Müll vermeiden – Ressourcen schonen · 2018-06-19 · Das »Recycling« verschleiert ein...

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Müll vermeiden – Ressourcen schonen Forum für Umwelt und gerechte Entwicklung e.V. 1/2018 www.fuge-hamm.de

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Müll vermeiden –Ressourcen schonen

Forum für Umwelt und gerechte Entwicklung e.V.

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www.fuge-hamm.de

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1 FUgE-news Ausgabe 1/2018

Liebe Leserinnen und Leser,am 5. Mai war es soweit, wir konntenunsere Ausstellung „Planet Gericinó– vom Müll leben“ in der Galerie desHammer Künstlerbundes (hkb) amMaxipark Hamm eröffnen. Im Mittel-punkt stehen großformatige Bilderdes Bielefelder Fotografen Micha En-de, die die Menschen berühren, wieuns Theresia Winnen nach der Aus-stellungseröffnung mit eindrucksvol-len Worten bestätigt. Sie schreibt überIhre Eindrücke des Ausstellungspla-kats, dessen Motiv auch die Vordersei-te dieser FUgE news ziert: „Man läuftgerade darauf zu. Ich kann ihm nichtausweichen. Dieses Foto von dergroßen Müllhalde. Was zieht mich somagisch an? Es ist der Mann, der obensteht, in weißem Hemd und aufrechterHaltung. Er herrscht über die Halde,über den Müll und über die buntenFlecken da unten.

Menschen sind das. Viele sind es.Tief gebückt. Wie Ameisen suchen sieetwas im Müll. Und oben steht derweiße Mann vor sauberem Himmel.Doch da kommt schemenhaft, abersehr groß, der Aasgeier. Er fliegt aufden weißen Mann zu. Mit seinemSchnabel schnappt er ihn gleich. Erwar dem Fotografen nur einfach vordie Linse geflogen. Ist er der wahreHerrscher über die Halde? Ich mussan Nicaragua denken, wo ich erst-mals so große Müllhalden gesehenhabe, auf denen so viele Menschennach etwas von uns Weggeworfenemsuchen. Und überall die Aasgeier.“

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FUgE-news · Eine-Welt- und Umweltmagazin für Hamm, 18. Jahrgang, Heft 1/2018Herausgeber: FUgE e. V., Widumstraße 14, 59065 HammRedaktion: Karl A. Faulenbach, Marcos Antonio da Costa Melo, Claudia Kasten, Michael Thon, Horst BlumeRedaktions- Widumstraße 14, 59065 Hamm, Telefon (0 23 81) 4 15 11, Telefax 43 11 52, anschrift: E-Mail: [email protected], www.fuge-hamm.orgLayout: Kristin Schölermann Mediendesign, HammBildnachweis: Titelbild: Micha EndeDruckauflage: 3000 Exemplare, gedruckt auf 100 % RecyclingpapierAnzeigenleitung: Dorothee Borowski, Telefon (0 23 81) 4 15 11, Fax: (0 23 81) 43 11 52 oder [email protected]

Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Bilder oder sonstige Unterlagen übernehmen wir keinerleiGewähr. Unterlagen werden grundsätzlich nicht zurückgeschickt. Die Redaktion behält sich Kürzungen undjournalistische Überarbeitungen aller Beiträge vor. Mit Verfassernamen gekennzeichnete Beiträge müssennicht die Meinung der Herausgeber wiedergeben.

Mit freundlicher Unterstützung von:

Für den Inhalt dieser Publikation ist allein das Forum für Umwelt und gerechte Entwicklung e.V., FUgE Hamm,verantwortlich. Die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt von Engagement Global gGmbHund dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wieder.

Zu den Hintergründen unseres Projekts „Wegwerfgesellschaft: Unser alltäglicher Müll“ 2

Zur Ausstellung „Planet Gericinó“ – Vom Müll leben 4

Das »Recycling« verschleiert ein tieferes Problem 6

Brasilien: Die Röhre, die niemand in der Firma kannte 9

Bio Vio – Coca Cola goes Green? –Die grüne Flasche 11

Die Welt zu Besuch am Esstisch 12

Rohstoffwunder Handy – stylisch oder nachhaltig? 13

Zero Waste – Ein Leben ohne Müll 15

Ressourcen schonen – Wertstoffe weiterverwenden 16

Aus Alt mach Neu oder auch wir können DIY 17

Autofasten in Hamm 19

Pro: Bedingungsloses Grundeinkommen 20

Das Bedingungslose Grundeinkommenverringert weder soziale Ungleichheitnoch Armut 21

Indien: Fußmarsch gegen Landraub bis nach Europa! 22

E-Mobilitätstag auf der Klimameile 24

Das Sonnenglas – ein Erfolgsmodell aus Südafrika 26

Taste fair Afrika 27

Weltladentag 2018 28

Neuigkeiten aus dem FUgE-Weltladen 29

Die Fairtrade-Towns-Bewegungin der Hellwegregion 30

Wenn aus Apfelsaft Apfelbäume werden 31

Deutschland steigt aus –Kommentar zur neuen GroKo 32

Inhalt

Mitglieder des Hammer Künstlerbun-des haben die Fotoausstellung miteindrucksvollen Plastiken bereichert.Doch es wäre keine FUgE-Ausstel-lung, ginge es in der Ausstellung nichtvornehmlich um entwicklungspoliti-sche Themen. So wird dort mit Hilfeder Kunst eine Brücke zwischenDeutschland und Brasilien und derFrage der Wegwerfgesellschaft gebaut.

Um Müll, Ressourcen schonenund nachhaltigen Konsum geht esauch in dieser Ausgabe der FUgE-news. Lassen Sie sich von unserenneuen Bildungsprogrammen ebensoüberraschen wie von Hintergrund -berichten zum Thema.

Natürlich haben wir auch weitere,aktuelle Themen in dieses Heft aufge-nommen. Hätten wir alle Ideen aufge-nommen, wäre wohl ein Buch entstan-den. So konzentrieren wir uns auf eineDiskussion um das Grundeinkommen,die Rolle von Entwicklungszusam-menarbeit und Umwelt in der GroKo,den Ergebnissen von Klimameile undAutofasten, neuen Produkten im Welt-laden, Neuigkeiten vor allem zumFairen Handel in der Hellwegregionsowie dem Thema Landraub in In -dien.

Wir hoffen mit unserer Themen -auswahl auch Ihr Interesse gewecktzu haben und wünschen eine interes-sante Lesezeit. Über Rückmeldungenund Themenvorschläge freuen wiruns natürlich auch.

Mit herzlichen GrüßenDie FUgE-news Redaktion

Editorial

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systeme kommen jedoch mit derGeschwindigkeit, in der Konsumund Müllproduktion anwachsen,nicht mehr mit. In vielen Länderndes globalen Südens beziehenviele Menschen ihren Lebensun-terhalt aus dem Verkauf von demgesammelten Müll auf Deponien.Zudem ist das Recycling sehr en-ergieintensiv und hat daher eben-so negative Auswirkungen aufMensch und Natur. Dabei könntenwir alle schon lange wissen, dassunsere Konsumgesellschaft zu vielMüll produziert. Die großen Pla-stikmüllinseln im Pazifik sindschon seit 1997 bekannt.

Herausforderung des Projektes

Wir stehen aufgrund der fortge-schrittenen Wegwerfgesellschaftvor gigantischen Herausforderun-gen um ein nachhaltiges Produkti-ons- und Konsummuster, das ver-antwortungsvoll mit den sozialenund natürlichen Ressourcen um-geht, zu gestalten. Die Auseinan-dersetzung mit der Wegwerfge-sellschaft Deutschlands und derRolle des Imports natürlicher Res-sourcen aus Brasilien ist unter ent-wicklungspolitischen Gesichts-punkten das zentrale Anliegen desProjektes.

Oftmals stammen die Rohstoffeund Primärmaterialien, die die In-dustrie auch für den Erhalt unseresLebensstils benötigt, aus vorherintakten Urwäldern oder bereitsseit Jahrtausenden bewohntenGebieten. In Brasilien leben indi-gene und traditionelle Völker seitGenerationen in diesen Territorienohne das dortige Ökosystem fürihren Lebensunterhalt beachtlichzu verändern. Nun fordert die In-dustriegesellschaft mit ihren Be-dürfnissen die Existenz diese Kul-turen heraus. Ohne zu philoso-phieren, was Fortschritt, ethischeWerte, Technologien oder ein ein-faches Leben in der Natur zu be-deuten hat – die (kritische) Nach-

haltigkeitsdebatte und die ent-sprechende Initiativen zeigen seitJahren, dass es alternative Wegegibt. Eins davon beinhaltet Model-le, wie wir mit Abfall umgehen.

In unserem Projekt haben wirbeispielhaft für solche Rohstoffe Al-uminium und Papier gewählt, dieaus den Rohstoffen Bauxit bzw.Zellstoff gewonnen werden und de-ren Abbau starke soziale und ökolo-gische Auswirkungen haben. Durchdiese Beispiele und die Zusammen-hänge in Brasilien und Deutschlandlässt sich die Globalisierung unse-res Konsums sehr gut verfolgen.

Brasilien wurde als Beispiellandgewählt, da das Problem deswachsenden Mülls dort ersichtli-cher ist als in Deutschland. Durcheinen Blick auf Brasilien soll einPerspektivwechsel in der verglei-chenden Betrachtung der deut-schen und brasilianischen Müllpro -blematik den Teilnehmern unseresProjekts nähergebracht werden.

Zu den Hintergründen unseres Projekts „Wegwerfgesellschaft: Unser alltäglicher Müll“Guilherme Miranda

Dank der finanziellen Förderungvon Engagement Global, könnenwir seit November 2017 unser Pro-jekt „Wegwerfgesellschaft: Unseralltäglicher Müll“ umsetzen. Wirwählten den Begriff „Wegwerfge-sellschaft“ als Oberthema, um auf-zuzeigen, wie banalisiert unserUmgang mit Rohstoffen gewordenist und welche Probleme sich da-hinter verbergen. Gleichzeitigmöchten wir zeigen, dass einschonender Umgang mit den Roh-stoffen und eine bessere Vertei-lung der Ressourcen viele Chan-cen für ein globales Gleichgewichtdes Wohlstands anbieten. UnserZiel ist, mit unserem Projekt dazubeizutragen, Denken und Handelnin Richtung positiver Veränderun-gen zu lenken.

Ganz klar: Der Abbau von Roh-stoffen benötigt Energie, hinter -lässt Emissionen und verursachtVeränderungen in Ökosystemenund Landschaften. Der Transport,die Weiterverarbeitung, der Ver-kauf, der Konsum und die Ent -sorgung oder Wiederverwertungdieser Materialien hat ähnlicheAuswirkungen. Zur Erfüllung unse-rer – zum Teil sehr verschwenderi-schen – materiellen Bedürfnisse,greifen wir damit massiv in die Na-tur ein.

Der maßlose Konsum der Rei-cheren – egal ob innerhalb einesLandes oder im Ländervergleich –birgt jedoch auch gesellschaftlicheProbleme. So kommt es immerwieder vor, dass die Ärmsten vondem Leben müssen, was die Rei-chen achtlos entsorgen. Und dasist meiner Meinung nach für unse-ren Planeten als eine Gemein-schaft nichts weniger als peinlich!Die Ungerechtigkeit in der Vertei-lung von Reichtum zwischen Men-schen und zwischen Regionen hatdabei in den letzten Jahren weiterzugenommen.

Was wir als Müll bezeichnen isteigentlich ein Wertstoff, der recy-celt werden kann. Die Recycling-

Projektleiter Guilherme Miranda

2FUgE-news Ausgabe 1/2018

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telsmann-Stiftung „SDG: Are therich countries ready?“ von 2015.

Brasilien: Die Gesamtmenge der Siedlungs-abfälle Brasiliens mit seinen 204Mio. Einwohnern liegt bei 76 Mio. t. Nur 3% werden recyceltund nur 30% energetisch verwer-tet. Folgen dieser Entwicklungsind verschmutzte Flüsse, und da-mit eine zerstörte Trinkwasserver-sorgung. Auf der anderen Seite istBrasilien mit Quoten von über98% weltweit führend im Recyc-ling von Aluminiumdosen undPET-Flaschen.

Vor diesem Hintergrund derWegwerfgesellschaft Brasiliensund Deutschlands befasst sichdas Projekt mit einer nachhaltigenKreislaufwirtschaft, bei der es ge-lingen soll, Produkte kontinuierlichin biologischen und technischenKreisläufen zu halten. Im entwick-lungspolitischen Ansatz befasstsich das Projekt in schulischenund außerschulischen Workshopsmit der Frage, wie man die Abfall-berge vermindern, die energeti-sche Nutzung von problema -tischen Wertstoffen wegen des Klimawandels reduzieren und ka-tastrophale Folgen insbesonderefür die Länder des globalen Sü-dens vermeiden kann. Die Müll-sammler Brasiliens spielen einezentrale Rolle für den Perspektiv -wechsel und das entwicklungs -politische Verständnis globaler Zu-sammenhänge. Sie sind von derGesellschaft geächtet, obwohl ihreFunktion wegen des sehr schwa-chen öffentlichen Sektors von un-ersetzbarem Nutzen ist. Ihnen istes zu verdanken, dass Aluminium-dosen, Plastik, Papier oder Glas inBrasilien überhaupt recycelt wer-den. Ohne sie, die wichtigsten Kli-maschützer Brasiliens, wäre dieBewältigung der Müllhalden nichtmöglich. Mit ihnen steht und fälltdie Abfallentsorgung, vor allem inden Millionenstädten Brasiliens.Das Projekt greift ein Thema auf,das generell immer noch nicht tiefgenug behandelt wird: es gibt kei-nen Müll, alles hat eine Wert undes gibt kein „weg“, es bleibt allesauf dem Planeten.

Im Grunde geht es um radikalegesellschaftliche Veränderungenin Denken und Handeln – Suffizi-enz und Postwachstum sind Bei-spiele für Begriffe, die uns in eintatsächliches nachhaltiges Modellleiten soll. Hinter diesen Begriffensteht das Motto: „weniger istmehr“. Aber unsere Gesellschaftist noch nicht reif genug dafür.Oder doch?

In der nächsten FUgE-Newsbeschreiben wir diese alternativenAnsätze und gehen noch ein Stücktiefer in die Welten des Aluminiumund Papier.

Deutschland: Die Gesamtmenge der haus -halts typischen SiedlungsabfälleDeutschlands mit seinen 82 Mio.Ein wohnern lag 2014 bei 45,6 Mio. t.Die Verwertungsquote ist seit Jah-ren mit 83,4% relativ hoch. Überdas Duale System Deutschlandkonnte Deutschland ca. 20% desHaushaltsmülls recyceln. Der Restwird für die Erzeugung von Wärmeund Strom verbrannt bzw. energe-tisch verwertet. Deutschland ist ei-nes der größten Müllproduzentender OECD-Länder. Spitzenreitersind Dänemark, USA und dieSchweiz, so die Studie der Ber-

FUgE-news Ausgabe 1/20183

Ohne die Müllsammler würde das System in Brasilien zusammen brechen. Foto: Micha Ende

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Wie viel Müll produzieren wir täg-lich? Wie viel davon wird recycelt,wiederverwertet oder verbrannt?Woher kommt der Rohstoff für dieHerstellung unserer Zeitung, Alu-Dose oder Plastiktüte? Diese Fra-gen sind aktuell wie nie. Zudemgibt es kaum ein anderes Thema,das mehr über den Menschen undseine Gesellschaft erzählt.

FUgE geht mit der Foto- undMitmachausstellung „Planet Geri-cinó“ in der Galerie des HammerKünstlerbundes vor allem auf dieSpur unseres verschwenderischenLebensstils und setzt sich gleich-zeitig mit den Folgen der Wegwerf-gesellschaft Brasiliens undDeutschlands auseinander.

