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Mobilität in China XXIX. Jahrestagung der DVCS 30. November & 1. Dezember 2018 am China Center der TU Berlin

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Mobilität in ChinaXXIX. Jahrestagung der DVCS

30. November &1. Dezember 2018am China Center der

TU Berlin

Tagungsort:

Technische Universität Berlin

Hauptgebäude, Räume: H 2036 und H 2035

Straße des 17. Juni 135

10623 Berlin

Homepage der Tagung:

www.china.tu-berlin.de/dvcs2018

Homepage der DVCS:

www.ruhr-uni-bochum.de/oaw/dvcs

Programm ...................................................................................... 4

Beiträge ........................................................................................ 10

Unterstützt durch:

XXIX. Jahrestagung der DVCS

Mobilität in China

有朋自遠方來,不亦樂乎?

Wenn ein Freund von weit her kommt, ist das nicht eine Freude?

Lunyu, 1.1

Schon im ersten Kapitel des Lunyu ist die Rede von Mobilität: Wenn ein

Freund einen anderen aufsuchen möchte, muss er notgedrungen die Distanz

bewältigen, die ihn von seinem ersehnten Ziel trennt. Er reist beschwerlich

auf einem Karren oder läuft vielleicht tagelang, um endlich zu seinem Freund

zu gelangen.

Das Thema der diesjährigen DVCS-Tagung in Berlin kreist um Mobilität,

Bewegung und allgemein um Transfer-Prozesse in China und möchte diese

vielfältige Thematik aus verschiedenen Perspektiven darstellen. Mobilität soll

dabei folgerichtig in einem weiten Sinne verstanden werden: Sie beschränkt

sich nicht nur auf technische Themen wie Logistik, Schienenverkehr oder e-

Mobility, sondern umfasst außerdem historisch-gesellschaftliche und

philosophische Themengebiete, wie z. B. die Reisen der Gelehrtenbeamten,

die Änderungen des Mobilitätsverhaltens im Laufe der Zeit, die

infrastrukturellen Voraussetzungen für Mobilität, Tourismus, den Wandel der

Gesellschaft, Darstellungen von Mobilitätsaspekten in der Literatur sowie in

den darstellenden oder bildenden Künsten in Vergangenheit und Gegenwart.

Ferner sollen Prozesse des Wissens- und Erfahrungstransfers in der

chinesischen Geschichte und Gegenwart besonders betrachtet werden.

4 XXIX. Jahrestagung der DVCS

Programm

Freitag, 30.11.2018

09:30 – 10:00 Registrierung

10:00 – 10:30 Begrüßung

Raum: H 2036

Grußworte: Ulrike Hillemann-Delaney

(TU Berlin, Büro für Internationales)

Maria Khayutina

(LMU München, stellv. Vorsitzender des DVCS-

Vorstands)

Sigrun Abels, Tania Becker & Philipp Mahltig

(TU Berlin, CCST)

10:30 – 12:00 Panel I „Mobilität im chinesischen

Altertum“

Raum: H 2036

Chair: Maria Khayutina

Maria Khayutina Mobilität während der chinesischen Bronzezeit:

Heiratsallianzen und ihre wirtschaftlichen

Hintergründe

Maxim Korolkov State of migration: Migration management and the

formation of the imperial institutions in late Warring

States and early imperial China

Armin Selbitschka Wider den Bürohengst: Frühkaiserzeitliche Schreiber

als (Dienst)Reisende

10:30 – 12:00 Panel II „Fließen, Zirkulieren und Mobilität

in Begriffs- und Materialgeschichte der

chinesischen Medizin“

Raum: H 2035

Chair: Angelika C. Messner

Lena Springer Soziale und kulturelle Beweglichkeit von chinesischem

Arzneimaterial zwischen dem sogenannten Nordwest-

und Südwest-China – und bis in die Patienten hinein

Mobilität in China 5

Natalie Köhle Poren als Tor und Bahn für das Fließen von

Körpersaft, Geist, und Qi

Angelika C. Messner Zirkulierende Leidenschaften – ein Beitrag zur

Wissens- und Sozialgeschichte Chinas

12:00 – 12:30 FID Asien Projekt (Staatsbibliothek zu

Berlin)

Raum: H 2036

Matthias Kaun (Staatsbibliothek zu Berlin)

12:30 – 14:00 Mittagspause

14:00 – 15:00 Keynote: „Mobilität in China – Alter Wein in

neuen Schläuchen?“

Raum: H 2036

Johannes Küchler (TU Berlin, CCST)

15:00 – 15:30 Kaffee- und Teepause

15:30 – 16:30 Podiumsdiskussion „Aktuelle Heraus-

forderungen der China-Wissenschaften im

deutschsprachigen Raum“

Raum: H 2036

Moderation: Christian Soffel (Universität Trier)

Es diskutieren: Sigrun Abels (TU Berlin)

Andreas Guder (Georg-August-Universität Göttingen)

Mitja Müller (BMBF)

17:30 – 18:30 Führung: Ostasienabteilung der Staats-

bibliothek zu Berlin

Treffpunkt:

Foyer der Staatsbibliothek

Potsdamer Straße 33, 10785 Berlin

19:30 Gemeinsames Abendessen

Restaurant Centolire

Leipziger Straße 125, 10117 Berlin

6 XXIX. Jahrestagung der DVCS

Samstag, 1.12.2018

09:30 – 11:00 Panel III „Auf in die Welt!“

Raum: H 2035

Chair: Roland Altenburger

Kerstin Storm Chinas Auslandsstudierende im Spiegel der Zeit

Carsten Schäfer Mobilität als zweischneidiges Schwert: China und die

Auslandschinesen

Jiagu Richter Chinesische „Kulturreisen“ nach Wien - eine Art der

Kulturdiplomatie?

