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MITTEILUNGEN DES VEREINS FÜR GESCHICHTE UND HEIMATKUNDE OBERURSEL (TAUNUS) E.V. HEFT 52 · 2 013 ISSN 0342 - 2879

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M I TT E I LU N G E NDES VEREINS FÜR GESCHICHTE

UND HEIMATKUNDEOBERURSEL (TAUNUS) E.V.

HEFT 52 · 2 013 ISSN 0342 - 2879

Dieser Aussage wird man kaum widersprechenkönnen. Man denke nur an die in unseren Breitenübliche Begräbniskultur. Wir brauchen ganz offen-sichtlich Orte, um uns der Vergangenheit, vertrau-ter Menschen oder wichtiger Geschehnisse bewusstwerden zu können.

Aber brauchen wir die Erinnerung an das, wassich hier auf dem Gelände des ehemaligen CampKing seit den frühen er Jahren des letzten Jahr-hunderts ereignet hat ?

Die Menschen, die nach dem Erwerb des Gelän-des durch die S hier ein neues Zuhausesuchten, werden sich mit der Geschichte des Ortesnicht besonders intensiv beschäftigt haben. Dastanden eher dringlichere Fragen im Mittelpunkt :

– Haben wir mit dem Kauf der Liegenschaft die richtige Entscheidung getroffen ?

– Können wir die Finanzierung schultern ?– Werden wir uns hier heimisch fühlen ?– Werden die Versprechungen der Stadt – Kinder-

betreuung, Schulen, Einkaufsmöglichkeiten,öffentliche Grünflächen – auch ein gehalten ?

Auch uns als damals Verantwortliche in der Stadtbewegten ganz andere Gedanken. Als die US-Army das Camp aufgab, wurde sie von der StadtOberursel mit einer würdigen Zeremonie undeinem lockeren kleinen Fest verabschiedet. Ich er-innere mich noch gut daran, wie wir anschließendmit einigen Kommunalpolitikern zusammen saßenund uns Fragen stellten :

– Was soll aus dem Gelände werden ?– Werden wir es für einen vernünftigen Preis

kaufen können ?– Gibt es genug Interessenten für Wohnungen

und Häuser ?– Was bedeutet das für die Infrastruktur – Ver-

kehr, Kinderbetreuung, Schule, Einkaufen ?– Müssen die Fachwerkhäuser aus der Nazizeit

wirklich erhalten werden ?Was uns am wenigsten beschäftigte war ein Ge-

denken an die Geschichte des Ortes. Ja, wer –außer einigen interessierten Heimatforschern –hatte sich damals schon damit beschäftigt, was hierwann passiert war ?

»Erinnerung braucht Orte!«von Gerd Krämer

Der Eingang zum Camp , als die Sicherheitslage nicht mehr so streng war. T Q : P

Die Amerikaner hatten hier oben ein Eigenlebengeführt, aber seit den er Jahren auch recht in-tensive Kontakte mit der Stadtverwaltung und derZivilgesellschaft gepflegt. Es gab Tage der offenenTür, Einladungen älterer Oberurseler zum Thanks-giving Dinner oder auch gelegentliche Kontaktezwischen dem Oberurseler Schützenverein von und dem dortigen Rod and Gun Club. EinSoldat namens Harkness wurde sogar Mitglied imVerein und hat eine Schützenscheibe gestifet, dieim Vereinshaus noch zu sehen ist.

lung hatte der Bund eine Verdichtung wie im be-nachbarten Rosengärtchen zugrunde gelegt. DieStadt dagegen hatte andere Planungsziele. So dau-erte es mehrere Jahre bis der Bund von der Ernst-haftigkeit der städtischen Pläne überzeugt werdenkonnte und seine unrealistischen Preisvorstellun-gen aufgab.

konnte die S das Gelände endlich er-werben. Als S-Geschäftsführer Klaus Witzelmir dann von dem abenteuerlich klingenden Pro-jekt eines jungen Künstlers erzählte, wurde auf ein-mal auch die Geschichte des Camp King aktuell.Mit Kettensäge, Oberfräse und Beitel bearbeiteteThomas Kilpper das Eichenholzparkett der frü -heren Basketball-Halle. Es entstanden Bilder derwechselvollen Geschichte des Geländes, darin ver-woben die Auseinandersetzung Kilppers mit derGeschichte seiner Familie.