Die Ausstellung blickt insbeson-dere auf den Alltag von Menschen,die auf einer Müllhalde in Rio de Ja-neiro leben und verbindet somit Fo-tokunst mit entwicklungspoliti-schem Diskussionsstoff. Einerseitsblickt die Ausstellung auf die Arbeitder Müllsammler und Müllsammle-rinnen, die nach Verwertbarem inden Hinterlassenschaften der bra-silianischen Gesellschaft suchenund in ehrlicher Weise ihren Leben-sunterhalt bestreiten. Andererseitsbefasst sie sich mit dem weltweitenTrend des verschwenderischen

4FUgE-news Ausgabe 1/2018

Umgangs mit natürlichen Ressour-cen in Brasilien und Deutschland.

Der Wohlstand, unsereMüllmenge und die Abfallindustrie

Obwohl der Wohlstand Brasiliensviel niedriger als der Deutschlandsist, nimmt die Müllmenge im süda-merikanischen Land überpropor-tional zu und gleicht sich immermehr der Menge Deutschlands an.2016 lag die Müllmenge pro Kopfin Deutschland bei 462 kg und diein Brasilien bei 383 kg.

Während Deutschland mit sei-nen 82 Mio. ca. 200.000 formelleBeschäftigte (0,25%) in der Abfall -industrie mit allen seinen Recyc-lingsystemen hat, vermutet man,dass Brasilien mit seinen 208 Mio.Einwohnern ca. 1 Mio. Menschen(0,5% der Bevölkerung) in diesemSektor tätig sind. Wegen des Versa-gens des öffentlichen Abfall systemsarbeiten sie in der Regel unter mise-rablen Verhältnissen auf Mülldepo-nien und Straßen Brasiliens.

Zum Hintergrund der Fotos

17 großformatige Fotografien len-ken den Blick auf Menschen am

untersten Ende der Gesellschaftmit viel Respekt und Empathie,ohne eine Hochstilisierung der Ar-mut Brasiliens anzustreben. DieFotos von Micha Ende, der gut 30Jahre seines Lebens in Brasilienverbracht hat, berichten über dieschwierige Arbeit, die traurigen Er-fahrungen aber auch die Träumeder Müllsammler aus dem ViertelGericinó in Rio de Janeiro. AchtMonate hat Micha Ende mit ihnenverbracht und sich ihnen achtsamangenähert. Die bevorstehendeSchließung der Müllkippe sorgtefür Enttäuschung und Bitterkeit.Die Stimmung war sehr schlechtund hoffnungslos, da das Endeder schon sehr miserablen Be-schäftigung am 4. April 2014 fest-stand. Die Ausstellung verdeutlichtdiese Thematik mit bewegten Bil-dern, die den Mülltransport und dasminuziöse Mülltrennen der „Schatz-sucher“ in Müllhalden zeigen.

Micha Ende erwarb jedoch beiden „catadores de material re-ciclável“ (Sammler von Recycling-material) Vertrauen. Sie nutztendas Angebot, um ihr Leben alsMüllsammlern in Gericinó zudoku mentieren. Die Fotos sind da-durch beeindruckend, da sie trau-rig, fröhlich, lässig, sogar eitel zu-gleich vor Endes Kamera posieren.Der Fotograf bat: „Zeigt mir eureSchätze!“. Und so wurden sie zuSchatzsuchern, die mit Stolz undIronie zeigten, was sie an ver-meintlich Wertvollem gefundenhatten: ein Rad mit komplettenSpeichen und Schlauch, ein knat-terndes, dennoch funktionstüchti-ges Mini-Radio, ein Packen Lie-besbriefe in Schönschrift aus demvergangenen Jahrhundert.

Zu den Exponaten

Es gibt viel zu sehen und zum Aus-probieren. Um einen Müllturm gibtes kuriose Infos zu unserer Weg-werfgesellschaft, u. a. zur Müll -menge eines durchschnittlichenEinwohners in Deutschland und

Zur Ausstellung „Planet Gericinó“ – Vom Müll lebenMarcos Antonio da Costa Melo Fotos: Dorothee Borowski

Karl A. Faulenbach, Guilherme Miranda (beide FUgE), Manfred Linde-mann (Bürgermeister), Micha Ende und Heide Drever bei der Eröffnung.

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Brasilien. Ein stilisierter Papier-sammler mit seiner vollgepacktenKarre erläutert den gewöhnlichenArbeitstag. Ein Werbeflutschildpräsentiert die nutzlosen Bro-schüren und Werbezeitungen, dietäglich unsere Briefkästen füllen.Zum Ausprobieren gibt es eineWippe, die zeigt, welche MengeHolz für unser Frischfaserpapierbenötigt wird. An einer „Riesentoi-lette“ kann man erfahren, welcheunterschiedlichen Papierqualitätenes gibt und welche Vorteile die Ver-wendung von Recyclingpapier hat.

Mit einem dreidimensionalenLandschaftsmodell, das die Fol-gen des Bauxit-Abbaus für die In-digenen in Brasilien zeigt, kannman plastisch die Zerstörung vonnatürlichen Ressourcen verfolgen.Ein Kurzfilm geht in diesem Zu-sammenhang auf den Sondermüllbeim Bauxit-Abbau und die Men-ge benötigter Energie für die Pro-duktion unseres Aluminiums ein.

An einer Kaffeekommode er-fährt man, wie die Ökobilanz derunterschiedlichen Zubereitungsar-ten von Kaffee ist. Hier verdeut-licht die Ausstellung die Banalisie-rung von Wertstoffen, zum Bei-spiel in der Nutzung von Kaffee-kapseln aus Aluminium.

Unsere Wegwerfgesellschaft

Fotos, Exponate und Filmaus-schnitte veranschaulichen die kom -plexe Problematik des Ressourcen-verbrauchs in den Herkunftslän-dern wie Brasilien. Im Vordergrundist der Bauxit-Abbau für unser Al-uminium oder die Eukalyptus-monokultur für unser Papier. Bra-silien ist für Deutschland der größ-

te Lieferant von Zellstoff, derDeutschland zu den größten Pa-pierherstellern der Welt macht. InBrasilien selbst führt das zu Mono-kulturen und Zerstörung natürli-cher Lebensräume auch von indi-genen Völkern. Gleiches gilt fürden Abbau von Bauxit, dass zurHerstellung von Aluminium für un-sere Bierdosen, Kaffeekapsel undAutos benötigt wird. Brasilien isteiner der größten Bauxit-Lieferan-ten der Welt.

Die Ausstellung setzt sich somitmit verschiedenen Auswirkungender deutschen Produktionsmusterund Wegwerfgesellschaft auf dassüdamerikanische Land auseinan-der. FUgE möchte mit der Ausstel-lung die Irrwege unseres Lebens-stils im Blick behalten und Interes-sierte für mehr Verantwortung inihrem Konsumverhalten durchMüllvermeidung sensibilisieren.

Angebot für Schulklassen

Schülergruppen der 5. bis 8. Jahr-gangsstufen können sich in einem

Workshop über drei Unterrichts-stunden gemeinsam entwick-lungspolitischen Referenten undKünstlern des hkb dem ThemaMüll und Müllvermeidungannähern. In diesem Teil desWorkshops wird Müll zum Kunst-Stoff. Mithilfe der Innenseiten vonMilchtüten entstehen Radierun-gen, aus Eierkartons werden klei-ne Plastiken. Schulklassen, die aneinem Workshop teilnehmenmöchten, melden sich bei FUgEunter Telefon 41511 oder per E-Mail an [email protected]

Der Ausstellung folgen weitereEinzelveranstaltungen in Hammund Umgebung. Am Samstag, den21. Juli, um 17 Uhr, wird im Ham-mer Künstlerbund der Film „WasteLand“ gezeigt. Der britische Filme-macher Lucy Walker hat auf einerMüllhalde in Rio de Janeiro einKunstprojekt mit Müllsammlernentwickelt und dokumentiert. DerEintritt ist frei.

Die Ausstellung, die bis zum29. Juli, samstags von 14 bis 17Uhr und sonntags von 11 bis 17Uhr zu sehen ist, findet im Rahmendes Projekts „Unser alltäglicherMüll: Folgen der Wegwerfgesell-schaft“ statt, das von EngagementGlobal im Auftrag des BMZ geför-dert wird.

Wir danken allen Sponsoren, demMaxipark, Micha Ende, den Künst-lern und dem Förderverein deshkb sowie allen ehrenamtlichenHelfern von FUgE, die diese Aus-stellung erst ermöglicht haben.

Guilherme Miranda erläutert an einem Exponat den Bauxit-Abbau.

Oftmals überrollt uns eine wahre (Werbe-) Papierflut.

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FUgE-news Ausgabe 1/2018 6

Unser täglicher Müll

In beiden Ländern fallen weiterhinüberproportional Siedlungsabfällean. Deutschland etwa verzeichne-te laut dem Statistischen Bundes-amt einen bedeutsamen Anstiegvon 37,6 Millionen Tonnen Sied-lungsabfälle im Jahr 2000 auf 45,9Millionen Tonnen im Jahr 2015.Pro Einwohner*in waren das 2000noch 458 Kilogramm, im Jahr2015 waren es 559 Kilogramm. InDeutschland ist zusätzlich dieMenge des Plastikmülls von 2005bis 2015 um ein Drittel gestiegen.Vor allem Plastikmüll von Online-Bestellungen, Einwegplastikfla-schen und Kaffeebecher führtenzu diesem Zuwachs. Von 2008 bis2016 stieg ähnlich in Brasilien –den Angaben des Verbandes fürAbfallwirtschaft zufolge – die Men-ge an haushaltstypischen Sied-lungsabfällen um 53 Prozent von46,6 auf 71,3 Millionen Tonnen proJahr an, das entsprach im Jahr2016 circa 383 Kilogramm pro Ein-wohner*in. Es ist alarmierend: DieSiedlungsabfälle wachsen nachjetzigen Berechnungen fünfmal sostark wie die Bevölkerung.

»Weltmeister«?!

»Recycling«, das an dritter Stelle inder Abfallverwendung steht, istnicht immer die beste Lösung. Esverschleiert zudem ein tieferesProblem unserer Konsumgesell-schaft: selbst der beste Kunststoffkann nicht ewig hochwertig recy-celt werden. Am Ende bleibt nurder Weg in die Müllverbrennungs-anlage oder durch Müllexporte indie unkontrollierten Müllkippendes Südens. Verzerrte »Recycling-quoten« in Deutschland und Brasi-lien können nach wie vor die Rea-lität nicht wiederspiegeln. In bei-den Ländern gilt als »recycelt«nämlich alles, was in eine Recyc-linganlage hineingeht – unabhän-gig davon, was diese aus demMüll macht und wie effizient dasfunktioniert.

Die Abfallwirtschaft sowie ver-antwortliche Akteure in der Politikverweisen gerne darauf, dass vie-les schon erreicht worden sei. Daswerkstoffliche »Recycling« vonVerpackungen aus Glas (85,2 % in2015), Papier/Kartonage (85,7 %)und Metall (91,5 %) funktioniertmit ausreichender Effizienz. Mit 61Prozent wird ein Großteil des Pla-stikmülls in Deutschland allerdingsverbrannt und zur Wärmeerzeu-gung verwendet. Nur aus 38 Pro-zent entstehen neue Produkte.Von den gesamten Kunststoffver-packungsabfällen aus dem gelbenSack wurden 2015 nur 49 Prozentwerkstofflich verwertet.

Brasilien ist kein Vorbild

Ähnlich wie Deutschland in den80er-Jahren droht Brasilien sprich-wörtlich im Müll zu versinken. DieStädte wuchsen in den letztenJahrzehnten so rasch, dass Infra-struktur, ökologisch orientierte Er-ziehung und Abfallentsorgungnicht folgen konnten. Die Men-schen sind größtenteils nicht imBewusstsein aufgewachsen, dassAbfälle zu wertvollen Recyc-lingrohstoffen verarbeitet werdenkönnen. Die Einsicht, dass auch zuviel Abfall die Umwelt und damit

Das »Recycling« verschleiert ein tieferes ProblemDeutsch-Brasilianische Parallelen und Potenziale

von Igor Birindiba Batista*

Deutsche und brasilianische Ge-setze und Regelwerke benennenals Ziel die Vermeidung von Müll –und zwar vor Wiederverwendungund Recycling. Folglich ist der»beste« Abfall derjenige, der erstgar nicht entsteht. Wenn dies nichtmöglich ist, sollten wiederverwert-bare Stoffe zum Einsatz kommensowie Mehrwegsysteme, das Wei-tergeben, Verschenken oder Ver-kaufen von Produkten bevorzugtwerden. Hintergrund dieser Über-legung ist das Bewusstsein, dassdie Ressourcen der Erde begrenztsind. Seit dem Gipfel von Rio deJaneiro 1992 befassen sich Politik,Wirtschaft und Gesellschaft bei-derseits des Ozeans zunehmendmit dem Leitbild der »nachhaltigenEntwicklung«. In diesem Kontextsoll sie unter anderem die natürli-chen Lebensgrundlagen fürzukünftige Generationen sicher-stellen und gleichzeitig für wirt-schaftlichen Wohlstand und sozia-len Ausgleich sorgen.

Die drängenden Herausforde-rungen unserer Zeit wie Ressour-cenknappheit und unüberschau-bares Müllaufkommen stehen ineklatantem Wiederspruch zu aktu-ell herrschenden Konsumvorstel-lungen sowie Wachstumsmodel-len. Die Entkoppelung der Abfall-erzeugung vom Wirtschafts-wachstum ist in Brasilien undDeutschland – zumindest in derTheorie – ein deklariertes abfallpo-litisches Ziel. Während sichDeutschland gerne als »Recycling-Weltmeister« mit einer werkstoffli-chen Verwertungsquote von 67Prozent rühmt, sieht sich Brasilienfür andere Schwellenländer als»Vorbild«, da das brasilianischeAbfallgesetz Unternehmen und in-formelle »Recyclingspezialisten*in-nen« gleichermaßen miteinbezieht.Solange die Müllmenge weitersteigt, sind jedoch die Prädikate»Weltmeister« und »Vorbild« für dieTonne.

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7 FUgE-news Ausgabe 1/2018

positive Beispiele für nachhaltigesHandeln in verschiedenen Berei-chen der brasilianischen Abfall-wirtschaft erkennen. Diese Bei-spiele gehen vornehmlich auf dieRolle der »Catadores« (dt. Recyc-lingspezialisten*innen) zurück. Mitihnen steht und fällt die Abfallent-sorgung in Brasilien. Es ist ihr Ver-dienst, dass nahezu jede Alumini-umdose und 63,4 Prozent der Ver-packungen aus Papier/Kartonagerecycelt wird. Viele von ihnen – biszu einer Million Menschen arbeitenautonom oder in Kooperativen –sind Frauen mit geringem Einkom-

men und niedriger Bildung, die un-ter gesundheitsschädlichen undausbeuterischen Umständen wie-derverwertbare Abfälle aufStraßen und wilden Deponiensammeln und diese an Recycling-firmen weiterverkaufen.

Die Hauptursache der Ver-packungsflut liegt nicht alleine beiIndustrie und Handel, sondern imVerbraucher*innenverhalten. Esgeht um Disziplin beim Einkaufund auch beim täglichen Gang zuden Mülltonnen. Angesichts sichverstärkender müllproduzierenderLebensgewohnheiten ist also die

die Lebensqualität massiv gefähr-det, setzt sich nur langsam durch.Ein nachhaltiger Umgang als Kon-sument*in wird häufig durch Ver-haltensgewohnheiten sowie staat-liche Vollzugsdefizite konterkariert.So wurde in verschiedenen brasi-lianische Städten mithilfe von lan-des- und kommunalen Erlassenverordnet, dass Supermärkte kei-ne kostenlosen Plastiktüten mehrausgeben dürften. Die Brasilia-ner*innen waren und sind es aller-dings gewohnt, ihre Einkäufe inviele kleine Plastiktüten zu packenund diese dann zu Hause als Ab-falltüten zu verwenden. Einenachträgliche Bilanz zeigt: die un-hinterfragte Gewohnheit bzw. Be-quemlichkeit hat gesiegt. Die Su-permärkte hielten sich nicht an dieAuflagen und auch die Kunden*in-nen wollten/wollen nicht auf ihrePlastiktüten verzichten. Das Ge-setz wurde in der Folge in diversenLandeshauptstädten gekippt.