9:30 – 11:00 Panel IV – Doktorandenpanel

Raum: H 2036

Chair: Tania Becker

LU An Zwischen Demokratie und Autokratie: Die

Veränderung der Ernennungsweise von buddhistischen

Äbten in der Song-Zeit

LIU Wenqing Vermischte Gedichte von Li Qiao: Eine Studie zu Li

Qiaos enzyklopädischem Gedichtzyklus

„Hundertzwanzig Yongwu-Gedichte“

ZHAO Yuan Der Allgemeine Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches

und sein chinesisches Äquivalent Zhonghua Renmin

Gongheguo Minfa Zongze (中华人民共和国民法总则). Ein

linguistischer Vergleich

11:00 – 11:30 Kaffee- und Teepause

11:30 – 13:00 Panel V „Technische und bürokratische

Regulierung von Mobilität“

Raum: H 2036

Chair: Matthias Hahn

Martin Hofmann Bleibt, wo ihr seid! Zur Bekämpfung von

Fluchtursachen und Rückführungsstrategien in der

späten Kaiserzeit

Silvia Freiin Ebner Verkehrsinfrastruktur und Mobilität des Waren-

von Eschenbach transports in einer südostchinesischen Stadt von der

Song- bis zur Ming-Zeit

Mobilität in China 7

11:30 – 12:30 Panel VI „Mobilität und Frauen“

Raum: H 2035

Chair: Sigrun Abels

Astrid Lipinsky Mobilitätspflicht von Frauen in die chinesische Ehe.

Konfuzianische Patrilokalität heute

Susanne Adamski „Qünü 取女“: Weibliche Gefangene während der

späten Shang-Zeit (13.-11. Jh. v.Chr.)

12:30 – 13:00 Panel VII – Masterpanel

Raum: H 2035

Chair: Elisabeth Kaske

LI Binyao So Foreign, So Chinese: Modern Navigation Aids and

the Chinese Who Encountered Them

Kim Chung Unifying Standard Time between Japan and

Manchukuo”: The Territorialization of Time in Imperial

Japan, 1931–37

13:00 – 14:30 Mittagspause

14:30 – 16:00 Panel VIII „Technik im kaiserlichen China“

Raum: H 2036

Chair: Grete Schönebeck

HUANG Fei Environment, Body and Medicine: Water in Everyday

Practice of the Southwest China (1600–1900)

Jörg Henning Vom Nachttopf aufs Feld – Sammeln, Transportieren

Hüsemann und Ausbringen von Düngemitteln im kaiserlichen

China

Konrad Herrmann Standardisierung durch Modulbildung – am Beispiel

des Wagenbaus im „Kao Gong Ji“

8 XXIX. Jahrestagung der DVCS

14:30 – 16:00 Panel IX „Schienenverkehr“

Raum: H 2036

Chair: Christian Soffel

Thorben Pelzer Der frühe Technokrat Wang Jingchun (1882–1956)

und sein Lobbyismus für die Yue-Han-Eisenbahn

Dirk Forschner & Zur Bedeutung von standardisierten technischen

Philipp Mahltig Systemen am Fallbeispiel der Henricot-Eisenbahn-

Zug- und Stoßvorrichtung der Schantung Eisenbahn

Gesellschaft in der Provinz Shandong im Osten China

im Jahr 1911

16:00 – 16:30 Kaffee- und Teepause

16:30 – 18:00 Panel X „Mobilität in Schrift und Bild“

Raum: H 2035

Chair: Rüdiger Breuer

Clara Luhn Reiserouten von Briefen - Zur Mobilität der Briefe im

Wenxuan

Hangkun Strian Mobilität: Entstehung, Entwicklung und Verbreitung

der unabhängigen Dokumentarfilme Chinas seit 1990

Roland Altenburger Geschichten in Bewegung: Eine Untersuchung der

geographischen Distribution der Erzählungen in

Liaozhai zhiyi

16:30 – 18:00 Panel XI „Mobilität in China heute und

morgen“

Raum: H 2035

Chair: Philipp Mahltig

Alexander Herzog „Wenn der gelbe Drache erwacht, wird die Welt

erzittern“ – Chinesische Investitionen in Deutschland

Tu-Anh Fay Elektrische Stadtbussysteme in Deutschland und

China: Anforderungsprofile, Systemtechnologien und

Standards

Tania Becker Von Berlin bis Peking in zweieinhalb Stunden:

Hyperloop in China

Mobilität in China 9

18:15 – 20:00 Mitgliederversammlung der DVCS

20:30 Gemeinsames Abendessen

Restaurant Satyam

Goethestraße 5, 10623 Berlin

Sonntag, 2.12.2018

11:00 – 13:00 Mobilitätsexkursion: Spaziergang durch die

City West

Treffpunkt:

TU Berlin, Hauptgebäude, Haupteingang

Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin

10 XXIX. Jahrestagung der DVCS

Beiträge

Susanne Adamski

„Qu nü 取女“: Weibliche Gefangene während der späten Shāng-Zeit

(13.–11. Jh. v.Chr.)

Menschen als mobiles „Gut“ finden bereits Erwähnung in epigraphischen

Quellen der späten Shāng- und West-Zhōu-Zeit (13.-8. Jh. v.Chr) ‒ sei es

als umzusiedelnde Bevölkerungsteile, erbeutete Kriegsgefangene oder gar

hochgestellte Befehlsempfänger. Frauen der West-Zhōu-Elite wurden dabei,

in Bezug auf exogame Heiratspraktiken, als „the primary agents of

movement and connection between families“ (Shaughnessy 2005)

charakterisiert, und die Untersuchung der sozialen Stellung und

Lebenswirklichkeit von Frauen im neolithischen und bronzezeitlichen China

rückt weiter in den Fokus der sinologischen Betrachtung (z.B. Hinsch 2018).

