Mitteilungen aus dem Biosphärenreservat Rhön Heft 12 · Meyer aufgestellte Art Rana sp....

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Mitteilungen aus dem Biosphärenreservat Rhön Heft 12 Informationsmaterial des Biosphärenreservats Rhön/Verwaltung Thüringen Mitteilungen aus dem Biosphärenreservat Rhön Heft 12/2007 Redaktionsschluss: 30.03.2007 Die hier veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Für den Inhalt der Beiträge und urheberrechtliche Absicherungen zeichnen die Autoren verantwortlich. Der Herausgeber behält sich das Recht redaktionell notwendiger Abänderungen vor. Alle Formen des Nachdrucks, der Vervielfältigung und der Speicherung – auch auszugsweise – bedürfen der schrift- lichen Genehmigung des Herausgebers. 1. Umschlagseite: Die Landschaft des Mastodons von Kaltensundheim vor 2,6 Mio. Jahren (Gestaltung: M. H. Kroniger) 2. Umschlagseite: Karte „Der Hochrhöner“ 3. Umschlagseite: Die Dachmarke Rhön Herausgegeben und redigiert vom Biosphärenreservat Rhön/ Verwaltung Thüringen Mittelsdorfer Straße 23, 98634 Kaltensundheim, Tel.: 036946/382-0, Fax: 036946 382-22 E-Mail: [email protected] Gestaltung, Satz und Druck: Wehry-Druck OHG, Im Wiesgrund 1, 98617 Untermaßfeld

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Mitteilungenaus dem

Biosphärenreservat Rhön

Heft 12

Informationsmaterial des Biosphärenreservats Rhön/Verwaltung Thüringen

Mitteilungen aus dem Biosphärenreservat Rhön Heft 12/2007Redaktionsschluss: 30.03.2007

Die hier veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Für den Inhalt der Beiträge und urheberrechtliche Absicherungen zeichnen die Autoren verantwortlich.

Der Herausgeber behält sich das Recht redaktionell notwendiger Abänderungen vor.Alle Formen des Nachdrucks, der Vervielfältigung und der Speicherung – auch auszugsweise – bedürfen der schrift-lichen Genehmigung des Herausgebers.

1. Umschlagseite: Die Landschaft des Mastodons von Kaltensundheim vor 2,6 Mio. Jahren (Gestaltung: M. H. Kroniger)

2. Umschlagseite: Karte „Der Hochrhöner“ 3. Umschlagseite: Die Dachmarke Rhön

Herausgegeben und redigiert vom Biosphärenreservat Rhön/ Verwaltung Thüringen Mittelsdorfer Straße 23, 98634 Kaltensundheim, Tel.: 036946/382-0, Fax: 036946 382-22E-Mail: [email protected]

Gestaltung, Satz und Druck: Wehry-Druck OHG, Im Wiesgrund 1, 98617 Untermaßfeld

Inhalt

ZUM GELEIT ..................................................................................................................... S. 04

VORWORT ....................................................................................................................... S. 05

I. PALÄONTOLOGISCHE FUNDSTELLEN IM BIOSPHÄRENRESERVAT RHÖN (Teil I) Fossile Froschfunde aus der Rhön .................................................................. S. 06

II. IN EIGENER SACHE 1) Naturschutzgroßprojekt „Thüringer Rhönhutungen“ ................................................... S. 18 2) Jahresrückblick 2006 ............................................................................................... S. 20 3) Eröffnung der Mastodon-Ausstellung ........................................................................ S. 21 4) Der Premiumwanderweg „Der Hochrhöner“ feierlich eingeweiht ............................... S. 23 5) Die Dachmarke Rhön – Qualität mit Brief und Siegel ................................................ S. 25 6) Partnerschaft zwischen kanadischen Biosphärenreservaten und dem Biosphärenreservat Rhön/Thüringen .......................................................... S. 26

III. BELAUSCHT UND ERFORSCHT IN DER HEIMAT 1) Ein „Urzeitkrebs“ aus der Rhön ................................................................................. S. 28 2) Kaltensundheim – ein bedeutsamer Ort für die Landschaftsgeschichte der Rhön ............................................................................. S. 28 3) Heilpflanzen im Biosphärenreservat Rhön: Die Schafgarbe ........................................ S. 36 4) Heimkehrer, Neubürger, Irrgäste (Teil I) ...................................................................... S. 38 5) Wirbelstürme in der Rhön .......................................................................................... S. 41

IV. PFLANZEN UND TIERE, BIOTOPE UND LANDSCHAFTEN IM BLICKPUNKT DES ÖFFENTLICHEN INTERESSES

Pflanzen und Tiere des Jahres 2007 (Auswahl) 1) Das Schwarze Kohlröschen – Orchidee des Jahres ................................................... S. 43 2) Die Bachnelkenwurz – Blume des Jahres ................................................................. S. 45 3) Die Waldkiefer – Baum des Jahres ............................................................................ S. 46 4) Die Puppenkernkeule – Pilz des Jahres .................................................................... S. 50 5) Der Turmfalke – Vogel des Jahres ............................................................................. S. 51 6) Die Schleie – Fisch des Jahres .................................................................................. S. 52 7) Der Landkärtchenfalter – Schmetterling des Jahres ................................................... S. 53 8) Der Elch – Wildtier des Jahres ................................................................................... S. 55 9) Der Hopfen – Arzneipflanze des Jahres ..................................................................... S. 56 10) Das isländische Moos – Flechte des Jahres .............................................................. S. 58 11) Die Flussufer-Riesenwolfspinne – Spinne des Jahres ................................................ S. 58 12) Das Veilchen – Heilpflanze des Jahres ....................................................................... S. 59 13) Der Rote Fingerhut – Giftpflanze des Jahres .............................................................. S. 61

V. WIR STELLEN UNS VOR Pension „Dreiländereck“ ............................................................................................ S. 63 Erforschung und Therapie der Elektrosensibilität e.V. ................................................. S. 64

VI. NEUE LITERATUR 1) Die Nationalen Naturlandschaften in Thüringen ......................................................... S. 66 2) Die Kelten in der Rhön .............................................................................................. S. 67 3) Entdeckungen in Thüringen – eine Landpartie ........................................................... S. 67 4) In Zeitschriften geblättert (Auswahl-Bibliografie 2005/2006) ....................................... S. 68

VII. EHRUNGEN, WÜRDIGUNGEN, NACHRUFE 1) Zum 250. Geburtstag von Johann Mathäus Bechstein ............................................. S. 70 2) Auszeichnungen von ehrenamtlichen Naturschützern in der Staatskanzlei Erfurt .......................................................................................... S. 71

ZUM GELEIT

Liebe Besucher und Einwohner der Rhön,

der Wartburgkreis besitzt eine einmalige Naturausstattung mit Flächenanteilen am Nationalpark Hainich, am Naturpark Eichs-feld-Hainich-Werratal, am Naturpark Thüringer Wald, an der Auenlandschaft der Werra und am UNESCO-Biosphärenreservat Rhön. Mit diesem Naturreichtum hat der Landkreis auch eine große Verantwortung bei der Gestaltung der unterschiedlichen Schutzgebiete in Thürin-gen.

Als neuer Landrat des Wartburgkreises kenne ich die Rhön und speziell das Biosphären- reservat sehr gut. In den vergangenen Jahren dienten viele Projekte vor allem der Erhaltung und Entwicklung des Artenschutzes und des Landschaftsbildes. Damit wurde der Natur-schutz mit der Landwirtschaft, dem Tourismus und der Regionalentwicklung gekoppelt. Jede einzelne Aktivität ist auch ein Baustein zum Schutz, zur Erhaltung und zur Entwicklung der Kulturlandschaft Rhön. Darüber hinaus werden damit Arbeitplätze erhalten oder neue geschaffen.

Gerade der Entwicklungsansatz „Schutz durch angepasste Nutzung“ ist ein sehr wichtiger Leitgedanke für die Zukunft. Als Landrat unter-stütze ich all diese Ideen und freue mich über diese Initiativen.

Der Blick auf die Entwicklung des Wartburg-kreises stimmt mich optimistisch. Der wirt-schaftliche Stand des Landkreises ist kon-tinuierlich gut. Die kulturellen Werte in allen Regionen genießen nachhaltige Pflege. Das soziale Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger, Vereine und staatlicher Stellen entwi-ckelt sich zu einem fürsorglichen Netz. Und all diese Entwicklungen respektieren die natür-lichen Ressourcen in der uns anvertrauten Landschaft.

Ich wünsche dem neuen Heft „Mitteilungen aus dem Biosphärenreservat Rhön“ viele interessierte Leser und weiterhin eine so weite Verbreitung.

Ihr

Reinhard KrebsLandrat des Wartburgkreises

VORWORT

Im Jahre 2006 stellte der Verband Deutscher Naturparke (VDN) und EUROPARC Deutsch-land der Öffentlichkeit das Projekt Einführung einer Dachmarke >Nationale Naturlandschaf-ten< vor. So begann ein einzigartiges Projekt in Deutschland.Heute nutzen bereits alle 14 Nationalparke, alle 14 Biosphärenreservate und fast 100 Natur-parke das neue Outfit. Damit präsentieren sich die schönsten deutschen Landschaften unter der Dachmarke:

Nationale Naturlandschaften.

Auch das Biosphärenreservat Rhön hat sich der Familie der Nationalen Naturlandschaften angeschlossen und präsentiert sich im neuen Gesicht. Kennzeichnend ist neben dem „Weg“, der den Betrachter in das Gebiet einladen möchte, ein farbiger Punkt. Er ist für jedes Gebiet farblich anders gestaltet und ein indivi-duelles Erkennungszeichen.

Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: www.nationale-naturlandschaften.de Im vergangenen Jahr wurde auch unsere Ver-ordnung zum thüringischen Teil des Biosphä-renreservats Rhön aktualisiert. Die Verordnung heißt formal korrekt: Thüringer Biosphärenreservatsver-

ordnung Rhön, Kurzbezeichnung: ThürBR-VO Rhön. Das vollständige Zitat lautet: Thüringer Biosphärenreservatsver-ordnung Rhön in der im Gesetz- und Verord-nungsblatt für den Freistaat Thüringen veröf-fentlichten bereinigten Fassung (GVBl. 1998 S. 383), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13. April 2006 (GVBl. S. 161).

Um Ihnen das Auffinden und das Wiederer-kennen zu erleichtern, fügen wir das Faksimile des Gesetz- und Verordnungsblattes hier an:

Karl-Friedrich Abe

1. Fundmaterial und wissenschaft-liche Erwähnungen

Fossile Froschreste aus den tertiären Abla-gerungen der Rhön sind seit Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt geworden. Bereits 1852 befinden sich im Großherzoglichen Minera-logischen Museum zu Jena Überreste eines Frosches (MEYER 1859-1861), welche aus den Kohlen, die in der Saline zu Creuzburg bei Eisenach zum Heizen der Pfannen verwendet wurden, stammten. Der Fundort wird später nach Kaltennordheim gestellt, da die Saline die Braunkohlen von dort bezogen hatte. Wesent-liches historisches Fundmaterial verdanken wir dem Apotheker zu Weyers Ernst Conrad Hassencamp und dem Paläontologen und Lehrer für Naturkunde an der Herzoglichen Realschule zu Meiningen Hermann Friedrich Emmrich. Als Fundstellen gibt Hassencamp (1858) Kaltennordheim, Sieblos, Bischofsheim und Eisgraben bei Hausen an.

Schon in den Jahren 1855 bis 1857 leitet Hassencamp sein Fundmaterial von Kalten-nordheim und Sieblos an den renommierten Paläontologen C. F. Hermann von Meyer weiter. In seiner Arbeit über fossile Frösche aus den Tertiär-Gebilden Deutschlands gibt v. Meyer (1859-1861) auch eine detaillierte Beschreibung zu den Funden aus der Rhön. An Arten wurden Palaeobatrachus gigas (Taf. 1) und Rana sp. für den Fundort Kalten-nordheim sowie Palaeobatrachus gracilis für den Fundort Sieblos genannt. Aus beiden Lokalitäten werden auch die fossilen Larven (Kaulquappen) von Fröschen beschrieben.

I. Paläontologische Fundstellen im Biosphärenreservat Rhön

(Teil II) Fossile Froschfunde aus der RhönFrank GÜMBEL, Neidhartshausen

Durch Willy Wolterstorff aus Magdeburg wird 1886 die Art Palaeobatrachus fritschii (Abb. 2) von Kaltennordheim beschrieben und die von v. Meyer aufgestellte Art Rana sp. revidiert. Wolterstorff studierte 1884-89 in Halle bei Karl W. G. von Fritsch Geologie und war später im Magdeburger Museum für Naturkunde und Vorgeschichte tätig. Während seiner Studi-enzeit sammelte Wolterstorff erfolgreich in Kaltennordheim und ist somit auch einer der wenigen Geologen, die noch zu Betriebszeiten der Braunkohlengrube Carl-August eine wis-senschaftliche Sammlung anlegten. Insgesamt zählte die Sammlung fossile Reste von ca. 100 Individuen, deren Erhaltungszustand zum großen Teil verschieden ist. In seiner Arbeit zur Art Palaeobatrachus fritschii beschreibt er 114 Belegstücke. Das Fundmaterial wurde im Mi-neralogischen Museum zu Halle und im Muse-um für Naturkunde zu Magdeburg hinterlegt.

Die fossilen Froschreste aus der Hassen-camp’schen Sammlung, welche dem Fund-ort Eisgraben entstammen und im Museum Würzburg hinterlegt sind, ordnet Wolterstorff ebenso den Palaeobatrachiden zu, jedoch ohne eine genaue Artbestimmung. Im zweiten Teil seiner Arbeit über fossile Frösche behan-delt Wolterstorff (1887) auch die Funde aus Sieblos. Wie bereit schon v. Meyer kommt auch Wolterstorff bei seiner Überprüfung der Funde von Sieblos zum Schluss, dass es sich um mehrere Arten handelt. Für den Rest eines wahrscheinlich noch nicht ganz ausgewach-senen Frosches, der sich aber dennoch von Palaeobatrachus gracilis unterscheiden lässt, schlägt er den Namen Palaeobatrachus sand-bergeri (Abb. 2) vor. Als Nachtrag zu einigen Funden von Kaltennordheim wurden die Varia-

tionen Palaeobatrachus fritschii var. Major und Palaeobatrachus rarus beschrieben.In den folgenden 100 Jahren ist nur wenig über fossile Frösche bekannt geworden. 1972 wurden durch Spinar einige historische Funde, welche sich in der Sammlung des Paläontologischen Institutes von Würzburg befinden, revidiert. Er stellt einige Knochenres-te vom Eisgraben bei Hausen und von Kalten-nordheim zur Gattung Eopelobates und Funde von Kaltennordheim, welche der Art Palaeoba-trachus fritschii zugeordnet sind, bestimmt er als jüngeres Synonym von Palaeobatrachus diluvianus. Gaudant revidiert 1985 die fossilen Anuren (Frösche) von Sieblos und stellt die Arten zu Palaeobatrachus grandipes und Eopelobates sp. Durch Hans Hermann Schleich (1988) werden wieder neue fossile Froschfunde aus Sieblos bekannt gemacht. Das neue Fossilmaterial stammt aus der Sammlung von Hugo Schubert, welcher in Poppenhausen an der Wasserkuppe lebte. Schubert sammelte seit 1980 Fossilien aus dem Haldenmaterial des längst untergegan-genen Braunkohlenbergbau von Sieblos. Durch seine Sammlung hat die paläontolo-gische Forschung in der Rhön wieder einen hohen Stellenwert erlangt.

Neben den braunkohleführenden Tertiär-schichten, aus denen Froschreste durch Berg-bau zu Tage gefördert wurden, hat die Rhön noch weitere Fundlokalitäten zu bieten. So werden aus den Füllsedimenten des Erdfalls bei Kaltensundheim (siehe Paläontologische Fundstellen in der Rhön Teil 1, Heft 6) auch Amphibienreste bekannt (G. BÖHME 1968). Diese Froschreste aus dem Erdfall Kaltensund-heim werden aber erst 2002 in einer ausführ-lichen Bearbeitung durch Gottfried Böhme vom Museum für Naturkunde in Berlin publi-ziert. Die für diesen Fundort bestimmten Arten sind Bufo bufo, eine weitere, noch unbekannte Bufo-Art und Rana temporaria.1998 wird eine fossilführende Dolinenfüllung

nahe dem Ort Oberleichtersbach bei Bad Brückenau im südlichen Biosphärenreservat entdeckt. Ein erster Überblick zur Fossilge-meinschaft der neuen Lokalität durch Erlend Martini (2000) vom Senckenberg-Museum in Frankfurt ergibt neben Schildkröten, Eidech-sen, Schleichen und Krokodilen auch fossile Reste von Fröschen.

Eine weitere besondere Form von Fossilla-gerstätten in der Rhön sind Maarseen. Die wassergefüllten Spreng- bzw. Einbruchtrichter der ehemaligen Vulkanbauten waren wohl auch ideale Laichplätze für die damals leben-den Frösche. In der nördlichen Rhön sind zwei Fundorte mit Maarsedimenten bekannt geworden. Erste Hinweise auf den fossilen Inhalt dieser Ablagerungen geben MÜLLER & JOHNSON (1980). Bei einer Auswertung der Fossilgemeinschaft vom Fundort Dietrichberg bei Vacha, werden auch erstmalig Froschreste der Gattungen Rana und Bufo beschrieben (M. BÖHME 1993). 1996 werden durch Hans-Volker Karl einige Skelettfragmente aus den Papierschiefern des Dietrichsbergmaar zu den Palaeobatrachiden gestellt. Eine detaillierte Be-schreibung der bereits 1993 erwähnen Funde erfolgte 2001 durch Madelaine Böhme. Als Art wurde Rana cf. temporaria bestimmt (Taf. 1). Somit ist das Dietrichsbergmaar Fundort des ältesten Repräsentanten der Braunfrösche. Der zweite Fundort ist der Basaltsteinbruch zwischen Klings und Diedorf.

Hier konnten 1998 aus einer Rutschung in der Schlotbrekzie ebenfalls fossilführende Sedi-mente sichergestellt werden. Der ehemalige Maarsee wurde hier durch das aufsteigende Magma völlig zerstört. Die ehemaligen Seeab-lagerungen sind nur noch als kleinste Relikt-vorkommen in der den Basalt umschließenden Brekzie erhalten geblieben. Den Umständen entsprechend weisen die Maarsedimente und die darin vorhandenen Fossilien einen sehr schlechten Erhaltungszustand auf. Dennoch

erbrachte das Fundmaterial Reste von meh-reren Frosch-Individuen und Larven (Taf. 2) unterschiedlicher Entwicklungsstufen. Eine vorläufige Bestimmung ermöglichte bis-lang nur eine vage Zuordnung zu den Palae-obatrachiden.

2. Übersicht zu den fossil belegten Familien und zur Altersstellung

Das Fossilmaterial zeigt, dass Amphibien durch Froschreste aus fast allen tertiären Fossillagerstätten der Rhön bekannt geworden sind. Somit ergibt sich eine stratigraphische Reichweite (Abb. 1) vom Unter-Oligozän bis zum Pliozän. Aus heutiger Sicht wurden 7 Ar-ten (plus einige Art-Variationen) aus 4 Familien identifiziert.

Palaeobatrachidae (Altfrösche)Die Familie gilt seit dem Altpleistozän als aus-gestorben. Auf Grund der Skelettmorphologie werden die Palaeobatrachiden noch zu den primitiven Fröschen gestellt. Sie stammen von landlebenden Fröschen ab und haben sich bereits im Jura wieder an ein Leben im Was-ser angepasst. Im See von Sieblos, welcher bereits durch regionale Auslaugung der Röt-schichten im Ober-Eozän entstand, fanden diese Frösche optimale Lebensbedingungen vor. Vergleichbare Funde sind aus den eozä-nen Ablagerungen des Geiseltals und der Gru-be Messel bekannt. Auch in den Gewässern der miozänen Braunkohlensümpfe der Rhön müssen auf Grund einer Vielzahl von Frosch-funden der Gattung Palaeobatrachus zeitweise optimale Lebensumstände für diese Frosch- arten geherrscht haben. Der Maarsee bei Klings wurde von den Tieren als Laichgewässer genutzt, was durch fossile Kaulquappen (Taf. 2) verschiedener Entwick-lungsstadien belegt wird. Der Nachweis von Ostracoden und Crustaceen ist ein weiterer Beleg für die hohe Wasserqualität des Maar-sees. Der Maarsee weist ähnliche Lebensbe-

dingungen auf, wie sie von der oberoligozänen Fossillagerstätte Rott bei Hennef am Sieben-gebirge an einem subtropischen See beschrie-ben werden.

Pelobatidae (Krötenfrösche)Diese Familie wird durch Kaulquappen der Gattung Eopelobates aus den Ablagerungen von Sieblos belegt. Die Tiere lebten auf dem Land und suchten lediglich den See zur Laich-zeit auf. Aus dieser Familie leiten sich die heute einheimischen Knoblauchkröten ab. Im We-sentlichen werden die Krötenfrösche nur als eine Übergangsform angesehen.Die Anwesenheit von Eopelobates in den mio-zänen Braunkohlebecken von Kaltennordheim wird durch einen bestimmten Knochenrest belegt (M. BÖHME 1993).

Bufonidae (Echte Kröten)Echte Kröten werden in der Rhön erstmalig aus den Sedimenten des pliozänen Erdfall von Kaltensundheim bekannt. In den lichten Wäl-dern und dem Offenland um den Erdfallsee lebten neben unserer einheimischen Erdkröte auch eine großwüchsige Erdkröte Bufo bufo ssp. sowie eine noch unbekannte Krötenart. Nur zur Fortpflanzungszeit suchten diese Kröten den Erdfallsee auf.

Ranidae (Echte Frösche)Die Familie der Echten Frösche wird durch die Gruppe der Braunfrösche (Rana) vertre-ten und hier speziell durch den Grasfrosch Rana temporaria fossil belegt. Das häufige Auftreten fossiler Rana-Reste in den pliozänen Füllsedimenten des Erdfallsees von Kalten-sundheim deutet darauf hin, das der See zum unmittelbaren Lebensraum dieser Art gehörte. Möglicherweise stammen die fossilen Reste von Individuen, die Ruhephasen im Schlamm des Gewässergrundes verbrachten und dabei umkamen (Winterruhe ? G. BÖHME 2002).Aus den miozänen Papierschiefern (Dysodil) des Dietrichsbergmaar sind die ältesten Vertre-

ter dieser Art bekannt. Der Erhaltungszustand des fossilen Belegmaterials macht aber eine eindeutige Zuordnung nicht möglich, so das die Ranaähnliche Art aus dem Maarsee des Dietrichsberg als Rana cf. temporaria be-stimmt wurde. Obwohl die Ablagerungen des Dietrichsbergmaar mit den Ablagerungen von Kaltennordheim und dem Klingsmaar etwa gleichaltrig sind (Unter-Miozän), weisen sie völ-lig unterschiedliche Lebensumstände auf. Der auffällig niedrige Anteil fossiler Froschfunde in den Papierschiefern vom Dietrichsberg lässt auf die extremen Lebensbedingungen, die in diesem Maarsee geherrscht haben, schließen.

LiteraturBÖHME, G. (1968): Pliozäne und pleistozäne Reliefentwicklung und die Plio – Pleistozän Grenze in der östlichen Vorderrhön. – Unver-öff. Diplomarbeit, Fachrichtung Geologie der Humboldt-Universität zu Berlin, Maschsch. 107 S., 41 Abb., 13, Anlage

BÖHME, G. (1992): Pliozäne Erdfallbildung in der östlichen Vorderrhön und ihre Bedeutung für die Morphogenese des Gebietes. – Zeit-schrift f. geol. Wissenschaften 20 (5/6): S. 447-454; Berlin.

BÖHME, G. (2002): Amphibienreste aus dem Oberpliozän von Kaltensundheim (Rhön, Thü-ringen). – Mitt. Mus. Naturkunde Berlin, Geo-wiss. Reihe 5, S. 231-238, 13 Abb.; Berlin.

BÖHME, M. (1993): Paläontologie, Stratigra-phie und Paläoökologie des Untermiozäns vom Dietrichsberg bei Vacha/Rhön. – unpublizierte Diplomarbeit, 108 S., 59 Abb., 4 Tab, 9 Taf., Bergakademie Freiberg.

BÖHME, M. (1996): Revision der oligozänen und untermiozänen Vertreter der Gattung Palaeoleuciscus Obrhelova, 1969 (Teleostei, Cyprinidae) in Mitteleuropa. – Dissertation Universität Leipzig, 103 S., 42 Abb., 5 Tab., 9 Taf., Leipzig.

BÖHME, M. (2001b): The oldest representative of a brown frog (Salientia, Ranidae) from the Lower Miocene of Germany and the ecolo-gy of this group during the Neogene. – Acta Palaeontologica Polonica, vol. 46 (1): 119-124, Warszawa.

BRANIEK, G. (2001): Die Fossilfunde von Kal-tensundheim. – Mitteilungen aus dem Bios-phärenreservat Rhön, Heft 6: S. 20-22, 2 Abb.; Untermaßfeld.