Das im Jahr 2010 erarbeiteteund langersehnte brasilianischeRegelwerk zur Behandlung undEntsorgung fester Abfälle schriebweitreichende Maßnahmen derRückführungslogistik, allgemeineRegeln zur Mülltrennung und Ent-sorgung und Fördermaßnahmenfür Recyclingkooperativen vor. DieUmsetzung der Vorschriften für dieKommunen und die damit verbun-dene Stilllegung von Altdeponienwar bis August 2014 vorgesehen.Vier Jahre nach Ablauf der Fristentsorgen lediglich 58 Prozent al-ler Städte und Gemeinden ihrenAbfall auf Deponien, die den Um-weltvorschriften entsprechen.Nicht selten wird der Abfall in ei-nen nahegelegenen Fluss oder aufeine illegale Müllkippe geworfen.Die Infrastruktur der Abfallentsor-gung ist nicht genug ausgebaut,um alle Haushalte des Landes zuerreichen. Obwohl 30 Prozent allerin Brasilien produzierten Sied-lungsabfälle Recyclingpotenzialhaben, werden nur drei Prozenttatsächlich werkstofflich wieder-verwendet. Durch das Nicht-Recy-cling von Abfällen verliert Brasiliensomit jährlich umgerechnet 28 Mil-liarden Euro.

Angesichts dieser enttäuschen-den Zahlen lassen sich dennoch Auf den Müllkippen finden sich wahre Schätze. Foto: Micha Ende

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ben werden. Der Schutz vor irre-führenden Siegeln und Werbungensollte in diesem Kontext eine zen-trale Aufgabe der jeweiligen Auf-sichtsbehörden werden. Hiermuss der Staat mit strengerenVorgaben handeln und sich nichtauf freiwillige Versprechungen vonIndustrie und Handel einlassen.

Sind Wachstum und ökologi-sche Nachhaltigkeit ein innerer Wi-derspruch in sich? Wie tiefgreifendmüssen die Gesellschaften sichbeschränken? Als unumgänglichfür die Beantwortung dieser Fra-gen gilt die Einsicht: die Fokussie-

rung auf einzelnen Technologienund höheren Recycling-Quotenohne den ernsthafte Abfallvermei-dungsstrategien und Hinterfragungdes eigenen Konsumverhaltensgeht es nicht.

Der Autor Igor Birindiba Batista istMitarbeiter in der politischen Bil-dung und Vorstandsmitglied desNetzwerkes der Brasiliensolida-ritätsgruppen im deutschsprachi-gen Raum »Kooperation Brasiliene. V. – KoBra«.

Vermeidung von Haushaltsabfällen– sei es in Deutschland oder Brasi-lien – von essentieller Bedeutung.

Freiwillige Selbstbegren-zung ist unzureichend

Verbraucher*innen müssen dem-gemäß ihren eigenen Konsum aufden Prüfstand stellen und häufigerauf Mehrwegalternativen zurück-greifen. Das heißt, Konsumwarenwie Lebensmittel oder Elektro-geräte nach Bedarf einkaufen, denindividuellen Online-Einkauf hin-terfragen, Mehrwegverpackungennutzen oder ganz auf Verpackun-gen verzichten. Fällt dennoch Ab-fall an, ist die richtige und verant-wortungsbewusste Nutzung derSammelsysteme für Abfälle einewichtige Voraussetzung für Ener-gie- und Rohstoffersparnis. Dochdieser Appell reicht nicht aus.Nachhaltigkeit und Wegwerfmen-talität passen nicht zusammen.

Während Deutschland bei-spielsweise unter anderem eineAbgabe auf jeden Einweg-Becherbenötigt, damit der Konsumzurückgeht, bedarf es in Brasilienvordringlich einer engeren Zusam-menarbeit zwischen Regierung,Kommunen und Produzenten, umdas Land an eine funktionierendeEntsorgungs- und Recyclingwirt-schaft heranzuführen. Für beideLänder gilt dennoch: die Verant-wortung für ökologisch vorteilhafteund recyclingfähige Verpackungenund Waren aus Karton und Bio-kunststoff darf nicht vollumfäng-lich den Verbrauchern zugescho-

8FUgE-news Ausgabe 1/2018

Kristin SchölermannM E D I E N D E S I G N

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Der Müll bedeutet für viele Menschen in Brasilien bares Geld.Foto: Micha Ende

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gefärbten Erdboden und versi-cherte, die Aluminiumschmelze seisicher und erfülle voll und ganz al-le Umweltvorgaben. Dann fandendie AnwohnerInnen tote Fische inden Flüssen, den AnwohnerInnenstarben ihre Hühner, und die Kin-der, die in Kontakt mit dem Wassergeraten waren, bekamen Hautaus-schlag. Alles ganz ungefährlich?Leider nein.

Eine Vorort-Inspektion einesunabhängigen Forschungsinstitutsbrachte dann den Skandal in sei-ner ganzen Dimension zutage: Indem rotgefärbten Wasser fandsich Blei in hohen Konzentratio-nen, auch bei Natrium, Nitrat undAluminium lagen die gemessenenWerte über den Grenzwerten, beiAluminium lag der Wert 25 Malhöher, als es die gesetzlichenGrenzwerte erlauben. Das rotge-färbte Wasser wies den Untersu-chungen zufolge auch deutlich er-höhte ph-Werte auf. Und: Von dem Klärbecken des Rotschlamm-

Tailings gab es eine Überlaufröhre,durch die die Klärschlämme in dieUmgebung entwichen.

Sandra ist Mutter von fünf Kin-dern und wohnt in São João. Daskleine Dorf wurde 2016 von denBundesbehörden als Quilombo of-fiziell anerkannt. Quilombolas sinddie Nachfahren entflohener Skla-ven. Sandra berichtet, dass sichdas rotschlammfarbige Wasserdes Flusses Muripi seit Tagen sei-nen Weg durch die Gemeindebahnt. Sie ist erzürnt und erzähltmit bedrückter Stimme am Tele-fon: „Dies ist nur ein Unfall mehr,der hier passiert ist. Es gibt Studi-en, die belegen, dass sich seit derInbetriebnahme des Bergbauwer-kes bereits 35 solcher Unfälle er-eignet haben. Das ist nun der36igste.”

Alunorte gehört der norwegi-schen Norsk Hydro, weltweitführender Aluminiumproduzent mitSitz in Oslo, dessen Hauptaktionärist mit einem Anteil von 43,8% der

Brasilien: Die Röhre, die niemand in der Firma kannteVon Thomas Bauer und Christian Russau

Aus den Klärschlammbecken derweltgrößten AluminiumschmelzeAlunorte ist toxisches Materialausgetreten. Zuerst wies die dernorwegischen Norsk Hydro gehör-dende Alunorte den Vorwurf weitvon sich, musste dann aber einge-stehen, dass es vom Klärbeckeneine Röhre gab, durch die der Rot-schlamm entweichen konnte. Aus der weltgrößten Aluminium-schmelze Alunorte in Barcarena,im brasilianischen BundesstaatPará, traten große Mengen an rot-gefärbten Abwässern aus. Dieseerreichten einen kleinen Bach undverbreiteten sich von dort in denumliegenden Dörfern aus. Die An-wohnerInnen brachen in Panikaus, fürchteten, dass es sich dabeium giftige Abwässer des Rot-schlammbeckens aus der Alumini-umproduktion handeln könnte. Dieverantwortliche Firma verwies aufden Starkregen der letzten Tage,erklärte die rote Färbung mit demdort natürlich vorkommenden rot-

9 FUgE-news Ausgabe 1/2018

Aluminiumbegleitet unseren Alltag. Oftmals kurzgenutzt, landet derWertstoff auf dem Müll.

Foto: Micha Ende

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und wir wären die ersten, die ster-ben, weil wenn da die Dämmebrechen, dann wird die Ge-schwindigkeit der Flutwelle soschnell sein, dass es keine Zeitfür eine Evakuierung geben wird”,fürchtete angesichts des zuneh-menden Starkregens die Anwoh-nerin Socoroo bereits am 12. Fe-bruar gegenüber dem investigati-ven Blog Ver o fato.

Der Mutterkonzern der Alunor-te, Norsk Hydro, extrahiert Bauxitin Paragominas und Trombetas,allein bei Mineração Rio do Norte(MRN) in Trombetas sind es 23Tailings. Der Bruttoumsatz desBergbaukonzerns Norsk Hydrolag im Jahr 2017 bei umgerechnet11 Mrd. Euro, der Gewinn nachSteuern lag bei umgerechnet 918Millionen Euro. Alunorte produ-ziert aus dem in den Hydro-eige-nen Minen gewonnen Bauxit imWerk in Barcarena jedes Jahr 5,8Millionen Tonnen Aluminium, daszu 86% ins Ausland (NaherOsten, Nord amerika und Europa)exportiert wird. Die Jahresmengevon 5,8 Millionen Tonnen raffine-rierten Aluminiums allein bei Alun-orte in Barcarena entsprichtganzen zehn Prozent der weltwei-ten Aluminiumproduktion.

Deutschland hat mit 31,6 kgpro Person und Jahr den höch-sten Aluminiumverbrauch proKopf, gefolgt von den USA (30kg/per annum) und Japan (26,4kg/per annum). Dieser hohe Wertfür Deutschland ergibt sich ausdem hohen Anteil der Automobil-produktion im Lande: 44 Prozentdes Gesamtverbrauchs von Al-uminium in Deutschland geht aufden Automobilbau zurück, gefolgtvon 16 Prozent im Bausektor so-wie 9 Prozent für Verpackungen.Deutschland importiert das mei-ste Aluminium aus Guinea.

Grundsätzlich gilt, dass Alumi-nium nicht der saubere Stoff fürUmwelt und Mensch ist, für dener gerne gehalten wird. Aus vierbis fünf Tonnen Bauxit entstehenzwei Tonnen Aluminiumoxid. Des-sen Herstellung macht mehr alszwei Prozent des Weltstromver-brauchs aus, und pro Tonne her-gestellten Aluminiums entstehen

zwischen einer und sechs Tonnendes gefährlichen AbfallproduktsRotschlamm.

Für Brasilien gilt: Es wird mehrund mehr ein Paradies für Berg-baukonzerne! Denn die Politik istmassiv an einer Ausweitung derBergbauaktivitäten im Lande in-teressiert. Im brasilianischen Na-tionalkongress nimmt die Verab-schiedung von Gesetzen und Dekreten zur “Flexibilisierung”des Umweltgenehmigungsverfah-rens Fahrt auf. Dieser Prozess zurAufweichung und Lockerung vonAuflagen war bereits vor Jahrenmit den sogenannten erleichter-ten Durchführungsbestimmun-gen, den ominösen TACs, in dieWege geleitet worden. Seit Jah-ren wurde zudem versucht, in denKammern des Nationalkongres-ses einen neuen, ebenfalls aufFlexibilisierung abzielenden Berg-baukodex zu verabschieden.

Mehr als 250 zivilgesellschaft -liche Organisationen kritisierendiese Politik und befürchten dieGefahr von „vielen weiterenDammbrüchen à la Mariana“ inder Zukunft.

Diese Gefahr ist nicht unbe-gründet. Die nationale Wasser-behörde ANA veröffentlichte bereits 2014 einen Bericht zur Sicherheit von Dämmen in Brasili-en. Laut diesem Bericht wurdenlediglich 15 % der Dämme klassi-fiziert und erfasst. Bei 14.966exis tierenden Dämmen ist dies ei-ne sehr niedrige Zahl. In den ver-gangenen vier Jahren wurde jederDamm im Durchschnitt nur einmaldurch Fachleute der Bundes-behörde inspiziert. Selbst Brasili-ens Bundesrechnungshof TCUkonstatierte dementsprechend,dass die Kontrolle der Dämme imLand „schwach und unzurei-chend“ sei. Seit der Jahrtausend-wende gab es in Brasilien insge-samt 17 Dammbrüche. Es stehtzu befürchten, dass „Mariana“kein Einzelfall war und bleibt.

norwegische Staat. Nicht nur Bra-silienkenner fragen sich, wie daszusammengeht, dass die norwe-gische Regierung einerseits denAmazonas Fond Fundo Amazôniamit großzügigen finanziellen Mit-teln unterstützt, um die immernoch dramatische Entwaldung inAmazonien zu bekämpfen sowiedie Erhaltung und nachhaltigeNutzung des Amazonasgebieteszu fördern, und gleichzeitig aberbei Konzernen dividendenbrin-gende Anteile an Konzernen hält,die mit ihrer Aluminiumproduktiondem Ökosystem und den Anwoh-nerInnen in der Region derart zu-setzen.

Alunorte wich den unangeneh-men Fragen und Klagen der An-wohner Innen lange aus, wiegelteab. Auch der Governeur SimãoJatene von der Partei PSDB er-klärte während eines Interviews,der Starkregen sei Schuld undverteidigte den Bergbaukonzern.Dies ist allerdings kaum verwun-derlich, wenn man sich daran er-innert, dass Jatene selbst nichtnur die Um setzung des Abbau-projekts der Alunorte in Barca-rena mit Worten unterstützte,sondern dem Unternehmen Steuervorteile in Höhe von Schätzungsweise 7,5 Mrd. R$(heute umgerechnet 1,88 Mrd. Euro) über einen Zeitraum von 15 Jahren gewähren ließ.

Erst nach der Veröffentlichungder Studienergebnisse durch dasForschungsinstitut IEC gestehendie Verantwortlichen der Alunortenun ein, dass es diese laut eige-nen Angaben ihnen nicht bekann-te Röhre gibt.

Insgesamt sind es mindestensvier Dörfer und Stadtviertel, diedirekt vom Austritt der toxischenRückstände betroffen sind. DieRückhaltebecken der Alunortesind durch erhöhte Deiche ge-schützt, deren Höhe bis zu 30Meter beträgt. Die Dörfer der AnwohnerInnen liegen nur dreiMeter hoch. Die kleinen Holzhäu-ser bieten nicht viel Schutz, sollteeines Tages einer der Dämmebrechen. „Wir hier aus der Quilombola-Gemeinde leben nur1.000 Meter weg von Alunorte

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Weltmeeren und ihren Bewohnernwird es kaum ein Trost sein, dasssie jetzt auch an biobasiertem Pla-stik zugrunde gehen dürfen.

Woher kommen aber nun diePflanzen für die „Plant Bottle“?Coca Cola gibt darüber Auskunft:Der Rohstoff für das Bioplastik istZuckerrohr aus Brasilien, dem da-mit nicht nur in der Erzeugung von„Biotreibstoffen“ eine große Rollezukommt. Bioplastik reproduziertaber auch die alten Probleme: Im-mer mehr Land wird dafür genutzt,Öl zu ersetzen, sei es durch denAnbau von Energiepflanzen fürTreibstoffe oder nun auch für „Bio-plastik“. In Brasilien bedeutet diesin der Regel die Ausweitung gi-gantischer Monokulturen und die

Verdrängung von Kleinbauern undLebensmittelproduktion. Coca Co-la sieht da kein Problem und be-hauptet ohne Beleg, zusätzlicherZuckerrohranbau findet vorwie-gend auf „ungenutzten Agrar-Flächen“ statt (www.plantbottle.info/chde/faq/faq.shtml).

Weltweit größter Hersteller vonBioplastik ist die brasilianische Fir-ma Braskem, die es geschafft hat,den Slogan „I‘m green“ als Markezu registrieren. Kein Ökologe oderGrün Bewegter kann also einfachmehr ausrufen, I‘m green, es mussa heißen: I'm greenTM (unregiste-red Trade Mark).