Obwohl epigraphische und archäologische Studien zur Shāng-Gesellschaft

bisher sowohl Kriegsgefangene (Yáo Xiàosuì 1979) als auch den Status von

Frauen im Allgemeinen (z.B. Keightley 1999, Qí Hángfú 2014) wie auch

weiblicher Menschenopfer (Schwermann/Wang 2015) in den Blick

genommen haben, blieb die mögliche Bedeutung von Frauen als Kriegsbeute

oder Tributgabe weitgehend unbeachtet. Der Vortrag thematisiert daher zum

einen Belege insbesondere in spät-Shāng-zeitlichen Orakelknochen-

inschriften, die unzweifelhaft über die gezielte Erbeutung bzw. Gefangen-

nahme von Frauen Auskunft geben. Darauf aufbauend werden Fragen nach

dem Umgang mit und der Rolle von speziell weiblichen Gefangenen für die

Shāng-Elite gestellt, die gemäß den Inschriften aus alliierten oder nicht-

alliierten Gebieten außerhalb der Shāng-Domäne stammten. Dies ist im

Spannungsfeld der mehr oder minder polarisierten Debatte um die

Verwendung von (Kriegs)gefangenen als Menschenopfer oder als Sklaven zu

beleuchten, unter ergänzendem Einbezug auch neuerer archäologischer

Studien.

CV

Studium der Sinologie, Japanologie und Orientalischen Kunstgeschichte in

Bonn und Peking, Promotion 2014 an der Universität Münster (Thema: Die

Darstellung des Bogenschießens in Bronzeinschriften der West-Zhōu-Zeit

(1045–771 v.Chr.)). Von 2009–2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der

Abteilung für Sinologie der Universität Bonn.

Mobilität in China 11

Roland Altenburger

Geschichten in Bewegung: Eine Untersuchung der geographischen

Distribution der Erzählungen in Liaozhai zhiyi

Nicht nur Menschen reisen, sondern auch ihre Geschichten. In der frühen

Neuzeit verbreiteten sich Geschichten außer in verschriftlichter, insbe-

sondere gedruckter Form, auch auf dem Wege mündlicher Kommunikation,

wobei freilich hinter einer mündlich erzählten Geschichte oft ebenfalls eine

Reise stand, denn auswärts und unterwegs erlebte und erfuhr man be-

kanntlich besonders viele erinnernswerte Geschichten. Woher – von welchen

Orten – stammen die Geschichten, die ein Autor im Laufe seines Lebens

zusammentrug?

Der vorliegende Beitrag entwickelt annähernde Antworten auf diese Frage

anhand einer Analyse der Ortsangaben in den rund 500 Erzählungen der

bedeutenden Sammlung Liaozhai zhiyi (Liaozhais Chronik des Außer-

gewöhnlichen, Erstdruck 1766), die der Autor Pu Songling (1640–1715) über

30–40 Jahre akkumulierte. Die allermeisten dieser Geschichten enthalten

Ortsangaben wie den Herkunftsort der Hauptfiguren sowie, bei reisenden

Figuren, den davon abweichenden Ort der Handlung. Eine systematische

Untersuchung der genannten Orte ermöglicht Einblicke in das geographische

Einzugsgebiet des Autors und seiner Erzählungssammlung. Weder für

Liaozhai zhiyi im Einzelnen noch für die klassische chinesische Erzählliteratur

im Allgemeinen wurde bisher ein solcher Untersuchungsansatz gewählt.

Pu Songling war biographisch stark an seinen Herkunftsort Zichuan in der

Provinz Shandong gebunden. Dort befand sich sein gesamter Freundes- und

Bekanntenkreis, aus welchem die meisten mündlichen wie schriftlichen

Informanten stammten. Insofern würde man erwarten, dass ein relativ

großer Anteil der Erzählungen sich auf dieses Referenzgebiet, insbesondere

aber den Kreis Zichuan und die angrenzenden Nachbarskreise bezog.

Grundsätzlich kann also von einem konzentrischen Modell ausgegangen

werden, wonach die Häufigkeit der Nennung von Orten in Shandong mit

zunehmender Entfernung von Zichuan abnähme. Die eher wenigen Reisen,

die Pu zeitlebens unternahm, dürften aber ebenfalls Gelegenheit zur

Sammlung von Geschichten geboten haben. Wahrscheinlicher ist deshalb,

dass die im Rahmen eines dynamischen Modells abzubildenden

Verkehrshauptachsen, die immer auch Kommunikationswege waren, für die

erweiterte Lebens- und Erfahrungswelt Pu Songlings ebenfalls von

Bedeutung waren.

CV

Roland Altenburger ist seit 2012 Professor für Kulturgeschichte Ostasiens an

der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Er promovierte 1997 im Fach

12 XXIX. Jahrestagung der DVCS

Sinologie an der Universität Zürich und habilitierte sich dort 2002. Seine

hauptsächlichen Arbeitsfelder sind die Literatur- und Kulturgeschichte der

späten Kaiserzeit. Zu seinen wichtigsten Publikationen gehören die

Monographie The Sword or the Needle: The Female Knight-errant (xia) in

Traditional Chinese Narrative (2009) und der von ihm mitherausgegebene

Band Yangzhou, A Place in Literature: The Local in Chinese Cultural History

(2015).

Tania Becker

Von Berlin bis Peking in zweieinhalb Stunden: Hyperloop in China

Die Geschwindigkeit der Beförderung von Menschen und von Gütern

zwischen teilweise weit entfernten Orten steigerte sich in den letzten fünfzig

Jahren in einem bemerkenswerten Tempo: Hochgeschwindigkeitszüge,

Magnetschwebebahnen, Flugzeuge und Raketen wurden Teil eines Alltags,

der sich anschickt, die Visionen eines Jules Verne zu überholen. Als Mitte des

19. Jahrhunderts die Technologie der Rohrpost entwickelt wurde und parallel

dazu die sogenannte atmosphärische oder hydraulische unterirdische

Eisenbahn, ahnte man nicht, dass erst hundertfünfzig Jahre später diese

Idee eine Renaissance unter dem Namen Hyperloop erfahren würde. Elon

Musk variierte die alte Idee und entwickelte sie weiter zu einem

oberirdischen, teilevakuierten und solarbetriebenen Transport-Röhren-

system. Die ersten Teststrecken in der Wüste von Nevada wurden schon

befahren. In China forscht man an einer weiteren Entwicklung vom Hyper-

loop, chaohuilu lieche 超回路列车, und fertigt ein eigenes Transportsystem,

das es erlauben wird die Distanzen in einer Höchstgeschwindigkeit von bis

zu 4000 Stundenkilometern zu bewältigen. Die Vision: Eines nicht so fernen

Tages werden solche Züge auch Richtung Europa fahren.