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EMMRICH, H. (1856): Briefliche Mittheilung an Herrn Weiss. – Z. d. dt. geol. Gesellsch. 8: 163-164; Berlin.

EMMRICH, H. (1857): Bemerkungen über das Vorkommen von Wirbelthierresten zu Kalten-nordheim. – Z. d. dt. geol. Gesellsch. 9: (Aus einem Briefe an Herrn Beyrich vom 18. Januar 1857.); Berlin.

GAUDANT, J. (1985): Mise au point sur les Vertebres inferieurs de l`Oligocene de Sieblos (Hesse, Allemagne). – C. R. Acad. Sc. Paris, t. 300, Ser. II (5): 185-188; Paris.

HASSENKAMP, E. (1856): Mittheilungen an Professor BRONN gerichtet. – N. Jb. Miner. Geogn. Geol. Petrefactenkde. Jg. 1856: S. 420-423; Stuttgart. (Fossilien und Kristallbil-dungen im Tertiär der Rhön)

HASSENKAMP, E. (1858): Geognostische Beschreibung der Braunkohlenformation in der Rhön. – Verh. Phys. Med. Ges. Würzburg, 8: S. 185-211, 8 Taf.; Würzburg.

HASSENKAMP, E. (1860): Geologisch-paläon-tologische Untersuchungen über die Tertiär-bildungen des Rhöngebirges. – Würzb. natur-wiss. Z., 1: S. 193-213; Würzburg.

KARL, H. V. (1996): Ergänzung zum Verbrei-tungskatalog tertiärer und quartärer Amphibien und Reptilien Europas, Nordost- und Mittel-deutschland (NBL). – Abh. Ber. Mus. Nat. Gotha, 19, 97-89, Gotha.

MARTINI, E. (2000): Die Doline Oberleichters-bach bei Bad Brückenau – Ein Ober-Oligozän Vorkommen von überregionaler Bedeutung. – Beiträge Naturkunde Osthessen, 35: S. 63-68; Fulda.

MEYER, H. v. (1859-1861): Frösche aus den Tertiär-Gebilden Deutschlands. – Palaeonto-

graphica, 7: S. 123-182, Taf. 16-22; Cassel. (Sieblos, Kaltennordheim)

MÜLLER, B. & JOHNSEN, G. (1980): Rut-schungen im Gebiet des Dietrichsberges bei Vacha (Vorderrhön). – Zeitschrift für ange-wandte Geologie, Bd. 26 (2): S. 95-101; Berlin.

SPINAR, Z. V. (1972): Tertiary frogs from Cen-tral Europe. – 268 S., 96 Abb., 15 Tab., 184 Taf., Czechoslovak Academy of Science; Prag.

WERNEBURG, R. (2003): 300 Millionen Jahre Thüringen: 104 S., Naturhistorisches Museum Schleusingen (Hrsg.); Hildburghausen.

WOLTERSTORFF, W. (1886): Ueber fossile Frösche insbesondere das Genus Palaeoba-trachus. Teil I – Jber. u. Abh. naturwiss. Ver. Magdeburg, 95 S., 6 Bildtaf.; Magdeburg.

WOLTERSTORFF, W. (1887): Ueber fossile Frösche insbesondere das Genus Palaeoba-trachus. Teil II. – Jber. u. Abh. naturwiss. Ver. Magdeburg, 96 S., 7 Bildtaf.; Magdeburg.

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Abb. 1Stratigraphische Übersicht der Tertiärgliederung der Rhön

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Abb.2Maßstab ca. 1:1

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Erläuterungen zu Abb. 2

„Historische Tafeln“

aus der Arbeit von W. WOLTERSTORFF (1886/1887) über fossile Frösche, mit Abbil-dungen von Funden aus Kaltennordheim und Sieblos.

Tafel V.Palaeobatrachus fritschii WOLTERSTORFF(alles Funde von Kaltennordheim)

Fig. 1. Exemplar No. 1 (Mus. Halle)

Fig. 2. Exemplar No. 2 (Mus. Halle) Fig. 1. u. 2. ziemlich vollständige

Exemplare.

Fig. 3. Exemplar No. 3 (Mus. Halle)

Fig. 4. Exemplar No. 4 (Mus. Halle) (No. 1 .... No. 19 sind in der Arbeit

von WOLTERSTORFF unter diesen Nr. beschrieben)

Fig. 5. Reste eines jungen Tiers, No. 11 (Mus. Halle)

Fig. 6. Frontoparietale von unten gesehen. No. 19 (Mus. d. Naturwiss. Vereins

Magdeburg)

Tafel VII.

Fig. 1. Palaeobatrachus gracilis v. MEYER (Mus. Würzburg)

FO. Sieblos (Original heute im palä-ontologischen Institut Würzburg)

Fig. 2. Palaeobatrachus sandbergeri WOLTERSTORFF (Mus. Würzburg)

FO. Sieblos

Fig. 4. Palaeobatrachus bohemicus v. MEYER (Mus. Halle)

(kein Fund aus der Rhön; FO. Markersdorf)

Fig. 6. Larve von Palaeobatrachus sp. (Mus. Halle)

FO. alte Halden der Grube Carl-August Kaltennordheim

Fig. 7. 8. Larven von Palaeobatrachus sp. Keilbein. (Mus. Halle)

FO. alte Halden der Grube Carl-August Kaltennordheim

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Tafel 1Maßstab ca. 1:1

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Erläuterungen zu Tafel 1

„Historische Zeichnungen zu den wissen-schaftlichen Bearbeitungen.“

Fig. 1. Rana cf temporaria (LINNAEUS) BÖHME 2001

(ACTA PLAEONTOLOGICA POLONI-CA, Vol. 46, No. 1, p. 121, Fig. 1)Der Fund stammt aus dem Papier-schiefer (Algenlaminite o. a. Dysodil) vom Dietrichsberg bei Vacha (Nor-drhön) und befindet sich heute, als Leihgabe aus der Sammlung L. Hal-denwang/Radebeul, im Naturhisto-rischen Museum Schloss Bertholds-burg in Schleusingen.

Fig. 2. Palaeobatrachus gigas MEYER(Palaeontographica, Bd. VII, Taf. XXII, Fig. 8)Älteste Beschreibung eines fossilen Froschrestes aus der Braunkohlen-grube von Kaltennordheim. Das Fundstück befand sich bereits 1852 in der Sammlung des Minera-logischen Museums zu Jena.

Fig. 3. Palaeobatrachus gracilis MEYER 1857

( Palaeontographica, Bd. VII, Taf. XX, Fig. 11)

Der Fund stammt aus der Samm-lung E. Hassenkamp/Weyers und wurde später im Museum der Uni-versität Marburg aufbewahrt. Gegenplatte zur Fig. 1 auf Taf. VII bei W. Wolterstorff 1887.

Fig. 4. Larve von Palaeobatrachus Fritschii WOLTERSTORFF

(WOLTERSTORFF 1887 Teil I, Taf. IV, Fig. 1 a. untere Platte, b. obere Platte)

Erste von Kaltennordheim beschrie-bene fossile Froschlarve (Kaulquap-pe). Spätere Aufbewahrung im Mineralogischen Museum Halle.

Fig. 5. Palaeobatrachus Fritschii WOLTERSTORFF

(WOLTERSTORFF 1886 Teil I, Taf. II, Fig. 8 a. untere Platte, b. obere Platte)

Der Fund wurde durch den dama-ligen Obersteiger Schurig, im März 1885, in Kaltennordheim gemacht. Das Sediment in dem sich die Kno-chenreste befanden wurde w. f. be-schrieben: „Ein eigentümliches mer-gliges Gestein von bläulich-grüner Färbung, das ungeschichtet ist und Muschelkalkbrocken, Landschne-cken und Reste von Säugetieren, doch in verschiedenen Verhältnis-sen, führt.“ Spätere Aufbewahrung im Mineralogischen Museum Halle.

Bemerkung: Die kleine Nummerierung wie Fig. 1b. oder 11. entspricht den original Tafeln.

Der Maßstab entspricht ca. der Ori-ginalgröße.

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Tafel 2Maßstab ca. 1:1

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Erläuterungen zu Tafel 2

„Neufunde aus der thüringischen Rhön.“

Erste Beurteilungen der Fossilien erbrachte eine vage Zuordnung zu den Palaeobatrachi-den (Palaeobatrachus sp.). Eine genaue Bearbeitung ist noch nicht erfolgt. Das Material befindet sich in der Sammlung Frank Gümbel in Neidhartshausen. Der eingezeichnete Maß-stab entspricht auf allen Abbildungen 5 mm. Die Funde 1-3 und 5 stammen aus der Brekzie des Altvaters im Basaltsteinbruch zwischen Diedorf und Klings. Die helle Färbung (beige bis hellbraun) des dysodilen Sediments ist wohl auf die spätere Frittung zurückzuführen. Der Fund 4 stammt aus dem Haldenmaterial von Kaltennordheim (Boxküppel).

Fig. 1. Fast vollständiges Exemplar mit Hautschattenerhaltung der ehema-ligen Weichteile. 1a Platte und 1b Gegenplatte. Der Skelettrest ist nur noch als Abdruck erhalten.

Fig. 2. Teile einer Hinterextremität.

Fig. 3. Rest eines Schädels.

Fig. 4. Gut erhaltener Rest eines Keilbeines. W. WOLTERSTORFF beschreibt bereits 1887 zwei Funde von Kal-tennnordheim (siehe Abb. 2, Taf. VII, Fig. 7 u. 8). Der Neufund ist in einem schwarzen papierschieferartigen Sediment eingebettet.

Fig. 5 Gut erhaltene Kaulquappe (Larve) mit sichtbaren Hautschatten. Ein Teil des Fossils ist noch mit einer dünnen Sedimentschicht bedeckt. Original 2,5 cm lang.

Frank GümbelHauptstraße 836452 NeidhartshausenE-Mail: [email protected]

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II. IN EIGENER SACHE

1) Naturschutzgroßprojekt „Thüringer Rhönhutungen“ – Bewilligung der Umsetzungsphase

Grußwort des Thüringer Ministers für Land-wirtschaft, Naturschutz und Umwelt Dr. Volker Sklenar zur Festveranstaltung anlässlich der Übergabe des Zuwendungsbescheides zum Naturschutzgroßprojekt „Thüringer Rhönhu-tungen – Phase II“ (Umsetzung) am 23. März 2006 in Kaltensundheim:

(Manuskript, es gilt das gesprochene Wort)

„Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch ich bin froh, dass wir heute an diesem Ort den offiziellen Startschuss für die Umsetzungs-phase des Naturschutzgroßprojektes „Rhönhu-tungen“ geben können. Wenn ich zurückblicke, so bin ich erstaunt über die zahlreichen Hürden, die überwunden werden mussten, denn die Aktivitäten während und nach der politischen Wende waren zunächst viel versprechend: Am 1. September 1990 nahm der Aufbaustab der Biosphärenreservatsverwaltung unter der Lei-tung von Herrn Abe seine Arbeit auf und bereits im Dezember 1990 gewährte das Bundesum-weltministerium eine Soforthilfe zur Erhaltung der Schafhutungen in Höhe von 220.000 DM; damals reichte noch ein Bittbrief ...“

„1991 wurde der Landschaftspflegeverband auf Anregung der Biosphärenreservatsverwal-tung gegründet. Bis 1993 wurden der dama-ligen „Bundesforschungsanstalt für Natur-schutz und Landschaftsökologie“, die sich bei Bereisungen von der herausragenden Qualität des Gebietes überzeugen konnten, mehrere Projektstudien, die von den bekannten Ökolo-gen Professor Grebe und Alfred Ringler erar-beitet wurden, vorgelegt. Die Großflächigkeit, der Pflegezustand und die vielfältigen Biotop-mosaike, die bis zu vegetationsarmen Steintrif-

ten reichen – wie an der Geba, lösten bei den Ökologen große Begeisterung aus.“ Als alle Akteure vor Ort, eingeschlossen die Landkreise und das Thüringer Umweltminis-terium, 1993 das erste Mal an einem Tisch saßen – unter ihnen waren auch Herr Dietz und Frau Ludwig – war man sich schnell einig: Die Rhönhutungen sind der ideale Ort für ein Naturschutzgroßprojekt des Bundes. So war im Meininger Tageblatt vom 27.12.1993 unter dem Titel „Bundesfördermittel für das Bios-phärenreservat – Gelder für Sicherung der Rhöner Schafhutungen“ zu lesen, dass ein Antrag erarbeitet werde, die Landräte und das Umweltministerium das Vorhaben unterstütz-ten und man den betroffenen Bürgermeistern den Stand der Planungen vorgestellt habe. Damals ahnte keiner, was für eine Odyssee folgen würde. Schien doch das Anliegen, eine einmalige Kulturlandschaft zu erhalten und die Bedingungen für die Schafbeweidung zu ver-bessern, auf den ersten Blick konsensfähig.“

„Aber bereits damals gab es Befindlichkeiten, die im Meininger Tageblatt unter der Über-schrift „Rätsel um Großprojekt – Teile der Thü-ringer Rhön noch mehr unter Naturschutz?“ zum Ausdruck kamen. Es war die Sorge, plötzlich mit einer Vielzahl von Vorgaben und Einschränkungen leben und wirtschaften zu müssen. Warum sollte fortan der Schäfer mit einem Plan in der Hand seine Schafe weiden lassen, wo doch die große Artenvielfalt durch eine weitgehend unreglementierte Nutzung entstanden war? Und was wollte man mit dem Ankauf von Hutungsflächen erreichen?“

„Etwa zehn Jahre sind vergangen, bis sich die unterschiedlichen Positionen der Landwirt-schaftsbetriebe, des Landschaftspflegever-bandes und des Bundesamtes für Naturschutz soweit angenähert hatten, dass eine Förde-rung der Phase I möglich wurde. Und erst nach dem Abschluss dieser Phase I im Herbst 2005, die zu einem umfassend abgestimmten

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Pflege- und Entwicklungsplan führte und ein Moderationsverfahren einschloss, kann man sagen: Der angestrebte faire Interessenaus-gleich zwischen Land- und Forstwirtschaft und dem Naturschutz ist erreicht!“

„Ich möchte an dieser Stelle allen Beteiligten ganz herzlich danken, dass sie mit großer Beharrlichkeit dem lang gehegten Traum eines Großprojektes für die Rhönhutungen zum Durchbruch verhalfen …“

„Man kann im Rückblick ohne Pathos sagen: Mit dem Naturschutzgroßprojekt „Thüringer Rhönhutungen“ wurde ein Stück deutscher Naturschutzgeschichte geschrieben. Denn der schmerzhafte Findungsprozess dokumentiert einen Wandel im Selbstverständnis des Natur-schutzes, der von der Sicherung vorhandener Werte in Richtung nachhaltige Entwicklung un-ter Beachtung sozioökonomischer Zusammen-hänge weist. Dies wird eindrucksvoll belegt durch die Förderung der externen Moderation und der sozioökonomischen Untersuchungen in der Phase I sowie von Infrastrukturmaßnah-men für die Schäfer in der Projektphase II, wie den Bau eines Schafstalles und von Tränksys-temen.“

„Aber auch den Landwirten wurde in diesem Prozess deutlich, dass die Formel „Landwirt-schaft = Naturschutz“ zu kurz greift und heute eine differenziertere Betrachtung notwendig ist. Denn Artenvielfalt ist auf dem größten Teil der landwirtschaftlich genutzten Flächen schon lange kein zufälliges Kopplungsprodukt der ordnungsgemäßen Wirtschaftsweise mehr. Lassen Sie mich an dieser Stelle den lang-jährigen Sprecher des Deutschen Rates für Landespflege, Professor Wolfgang Haber, zitie-ren, der auf dem Naturschutztag 2002 sagte: »Ich betrachte die Vision der nachhaltigen Entwicklung als eine der größten säkularen Ideen, vergleichbar der Aufklärung im 18. Jahr-hundert, dem Streben nach Wohlstand und sozialer Gerechtigkeit im 19. Jahrhundert, auf das im 20. Jahrhundert die Entdeckung der Schutzbedürftigkeit der Umwelt und nun im 21. Jahrhundert die nachhaltige Entwicklung folgten.“

„Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie sich von diesem Gedanken beflü-geln und machen Sie sich bewusst, dass wir mit der Phase II des Naturschutzgroßprojektes vor einer zukunftsträchtigen Aufgabe stehen, für die wir auch in Zeiten knapper Kassen

Feierliche Übergabe des Zuwendungsbescheides (Foto: R. Werner)

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gern Geld und Sachverstand bereitstellen. Denn das ist nachhaltig angelegt. Ich verbinde diesen Wunsch mit der Hoffnung, dass der erfolgreiche Start in die Phase II des Natur-schutzgroßprojektes auch auf die beiden in Vorbereitung befindlichen Länder übergreifen-den Großprojekte „GRÜNES BAND Rodach-tal-Lange Berge-Steinachtal“ sowie „GRÜNES BAND Eichsfeld-Werratal“ ausstrahlt und wir bei diesen Projekten den Findungsprozess etwas kürzer halten können.“

„Abschließend wünsche ich uns, dass Natur-schutz und Landwirtschaft in der Rhön weiter-hin an einem Strang ziehen, dass das eine das andere nicht ausgrenzt und dass die Region hinter dem Projekt steht.“

2) Der Jahresrückblick 2006 Karl-Friedrich ABE, Biosphären- reservat Rhön/Verwaltung Thüringen

Das Jahr 2006 war geprägt durch die Ausrufung zum „Jahr der Naturparke“. Viele Veranstaltun-gen fanden dazu in Thüringen statt, an denen sich auch die beiden Biosphärenreservate und der Nationalpark Hainich beteiligten. So fanden die Auftaktveranstaltung im Natur-park Schiefergebirge/Obere Saale im Frühjahr, die Eröffnung der Wanderausstellung der Natio-

nalen Naturlandschaften (NNL) Thüringens in der Vertretung des Freistaates beim Bund in Berlin und der Festakt zur Ehrung von Ehrenamtlichen aus den NNL in der Staatskanzlei in Erfurt statt. Zu diesen großen Festveranstaltungen konnten mehr als 600 Gäste gezählt werden.

Im Laufe des Jahres besuchten 1.050 Gäste die drei Ausstellungen von Roland Werner zu historischer Forsttechnik. In 19 Vorträgen zu den unterschiedlichsten Themen konnten 736 Teilnehmer begrüßt werden.Insgesamt wurden durch die Biosphärenreser-vatsverwaltung, z. T. mit Unterstützung durch Ehrenamtliche, 47 Exkursionen und Führungen mit 1.364 Teilnehmern durchgeführt. Zählt man die Messebesucher der Meininger Gewerbeausstellung MEGA und die Messe „Grüne Tage“ in Erfurt, so kommt man leicht auf 15.000 Interessierte.

Rechnet man alle Veranstaltungen, die Natur-erlebnistage, das Jugendcamp, die verschie-denen Informationsveranstaltungen, die Treffen der Junior -Ranger usw. zusammen, so zählen wir für das vergangene Jahr insgesamt 159 Veranstaltungen mit 12.188 Teilnehmern. Auch Gäste aus Österreich und Kanada ver-weilten im vergangenen Jahr auf Einladung der Thüringer Verwaltung im Biosphärenreservat Rhön (siehe auch unter II In eigener Sache).

Großer Andrang auf dem Messestand der MEGA (Foto: K.-Fr. Abe)

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3) Eröffnung der Mastodon-Ausstel-lung im Dorfmuseum von Kalten-sundheim

Meininger Tageblatt vom 22. Dez. 2006, Text: O. Markert

Nach fast 50 Jahren zurückKALTENSUNDHEIM. Das war ein schönes Weihnachtsgeschenk für Kaltensundheim: Abgüsse der vor fast 50 Jahren bei der Lotten-mühle gefundenen Mastodon-Mammut-Kno-chen sind jetzt im Rahmen einer Ausstellung wieder in der Gemeinde. „Damit haben wir wieder einen Teil dieses bedeutsamen Fundes hier in Kaltensundheim“, sagte der damalige Ausgrabungsleiter Dr. Gottfried Böhme. Karl-Friedrich Abe, Leiter der Thüringer Verwal-tungsstelle des Biosphärenreservates Rhön, hatte nach langen Bemühungen die Abdrücke der gigantischen Knochen erhalten und um sie herum eine ganze Ausstellung zu den ausge-storbenen Tieren organisiert. Das Prunkstück der Ausstellung ist ein gut 1,30 Meter langer Mastodon-Oberschenkel-Abguss, der den Besuchern ein gutes Bild davon vermittelt, wie groß die Tiere waren, die vor fast drei Millionen Jahren durch die Rhön wanderten. Außerdem ist ein Unterkiefer mit riesigen Stoßzähnen zu sehen. Nach Aussa-gen von Dr. Gottfried Böhme, der die Ausgra-bungen 1958 leitete und die Funde präparierte, sei das Mastodon wegen seiner guten Zähne im besten Alter gewesen, als es verstarb.

Großes Ur-Panorama *Darüber hinaus sind auch ein Unterschenkel und ein fünf Meter breites Panorama-Bild aus-gestellt, das die Flora und Fauna vor Millionen von Jahren zeigt. Besonders interessant ist ein nach geologischen Daten gefrästes Modell der Region, das sich auseinander schieben lässt und einen Einblick in die Tiefe der Rhön ermöglicht. Böhme wies darauf hin, dass man anhand der Funde auch einen Hinweis darauf habe, dass das Aussehen des Rhöner Lotte-

tales, wie wir es heute kennen, schon vor fast drei Millionen Jahren seine charakteristischen Züge hatte. „So lange existiert dieses Tal“.

Erste Zähne 1957Bei Rohrverlegungsarbeiten waren Arbeiter im Dezember 1957 in nur 70 Zentimeter Tiefe auf die ersten Zähne vorzeitlicher Tiere gestoßen. Zuerst gingen die Experten davon aus, dass die Beißer eiszeitlichen Elefanten gehören würden, doch schon bald sollte sich heraus-stellen, dass die Fundstelle eine Sensation für die Wirbeltierpaläontologie ist. Das bis dahin weltweit vollständigste Skelett eines jungterti-ären Mastodonten der Art „Mammut borsoni“ konnte bei den Ausgrabungsarbeiten 1958 geborgen werden. Außerdem fanden sich bis in einer Tiefe von zwei Metern das komplette Skelett eines spättertiären Hirsches (1963 trat bei Nachgrabungen ein weiteres Fossil dieser Art zu Tage), Reste von Fischen, Amphibien und einer ausgestorbenen Hasenart. Bekannte Wissenschaftler wie der Säugetierpaläontologe Wilhelm Otto Friedrich, eilten zur Fundstelle, um bei der einmaligen Fundbergung dabei zu sein. Erstmals hatte die Möglichkeit bestan-den, durch exakte Dokumentation bisher nicht Bekanntes über Skelettaufbau und Lebenswei-se der Mastodonten zu erforschen.

ElefantenverwandtschaftDie Mastodonten sind nahe Verwandte der Elefanten, unterscheiden sich aber von diesen durch ihren primitiven Schädel- und Zahnbau. Zusätzlich zu den oberen Stoßzähnen besaßen die meisten Arten bis auf wenige Ausnahmen noch zwei kleinere Stoßzähne im Unterkiefer. Wozu diese dienten, ist bis heute nicht eindeu-tig geklärt. Der Schädel des Tieres wurde bei der Bergung zerstört.Die übrigen Skelettteile konnten durch mühe-volle Präparationsarbeiten erhalten werden. Zu einer damals geplanten Aufstellung des gesamten Skeletts ist es allerdings nie gekom-men. Die Funde von 1958 und 1963 konnten

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bei einer erneuten Grabung zwischen 1976 und 1978 sogar noch übertroffen werden. Damals fand sich ein zweites fasst vollständi-ges Skelett eines erwachsenen Mastodonten. Diesmal blieben auch der Schädel und die oberen Stoßzähne erhalten. Das originale Ske-lettmaterial ist heute ein wertvoller Bestandteil der bedeutenden Weimarer Sammlungen von Resten pleistozäner Wirbeltiere Thüringens. Damit hat allein die Fundstelle Kaltensundheim innerhalb der letzten 40 Jahre die bisher welt-weit besten Fossilnachweise der oberpliozä-nen Mastodon-Art „Mammut borsoni“ geliefert.

120 Meter DurchmesserDurch Ausspülungen von Rötgips des Obe-ren Buntsandsteins entstand in der Zeit des Oberpliozäns (die jüngste Stufe des Tertiärs) vor gut 2,6 bis 2,8 Millionen Jahren ein tiefer Erdfalltrichter mit steilem Ufer, der sich schnell

mit Wasser füllte und als Wasserstelle diente. Die Tiere, die sich zu weit in das Gewässer vorwagten, sind aller Wahrscheinlichkeit nach beim Stillen ihres Durstes abgerutscht und ertranken in dem tiefen See, der einen Durch-messer von 120 Metern hatte. Durch aus-reichende Kalkzufuhr aus den umgebenden Gesteinen überstanden die Skelette der Tiere die lange Zeit bis zur ihrer Entdeckung. In dem See schwammen damals auch schon Fische wie Hecht, Plötze, Rotfeder und Schleie, die heute noch in Rhöner Gewässern leben. Der Staatssekretär am Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt, Prof. Dr. Christian Juckenack, bezeichnete die Ausstellung als einen Erfolg: „Wir wissen, dass Fossilien von jeher eine Anziehungskraft haben“. Durch die Kombination der verschie-denen Exponate entstehe ein umfassendes Bild aus der Zeit, als die Mastodonten lebten.