Der Chemiegigant hat auch ei-nen Produktionsstandort inSchkopau, aus DDR Zeiten durchden Slogan „Plaste und Elaste ausSchkopau“ berühmt. Aber die mei-sten Produktionsstätten liegen inBrasilien, dem „Heimatland“ desKonzerns. Die 90% der stimmbe-rechtigten Aktien gehören demBaukonzern Odebrecht und demhalb staatlichen Erdölkonzern Pe-trobras, die staatliche Entwick-lungsbank BNDES ist ebenfallsbeteiligt.

„Technologie, Innovation undNachhaltigkeit“ – das sind in derPropaganda von Braskem die Leit-linien der Firma. In der Praxisscheinen aber auch Geld und Korruption eine große Rolle zuspielen. Die Hauptaktionäre derFirma, Odebrecht und Petrobras,sind auch die wichtigsten Firmenin dem Korruptionsskandal, derBrasilien nun seit einigen Jahre er-schüttert. Braskem diente offen-

Bio Vio – Coca Cola goes Green? Die grüne FlascheVon Dr. Thomas Fatheuer

Dem umweltbewussten Verbrau-cher lacht das liebe Herz im Leibe.Bei Bio Vio ist alles sooo schöngrün! Die Limonade ist nicht nurvegetarisch sondern auch vegan,die Zutaten stammen aus ökologi-schem Anbau. Damit nicht genug:bei der Flasche soll es sich um ei-ne Plant Bottle handeln. Um einePflanzenflasche also. Das klingtdoch gut.

Schauen wir genauer hin.Tatsächlich liegt der Anteil von„Bioplastik“ an der „Plant Bottle“bei etwa 15%. Die in der Flascheverwendeten biobasierten Poly-ethylene sind mit den ölbasiertenchemisch identisch. Sprich – siesind genau so wenig biologischabbaubar. Den verschmutzten

Plastikverpackungen sind auch in Brasilien allgegenwärtig.Foto: Micha Ende

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Die Welt zu Besuch am EsstischUnterrichtseinheit: Nachhaltige Ernährung für Grundschulkinder

Viele Kinder kennen ein gesundesFrühstück vom Kindergarten oderder Grundschule. Beim Thema„Nachhaltigkeit“ wird es schon fürErwachsene schwieriger, denn dasThema ist komplex. So gehörenFragen nach dem Ernährungsver-halten, der landwirtschaftlichenProduktion, dem Handel und dieVerarbeitung von Lebensmittelngenauso in das Thema, wie sozia-le Gerechtigkeit, Klimafolgen oderRessourcenverbrauch.

Die Unterrichtseinheit „Die Weltzu Besuch am Esstisch“ greift mitden Themen ökologischer Ruck-sack (Ressourcenverbrauch), derHerkunft von Lebensmitteln undder Saisonalität von Obst undGemüse drei wichtige Themen-schwerpunkte auf. Dabei erfahrendie Schülerinnen und Schüler, dassihr Ernährungsstil Auswirkungenhat und lernen Handlungsoptionenkennen (saisonal, regional, wenigVerpackung, verstärkt pflanzlich,bio und fair), die sie auch in ihr täg-liches Leben einbauen können.

Ablauf der Einheit

Anhand unterschiedlicher Metho-den erfahren die Schülerinnen undSchüler, wie sie mit ihrerErnährung dazu beitragen können,ihren ökologischen Rucksack klei-ner zu gestalten. Bei einem Stim-mungsbarometer sehen die Schü-lerinnen und Schüler, dass es Un-terschiede beim Einkauf und demEssverhalten gibt. Ein Saisonquizverdeutlicht, dass Obst undGemüse in Deutschland nur zu be-stimmten Jahreszeiten wächst.

In der zweiten Phase wird dieKlasse in zwei Gruppen unterteilt.Während die erste Gruppe spiele-risch das Konzept des „Ökologi-schen Rucksacks“ kennenlernt,widmet sich die zweite Gruppedem „Frühstück Globalista“.Anschließend tauschen die Grup-pen, so dass alle Kinder alle The-men auch bearbeiten. Beim „Früh-stück Globalista“ sortieren dieSchülerinnen und Schüler ver-schiedene Produkte ihren Her-

kunftsländern zu.Sie lernen, dass ei-nige Nahrungsmitteleine weite Reise hin-ter sich haben.

In der dritten Un-terrichtsphase ar-beiten die Kinder inKleingruppen. DieSchülerinnen undSchüler erhaltenKarten mit Informa-tionen zu verschie-denen Obstsorten

und die Aufgabe, einen bestim-men Smoothie (z. B. regional,Winter smoothie) zusammenzustel-len. Im Anschluss stellen Sie ihreKreationen vor. Es wird überlegt,welche Smoothies wohl gutschmecken, bei welchen die Be-schaffung der Zutaten einfach warund welche einen besonders klei-nen ökologischen Rucksack ha-ben.

In der vierten Phase arbeitendie Kinder in drei Gruppen. JedeGruppe gestaltet dabei ein Plakat:Gruppe 1 zum Thema „SaisonalesObst und Gemüse in Deutsch-land“, Gruppe 2 zum „ökologi-schen Rucksack“ und die dritteGruppe zu regionalen Lebensmit-teln. Sie vertiefen dabei das bereits Gelernte. Im Anschlussstellen sie ihre Plakate den Mit-schülern vor. Gemeinsam bespre-chen sie, wie sie den ökologischenRucksack klein halten können. DiePlakate verbleiben zur Erinnerungin der Klasse.

Zielgruppe: Klasse 3 und 4Dauer: 4 Unterrichtsstunden

à 45 MinutenKosten: 1 Euro pro Schüler/inAnmeldung: kasten@fuge-

hamm.de

Zerstörung der Natur aufgebaut istund mehr soziale Gerechtigkeitanstrebt, ist nur schwer mit einerWachstumsperspektive zu verbin-den. Grüne Ökonomie kann nur alsTeil einer umfassenden Transfor-mation der Gesellschaft verstan-den werden, die unser Konsum-modell infrage stellt. Ein einfaches„Weiter so“ ist keine Perspektive.Aber in der Transformation liegenauch Chancen, eine neue Vision

von „Gutem Leben“ zu entwickeln.

Dr. Thomas Fatheuer leitete von2003-2010 das Auslandsbüro derHeinrich-Böll-Stiftung in Rio deJaneiro, arbeitet als Journalist, istVorstandsmitglied des NetzwerkesKooperation Brasilien e. V. – KoBra.Er ist Autor des Buches „Kritik derGrünen Ökonomie“, in dem er dieoptimistischen Zukunftsvisionen derGreen Economy skeptisch sieht.

sichtlich zur Zahlung von Schwarz-geldern. Die Firma willigte 2016 ineinen Vergleich ein, der sie zur Zah-lung von unglaublichen 3,1 Milliar-den Reais, das entspricht etwa ei-ner Milliarde US$, verpflichtete.Braskem zeigt eine aufschlussrei-che Verknüpfung von alter, ölba-sierter Industrie, Korruption undbiobasierte Innovation als Erweite-rung des Geschäftsmodells.

Eine Wirtschaft, die nicht auf

FUgE-news Ausgabe 1/2018 12

Nachhaltige Ernährung ist lecker und bunt.

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FUgE-news Ausgabe 1/201813

den ökologischen Rucksack sowieden Arbeitsbedingungen in derProduktion gelegt. Am Ende derUnterrichtseinheit wird diskutiert,welche Handlungsmöglichkeitendie Jugendlichen haben, um denökologischen Rucksack kleiner zugestalten und ob es möglich ist,auch auf die ArbeitsbedingungenEinfluss zu nehmen.

In der ersten Phase werden dieSchülerinnen und Schüler (SuS)auf das Thema Handy einge-stimmt. Nach der Vorstellung derReferenten, von FUgE und dem

Projekt, werden die SuS spiele-risch u. a. mit einem Stimmungs-barometer und einem Quiz auf dasThema Handy eingestimmt.

In der zweiten Phase wird dieMethode „Gruppenpuzzle“ ange-wendet. Das Thema „Wertschöp-fungskette eines Handys/Smart-phones“ wird dabei in folgendefünf Themen unterteilt: • Der Aufbau eines Handys: Die

SuS können ein altes Handyoder Smartphone in Einzelteilezerlegen. Sie überlegen, welcheRohstoffe eingesetzt wurden

Rohstoffwunder Handy – stylisch oder nachhaltig?Unterrichtseinheit für Klasse 7 und 8

Für Viele ist ein Leben ohne Han-dy kaum noch vorstellbar. Stati-stisch gesehen hat jeder Menschin Deutschland mindestens einHandy. Dabei sinkt die Nutzungs-dauer der Geräte stetig. Dies hatmassive Folgen für Mensch undUmwelt entlang der gesamtenWertschöpfungskette eines Han-dys. So ist kaum bekannt, wel-chen ökologischen Rucksack dieGeräte mit sich tragen und unterwelchen Arbeitsbedingungen dieGeräte produziert werden.

Mit dieser Unterrichtseinheitsoll bei den Teilnehmenden dasBewusstsein für einen nachhalti-gen Umgang mit dem eigenenHandykonsum geschärft werden.Die Unterrichtseinheit wird alsBlock angeboten und dauert dreiUnterrichtstunden (á 45 Minuten).Dank der finanziellen Unterstüt-zung durch die Stiftung Umweltund Entwicklung Nordrhein-West-falen können wir die Unterrichts -einheit zu Kosten von 1 Euro proteilnehmende(n) Schüler/in anbie-ten.

Ablauf der Einheit

Mit unterschiedlichen Methodenwird die Wertschöpfungskette ei-nes Smartphones nachvollzogen.Dabei wird der Schwerpunkt auf

Smartphones sind wahre Rohstoffwunder.

Kommunikation wird immer digitaler.

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exporte nach Ghana und Mög-lichkeiten, Handys zu recyceln. Die SuS werden in fünf Grup-

pen unterteilt. Jede Gruppe erar-beitet eines der obigen Themenund bildet so Experten aus. In dernächsten Phase werden die Grup-pen neu gemischt, so dass in denfünf neuen Gruppen jeweils min-destens ein Experte aus den altenGruppen sitzt. Jeder Experte stelltnun sein Spezialwissen den ande-ren Gruppenmitgliedern vor. An-hand einer Aufgabe können dieSuS überprüfen, ob sie ihr Wissenkorrekt zusammengefügt haben.

In der dritten Phase kommendie SuS wieder im Plenum zusam-men. Die Wertschöpfungskettewird noch einmal kurz gemeinsamvorgestellt. Dabei wird erfragt,welche Fakten neu waren und wasbesonders überrascht hat. DieSuS lernen das Konzept des „öko-logischen Rucksacks“ kennen undlernen dieses auf das Handy/Smartphones anzuwenden.

Nachdem die SuS die Wert-schöpfungskette eines Smartpho-nes sowie das Konzept des ökolo-gischen Rucksacks kennengelernthaben, überlegen sie, ob und wiesie durch ihr Nutzungs- und Kon-

sumverhalten die Größe des öko-logischen Rucksacks beeinflussenkönnen. Auch wird überlegt, obund wie sie Einfluss auf die Ar-beitsbedingungen entlang derWertschöpfungskette nehmen kön -nen. Gemeinsam werden Hand-lungsoptionen für einen nachhalti-gen Handykonsum erarbeitet. DasStimmungsbarometer wird erneutdurchgeführt und die Ergebnisseaus dem ersten und dem zweitenDurchgang verglichen.

Zielgruppe: Klasse 7 und 8 aller Schulformen

Dauer: 3 Unterrichtsstundenà 45 Minuten

Kosten: 1 Euro pro SchülerAnmeldung: kasten@fuge-

hamm.de

und setzen sich mit einem Roh-stoff näher auseinander. Am En-de können sie ihr Wissen direktmittels eines Quiz überprüfen.

• Rohstoffe: Die SuS erstellenSteckbriefe über einzelne imHandy verwendete Rohstoffe.Anhand von Lebensgeschichtenerfahren sie mehr darüber, wodie Rohstoffe herkommen undunter welchen Bedingungen siefür Mensch und Natur abgebautwerden.

• Mehr als Whats App – zur Nut-zung des Handys: Die SuS dis-kutieren ihre eigenen Nutzungs-gewohnheiten. Anschließend er-fahren sie anhand von Kurzfil-men und Texten welche Chan-cen Menschen in Ländern desSüdens durch die Nutzung vonSmartphones bekommen.

• Lohn zum Leben? Die SuS er-fahren etwas über die Arbeitsbe-dingungen in der Handyproduk-tion. Spielerisch sind sie demDruck in einer Fabrik ausgesetzt,lesen kurze Texte und berechnenLöhne.

• Nicht mehr gebraucht unddann? Die SuS überlegen, wasmit alten Handys geschieht. Sieerfahren mehr über Schrott -

14FUgE-news Ausgabe 1/2018

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FUgE-news Ausgabe 1/201815

In vielen Städten stel-len sich auch Geschäf-te auf den neuenTrend ein. So gibtes in Berlin undKöln, aber auchin Münster, ers -te „Unver-packt“-Läden.In Hamm sindwir davonnoch einganzes Stückentfernt.

Müllsparerin Hamm gesucht!

Auf den ersten Blickscheint es in Hammschwierig zu sein, ohneMüll zu leben. Ob dies wirklichso ist, möchten wir gerne auspro-bieren. Hierfür suchen wir Men-schen, die sich für einen bestimm-ten Zeitraum auf dieses Experi-ment einlassen möchten. Dieskann mal zum Start eine Woche,ein Monat oder auch gleich einganzes Jahr sein. Vermutlich wirddie Umstellung nicht von einenTag auf den anderen Gelingen. Da-her geht es gerade bei den Lang-zeit-Experimenten darum, denMüll nach und nach zu reduzieren.Hierbei könnte z. B. auch mit einerbestimmten Produktgruppe wie z. B. Aluminium oder Plastik be-gonnen werden.

In einem Blog möchten wir dieErlebnisse gerne festhalten. Wasfällt leicht, wo ist es in Hamm be-sonders schwierig?

Tipps zum unverpackten Einkauf

Klar, auf dem Markt ist es in derRegel unkompliziert, unverpackteinzukaufen. Viele Kunden bringenbereits ihre eigenen Taschen undBeutel mit, um die Waren zu ver-stauen. Doch wie sieht es in Su-

permärkten aus? Hier sind wir aufIhre und Eure Hilfe angewiesen.Gerne möchten wir auch fürHamm eine Internetseite zum The-ma aufbauen. Daher mailt uns bit-te an [email protected] EureTipps, in welchen Läden es welcheunverpackten Waren gibt!

Allgemeine Tipps und Links zuBlogs von Menschen, die nachdem Zero Waste Prinzip leben, finden sich ab Juni auf unserer Homepage unter

www.fuge-hamm.org/portfolio/nachhaltig-konsumieren-ressourcen-schonen

Pro Jahr wirft der Durchschnitts-deutsche rund 450 kg Müll weg.Müll fällt dabei vor allem beim Ein-kaufen an. Vieles, was wir nachHause tragen, ist eigentlich bloßVerpackung. Es ist von Tüten, Be-chern oder Kartons umhüllt, dieeinmal benutzt schon weggewor-fen werden. Das macht schät-zungsweise 213 Kilo pro Personund Jahr. Damit sind wir Europa -meister der Verpackungen. Zwarlernen wir früh, den Müll zu sortie-ren. Doch selbst wenn der Müll ge-trennt wird, kann nur ein geringerTeil davon recycelt werden – unddies mit hohem Energieaufwand.Der Rest wird in der Regel ver-brannt.