Der Künstler sorgte mit dem ungewöhnlichenHolzschnitt weithin für Aufsehen. Wegen seinerAusmaße wurde »Don’t look back« im Jahr sogar in das Guinness-Buch der Rekorde aufge-nommen.

Ein : -Abdruck des Holzschnitts auf Stoff -bahnen verhüllte tagelang die Front des Ober -urseler Rathauses – nicht gerade zur Freude vielerRathausmitarbeiter, die auf ihren gewohnten Alt-stadtblick verzichten mussten, aber bestaunt vonvielen Oberurseler Bürgern.

Über die frühere Anwesenheit der CIA wurdemehr gemunkelt, als an Fakten bekannt war.

Nach Ende des Krieges wurden hier Nazi-Kriegs-verbrecher verhört. »Der Göring war auch da !«wurde mir mehr als einmal erzählt. Und natürlichversicherten etliche : »Weil die Alliierten ihre eige-nen Piloten nicht treffen wollten, wurde Oberurselnicht bombardiert.«

Spannende Geschichten, viele mehr Legende alshistorische Fakten. Damals allerdings auch für diemeisten Politiker eher nebensächlich. Es wurde malflüsternd gefragt, ob denn die schmiedeeisernenHakenkreuze in den Balken des Treppenhauses derMountain Lodge auch unter Denkmalschutz fallenwürden. »Die Amis haben sich jedenfalls nichtdaran gestört ... «

Die Jahre von bis waren angefüllt mitVerhandlungen über den Grunderwerb, Diskussio-nen über den Bebauungsplan, die Organisationund Durchführung des Projekts.

Die Kaufpreisvorstellungen des Bundes und derStadt gingen weit auseinander. Bei der Wertermitt-

Frühzeitig machten sich die Stadt, die Stadtent-wicklungsgesellschaft (S), der Kultur- undSportförderverein und einige Oberurseler BürgerGedanken, wie das Werk der Öffentlichkeit aufDauer zugänglich gemacht werden könnte. So ent-stand die Idee, eine Reproduktion anfertigen zulassen. Statt in Eiche ist die Geschichte des Campsnun in Beton verewigt, und statt in der Basketball-halle – die längst abgerissen war – wurde dasKunstwerk vor dem Gebäude des Kinderhausesverlegt.

Danach verlor ich das Schicksal Thomas Kilp-pers und seines Kunstwerks etwas aus den Augen.Umso mehr staunte ich, als mir der frühere Direk-tor des Wiesbadener Landesmuseums, Dr. Ratte-meyer, von »Don't look back« vorschwärmte. Dasglücklicherweise erhaltene Original-Parkett soll imMuseum einen dauerhaften Platz finden. Kilpperist heute ein weithin bekannter und geschätzterKünstler mit Wohnsitz in Berlin.

Mir selbst wurde durch dieses Projekt so richtigbewusst, dass die Geschichte des Camp Kingwie in einem Prisma auch Abbild der Geschichte

Ein runder Beweis für das meist gute, oft freund-schaftliche Verhältnis zwischen den Leuten im Campund den Oberurselern. S : H R, O

Das Relief war ein überdimensionaler Holzschnitt. Hätte man ihn mit einer Farbwalze überrollt, gäbees nur schwarz und weiß, so wie in der obigen Abbildung. Vielleicht daher die Frage oder Klage desKünstlers »Wo, bitte schön, kann ich meine Grauwerte wiederfinden ?« In diesem Opus jedenfalls nicht.Aber vielleicht dachte Thomas Kilpper auch an einen übertragenen Sinn : Kaum etwas im Leben ist nurschwarz und weiß, es sind die Zwischentöne, die Grauwerte, die Kompromisse, die erst die Bandbreiteder Möglichkeiten auffächern. So persönlich, wie seine Frage formuliert ist, wird es wohl sein Geheimnisbleiben, wie sie zu verstehen ist. Auch der Titel »Don’t look back« hilft kaum weiter, denn das Kunstwerkist ja in jedem Detail ein Blick zurück – und nebenbei trifft er ziemlich genau das Gegenteil dessen, wasein Geschichtsverein sich als Motto auf die Fahne schreiben würde. (Es gab mehrere Versuche, mitThomas Kilpper in Berlin in Verbindung zu treten. Sie blieben bisher erfolglos. Die Redaktion)