Eröffnung der Ausstellung im Dorfmuseum in Kaltensundheim am 20. Dezember 2006Bürgermeister E. Gottbehüt, Dr. Gottfried Böhme, K.-Fr. Abe, Helga Witzel und Staatssekretär Prof. Dr. Christian Juckenack (vlnr), (Foto: R. Werner)

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Bürgermeister Edgar Gottbehüt bekam zur Eröffnung symbolisch den großen Oberschen-kelknochen überreicht und betonte, dass die Ausstellung um weitere Exponate erweitert werden soll.Wegen ihres Umfangs und ihrer Einmaligkeit dürfte die Ausstellung vor allem für Schulklas-sen interessant sein. Das Museum ist donners-tags in der Zeit von 14 bis 16 Uhr und nach Absprache (Telefon: 036946/20796) geöffnet.

* siehe Umschlagfoto

4) Der Premiumwanderweg „Der Hochrhöner“ feierlich einge-weiht. Auf 180 Kilometern durch die Rhön: Ein „Leuchtturm“ in der Welt des Wanderns *

Carsten KALLENBACH, Medien-dienst des Biosphärenreservats Rhön

FRAUENROTH. Die Rhön mit ihren drei Lan-desteilen Bayern, Hessen und Thüringen be-sitzt seit gestern einen vom Deutschen Wan-derinstitut zertifizierten Premiumwanderweg: den „Hochrhöner“. Er führt von Bad Kissingen in Bayern aus bis ins thüringische Bad Sal-zungen und ist 180 Kilometer lang.Ausgerechnet im kleinen Ort Frauenroth, das zur Marktgemeinde Burkardroth gehört, wur-de der „Hochrhöner“ feierlich eröffnet. Wohl selten zuvor hatte die kleine bayerische Ge-meinde, die direkt am „Hochrhöner“ liegt, so viele Leute und schon gleich gar nicht drei Staatsminister auf einmal gesehen. „Unser ,Hochrhöner’ ist ein absoluter Höhepunkt der Zusammenarbeit in der Regionalen Arbeits-gemeinschaft Rhön, der uns einen wichtigen Schritt voran bringt“, meinte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Rhön, Thomas Bold. Alle fünf in der Arbeitsgemeinschaft Rhön vereinigten Landkreise Bad Kissingen, Rhön-Grabfeld, Fulda, Schmalkalden-Meiningen und der Wartburgkreis hatten das Projekt eines

Premiumwanderweges seit Jahren verfolgt. Wirklichkeit wurde es mit Fördermitteln aus der Europäischen Gemeinschaftsinitiative Leader+. Immerhin hatten sich die Gesamtkosten auf 257.000 Euro belaufen, von denen sich 50 Prozent die Rhön-Landkreise teilten.Der „Hochrhöner“, sagte Bold, werde in der Rhön dem Wandern und dem Tourismus insgesamt einen Schub nach vorne verleihen. Darüber hinaus, zeigte sich Bold optimistisch, werde er dazu beitragen, die Rhöner Identität zu steigern. „Der ,Hochrhöner’ wird in Zukunft der Hauptwanderweg der Rhön sein. Auf den nächsten Höhepunkt, Wanderwelt Nummer 1 zu werden, nämlich den Deutschen Wander-tag 2008 in der Rhön, steuern wir jetzt schon zu“, ergänzte er. Jetzt gehe es darum, intensiv weiter an der Vermarktung des „Hochrhöners“ zu arbeiten.Die Rhön, betonte der Bürgermeister der Marktgemeinde Burkardroth, Emil Müller, erhalte mit der Zertifizierung des „Hochrhö-ners“ als Premiumwanderweg ein weiteres Gütesiegel für ihr Ziel, Wanderwelt Nummer 1 in Deutschland zu werden. Müller sieht den neuen Wanderweg außerdem als „Klammer des Zusammenhaltes der drei Bundesländer, die an der Rhön beteiligt sind“.Der bayerische Staatsminister und Leiter der bayerischen Staatskanzlei, Eberhard Sinner, nannte den „Hochrhöner“ ein weiteres High-light und zugleich einen „Leuchtturm“ in der Welt des Wanderns. Jede Anstrengung werde auf dem neuen Wanderweg belohnt – und zwar mit unvergesslichen Wandererlebnis-sen. Der Hochrhöner stehe stellvertretend als Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden, Städten, Landkreisen und über die Grenzen von Bundesländern hinweg. Den anwesenden Gästen wünschte Sinner „viele Premiumerlebnisse auf und entlang dieses Weges“.Mit der Ausweisung des „Hochrhöners“ und seiner Zertifizierung zum Premiumwander-weg durch das Deutsche Wanderinstitut sei

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für die gesamte Rhön ein „ganz großer Fort-schritt“ erreicht worden, hob der hessische Minister für Justiz, Jürgen Banzer, in seinem Grußwort hervor. Wenn Menschen eine Land-schaft entdecken sollen, „dann müssen sie diese Landschaft erleben“, sagte er. Thürin-gens Minister für Bau und Verkehr, Andreas Trautvetter, zeigte sich gestern stolz darüber, dass Thüringen mit dem „Hochrhöner“ seinen ersten Premiumwanderweg überhaupt be-sitzt. Bis Ende dieses Jahres, kündigte er an, werden weitere 75 Kilometer zertifizierte Pre-miumwanderwege hinzukommen – nämlich in Form der „Extratouren“, die als Themenwege vom „Hochrhöner“ abzweigen. Leider, bedau-erte Trautvetter, stehe für den Rennsteig eine solche Zertifizierung zum Premiumwanderweg noch aus. Die Kriterien seien in diesem Jahr knapp verpasst worden – im nächsten Jahr soll ein neuer Anlauf erfolgen. Deshalb blicke er auch etwas neidisch auf die Rhön, gestand er ein.Die Präsidentin des Rhönklubs, Regina Rin-ke, sagte in ihrer Ansprache, dass die Rhöner wohl schon immer hoch hinaus wollten – ob-wohl die Rhön gar kein Hochgebirge ist. Aber immerhin gebe es eine Hochrhönstraße, einen Hochrhönring, den Rhön-Höhen-Weg und nun auch noch den „Hochrhöner“. Seit mehr als eineinhalb Jahren, erinnerte sie, laufen die Arbeiten zur Realisierung des neuen Premium-wanderweges. Die Experten der Naturparke und des Rhönklubs seien in diesen eineinhalb Jahren zu 150 Sitzungen eingeladen worden, die Hunderte von Arbeitsstunden verschlan-gen und bei denen teilweise um „klitzekleine Kleinigkeiten“ diskutiert wurde. Denn auch beim „Hochrhöner“ galt es, Konflikte mit den unterschiedlichsten Interessengruppen auszu-räumen. Auch die Wegewarte des Rhönklubs seien in dieser Zeit manchmal der Verzweiflung nahe gewesen. „Aber sie haben mit ihrer Ar-beit einen Dienst an der Rhönheimat geleistet, wie es der Rhönklub schon seit 130 Jahren tut“, unterstrich die Präsidentin.

Mit dem „Hochrhöner“ besitze die Rhön nunmehr 20 Weitwanderwege, die zu Mehr-tagestouren einladen. An die Landräte der Regionalen Arbeitsgemeinschaft Rhön richtete Regina Rinke die Bitte, den „Hochrhöner“ in die Hände des Rhönklubs in Pflege zu geben: „Denn wir sind die Profis für die Wegekenn-zeichnung.“ Im Anschluss erhielt der „Hochrhöner“ den ökumenischen Segen. Dann wurde das sym-bolische Band im Beisein Hunderter Gäste durchschnitten. Der „Hochrhöner“ bezieht auf seiner Strecke eine große Vielzahl bekannter Berge und Ausflugsziele ein und kreuzt dabei auch die Hochrhön.

* siehe Übersichtskarte erste Umschlagseite

Wandern auf dem „Hoch-rhöner“ (Foto: R. Werner)

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5) Die Dachmarke Rhön – Qualität mit Brief und Siegel – Den Ruf der Rhöner Produkte stärken.

Regina FILLER, Regionalforum Thü-ringer Rhön e. V., Regionalmanage-rin

Vielfältige Aktionen und Projekte wurden in der Rhön in den letzten Jahren gestartet, um sich als Qualitätsregion zu profilieren. Zu den Meilensteinen in den Bestrebungen zählte die Einführung der Dachmarke Rhön, der Regi-onalen Arbeitsgemeinschaft Rhön der fünf Rhönlandkreise mit ihrem einheitlichen Er-scheinungsbild. In der Rhön gibt es viele Unternehmen, die qualitativ hochwertige Produkte herstellen – sowohl im konventionellen Bereich als auch auf dem Biosektor – sowie verschiedenste Aktivitäten, um die Chancen im Biosphären- reservat Rhön besser zu nutzen.Mit der Dachmarke Rhön erhalten all diese die Möglichkeit, sich mit ihrer Region zu identifi-zieren und dazu mit regionaler Qualität eine bessere Vermarktung zu erzielen.

Dachmarke Rhön leistet Beitrag zum Biosphärenreservat Rhön Produkte und Dienstleistungen mit hoher Qua-lität entsprechen den Zielen des UNESCO-Biosphärenreservates Rhön und leisten auch einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der intak-ten Natur. Die Kennzeichnung der Produkte/ Dienstleistungen mit dem Qualitätssiegel Rhön oder dem Biosiegel Rhön lassen den Verbrau-cher regionale Produkte mit hoher Qualität schnell erkennen. Im Mittelpunkt der beiden Produktkennzeichnungen steht immer das Identitätszeichen „Die Rhön einfach erhebend“.

Betriebe, die in der Rhön, in Bayern, Hessen oder Thüringen liegen, alle Qualitätskriterien erfüllen (z. B. Produkte aus der Rhön einset-zen oder verarbeiten) und Mitglied in einem der drei Biosphärenreservats- bzw. Dachvereine

sind, können das Qualitätssiegel Rhön bzw. Biosiegel Rhön kostenlos beantragen.

Die Dachmarke Rhön *... steht für eine einzigartige Qualitätsregion.

Das Identitätszeichen Rhön (Das Dach)... dient einem einheitlichen Erscheinungsbild der Rhön. Dieses Logo kann kostenlos unter www.rhoen.de bezogen werden. Es unterliegt keinen Qualitätskriterien. Wer es verwendet, bezeugt seine Zugehörigkeit und Herkunft. Auf Produkte darf dieses Logo jedoch nicht aufgebracht werden.

Das Qualitätssiegel RhönHervorragende Produkte und Dienstleistungen aus der Rhön, die speziellen Qualitätskriterien entsprechen, tragen dieses Siegel.

Das Biosiegel RhönMit diesem Gütesiegel werden Rhöner Pro-dukte ausgezeichnet, die nach der EG-Öko-verordnung und regionalen Kriterien produziert werden.

Die Rhön – eine unverwechselbare Landschaft mit einzigartigen Pro-dukten und Dienstleistungen. 1991 verlieh die UNESCO der Rhön das Prä-dikat „Biosphärenreservat“. Seither steht die reizvolle Mittelgebirgslandschaft im Dreilän-dereck Bayern, Hessen, Thüringen unter dem besonderen Schutz der Weltorganisation. Das ist eine Auszeichnung, aber auch eine Verpflichtung.

Ökonomie und Ökologie im EinklangWo die Natur intakt ist, können verantwortungs- voll wirtschaftende Unternehmen Spitzenpro-dukte erzeugen und damit Verbraucher und weiter verarbeitende Betriebe beliefern. Diese Qualität schmeckt man. So schließt sich der Kreis von Ökologie und Ökonomie.

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Traditionsbewusst und zukunftsorientiertDie Kriterien des Qualitätssiegels, wie auch des Biosiegels Rhön, stellen beides sicher: Den Erhalt der einzigartigen Kulturlandschaft und Wertschöpfung durch besondere Pro-dukte.

Klasse statt MasseAuf Grund der natürlichen Rahmenbedin-gungen kann man in der Rhön keine Massen-produkte herstellen. Hier setzt man auf andere Stärken: traditionelle und moderne Produkte von hoher Qualität. „Echt Rhön“ wird groß geschrieben.

Gewinn und Zukunft für Mensch und NaturVom strengen Reglement des Qualitätsseg-ments Rhön profitieren viele: die Verbraucher und Gäste, die Menschen, die in der Region leben, und damit auch die weitsichtig ent-wickelte Landschaft selbst.

Qualitätssiegel RhönMit dem Qualitätssiegel Rhön werden Pro-dukte und Dienstleistungen ausgezeichnet, die in der Gebietskulisse der Rhön produziert/erbracht werden und strenge Qualitätskrite-rien erfüllen. Solche Qualitätskriterien wurden bereits für zahlreiche Branchen erstellt. Somit können Unternehmen, die ihren Sitz in der Rhön haben und diese Kriterien erfüllen, mit geringem Aufwand mit dem Siegel ausge-zeichnet werden.

Biosiegel RhönDieses Siegel tragen tierische und pflanzliche Produkte aus der Rhön, hergestellt und ge-prüft nach EG-Ökoverordnung. Die Kriterien „Bio“ und „Rhön“ werden dabei durch weitere Qualitätskriterien ergänzt.

Vertrauen ist gut – Kontrolle besserGetreu diesem bewährten Leitsatz müssen die Unternehmen einmal jährlich die Erfüllung der

Qualitätsstandards nachweisen. Die Kontrolle wird durch Stichproben des Dachmarken-Ma-nagements ergänzt.

Mittlerweile sind es mehr als 100 interessierte Unternehmen aus folgenden Branchen:Gastronomie, Imkerei, Rapsspeiseöl, Brauerei, Bäckerei, Regionalläden, Unternehmen im Be-reich Heizung, Sanitär, Klima, Umweltbildung, Planungs- und Beratungsdienstleistungen im Umweltbereich, Rhöner Kleinbrenner-Koopera-tion, Rhöner Hausmacher-Kooperation.

* siehe dritte Umschlagseite

6) Partnerschaft zwischen kanadi-schen Biosphärenreservaten und dem Biosphärenreservat Rhön/Thü-ringen

Karl-Friedrich ABE, Biosphärenre-servat Rhön, Verwaltung Thüringen

Ausgangspunkt für die Bestrebungen, Part-nerschaften zwischen deutschen und auslän-dischen Biosphärenreservaten aufzubauen, war die EURO-MAB-Tagung 2005 in Wien. Dort trafen sich die Leiter der Biosphärenre-servate (BR) Europas und Nordamerikas zum Erfahrungsaustausch. Viele Gespräche im Plenum und in Arbeitsgruppen sowie Einzelge-spräche fanden statt. Eine der Arbeitsgruppen befasste sich mit dem Aufbau von Partner-schaften im EURO-MAB-Netzwerk.

Vom 09. bis 11. Juni fand in Kanada, im Bios-phärenreservat Redberry Lake (Provinz Sas-katchewan), das jährliche Meeting der Cana-dian Biosphere Reserves Association (CBRA) statt.Auf Einladung der CBRA und mit Unterstüt-zung durch das Bundesministerium für Um-welt, Naturschutz und Reaktorsicherheit konn-ten der Leiter des BR Rhön/Thüringen, Herr Karl-Friedrich Abe, und Herr Reinhard Braun dankenswerter Weise an der Konferenz teil-

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nehmen. Das Biosphärenreservat Rhön wurde durch eine Präsentation vorgestellt.

Vom 14. bis 21. Oktober 2006 weilten Vertreter von kanadischen Biosphärenreservaten im Bio-sphärenreservat Rhön/Thüringen. Ein umfas-sendes Programm wurde abgearbeitet.

Als Resümee des Besuches wird hier die Übersetzung der Gästebucheintragung wie-dergegeben:

„Ein Rhönschaf liebt den canadischen Elch. P.S.: Ich möchte noch hinzufügen: Ich bin ein Rhöner! und ich hoffe irgendwann einmal wieder hier-her zukommen.

Alle guten Wünsche und danke für die große Mühe und die wichtige Arbeit mit uns.

Auf eine gute Partnerschaft“

Rebecca Pollock Vice President CBRA, Biosphere reserve Georgian Bay

„Ich möchte mich gern vom Grunde meines Herzens bedanken. Durch Worte kann ich gar nicht ausdrücken, wie ich mich gefreut habe. Danke für alles, was Ihr für mich, Rebecca Pollock und Charles Roberge getan habt. Danke für die Gelegenheit, die Ihr uns ermög-licht habt, zu Euch zu kommen und zu lernen und zu erleben, wie ein Biosphärenreservat entwickelt wird und wie es funktionieren sollte. Ihr habt uns vorgemacht, dass Ihr in der Welt bei der nachhaltigen Entwicklung führend seid. Ich bin tief beeindruckt, wie gut Euer Team hier in der Rhön zusammen arbeitet, wie engagiert alle Beteiligten, die Gemeinden, die Schulen, die Bauern und die Geschäftsleute sowie verschiedene Regierungsebenen sich einbrin-gen. Ich und Mr. Roberge werden nicht allein von diesen Erfahrungen einen Nutzen haben,

sondern ich habe in der Rhön echte Freunde gewonnen. Wir freuen uns auf eine weitere Zusammenarbeit mit Euch und vielleicht auf einen Austausch in naher Zukunft sowie einen weiteren Besuch. Ich freue mich auf Euren Rat!– Ich werde immer ein Rhöner sein –

Ihr Freund Andrew Hawrysh, Redberry Lake Biosphere Reserve“

„Ich habe mir solch eine Reise nie vorstellen können, die Zeit zu überbrücken in solch einer sagenhaften Landschaft, in der Ihr lebt und die Ihr erlebt. Die Harmonie der Kulturlandschaft, geschaffen durch die Rhöner, ist Jahrhunderte lang die Quelle jeglicher Inspiration, die Rei-sende entdecken können, in der sie sich und ihre Wurzeln in Mutter Natur wiederfinden, eine Landschaft, die Augen für einen weiteren, globalen Blick öffnet. Eure Großzügigkeit hat mich tief berührt. Ihr habt ein großes Herz, das von innen heraus leuchtet und das Verständnis für die Umwelt fördert. Träumen ist erlaubt, ja sogar erwünscht. Durch die Metamorpho-se der offenen Fernen in die Herzen ande-rer Menschen hinein. Die Begegnungen mit anderen Menschen und der Früchte tragende Austausch öffneten mir die Augen, so dass ich das Leuchten erfassen konnte und die Energie des Planeten, den strahlenden Himmel und die Schönheit der Sterne. Diese ersten Schritte, die wir gemeinsam durch Eure Landschaft gingen, müssen weiter reichen als nur ein erster, kurzer Besuch. Wir müssen unseren Austausch auf eine regelmäßige Basis stellen, unsere Bemühungen intensivieren und eine gemeinsame Sprache finden, um konkrete Plä-ne auszuarbeiten mit großer Bedeutung und gemeinsamen Zielen für Natur und Kultur.Danke für die Momente der Ewigkeit und die Wärme Eurer Gastfreundschaft.

Charles RobergeCharlevoix – World Biosphere Reserve”

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1) Ein „Urzeitkrebs“ aus der Rhön Stefan ZAENKER, Fulda

Auch im Jahr 2006 wurden im Auftrag der Ver-waltung des Biosphärenreservat Rhön/Thü-ringen vom Landesverband für Höhlen- und Karstforschung Hessen e. V. wieder 82 Quel-laustritte im thüringischen Teil des Biosphären-reservats Rhön untersucht. Der Schwerpunkt lag dabei auf den Quellen der Gemeinden Birx, Oberweid und Unterweid.

Dass man auch in den Quellen der Rhön noch Entdeckungen machen kann, zeigte im Laufe der Untersuchung der Fund einer zoologischen Besonderheit. So wurde in einer unschein-baren Quelle im Naturschutzgebiet Rhönwald ein „Urzeitkrebs“ mit dem wissenschaftlichen Namen Antrobathynella stammeri gefunden, der damit erstmals in der Rhön nachgewiesen wurde. Bei dieser Tiergruppe handelt es sich um lebende Fossilien, die eine sehr altertüm-liche Entwicklungslinie innerhalb der Krebstiere darstellen und bereits aus dem Zeitalter des Karbon bekannt sind. Man vermutet, dass die Tiere die letzten 300 Millionen Jahre fast unverändert im stabilen Grundwasser-Lebens-raum überdauert haben. Die nur 2 Millimeter großen „Urzeitkrebse“ können an der Erdober-fläche nur wenige Tage überleben und wurden bisher ausschließlich im Tiefengrundwasser

der Ebenen gefunden. Umso erstaunlicher ist der jetzige Fund auf einer Meereshöhe von 800 Metern.

Literatur:GRIEBLER, C. & MÖSSLACHER, F. (2003): Grundwasser-Ökologie: 1-495, Wien

STRESEMANN, E. (1992): Exkursionsfauna von Deutschland. Band 1 Wirbellose (ohne Insekten): 1-637, Berlin

ZAENKER, S. (2001): Das Biospeläologische Kataster von Hessen – Abhandlungen zur Karst- und Höhlenkunde, 2001 (32): CD-ROM, München

2) Kaltensundheim – ein bedeutsamer Ort für die Landschaftsgeschichte der Rhön

Gottfried BÖHME, Berlin

Die Rhön gehört neben dem Hegau zu den eindrucksvollsten durch vulkanische Tätigkeit entstandenen Landschaften Deutschlands. Die Vielfalt der Oberflächenformen spiegelt ihren geologischen Bau und deren viele Millionen Jahre umfassende erdgeschichtliche Entwick-lung wieder. Die vulkanischen Erscheinungen stehen im Zusammenhang mit der großen mitteleuro-päischen Grabenzone (Rift-Zone), die sich vom Alpenrand über das Oberrheintal und die Hessische Senke bis nach Süd-Skandinavien erstreckt. So ist die Rhön ein Teil der „Rand-Erschei-nungen“ des großen tertiär-zeitlichen Vogels-berg-Vulkans, der sich mitten in der Hes-sischen Senke erhebt. Die Rhön verdankt aber ihren Gebirgs-Charakter einer jüngeren Heraushebung und Aufwölbung, die zu einer

III. BELAUSCHT UND ERFORSCHT IN DER HEIMAT

Abb.: Der Urzeitkrebs – Antrobathynella stam-meri, (nach STRESEMANN 1992)

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Zerschneidung und Abtragung der vorhan-denen Gesteinsschichten und zur Freilegung der vulkanischen Intrusionskörper führte. Die Hebungsbeträge sind dabei im Südteil des Gebirges höher als im Nordteil. Die vulkanische Tätigkeit dauerte nach heu-tiger Kenntnis vom Oberoligozän bis ins Pli-ozän. Dabei wird angenommen, dass der Schwerpunkt erst im Pliozän lag (Beginn des Pliozäns vor ca. 10 Mill. Jahren). Die Vulkanite der Rhön (Tuffe, Basalte, Phonolithe) über-decken an vielen Stellen noch Sedimente aus dem Miozän (z. B. die Kaltennordheimer Schichten – „höheres Untermiozän“ nach GÜMBEL & MAI 2002). Die von RUTTE (1974) aufgestellte These, dass es sich bei den Basalten der Rhön fast aus-schließlich um Intrusiv-Basalte handeln würde, ist wohl nicht zutreffend, denn Decken-Basalte sind in der Rhön weit verbreitet. Wenn auch viele Berge der Rhön und des Umlandes mit basaltischen Decken oder Schlotfüllungen durch ihre Kegelform zwar das Bild von Vul-kanbergen suggerieren (z. B. Dolmar, Gleich-berge, Hutsberg, Diesburg, Leichelberg, Alte Mark), sind dies doch reine Erosionsformen, die mit dem Wesen von Vulkankegeln nichts zu tun haben.Die dem Vulkanismus folgende Phase der Her-aushebung des Gebietes und der Aufwölbung der Rhönschwelle leitete die erosive Zerschnei-dung des Berglandes und die flächenhafte Abtragung des Vorlandes ein. Innerhalb von etwa 5-7 Millionen Jahren wurde das Gebirgs-vorland um mehrere hundert Meter durch flächenhafte Abtragung erniedrigt, wie auch die „Zeugenberge“ mit vulkanischer Decke (Dolmar, Geba, Gleichberge, Kreuzberg) und Gesteine ehemals vorhandener Schichten in einzelnen Schlotfüllungen belegen. Die einzel-nen Etappen der geologischen und morpholo-gischen Entwicklung seit dem Ende der vulka-nischen Tätigkeit im Pliozän lassen sich jedoch nur an wenigen Punkten genauer erfassen. Bereits im Oberpliozän (vor ca. 3,5-2 Mill.