Doch keinen Müll zu produzie-ren, geht das überhaupt? In vielenGroßstädten ist „Zero Waste“ alsneuer Lebensstil mittlerweileTrend. Zero Waste, also Null Müll,steht dabei einfach gesagt für einekonsequente Müllvermeidung. Umdies zu erreichen, werden dieGrundsätze „vermeiden, reduzie-ren, wiederverwerten, recyceln,kompostieren“ in genau dieserReihenfolge befolgt. Dies ist in ei-nigen Bereichen, wie z. B. frischenLebensmitteln, die auf dem Markterworben werden können, einfach.Wichtig ist dabei lediglich, vorbe-reitet zum Einkaufen zu gehen undsich dafür etwas Zeit zu nehmen.Die zusätzliche Zeit wird benötigt,um zu schauen, wo es Lebensmit-tel unverpackt oder in Mehrweg-behältern gibt oder auch, um einmal einen weiteren Weg zumEinkauf zurückzulegen. Die Vorbe-reitung liegt dann vor allem darin,die entsprechenden Taschen undBehältnisse dabei zu haben, umden Einkauf zu verstauen. Schwie-riger sieht die Situation bei Hygie-ne-Artikeln wie Zahnpasta, Sham-poo oder Deo aus. Hier ist oftmalsSelbermachen gefragt oder derErsatz von Shampoo und Flüs-sigseifen durch entsprechende lose und feste Seifen.

Zero Waste – Ein Leben ohne MüllClaudia Kasten

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dem Kreislauf aus Rohstoff, Pro-duktion und Verbrauch wieder zu-geführt. Damit müssen wenigerRohstoffe abgebaut werden. Dieshält den ökologischen Rucksackder Produkte kleiner.

Die im Weltladen gesammeltenWertstoffe, werden dem Recyclingzugeführt. Oftmals werden ausden Erlösen soziale Projekte oder Umweltschutzprojekte unter-stützt.

FUgE-WeltladenWidumstraße 14 • 59065 Hamm

Öffnungszeiten:Mo – Fr.: 10.00 – 13.00 und

15.00 – 18.00 UhrSa: 09.30 – 13.00 Uhr

Ressourcen schonen – Wertstoffe weiterverwenden

Ressourcenschutz ist Klima-schutz. Beim Abbau von Rohstof-fen werden häufig die Umwelt ge-schädigt und Menschenrechteverletzt. Das muss nicht sein!

Ob altes Handy, Korken oderleerer Stift, die Dinge sind für unsVerbraucher wertlos geworden.Dabei stecken in ihnen reichlichnatürliche Ressourcen, die wieder-verwertet werden können. BeimRecycling werden diese Stoffe

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BatterienDie Batterien werden an den ASH weitergeleitet.

BriefmarkenWeitergabe an die Steyler Mission. Mit dem Erlös werdenProjekte für benachteiligte Menschen weltweit unterstützt.

CDsWeitergabe an eine Recycling -firma, die den Kunststoff weiterverarbeitet.

DruckerpatronenWeitergabe an eine Recycling -firma, die den Kunststoff weiterverarbeitet.

HandysWeitergabe an den NABU. Aus den Erlösen werden Umweltschutzprojekte an der Havel unterstützt.

KnöpfeWeitergabe an eine Initiative vonAsperger-Autisten, die mit denKnöpfen kreativ arbeiten

KorkenWeitergabe an den ASH. Vondort Weitergabe an die Aktion„Korken für Kork“. Recycling und Weiterverwendung.

KronkorkenWeitergabe an wechselnde soziale Projekte.

Stifte (Kugelschreiber, Filzstifte, Textmarker)Weitergabe an eine Recycling -firma. Aus den Erlösen wird ein Bildungsprojekt für syrischeFlüchtlingsmädchen in Jordanien gefördert.

Bei uns im Weltladen können folgende Wertstoffe abgeben werden:

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der Stoff qualitativ hochwertig undwunderschön, also wusch ich ihndamals durch. Da die Vorhängeaber (natürlich) nirgends passtenund ich keine Ahnung hatte, wasich daraus nähen sollte, lagert ichden Stoff erstmal ein. Und plötz-lich wusste ich es: dieser Stoffwürde sich schön als Rock ma-chen. Das Schnittmuster aus demBuch wäre perfekt.

Da es mit dem Nähen schonlange her war und ich auch nie be-sonders gut war, fragte ich meineMa ob sie mir wieder helfen würde.Als sie zustimmte, kaufte ich mirdas Schnittmusterbuch. UnserAbenteuer begann.

Nachdem die Anleitung gele-sen war, begannen wir mit den ein-zelnen Schritten. Am Beginn mussman sich vermessen, damit mandas Schnittmuster in der richtigenGröße anfertigt. Die Größen sindbei jedem Schnittmuster natürlichanders.

Bei dem Stoff sollte man auf diegewünschte Beschaffenheit in derAnleitung achten. Ein schwererBrokatstoff eignet sich zum Bei-spiel nicht für einen fließendenBlusenschnitt. Wird ein nicht ge-eigneter Stoff verwendet, fällt dasTeil am Ende nicht richtig, imschlimmsten Fall sitzt es vorneund hinten nicht.

Danach rate ich dazu, dasSchnittmuster auf Pauspapier zuübertragen. So kann das Schnitt-muster bei Größenveränderungweiterhin verwendet werden.Während oder nach dem Abpau-sen kann man den Schnitt auchverändern und seiner Größe per-fekt anpassen. Bei diesem Schnitt-muster haben wir zum Beispielzwei Nähte entfernt und dafür Ab-näher gesetzt. Mit Muster fandenwir die Nähte einfach zu viel.Wichtig, bevor Sie den Schnittübertragen, sollten Sie wissen, obund wie viel Nahtzugabe Sie ha-

Aus Alt mach Neu oder auch wir können DIYVon Britta Seifert

Vor einigen Jahren habe ich, mitmeiner Ma zusammen, viele Kla-motten selbstgenäht. Da ich fürkonventionelle Mode aus demHandel eine schwierige Figur hat-te, war das einfach ideal. Doch ir-gendwann war mein Schrank gutgefüllt und auch die Modeindustrieänderte ihre Grundschnitte, sodass mir die Sachen auf einmalpassten. Kurz – ich nähte nichtmehr.

Vor einigen Wochen fand ich,beim Stöbern in der Buchhand-lung, ein schönes Schnittmuster-buch, die meisten Schnitte gefie-len mir auf Anhieb. Doch kaufte iches mir zunächst nicht.

Wenig später fiel mir Zuhauseein schöner Stoff in die Hände.Den Stoff den ich in den Händenhielt, waren zwei alte Vorhängeaus den 60er oder 70er Jahren,welche ich mal im Keller meinerers ten Wohnung gefunden hatte.Die Vorhänge waren in Ordnung,

Schritt 1: Abpausen

Schritt 3: Stoff nach Muster vermessen

Schritt 2: Schnittmuster auf Stoff

Schritt 4: Rock ausgeschnitten

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zungsgefahr) anprobiert werden,dann sieht man wie das Teil sitztund kann Nähte gegeben falls en-ger oder weiter fassen.

Gerade wenn das Schnittmus -ter zum ersten Mal gemacht wird,stellt man Ungereimtheiten fest.Oftmals nach dem Zuschneiden.So auch bei uns. Dann heißt es im-provisieren. Wir hatten dieses Maldie Anleitung sorgfältig gelesen,den Rock dann nach dem Lege-plan zugeschnitten. Gerade sindwir am Heften, als wir uns fragen,wo den Reißverschluss hinkommt.Wir hatten nur Seitennähte undkeine rückwärtige Mittelnaht.

Schnell noch mal in der Anlei-tung nachgesehen: der Reißver-schluss soll hinten mittig sitzen.Wie denn das? Da ist doch gar kei-ne Naht! Das Originalschnittmusterwird nochmal nachgesehen. Hier-nach wird Vorder- und Rückenteildes Rocks am Bruch gelegt. Da-durch fehlt die Mittelnaht hinten,auch kann man die nicht nachträg-lich einfügen, da keine Nahtzugabe

eingerechnet ist und somit in die-sem Fall zwei Zentimeter fehlen.Also muss der Reißverschluss nunseitlich. Der Fehler wird imSchnittmuster vermerkt, bei demnächsten Rock muss dieses nocheinmal geändert werden, so dassfür den Reißverschluss eine Mittel-naht vorhanden ist.

Das Nähen an sich geht rechtschnell. Bei uns dauern Reißver-schlüsse und Knopflöcher. Diesewerden meisten mehrfach wiederaufgetrennt und neu gemacht, da-mit sie auch wirklich perfekt sind.Zwar waren diese bei dem erstenMal schon besser als bei manchenKleidungstücken im Handel. Aberschon ein Microfehler genügt. So-mit fehlt bei dem Rock geradenoch der Reißverschluss, wir wis-sen schon warum. Ich hoffe, dasssich in den nächsten Tagen einerdazu überwinden kann, damit dasgute Stück bald die Welt sieht....

Das Schöne am Selbstgenäh-ten ist, das man Unikate hat! Auchkann man seine Nähkenntnisseverwenden, um Kaputtes modischzu reparieren oder nicht mehr pas-sende (Lieblings-) Teile abzuän-dern.

Ohne Vorkenntnisse eignen sichNähkurse am besten. Hier be-kommt man sämtliche Grundkennt-nisse vermittelt. Auch würde ich zuBeginn Easy-Schnitte empfehlen,da diese sehr gut erklärt sind. BeiFragen hilft auch immer das Stoff-geschäft des Vertrauens weiter.

Bei uns wird in nächster Zeitweiter genäht. Die ganzen Stoff -res te wollen verarbeitet werden.Und als Frau hat man ja meistensnichts zum Anziehen.

ben. Hat der Schnitt keine, kannsie in diesem Schritt schon zuge-fügt werden, dann braucht manbeim Zuschneiden nicht mehr dar-an zu denken.

Nun wird das Schnittmusternach Anleitung bzw. Legeplan aufden Stoff gelegt und mit Steckna-deln festgesteckt. Dabei solltenweder Stoff noch SchnittmusterFalten werfen. Bei Muster sollteman auf dieses achten und Ver-schnitt einplanen, damit es an denNähten stimmig und harmonischaussieht. Wir messen daher Stoff-muster und Schnittmuster immeraus, um ein schönes Ergebnis zuhaben.

Nachdem dies geschehen ist,werden die einzelnen Teile ausge-schnitten und gemäß Anleitungdes Schnittmusters aneinanderge-steckt. Nun könnte man auchschon direkt nähen. Bei uns wer-den die einzelnen Teile jedoch ge-heftet, dann geht das nähen leich-ter von der Hand. Auch kann dasTeil nun schon mal (ohne Verlet-

Schritt 5: Rock ausgeschnitten

Kontakt: Forum für Umwelt und gerechte Entwicklung (FUgE)Dorothee Borowski, Anzeigenverwaltung

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bewusst mit ihrer eigenen Mobi-lität auseinandersetzen. Und dieRückmeldungen zeigen, dass diesbei vielen Teilnehmern geschieht.So etwa bei Bethel regional mitseinen Wohnverbünden. Hier wur-de nach der ersten Teilnahme vorzwei Jahren der Shuttleserviceeingestellt. Die Bewohner bewälti-gen nun alle Strecken mit demBus, zu Fuß oder mit dem Rad.Auch andere Teilnehmer berichte-ten bei der Abschlussveranstal-tung am Sonntag im Rahmen derKlimameile über Veränderungenihres Verhaltens. So waren einigedoch erstaunt, wie viele Kurz-strecken, die bequem zu Fuß oder

mit dem Rad zurückgelegt werdenkönnen, im Laufe einer Woche zu-sammenkommen.

Ilonka Remmert, Vorsit-zende „Pro Ukunda e.V.“sagt: Asante sana! Herzlichen Dank!

Vom Autofasten 2018 in Hammhaben dieses Mal Menschen inUkunda/Kenia profitiert, die in sehrbescheidenen Verhältnissen leben– ohne Wasserleitung, ohne Strom -anschluss!

Der Verein „Pro Ukunda e.V.“erhielt zehn Solarlampen, die vonVereinsmitgliedern im Reise-gepäck mitgenommen wurden.Zusammen mit unserem keniani-schen Mitarbeiter Masoud Vumbiverteilte die 1. Vorsitzende dannbei ihrem Aufenthalt erste Lam-pen, die freudig angenommenwurden.

Inzwischen sind alle vergeben.Die Lampen sind ein wahrer Segenfür diese Menschen. So entfallenfür einige die Kosten für Kerzenoder Petroleum. Viele Menschendort haben das Geld dafür aberohnehin nicht, und sie saßen bis-lang ab 18.00 Uhr einfach im Dun-klen!

Ob die Menschen hier zu schät-zen wissen, wie gut es uns geht?

Autofasten in HammClaudia Kasten

Mit 165 Teilnehmern haben in die-sem Jahr etwa 20 Personen mehrteilgenommen als im Vorjahr. Undso manches Mal waren es die Kinder, die ihre Familien zum Mit-machen animierten. Insgesamttrugen die Teilnehmer eine Wochenach Ende der Fastenzeit 88.960km in die Auswertungsliste ein.Dies entspricht rund 12,5 TonnenCO2, die durch die Teilnehmer inden sieben Wochen Fastenzeiteingespart wurden. Lagen bei denvergangenen Aktionen die einge-tragenen Fastenkilometer vonBus- und Bahnnutzern und jenen,die ihre Strecken zu Fuß oder mitdem Rad zurücklegten immer na-he beieinander, gab es 2018 erst-mals eine Differenz von gut 4.000Kilometern zugunsten der ÖPNV-Nutzer. Der kalte Ostwind, derphasenweise herrschte, und dieGrippewelle dürften hierbei einewesentliche Rolle gespielt haben.

Bethel regional und FUgE stell-ten in diesem Jahr mit jeweils über20 Teilnehmern die größte Gruppeund auch Humanitas nahm mit 11Autofastern teil. Während einigeTeilnehmer mehrere Hundert Kilo-meter an PKW-Fahrten einsparten,waren andere mit wenigen Kilome-tern dabei. Doch wichtiger als dieKilometerleistung ist den Organi-satoren, dass sich die Teilnehmer

Das Sonnenglas hat ihnen nun Licht gebracht.

Bei der Abschlussveranstaltung stellte Ilonka Remmert vor, wer die Sonnengläser bekommen hat.

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sellschaft von Karl Marx ent-spricht, nämlich zu jagen, zu le-sen, zu fischen, zu spielen oder zuarbeiten wann immer man/fraudas will.

Das bedingungslose Grundein-kommen sollte für jeden ab derGeburt und bis zum Tod reichen.Dass Arbeit weiterhin für jedenmöglich sein muss, sollte ebenfallsgarantiert werden. Experten gehendavon aus, dass bei dem gegen-wärtigen Lebensstandard ca.1.000 bis 1.500 € ausreichen wür-den, um davon leben zu können,wenn die Krankenversicherungeingeschlossen ist.

Die entscheidende Frage nachder Finanzierbarkeit lässt sich nurschwer beantworten und wird z. B.von dem Armutsforscher Chri-stoph Butterwegge mit einer Sum-me von einer Billion Euro pro Jahraus meiner Sicht bewusst kaputtgerechnet. Diese Summe kann si-cher nicht alleine aus den Eins-parungen der Sozialausgaben undeiner Reichensteuer finanziert wer-den. Eine Erhöhung der Mehrwert-steuer wie sie Götz Werner (Inha-ber der Drogerie Kette dm) vor-schlägt, halte ich nicht für oppor-tun. Es sollten vielmehr beimGrundeinkommen Varianten ge-wählt werden, z. B. für Kinder undJugendliche bis 25 Jahren mit derHälfte des Regelsatzes und für Ar-beitende und Selbständige mit ei-

nem Nettoeinkommen von 3.000 €könnte man/frau ganz auf dieseLeistung freiwillig verzichten. Dassdieses Modell in Teilen der welt-weiten Sozialsysteme schon exi-stiert, belegen Beispiele wie denKibbuzim in Israel, die Ordensge-meinschaften religiöser Gruppen,Kommunen, ein Modellversuch inFinnland mit 2000 Kandidaten seitletztem Jahr und ein FundraisingProjekt aus Berlin. Auch die aktu-elle Idee vom gesicherten Grund-einkommen (Michael Müller, RBMBerlin) wäre eine erste Alternative,nämlich nur für die Hartz IV-Emp-fänger.