CV

Tania Becker studierte an der Universität Zagreb, Kroatien, Kunstgeschichte

und Vergleichende Literaturwissenschaften sowie Sinologie an der Ruhr-

Universität Bochum. Zu ihren Forschungsinteressen zählen der

philosophische Daoismus, das Hospizwesen und die Thanatosoziologie im

heutigen China, die chinesische Gegenwartskunst und die Entwicklung von

Robotik und KI.

Mobilität in China 13

Kim Chung

„Die Vereinigung der Standardzeit in Japan und Mandschukuo“: Die

Territorialisierung der Zeit im Kaiserreich Japan, 1931–37

Mit dem „spatial turn“ der 1990er Jahre hat sich in den Geistes-

wissenschaften ein neuer Forschungsansatz etabliert, dessen Analyse-

rahmen den sozialen Raum als Bezugsgröße nimmt, um Globa-

lisierungsprozesse der Vergangenheit und Gegenwart jenseits von National-

staatlichkeit zu untersuchen. Durch die paradigmatische Verschiebung von

der Zeit hin zum Raum wurde bislang allerdings Zeitmanagement, welches

für die Modernisierungen und Globalisierungsprozesse des 19. und 20.

Jahrhunderts eine herausragende Rolle spielt, in der Globa-

lisierungsforschung kaum beachtet. Die Studie soll daher Zeitmanagement

in japanischen Eisenbahngesellschaften seit dem Beginn der Meiji-Zeit bis

zum Jahr 1937 untersuchen, um zu demonstrieren, dass Zeitlichkeit—ebenso

wie Räumlichkeit—fundamental neukonfiguriert wurde, um den Bedürfnissen

moderner Staatlichkeit zu entsprechen. Die Arbeit stützt sich dabei insbe-

sondere auf zeitsoziologischen Untersuchungen zum modernen Japan, um

einen allgemeinen Überblick zu Etablierung der bis heute üblichen Standard-

zeit in Japan zu gewähren. Darüber hinaus sichtet sie Quellen aus zwei

englischsprachigen Tageszeitungen, die North-China Daily News und

Manchuria Daily News, aus den Jahren 1935–36, um die Umstellung der

mandschurischen zur japanischen Standardzeit (UTC+9) im Jahr 1937 zu

analysieren. Dementsprechend ist die Arbeit in zwei Sektionen unterteilt. Der

erste Abschnitt skizziert die Internalisierung von Zeitlichkeit vom Beginn der

Meiji-Zeit bis in die frühen 1930er Jahre. Der Fokus liegt hier auf der

Schulung des Bahnpersonals sowie der Frage, wie Pünktlichkeit im

japanischen Eisenbahnmanagement erreicht wurde. Der zweite Abschnitt

wendet sich hingegen der Makroebene zu. Er untersucht den Fall der

Zeitumstellung zur japanischen Standardzeit in Mandschukuo im Jahr 1937,

d.h. wenige Monate vor dem Ausbruch des zweiten Sino-Japanischen Krieges.

Die These ist, dass die Umstellung insbesondere aus militärischer Sicht sowie

vom Management der Südmandschurischen Eisenbahngesellschaft als Not-

wendigkeit erachtet wurde, um den Bahnbetrieb auch in Kriegszeiten

aufrechterhalten zu können. Zeit und Raum bilden eine ontologische Einheit

(daher Territorialisierung von Zeit). Um Globalisierungsprozesse besser zu

verstehen, muss untersucht werden wie Raum durch Zeit miteinander

vernetzt wird.

CV

Kim Chung hat den Bachelor in Politik- und Geschichtswissenschaften an der

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg absolviert. Momentan studiert er

14 XXIX. Jahrestagung der DVCS

im Erasmus Mundus M.A. Programm „Global Studies“ an der Universität

Leipzig und der Universität Roskilde. Seine Interessensschwerpunkte liegen

in der Geschichte Preußens, Chinas, Japans, Politischen Theorie, Global-

geschichte sowie Nationalismus und „Traditionalismus“ in China und Japan.

Derzeit forscht er an seiner Masterarbeit zur Biopolitik und Humangenetik im

gegenwärtigen China.

Silvia Freiin Ebner von Eschenbach

Verkehrsinfrastruktur und Mobilität des Warentransports in einer

südostchinesischen Stadt von der Song 宋- bis zur Ming 明-Zeit

Am südlichen Endpunkt des Großen Kanals und am Mündungstrichter des

Flusses Qiantang jiang 錢塘江 / Zhejiang 浙江 gelegen, war die Stadt

Hangzhou 杭州 / Lin‘an 臨安 ein Umschlagplatz und Empfänger (Warenhäuser,

innerstädtische Märkte) für den Gütertransport zu Wasser. Ein Haupt-

transportkanal durchzog die Stadt in Nord-Süd-Richtung und verband den

Flussmündungstrichter mit dem Großen Kanal.

Um die Funktionalität dieses Kanals für den Bootsverkehr zu gewährleisten,

wurde Süßwasser aus dem nahe gelegenen Westsee (Xihu 西湖) eingespeist,

das jedoch bei Verknappung, absinkendem Wasserpegel und zu geringem

Gefälle zeitweise durch Meerwasser ergänzt werden musste.

Dabei waren folgende Probleme zu bewältigen: Schutz der Süßwasserkanäle

(Trinkwasserversorgung, Bewässerung der Agrarflächen nordöstlich der

Stadt) vor einströmendem Meerwasser, Schutz des Haupttransportkanals

vor Versandung im Falle der Einspeisung von – sedimentreichem – Meer-

wasser (Gezeitenwasser).

Ziel des Vortrags ist es aufzuzeigen, wie die Lokalverwaltung Hangzhous /

Lin’ans versuchte, diese Probleme technisch mit Wehren und Schleusen und

stetiger Wartung (Aushub- und Reparaturarbeiten) zu lösen.