Jahren) war das Vorland um z. T. mehr als 200 m weitflächig erniedrigt und die Haupttäler in der Rhön fast bis zum heutigen Niveau ausge-räumt. Dies wird vor allem durch einen fossilen Erdfall (Doline) bei Kaltensundheim mit Funden einer oberpliozänen Flora und Fauna, z. B. des Mastodonten Mammut (Zygolophodon) bor-soni belegt (BÖHME 1968, 1992; GÜMBEL & MAI 2004; KAHLKE 1995; KRUTZSCH 1988). Diese Fundstelle ist somit einer der wichtigsten erdgeschichtlichen Hinweise auf das Alter die-ser bedeutenden Etappe der Landschaftsent-wicklung in Südthüringen. Die Reliefgestaltung im Oberpliozän hatte so schon das heutige Landschaftsbild mit den charakteristischen Muschelkalk-Schichtstufen in wesentlichen Zügen bereits herausgebildet. Die vor allem im Muschelkalk gebildeten Flächen wurden durch Verkarstung bei der Absenkung der Vorflut widerstandsfähig und blieben seitdem weitgehend erhalten. Auch die oberpliozänen Flußablagerungen im Gebirgsvorland (z. B. Sülzfeld, Jüchsen, Ostheim) bezeugen diese Phase der Landschaftsentwicklung.Unter welchen klimatischen Bedingungen die gewaltige Abtragung im Pliozän vor sich ging, ist noch weitgehend unklar. Tropische Bedin-gungen herrschten nach heutiger Kenntnis im Pliozän nicht mehr. Letzte Palmen und Kroko-dile, die ein tropisches Klima nahelegen, gab es noch im Miozän (Kaltennordheimer Schich-ten). Die aus der Fundstelle Kaltensundheim gewonnenen Pflanzenreste deuten dagegen auf gemäßigte Klimabedingungen hin, wie sie auch gegenwärtig in Mitteleuropa vorherr-schen (GÜMBEL & MAI 2004; KAHLKE & UKRAINCEVA 1986; KRUTZSCH 1988; MAI & WALTHER 1988). Das Lottetal, wie auch das obere Herpftal und das obere Ulstertal haben morphologisch den Charakter von „Flachmuldentälern“. Diese stehen im Kontrast zu den während des Pleis-tozäns entstandenen Kerb- und Sohlentälern. Das Lottetal sowie das obere Feldatal bis Kaltennordheim stellten im Oberpliozän mög-

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licherweise aber auch eine in sich geschlos-sene Karstsenke („Polje“) im Muschelkalk dar. Das Flusssystem des Tales entwässerte jedoch, wahrscheinlich unterirdisch, durch das heutige Engtal zwischen Kaltennordheim und Fischbach, zwischen Umpfen und Windberg bereits nach Norden zur Werra. Entgegen der Auffassung von RUTTE (GEYER 2002; RUTTE 1987; RUTTE & WILCZEWSKI 1983, 1995) hat die Fundstelle Kaltensundheim mit dem nach Süden gerichteten pliozänen „Arvernensis-Flusssystem“ im östlichen Rhönvorland und Grabfeld nichts zu tun.

Kaltensundheim. Fossiler Erdfall am Rande des Lotte-TalesBei den Ausschachtungsarbeiten für einen Wasserleitungsgraben am Lottenweg zwi-schen Kaltensundheim und der Lottenmühle im Dezember 1957 wurden am rechten Talhang des Lottetales Skelettreste eines Mastodons Mammut (Zygolophodon) borsoni gefunden. Es waren zunächst vor allem die charakteris-tischen Backenzähne, die, als sie dem Muse-um in Meiningen überbracht wurden, gleich die Bedeutung des Fundes deutlich machten. Reste von Mastodonten waren bereits früher aus verschiedenen Fundstellen des Rhön-Um-landes bekannt geworden (Sülzfeld, Jüchsen, Ostheim, Fladungen, Fulda). Die im Frühjahr 1958 unter der Leitung von Friedemann Schaarschmidt durchgeführten Ausgrabungen des Meininger Museums an der Fundstelle brachten ein fast vollständi-ges Skelett dieser Art sowie das vollständige Skelett eines noch juvenilen Hirsches zutage. Leider waren große Teile des Schädels mit den Stoßzähnen bereits durch die Verwitterung be-einflusst und zerstört. Dieser Teil des Skelettes lag nur ca. 0,7 m unter der Oberfläche und war darüber hinaus direkt durch die Ausschach-tungen getroffen worden. In weiteren Grabungen, die von 1962-1968 durch Gottfried Böhme, damals Meiningen, durchgeführt wurden, sowie diejenigen, wel-

che von 1976-1978 unter der Leitung von H.-D. Kahlke, Weimar, stattfanden, konnten noch ein vollständiges, sowie Teile eines weiteren Mastodon-Skelettes und Reste von anderen Wirbeltieren (Hirsche, Hasenartige, Amphibien, Fische) geborgen werden. Die durch die Grabungen erschlossene Fund-stelle ist ein fossiler Erdfall, der vermutlich durch die Auslaugung von Röt-Gips entstanden und in den Unteren Muschelkalk (Wellenkalk) eingebrochen ist. Er hatte einen Durchmesser von ca. 100 m und war wegen seiner Tallage zunächst mit Wasser gefüllt. Für die Existenz weiterer solcher verfüllter Erdfälle in der Um-gebung von Kaltensundheim gibt es mehrere Hinweise. Etwa vergleichbar mit dem fossilen Erdfall von Kaltensundheim ist der jüngere und aufgrund seiner Lage auf einer Hochfläche noch heute unverfüllte Erdfall „Träbeser Loch“ auf der Kleinen Geba bei Träbes.Die feinkörnigen Ablagerungen der Erdfallfül-lung sind Sedimente, die durch heftige Regen-güsse und ein Fließgewässer in den Erdfallsee eingespült wurden. Ebenso füllt Faulschlamm aus sich zersetzenden Pflanzenteilen den See. In der Füllung befinden sich vereinzelt Schollen des von den Rändern abgestürzten Muschel-kalkes sowie eingespülte Gerölle von Gesteinen der braunkohlenführenden Schichten des Mio-zäns, ebenso Basaltgerölle. Durch Rutschung der Sedimente unter Wasser wurden diese z. T. erheblich gestaucht und gefaltet. Die grau-schwarzen Füllsedimente sind nach Entstehung des jüngeren Tales, welches die pliozäne Erd-fallfüllung angeschnitten hat, metertief zu einem Braunlehm verwittert. Der See mit seinen steilwandigen Ufern war nicht nur unmittelbarer Lebensraum für Tiere, deren Reste gefunden werden konnten (Fische, Amphibien), sondern er wurde für große Säu-getiere, die hierher zur Tränke kamen, auch zu einer Falle, aus der sie nicht mehr entrinnen konnten. Die Kadaver der größeren Säugetiere wurden unter Wasser entsprechend der Bö-schungsschichtung der Schlammfüllung einge-

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regelt. Durch die subaquatischen Rutschungen wurden die Skelette der verendeten Tiere zum Teil auseinandergedriftet (z. B. das Masto-don-Skelett der Grabung von 1958) und zer-rissen, zum Teil aber auch intensiv gestaucht (z. B. das Mastodon-Skelett der Grabung von 1976/78 und das Hirschskelett von 1963). Die Fischfauna ist durch den Hecht (Esox lucius), den Barsch (Perca fluviatilis), die Plötze (Rutilus rutilus) und die Rotfeder (Scardinius erythroph-thalmus) zu belegen. An Amphibien konnten der Grasfrosch (Rana temporaria), die Erdkrö-te (Bufo bufo), sowie eine noch unbenannte Krötenart (Bufo sp.), die in Europa heute nicht mehr existiert, nachgewiesen werden (BÖHME 2002). Die Fauna mit dem Mastodon Mammut borsoni und dem hasenartigen Hypolagus sp. sowie die pflanzlichen Reste ermöglichen die Bestimmung des Alters der Erdfallfüllung und damit auch der Talentwicklung in diesem Teil der Rhön. Sie ist in das Oberpliozän einzustu-fen (MAI im Druck, MAI & WALTHER 1988). Die konkreten Altersangaben liegen bei etwa

2,6-2,4 Millionen Jahren vor Heute. Die Ma-kroflora aus dem fossilen Erdfall von Kalten-sundheim wird von H. D. MAI (im Druck) mit den fossilen Floren von Gerstungen, Oberzella, Barchfeld, Buchenau und Hünfeld gleichge-setzt und als oberpliozäne „Borsoni Formation“ bezeichnet.

Durch Bauarbeiten bei der Erweiterung des Stallgeländes der LPG 1965/66 wurde auf der Tal-Hochfläche in unmittelbarer Nähe des Randes der Dolinenfüllung ein mero-wingerzeitliches (6. Jahrhundert) Gräberfeld angeschnitten und vom Museum für Ur- und Frühgeschichte Weimar ausgegraben. Lei-der wurde dann auch das Gelände der plio-zänen Erdfallfüllung 1978/79 von der LPG mit landwirtschaftlichen Anlagen (Gülle-Silo) teilweise überbaut, ohne dass das Gelände vorher eingehend untersucht worden war. Bei der Vorbereitung des Baugrundes in der Dolinenfüllung wurden noch weitere Skelett-funde angeschnitten, aber nicht ausgegra-

Präparation des 1963 ausgegrabenen Cerviden-Skelettes durch G. Böhme in den Staatlichen Museen Meiningen.

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ben. Aufgrund der Entdeckung und der damit notwendigen Ausgrabungen der bedeutenden eiszeitlichen Fundstelle Untermaßfeld wurden die Grabungen in Kaltensundheim 1978 durch das Institut für Quartärpaläontologie Weimar eingestellt. Die Ausgrabungsfunde aus Kal-tensundheim befinden sich seit der Auflösung der Naturwissenschaftlichen Abteilung des Meininger Museums in den 80er Jahren im Naturhistorischen Museum Schleusingen bzw. in den Sammlungen der Forschungsstelle für Quartärpaläontologie Weimar, welche heute zur Senckenbergischen-Naturforschenden Gesellschaft mit dem Senckenberg Museum in Frankfurt/Main gehört. Heute noch zugänglich für zukünftige Grabungen ist lediglich etwa die Hälfte der Dolinenfüllung westlich des ehema-ligen Lotteweges.

Literaturauswahl zur Geologie und Landschaftsgeschichte der Rhön und zur Fundstelle Kaltensundheim:

BÖHME, G. (1960): Der Mastodonfund in Kaltensundheim. – Die Aussage – Monats-zeitschrift für das sozialistische Kulturleben im Bezirk Suhl 2/1960, 36-37, Suhl.

BÖHME, G. (1962): Das Meininger Mastodon. – Südthüringer Heimatkalender – Ein Jahrbuch für Natur und Heimat. Hrgg. Bezirksleitung Suhl des Deutschen Kulturbundes, 82-85, Suhl.

BÖHME, G. (1963): Über den Skelettfund eines Pliocerviden aus dem Pliozän von Kal-tensundheim/Rhön. – Paläontologische Ab-handlungen 1 (4), 353-372, Berlin.

Der Lotteweg bei Kaltensundheim (1963). Auf der linken Wegseite vor den Apfelbäumen die Gra-bungsstelle von 1963-1965. Fundstelle des 2. Hirschskeletts u.a. Wirbeltiere. (Foto: G. Böhme)

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BÖHME, G. (1968): Pliozäne und pleistozä-ne Reliefentwicklung und die Plio-Pleistozän Grenze in der östlichen Vorderrhön. – Unveröff. Diplomarbeit, Fachrichtung Geologie der Hum-boldt-Universität zu Berlin, Maschschr. 107 S., 41 Abb., 13 Anl.

BÖHME, G. (1976): Karsterscheinungen und Erdfälle in Südthüringen. – Fundgrube 12 (3/4), 63-71, Berlin.

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BRANIEK, G. (2001): Die Fossilfunde von Kaltensundheim: Paläontologische Fundstellen im Biosphärenreservat Rhön (Teil 1). – Mittei-lungen aus dem Biosphärenreservat Rhön 6, 20-22, Kaltensundheim.

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GEYER, G. (2002): Geologie von Unterfranken und angrenzenden Regionen. – Klett-Perthes, Gotha und Stuttgart.

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GÜMBEL, F. & MAI, H.D. (2004): Neue Pflan-zenfunde aus dem Tertiär der Rhön – Teil 2: Pliozäne Fundstellen. – Mitteilungen aus dem Museum für Naturkunde Berlin, Geowissen-schaftliche Reihe 7, 175-220, Weinheim.

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Der Lottenweg bei Kaltensundheim. Aufnahme 1964. Links des Lottenweges ist an der Färbung des Getreidefeldes deutlich die Abgrenzung der Erdfallfüllung zu erkennen (grün – Erdfallfüllung). Rechts am Bildrand die Grabungsstelle.

Fundgut aus der Grabung: Rekonstruierter Unterkiefer des Mastodon-Fundes von 1958. (Fotos: G. Böhme)

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KAHLKE, R.-D. (1995): Die Abfolge plio-/pleis-tozäner Säugetierfaunen in Thüringen (Mittel-deutschland). – Cranium 12 (1), 5-18, Dieren.

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RUTTE, E. & WILCZEWSKI, N. (1995): Main-franken und Rhön. – Sammlung Geologischer Führer 74, 3. Auflage, Verl. Gebr. Bornträger, Berlin, Stuttgart.

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Anschrift des Verfassers:

Dr. Gottfried BöhmeMellenseestraße 9D-10319 Berlin

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3) Heilpflanzen im Biosphärenreservat Rhön: Die Schafgarbe Sonja-Maria CZÉRKUS-YAVUZ, Berlin

Wiesenschafgarbe (Achillea millefolium)Die „Augenbraue der Venus“, dieser liebevolle Name der Schafgarbe aus dem frühen Mittel-alter, war einer von zahlreichen volkstümlichen Namensgebungen. Geschätzt als Frauen-heilmittel, schenkte die Schafgarbe darüber hinaus Heilung bei vielerlei Leiden und galt als „Heil aller Welt“. Pfarrer Sebastian Kneipp verhalf der Schafgarbe zu neuem Ruhm. Bei der Kräuterweihe, an Maria Himmelfarth, dem katholischen Feiertag am 15. August, ist die Schafgarbe mit dabei. Etymologisch wur-de das Kraut nach Achilleus benannt, dem durch Kraft und Schönheit ausgezeichneten griechischen Helden von Troja, der nach den Überlieferungen Homers von dem Zentauren Cheiron in die Heilkunde unterwiesen wurde. Nach Plinius (23 bis 79 n. Chr., 25, 19) soll er die Wunde, die er Telephos zugefügt hatte, mit der Schafgarbe geheilt haben. Der lateinische Name Achillea erinnert an den berühmten Helden, der beim Kampf um Troja von einem Pfeil an der Ferse verwundet wurde. Genau an der Stelle, die wir heute Achillessehne nennen. Die Göttin Aphrodite riet ihm, seine Wunde mit Schafgabe zu heilen.

In Frankreich wird die Schafgarbe als „Kraut der Zimmerleute“ genannt. Verletzungen, die durch Werkzeuge, Äxte, Hammer, Sägen entstanden, werden mit Schafgarbenarzneien behandelt. Die Schafgarbe gilt als Gesund- macher der Schafe. Es schadet ihr nicht, wenn sie von Tieren abgefressen wird, sie wächst schnell wieder nach. Die ganze Pflanze strömt einen aromatischen, warmen Duft aus und verleiht der Seele eine warme Empfin-dung.

BotanikDie Schafgarbe gehört zu den Asteracae, den Korbblütlern. Sie weisen eine Laubblatt-rosette und Blütentriebe auf. Mehr als 85 Arten dieser Familie stammen aus den nördlichen, gemäßigten Zonen, die zumeist winterharte, mehrjährige Matten bilden. In ganz Europa auf trockenen Wiesen, Feld- und Wegrändern, wächst die Schafgarbe auch in der Rhön sehr genügsam. Sie ist widerstandsfähig gegen Hitze und Kälte und stellt keine besonderen Ansprüche an den Boden. Die Blüten der Schafgarbe halten sich noch lange in den Win-ter hinein. Der Stängel ist aufrecht, meist zwi-schen 15 und 30 Zentimeter hoch, rund und markig, mit 5 bis 15 Zentimeter langen sehr fein, 2- bis 3-fachgefiederten Blättchen. Vom Frühsommer bis zum Spätherbst duftet die würzige Schafgarbe. Ganz besonders jedoch

Die Wiesenschafgabe(Foto: K.-Fr. Abe)

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ab dem Zeitpunkt, wenn sie im oberen Teil die rispigen Scheindolden ausgebildet hat und mit grauweißen bis rosafarbenen Zungenblütchen und wenigen gelblichen Röhrenblüten, ihre volle Schönheit zur Geltung bringt. Die Blüte-zeit von Juni bis September, ist auch die beste Sammelzeit zum Trocknen für die Vorratshal-tung. Handbreit über dem Boden, werden die Pflanzen dazu abgeschnitten, gebündelt und an schattigem Ort getrocknet. Zarte noch junge Pflanzen sind eine Bereicherung für die Küche.

Küchengewürz Frische Schafgarbenblätter, sind eine aro-matische, erfrischende Beigabe und sorgen für eine gute Bekömmlichkeit der Speisen. Fein gehackt wie Petersilie, werden Schaf-garbenblätter zu fetten Speisen serviert, wie Gänsebraten, Fleischeintöpfen, Weichkäse-zubereitungen, Salaten, Suppen und Ge-müseeintöpfen. Beim Bierbrauen, diente die herbwürzig, etwas bittere Schafgarbe ebenso wie der Hopfen als Würze.

TeezubereitungZwei gehäufte Teelöffel Schafgarbenkraut werden mit 1 Viertelliter kochendem Wasser überbrüht und 15 Minuten ziehengelassen, danach abgeseiht. Der Tee kann warm und über den Tag verteilt bis zu 3 Tassen pro Tag getrunken werden.

BadezusatzEs gibt Fertigbadeextrakte aus Schafgarben-kraut. Wer einen Badezusatz selbst zubereiten möchte, nimmt 50 Gramm Kraut und über-brüht es mit einem Liter kochendem Wasser, lässt es 20 Minuten ziehen, seiht es ab und gibt die Flüssigkeit mit ins Badewasser.

Bei den Pflanzen wurde eine wechselnde Zusammensetzung der ätherischen Öle festge-stellt die vom jeweiligen Standort abhängig ist.Fertigarzneien aus Schafgarbe werden stan-

dardisiert hergestellt. Nach Vorschrift muss eine genaue Menge an Proazulenen enthalten sein. Bei empfindlichen Menschen ist eine Kontaktallergie mit frischen Pflanzen möglich. Besonders wenn die Unverträglichkeit von Korbblütlergewächsen wie Arnika und Kamille bereits bekannt ist, sollte erst mit kleinen Men-gen und geringfügigem Hautkontakt auspro-biert werden, ob die Pflanze zu einem passt und keine unerwünschten Begleiterschei-nungen auftreten. Bei Unverträglichkeit muss Schafgarbe gemieden werden. Auch Über-dosierungen des sonst so hilfreichen Krauts führen zu gegenteiligen Wirkungen.

InhaltsstoffeMehr als 40 verschiedene Stoffe wurden bisher in der Schafgarbe gefunden.Bitterstoffe, ätherische Öle (Azulenogene, Chamazulen), Gerbstoffe, Flavonoide, ver-schiedene Mineralien, vor allem ein hoher Kaliumgehalt. Schafgarbe ist ein aromatisches Bittermittel zur Anregung und Stärkung der Magen- und Gallenfunktionen. Kalium und andere Wirkstoffe wirken harntreibend, aus-gleichend, desinfizierend, entzündungswidrig und krampflösend. Die Schafsgarbe ist ein klassisches Wundheilmittel und wirkt blutstil-lend. Auch innere Blutungen werden gestillt. Bei bevorstehenden Operationen empfiehlt die Pflanzenheilkunde, 3 Tage vor einer Operation bis 10 Tage nach einem chirurgischen Eingriff, Schafgarbenkrauttee zu trinken, da Komplika-tionen wie Thrombose, Nachblutungen, Sep-sis und Wundheilungsstörungen weitgehend vermieden werden können.

In der Homöopathie wird aus der Schafgarbe eine Urtinktur hergestellt und in verschiedenen Potenzen Arzneimittel zur Behandlung von Lei-den an Magen, Darm, Lunge, Nase und Uterus und zur Stärkung des Blutkreislaufs eingesetzt. Schafgarbenkraut ist in verschiedenen Heil-kräutertees enthalten, da es die Wirkung ande-rer Kräuter verstärkt und ausgleichend wirkt.

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WirkungsweiseNach neueren Forschungen an der Univer-sität Wien, durchgeführt von Birgit Benedek, ergaben Studien über die Wirkungsweise der Schafsgarbe, dass phenolische Inhaltsstoffe in den traditionellen Zubereitungen wie Tee und Tinktur mit hohem Prozentsatz vorhanden sind. Tatsächlich konnte auch gezeigt wer-den, dass die Flavonoide eine krampflösende Wirkung hervorrufen und die bisher wenig untersuchten Dicaffeoylchinasäuren cholere-tisch aktiv sind, also den Gallenfluss anregen. Gemeinsam mit den entzündungshemmenden Sesquiterpenen verbirgt sich hinter der Schaf-garbe ein Vielkomponentengemisch, das für die unterschiedlichen Wirkungen der Arznei-pflanze verantwortlich gemacht werden kann.

Mit Recht zählt die Schafgarbe zu den ältesten Heilpflanzen und ist auch für uns heute noch hilfreich. Ihr Duft, den wir bei einem Spazier-gang über Weiden und Wiesen wahrnehmen, beflügelt unsere Seele.

4) Heimkehrer, Neubürger und Irrgäste (Teil I)

Heimkehrer: Der Fischotter (Lutra lutra) Walter ULOTH; Seeba

Zu den derzeit in der heimischen Tierwelt und auch in der Pflanzenwelt zu beobachtenden Erscheinungen und Wandlungen gehören u. a. die Rückkehr seit langem ausgestorbener bzw. fehlender Arten (Heimkehrer), das Sesshaft-werden von gebietsfremden Arten (Neubürger) und das Auftauchen von Arten, die sich – aus welchen Gründen auch immer – bis in unser Gebiet verirren (Irrgäste). Dass nicht alle derar-tigen Phänomene auf den gegenwärtig heftig diskutierten Klimawandel zurückzuführen sind, beweisen beispielsweise unsere Wassermar-der, die Fischotter (Lutra lutra). Einer dan-kenswerten Mitteilung von Wolfgang Rowold (Arbeitsgemeinschaft COPRIS) zufolge, beob-achtete dieser in der Nacht vom 20. zum 21. September 2005 gegen 01:00 Uhr nördlich

Fischotter (Zeichnung: Dr. F. Müller)

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von Kaltennordheim) im Lichtkegel eines star-ken Handscheinwerfers einen Fischotter, den er der Größe nach als subadultes Tier bzw. als Fähe einstufte. Es ist schon 32 Jahre her, dass W. Uloth am 31.08.1973 auf einer Schlickbank der Herpf vor dem NSG „Hembachwald“ einen Otter spürte, der nach älteren Literaturan-gaben (ausgewertet von STUBBE, 1977) in der Rhön nie zu den häufigeren Säugetieren zählte.KAISER (1956, 1961) hielt damals eine Wieder-einwanderung stromaufwärts der Fränkischen Saale sowie der Streu aus dem Main- in das Werragebiet für möglich.

Neubürger: Die Nilgans (Alopochen aegyptiacus)Jürgen HOLZHAUSEN, Biosphären- reservat Rhön/Verwaltung Thüringen

Die Nilgans ist der häufigste Wasservogel Afrikas und ist schon seit längerem ein Brut-vogel in europäischen Parkanlagen. Auch als Wildvogel kann die Nilgans in Deutschland als eingebürgert gelten. In Thüringen brütet dieser afrikanische Vogel seit einigen Jahren an verschiedenen Stellen.Im Jahre 2006 brütete die Nilgans erstmals im Biosphärenreservat Rhön erfolgreich. Steffen Weißheit meldete am 21. Juni 2006 ein erfolg-reiches Brutpaar mit drei Jungvögeln, die er an der Bernshäuser Kutte beobachten konnte.Ein weiteres Brutpaar wurde uns von Hans Beck aus Stadtlengsfeld gemeldet. Die Nilgän-se hatten am Menzengraben bei Stadtlengs-feld außerhalb des Biosphärenreservats Rhön gebrütet und fünf Jungvögel aufgezogen.

Die erste Nilgans im Biosphärenreservat Rhön wurde von J. Holzhausen am 23. März 2001 auf einer Wiese am Mühlgraben südlich von Kaltennordheim beobachtet. Der Vogel wurde am gleichen Tag und Ort von Bernd Baumann als männlicher Vogel bestätigt.

2002 wurde wiederum am Mühlgraben bei Kaltennordheim eine Nilgans vom 29. 10. 2002 bis 26. 11. 2002 von mehreren Beobachtern registriert. Am 10. März 2003 tauchten drei Nilgänse an den Überschwemmungsflächen südlich von Kaltennordheim auf, drei Tage später waren es nur noch zwei und am 14. März waren keine Nilgänse mehr zu beobachten. In den Jahren 2004 und 2005 wurden uns keine Beobach-tungen von Nilgänsen gemeldet.