Wir sollten endlich etwas tungegen die zunehmende Ungleich-heit in unserem Land und dies isteine Möglichkeit.

Morgens fischen – mittags arbei-ten – abends spielen oder philoso-phieren

Karl Marx wäre in diesem Jahr200 Jahre alt geworden. Er hat mitseinem Werk „Das Kapital“ unddem kommunistischen Manifest(1848) zusammen mit FriedrichEngels die aktuelle Krise des glo-balisierten Turbokapitalismusschon damals hervorragend analy-siert.

Nach allen Erfahrungen in derheutigen sogenannten sozialenMarktwirtschaft der BRD scheintalleine die Trennung von Arbeitund Grundeinkommen eine zu-kunftsweisende Perspektive zubieten, um menschenwürdig lebenzu können. Denn das derzeitigeSystem von Hartz IV hat zu einerenormen Diskriminierung und Dis-kreditierung von ca. 6 MillionenMenschen geführt, die nach deroffiziellen Statistik in unseremLand als arm gelten. Das ist für einso reiches Land wie die Bundesre-publik nicht zu akzeptieren. Diebisherigen Lösungsversuche z. B.mit Hartz IV reichen nicht, um alleMenschen dieses Landes mit ei-nem gerechten Arbeitseinkommenzu versorgen. Der enorme Reich-tum unseres Landes bietet einegute Chance mit dem bedin-gungslosen Grundeinkommen einGesellschaftsmodell zu entwerfen,das in Teilen der klassenlosen Ge-

Pro: Bedingungsloses Grundeinkommenvon Karl A.. Faulenbach

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Mehrheit der BGE-Empfänger, dieweiterarbeiten wollen.

3. Staat

Mit einer einzigen Geldzahlung andie Empfänger von einem Grund-einkommen könnte sich der Staatbequem zurücklehnen und alle be-schäftigungspolitischen Aktivitä-ten einstellen. Rationalisierungs-verlierer, Alleinerziehende, dieKluft zwischen Arm und Reich:keiner bekommt mehr gezielt dieUnterstützung, die er braucht, So-zialpolitik findet nicht mehr statt.

4. Armut

Die bei uns herrschende „relative“Armut ändert sich überhaupt nicht:wer weniger als 60% des mittlerenEinkommens verdient, gilt in derEU als „relativ“ arm. Durch einGrundeinkommen würde dieseSchwelle nur etwas nach obenwandern. „Existenzielle“ Armutwie in den Ländern des globalenSüdens gibt es bei uns nicht. Umdie „relative“ Armut zu verringern,hilft nur eins: Umverteilung! Sozia-le Ungleichheit und Armut kannman in einem reichen Land nurbekämpfen, indem man nicht alleBevölkerungsgruppen gleichbe-handelt wie es das BGE tut. Esginge nur, wenn man das Grund-

einkommen über die Erhöhungoder Erhebung von Gewinn- bzw.Vermögenssteuern refinanziert. Fazit: Das BGE verringert wedersoziale Ungleichheit noch Armutoder die Erwerbslosigkeit! Staatli-che Mittel müssen gezielt denenzugutekommen, die Unterstützungbenötigen, um in Würde leben zukönnen. Wohlhabende, Reicheund Hyperreiche benötigen keinezusätzlichen Finanzmittel. Viel-mehr müssen sie stärker in diePflicht genommen werden – durchein höheren Spitzensteuersatz, dieWiedererhebung der Vermögens-steuer, eine progressive Ausge-staltung der Kapitalertragssteuersowie eine konsequente Besteue-rung großer Erbschaften undSchenkungen.

Das Bedingungslose Grundeinkommen verringertweder soziale Ungleichheit noch ArmutVier Argumente gegen das BGE

von Micheal Thon

1. Finanzierung

Zur Finanzierung des BGE schla-gen fast alle Unterstützer Steuer-einnahmen vor. Meist wird die Erhöhung der Mehrwertsteuer ge-nannt, Götz Werner (Eigentümerdes dm Drogeriekonzerns) sprichtsogar von einer Erhöhung derMWSt auf mehr als 50%! Klar,dass damit genau die getroffenwerden, die fast ihr gesamtes Ein-kommen in den Alltagskonsumstecken müssen. Außerdem istman dann immer abhängig vonder Kassenlage des Staates:Senkt oder steigert er das Grund-einkommen?

Ein weiterer Finanzierungsvor-schlag ist die Senkung der Lohn-nebenkosten. Danach gäbe es kei-ne Flächentarifverträge mehr, kei-nen Mindestlohn und keinen Kün-digungsschutz, sondern nur aufBetriebsebene zu vereinbarendeAbfindungsregelungen. Dies setztdie sozialen Rechte von Arbeit-nehmerinnen und Arbeitnehmernund die Gegenmacht der Gewerk-schaft auf Null.

2. Arbeitgeber

Ein BGE wäre das Paradies fürUnternehmer: Sichert der Staatden Lebensunterhalt ab, könntensie knallhartes Lohndumping be-treiben, nur noch das „Sah-nehäubchen“ bezahlen, für die

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Heessen

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Indien beflügelt oft exotische Tou-ristenphantasien und wird gerneals „größte Demokratie der Welt“bezeichnet. Hierbei wird ausge-blendet, dass über 800 MillionenMenschen dort als arm gelten undein Drittel der 1,3 Milliarden Ein-wohner chronisch unterernährt ist.Der aggressive Hindunationalis-mus hat durch MinisterpräsidentModi die Regierungsmacht über-nommen und Rassismus, ethni-scher Chauvinismus, Kastenterrorund Drangsalierung von muslimi-schen und christlichen Minderhei-ten bestimmen vielfach den Alltag.Zwei Millionen Frauen und Mäd -chen werden pro Jahr ermordet.

Etwa 92 Prozent der Bevölke-rung arbeitet ohne Kranken-, Ren-ten- oder Unfallversicherung,während sich die Mehrheit derkleinen korrupten Ober- und Mit-telschicht auf Kosten dieser Ar-men schamlos bereichert. Natio-nale und internationale Konzerneeignen sich mit staatlicher Hilfegroße Ländereien an, um Indus -trieprojekte zu errichten oder Bo-denschätze abzubauen.

Etwa 70 Prozent der indischenBevölkerung lebt auch heute nochin ländlichen Gebieten oft mit ge-meinschaftlicher Land- und Wald-bewirtschaftung und hat teilweisekeine Besitzurkunden für ihr Land.Mit den seit 20 Jahren verstärktstattfindenden Enteignungen wer-den die Lebensgrundlagen von

mehreren hundert Millionen Men-schen zerstört. Brutal geführteVerteilungs- und Verdrängungs-kämpfe um Land und Nahrungs-mittel sind in jedem Winkel Indiensdie Folge. Zweihundert MillionenAdivasis („Ureinwohner“) und Da-lits („Unberührbare“) sind dieHauptleittragenden dieser Ent-wicklung. Aufgrund des rigidenKastensystems stehen sie auf deruntersten Stufe der hierarchischzerklüfteten Gesellschaft.

Reiche, Großgrundbesitzer,Konzerne und Forstbehörden eig-nen sich ungestraft Adivasi-Landan und zerstören jahrhundertealtegut funktionierende Öko- und So-zialsysteme. Es werden beispiels-weise Tigerreservate für Touristen-besuche ausgewiesen und diedort lebenden Adivasis vertrieben

und manchmal sogar getötet. DenVertriebenen bleibt nichts anderesübrig, als in völlig unwirtliche Ge-genden zu fliehen, wo kaum Land-wirtschaft möglich ist. Viele Millio-nen vegetieren unter unwürdigenVerhältnissen auf den Bürgerstei-gen und in den Slums der Groß-städte. Eine ökologisch ange -passte und nachhaltig wirtschaf-tende Kultur- und Lebensweisewird systematisch zerstört.

Widerstand

Um den Widerstand gegen denLandraub zu organisieren und um inden Dörfern die gegenseitige Hilfebei dem Überlebenskampf zu koor-dinieren, haben sich vor 28 Jahrenin sechzehn indischen Bundesstaa-ten mehrere basisdemokratischeOrganisationen zusammenge-schlossen. Mit der Bewegung EktaParishad („Solidarischer Bund“)bündeln die Initiativen ihre Kräfte,treten massenhaft durch langeFußmärsche in Erscheinung undüben Druck auf Bundes- und Lan-desregierungen aus. Zum erstenMal nach dem Tode von MahatmaGandhi hat sich in Indien eine ge-waltfreie Massenbewegung ent-wickelt und gefestigt. Durch ihr„Markenzeichen“ Fußmarsch knüpftEkta Parishad an den berühmtenSalzmarsch von Gandhi im Jahre1930 an, an dessen Endpunkt er ineinem Akt des zivilen Ungehorsamsam Meer illegal Salz gewann.

Indien: Fußmarsch gegen Landraub bis nach Europa!von Horst Blume

Alle Fotos: Herbert Sauerwein

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Seit 1990 fanden zahlreiche re-gionale Fußmärsche von Dorf zuDorf bis in die großen Städte statt.Im Jahr 2007 marschierten 25.000Menschen 400 km bei sengenderHitze nach Delhi. 2012 waren esschon Einhunderttausend! Nichtnur die Durchführung dieser Mär-sche war eine Meisterleistung inSelbstorganisation, sondern auchdie Vorbereitung hierfür. Die armenFamilien legten jahrelang jedenTag eine Rupie pro Tag zurück, umden teuren Anfahrtsweg per Bahnfür ein Familienmitglied zu finan-zieren. Und jeden Tag eine Handvoll Reis, damit die Daheimgeblie-benen nicht verhungerten. DieKraft der Armen, die wochenlange,entbehrungsreiche Märsche mitnur einer Mahlzeit am Tag undÜbernachtungen unter freiemHimmel beispielsweise direkt ne-ben einer vielbefahrenen Auto-bahn auf sich nehmen können, istdie Grundlage für den Erfolg.

Ziel ist es, die BundesregierungIndiens durch abgestufte Protest-schritte und zähe Verhandlungendazu zu bringen, den legalisiertenLandraub zu stoppen und die Ge-setze zugunsten der legitimenRechte der Adivasis und Dalits zuändern und vor allen Dingen für dieUmsetzung in den Bundesstaatenund Kommunen zu sorgen. Bisherkonnten zwar Teilerfolge erzieltwerden, aber als der Hindunatio-nalist Modi 2014 Ministerpräsidentwurde, wurden selbst die altennoch unzulänglichen Vereinbarun-gen nicht mehr eingehalten.

Zu Fuß von Delhi nach Genf!

Als ich vor einigen Jahren dencharismatischen Sprecher von Ek-ta Parishad, Rajagopal P. V., inKöln interviewte, war die dreijähri-ge weltweite Kampagne „Jai Jagat2020“ (Sieg der Welt) schon lang-fristig angedacht und er betonte,dass jetzt auch auf allen Kontinen-ten der Kampf für Landrechte, Ge-rechtigkeit und eine nachhaltigeWirtschaftsweise mit vielen neuenBündnispartnern zusammenge-führt werden soll. Inzwischen istein weltweites Netzwerk entstan-den, dass durch zahlreiche Veran-

staltungen die kommenden Aktio-nen vorbereitet.

Am 2. Oktober 2018, dem Ge-burtstag von Mahatma Gandhi,wird ein Marsch von 150.000 Men-schen von Palwal nach Delhi statt-finden und zeitgleich an 200 OrtenSatyagraha (gewaltfreier Wider-stand) in Indien praktiziert. EinJahr später, am 2. Oktober 2019beginnt der über 10.000 Kilometerlange und durch 17 Länder führen-de zwölfmonatige Fußmarsch vonDelhi nach Genf zum Sitz derUNO, wo unter Einbeziehung derunterstützenden Organisationenaus aller Welt die formulierten For-derungen übergeben werden. DieVertreter der UNO haben signali-siert, dass sie bei diesem Große-vent im Jahr 2020 wohlwollend ko-operieren werden. In Genf besteht

seit vielen Jahren eine aktive Un-terstützergruppe der indischenLandlosenbewegung und bereitetKundgebungen und Veranstaltun-gen mit vor. Es wäre gut, wenn dieKampagne „Jai Jagat“ auch inDeutschland unterstützt würde.

In einigen Monaten möchte ichden bewegenden Kinofilm überden Marsch im Jahre 2012 „Milli-ons Can Walk“ in Hamm zeigen. Inden letzten drei Jahren habe ichauf meiner Homepage 35 Artikelüber die vielfältigen Aktivitäten derindischen Landlosenbewegunggeschrieben: www.machtvonunten.de/ekta-parishad.htmlAuf Englisch sind Informationenebenfalls einsehbar www.jaijagat2020.org

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wünschte sich diesen Wagen auchfür Hamm.Was wäre eine Klimameile ohneZweiräder? Viele Radfahrer schät-zen den „elektrischen Rücken-wind“. Drei Fahrradhändler brach-ten unterschiedliche Modelle zurklimafreundlichen Mobilität – vongemütlich bis sportlich – mit. Ent-sprechend interessiert zeigten sichdie Besucher. Der ADFC ergänzte

das Angebot durch Beratungenrund um E-Bikes und Pedelecsund bot zudem einen Ge-brauchträdermarkt an. Spielerischmehr über CO2-Emissionen vonverschiedenen Verkehrsmitteln er-fahren und gleichzeitig den Klima-schutzmanager kennenlernenkonnten die Besucher im Foyerdes Heinrich-von-Kleist-Forums.Hier präsentierte sich auch dasStadtplanungsamt mit verschiede-nen Informationen rund um eineklimafreundliche Mobilität. Im Au-tofasten-Café gab es selbstge-backene Kuchen und fairen Kaffeezu verkosten und einige Produkteaus dem Fairen Handel zu erwer-ben. Darunter auch das Son-nenglas, das nicht nur aus demfairen Handel stammt, sondernauch durch seine Solartechnik da-zu beiträgt CO2-Emissionen zuverringern.Wer richtig heizt, kann viel Geldsparen und das Klima schützen.Im Verbund mit den Firmen Bude-rus, Vaillant und Viessmann bera-ten die Stadtwerke Hamm überenergiesparende und klimafreund-liche Heizmöglichkeiten. Leidermusste der Gemeinschaftsstandder Deutschen Gesellschaft fürSonnenenergie, de FabLab und

E-Mobilitätstag auf der Klimameile

Immer mehr Menschen interessie-ren sich für E-Mobilität. Doch eineEntscheidung ist nicht einfach.Welches Modell ist das Richtigefür meine Bedürfnisse und welchegesetzlichen Regelungen und För-derungen gibt es? Die Klimameileam 8. April im Bereich des Bahn-hofs gab erste Antworten. HerbertKujat, Dr. Georg Steffens (Wirt-schaftsförderung) und Dennis Szillus (B.A.U.M. Consult) gabengerne ihre persönlichen Erfahrun-gen mit E-Autos weiter, währendgleich vier Autohäuser über ihreE-Flotte (inklusive Hybrid) infor-mierten. Die Stadtwerke informier-ten u. a. über die öffentliche Lade-infrastruktur, die EnergieagenturNRW über Fördermöglichkeitenund am Stand des Stadtplanungs-amtes gab es Informationen, wieman ein E-Kennzeichen bekommtund welche Vorteile dies bringt.Das Angebot, ab 16 Uhr zu Probe-fahrten zu starten, wurde leidernicht angenommen. Interessezeigten die Besucher jedoch auchfür den ausgestellten Tesla sowieden E-Scooter, den die SRH inDortmund ausgeliehen hatte. Die-ser bietet ausreichend Platz fürTransporte. So mancher Besucher

E-Mobilität auf zwei Rädern...

...und auf vier Rädern.