Der Vortrag will außerdem darlegen, mit welchen weiteren Problemen

sozialer und wirtschaftlicher Art als Begleiterscheinungen der Wartungs-

maßnahmen sich die Lokalverwaltung konfrontiert sah (Widerstand der

Bevölkerung gegen Arbeitsdienste, Widerstand der lokalen Händler wegen

befürchteter Gewinneinbußen, Sabotage durch einflussreiche Familien aus

Eigennutz). Der Vortrag zieht Studien zur Kommerzialisierung urbaner

Zentren in Südostchina und speziell Hangzhous / Lin‘ans von Shiba

Yoshinobu 斯波義信 heran, ferner die Gesamtdarstellungen zu Hangzhou /

Lin’an von Arthur Christopher Moule und Jacques Gernet. Als wichtigste

Primärquelle dienen die seit der Song 宋-Zeit fortwährend aktualisierten

Ausgaben der Lokalchronik (difangzhi 地方志) der Präfektur Hangzhou /

Mobilität in China 15

Lin’an, da themenbezogen in sie alle einschlägigen Petitionen (zou 奏) und

Berichte (ji 記) aufgenommen wurden.

CV

1985 Promotion in Sinologie (mit Indologie und Mongolistik), 1986 Diplom

in Geographie (mit Volkswirtschaftslehre) an der Universität und der TU

München, 1988–1994 Assistentin am Sinologischen Institut der Universität

Würzburg, 1994 Habilitation und Venia legendi in Sinologie, 1997–1998

Lehrstuhlvertretung an der Universität zu Köln, seit 2000 Außerplanmäßige

Professorin an der Universität Würzburg

Tu-Ahn Fay

Elektrische Stadtbussysteme in Deutschland und China:

Anforderungsprofile, Systemtechnologien und Standards

Das Projektvorhaben „Elektrische Stadtbussysteme in Deutschland und

China ‒ Anforderungsprofile, Systemtechnologien und Standards“ wird die

Grundlagen für einen grenzüberschreitenden Einsatz von Elektrobus-

Systemtechnologien in Deutschland (bzw. Europa) und China erarbeiten. Die

Bearbeitung erfolgt in enger Kooperation mit dem Beijing Institute of

Technology (BIT). Ziele des Vorhabens sind ein Vergleich der Anforderungs-

profile für E-Bus-Systeme in Europa und China, darauf aufbauend die

Empfehlung geeigneter Technologien für beide Märkte, und schließlich die

Identifikation potentieller Möglichkeiten einer Harmonisierung technischer

Standards für E-Busse und Ladeinfrastruktur zur Schaffung eines gemein-

samen Marktes. Im Fokus der Untersuchungen steht die Ladeinfrastruktur,

da die Anforderungen an diese in hohem Maße von den lokalen Bedingungen

abhängig sind.

Nach einer Betrachtung des Marktes für Elektrobusse und Ladetechnologien

in Europa und China werden die Voraussetzungen für die flächendeckende

Elektrifizierung von Stadtbusnetzen in chinesischen und europäischen Metro-

polen erarbeitet und spezifische Anforderungsprofile für E-Bus-Systeme

abgeleitet. Hierzu werden Untersuchungen der lokalen Liniennetze, der

Fahrzeugflotten und der Betriebsinfrastruktur durchgeführt. Eine hervor-

gehobene Rolle spielen die Untersuchung der lokalen Stromnetze (als mög-

licher „bottleneck“ bei der Flottenelektrifizierung) sowie die Entwicklung

intelligenter Ladestrategien.

Auf Basis der erhobenen Daten werden mittels simulationsgestützter Be-

wertungsmethoden Technologien identifiziert, deren Einsatz sowohl in

Europa als auch in China technisch und wirtschaftlich sinnvoll erscheint.

16 XXIX. Jahrestagung der DVCS

Abschließend werden die Möglichkeiten und der potentielle Nutzen einer

gemeinsamen Standardisierung dieser Technologien erörtert.

Die Ergebnisse der Studie können zur Erschließung neuer Märkte bzw. neuer

Joint-Venture-Aktivitäten für deutsche und europäische Anbieter von

Hochleistungs-Ladetechnologie für Elektrobusse dienen, indem die Anfor-

derungsprofile chinesischer Stadtbusnetze aufgezeigt werden und ein

Verständnis des chinesischen Standardisierungswesens geschaffen wird. Die

Einführung klimafreundlicher Mobilitätssysteme kann so beschleunigt wer-

den. Die europäische Verkehrs- und E-Mobilitätsforschung kann durch die

Analyse chinesischer Verkehrssysteme neue Impulse bekommen.

CV

Tu-Anh Fay hat Maschinenbau an der TU Berlin studiert. Sie ist

wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Maschinenkonstruktion und

Systemtechnik der TU Berlin. Ihr Forschungsschwerpunkt ist die

Technikfolgenabschätzung von elektrischen Stadtbussystemen.

Dirk Forschner & Philipp Mahltig

Zur Bedeutung von standardisierten technischen Systemen am

Fallbeispiel der Henricot-Eisenbahn-Zug- und Stoßvorrichtung der

Schantung Eisenbahn Gesellschaft in der Provinz Shandong im

Osten China im Jahr 1911

Eisenbahnkupplungssysteme sind ein elementarer Baustein in der

Eisenbahntechnik und im Eisenbahnbetrieb die Voraussetzung für das zügige

Zusammenstellen von Zugseinheiten; stellen diese doch erst die Möglichkeit

eines rationellen Betriebes sicher, indem eine Lokomotive eine Vielzahl von

Waggons ziehen kann.

Als 1911 die Schantung Eisenbahn (SE) mit der Tientsin-Pukow Eisenbahn

(Jinpu) in Tsinan West (Jinan Xi) verbunden wurde, war ein Wagenübergang

durch unterschiedliche Zug- und Stoßvorrichtungen zunächst nicht möglich.

Dies wurde dann alsbald vertraglich und technisch gelöst. Aus Sicht der

Technikgeschichte ist die technische Lösung besonders interessant, da

daraus auch Lösungsbeispiele für inskünftige Bahnprojekte aufgezeigt

werden können. Der Vortrag wird neben den betrieblichen Regelungen vor

allem die Technik vorstellen und einen Bezug zur Eisernen Seidenstraßen

Initiative der Volksrepublik China (OBOR) spannen.