Die vorerst letzte Beobachtung stammt vom 18. Dezember 2006. Roland Werner konnte nördlich von Kaltensundheim auf einer Wiese an der Felda acht Nilgänse beobachten, die in westliche Richtung abflogen.

Nilgänse in der Rhön(Foto: J. Holzhausen)

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Irrgäste: Gänsegeier (Gyps fulvus)Jürgen HOLZHAUSEN, Biosphären- reservat Rhön/Verwaltung Thüringen

Ende Mai und Anfang Juni 2006 kam es zu einem bisher in dieser Größe noch nie be-obachteten Einflug von Gänsegeiern nach Deutschland.Nachdem am 5. Mai ein wildes Gänsegeier-Männchen auf einem Falkenhof bei Rieden-burg (in Bayern) auftauchte, häuften sich ab dem 24. Mai die Nachweise, wobei mehrfach größere Trupps bis zu 70 Tiere in Parchim (Mecklenburg-Vorpommern) registriert wurden.

Am 24. Mai 2006 meldete Herr Lindemann aus Oberweid dem Biosphärenreservat Rhön, dass über dem Ort in der thüringischen Rhön ca. 30 Gänsegeier kreisen. Die Geier konnten jedoch nicht mehr durch Mitarbeiter der Ver-waltungsstelle gesichtet werden. Klaus Schmidt beobachtete am gleichen Tag einige Stunden später „vermutlich insgesamt 18 Gänsegeier“ von Bad Salzungen über Möh-ra nordöstlich in Richtung Eisenach ziehend. Ob es sich um die gleichen Geier handelte,

ist nicht nachzuvollziehen. Am 29. Juli konnte Professor Rochlitzer über dem Graswäldchen bei Kaltensundheim einen Gänsegeier beob-achten, der über die „Alte Mark“ nach Reichenhausen in westliche Richtung flog.

Die letzte Gänsegeiersichtung in der Rhön datierte zuvor aus dem Jahre 1999. Damals konnten drei Gänsegeier bei Friedelshausen beobachtet werden, wie sie sich über mehrere Tage an einem toten Rhönschaf zu schaffen machten.

Man vermutet bei dem großen Einflug 2006, dass die Tiere aus Südwesteuropa – vielleicht aus Spanien – kamen, wo es die größten Geiervorkommen Europas gibt. Dort dürfen seit 2006, aufgrund der EU-Hygieneverord-nung, landwirtschaftliche Nutztiere nicht mehr offen liegen gelassen werden. Damit wurden den Geiern eine wichtige Nahrungsgrundlage entzogen. Nahrungsmangel könnte die Ursa-che dafür sein, dass die Vögel ihr Glück in der Fremde suchen, um neue Nahrungsgebiete zu erkunden.

Gänsegeier über Friedelshausen (Foto: J. Holzhausen, 1999)

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5) Wirbelstürme in der Rhön Karl-Friedrich ABE, Biosphärenre-

servat Rhön/Verwaltung Thüringen, und Roswitha ZÖRNER, Forstamt Kaltennordheim

In der Nacht vom 01. zum 02. Oktober 2006 kam es in der Umgebung von Diedorf zu einem Wirbelsturm. Betroffen waren ein Bu-chenaltholzbestand am Südost-Hang des Hor-bels (ca. 1.700 fm), Gebäude in der Gemeinde Diedorf und Ufergehölze der Felda links der Brücke und entlang der Pappeln an der Straße zum Hohen Asch. Insgesamt zog der Tornado eine Spur mit Schäden von ca. 8 km Länge.

Nach Informationen von Herrn Horst Fulge, ehemaliger Forstamtsleiter des Forstamtes Kaltennordheim, ereignete sich im I. Quartal des Jahres 1995 ebenfalls im Forstort Horbel ein Windwurf durch eine Windhose von ca. 1 ha Buchenaltholz (über 340 fm).

Im Jahre 1997, am Spätnachmittag des 29. Juni, ereignete sich zwischen den Ortschaften Bettenhausen und Helmershausen sowie in dem Waldgebiet am Osthang des Hutsbergs und Richtung Hohe Geba ein großer Sturm, den man ganz sicher auch als Tornado be-zeichnen kann.

Herr Roland Burckhardt aus Bettenhausen war Augenzeuge des Sturmes. Er schrieb: „Der Sonntag begann bereits am Vormittag (10:00 Uhr) mit einer sehr schwülen Tempera-tur von ca. 30 Grad und steigerte sich weiter bis zum Nachmittag auf ca. 35 Grad. Gegen 16:30 Uhr verschwand die Sonne und der Himmel trübte ein. Es herrschte absolu-te Windstille, als ich mich zur Ansitzjagd am Hutsberg begab. Es blieb weiterhin windstill, aber der Himmel trübte sich zunehmend ein. Es wurde gespenstig still im Wald.Gegen 19:00 Uhr begann ein leichter Wind zu wehen und ich hörte ein Rauschen und Pfeifen.

Der Wind wurde immer stärker. Ich baumte ab und lief schnell zum Auto. Auf der Fahrt durch das Waldgebiet flogen mir bereits Äste entge-gen und die Bäume neigten sich sehr stark zur Seite.Als ich zu Hause in Bettenhausen ankam, wirbelten mir bereits auf meinem Grundstück Dachziegel, Zweige und Äste, ein Partyzelt etc. entgegen. Der Himmel war total verfinstert, der Regen prasselte waagerecht an die Häuser.Nach ca. 5-7 Minuten war der Spuk vorbei. Die Schäden an den Gebäuden, vor allem in Helmershausen, waren enorm. Viele Häuser waren abgedeckt. Am Kriegerdenkmal aus dem 1. Weltkrieg wurde eine ca. 200 Jahre alte Eiche mit samt der Wurzel durch den Tornado herausgehoben.

Typischer Sturmschaden(Foto: K.-Fr. Abe)

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Im Waldgebiet Hutsberg wurde auf einer Wald-fläche von ca. 60 ha der darauf stockende Bu-chenholzbestand (ca. 160 Jahre alt) geworfen. Die Wurfmenge belief sich auf ca. 9.000 fm.

Die Spuren der Verwüstung sind heute noch zu sehen. Am Forstort Neuberg (entlang des Felsens) hat der Tornado ebenfalls auf aber kleinerer Fläche gewütet.

Hinterlassenschaften des Sturmes an der Straße zum „Hohen Asch“ (Foto: K.-Fr. Abe)

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1) Das Schwarze Kohlröschen (Nigritella nigra ssp. rhellicani) – Orchidee des Jahres

H. TEPPNER & E. KLEIN, H. BAUMANN, KÜNKELE & R. LORENZ

Im Volksmund auch als Braunelle, Brändli oder Mohrenköpfli bezeichnet, gehört das Schwar-ze Kohlröschen, von den Arbeitskreisen hei-mische Orchideen Deutschlands zur Orchidee des Jahres 2007 gewählt, zu der kleinen Grup-pe der Bergorchideen. Die erste Erwähnung dieser Orchideenart stammt aus den Jahren 1561 und 1586. J. CAMERARIUS beschreibt die Art für die damalige Zeit recht genau: „Das ander das kleiner/gewinnt Bletter wie der Saffran darzu einen bintzechten/glatten Stengel Spannen hoch/der tregt Purpurote Blumen/ wie Tausendschoen oder Floramor, allein daß die Farbe tunckler ist. Diese Blumen/so frisch sie sind geben einen gantz lieblichen Geruch. Die Teutschen nennen diß vierdte Geschlecht Creutzblumen. Dieses Geschlecht wirt viel im Schweitzerlandt gefunden und werden die Bluemlin gedoer/Dysenteriam (= Durchfall) und sonst an der Durchlauffen zu verstopffen eyngenommen. Die Kuehe sind gern auff den Wiesen/da solche Bluemlen auffwachsen/derwegen sie es daselbst Kueb-rendlin/oder schlecht Brendlin/der schwaertz-lichen Farb halben nennen.“ Wie aus den volkstümlichen Bezeichnungen schon abzuleiten ist, handelt es sich beim Kohlröschen um eine Orchideenart der alpinen Regionen Europas. Die Art ist in Deutschland auch nur in den Naturräumen „Schwäbisch-Oberbayerische Voralpen“ und „Nördliche Kalkhochalpen“ in Südbayern zu finden,

kommt aber außerdem fast im gesamten Alpenraum, in den Pyrenäen, in den Karpaten oder auch im Skandinavischen Gebirge vor. Als typische Hochgebirgspflanze lebt sie vor-wiegend in den Höhenlagen zwischen 1.200 und 2.300 m, kann aber durchaus 2.800 m er- reichen. Ganz selten kommt sie unter 900 m vor.

Die Orchidee des Jahres 2007 hat ein vielfäl-tiges Lebensraumspektrum. Sie besiedelt un-gedüngte Magerrasen (Blaugrashalden, Borst-grasmatten), häufig aber auch artenreiche Wiesen oder Zwergstrauchheiden. Sie ist nicht nur auf Kalk, sondern auch auf Silikatgestein zu finden. Die zierliche Pflanze besiedelt Süd- wie Nordhänge, flache und steile Gebiete und Gipfel, fast immer jedoch nur sonnige Stellen. Der Blütenstand der 8-20 cm großen Pflanze ist dicht, anfangs kegel-, später dann eiförmig. Die Lippe der Blüten zeigt im Gegensatz zu anderen Orchideenarten nach oben und ist am Grund weit geöffnet. Von weitem erscheint der Blütenstand fast schwarz, aus der Nähe betrachtet sind die Blüten dunkelbraunrot, angebrannt, rußig. Besonders markant ist der intensive Duft nach Schokolade und Vanille. In der Schweiz wird diese Orchidee auch als „Schokoladeblüemli“, in Kärnten als „Almva- nille“ bezeichnet. Die Laubblätter sind vorwie-gend rosettenartig angeordnet, sie sind schmal, lang und rinnig gebogen. Sie erinnern an dunkelgrüne etwas bläuliche Grasbüschel. Die Blütezeit liegt je nach Höhenlage des Stand-orts zwischen Ende Juni und Mitte August. Als Bestäuber wurden vor allem Widderchen und Eulenfalter beobachtet. Der Trieb für das Folgejahr entwickelt sich nach der Blütezeit aus der Tochterknolle und wächst bis zur Erdoberfläche, wo er überwintert. Am Spross-

IV. PFLANZEN UND TIERE, BIOTOPE UND LANDSCHAFTEN IM BLICKPUNKT DES ÖFFENTLICHEN INTERESSES

Pflanzen und Tiere des Jahres 2007 (Auswahl)

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boden bildet sich etwa gleichzeitig eine neue Knolle, die den Vegetationsrhythmus fortsetzt. Im Frühjahr entwickeln sich aus dem überwin-ternden Trieb oberirdische grüne Laubblätter, aus kräftigeren Rosetten Blütentriebe.

An seinen Standorten auf Silikat befindet sich das Schwarze Kohlröschen in Gesellschaft mit Arnika, Mücken-Händelwurz, Wohlriechender Händelwurz, Weißer Höswurz, Besenheide, Bärentraube oder Rostblättriger Alpenrose, auf Kalk zusammen u. a. mit der Mondraute, Gemswurz, mit Steinbrecharten, Läusekräu-tern, Sonnenröschen oder Habichtskräutern.Die Art kann, wie z. B. in den Dolomiten, auch in einer gelbroten Farbvariation vorkommen. Auch ist sie zur Bildung von Hybriden wie z. B. mit der Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea) und Wohlriechenden Händelwurz, (Gymnadenia odoratissima) fähig. Neben dem Schwarzen Kohlröschen gibt es noch weitere Nigritella-Arten, so z. B. Rotes Kohlröschen und Widders Kohlröschen, beide Arten sind jedoch noch wesentlich seltener in ihrer Ver-breitung.

Gefährdet ist das Schwarze Kohlröschen durch die Überweidung der Almen, vor allem mit Schafen, genauso aber auch durch Über-düngung, wie sie z. B. im Allgäu teilweise durchgeführt wird. Hinzu kommt die Trittbe-lastung der empfindlichen alpinen Rasen, vor allem in touristisch stark frequentierten Ge-bieten durch Bergwanderer. Die Unsitte des Abpflückens trägt ebenso zu einem Rückgang bei. Besonders große Schäden entstehen aber durch den unverändert anhaltenden Ausbau von Skipisten, Liftanlagen oder dem Wegebau zur restlosen Erschließung der Land-schaft. Wenn auch laut Roter Liste noch (!) ungefährdet, so gehört das Schwarze Kohlrös-chen in Bayern zu den besonders geschützten Pflanzen, die vor allem durch die großräumige Ausweisung von Schutzgebieten (Allgäuer-, Ammergauer- und Chiemgauer Alpen, Wet-

tersteingebirge, Karwendel und Nationalpark Berchtesgadener Alpen) besonders profitiert. Die Arbeitskreise Heimische Orchideen wollen mit der Wahl des Schwarzen Kohlröschen auf die besondere Problematik des Schutzes und der Erhaltung der alpinen Lebensräume auf-merksam machen.

Auf den alpinen Hochgebirgswiesen ist die Orchidee des Jahres 2007 stellenweise noch häufig anzutreffen. (Foto: E. Biedermann)

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2) Die Bachnelkenwurz (Geum rivale L.) – Blume des Jahres

Naturschutzzentrum „Alte Warth“/ Gumpelstadt

Die Bach- Nelkenwurz ist von der Stiftung „Naturschutz Hamburg“ und „Stiftung zum Schutze gefährdeter Pflanzen“ zur „Blume des Jahres 2007“ ausgewählt worden. Diese Pflanzenart gehört zur Familie der Ro-sengewächse (Rosaceae), die weltweit etwa 3.100 Arten umfasst. Darunter sind zahlreiche Nutz- und Zierpflanzen. Rosengewächse sind in Mitteleuropa weit verbreitet. Ihre Formen sind äußerst vielgestaltig. Hecken und Sträu-cher und sogar Bäume gehören neben krau-tigen Pflanzen dazu. Bekannte Vertreter dieser Familie sind neben den sehr zahlreichen Wild-rosenarten, die Brombeeren, der Weißdorn, aber auch die Gattungen Apfel, Birne, Pflaume und die Eberesche. Nicht ganz so groß wach-sende Rosengewächse sind die Erdbeere und die verschiedenen Fingerkraut-Arten (Potentilla spec.) sowie die Gattungen Frauenmantel, Odermennig und Nelkenwurz. Insgesamt fünf verschiedene Nelkenwurzarten sind im deutschsprachigen Raum bekannt, darunter eben auch unsere Blume des Jah-res 2007, deren Verbreitungsgebiet sich über ganz Europa erstreckt. Nur im Mittelmeerraum und im Hochgebirge ab 2000 m Höhe fehlt sie. In Thüringen hat diese Art Verbreitungs-schwerpunkte in den Gebirgsvorländern von Thüringer Wald, Harz und Rhön sowie in ganz Südthüringen.

Die Bach-Nelkenwurz bevorzugt feuchte Grün-landflächen über wechselnassen bis feuchten Lehm- oder Tonböden. Zu den Lebensraum-typen gehören Nasswiesen, Hochstauden-fluren, Seggenriede und feuchte Bergwiesen sowie lichte Auenwälder, aber auch Gewässe-rufer und Flachmoore. Viele dieser Lebensräu-me sind als Besonders Geschützte Biotope in

der Naturschutzgesetzgebung ausgewiesen. Somit steht die Bach-Nelkenwurz stellvertre-tend für eine Vielzahl von Feuchtwiesenarten. Ihre Wahl soll daher auch auf die Gefährdung hinweisen, die unserer Kulturlandschaft durch Intensivierungsmaßnahmen wie Überdüngung oder Entwässerung drohen. Besonders durch die verstärkte Trockenlegung von Flächen ge-rät die Art, die den grundwasserdurchzogenen Boden braucht, immer mehr in Gefahr.In einigen Bundesländern wie Sachsen und dem Saarland steht sie bereits auf der „Roten Liste“ der gefährdeten Arten.

Die Bach-Nelkenwurz ist eine 20-60 cm hohe, ausdauernde Pflanze mit einem ca. 15 cm langen Rhizom (Wurzelstock). Rhizome sind keine Wurzeln, sondern unterirdisch verdichte-te Sprossachsen, die häufig Stärke speichern. In Frühjahr greifen die Pflanzen mit Rhizomen auf diese Nährstoffe zurück und treiben aus. Die Bach-Nelkenwurz bildet eine Halbrosette, die Blätter sind unpaarig gefiedert, wobei das Endblatt größer ist als die restlichen Fieder-blätter. Der aufrechte Stängel ist dicht, aber sehr kurz behaart und rötlich überlaufen. Meist

Die Bachnelkenwurz(Foto: K.-Fr. Abe)

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stehen zwei bis sechs Blüten in einem locke-ren, traubigen Blütenstand; gelegentlich ist nur eine Blüte ausgebildet.

Die glockenartig, nickenden und bis zu 1,5 cm langen Blüten besitzen 5-6 gelblichrote Blüten-blätter. Die darüberliegenden Kelchblätter sind braunrot und verdecken diese größtenteils. Die Pflanze blüht von April bis Juli und wird vorwiegend von Hummeln, Bienen oder Schwebfliegen bestäubt. Dabei beißen die kurzrüsseligen Erdhummeln die Blüten oftmals von oben an, um an den reichlichen Nektar zu kommen.

Den Fruchtstand bilden fedrige Schließfrüchte, die sich an vorbeikommenden Tieren festha-ken können und so verbreitet werden (Klett-früchte).

Der deutsche Name Bach-Nelkenwurz gibt einen Hinweis auf den Lebensraum sowie den beim Zerreiben des frischen Rhizoms charak-teristischen Geruch nach Nelken und auch der botanische Name „rivale“ bedeutet am Bach wachsend.

Das Rhizom enthält Gerbstoffe und bis 0,15 % ätherisches Öl, das vorwiegend aus Eugenol besteht und damit den nelkenartigen Geruch ausmacht. Die Anwendung der Bach-Nelken-wurz erfolgt ausschließlich in der Volksmedizin, da es bisher keine wissenschaftliche Begrün-dung für die Anwendung als Arzneimittel gibt. Überliefert ist die Verwendung bei Durchfaller-krankungen und als adstringierendes (zusam-menziehendes) Mittel bei Schleimhaut- und Zahnfleischentzündungen, bei Frostbeulen und Hämorriden.

Auf Grund des nelkenartigen Geruchs fand sie früher bei der Zubereitung von Kräuterlikören und beim Kochen als Nelkenersatz Anwen-dung.

3) Die Waldkiefer (Pinus sylvestris) – Baum des Jahres

Karl-Friedrich GROB, Biosphären- reservat Rhön/Verwaltung

Thüringen

Allgemeines und VerbreitungMit der Gemeinen oder Waldkiefer wurde dieses Jahr vom Kuratorium „Baum des Jah-res“ eine Baumart ausgewählt, die allgemein bekannt und nicht selten ist. Große Teile des norddeutschen Tieflandes sind mit Kiefern bestockt. In Thüringen ist die Gemeine Kiefer mit 15,3 % am Waldaufbau beteiligt. Sie wurde seit dem 19. Jahrhundert vom Menschen über ihr eigentliches Verbreitungsgebiet hinaus an-gepflanzt. Trotzdem ist es sinnvoll sich mit der Kiefer zu beschäftigen, denn sie hat eine Reihe von Merkmalen, die sie einzigartig machen.

Die Waldkiefer (Foto: K.-Fr. Grob)

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Kiefern sind interessante Bäume. Bis auf eine Ausnahme, Pinus merkusii, sind sie auf der gesamten Nordhalbkugel der Erde mit etwa 100 Arten vertreten. Auf Grund unterschied-licher Standortansprüche können sich Kiefern in einem breiten Spektrum an Lebensräumen behaupten. Auch die weltweit ältesten Bäume sind Kiefern: Nämlich die Grannenkiefern (Pi-nus aristata), die in der Sierra Nevada im Wes-ten der USA wachsen. Die ältesten Exemplare dieser Kiefernart sind ca. 3.700 Jahre alt.Das Verbreitungsgebiet der Gemeinen Kiefer geht von den Alpen über Ostdeutschland und Skandinavien bis nach Sibirien. Auch wenn sie in den Alpen stellenweise in Höhenlagen von 2000 Meter noch zu finden ist, ist die Waldkie-fer hauptsächlich als Baum der Tieflagen im kontinental getönten Klimabereich zu betrach-ten.

Stellung in der Pflanzensystematik und äußere Merkmale der Waldkiefer Der deutsche Name „Kiefer“ leitet sich wahr-scheinlich von den Worten „Kien“ (= harz-reiches Holz) und „Föhre“ her. Auch andere Namen, wie Föhre, Fuhre oder Forche, sind gebräuchlich.

Die Kiefern werden in der Pflanzensystematik der Familie der Pinaceae und hier wiederum der Gattung Pinus zugeordnet. Der wissen-schaftliche Gattungsname Pinus kommt aus dem lateinischen pinum und bezeichnet spitze, stechende Gegenstände, wie Wurfspieße. Der Artname „sylvestris“ bezieht sich auf das latei-nische Wort „Silva“, was „Wald“ bedeutet.Kiefern sind Nadelbäume, wo zwei bis fünf relativ lange Nadeln sich aus einem Kurztrieb entwickeln. Die Anzahl der in einem Kurztrieb vereinigten Nadeln ist auch ein Artunterschei-dungsmerkmal der verschiedenen Kiefern-arten.

Die heimische Kiefer (Pinus sylvestris) verei-nigt zwei Nadeln mit einer Länge von 4 bis 7

cm in einem Kurztrieb. Die in den Alpen hei-mische Zirbelkiefer (Pinus cembra) sowie die aus Amerika eingebürgerte Weyhmouthskiefer (Pinus strobus) zählen zu den „fünfnadeligen“ Kiefernarten. Die Weymouthskiefer ist ein Negativbeispiel für den Anbau ausländischer Baumarten bei uns.

Ihre wirtschaftlichen Vorteile wie Schnellwüch-sigkeit und Frosthärte werden durch die Anfäl-ligkeit gegenüber einem Rostpilz, der auch die Zirbelkiefer als Wirt nutzt und hier unauffällig ist, gefährdet. Dieser Pilz wurde nach Ame-rika verfrachtet und richtet dort erhebliche Schäden an. Man versucht dort diesen Pilz durch Ausschaltung der Zwischenwirte, das sind Stachelbeerarten, zu bekämpfen. Weitere Kiefernarten, die bei uns angepflanzt wurden, sind unter anderem die Latschenkiefer Pinus mugo und die südeuropäische Schwarzkiefer (Pinus nigra).

Latschenkiefern kann man im Schwarzen Moor finden. Die auffällig langnadeligen Schwarzkiefern werden besonders gern auf trockenen Kalkböden und auch als Zierbäume angebaut. Kiefern sind einhäusig. Männliche und weibliche Blüten entwickeln sich hier am selben Baum bzw. Ast. Der von den männ-lichen Blüten produzierte feinpulvrige und schwefelgelbe Blütenstaub wird vom Wind zu den weiblichen Blüten transportiert. Bei erfolgter Bestäubung entwickeln sich klei-ne Zapfen, deren Samen im Herbst des fol-genden Jahres reifen. Die geflügelten Samen werden dann vom Wind aus denen sich bei Wärme öffnenden Zapfen bis zu zwei Kilome-ter weit getragen, wo sie dann keimen und sich zu Bäumen entwickeln können. Dadurch können Kiefern in kurzer Zeit taugliche Le-bensräume besiedeln. Sie sind so genannte Pionierpflanzen.Alte Waldkiefern haben zweierlei Rinde. Die so genannte Spiegelrinde in den oberen Stamm-bereichen ist fuchsrot. Mit zunehmendem Alter

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entwickelt sich im unteren Stammbereich eine graue rissige Borke. Die Waldkiefer wird bis zu 600 Jahre alt und 40 m hoch. Ihre tiefge-henden Pfahlwurzeln können Tiefen von 8 m und seitwärts streichend bis 16 m weit rei-chen. Die Kronenform ist oft von der Höhenla-ge des Standortes abhängig: Flachlandformen zeigen breite, flache bzw. pilzförmige Kronen, während die in den Mittelgebirgen heimische so genannte Höhenkiefer einen schlanken, fichtenähnlichen Habitus entwickelt.Tote Äste werden am Stamm relativ schnell zersetzt und abgeworfen.

An frisch abgesägten Stämmen erkennt man an der Schnittfläche einen rotbraunen Kern im Zentrum und einen gelben Splint am Rand. Das Holz ist weich, gut spaltbar und hat eine mittlere Rohdichte von 0,49 g/cm3.Kiefernholz reagiert auf Verletzungen mit star-kem Harzfluss.

Ökologische BedeutungDie Waldkiefer zeichnet sich durch eine große Bandbreite hinsichtlich ihrer Ansprüche an Standort und Klima aus. So kann sie hohe Berge, trockene Sanddünen aber auch Hoch-moore besiedeln.

