola Nijinsky: Nijinsky. Der Gott des Tanzes, Frankfurt a.M. 1974 Alle nichtgekennzeichneten Texte sind Originalbeiträge für dieses Programmheft von Silke Meier. Sollten wir Rechteinhaber übersehen haben, bitten wir um Nachricht.

IMPRESSUM

HERAUSGEBER STAATSTHEATER KARLSRUHE

GENERALINTENDANT Peter Spuhler

VERWALTUNGSDIREKTOR Michael Obermeier

BALLETTDIREKTORIN Prof. Birgit Keil

REDAKTIONSilke Meier

KONZEPT DOUBLE STANDARDS BERLIN www.doublestandards.net

GESTALTUNGDanica Schlosser, Kristina Schwarz

DRUCK medialogik GmbH, Karlsruhe

STAATSTHEATER KARLSRUHE 2015/16 Programmheft Nr. 282www.staatstheater.karlsruhe.de

SCHWARZ STICHT ALLES AUS.

WIR DANKENder Gesellschaft der Freunde des Badischen Staatstheaters Karlsruhe e. V. und der Sparda-Bank Baden-Württemberg für die großzügige Förderung

Igor Strawinsky Ed Louzardo, Geist der Zeit Pablo dos Santos

Gemeinsam mehr als eine Bank

Die Sparda-Bank Baden-Württemberg steht ihren Kunden nicht nur als Wirtschaftspartner zur Seite, sondern teilt auch das kulturelle und soziale Engagement mit Ihnen.

Wir freuen uns auf eine außergewöhnliche Vorstellung und wünschen viel Vergnügen und unvergessliche Momente mit das kleine schwarze / the riot of spring, getanzt vom Badischen Staatsballett Karlsruhe.

Kunst für die

Region

www.spardawelt.de

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