Thomas Kilpper : »Don’t look Back«

1 Kilppers Urgroßvater als protestantischer Mis-sionar in Asien

2 Das »D Luft« im . Weltkrieg3 Inspektion im D durch hohe NS-Offiziere4 gefangener amerikanischer Pilot freundschaftlich

untergehakt mit zwei Soldaten der Wehrmacht5 Hans Scharff mit Tochter – Chefvernehmer

(»master interrogator«) im D »You had your job and I had mine – but after

that we had a darned good time« Eintrag einesgefangenen amerikanischen Piloten im »Gäste-buch« von Hans Scharff

7 Kilppers Vater in Wehrmachtsuniform8 Kilppers Vater als Späher im Schützengraben9 Offiziersstab des NS-Geheimdienstes »Fremde

Heere Ost«10 Reinhard Gehlen, Chef des BND und von

»Fremde Heere Ost«

11 Kardinäle des Vatikans12 Klaus Barbie, Gestapo-Chef (»Schlächter«)

von Lyon13 Basketball-Spielszene des US-Dreamteams

u. a. mit Michael »Air« Jordan14 Schleyer-Entführung durch die RAF15 Hinrichtung eines gefangenen Vietcong in

Saigon während des VietnamKriegs16 Psychopath17 Neonazi-Stiefel18 Psychoanalytische Praxis19 Antikriegsdemonstrationen20 Ziege mit Hundehütte21 Panzerfick22 Boxkampf23 Musizierende Kleinfamilie24 IG-Farben-Haus25 Aktmodell im Atelier26 Altstadt Frankfurt mit Paulskirche, Römer

und Hbf, überflogen von alliierten Bombern.

des . Jahrhunderts war – mit Verbindungen zurnationalsozialistischen Ideologie, zum zweitenWeltkrieg, zur Aufarbeitung der Verbrechen dieserZeit, zur Entstehung der Bundesrepublik und zumKalten Krieg mit seiner Teilung der Welt in Ostund West.

Was war hier oben eigentlich über die Jahre hin-weg geschehen ?

Es begann . Die Universität Frankfurt er-warb bei einer Zwangsversteigerung das »Haus amWald« in Oberursel, Außerhalb der Stadt , um esfür ein Außensportlager zu nutzen.

Erste Veranstaltung war ein mehrtägiges Gelän-desportlager für Studenten und Studentinnen.Am . Oktober wurde die Reihe der politi-schen Schulungsvorträge für Studenten eröffnet.Thema : »Nationalsozialistische Betriebszellenorga-nisation und Arbeitsfront«.

Man wollte Führungskräfte finden und ausbil-den, um »aus bisherigen Marxisten Arbeiter zu for-men, die aus dem Innersten heraus mit dem deutschenBoden verbunden sind«.

Die folgenden Stationen will ich nur benennen:• Gausiedlerschule, bzw Reichssiedlungshof für

die Ausbildung von Architekten und Siedlern undPläne, hier eine Ausbildungsstätte zu bauen, diewir heute in unserer Sprache wohl als »Hochschulefür Siedlerwesen, Architektur, Stadtentwicklungund Agrarwissenschaft« bezeichnen würden.

berger Kriegsverbrecher-Prozesse. Auch die ge-samte Mitgliedskartei der N, die heute imBerlin Document Center liegt, befand sich des-halb für einige Zeit in Oberursel.

• Hanna Reitsch, Albert Speer, Feldmarschallvon Kesselring – die Liste der Personen, die kurzoder länger in Oberursel waren, liest sich wie ein»Who is who« des Dritten Reichs. Nur HermannGöring war – trotz anders lautender Behaup-tungen – ganz sicher nie hier. Eine der vielenLegenden ums Camp King !

• Vorarbeiten zur Neugründung eines deutschenGeheimdienstes vor dem Hintergrund des begin-nenden Kalten Krieges – die »Organisation Geh-len« entstand hier. Heute der Bundesnachrichten-dienst – BND.