Ihr weit streichendes Wurzelwerk saugt jeden Tropfen Wasser aus dem Boden. Deshalb bestehen die auf den Sandböden stocken-den Wälder der Mark Brandenburg zu 82 % aus Kiefern. Optimal für den Kiefernanbau sind sandig-lehmige Böden und kontinentales Klima. Hier bringt sie die besten Wuchsleistun-gen.

Kiefern waren mit Birken zusammen die Erst-besiedler der nacheiszeitlichen Tundra. Mit zu-nehmender Klimaerwärmung wurden sie von Hasel, Eichen und zum Schluss von Buchen auf jene Standorte zurückgedrängt, die diesen Baumarten nicht zusagten.

Die Zeit der Kiefer kam im ausgehenden Mittelalter, als man nach anspruchslosen Baumarten suchte, um die verödeten Brach-flächen aufzuforsten. Bekannt geworden sind hier die Saaten von Peter Stromeier im Nürn-berger Reichswald um 1368. So wurden auch in der Rhön viele Kalkmager-rasen mit Kiefern aufgeforstet. Auf Kalkboden ist die Wald-Kiefer aber nicht heimisch und zeigt dieses durch Kümmerwuchs und Nadel-gelbfärbung (Kalkchlorose).

Waldkiefern sind Lichtholzarten. Sie stellen zwar nur geringe Ansprüche an Klima und Bo-den, benötigen aber viel Licht im Kronenraum und benötigen hierzu große Abstände zueinan-der. Durch diese Weitstellung gelangt viel Licht auf den Waldboden, so dass sich eine dichte Vegetationsdecke bilden kann. Auf armen Sandböden besteht diese dann oft aus Heide-kraut, Blau- und Preißelbeeren, die ihrerseits wieder genutzt werden können. Spechte und Eichhörnchen fressen mit Vorliebe die Samen aus den Zapfen. Dem aufmerksamen Wan-derer fallen die Stellen im Wald auf, an denen diese Tiere einen Zapfen bearbeitet haben. Auch eine ganze Reihe von Organismen wie Pilze und Insekten nutzt die Kiefer als Nah-rungsgrundlage, nicht immer zu deren Vorteil. Kiefernpollen sind auch eine Bienennahrung.

Wirtschaftliche Bedeutung der Wald-kieferDie größte wirtschaftliche Bedeutung der Waldkiefer liegt in der Holzproduktion. Kiefern sind im Alter von 100 bis 120 Jahre hiebsreif, liefern ein Holz, welches in Festigkeit das Fich-tenholz übertrifft und im Innenausbau durch seine Farbigkeit Akzente setzt. Der Harzreich-tum macht Kiefernholz außerdem haltbar und widerstandsfähig gegen Feuchtigkeit.Aber die Kiefer bietet noch andere Verwendungsmög-lichkeiten, die aber in der heutigen Gesell-schaft keine große Bedeutung mehr haben.

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Bis zur Wende wurden in der DDR Kiefern, die 10 bis 12 Jahre vor der Hiebsreife standen, „geharzt“. Hierzu wird im unteren Stammbe-reich die grobe Borke abgeschabt. Man nennt diesen Vorgang „Röten“. Auf dieser relativ ebe-nen Fläche werden beiderseits einer senkrecht verlaufenden Rille v-förmige Rillen in das Holz geschnitten, die so genannten Lachten.Infolge dieser Verletzung produziert der Baum vermehrt Harz, um eindringende Keime abzu-wehren. Dieses Harz kann dann in Töpfen auf-gefangen und der Industrie zur Verfügung ge-stellt werden. Der Harzfluss ist von Temperatur und Luftfeuchtigkeit abhängig und man kann je nach den äußeren Bedingungen zwischen 1,5 und 4 kg Harz pro Baum und Jahr gewin-nen. Der Ertrag wurde durch die Anwendung von Reizmitteln, die den Harzfluss anregen, noch gesteigert. Aus dem Harz wurden äthe-rische Öle, Terpentin und Kolophonium und andere chemische Grundstoffe gewonnen.Da durch die Baumverletzung Holzschäden und Stammverformungen entstehen und die chemischen Bestandteile günstiger hergestellt werden können, wird diese Art der Rohstoffge-winnung heute nicht mehr praktiziert.Vor der Erfindung des elektrischen Lichts wur-den so genannte Kienspäne, in Harz getauchte Holzstücke, zur Beleuchtung der Bauernhäu-ser verwendet. Auch Ruß, der für Tinten ge-braucht wurde, sowie Kienöl, Pech und Teer ließen sich durch thermische Destillation aus Kiefernholz herstellen.

Die an ätherischen Ölen reichen Nadeln ver-wendete man früher zur Behandlung von Atemwegserkrankungen. Auch heute noch wird der Kiefernduft als Badewasserzusatz zur Entspannung der Atemwege genutzt.Nicht zuletzt soll die Nutzung der Kiefer als Brennholzlieferant noch genannt werden. Auch als Weihnachtsbäume waren oder sind junge Kiefern vor allem in zentralbeheizten Woh-nungen beliebt, da sie ihre Nadeln auch bei der Trocknung nicht abwerfen.

Kulturelle AspekteIm Gegensatz zu vielen Laubbaumarten hat die Kiefer in der mitteleuropäischen Volkskultur keine tragende Rolle gespielt. Das hängt sicher damit zusammen, dass Deutschland in seinem Kernbereich ein Laubwaldgebiet ist und die Kiefer erst seit dem späten Mittelalter künstlich angesiedelt wurde, als sich das Brauchtum des Volkes schon weitgehend entwickelt und an anderen Bäumen orientiert hatte.

In Japan hingegen ist die Kiefer tief im Brauch-tum verwurzelt und wird entsprechend verehrt.Nicht zuletzt soll das Rauschen des Windes im Kiefernwald besonders intensiv klingen.

ZusammenfassungZusammenfassend ist zu sagen, dass die Waldkiefer einst vielseitig verwendet wurde und ihre heutige Verbreitung dem Menschen verdankt, der in der beginnenden Neuzeit nach Baumarten mit schnellem Wachstum und großer Anspruchslosigkeit suchte, um auch öde Standorte forstwirtschaftlich zu nutzen. Dass hierbei auch standortwidrige Auffors-tungen stattfanden, sollte uns nicht daran hindern, die Schönheiten eines lichtdurchflute-ten Kiefernaltbestandes zu genießen und uns dabei daran zu erinnern, dass die interessante Kiefer der Baum des Jahres 2007 ist.

Aus den geöffneten Zapfen fallen die Samen heraus (Foto: R. Werner)

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4) Die Puppenkernkeule (Cordyceps militaris) – Pilz des Jahres

Peter BAUER Meiningen, Pilzsachverständiger der DGfM

Unter den bisherigen Pilzen des Jahres ist die Puppenkernkeule der erste, den man nach der Ernährungsweise den Parasiten zuordnen kann. Der Fruchtkörper ist gestielt zungenför-mig bis keulig, mehr oder weniger orangefar-ben. Die Oberfläche erscheint rauhlich durch die Mündungen der eiförmigen Kammern (Perithezien) dicht unter der Oberfläche. In diesen befinden sich Schläuche (Asci) mit den Sporen. (Einen näheren Eindruck bekommt man auf der DGfM-Abbildung). Der Pilz ist etwa 4-6 cm hoch und ca. 0,5 cm breit.

Die Puppenkernkeule fruktifiziert etwa von August bis November in Wäldern, auf Wie-sen sowie in Gärten einzeln oder gesellig. Sie wächst scheinbar auf dem Boden. Beim Nachgraben findet sich am Grunde des Stiels immer eine Schmetterlingspuppe, meist von Nachtfaltern. Der Pilz dringt als Spore para-sitisch in die lebenden Insekten ein, tötet sie und wächst daraus. Er ist mehr oder weniger häufig, wird jedoch oft übersehen. Die globale Verbreitung erstreckt sich über die Nordhe-

misphäre. In Deutschland gibt es zahlreiche Nachweise aus vielen Gebieten, u. a. von fast allen ostfriesischen Inseln. Aus dem gesamten Biosphärenreservat Rhön existieren drei Nach-weise. In Südthüringen wurde, soweit bekannt, der Pilz vor Jahren im Raum Wasungen gefun-den, weiterhin 1997 im Raum Themar (Einge-fallener Berg) sowie im Raum Schleusingen bei Geisenhöhn.

In Europa sind 14 Arten der Gattung Cordy-ceps bekannt. Parasiten auf weiteren Insek-ten und auch auf anderen Pilzen. Weltweit spricht man von ca. 450 Cordyceps-Arten. Bei uns kann der Pilz des Jahres 2007 kaum verwechselt werden, vielleicht mit einer ähn-lichen weißlichen Art. In einem umfangreichen chinesischen Pilzbuch sind jedoch eine ganze Anzahl sehr ähnlich aussehender Cordyceps-Arten abgebildet. Die Puppenkernkeule trägt zu einem natürlichen Gleichgewicht in der Natur bei: Gibt es viele Schmetterlinge, ist das „Nahrungsangebot“ für den Pilz groß, er wird häufiger. Die Anzahl der Insekten verringert sich, die Vorkommen der Pilzart ebenfalls. Sol-che Beispiele sind im Haushalt der Natur sehr vielfältig (u.v.a. die Relationen zwischen der Anzahl von Mäusen und Mäusebussarden).

Abschließend soll erwähnt werden, dass ins-besondere in China und Japan seit vielen hun-dert Jahren einer Cordyceps-Art (C. sinnensis) und auch unserem Pilz des Jahres zahlreiche Heilwirkungen zugesprochen werden. (Die Chinesische Keule, Cordyceps sinnensis, ist in Deutschland von verschiedenen An-bietern als Pilzpulver oder Extrakt erhältlich).

Aus verschiedenen Ländern (China, Japan, USA) sind klinische Studien bekannt. Zahl-reiche weitere Pilzarten gelten insbesondere in asiatischen Ländern als „Heilpilze“. Es kann durchaus möglich sein, das sich darüber mehr und mehr fundierte Kenntnisse auch in Europa entwickeln.

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5) Der Turmfalke (Falco tinnunculus) – Vogel des Jahres

Jürgen HOLZHAUSEN, Biosphären-reservat Rhön/Verwaltung Thüringen

Vielerorts brütet der Turmfalke bevorzugt in Kirchtürmen und anderen hohen Gebäuden, und fast jeder Bewohner der Rhön hat ihn schon über den Feldern „rüttelnd“ in der Luft gesehen. Der Turmfalke wurde vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) und vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) gemeinsam zum Vogel des Jahres 2007 ausgewählt. Wie im

vergangenen Jahr mit der Wahl des Kleibers wurde dieses Jahr wieder ein Vogel ausge-wählt, der in seinen Beständen nicht akut gefährdet ist. Doch der erste Eindruck trügt, denn die Bestandszahlen gehen zurück. Es fehlt an Nistmöglichkeiten und Nahrung.

Der Turmfalke benötigt eine offene und ab-wechslungsreiche Kulturlandschaft mit Äckern und Feldgehölzen als Lebensraum. Bevorzugt jagt er Feld- und Wühlmäuse sowie andere Kleinnager, in den Dörfern alternativ Kleinvögel, aber auch Käfer und Eidechsen verschmäht er nicht. Früher gab es in fast jeder Ortschaft und jeder Stadt Turmfalken, doch durch Renovie-rungsmaßnahmen an Gebäuden wurden ihm vielerorts die Nistmöglichkeiten genommen. Durch die Strukturverarmung von Agrarland-schaften wird ihm das Leben auf „dem Lan-de“ zusätzlich erschwert. Daher müssen wir uns zukünftig bemühen, die Lebensräume zu erhalten oder zu verbessern, so dass auch der Turmfalke uns mit seinem Rüttelflug über den Feldern noch lange erfreuen kann.

Zur PhänologieDer Turmfalke ist ein Mittel- und Kurzstrecken-zieher, ein Teil der Vögel überwintert jedoch im Brutgebiet und besetzt seine Brutreviere ab Mitte März. Junge Paare kommen meist etwas später in ihre Brutreviere zurück. Ab Ende März bis Ende April wird das Gelege erstellt.

Zur BrutbiologieTurmfalken sind Nachnutzer von Krähen- und Elsternestern. Das Weibchen bebrütet meist einmal im Jahr vier bis sechs Eier. Die Brut-dauer beträgt 27 bis 32 Tage und die Auf-zucht, die überwiegend durch das Männchen erfolgt, ist nach ca. 30 Tagen abgeschlossen.Die Jungvögel, die eine Körpergröße von 35 cm und eine Flügelspannweite von 75 cm er-reichen, werden jedoch mindestens noch vier Wochen außerhalb des Nestes (Bettelflugpha-se) gefüttert.

Auf einem Ansitz beobachtet der Turmfalke sein Revier (Foto: J. Holzhausen)

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6) Die Schleie (Tinca tinca) – Fisch des Jahres

Naturschutzzentrum „Alte Warth“/ Gumpelstadt

Vom Verband der Sportfischer in Deutschland und dem Kuratorium für Fischerei und Gewäs-serschutz in Österreich wurde gemeinsam die Schleie zum Fisch des Jahres 2007 gewählt. Mit dieser Wahl soll auch auf eine bisher weni-ger gefährdete Süßwasserfischart hingewiesen werden, deren Verbreitungsgebiet den größten Teil Europas umfasst. Nur in Teilen Griechen-lands und der dalmatinischen Adriaküste, in Schottland, auf Island sowie in Nordskandina-vien und in Nordrussland ist sie nicht zu fin-den. Dabei wurden einige Exemplare in Ge-wässern in einer Höhe bis 1.600 m NN, aber auch im Brackwasser der östlichen Ostsee schon gefunden. Andere Bezeichnungen für diese Fischart sind Schuster oder Schlie. Die Schleie gehört zur Familie der Karpfenfische (Weißfische). Mit 275 Gattungen und etwa 2.000 Arten sind diese die artenreichste Fisch-familie der Erde. In den europäischen Binnen-gewässern kommen 23 Gattungen mit etwa 80 Arten vor.

Die Schleie lebt fast nur in stehenden Gewäs-sern mit schlammigem oder sogar torfigem Boden, sie ist also in Seen, Teichen und Tüm-peln und seltener in langsam fließenden Flüs-sen zwischen Pflanzen oder in Bodennähe zu finden. In unserer Region ist sie in fast allen Karpfenzuchtgewässern (Teichen) vorhanden. Weitere Vorkommen sind z. B. das Forstloch bei Immelborn, die Kiesgruben zwischen Barchfeld und Bad Salzungen oder der Stau in der Grimmelbachliete zwischen Kaltennord-heim und Kaltensundheim.

Das äußere Erscheinungsbild der Schleie weicht von den verwandten Arten erheblich ab, so dass eine Verwechslung kaum mög-lich und ihre systematische Einordnung nicht

sicher ist. Ihr mäßig gestreckter Körper ist von tief in der Haut steckenden kleinen Schup-pen bedeckt und dunkeloliv gefärbt. Der ca. 50 cm (selten bis zu 70 cm) lange Fisch wirkt weich und schlüpfrig (Namensgebung). Die Schleie besitzt kleine Augen und eine kleine Mundspalte. In den Mundwinkeln sitzt je ein Bartfaden. Sie ist ein ausgesprochener Grund-fisch, der erst in der Dämmerung aktiv wird. An tieferen Stellen überwintert sie im Schlamm vergraben. Dieses Eingraben geschieht jedoch auch bei zu hohen Temperaturen im Sommer. Der Stoffwechsel wird stark eingeschränkt und sie fällt in eine Art Hitzekoma und kann da-durch sogar ein kurzfristiges Austrocknen des

Zeichnung: aus HORST MÜLLER, Fische Europas, Neumann-Verlag Leipzig-Radebeul, 1983

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Gewässers überstehen. Schleien haben sich also an unterschiedlichste Lebensverhältnisse gut angepasst. Dies zeigt auch ihre Unemp-findlichkeit gegenüber hohen und niedrigen Wassertemperaturen, welche dann zu einer Schwankung im Sauerstoffgehalt des Wassers führen.

Die Laichzeit erstreckt sich je nach Lebens-raum sowie Höhenlage des Gewässers von April bis August. Bei Wassertemperaturen von 18-20 °C werden am Ufer die 1 mm dicken Eier portionsweise in Abständen von ein bis zwei Wochen an Wasserpflanzen abgelegt. Nach drei bis vier Tagen schlüpfen die Larven und heften sich mit Klebdrüsen an die Pflan-zen fest, bis sie schwimm- und fressfähig sind.Die Schleie wächst langsam (abhängig von Temperatur, Nahrungsangebot und Siedlungs-dichte) und erreicht nach drei Jahren eine Länge von 20-30 cm sowie ein Gewicht von 200-300 g.

Die Nahrung der Schleie besteht aus Kleintie-ren der Uferregion (wirbellose Tiere wie kleine Muscheln und Schnecken) aber auch Pflan-zen. Die Schleie ist ein wichtiger Speisefisch mit zartem, wohlschmeckendem Fleisch. In natürlichen Gewässern wird sie meist mit Zug-netz gefischt und im Karpfenteich als Beifisch gezüchtet. In den meisten Bundesländern wird sie als nicht gefährdet eingestuft. Zur Siche-rung der Schleienbestände in heimischen Gewässern ist ein Einsatz für naturnahe Ge-wässer erforderlich.

7) Der Landkärtchenfalter (Araschnia levana L.) – Schmetterling des Jahres

Naturschutzzentrum „Alte Warth“/ Gumpelstadt

Seit 2003 wird der Schmetterling des Jahres gekürt. In diesem Jahr wurde das Landkärt-chen ausgewählt. Diese Schmetterlingsart gehört zur Familie der Edelfalter, deren be-kanntesten Vertreter sicherlich der Kleine Fuchs (Aglais urticae), das Tagpfauenauge (Inachis io) oder der Admiral (Vanessa atalanta) sind. Landkärtchen stehen in Deutschland noch nicht auf der Roten Liste bedrohter Arten, tre-ten aber in der Regel nicht besonders häufig auf. In allen geeigneten Lebensräumen in un-serer Region ist die Art zu finden, bevorzugt im Hügelland und in niedrigeren Gebirgslagen. In aktuellen Verbreitungskarten sind sowohl die gesamte thüringische Rhön, das Liebenstei-ner Zechsteinband sowie die Region Hainich -Eichsfeld-Werratal enthalten. Die Zeichnung der Flügelunterseiten ähnelt einer Landkarte, woraus der Name abgeleitet wurde. In einem Jahr gibt es mindestens zwei

Eiablage an Brennnesseln Foto: aus „Schmetterlinge Baden-Württembergs“, Band 1, ULMER-Verlag Stuttgart, 1993

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Generationen, wobei die zweite Generation stets die individuenreichere ist. Der Falter er-scheint meist in der zweiten Aprilhälfte und er-reicht im Mai einen ersten Höhepunkt. In sehr heißen Jahren können dann schon Anfang Juli Falter der Sommergeneration gesehen wer-den, meist geschieht dies jedoch erst Ende Juli. Interessanterweise sind die beiden Ge-nerationen durch unterschiedliche Farbmuster gekennzeichnet. Dabei schlüpfen im Frühjahr gelb-braun gefärbte Schmetterlinge aus den Puppen, die Sommergeneration hingegen hat eine dunkle Grundfarbe mit weißen Bändern und gelblichen Flecken. Landkärtchen sind damit die einzige heimische Tagfalterart mit diesem Farbwechsel.Diese auch als Saisondichromismus bezeich-nete Besonderheit beruht auf der unterschied-lichen Dauer der Tageshelligkeit während der Verpuppungsphase. Die dunkle Sommerform entwickelt sich also, wenn die Zahl der hellen Tagesstunden die der dunklen Nachtstunden übertrifft. Im Winter, wenn die Puppe dem verkürzten Tageslicht ausgesetzt ist, entwickelt sich dagegen die gelb-braune Frühjahrsgene-ration. Lange Zeit hielten selbst Schmetterlingsex-perten beide Generationen für verschiedene Arten. Voraussichtlich wird das Landkärtchen im Jahr 2007 besonders gut zu beobachten

sein, denn auf Grund des warmen Wetters im vergangenen Jahr gab es bereits 2006 außer-gewöhnlich viele Exemplare. Daher könnte es also viel Nachwuchs geben.

Das Landkärtchen gehört zu den Waldarten. Typische Lebensräume sind die Randstruk-turen feuchter Laub- oder Nadelmischwälder, d. h. hochstaudenreiche, sonnige Waldsäume und Waldwege, Waldwiesen und -lichtungen. Tiere der Frühjahrsgeneration fliegen auch in etwas entferntere Streuobstbestände. Für den aufmerksamen Beobachter leichter zu finden sind sie aber auch in Parklandschaften und Gärten auf Schlehen- oder Weißdornbüschen. Wichtig scheint aber immer das Vorkommen von reichen Beständen an Doldenblütlern (Bärenklau, Wiesenkerbel, Wilde Möhre) zu sein. Schattige Lebensräume wie Waldwege und -lichtungen oder feuchte Wiesenränder mit Beständen der Brennnessel sind dagegen für die Eiablage entscheidend. Die Weibchen beider Generationen legen zwischen acht und zehn grüne Eier in Form kleiner Eitürmchen an dieser Pflanzenart ab. Aus den Eiern schlüpfen schwarze Raupen, die dunkle Dornen tragen. Charakteristisch sind dabei besonders zwei Stirnzapfen, die sie beispielsweise von den ähnlichen Tagpfauenaugen-Raupen unter-scheiden.

FrühjahrsformFoto: aus „Schmetterlinge Baden-Württem-bergs“, Band 1, ULMER-Verlag Stuttgart, 1993

Sommerform Foto: aus „Schmetterlinge Baden-Württembergs“, Band 1, ULMER-Verlag Stuttgart, 1993

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Auch der Admiral oder der Kleine Fuchs legen ihre Eier an Brennnesseln ab. An Stellen mit diesen Raupen wird man jedoch vergeblich nach Raupen des Landkärtchens suchen. Die Raupen sitzen anfangs immer gesellig an den Unterseiten der Brennnesselblätter. Mit dem Wachsen der Pflanze wandern die Rau-pen nach oben, so dass sie immer die gleiche frische Nahrung finden können. Später ver-streuen sie sich dann, um sich zu verpuppen. Nach zwei bis drei Wochen schlüpft dann die Sommergeneration oder aber die Tiere über-wintern als Puppe. Im nächsten Jahr entsteht daraus die Frühjahrsgeneration. Das Landkärtchen ist ein eifriger Blütenbe-sucher. Wichtigste Nahrungspflanzen für die Sommergeneration sind die bereits oben genannten weißblühenden Doldengewächse. Das Nahrungsspektrum der Frühjahrsgenera-tion ist noch unzureichend bekannt. Löwen-zahn, Sumpf-Dotterblume oder Sternmiere sowie Schlehen gehören auf jeden Fall aber dazu.

Diese enge Beziehung zu ihren spezifischen Nahrungspflanzen ist von entscheidender Bedeutung für den Schmetterlingsschutz insgesamt. Schutz unserer Tagfalter bedeutet deshalb auch immer Schutz der entspre-chenden Nektarspender sowie der jeweiligen Nahrungspflanzen für die Raupen.Als wichtigste Schutzmaßnahme für das Land-kärtchen ist daher zu empfehlen, während der Raupenzeit von Mitte Mai bis Anfang Juli und August bis September auf die Beseitigung von Brennnesselfluren an schattigen Waldrändern oder Waldwegen zu verzichten oder zumindest nur einen schmalen Streifen entlang abzumä-hen.

8) Der Elch (Alces alces) – Wildtier des Jahres

Walter ULOTH, Seeba

Die neben dem engl. Namen „Moose“ eben-falls gebräuchliche Benennung „Elk“ hat schon mehrfach zu Verwechslungen bis hin zu Über-setzungsfehlern geführt, weil der letztgenannte Name auch für den amerikanischen Rothirsch, den Wapiti, üblich ist.

Dass die Schutzgemeinschaft Deutsches Wild den Elch zum Wildtier des Jahres 2007 gekürt hat, liegt nicht etwa in dessen Körpergröße begründet (größte Hirschart überhaupt und größtes europäisches Landsäugetier). Vielmehr soll wiederum auf ein wildlebendes Säugetier aufmerksam gemacht werden, das auf na-türlichem Wege wieder in die freie Wildbahn Deutschlands zurückkehrt. Das seit 1957 beobachtete Einwechseln strei-fender polnischer Elche u. a. im Oderbruch oder Spreewald deutet schon auf den bevor-zugten Lebensraum dieses Großsäugers hin, nämlich auf sumpfige Waldgebiete bzw. wal-dige Feuchtgebiete, einschließlich Auwälder, in denen ausreichend Wasserpflanzen und Weichhölzer als natürliche Äsung zur Verfü-gung stehen.

Zeichnung: Dr. Franz Müller

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er in kleinen Gruppen vor, selten in größeren Beständen. Der Hopfen treibt aus einem Wur-zelstock (Rhizom) aus, die oberirdischen Triebe sterben nach der Samenreife ab. Die Wildform erreicht Höhen von zwei bis sechs Metern. Der Hopfen ist eine zweihäusige Pflanze, der männliche Blütenstand eine Rispe, der weibli-che ein eiförmiges, ähriges Kätzchen (die so genannten Hopfendolden). Die Wild-form kommt vor allem in Flusstälern vor, in der Thüringischen Rhön u. a. im Ulstertal.