CV

Dr. Dirk Forschner lehrt und forscht am China Center der TU Berlin. Seine

Magisterarbeit an der FU Berlin schrieb er zum Thema „Beijing und seine

Mobilität in China 17

Straßenbahnen (1990)“. Es folgte die Dissertation an der FU Berlin mit dem

Thema „Die Fahrmeisterausbildung für Metro Shanghai“ (1996). Er war tätig

als Projektleiter Personalausbildung in den U-Bahn Projekten Shanghai Linie

1 und 2, Guangzhou Linie 1 und 2, Beijing, und Shenzhen. Am China Center

der TU Berlin war er unter anderem wissenschaftlicher Mitarbeiter in den

Projekten „Making Technology Appropriate - German Steam Locomotives in

China“ (2011–2014) und „Mobilität in China“ (2017–2018).

Philipp Mahltig ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Center for Cultural

Studies on Science and Technology in China der TU Berlin. Derzeit arbeitet

er dort unter anderem als Koordinator in dem vom BMBF geförderten China-

Kompetenz-Projekt TUWITECH und schreibt an seiner Dissertation zur

Aneignung westlicher Technologien in China. Er hat Sinologie, Soziologie und

Chinesische Sprache an der FU Berlin und der Peking Universität studiert.

Konrad Herrmann

Standardisierung durch Modulbildung – am Beispiel des Wagenbaus

im „Kao Gong Ji“

Das „Kao Gong Ji“ (Aufzeichnungen der Handwerker) ist das früheste

chinesische Buch über Technologien, wie zum Beispiel der Bronzeguss, die

Herstellung von Waffen, von metrologischen Normalgeräten, von

Musikinstrumenten bis hin zur Anlage von Städten. Allgemein wird davon

ausgegangen, dass der größte Teil des „Kao Gong Ji“ am Ende der Chunqiu-

und zum Beginn der Zhanguo-Periode im Staat Qi entstanden ist. Es

beschreibt die Technologien der Herstellung von hochwertigen Gütern zum

Gebrauch durch den Adel. Die Besonderheit dieser Beschreibungen besteht

darin, dass die Qualitätssicherung auf der Standardisierung der Erzeugnisse

fußte. Die Standardisierung sollte eine gleichbleibende Erzeugnisqualität

sichern. Unter den behandelten Erzeugnissen ist der Bau von Wagen, sei es

für Zwecke des Krieges, des Handels oder des allgemeinen Transports, die

komplexeste und anspruchvollste Technologie jener Zeit. Der Beitrag

analysiert, wie es durch die Modulbildung gelang, eine einwandfreie Funktion

vor allem der Radbaugruppe mit der Nabe und der Achse variabel für

verschiedene Abmessungen der Wagen zu gewährleisten. Auf der Grundlage

von Erfahrungswerten waren für die Baugruppen bestimmte Werkstoffe

festgelegt, die der hohen Beanspruchung genügten. Archäologische Funde

haben bestätigt, dass die Angaben im „Kao Gong Ji“ weitgehend mit realen

Objekten übereinstimmen. Das belegt die praktische Anwendung der Fest-

legungen dieses Buches und zugleich das Alter dieses Werks. Abweichungen

von diesen Angaben sind vor allem dadurch begründet, dass das „Kao Gong

18 XXIX. Jahrestagung der DVCS

Ji“ ein Buch der Beamten von Qi war, das in den anderen Staaten nicht galt.

Die Standardisierung von Erzeugnissen wurde in der Folgezeit weiter-

entwickelt. Ein markantes Beispiel sind die Tonfiguren von Kriegern aus dem

Grab des Kaisers Qin Shihuang. Dabei wurde durch ein begrenztes Sortiment

von Köpfen und Gliedmaßen, die verschieden kombiniert wurden, eine große

Vielfalt der Tonfiguren ermöglicht. Das Konzept der Modulbildung wurde vor

allem bei der Herstellung von Waffen unterschiedlicher Abmessungen

angewendet.

CV

Konrad Herrmann, geb. 1945 in Prag, 1965–1972 Studium der Sinologie an

der Humboldt-Universität Berlin und des Maschinenbaus an der Technischen

Hochschule „Otto von Guericke“ Magdeburg, 1972 Promotion zum Doktor-

Ingenieur, 1972–1990 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Amt für

Standardisierung, Messwesen und Warenprüfung Berlin, 1991–2010

Laborleiter in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Berlin und

Braunschweig (PTB), in der PTB Mitwirkung an der deutsch-chinesischen

Kooperation auf dem Gebiet der Metrologie, Übersetzung von Werken der

klassischen und chinesischen Literatur, zuletzt von wissenschafts-

historischen Werken.