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während der ASH seine Bio-Tonnevorstellte und dazu anregte, Kom-post und Kressesaat für die heimi-sche Zucht mitzunehmen. DerAufforderung, alte Handys, leere

Stifte, wie z. B. Kugelschreiberoder Textmarker oder Korken ab-zugeben, wurde gerne nachge-kommen. So konnten über 80Handys dem Recycling zugeführtwerden. Neben der Weiterverwer-tung von wertvollen Rohstoffenwerden so auch soziale Projektein den Abbaugebieten der Roh-stoffe sowie Umweltprojekte ander Havel unterstützt. Auch beiden Stiften und Korken wurden amEnde volle Kartons mitgenommen.Gleichzeitig informierte der Standüber die aktuellen Projekte vonFUgE. Hierzu gehört das von derStiftung Umwelt und EntwicklungNRW geförderte Projekt „Nachhal-tig konsumieren – Ressourcenschonen“, das vom Amt für sozia-le Integration geförderte Projekt„Umweltbildung für Flüchtlingeund Migranten“ sowie das von En-gagement Global geförderte Pro-jekt „Unser alltäglicher Müll“. Er-gänzt wurden die Aktivitäten durchdie Ausstellungen „Klimaschutzschmeckt“ und „Superfoods ausNRW“ der Verbraucherzentrale,die zeigten, dass Klimaschutzdurchaus Spaß machen und dabeiauch ein Genuss sein kann. Die Klimameile mit E-Mobilitätstagwar eine Veranstaltung des Stadt-planungsamtes und des Umwelt-amtes der Stadt Hamm in Koope-ration mit dem StadtmarketingHamm und FUgE.

dem Macher Magazin aus gesund-heitlichen Gründen absagen. DasThema regenerative Energien wur-de jedoch vom Grünen Klassen-zimmer mit Experimenten rund umdas Thema aufgefangen. Undauch im Energieberatungsmobilder Energieagentur NRW gab esnicht nur eine unabhängige Bera-tung, sondern auch viel zu Bestau-nen und auszuprobieren. Kleineund große Entdecker kamen hierauf ihre Kosten.Ressourcenschutz ist Klima-schutz. Am Gemeinschaftsstandvon FUgE und dem ASH konntespielerisch Mülltrennung erprobtwerden. Mahmoud Ez Aldin undOumar Diallo sprachen hierbei ge-zielt auch Menschen mit Migrati-onshintergrund an. Ein Müll-Quizverdeutlichte die Müllmengen, diewir tagtäglich produzieren,

FUgE-news Ausgabe 1/201825

Ressourcen schonen – Wertstoffe recyceln.

Mülltrennung spielerisch erfahren.

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Anschaffung, bedeuten aber fürdie Nutzer langfristig hohe Kosten.Nicht selten sind fast 30 Prozentdes Haushaltseinkommens not-wendig, um den Brennstoff zu er-werben. Andererseits ist Afrikareich an Sonnenlicht. Durch Solar-lampen kann daher dieses Pro-blem gelöst werden. Die Sonne liefert unentgeltlich saubere Ener-gie und ist unendlich verfügbar.

So entstand die Idee zur Pro-duktion des „Sonnenglases“.Durch Solarzellen werden Akkusaufgeladen, die LED-Licht in ei-nem Glas zum Leuchten bringt.Die Solarlampe speichert währenddes Tages Energie, die es dannnachts in Form von Licht wiederabgibt. Diese Methode der Licht -erzeugung ist nachhaltig und stelltgleichzeitig einen einfachen Wegdar, umweltbewusst zu leben. So-larlampen können die gefährlichenund wenig umweltverträglichenKerosinlampen ersetzen.

Aus kleinen Anfängen hat sichinzwischen ein Erfolgsmodell ent-wickelt. Über 65 Mitarbeiter in derSonnenglas-Fabrik produzierenpro Tag ca. 1500 Leuchten, die in-zwischen über 3 Millionen Mal ver-kauft wurden. Bei transparentenProduktionsbedingungen entstandein echtes Fair-Trade-Produkt ausSüdafrika. Die Löhne liegen überdem Landesniveau und sichernbei einer Vollbeschäftigung dasAuskommen. Die Produktionsme-thoden haben sich inzwischen ver-

ändert und die Leiterplatten wer-den mit modernster Technik selbsthergestellt. Die weiteren Produkt-schritte sind hochwertige Handar-beit, wobei zu 70 % lokale Mate-rialien verwandt werden. DasGlasgefäß ist zu 100 % recyclebar.Die Solarlampen haben das Lebenvieler in Afrika verändert. DasSONNENGLAS® hat sich mittler-weile in Südafrika zum richtigenKultprodukt entwickelt. Nunkommt es zu uns nach Europa undschenkt uns ein bisschen südafri-kanische Lebensfreude.

Über eine halbe Million Malwurde es in Deutschland verkauft.Das SONNENGLAS® bietet un-zählige Einsatzmöglichkeiten. Esist grüne High-Tech Technologie,verpackt in einem nostalgischenEinmachglas. Das SONNEN -GLAS® ist ideal als Solar-Laterne,Gartenlampe, für den romantischgedeckten Tisch, Grillpartys, zumCamping, zur Dekoration, zum Es-sen im Freien… einfach für alleOutdoor-Aktivitäten, bei denennach Sonnenuntergang einegemütliche, idyllische Abendstim-mung erzeugt werden soll. Die viersolarbetriebenen LEDs erzeugeneinen wunderschönen, hellenLichtschein, so hell, dass man gutdabei lesen kann. Das Besondere:Die Solarlaterne kann innen nacheigenen Wünschen gestaltet wer-den: Früchte, Sand, getrockneteBlumen, Muscheln, Kieselsteine…der Fantasie sind kaum Grenzengesetzt.

Für uns ist es nur Deko, für Afri-ka eine Möglichkeit, nach Sonnen-untergang noch Licht zur Verfü-gung zu haben.

Das Sonnenglas – ein Erfolgsmodell aus SüdafrikaErhard Sudhaus

Das Prinzip dieser Solarlampe istsimpel und geradezu genial: Esentstand aus einer Geschäftsideejunger Leute in Südafrika, die dieMöglichkeit sahen, der ärmerenBe völkerung in Gegenden ohneStromanschluss zu einer preis -güns tigen Lichtquelle zu verhelfen.Weltweit haben mehr als 1,3 Milli-arden Menschen keinen gesicher-ten Zugang zu Elektrizität, dassind mehr als 15 % der Weltbevöl-kerung. Vor allem Afrika sitztsprichwörtlich im Dunkeln, dennsüdlich der Sahara leben MillionenMenschen noch immer ohneStrom und Licht.

Wo kein Strom ist, waren bis-lang vor allem Kerzen und Lampenmit fossilen Brennstoffen die einzi-ge Lichtquelle. Allein in Afrika sindviele Millionen Petroleumlampenim Umlauf. Weltweit verbrennenpro Jahr knapp 25 Milliarden Literdes fossilen Brennstoffs in solchenLampen. Doch die vermeintlichgünstige Lösung birgt viele Gefah-ren. Als offene Feuerquellen können sie nicht nur Brände verur-sachen. Sie schaden wegen derfeinen Rußpartikel, die beim Ver-brennen des Paraffins entstehen,auch der Gesundheit und könnenAtemwegserkrankungen verursa-chen. Gleichzeitig heizen Petrole-umlampen auch das Klima an.Auch günstig sind sie nicht. EineLampe verbraucht ungefähr dreiLiter des fossilen Brennstoffes proMonat. Sie sind zwar billig in der

Maxwell bei der Arbeit an den Bügeln. Foto: ©Sonnenglas.net

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Platinen für das Sonnenglas.

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te gewinnbringend zuvermarkten. Sie warenvon Zwischenhändlernabhängig, welche viel zuwenig für den Kakao be-zahlten. Viele Eigentümernutzen ihr Land bis heutenicht, wodurch fruchtbarer Bodenbrach liegt.

In den Letzten Jahren hat sicheiniges verändert. 1995 gründetendie Kleinbauern mit Unterstützungeines internationalen Agrarfondsihre erste Genossenschaft und lie-ferten Bio-Kakao an einen franzö-sischen Importeur. Seit 2003 gibtes ein staatliches Programm mitdem Ziel, die Produktion von Qua-litätskakao gezielt und erheblichzu steigern. Dazu gehörte auch2009 die Gründung von CECAQ-11. Nun zeigen zwei Agrartechni-ker und besonders ausgebildeteMitglieder den Kakaobauern, wiesie den Ertrag ihrer Kakaobäumemit einfachen Mitteln erhöhenkönnen. Außerdem erklären sie ih-nen, wie sie die frischen Bohnenrichtig fermentieren und trocknen,um qualitativ hochwertigen Roh-kakao zu erhalten. Für diesen zahltdie Kooperative ihren Mitgliederneinen guten Preis.

Wer aus der westlichen Weltnach Sao Tome kommt, sieht nochArmut. Die Leute leben noch aufengstem Raum und tragen zer-schlissene Kleidung. Man könntemeinen, dass der faire Handelnoch nichts bewirkt hat. Doch Ver-änderungen brauchen Zeit. CE-CAQ-11 existiert erst seit knappneun Jahren, seit acht Jahrenkauft die Gepa dort. Und für diesekurze Zeit hat sich schon sehr vielverändert. Der Ertrag und die Prei-se auf Produzentenebene habensich verdoppelt! Aktuell ist eineSekundär-Schule mit Übernach-tungsmöglichkeit geplant, da esdavon auf der Insel zu wenige gibt.

Die Schokoladen

Bio Chocolat Noir Chili ist eine85% Bitterschokolade in der Chili

pikante Akzente setzt.Zutaten: Kakaomasse, Kakaobut-ter, Vollrohrzucker, Chili extrakt,Kakao: 85% mindestensBio Chocolat Noir Lemon ist eine85% Bitterschokolade, vereint mitZitronenöl, wodurch eine feine Fri-sche entsteht. Zutaten: Kakao-masse, Kakaobutter, Vollrohr-zucker, Lemonöl, Kakao: 85%mindestensBio Chocolat Vollmilch 41% Ka-kao und Milch aus dem Alpenvor-land, ergeben eine zart schmel-zende köstlich schmeckendeSchokolade. Zutaten: Rohrohr-zucker, Kakaobutter, 20% Voll-milchpulver, Kakaomasse, Kakao:41% mindestensBio Chocolat Salty Caramel, die41% Vollmilchschokolade mit Ca-ramel Crisp und einem HauchFleur de Sel vereint das Ge-schmackserlebnis Süß-Salzig. Zutaten: Rohrohrzucker, Kakao-butter, 19% Vollmilchpulver, Ka -kaomasse, 7,5% Karamellcrisp(Rohrohrzucker, Glucosesirup,Butterreinfett, Meersalz), 0,5% Pyramidensalz (Fleurde Sel). Kakao: 41%mindestensBio Chocolat NussSplitter, hier trifft41% Vollmilch-schokolade aufknusprige Hasel-nuss-Splitter. Zu-taten: Rohrohr-zucker, Kakao-butter, 19%Vollmilchpulver,Kakaomasse,8% Haselnüs-se (gehackt),Kakao: 41%mindestens

Taste fair AfrikaBritta Seifert

Mit „Taste Fair Africa“ stellt Ge-pa den afrikanischen Kontinent inden Mittelpunkt. Fünf neue Scho-koladen gehören zu dieser Serie.Die leckeren Schokoladen sindseit einigen Wochen bei uns imWeltladen zu kaufen. Mit diesemProgramm möchte Gepa zeigen,dass Bioanbau und Fairer Handelwichtig für die zukünftige Weltwirt-schaft sind. Die Kakaobohnenkommen aus Sao Tome von derCECAQ-11-Genossenschaft. CE-CAQ-11 und die Gepa arbeitenseit 2010 zusammen.

Die Inselgruppe Sao Tome undPrincipe liegt im Golf von Guinea,ca. 200 Kilometer vor der KüsteAfrikas. Bis 1975 war Sao Tomeportugiesische Kolonie. In dieserZeit war Rohkakao das wichtigsteExportgut der den Lebensstan-dard sicher stellte. Als portugiesi-sche Kolonie war Sao Tome langeZeit jedoch auch wichtigerSklaven umschlagplatz zwischenAfrika, Brasilien, Portugal und denkaribischen Inseln. Auch vieleStrafgefangene wurden auf die In-selgruppe abgeschoben. Nochheute prägen diese unterschiedli-chen Einflüsse das Bild von SaoTome und Principe, brachten un-terschiedlichen Bewohnern dochauch ihre Kulturen sowie Obst-und Gemüsesorten mit.

1975 wurde Sao Tome unab-hängig. In der Zeit von 1975 bis1990 regierte eine kommunisti-sche Einheitspartei. Durch staat -liche Misswirtschaft ging die Produktion von Qualitätskakaodras tisch zurück. Viele Einwohnerzogen vom Landesinneren an dieKüste. Als Folge lebt heute fast je-der zweite Einwohner unter der Ar-mutsgrenze von weniger als 1,25US-Doller am Tag. Anstelle vonKakao hoffen die Einwohner nunauf die Förderung von Öl und Gasvor ihrer Küste.

Durch eine Landreform in den1990er Jahren wurden die Planta-genarbeiter plötzlich zu Landbe -sitzern von 1,5 bis 2 Hektar. Siehatten jedoch nie gelernt ihre Ern-

Fotos: Britta Seifert

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Bereits mit unserem Projekt„Nachhaltig konsumieren – Res-sourcen schonen“, das von derStiftung Umwelt und EntwicklungNordrhein-Westfalen gefördertwird, versuchen wir auf unfaireHandelspraktiken und alternativeHandlungsoptionen hinzuweisen.Denn nach wie vor werden bei derHerstellung unserer Alltagspro-dukte häufig Menschenrechte ver-letzt und die Umwelt zerstört.Auch deutsche Unternehmen sindimmer wieder an Menschenrechts-verletzungen im Ausland beteiligtoder profitieren davon.

Menschenrechtsverletzungenstellen im globalen Wirtschafts -system keine Ausnahme dar. Oftspeisen sich Unternehmensgewin-ne systematisch aus menschen -unwürdigen Arbeitsbedingungenund niedrigen Umweltstandards.Wenn Unternehmen im Auslanddie Rechte von Arbeiter/innen ver-letzen, die lokale Bevölkerung vonihrem Land vertreiben oder Schä-den für Umwelt und Gesundheitverursachen, bleibt dies für sie je-doch häufig ohne rechtliche Fol-gen. Betroffene finden weder vor

Ort noch in den Heimatländern derUnternehmen Rechtsschutz undWiedergutmachung. Die deutschePolitik hat in den letzten Jahrenviele Möglichkeiten verpasst, dieAusbeutung von Mensch und Um-welt bei der Herstellung unsererAlltagsprodukte zu stoppen undverbindliche menschenrechtlicheVorgaben für Unternehmen zu be-schließen.

Gemeinsam mit dem ForumFairer Handel und dem Weltladen-Dachverband fordern wird des-halb: • Eine verbindliche menschen-

rechtliche Sorgfaltspflicht fürdeutsche Unternehmen entlangihrer gesamten Lieferkette!

• Eine konsequente Umsetzungdes Nationalen Aktionsplans fürWirtschaft und Menschenrechte(NAP)!

• Eine konstruktive Unterstützungdes UN-Treaty Prozesses durchdie Bundesregierung!

• Strengere Indikatoren in derDeutschen Nachhaltigkeitsstra-tegie für eine menschenrechtli-che Sorgfaltspflicht für Unter-nehmen!

Weltladentag 2018 – Menschen- und Arbeitsrechte weltweit verbindlich schützen!Claudia Kasten

Anlässlich des Weltladentages am12. Mai unterstützte auch der FUgE-Weltladen die politischenForderungen des Fairen Handels.Gemeinsam riefen wir dazu auf,die Ausbeutung von Mensch undUmwelt durch Unternehmen zustoppen. Mit einer Unterschriften-aktion wendeten wir uns erneut andie Bundestagsabgeordneten undforderten sie – nicht zum erstenMal – dazu auf, sich für eine ge-setzliche menschenrechtlicheSorgfaltspflicht für Unternehmeneinzusetzen.