• »US-Spionagezentrum« zur Befragung vonÜberläufern, Spätheimkehrern und Flüchtlingenaus dem Ostblock. Als im Jahr die Einheitnach München verlegt und kurz darauf aufgelöstwurde, hatten seit ihrer Gründung nach gro-ber Schätzung - Menschen die Station»Camp King« passiert.

• Schließlich der »Verkehrsführungsstab Mittel-europa« der US-Army.

• »Dulag Luft« – ein Durchgangslager, in dembis alle über dem Westen des besetztenEuropas gefangen genommenen alliierten Pilotenverhört wurden, bevor sie in ihre Gefangenenlagerverbracht wurden.

• Bis zum Kriegsende »Auswertestelle (West)«,um Informationen zu sammeln, zu strukturierenund auszuwerten, die für die deutsche Angriffs -planung, für eine wirkungsvolle Verteidigung unddie Einschätzung der gegnerischen Stärke wichtigwaren.

• Aufgabe der Einrichtung am . März und Besetzung durch die amerikanische Armee am. März. Die Tage dazwischen nutzte die Bevöl-kerung gründlich zur Plünderung des Dulag – aufder Suche nach Nahrungsmitteln und anderen ver-wertbaren Dingen.

• Provisorisches Kriegsgefangenlager für zumTeil mehrere tausend deutsche Gefangene.

• US-Interrogation Center ab August , u. a.zur Befragung führender Vertreter des NS-Regimesund der Wehrmacht zur Vorbereitung der Nürn-

Sobald kein Geheimdienst mehr hier war,konnte das Tor häufiger geöffnet, die Kontakte zurStadt und der Bevölkerung gefestigt und die Presselaufend informiert werden. Ältere Einwohner er-innern sich noch an »Tage der offenen Tür«, an ge-grillte Steaks, Burger und Hotdogs, an Limonadeund Ice Cream.

Auch die Demonstrationen vor dem Tor unddem Zaun von Camp King gegen die Stationie-rung von Mittelstrecken-Raketen in Europa undder Bundesrepublik gehören in diese Zeit.

Die persönlichen Erinnerungen verblassen undZeitzeugen wie Franz Gajdosch, der viele Jahrelang in der legendären Bar im Offiziersklub Cock-tails mixte, werden immer weniger. Umso bedeut-samer ist es, dass die Sammlung von Dokumenten,Büchern, Bildern, Plänen und Filmen hilft, jungenMenschen und interessierten Bürgern Oberurselsein bedeutsames Kapitel der Zeitgeschichte näherzu bringen.

Lohnt also die Erinnerung an Camp King ? Ichbin davon überzeugt. Wer seine Geschichte nichtkennt, wird den Weg in die Zukunft nicht finden.Geschichte als reine Sammlung von Jahreszahlenaber ist nicht attraktiv. Geschichte, die persönlichnachvollziehbar, erfahrbar ist, allerdings schon.

Immer wieder einmal konnte ich als Bürger -meister ehemalige Angehörige der US-Army durchdas Camp King führen, die hier eine Zeit ihresMilitärdienstes verbrachten. Die meisten hattensehr lebendige, meist sehr gute Erinnerungen anihre Zeit in Oberursel.

zess zum Dulag Luft, der in Wuppertal statt-fand, endete mit Freisprüchen, bzw in einigen Fäl-len mit geringen Freiheitsstrafen für hier einge-setzte deutsche Soldaten.

Alliierte Piloten erinnerten sich stattdessen inspäteren Jahren an ihren Aufenthalt hier als »ange-nehmsten Teil« ihrer Gefangenschaft. Auch hierhatte ich mehrfach Gelegenheit, ehemalige alliierteInsassen des »Dulag Luft« in Oberursel zu begrü-ßen. Was sie über die deutschen Bewacher erzähl-ten, war kaum zu glauben. Das klang sehr nach»Gentlemen's behaviour« – so ganz anders als dieDokumente über die grausame Behandlung vonKriegsgefangenen durch die Deutschen, die ich bisdahin kannte.