Alexander Herzog

„Wenn der gelbe Drache erwacht, wird die Welt erzittern“ –

Chinesische Investitionen in Deutschland

Dieses Zitat von Napoleon Bonaparte zeigt ganz deutlich das Bild Chinas in

der deutschen Gesellschaft, welches vor allem von Unsicherheit im Umgang

mit dem „neuen“ Global-Player China bestimmt wird. Nirgends zeigt sich

dieser gesellschaftliche Diskurs deutlicher als bei der Frage nach dem Um-

gang mit chinesischen Investitionen in Deutschland. Spätestens seit der

Übernahme des High-Tech Roboter-Herstellers Kuka durch den chinesischen

Haushaltsgeräte-Konzern Midea im Jahr 2016 werden die chinesischen

Investitionen beinahe täglich zum Thema politischer, wirtschaftlicher und

gesellschaftlicher Diskussionen gemacht. Während die politische Debatte von

den Schlagworten „Asymmetrie im Markzugang“, „Systemwettbewerb“ und

„staatlich gelenkte Innovationspolitik“ dominiert wird und eine schärfe

Regulierung angestrebt wird, herrscht in der Gesellschaft allgemein Unbe-

hagen, Angst vor Arbeitsverlust und dem oft in den Medien zitierten „Aus-

verkauf“ der Wirtschaft, was jedoch zu einem großen Teil auf mangelndem

Wissen und Verständnis gegenüber China fußt. Dahingegen sieht die

deutsche Wirtschaft enorme Chancen, begrüßt explizit chinesische In-

Mobilität in China 19

vestitionen und plädiert für Offenheit im internationalen Wettbewerb, welche

für eine Exportnation wie Deutschland elementar für die Zukunftsfähigkeit

ist. Dabei speisen sich die chinesischen Investitionen im Ausland, die letztlich

durch die „Go out policy“ (走出去) von 1999 ins Rollen gebracht wurden,

durch die großen Innovationsinitiativen der chinesischen Regierung: „Made

in China 2025“ und „Belt and Road Initiative“. Chinesische

Auslandsinvestitionen sind daher ein dynamischer Treiber der globalen

Wirtschaft und verkörpern wie kaum ein aktuelles Beispiel die Bewegung

Chinas hinaus in die Welt. Ferner sind sie Ausdruck des größten

Transferprozesses in China in der jüngsten Geschichte - dem Wandel vom

Entwicklungsland zur führenden High-Tech-Nation. Der Beitrag soll daher

anhand von Fakten und Beispielen aus der Praxis und Wissenschaft,

insbesondere dem Infrastrukturprojekt „Belt and Road Initiative“, die

aktuelle Debatte in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft

analysieren, über die aktuelle Lage aufklären und dadurch dem Zuhörer

ermöglichen sich selbst eine Meinung zur Thematik zu bilden. Sodann

werden Chancen und Risiken China’s neuer Politik dargestellt und der

monumentale Transferprozess in China’s Wirtschaft dargestellt.

CV

Alexander Herzog ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am China-Desk der

internationalen Wirtschaftskanzlei Hengeler Müller in München und Shanghai

und arbeitet derzeit an einem rechtswissenschaftlichen Dissertationsprojekt.

Zudem ist er im WS 2018/19 Lehrbeauftragter für chinesisches Wirtschafts-

recht an der TU Berlin. Er hat Rechtswissenschaft an der Universität Regens-

burg, chinesische Sprache in Shanghai und Beijing sowie Sinologie an der

LMU München studiert. Seine beruflichen Arbeitsschwerpunkte liegen dabei

im Bereich des Wirtschafts- und Gesellschaftsrechts, vor allem aber im

Bereich internationaler Unternehmenstransaktionen (M&A) mit China-Bezug

sowie Investitionen von chinesischen Investoren in Deutschland.

Martin Hofmann

Bleibt, wo ihr seid! Zur Bekämpfung von Fluchtursachen und

Rückführungsstrategien in der späten Kaiserzeit

Der Begriff Mobilität suggeriert Freiheit, Unabhängigkeit und Selbst-

bestimmtheit. Doch Mobilität ist oft erzwungen, etwa, wenn sich Menschen

auf die Flucht begeben müssen, um Bedrohungen ihrer Existenz

auszuweichen. Flüchtlinge sind keineswegs ein Phänomen der Moderne,

sondern auch im kaiserzeitlichen China verließen Menschen in Krisen-

situationen ihre Heimat, um anderswo ein besseres Leben zu finden. Dies

20 XXIX. Jahrestagung der DVCS

daraus resultierende Migration warf zahlreiche Probleme für die staatliche

Verwaltung auf. Daher war man bemüht, massenhafte Flucht aus Krisen-

gebieten zu verhindern, und diejenigen, die ihre Heimat verlassen hatten,

zur Rückkehr zu bewegen. Die Grundlage dieses Vortrags bilden Texte zur

Katastrophenhilfe aus der späten Kaiserzeit, in denen neben zahlreichen

anderen Maßnahmen auch die Probleme mit Flüchtlingen thematisiert

werden. Der Vortrag will zeigen, in welcher Weise Migration verhindert

werden sollte, welche Anreize für die Rückkehr in die Heimat für die

Geflüchteten geschaffen wurden, wie eine Balance zwischen Fürsorge und

Zwang gesucht wurde, und wie sich der Staat gegen den Missbrauch seiner

Leistungen zu schützen versuchte.

CV

Martin Hofmann promovierte im Fach Sinologie an der Universität Würzburg.

Derzeit ist er wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Wissens-

geschichte des Exzellenzclusters Asia & Europe an der Universität Heidelberg.

HUANG Fei

Environment, Body and Medicine: Water in Everyday Practice of the

Southwest China (1600–1900)

This paper is the preliminary stage of my on-going project “Hot Spring, Public

Bathing and Urban Environment in Modern China”. In this paper I will mainly

investigates the development of the interaction between the environment

and the frontier society from the perspective of water landscapes, springs in

particular, in early modern southwest China (1600–1900). Springs serves as

an excellent example to elaborate on the relation of the environment and

local society for its interactive roles with biological and medical systems,

physical and spiritual sensibilities, and its representation in art, literature

and popular knowledge. In Compendium of Materia Medica (Bencao gangmu),

Li Shizhen (1518–1593) classified sour, bitter, salty, cold, and hot springs

based on the taste, as well as sulfur, cinnabar, vitriol, realgar, and arsenic

springs according to chemical contents. He distributed not only the healing

effects of various springs, but also the “poison” water with bad quality that

causes chronic and acute diseases. Similar descriptions contained the

various knowledge of springs could also be found in encyclopedias, local

gazetteers, and travelogues, literatures and other records since sixteenth

century. It is directly related to how people defined and maintained the

quality of drinking and bathing waters. The knowledge of springs expanded

greatly following the incorporation of the southwest into the imperial territory

between 1600 and 1900. The empirical observations of springs were also

Mobilität in China 21

employed and transmitted through vernacular environmental knowledge or

common sense by indigenous inhabitants and newcomers alike, which

captured the imaginations and perceptions of different classes, ethnicities,

genders, of people in the southwest. For example, it was widely believed

among the Han Chinese that indigenous women could practice the black

magic to manipulate the Han Chinese men by putting poison “gu” in the

village’s daily drinking water source springs. This paper focuses on the

cultural perceptions and knowledge of springs, to explore multiple

environmental and medical experiences during the interaction of Han

Chinese and indigenous’ daily life in Chinese frontier.