Nachdem der Wochenmarktaufgrund einer Veranstaltung um-verlegt wurde, erlaubte uns derMarktmeister freundlicherweise,ebenfalls unseren Standort zu ver-legen, so dass wir nun Mitten aufdem Markt standen. Ein guterPlatz, um die Menschen anzuspre-chen. Zwei Einkaufswagen, einergefüllt mit nachhaltigen Artikeln,einer mit konventionellen Artikeln,zeigte auf, dass auch der Konsu-ment mit seinen Einkaufsentschei-dungen zur Einhaltung von Menschen- und Arbeitsrechtenweltweit beitragen kann.

Das Ladenteam informierte anschaulich über nachhaltigen Konsum.

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Dem Trend entgegenwirken

Die gute Nachricht zuerst: DerFaire Handel wächst. Der Absatzfair gehandelter Produkte inDeutschland steigt seit einigenJahren kontinuierlich an. (Quelle:Forum Fairer Handel)

Im Geschäftsjahr 2016 erreich -te der Faire Handel in Deutschlandmit 1,3 Milliarden Euro zu Endver-braucherpreisen einen neuenRekordumsatz und weist eineSteigerung von 14 % im Vergleichzum Vorjahr auf.

Die Kehrseite der Medaille:Dieses Wachstum spielt sichaußerhalb des eigentlichen Kernsdes Fairen Handels, also außer-halb der Weltläden ab, obwohl wir,auch unser FUgE-Weltladen, diebreitere Produktpalette bieten undunser Ladenteam Hintergrund -wissen und Informationen liefernkann, die von Discountern undden großen Lebensmittelhandels-ketten nicht geboten werden.

Auch in Hamm müssen wirfeststellen, dass unser Weltladenvon den generellen Umsatz-zuwächsen nicht profitiert. Ver-schiedene Umfragen und Studienbescheinigen dem Fairen Handelallerdings eine größere Zielgruppeals die bis jetzt erreichte. Nur wiekann man diesen neuen Kun-denkreis erschließen?

Die Antwort des FUgE-Welt-laden darauf heißt: Professionali -sierung auf den unterschiedlichs -ten Gebieten, wie etwa Moder -nisierung der Ladengestaltung,Überarbeitung des Sortiments,kontinuierliche Schulung desTeams, Vereinfachung und Ratio-nalisierung kaufmännischer Ab -läufe.

Mit dieser Professionalisierunghofft das Ladenteam dem allge-meinen Trend der Verlagerung vonUmsatz in andere Bereiche etwasentgegenhalten zu können. Nunkönnte man ja berechtigter Weiseanmerken, wieso ist das so nega-

tiv zu sehen? Die Hauptsache istdoch, der Faire Handel wirdgrößer?

Als etwas anderer Laden gehtes uns nicht nur um Umsatz unddessen Steigerung. Vielmehrwollen wir das Augenmerk desVerbrauchers auf die gesamteWertschöpfungskette eines Pro-duktes, sei es ein Lebensmittel,Kunsthandwerk, Alltagsgegen-stand o. ä. lenken.

Unsere wichtigsten Anliegensind die Einhaltung von Men-schenrechten im Produktions -prozess, gerechte Bezahlung derProduzenten, Produktion in Res -pekt vor der Natur, VerbraucherIn-nen bei uns zu einem anderenEinkaufsverhalten und einem an-deren Lebensstil motivieren. Unddas, glauben wir, kann ein Welt-laden, als Pionier des Fairen Han-dels, mit seiner Botschaft allemalbesser.

Der erste und auch für unsereKunden sichtbare Schritt in Rich-tung Professionalisierung wird diezum 1. Juli geplante Einführungeines neuen computergestütztenKassensystems sein. Damit erledi-gen sich viele Arbeitsschritte, diebisher manuell erledigt werdenmussten. Auch die im Hintergrundablaufenden Tätigkeiten der Buch-

führung, Lagerhaltung und desBestellwesens werden dadurchzeitsparend vereinfacht und trans-parenter.

Auf längere Sicht ist für denWeltladen eine andere Rechtsformgeplant. Damit keine Missver-ständnisse aufkommen: Der Ver einFUgE e.V. und der Laden liegen inder Zielsetzung ganz nahbeieinander. Eine weiterhin engeZusammenarbeit soll natürlichbestehen bleiben. Da der Ladenaber als gewerblicher Teil die im-mer strenger werdende Auflagender Finanzbehörden erfüllen muss,wollen wir eine buchhalterischeEntflechtung herbeiführen, dieauch für die handelnden Akteureeine große Vereinfachung be-deuten wird.

Das Ladenteam Hamm nimmtdie gestellten Herausforderungenan und wird sukzessive an einerWeiterentwicklung arbeiten. Wirbitten alle Kunden, uns auf diesemWeg zu begleiten. Wer noch nichtbei uns im Laden war, schauedoch einmal ganz unverbindlichherein. Wir missionieren nicht, wirnötigen nicht zum Kauf, sondernwir arbeiten durch den Fairen Han-del an einer gerechteren Welt.Neue Mitstreiter sind herzlichwillkommen!

Neuigkeiten aus dem FUgE-Weltladenvon Elisabeth Nieder (für das Ladenteam)

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Vor- und Nachteilen ihrer Lokalität,der schwierigen finanziellen Lageund dem Selbstverständnis desWeltladens, d. h. ob es nur um einGeschäft oder ein Lernort überden Ansatz des Fairen Handelsgeht, auseinander. Nach Bergka-men sind über 25 Vertreter/innender Steuerungsgruppen der Ver-waltung, Weltläden, Kirchenge-meinden, Verbraucherzentralen undgemeinnützigen Vereinen aus Bö-nen, Fröndenberg, Holzwickede,Kamen, Selm, Unna, Werne undauch Hamm gekommen. Siediskutierten über die Hindernisseder Kommunikation zwischen derkommunalen Verwaltung und derZivilgesellschaft in der Fairtrade-Towns-Kampagne, aber auch überdie Erfahrungen und Chancen desStandortes „Fairer Handel“ auch inder Auseinandersetzung mit ihremStadtmarketing. Der Kreis Unnawird es schaffen, dass alle seineGemeinden und Städte als Fair-trade-Towns bis zum Ende 2018ausgezeichnet werden und somitein wichtiges Signal für die FaireMetropole Ruhr setzen.

Kreis Soest

Nach Lippstadt (Juni 2012), Soest(November 2013), Lippetal (Febru-ar 2014) und Geseke (Juni 2014)wurde Werl (November 2015) alsFairtrade-Town ausgezeichnet.Seit 2016 ist jedoch die Fairtrade-

Die Fairtrade-Towns-Bewegung in der HellwegregionMarcos Antonio da Costa Melo

Unter Fairtrade-Towns verstehtman Kommunen, die sich für denfairen Handel einsetzen. EineSteuerungsgruppe, die in derRegel aus Akteuren der Politik, derZivilgesellschaft und der Wirt -schaft besteht, sorgt dafür, dass inverschiedenen Stellen der Kom-mune Produkte aus dem fairenHandel angeboten werden undAktivitäten für die Fairtrade-Ideevorankommen.

Kreis Unna

Fairtrade-Towns gibt es inDeutschland seit 2009 und in derHellwegregion seit dem 29. Sep-tember 2011 mit der Auszeich-nung von Lünen. Zwei Ereignisse2017 zeichneten ein neues Niveauder Fairen-Handel-Bewegung imKreis Unna aus: das Weltladen-Vernetzungstreffen Mitte Novem-ber in Werne und das regionaleAustauschtreffen der Fairtrade-Towns Ende November 2017 inBergkamen. Nach Werne kamenüber 20 Vertreter/innen aus denWeltläden Ahlen, Hamm und Unna. Sie setzten sich mit den

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häufig viel Zeit der Akteure inAnspruch. Umso wichtiger wirddie Titelerneuerung von Geseke,Lippetal, Lippstadt und nichtzuletzt von Hamm Ende 2018 sein, damit die Fairtrade-Towns-Kampagne im Kreis Soest neuenSchwung bekommt.

Die Stadt Hamm

Nach der Auszeichnung derFriedenschule und der RealschuleMark als Fairtrade-School, bringendie anstehenden Bewerbungender Marien- und der WaldorfschuleHamm neue Motivation für diebevorstehende Titelerneuerungder Stadt Hamm. Die Steuerungs-gruppe macht sich stark, dassauch Hauptschulen sich als Fair-

trade-School bewerben. Zudembringt die Steuerungsgruppe imVorfeld der Fußball-WM in Russ-land das Thema Faire Fußbälle insGespräch, indem FUgE faireFußbälle durch Prominente beiFußballturnieren als Preise über -gibt.

Als Termin für die Titelerneuerung„Hamm: Stadt des Fairen Han-dels“ favorisieren die Akteure alsOrt den „Eine Welt- und Umwelt-tag“, der am 23. September 2018im Maxipark stattfindet.

Towns-Kampagne im Kreis Soestins Stocken geraten. Welver, Er-witte und Warstein, die auf einemguten Weg waren, konnten ihreKampagne trotz der Bildung einerstabilen Steuerungsgruppe auskommunalpolitischen und organ-isatorischen Gründen nicht vo-rantreiben. Zum einem war dieEntschlossenheit der Ratsfraktio-nen für die Fairtrade-Towns-Kam-pagne nicht gegeben und zum an-deren waren die ehrenamtlichenKräfte mit der Unterstützung vonneuen Geflüchteten so überlastet,dass die Aufklärungskampagne fürden Fairen Handel schwer ab -zudecken war. Die Organisationund die Bildung neuer Allianzen inPolitik und Gesellschaft nehmen inder Arbeit der Steue rungsgruppe

Hammer Apfelsaftes konnten be-reits fünf Bäume an der Ziegelei-straße gepflanzt werden. Nun kamen insgesamt zwölf Bäumehinzu. Sie wurden an zwei Kinder-gärten und sechs Schulen ge-pflanzt. Dabei handelt es sich umalte und robuste Sorten. Dies istein Gewinn sowohl für die Umweltals auch die Kinder, die durch die

Bäume einen direkten Bezug zumZusammenhang von den Wachs-tumsphasen eines Apfelbaumesbis hin zur Ernte und der Verarbei-tung von Äpfeln erhalten. Zwarwird es noch einige Zeit dauern,bis die ersten Äpfel geerntet wer-den können – mit den Kindernfreuen sich auch die Organisatorenschon auf dieses „erste Mal“.

Gemeinsam rufen FUgE, der NABU, die Naturfreunde und derBUND jedes Jahr im Herbst Ham-mer Bürger dazu auf, Äpfel ausihren Gärten und Streuobstwiesenanzuliefern, um daraus den belieb-ten Hammer Apfelsaft pressen zulassen. Unterstützt wird das Pro-jekt durch Getränke Schürmannund Raiffeisen-Hellweg-Lippe inRhynern. Dank der Erlöse aus demHammer Apfelsaft konnten nun anzwei Kindergärten und sechsSchulen Apfelbäume gepflanztwerden.

Beim Hammer Apfelsaft gehtes nicht nur um leckeren Saft, son-dern auch um eine regionale Ver-marktung, d. h. kurze Wege unddamit konkrete CO2-Einsparun-gen. Die Abfüllung in 1-Liter-Pfand flaschen ist dabei besondersnachhaltig. Vor allem aber trägtder Hammer Apfelsaft zum Erhaltvon Apfelbäumen und Streuobst-wiesen, die vielen Insekten – allenvoran den Bienen – einen wichti-gen Lebensraum bieten, bei.

Bei einer ersten Ausschüttungvon Erlösen aus dem Verkauf des

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Wenn aus Apfelsaft Apfelbäume werden…Claudia Kasten

Auch an der Friedensschule wird gepflanzt. Foto: Friedensschule

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• Die bisherigen Postulate zumThema Wirtschaftswachstum undLebensstil werden nirgendwo in-frage gestellt, sondern als notwen-dig einfach fortgeschrieben, umVollbeschäftigung bis 2025 zu er-reichen.• Die nicht mehr erreichbaren Klimaschutzziele bis 2020, insbe-sondere durch den Individualver-kehr verursacht, werden nichtdurch intensivere Maßnahmenkompensiert, sondern durch dieVertrös tung auf die Zielvorgabenbis 2030 und 2050 verschoben.• Braunkohlenabbau und Still -legung der Stromverkohlung wer-den zwar mit der Bildung vonKommissionen erwähnt, aber nichteinmal zeitlich vorgegeben.• Die Verantwortung der Automo-bilindustrie wird ebenfalls nur in ly-rischen Worten angesprochen, esfehlen dagegen die konsequentenAuflagen für die Beseitigung derSchäden beim Dieselauto und derUmbau der Fahrzeuge auf Elektro-mobilität.• Die Flächenversiegelung und einzusammenhängender Naturschutzdurch eine Ökologisierung der

Landwirtschaft findet zwar in eini-gen Zeilen seinen Niederschlag,bleibt aber wie fast alles in diesemPolitikfeld im Unverbindlichen. An-statt über die Europäische Schie-ne die notwendigen Veränderun-gen einzufordern, fehlt der Willedurch politische Vorgaben, die in-dustriell geprägte Landwirtschaftradikal zu ändern.• Mit der Ausweitung der Militär-ausgaben soll auch der Haushalt-ansatz für Entwicklungspolitik auf0,7 % wachsen. Aber dafür gibt eskeine Zeitvorgabe, obwohl dasnun schon seit fast 30 Jahren vonder Politik behauptet wird.• Afrika rückt zwar auf Grund derFluchtbewegung aus diesem Kon-tinent nach Europa in den Focusund wird mit einem sogenanntenMarshall-Plan groß dimensioniertangekündigt, verliert sich aber beider Umsetzung eher in Fluchtab-wehr und im Kleinkarierten.• Die Kontrolle von Handelskettenbis hin zu den menschenunwürdi-gen Produktionsstätten insbeson-dere in asiatischen Ländern wirdebenfalls angesprochen, aber nir-gendwo mit einer gesetzlichen

Vorgabe festge-macht.

Ein FunkenHoffnung bleibttrotzdem: derDruck der Zivilge-sellschaft in die-sen Politikfeldernwird ebenso zu-nehmen wie daskritische Kaufver-halten von unsKonsumenten.

Darüber hin-aus wird schon inknapp dreieinhalbJahren wiederge-wählt.

Darum habenwir Lust und Mutzum Widerstand.

Deutschland steigt aus!– Kommentar zur neuen GroKoWeniger Klimaschutz und keine Lösungen für Afrika

von Karl A. Faulenbach

Wer nach den miserablen Wahl -ergebnissen der letzten Bundes-tagswahlen für die etablierten Parteien in unserem Land mit rich-tungsweisenden Veränderungen inden politischen Visionen und denVorgaben für die nächsten vierJahre gerechnet hat, wurde spätes -tens mit der Regierungsbildungdurch die sogenannte GroKo ent-täuscht. Das Fünkchen Hoffnungmit Jamaika wurde durch dieF.D.P. zunichte gemacht und wasdann kam, war das weiter so beiallen „Reförmchen“ am Sozial -system, die diese neue Regierunghervorgebracht hat. Gerade dieüberlebenswichtigen Bereiche fürdie Zukunft unserer Erde, Europasund unseres Landes wie der Kli-ma- und Naturschutz, die Hinter-fragung des reinen Wachstums-denkens und die Verantwortungfür die Länder des globalen Sü-dens werden in dem sehr umfang-reichen Koalitionspapier (177 Sei-ten) zwar teilweise verbalisiert undtangiert, aber an keiner Stelle mitkonkreten Vorgaben so festge-zurrt, so das daraus politischesHandeln folgen müsste.

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Kontakt: Forum für Umwelt und gerechte Entwicklung (FUgE)

Dorothee Borowski, Anzeigenverwaltung

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