Das »Dulag Luft« war allerdings keine heile Inselder Menschenfreundlichkeit in einem ansonstenmenschenverachtenden System. Vielmehr war die»kameradschaftliche Behandlung« im Dulag Teilder raffinierten Methoden, Vertrauen aufzubauen,um an Informationen zu kommen. Die Behand-lung der Gefangenen in ihren »Stammlagern« wardanach meist völlig anders.

Der Ort selbst immerhin blieb von Kriegsver-brechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeitverschont.

In den er Jahren demonstrierten kritische Bür-ger vor den Toren von Camp King, da sie in derPolitik der USA und der Bundesrepublik eineakute Gefahr für den Frieden sahen.

Erinnerung braucht Orte mit der Aura des Ge-schehenen als Kristallisationskern des Verstehens,braucht Orte, die darüber hinaus Erklärungen an-bieten und über das rationale Verstehen persön -liche Aneignung ermöglichen.

Gerade Camp King eignet sich hier hervorra-gend. Ein unverkrampfter, an Fakten und Verste-hen orientierter Umgang mit der GeschichteDeutschlands, Europas, aber auch Oberursels im. Jahrhundert ist hier einfacher zugänglich alsandernorts.

Das Gelände war als Ort nationalsozialistischerIndoktrination, als Lehrort der NS-Ideologie aus-ersehen. Die ersten Gebäude wurden errichtet undsind uns erhalten. Glücklicherweise nahm die»Hochschule des Siedlerwesens« niemals ihre Arbeitauf. Aber fassbar, nachvollziehbar wird dieser Teilder Geschichte schon bei einem geführten Spazier-gang entlang der ehemaligen Siedlerstrasse.

Das Gelände war im . Weltkrieg ein wichtigerOrt der deutschen Luftkriegsführung. Tausendealliierter Offiziere wurden hier befragt. Kenntnisüber Folter, schlechte Behandlung oder Kriegsver-brechen haben wir nicht. Der Kriegsverbrecherpro-

Zur gleichen Zeit war in den Stasi-Knästen der»DDR« der Name »Oberursel« als erste Anlauf -station im Westen für etliche politische Häftlingemit Hoffnungen auf einen Weg in ein besseres,freies Leben verbunden.

Und für die Stadtverwaltung hatte das die ku-riose Folge, dass während der er und er-JahreAngehörige der US-Streitkräfte im Rathaus immerwieder einmal blanko gültig gestempelte Personal-ausweise der Bundesrepublik Deutschland auf Ver-langen widerspruchslos ausgehändigt bekamen.

Welches Foto in den Ausweis kommen sollteund auf welchen Namen er ausgestellt würde, daserfuhr die Stadtverwaltung nie. Es war dies dieFolge einer Absprache zwischen deutschen undamerikanischen Behörden, um Überläufern undFlüchtlingen aus dem Warschauer Pakt eine neue,ungefährdete Identität zu geben. Ein Hauch»James Bond« in unserer beschaulichen Stadt !

So wird Geschichte spannend und anschaulich.Gerade die örtlichen Bezüge – Schilderungen inder Taunuspresse der er über den jubelnden

Jahre ist es her : Franz Gajdosch bekommt am. . vom Commanding Officer Col. Paul R.Lutjens eine »Certificate of Appreciation« überreichtfür seine Verdienste als Barmixer im Officers Club(Mountain Lodge) des Camp King.

Empfang des Nazi-Gauleiters in der Vorstadt –oder nach dem Krieg die Hilfe der US-Army beimAusbaggern der beiden Maasgrundweiher könnenAnlass für Gespräche in Familien über die Grenzeder Generationen hinweg sein.

Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte istnötig, das zeigt nicht zuletzt die Blutspur der NSU-Mörder durch Deutschland. Auch heute gibt esnoch rassistische Verblendung, auch heute gibt esMenschen, die Konflikte nicht mit Diskussionenund friedlicher Auseinandersetzung, sondern mitGewalt lösen wollen.

Zu warnen ist aber vor falschen Erwartungen :Der (möglicherweise verordnete) Besuch einerGedenkstätte heilt keine sozialen Schäden unsererGesellschaft. Er immunisiert fehlgeleitete Jugend-liche nicht gegen rechtsextremistische Ideologie, istnicht das Patentrezept gegen Ausländerhass undRassenwahn.