Die Kultursorten des Echten Hopfens werden landwirtschaftlich angebaut, wobei sich die wichtigsten Anbaugebiete in der Hallertau/Bayern und im Schussental zwischen Tettnang und Ravensburg/Baden-Württemberg befin-den. Alljährlich ab Ende März wird der Hopfen in Gerüstanlagen, den so genannten Hopfen-gärten, kultiviert. Zwei oder drei Triebe werden um einen Draht als Kletterhilfe gelegt und

Die im nördlichen Eurasien und Nordamerika natürlich verbreitete Hirschart wird in sechs bis acht Unterarten aufgegliedert. Eine relativ kleine Form, der Kaukasische Elch, ist erst um 1900 ausgestorben.Vertreter unserer Unterart, Alces a. alces, werden seit 1937 in der ehemaligen UdSSR domestiziert. Außerdem sind sie in Schwe-den, Finnland und Russland vielerorts bereits bis zum Rand von Siedlungen vorgedrungen. Bemerkenswert sind die großen Wanderungen (Migrationen), die zwischen Sommer- und Wintereinständen bzw. hin zu den traditionellen Brunftplätzen zurückgelegt werden.

9) Der Hopfen (Humulus lupulus L.) – Arzneipflanze des Jahres

Naturschutzzentrum „Alte Warth“/ Gumpelstadt

Der Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde an der Universität Würz-burg möchte mit der Wahl des Hopfens zur Arzneipflanze des Jahres 2007 eine Kultur-pflanze würdigen, die nicht nur im Brauereiwe-sen, sondern zunehmend in modernen Phyto-pharmaka verwendet wird. Natürlich denkt fast ein jeder von uns beim Begriff Hopfen zuerst an ein alkoholisches Produkt und bringt ihn in Verbindung mit seiner Lieblingsbiersorte. Die Extrakte aus den Hopfenzapfen werden aber auch häufig mit Extrakten aus Baldrianwurzeln kombiniert und sind in dieser Zusammen-setzung in zahlreichen Schlaf- und Beruhi-gungsmitteln als Wirkstoff enthalten. Seit dem vergangenen Jahrhundert hat der Hopfen in dieser Kombination mit Baldrian dabei seinen festen Platz als Phytotherapeutikum gefunden.

Die Wildform des Echten Hopfens (Humulus lupulus L.), der zur Familie der Hanfgewächse (Cannabinaceae) gehört, wächst bevorzugt auf stickstoffreichen Standorten mit höherer Bodenfeuchte, wie z. B. in Auwäldern oder an Waldrändern und Gebüschen. Meist kommt

Zeichnung: aus MIESSNER, ECKART: Blumen in Wald und Flur, URANIA-Verlag, Leipzig-Ber-lin-Jena, 1965

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wachsen bis Ende Juli auf eine Höhe von bis zu sieben Metern. Die Pflanze windet sich im Uhrzeigersinn und kann bis zu 30 cm inner-halb eines Tages wachsen. Bei der traditionell am 25. August beginnenden Ernte werden die Hopfenreben knapp über dem Boden abge-schnitten, in Pflückmaschinen von den Hop-fendolden befreit und diese dann zur Darre mit ca. 10 % Restfeuchtigkeit getrocknet.

Die Weiterverarbeitung erfolgt dann meist in den Brauereien bzw. aber auch in den Arz-neimittelwerken. Hopfen verleiht dem Bier sein ausgeprägtes Aroma sowie den typisch bitteren Geschmack. Die Hopfendolden be-sitzen an ihrer Oberfläche Harzkügelchen, die den Geschmacksstoff Lupulin enthalten. Man unterscheidet zwischen Bitterhopfen- und Aro-mahopfensorten. Früh im Brauprozess zuge-setzt und lange mitgekocht, führt der Hopfen zu einer bitteren Stammwürze, später hinzuge-fügt entsteht eher ein mildes Bier.

Übrigens ist die russische Bezeichnung des Hopfens „chmelj“ identisch mit der Überset-zung für Rausch. Dieser sprachliche Zusam-menhang unterstützt auch die Annahme, das Wissen um die Anwendung des Hopfens in der Bierbrauerei sei aus dem Kaukasus zu uns gekommen. Bevor diese Verwendung jedoch im deutschen Reinheitsgebot des Bieres fest-geschrieben wurde, waren noch viele Hinder-nisse, wie das Hopfenzusatzverbot des eng-lischen Königs Heinrich VIII., zu überwinden.

Die ursprüngliche Bedeutung des Hopfens ist in der Tatsache begründet, dass die Bitterstof-fe bakterizid wirken und damit wesentlich die Haltbarkeit des Bieres beeinflussten. Bereits 1153 beschrieb HILDEGARD VON BINGEN mit den Worten „putredines prohibet in amaritudi-ne sua“ (seine Bitterkeit verhindert die Fäulnis) die antiseptische Wirkung des Hopfens. Die ersten Angaben zum Hopfenanbau stammen wahrscheinlich bereits aus dem Jahre 763

n. Chr. aus der Hallertau, die erste Erwähnung als Brauzusatz aus dem Jahre 1079. Hopfen diente aufgrund seiner ätherischen Öle auch in alten Bibliotheken als Schutz vor Ungeziefer.Die heute wissenschaftlich anerkannte schlaf-fördernde Wirkung des Hopfens beschrieb bereits der in Spanien lebende Abdullah IBN AL-BAYTAR (1179-1248). HILDEGARD VON BINGEN berichtete, dass Hopfen müde macht und „Melancholie“ erzeuge. Der berühmte Arzt CHRISTOPH WILHELM HUFE-LAND (1762-1836) verwendete Hopfen als Bittermittel für die Verdauung sowie zur Nervenberuhigung.

Erst im ausgehenden 18. Jahrhundert wurde die schlaffördernde Wirkung des Hopfens wie-der entdeckt. Das mag überraschen, denn fast jeder kennt die Aussage, Bier mache müde.

Eine weitere Eigenschaft des Hopfens, die diuretische, also wassertreibende Wirkung, die noch in der mittelalterlichen Medizin eine nicht zu unterschätzende Bedeutung hatte, wird heutzutage kaum noch erwähnt und das, ob-wohl der „Bierliebhaber“ sie im wahrsten Sinne des Wortes am eigenen Leib verspürt. Es ist außerdem noch gar nicht so lange her, dass in mancher urologischen Klinik Bier als Alternati-ve zu dem nicht immer so gut schmeckenden Blasen- und Nierentees angeboten wurde.Erwähnt sollten aber auch die Hopfenschöss-linge werden, die vielfach auch als Hopfen-spargel bezeichnet werden. In den klassischen Hopfengegenden bieten viele Restaurants den Gourmets diese Spezialität in den verschie-densten Variationen an.

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die für diese Spinne verfügbaren primären Lebensräume immer weiter zurückgegangen. Wolfspinnen kommen vorwiegend am Boden in niederen Pflanzenbewuchs oder zwischen Bodenstreu und Steinen vor. Größere Arten, so auch unsere Spinne des Jahres, bauen sich Erdröhren, die ihnen als Unterschlupf dienen. Die Wolfspinnen-Arten jagen meist nicht mehr frei umher, sondern lauern vor ihrer Wohn-röhre auf Beute. Die Wohnröhre diente aber auch zum Überwintern, zur Eiablage oder zum Schutz bei bevorstehenden Häutungen. Meist führen die Wolfspinnen ein umherstrei-fendes Leben und besitzen ein bestimmtes Territorium zum Jagen. Sie bauen keine Netze, sondern erbeuten ihre Opfer unter vorsich-tigem Anschleichen im Sprung. Die Spinnen-warzen benötigen sie nur noch zum Spinnen der Eikokons und manchmal zum Auskleiden ihrer Wohnröhre.Die Flussufer-Riesenwolfspinne ist mit ca. 16 mm Köperlänge die größte einheimische Wolf-spinne. Sie bewohnt Uferschotter und Sand-bänke an Flüssen und verbirgt sich im Schotter

10) Isländisches Moos, (Cetraria islandica) – Flechte des Jahres

Walter ULOTH, Seeba

Die weltweit vom Tiefland bis ins Hochgebirge vorkommende Strauchflechte kann man als Charakterart der Moore, aufgelockerten Kie-fernwälder, Zwergstrauchheiden und Magerra-sen ansehen.Dereinst auf Island als Nahrungsmittel genutzt, ist sie heutzutage aufgrund ihrer schleimlösen-den und reizlindernden Wirkung als Zusatz für Hustenmittel für den Menschen bedeutsam. Für Thüringen gilt der Gefährdungsgrad „3“ (Gefährdet).

11) Die Flussufer-Riesenwolfspinne (Arctosa cinerea) – Spinne des Jahres

Naturschutzzentrum „Alte Warth“/ Gumpelstadt

Die Flussufer- Riesenwolfspinne ist die Spinne des Jahres 2007, so haben sich Spinnenex-perten aus inzwischen 21 Ländern entschie-den, die über Länder- und vor allem Sprach-grenzen hinweg ihre jährliche Auswahl trafen. Sie gehört zur Familie der Wolfspinnen (Lyco-sidae), die weltweit verbreitet ist, ca. 2.500 Arten umfasst und von denen bei uns ca. 70 Arten heimisch sind. Andere Bezeichnungen für diese Wolfspinnenart sind Sand-Wolfspinne oder Graue Sandwühl-Wolfspinne.Die Flussufer-Riesenwolfspinne ist heute in der Bundesrepublik ein relativ seltenes Tier und häufiger nur noch an den Oberläufen einiger Voralpenflüsse anzutreffen. Ursprüngliche Le-bensräume sind naturnahe Kies- und Sandufer von Flüssen und Seen. Dabei besiedelt diese Art vor allem die durch regelmäßige Hochwas-ser freigeräumten und somit vegetationsfreien ufernahen Kiesbänke. Mit der Zerstörung dieser natürlichen Uferbiotope infolge Begradi-gung oder der Aufstauung dieser Flüsse sind

Flussufer-Riesenwolfspinne (Foto: KOSMOS Spinnenführer, Stuttgart, 1982)

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oder in kleinen Wohnlöchern im groben Sand. Bei sommerlichen Hochwässern verschließen die Spinnen die Röhrenöffnung und können in der bestehenden Luftblase überleben. Ein Überlebensvorteil ist ihre gute Tarnung. Durch ihre grau-weiß gesprenkelte Oberseite und ins-besondere die stark geringelten mit Härchen bedeckten Beine, ist sie in ihrem Lebensraum nur äußerst schwierig zu entdecken, zumal dieser ihr zahlreiche Schlupfwinkel zum Ent-kommen bietet. Die Flussufer-Riesenwolfspinne ist auf Grund ihrer Größe in der Lage, relativ große und wehrhafte Beutetiere zu überwältigen. So nimmt sie es sogar mit den gleichfalls auf Sandbänken jagenden Laufkäfern auf, die mit ihrem kräftig bezahnten Kiefer wirklich keine leichten Gegner sind. Außerdem jagt sie Heuschrecken oder Fliegenlarven. Dabei überrascht sie ihre Opfer mit einer blitzartigen Schnelligkeit. Die Hauptaktivitätsphase dieser Wolfspinnen-art liegt zwischen März und November. Nach der Paarung beginnt das Weibchen mit dem Bau des Kokons. Es webt eine dünne Seiden-lage, legt darauf ihre Eier ab, spinnt darüber eine weitere Lage Seide und verbindet diese mit der unteren Lage. Alle Wolfspinnen zeich-nen sich durch eine außergewöhnliche Brut-pflege aus: Wenn die Eier sicher verpackt sind, setzen sie sich entweder auf den Kokon und bewachen ihn, oder aber sie heften den Kokon an ihren Spinnenwarzen fest und tragen ihn so lange mit sich umher, bis die Jungen aus-schlüpfen. Das Umhertragen des Kokons hat auch den Vorteil, dass die weiblichen Spinnen immer einen warmen, sonnigen Platz aufsu-chen, so dass sich die Jungspinnen schneller entwickeln können. Bevor die Spinnen aus den Eiern schlüpfen, lockert die Spinnenmutter den Kokon etwas, um mehr Platz zu schaffen. Nach dem Schlupf bleiben die junge Spinnen noch einige Zeit im schützenden Kokon und vollziehen hier schon ein bis zwei Häutungen. Wenn die Jungspinnen nach vier bis sechs

Wochen den Kokon verlassen, wirft das Weib-chen die leere Hülle ab. Die Jungspinnen der Flussufer-Riesenwolf-spinne treten dann von August bis Oktober auf, überwintern und beenden ihre Reifungs-phase im Spätsommer des Folgejahres. Dabei müssen sie sich wie alle Gliedertiere in dieser gesamten Zeit, wollen sie wachsen, regelmä-ßig häuten. Dabei reißt die alte Haut am Vor-derköper auf und die Spinne kriecht heraus. Die neue Haut erstarrt sehr rasch nach der Häutung. Bis zum Erreichen der Geschlechts-reife häuten sich die etwa 10-12 mal. Zum Überwintern verlassen die Tiere den ufer-nahen Bereich und legen in ausreichender und sicherer Entfernung vom Ufer eine vor Überflu-tungen geschützte Wohnröhre an.

12. Das Veilchen (Viola odorata L.) – Heilpflanze des Jahres

Naturschutzzentrum „Alte Warth“/ Gumpelstadt

Der Träger dieser Jury ist der Verein zur Förde-rung der naturgemäßen Heilweise nach Theo-phrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus.Weltweit gibt es rund 500 wild wachsende Veilchenarten (Mitteleuropa, Kaukasus, Klei-nasien, Mittelmeergebiet und westliches Euro-pa) und weitere gärtnerische Zuchtformen. In Deutschland kommen rund ein Dutzend Viola- Arten vor, wobei einige dem Duftveilchen sehr ähneln, aber nur dieses den charakteristischen Duft und das Aroma besitzt. Die meist bis 20 cm lange Ausläufer treibende Pflanze überwintert mit kurzem, dicken, oft auch oberirdischen Wurzelstock. An seiner Spitze entwickelt sich im zeitigen Frühjahr die Blattrosette. Alle Blätter sind grundstän-dig, langgestielt, nieren- bis herzförmig und schwach gekerbt. Die bis 10 cm hohe Pflanze kann bereits im März die typischen tiefblauen bis blassvioletten, duftenden Blüten hervor-bringen und gehört damit zu den Frühblühern.

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bewusst“, wenn sie günstige Bedingungen vorfindet. Laubkompost und ein wenig orga-nischer Dünger bekommt ihr gut.

In der Medizin der Antike gehörte das Veil-chen seit Hippokrates zu den ständig ange-wendeten Heilmitteln. Im Mittelalter war seine Bedeutung nicht geringer, wie HIERONYMUS BOCK berichtet, der die Anwendungsgebiete ausführlich erörtert. Auch SEBASTIAN KNEIPP wandte die Veilchenwurzel häufig an.

Das wohlriechende Veilchen, auch Märzveil-chen oder Heckenveilchen genannt, enthält als wirksame Inhaltsstoffe Saponine, weiterhin Bitterstoffe und ätherische Öle.Die in der Volksmedizin früher übliche An-wendung als schleimlösendes und auswurf-förderndes Mittel bei Bronchialkatarrhen wird heute kaum noch praktiziert.

Tinkturen und daraus hergestellte Verdün-nungen aus den frischen oberirdischen Teilen des Duftveilchens finden in der Homöopathie allerdings noch Anwendung. Kandierte Veil-chenblüten sind bei Kennern als Delikatesse bekannt, genauso wie als Zusatz der getrock-neten oberirdischen Teile der Pflanze in Teemi-schungen.Künstlich hergestellt sind nach Veilchen duf-tende Parfümöle, die auch zur Aromatisierung der Veilchenpastillen verwendet werden. Als „Veilchenwurzel“ wird allerdings der Wur-zelstock der Deutschen Schwertlilie (Iris ger-manica L.) bezeichnet, der früher als Kaumittel bei zahnenden Kindern benutzt wurde. Davon ist aber aus hygienischen Gründen stark abzu-raten, da die feuchte „Wurzel“ ein Nährboden für die verschiedensten Mikroorganismen ist.

In der Bestimmungsliteratur ist es deshalb auch oft unter der Bezeichnung März-Veilchen zu finden.

Die Blüten stehen in den Achseln der grund-ständigen Laubblätter, da eine ausgebildete Sprossachse fehlt. Die fünf Kronenblätter sind tiefviolett gefärbt, am Grunde jedoch weiß. Außerdem besitzen sie einen dunklen, geraden Sporn.

In der freien Natur ist das Veilchen auf schat-tigen Wiesen, an Gräben und Waldrändern sowie an sommergrünen Hecken und Ge-büschen zu finden. Sollen Duftveilchen in den Garten gepflanzt werden, so muss darauf geachtet werden, dass es halbschattige Plät-ze mit feuchtem, lockerem Humus liebt. Es kann gut als Bodendecker unter Gehölzen angepflanzt werden. Die als „bescheiden“ beschriebene Viola wuchert dann sehr „selbst-

Zeichnung: aus AICHELE, SCHWEGLER: „Die Blütenpflanzen Mitteleuropas“, Band 3, KOSMOS-Verlag Stuttgart, 2000

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13) Der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea L.) – Giftpflanze des Jahres

Naturschutzzentrum „Alte Warth“, Gumpelstadt

Wenn auch zur Giftpflanze des Jahres 2007 gewählt, so ist der Rote Fingerhut und damit sein Hauptwirkstoff, das Digitoxin, auch in der heutigen Zeit ein unverzichtbarer Bestandteil moderner Arzneitherapie. Die stattliche Pflanze gehört zur Familie der Braunwurzgewächse (Scrophulariaceae). An-dere bekannte Vertreter dieser Pflanzenfamilie sind beispielsweise die Gattungen Ehrenpreis, Königskerze oder auch Löwenmäulchen. Der Rote Fingerhut entwickelt im ersten Jahr eine Blattrosette, aus der dann im zweiten Jahr ein bis zu 1,50 m langer Stängel wächst, an dessen Spitze sich die purpurrot-violetten, seltener auch weißen Blüten in einer einseits-wendigen Traube befinden. Insgesamt können zwischen 50 und 120 Blüten an einem Stängel gebildet werden. Dem aufmerksamen Natur-

freund ist die leicht erkennbare Pflanze sicher-lich bei seinen Wanderungen im Thüringer Wald schon aufgefallen.

Die Blüten ähneln Fingerhüten, der Gattungs-name „Digitalis“ bezieht sich auf digitabulum lat. = Fingerhut, purpureus lat. = purpurrot. Auch die deutsche Bezeichnung ist davon ab-geleitet. Die Blütezeit reicht von Mitte Juni bis in den August hinein. Bestäuber sind vorwie-gend Hummeln und Bienen. Charakteristisch ist außerdem die filzigsamtartige Behaarung der Unterseite der Blätter. Die zweifächrigen Fruchtkapseln enthalten hellrotbraune, grubig punktierte Samen. Der Rote Fingerhut kommt vor allem an Waldrändern, in aufgelichte-ten Wäldern und auf Waldlichtungen sowie Schlagfluren vor, als Einzelpflanze aber häufig auch in größeren Gruppen. Es ist eine typisch atlantische Pflanze, die in Westeuropa sowie dem westlichen Süd-, Mittel- und Nordeuropa verbreitet ist. Die östliche Verbreitungsgrenze liegt in Deutschland im Harz und im Thüringer Wald. Sie wächst gern auf sandigen, stick-stoffhaltigen Lehmböden und meidet den Kalk. Das erklärt auch, dass sich die Vorkommen des Roten Fingerhutes in der thüringischen Rhön vorwiegend auf das Buntsandsteingebiet zur Werra hin beschränken. Einzelnachweise gibt es lediglich noch aus der Hohen Rhön auf Basalt. In Mitteldeutschland ist die Art über-haupt wahrscheinlich erst mit dem Menschen eingewandert.

Neben dem Roten Fingerhut gibt es mit dem Wolligen, Gelben und Großblütigen Fingerhut (D. lanata, D. lutea., D. grandiflora) noch drei weitere Arten, die aber in der thüringischen Rhön völlig fehlen.

Die ganze Pflanze, insbesondere aber die Fingerhutblätter enthalten die Glykoside Digi-toxin, Gitoxin und Gitalin, die giftig sind. Schon zwei bis 3 Gramm der Blätter können zum Tod durch Herzstillstand führen. Die ersten Symp-

Fingerhutgruppe auf einer Waldlichtung (Foto: E. Biedermann)

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synthetische Herstellung wesentlich teurer und damit nicht wirtschaftlich ist.

Etwa seit dem 16. Jahrhundert ist der Rote Fingerhut eine beliebte Zierpflanze in den Gärten. Auch in englischen und irischen Sa-gen wird über ihn geschrieben. Der Fingerhut diente dem Elfenvolk als Kopfbedeckung. Böse Feen sollen die Blüten einst als Hand-schuhe den Füchsen geschenkt haben, damit diese lautlos ihr Unwesen in den Hühnerställen treiben konnten. Daher lautet der englische Name dieser Pflanzenart auch „foxglove“.

tome einer Fingerhutvergiftung sind Übelkeit und Erbrechen sowie ein Absinken der Puls-frequenz auf unter 50 Schläge pro Minute. Besonders gefährdet sind natürlich Kinder, die Blüten oder Blätter in den Mund stecken. Zu den Pflanzenarten, die vergleichbare Wirkstoffe (Digitaloide) enthalten, zählen u. a. Maiglöck-chen, Adonisröschen und Oleander.

Der Rote Fingerhut war im Altertum unbekannt und erst im 16. und 17. Jahrhundert erwähnten ihn LEONHARD FUCHS und HIERONYMUS BOCK als Brechmittel. Diese Wirkung beruht allerdings auf den bereits o. g. Vergiftungser-scheinungen infolge von Überdosierung der Glykoside.

Der englische Arzt WILLIAM WITHERING behandelte 1775 bis 1779 erstmals mit den Blättern der Pflanze erfolgreich Ödeme (Wasseransammlungen), die auf eine Herz-schwäche zurückzuführen waren. Dabei stellte er auch fest, dass sich der Wirkstoff des Roten Fingerhutes im Körper anreicherte und zu einer Wirkungsverstärkung bei längerer Anwendung führt. 1785 veröffentlichte er darüber seine berühmte wegweisende Abhandlung „An account of the foxglove and its medical uses“. Diese Therapie setzte sich zunächst nicht durch. Erst die weiteren Untersuchungen des französischen Arztes DREDEYNE (1786-1867) führte nach 1850 zu einer häufigeren An-wendung. Er fand heraus, dass der Wirkstoff nicht nur harntreibend wirkt, sondern auch die Herztätigkeit stärkt. 1868 isolierte der Chemi-ker NATIVELLE dann den eigentlichen Wirk-stoff aus der Pflanze – das Digitoxin. Als Rein-substanz und in der richtigen Dosierung unter ärztlicher Kontrolle sind die Herzglykoside, das Digitoxin und die daraus hergestellten Derivate, unverzichtbare Wirkstoffe zur Senkung der Herzfrequenz und zur Therapie der Herzin-suffizienz. Das Digitoxin wird auch heute noch mit einer Ausbeute von bis zu 0,06 % (!) aus den Blättern der Pflanze gewonnen, da eine

Fingerhut (Foto: K.-Fr. Abe)

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V. WIR STELLEN UNS VOR

15 Jahre Pension „Dreiländereck“

Wir, die Pension „Dreiländereck“, befinden uns mit unserer familiär geführten Pension in ruhiger und idyllischer Lage am Ortsrand von Birx/Rhön und sind mit dem Nachbarort Frankenheim/Rhön die höchste geschlossene Ortschaft der Rhön, in einer Höhenlage von ca. 750 Metern ü. NN.

Im Mai 1990 begannen wir, die Familie Jens Graf, mit dem Bau der Pension „Dreiländer-eck“. Am 15. August 1992 konnten wir die ersten Gäste begrüßen.Alle 11 modernen Zimmer sind mit DU/WC, Radio, Sat- TV, Telefon und Balkon bzw. Terrasse ausgestattet. Neben unseren Auf-enthaltsräumen steht unseren Gästen auch ein behagliches Kamin- und Billardzimmer zur Verfügung, in dem Ihnen Herr Graf als Land-schaftsführer des Biosphärenreservats Rhön mit einem Diavortrag schon viele erste Ein- drücke über die Rhön vermittelt. Danach können Sie vor dem Kaminfeuer in den kalten Jahreszeiten oder in unserer Sauna herrlich entspannen. Wenn Sie dann noch mehr sehen wollen von unserer Heimat, machen Sie mit ihm eine Busfahrt, z. B. durch die Rhön oder entlang der alten Grenze, und erfahren so noch mehr über die Geschichte, Geologie und Geo-grafie der Rhön und des Thüringer Waldes. Für unsere Gäste und Wanderer stehen in unserem Touristik-Büro „Hohe Rhön“ viele In-formationsmaterialien zur Verfügung, natürlich können Sie hier auch Wander- und Postkarten

erwerben. Für Wandergruppen führt Herr Graf gerne auch persönlich Führungen durch.Für das leibliche Wohl sorgt Frau Graf mit selbst gebackenem Kuchen, leckerer Haus-mannskost, Rostbratwürsten und selbst einge-legten Rostbräteln zu unseren Grillabenden.Ebenso statten wir Familienfeiern jeglicher Art aus und holen Sie auf Wunsch auch von zu Hause oder vom nächsten Bahnhof ab. Am 01. Januar 2001 eröffnete Jens Graf das Touristik-Büro „Hohe Rhön“. Wir vermitteln Ferienhäuser und Ferienwohnungen aus der Umgebung, Pferdeschlitten- und Planwagen-fahrten und verleihen im Winter Skier und Schlitten.Seit Januar 2007 betreiben wir eine Neben-amtliche Wetterstation des Deutschen Wetter-dienstes.