Der Eindruck, den Erinnerungsorte vermitteln,kann und soll Anstöße geben, die nachbereitet undim Aufklärungsprozess vollzogen werden müssen.

Dass die Öffentlichkeit bereit und daran inter-essiert ist, sich aufklären zu lassen, falls dies nichtin der aufgeregten Attitüde des Bußpredigers undbeleidigten Moralisten geschieht, beweist der breiteStrom von Literatur und von Erinnerungen, dieveröffentlicht wurden. Gleichermaßen das großeInteresse an TV-Dokumentationen oder Spielfil-men über die Zeit.

in Deutschland Dienst taten – an Elvis Presley er-innert.

Erinnerungsorte brauchen ein Umfeld von Bür-gern, die sich für sie verantwortlich fühlen, die sichfür die Belange der institutionalisierten Erinnerungeinsetzen und sie zum lebendigen Ort der Ausein-andersetzung mit Geschichte machen. Da habenwir in der Person Manfred Kopps in Oberurseleinen wirklichen Glücksfall.

Im Magistrat und im Stadtparlament wurdenach anfangs immer wieder die Idee eines»Camp King - Museums« oder wenigstens einer»Camp King - Gedenkstätte« in der MountainLodge diskutiert. Die Idee wurde nie weiter ver-folgt, da andere Themen vordringlicher waren.

Heute bin ich froh, dass diese Ideen nicht ver-wirklicht wurden. Eine museale Darstellung wäreder Geschichte dieses spannenden Ortes nichtangemessen. Vielleicht hätte eine kleine musealeGedenkstätte die Geschichte dieses Ortes mehrverborgen als präsentiert.

Kein Widerspruch hierzu wäre es allerdings,wenn das Vortaunusmuseum die Geschichte diesesGeländes einmal zum Gegenstand einer Sonder-ausstellung machen würde.

Die Stadt hat durch die Straßenbenennung imneuen Wohnquartier historische Bezüge zum Ge-schehenen herzustellen gesucht. So wird an denUS-Ankläger der Nürnberger Prozesse, Robert M.Kempner, den US-Außenminister George C. Mar-shall und – stellvertretend für die vielen GI’s, die

Die jetzige Form des Erinnerungsortes, des hof-fentlich weiter wachsenden Archivs, der interessan-ten und lebendigen Führungen und gelegentlicherVeranstaltungen ist wesentlich besser geeignet.

Der Historiker Wolfgang Benz hat zur Erinne-rungskultur ausgeführt : »Erinnern wird auch in Zu-kunft notwendig sein. Gedenkstätten sind notwendig,sie können aber nicht im luftleeren Raum existieren,sie müssen in alltägliche Erinnerungsarbeit eingebun-den sein, sie müssen Orte des Dialogs sein, und sie be-dürfen des Engagements von Bürgern und Politikern.

Erinnern ist nicht durch Delegation auf Gedenk-stätten, Museen, Archive, Bibliotheken, Forschungs-institute zu leisten, und Erinnerungsorte dürfen nichtzu Kultorten erstarren. Erinnerungsorte müssen stär-ker als bisher in die öffentliche Erinnerungskultur ein-bezogen sein, z. B. als Veranstaltungsort für bedeu-tende politische Verlautbarungen.

Anzustreben ist deshalb die Einbindung des Erin-nerungsortes in das öffentliche kulturelle und sozialeLeben : von ihm können Impulse zur Auseinanderset-zung gesellschaftlicher Probleme ausgehen. Das Zieldabei ist, den Erinnerungsort zum lebendigen Ortmit Anziehungskraft für die Öffentlichkeit zu ma-chen.«

Soweit Wolfgang Benz. Ich möchte abschließendeinen Wunsch hinzufügen : Es wäre gut, wenn derErinnerungsort Camp King für Schülerinnen undSchüler der Schulen im Hochtaunuskreis ganzselbstverständlicher Ort der Wissensvermittlungund der Auseinandersetzung mit der Geschichtedes . Jahrhunderts würde.

Manfred Kopp,hier bei einer Altstadt-Führung

www.Ursella.Org

Verein für Geschichteund

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