Ihre Familie Graf

Pension „Dreiländereck“ Am Sportplatz 7 · 98634 Birx/Rhön

Tel.: 036946 31455Fax: 036946 31055Internet: www.Pension-Dreilaendereck.de, www.Touristik-Rhoen.deE-Mail: [email protected]

Idyllische Lage am Ortsrand von Birx (Foto: J. Graf)

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Realisierung des Modellprojekts

Kommunale EbeneDer elektrosmogarme Status wird vorerst durch den Erlass einer Veränderungssperre gegenüber Mobilfunkausbau geschützt. Um eine dauerhafte Lösung zu erzielen, erarbeitet die Gemeinde Wiesenthal in Kooperation mit dem Planungsbüro Kehrer und Horn / Zella-Mehlis ein Mobilfunkkonzept. Dies steht unter der Prämisse „Immissionsminimierung für den Ort, im Rahmen der technischen Möglich-keiten“. D. h. durch die Ausweisung unbedenk-licher Mobilfunkstandorte im Außenbereich der Gemarkung Wiesenthal wird erreicht, dass innerhalb der Bebauung keine zusätzliche Be-lastung entstehen darf.

Infrastrukturelle MaßnahmenIm Jahr 2004 wurde der Verein „Erforschung und Therapie der Elektrosensibilität e. V., Wiesenthal“ gegründet. Er ist ein Zusammen-schluss namhafter Ärzte und Wissenschaft-ler, welche sich seit Jahren mit dem Thema Elektrosensibilität und seinem Krankheitsbild auseinandersetzen. Vereinsziel ist, die Erkran-

Erforschung und Therapie der Elektrosensibilität e.V. Susanne GÜNTHER, Wiesenthal

Die Gemeinde Wiesenthal, im Biosphärenre-servat Rhön/Thüringen gelegen, bemüht sich seit 2005 erfolgreich, Erholungsmöglichkeiten für Elektrosensible Menschen zu schaffen. Im Rahmen des „sanften Tourismus“ wird der Ort zunehmend von Gästen aufgesucht, die sich in unbelasteter Umgebung erholen.Mit einer Hochfrequenzbelastung (Mobilfunk) von < 0,1 µW/m² (Spektrumanalyse) im Außen-bereich, zählt Wiesenthal zu einem der weni-gen elektrosmogarmen Gebieten in Deutsch-land, die es unbedingt zu erhalten gilt.In Zusammenarbeit mit dem ortsansässigen Verein „ Erforschung und Therapie der Elekt-rosensibilität e. V.“ setzt sich die Kommune für den Erhalt dieses elektrosmogarmen Status ein. Damit trifft sie Vorsoge für die Gesunder-haltung der eigenen Bevölkerung und schafft die Basis für den Ausbau des Tourismus im Biosphärenreservat, sowie für eine Thera-piemöglichkeit für elektrosensible Gäste.Elektrosensibilität ist die Reaktion des menschlichen Organismus auf elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder technischen Ursprungs bei Dauerbelastung.

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kung der Elektrosensibilität wissenschaftlich zu dokumentieren. Dieser Verein ist Plattform für Öffentlichkeitsarbeit, wissenschaftlichen Aus-tausch und nicht zuletzt Anlaufpunkt für elekt-rosensible Gäste.

Auf Initiative des Vereins können in Wiesenthal mittlerweile fünf elektrosmogfreie und durch die „Umweltphysikalische Messungen GbR“ zertifizierte Ferienunterkünfte angeboten wer-den. Um diesen Qualitätsstandard zu garan-tieren, erfolgen jährlich Kontrollmessungen in den Ferienunterkünften als auch im Außenbe-reich des Ortes. Eine weitere infrastrukturelle Maßnahme war die Einrichtung eines medizi-nisch-physikalischen Forschungspunktes. Hier besteht die Möglichkeit, sich auf Elektrosensi-bilität zu Beginn und Abschluss des Erholung-saufenthaltes in Wiesenthal testen zu lassen. Getestet wird das vegetative Nervensystem, welches spezielle Reaktionsmuster gegenüber technischen Feldern zeigt. Mit diesem Test kann die Stabilisierung des Organismus durch

den Aufenthalt in elektrosmogarmer Umge-bung nachgewiesen werden.

Obwohl das Projekt erst seit zwei Jahren läuft, konnte Wiesenthal im Jahr 2006 schon 250 Übernachtungen ausschließlich durch elektrosensible Gäste verbuchen. Fast alle Gäste verlassen den Ort mit sehr gutem Kurerfolg und suchen die Erholungsmöglichkeiten erneut auf.

Die bisherigen Erfahrungen mit diesem Projekt zeigen, dass es von elektrosensiblen Gästen sehr positiv bewertet und angenommen wird.Besonders für das Biosphärenreservat Rhön, welches auf gesunde Erholung als eines seiner wirtschaftlichen Standbeine setzt, ist der Erhalt der relativ unbelasteten Region in Hinsicht auf Elektrosmog unabdingbar und bietet zugleich eine Entwicklungschance für die gesamte Rhön. In diesem Zusammenhang ist die Zu-sammenarbeit mit dem Biosphärenreservat Rhön bereits angelaufen.

Weitere Informationen: www.wiesenthal.infowww.umweltphysik.comwww.umweltphysik.infowww.kehrer-horn.de

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Unterstützt wurden die Aktionen der Natio-nalen Naturlandschaften mit einem Sonder-heft der Schriftenreihe Landschaftspfl ege und Naturschutz in Thüringen, die von der Thürin-ger Landesanstalt für Umwelt und Geologie herausgegeben wird. In diesem Heft wird über die Nationalen Naturlandschaften in Thüringen berichtet und das neue Erscheinungsbild der Naturparke, Biosphärenreservate und Natio-nalparke vorgestellt.

Diese Publikation bietet allerdings noch viel mehr. Neben einer kurzen Einführung zu den unterschiedlichen Zielsetzungen und Aufga-ben, die die verschiedenen Schutzgebiete verfolgen, wird auch ihre Bedeutung für die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung aufge-zeigt.

Die Vorstellung der einzelnen Gebiete und insbesondere die Darstellung des bisher von den Naturparken, Biosphärenreservaten und dem Nationalpark Geleisteten, ist allerdings das zentrale Anliegen dieser Broschüre. Die Charakteristika der Gebiete und besonders gelungene Projekte stehen also im Mittelpunkt. Abgerundet wird das Heft durch die Beiträge einzelner Partner der Nationalen Naturland-schaften Thüringens.

Wenn Schulen im Rahmen ihres Unterrichtes und ganz besonders im Hinblick auf die UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung Bedarf an diesem Sonderheft haben, können sie sich direkt an die Verwaltungen der Natio-nalen Naturlandschaften wenden.

VI. NEUE LITERATUR

1) Die Nationalen Naturlandschaften in Thüringen

Das Jahr 2006 stand ganz im Zeichen der Na-turparke. In Thüringen wurde dieses Ehrenjahr maßgeblich von den vier Naturparken Eichs-feld-Hainich-Werratal, Thüringer Schieferge-birge/Obere Saale, Kyffhäuser und Thüringer Wald gestaltet. Aber auch die beiden Biosphä-renreservate, Vessertal-Thüringer Wald und Rhön sowie der Nationalpark Hainich brachten sich mit vielfältigen Veranstaltungen hier ein.

Dies hat auch damit zu tun, dass auf Initiative von EUROPARC Deutschland Naturparke, Biosphärenreservate und der Nationalpark zukünftig unter der gemeinsamen Dachmar-ke Nationale Naturlandschaften auftreten werden.

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2) Die Kelten in der Rhön Walter Höhn (Hg.) Michael Imhof Verlag ISBN: 10: 3-86568-142-5 Preis: 14,95 EUR

Vor fast 3.000 Jahren erschien in der turbu-lenten Dämmerung der Geschichtsaufzeich-nung eine neue Macht und eine neue Kultur. Diejenigen, die das Eisen vorzüglich bearbeite-ten, wurden zu wahren Beherrschern Europas: Die Kelten. Sie waren berühmt für ihren spek-takulären Mut. Sie führten erfolgreiche Kriegs-züge, plünderten Rom und griffen sogar Delphi an. Ihre Druiden bewahrten ihr Recht und ihre Kultur, die bis in die Gegenwart überdauerte. Ihr Fest „Samhaine“ hallt als Halloween noch immer nach.

Gehen Sie, liebe Leser, mit uns, um zu erfah-ren, wer in grauer Vorzeit die Kelten waren, wo und wie sie in der Rhön lebten und was wir heute von ihnen lernen können. Wir besuchen das neu erbaute Keltendorf und andere Kul-turstätten und entdecken, was Schönes in der Rhön zu sehen und Wertvolles zu erhalten ist.

3) Text-Bild-Band Entdeckungen in Thüringen – eine Landpartie

Idee Bettina Vick, Thüringer Speziali-täten Markt TSM GmbH

Fotografi e Angela LiebichAutorin Michaela Seifert-WildeKarten Holger Döll, Sinnfl ut

Bad SalzungenHerausgeber LandFrauen Touristik e.V.Verlag LandTour Verlag & Reisen

LTVR e. Kfr.Kosten 24,95 EUR

Das klassische Thüringer Reisebuch lädt auf 384 Seiten zur Erholung im ländlichen Bereich ein. Die 110 vorgestellten Unternehmen werden durch aktive Wander- & Fahrradtouren, regi-onale Rezepte, kulinarische High-Lights zur Versorgung und zur Mitnahme nach Hause sowie Übernachtungsmöglichkeiten interes-sant verbunden. Die „Genießerbanderole“ ist das Besondere am Buch – hier wird Aktivität erzeugt.

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Bedeutung der „mittels Maschineneinsatz durch den Menschen geschaffenen Biotope“, der so genannten Sekundärstandorte.

SCHMIDT, K. (2005):Die Gelappte Stachelgurke (Echinocystis lobata) – ein neuer Neophyt im Wartburgkreis. –Ibid. 14:37-39Seit 2003 im Ufersaum der Werra unterhalb von Dorndorf.

SCHMIDT, K. (2005):Baumbrütende Dohlen (Corvus monedula) in den Wäldern des Wartburgkreises (SW-Thü-ringen) – Vorkommen, Siedlungsgeschichte, Lebensweise und Schutzempfehlungen. –Veröffentlichungen des Naturhistorischen Mu-seums Schloss Bertholdsburg Schleusingen 20:15-26U. a. Vorkommen im Umfeld der Gemeinden Borbels, Buttlar, Steinberg, Kohlbach, Apfel-bach, Ketten, Empfertshausen, Kaltennord-heim und Klings.

SCHMIDT, K. (2006):Brutvorkommen und Brutbestand gebäude-brütender Dohlen, Corvus monedula, in Süd-west-Thüringen von 1972 bis 2003. – Thüringer Ornithologische Mitteilungen 52:17-30 Mit Angaben aus den Kirchen von Urnshau-sen, Dermbach, Wiesenthal, Roßdorf, Zella, Unterkatz, Helmershausen und Herpf sowie von Strommasten in Dermbach.

KIRCHNER, T. (2006):Zur Situation des Birkhuhns (Tetrao tetrix) im Naturschutzgebiet Lange Rhön. –Acta ornithoecologica 6 (1): 13-19

FACHBEIRAT FÜR ARTEN- UND BIOTOP-SCHUTZ zusammengestellt von einem Auto-renteam (2006):Bedrohen invasive gebietsfremde Tiere und Pflanzen unsere heimische Natur? – Ein Situa-tionsbericht aus Thüringen. –

4) In Zeitschriften geblättert (Auswahl-Bibliografie)

W. ULOTH, Seeba

GÖRNER, M. (2005):Zum Vorkommen der Alpenspitzmaus (Sorex alpinus) in Deutschland und Hinweise zum Schutz. – Säugetierkundliche Informationen 5 (31): 575-586Für die thüringische Rhön bisher nachgewie-sen aus dem Geisaer Stadtwald, Rhönwald, Sommertal und vom Dietrichsberg.

GÖRNER, M. (2005):Zur Geschichte des Naturschutzgebietes „Ulster“ in Thüringen. – Artenschutzreport 16: 29-36

GÖRNER, M. (2005):Zur Lage und Situation des Uhus (Bubo bubo) in Thüringen. – Artenschutzreport (Sonderheft) 17:44-56

TRAUBOTH, V. (2005):Wachstum der Alteiben (Taxus baccata) im Naturschutzgebiet „Ibengarten“ (Thüringen). –Artenschutzreport 18:15-35Erhöhung der Anzahl der Eibenexemplare von 311 im Jahre 1870 auf 356 im Jahre 1972 so-wie 368 im Jahre 2004 bzw. der Stammzahlen von 462 im Jahre 1929 auf 477 im Jahre 1972 und 506 im Jahre 2004.

KRETSCHMAR, R. (2005):Neue Erkenntnisse zur Paläontologischen Sammlung Heinrich COTTA (1763-1844). –Veröffentlichungen des Museums für Natur-kunde Chemnitz 28:49-56

BIEDERMANN, E. & B. RETHER (2005):Das Fuchssche Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii (DRUCE) SOÓ) – eine Pionierart auf Sekundärstandorten. – In: Beitrag zur Grün-landpflege und zum botanischen Artenschutz. – Naturschutz im Wartburgkreis 14: 23-26

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Landschaftspflege und Naturschutz in Thürin-gen 43 (1):1-19. Vorstellung von 6 gebietsfrem-den Tier- und 12 Pflanzenarten, die gegenwär-tig eine mehr oder minder große Gefährdung der biologischen Vielfalt Thüringens darstellen, und von 19 weiteren Arten, die in diesem Zusammenhang besonderer Beobachtung be-dürfen. Auf erfolgte Bekämpfungsmaßnahmen der Orientalischen Zackenschote, Bunias orientalis, im BR Rhön wird verwiesen, könnte inzwischen hinsichtlich des Riesen- Bärenklaus, Heracleum mantegazzianum, ergänzt werden.

ABE, K.-Fr. & K.-Fr. GROB (2006):Biosphärenreservat Rhön. – In: Die Nationalen Naturlandschaften in Thüringen. – Land-schaftspflege und Naturschutz in Thüringen (Sonderheft) 43 (2):56-57

BACH, Cl. (2006):Großprojekte im Biosphärenreservat Rhön. – Ibid. 43 (2):66

GOTTBEHÜT, E. (2006):Lebensraum Kaltensundheim – Eine Modell-gemeinde im Biosphärenreservat Rhön. – Ibid. 43 (2):81

GRÜNBERG, H. (2006):Der Dottergelbe Spateling (Spathularia flava PERS. 1797; FR. 1821) bei Unterwirbach. –Landschaftspflege und Naturschutz in Thürin-gen 43 (3):109 Bei uns an der Harth bei Kal-tennordheim und am Kahlköpfchen bei Roß-dorf nachgewiesen.

AHRNS, Chr. (2006):Südwestthüringer Dörfer zwischen Grabfeld, Rhön und Thüringer Wald aus geobotanisch-landschaftsökologischer Sicht. – Landschafts-pflege und Naturschutz in Thüringen 43 (4): 126-141 U. a. Zillbach, Rippershausen, Hel-mershausen, Urnshausen, Ober- und Unter-weid, Frankenheim.

MEIDEL, E. (2006):Wildreichtum im europäischen Urwald – Win-ke aus der Steinzeit für den naturnahen Wald und die künftige Jagd. – Beiträge zur Jagd- u. Wildforschung 31:55-111Ausgezeichnete Gesamtschau des „Dauer-brenners“ Wald und Wild.

BIOSPHÄRENRESERVAT RHÖN/HOLZHAU-SEN, J. (Red.) (2006):Ornithologische Mitteilungen Thüringen, Heft 13:1-63 (13. Ornithologischer Jahresbericht 2004 für das Biosphärenreservat Rhön/Ver-waltung Thüringen)Von den im thüringischen Teil des BR Rhön bisher nachgewiesenen 191 Vogelarten konnten auf der Basis von 2.982 Einzelbeob-achtungsdaten für das Jahr 2004 144 Arten bestätigt werden.

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Art und Weise Anerkennung fanden. Neben der Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Universität Erlangen (1806) kennzeichnen Ehrentitel wie “Vater der Naturkunde“, “Vater der deutschen Naturgeschichte“ bzw. auch “Vater der deutschen Vogelkunde“ oder seine Mitglied- und Ehrenmitgliedschaft in zahl-reichen Gelehrtengesellschaften und Akade-mien seiner Zeit die ihm entgegengebrachte hohe Wertschätzung. Über diese vielfältige und zeitraubende Tä-tigkeit als forstakademischer Lehrer und Forscher, Direktor der Forstakademie Dreißi-gacker und Kammerrat sowie tierkundlicher Schriftsteller hinaus profitierten auch die re-gionale Forstwirtschaft und Landeskultur von seinem Schaffen. Immerhin wurde von J. M. Bechstein u.a. nicht nur die grundlegende Forsteinrichtung der meiningischen „oberlän-dischen“ Wälder und von 12 Forstrevieren im Meininger Land 1803 und 1817 durchgeführt. Die unmittelbare Einbindung der angewandten Gehölzkunde (Dendrologie) in die Lehre und Forschung an der Forstakademie Dreißigacker wurde beispielsweise auch für einen seiner Schüler, den 1841 zum Garteninspektor er-nannten Theodor Buttmann (1793-1870), zur Grundlage für dessen fruchtbares Lebens-werk.

Johann Matthäus BECHSTEIN zu Ehren:

Obwohl es weder ein Festkomitee noch ein Koordinierungsgremium gegeben hat, sind dank der Eigeninitiative von Vereinen und Institutionen anlässlich des 250. Geburtstages von J. M. Bechstein (1757-1822) dennoch eine ganze Reihe von Veranstaltungen im Meininger Raum in Vorbereitung.Den Reigen eröffnen die Meininger Philatelisten mit einer Offenen Klasse zum Thema „Jagd, Forst und Wald“ vom 23. bis 25. März 2007 im Hotel „Sächsischer Hof“ in Meiningen.Die Meininger Museen, konkret das Litera-turmuseum Baumbachhaus, setzen die Veran-

VII. EHRUNGEN, WÜRDIGUNGEN, NACHRUFE

1) Zum 250. Geburtstag von Johann Matthäus Bechstein

(geb. am 11.Juli 1757 in Walters-hausen, gest. am 23. Februar 1822 in Dreißigacker)

Walter ULOTH, Seeba

Adoptiv- bzw. Ziehvater von Ludwig Bechstein (1801-1860)

Johann Matthäus Bechstein war eine äußerst vielseitig tätige und interessierte Persönlichkeit, die über den gesamten natur-, forst- und jagd-kundlichen Kenntnisstand ihrer Zeit verfügte. Als Aufklärer und Pädagoge im Allgemeinen, wie als Begründer der Jagdtierkunde, als bedeutender Vogelkundler und Naturschützer oder als Pionier der Forstinsektenkunde im Besonderen, hat er in Lehre und Forschung wesentlich zum Erkenntnisfortschritt beigetra-gen und die Forstwissenschaft auf eine natur-wissenschaftliche Grundlage gestellt. Als zielstrebiger und weitsichtiger Organisator gründete und leitete er drei forstliche Lehran-stalten in Waltershausen (1795) und Dreißi-gacker (1801), wobei letztere 1803 zur Forst-akademie erhoben wurde, und schuf schon 1795 die Societät für Forst- und Jagdkunde als (welt-) erste Gelehrtengesellschaft von Forst- und Jagdwissenschaftlern. Er war Herausgeber, Verfasser und Übersetzer einer ganzen Reihe von wissenschaftlichen Buchveröffentlichungen (35 Titel in mehr als 80 Bänden) zur Jagd- und Tierkunde, Vogel-kunde, Lurch- und Kriechtierkunde, Heimtier-haltung und nicht zuletzt zur allgemeinen und forstlichen Pflanzenkunde und –gemeinsam mit dem Ritschenhäuser Pfarrer und Entomo-logen Georg Ludwig Scharfenberg (1746-1810)- auch zur Forstinsektenkunde. So verwundert es auch nicht, dass seine Kenntnisse und Leistungen in verschiedener

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staltungsreihe fort mit dem 10. Lesewandertag in Gestalt einer geführten Ganztagswanderung am 12. Mai 2007 auf dem Dreißigackerer Kalk-plateau (zwischen Meiningen und Sülzfeld). Dabei wandeln die Teilnehmer sowohl auf den Spuren von J. M. Bechstein (ehemalige Forst-akademie Dreißigacker, einstiger Neuer Tier-garten) als auch des Sagensammlers Christian Ludwig Wucke (1807-1883). Einen würdigen Abschluss dürfte das vom Hennebergisch-Fränkischen Geschichtsverein ausgerichtete Symposium am 20. Oktober 2007 im „Rautenkranz“ in Meiningen bilden, zu dem ca. 15 Referenten ihre Mitwirkung bekun-det haben.Diese Aufzählung ist sicher nicht vollständig, zumal es auch im Ortsteil Dreißigacker lobens-werte lokale Aktivitäten zur Einrichtung eines J.-M.-Bechstein-Kabinetts gibt.Schließlich darf in diesem Zusammenhang auch nicht unerwähnt bleiben, dass das Internationale Symposium der Gesellschaft für Wildtier- und Jagdforschung e. V. vom 19. bis 22. April 2007 in Schnett (Lkrs. Hildburg-hausen) ebenfalls der Wiederkehr des 250. Geburtstages von Johann Matthäus Bechstein gewidmet ist.

2) Auszeichnungen von ehrenamt-lichen Naturschützern –

Ehrungen anlässlich des Jahres der Naturparke

K.-Fr. ABE, Biosphärenreservat Rhön/Verwaltung Thüringen

Anlässlich des Jahres der Naturparke wur-den aus dem Biosphärenreservat Rhön fünf Persönlichkeiten am 14. November 2006 in der Thüringer Staatskanzlei für ihre ehrenamt-liche Tätigkeit für den Naturschutz und für die Entwicklung des Biosphärenreservats Rhön mit einer Urkunde des Ministers für Landwirt-schaft, Naturschutz und Umwelt auszeichnet und geehrt.In den Laudationes, die Herr Staatssekretär Prof. Dr. Christian Juckenack verlas, heißt es:Durch diese Auszeichnungen werden Persön-lichkeiten geehrt, deren Wirken in verschie-denen Bereichen des Naturschutzes dazu bei-getragen hat, das Biosphärenreservat Rhön zu entwickeln, zu erforschen oder Gedankengut des Biosphärenreservats in die Bevölkerung zu tragen. Sie stehen stellvertretend auch für eine Reihe engagierter Personen, deren Wirken aus der Landschaftspflege, dem Artenschutz und

K.-Fr. Abe – Leiter der Thüringer Ver-waltung des Bios-phärenreservats Rhön, W. Uloth, Staatssekretär Prof. Dr. Christian Juckenack, Bernd Baumann, Klaus Schultes (v.l.n.r.)

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Die von Göran Röder geleisteten Pflegear-beiten haben die Lebensverhältnisse vieler Pflanzen- und Tierarten im Gebiet der Hohen Geba verbessert und seine Beobachtungen trugen zur Vervollständigung der Artenkennt-nisse bei.

Bernd Baumann ist als Lehrer am Rhön-gymnasium in Kaltensundheim Mitinitiator und Triebfeder vieler Aktivitäten. Er ist Koordinator seiner Schule für den Wettbewerb „Umwelt-schule in Europa“ und Verbindungslehrer sei-ner Schule zur thüringischen Verwaltung des Biosphärenreservats Rhön.

der Öffentlichkeitsarbeit des Biosphärenreser-vats nicht mehr wegzudenken sind. Der Name Walter Uloth ist untrennbar mit der Erforschung der Rhön verbunden. Seine besondere Liebe gilt, neben geschichtlichen Themen, vor allem den Säugetieren. An Veröf-fentlichungen des Biosphärenreservats Rhön wirkt er auch noch nach seiner Pensionierung engagiert mit.

Das Engagement des Pädagogen Klaus Schultes in der Naturschutzarbeit seines Hei-matortes hat schon viele Kinder und Jugend-liche für die Bewahrung der Natur begeistert.

Gerrit Schmook prägt als Revierförster nicht nur die Wälder seines Reviers mit, sondern hat darüber hinaus mit seiner NABU-Ortsgruppe durch aktive Pflege zum Erhalt von Kalkmager-rasen in der Rhön beigetragen.