CV

HUANG Fei was appointed W1 Junior Professor at the Institute of Chinese

and Korean Studies of Tübingen University in 2014. She earned her PhD in

Chinese Studies at Leiden University in 2012. Her research interests con-

centrate on landscape studies, environment history, material culture studies,

historical anthropology, art history and cultural geography in late imperial

China. Her latest publication is Reshaping the Frontier Landscape: Dong-

chuan in Eighteenth-century Southwest China, Leiden: Brill, 2018. She also

publishes articles in Late Imperial China, Journal of Asian History.

Jörg Henning Hüsemann

Vom Nachttopf aufs Feld – Sammeln, Transportieren und

Ausbringen von Düngemitteln im kaiserlichen China

Der Bau eines modernen Abwassersystems in den chinesischen Städten des

19. und 20. Jahrhunderts führte dazu, dass menschliche Ausscheidungen

nunmehr in unterirdischen Kanälen transportiert wurden. Zwar trug man so

zur Verbesserung hygienischer Verhältnisse bei und bewahrte Augen und

Nasen der Öffentlichkeit vor dem Anblick und dem Geruch menschlicher

Ausscheidungen, doch führte diese Modernisierung gleichzeitig, wie auch in

anderen Teilen der Welt, zu spürbaren Veränderungen sowohl im Bereich des

städtischen Alltagslebens als auch im Bereich der Landwirtschaft. Nicht nur,

dass Sammelplätze und die Fäkaliensammler mit der Zeit aus dem Stadtbild

verschwanden, auch hatte die moderne Entsorgung von Kot und Urin zur

Folge, dass der chinesischen Landwirtschaft, für welche Tierhaltung eine

vergleichsweise untergeordnete Rolle spielte, wichtige Düngemittel

vorenthalten wurden. Ferner fielen durch das Ausbleiben des Fäkalien-

sammelns und des Transports dieser Düngemittel von der Stadt aufs Land

eine der Gelegenheiten für einen direkten Austausch zwischen Land- und

Stadtbevölkerung weg. Es wäre jedoch zu kurz gegriffen, Düngung allein auf

22 XXIX. Jahrestagung der DVCS

das Ausbringen von menschlichen und tierischen Ausscheidungen zu re-

duzieren, denn historische Aufzeichnungen berichten von einem Potpourri

verschiedener Düngemittel und Düngemethoden, die von chinesischen

Bauern eingesetzt wurden, entsprechend der regionalen, klimatischen Varie-

täten und der angebauten Feldfrüchte. Dem Studium der chinesischen

Düngemethoden wurde bislang in sinologischer Forschung vergleichsweise

wenig Beachtung geschenkt, und erst 2018 wurde die erste chinesisch-

sprachige Monographie mit technik- und wissenschaftsgeschichtlichem

Fokus zu diesem Thema veröffentlicht. In meiner Präsentation werde ich auf

Grundlage originalsprachlicher Materialien, in erster Linie Agrarschriften

nongshu 農 書 , und westlicher Quellen wie Berichte von Reisenden,

Missionaren und Gesandten auf das Sammeln, den Transport und das

Ausbringen sowie die Eigenarten von verschiedenen Düngemitteln vor der

Zeit des Baus erster Abwasserkanäle in China eingehen, wobei die Frage

nach den Grundlagen und der Entwicklung verschiedener Techniken im

Mittelpunkt stehen wird.

CV

Jörg Henning Hüsemann arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am

Ostasiatischen Institut der Universität Leipzig. Zu seinen Forschungs-

schwerpunkten zählen historische Geographie, Geschichte und Land-

wirtschaft Chinas. In seinem neuen Forschungsprojekt setzt er sich mit ver-

schiedenen Techniken zur Düngung und Bodenverbesserung im historischen

China auseinander sowie deren ideengeschichtliche Grundlagen.

Maria Khayutina

Mobilität während der chinesischen Bronzezeit: Heiratsallianzen

und ihre wirtschaftlichen Hintergründe

Die „Bronzezeit“, d. h. eine durch die zentrale Rolle der Bronzeherstellung

geprägte technologischkulturelle Epoche, dauerte in China vom frühen 2. bis

ca. Mitte des 1. Jahrtausenden v. u. Z. Metallographische Analysen ausge-

grabener Bronzeobjekten verraten, dass die für ihre Anfertigung genutzte

Rohstoffe die Produktionsorte aus den Entfernungen von bis zu 1500 Kilo-

meter erreichten. Die Verbreitung von Prestigegütern aus Bronze, Jade,

Keramik usw. über große Distanzen belegt ebenfalls intensive überregionale

Kontakte. Das traditionelle Modell der Tributdarbringung kann die Be-

lieferung von Shang‐ und Zhou‐Metropolen mit Kupfer, Zinn und Blei aus

Nordost,‐ Zentral‐ und Südwest‐China nicht erklären, denn soweit reichte die

Militärmacht der bronzezeitlichen Herrscher noch nicht. Der Austausch von

Prestigegütern und Rohstoffen sowie die Produktion von Bronze fanden

Mobilität in China 23

außerdem nicht nur in den Shang‐ und Zhou‐Zentren, sondern auch an

zahlreichen weiteren Orten statt. Es ist zu bezweifeln, dass sich regionale

Eliten gewünschte Materialien und Produkte nur über die von Historikern

vermuteten, zentralisierten „redistributiven“ Systeme der Shang‐ und Zhou‐

Könige verschaffen konnten. Auch wenn Tribut und Redistribution in der

politischen Ökonomie der Bronzezeit eine Rolle spielten, fand ein wesent-

licher Teil des Austausches sehr wahrscheinlich im Rahmen von nicht‐hierar-

chischen, dezentralisierten „peer‐polity interactions“ statt. Funde von be-

schrifteten Bronzen und anderen Objekten in Friedhöfen von Fürstentümern

an der Shang‐ und Zhou‐Peripherie deuten in der Tat auf die Existenz von

dezentralisierten regionalen und überregionalen Netzwerken hin. Gleichzeitig

belegen sie die hohe Mobilität von Elitefrauen, die manchmal mehrere

hundert Kilometer von ihrer Heimat entfernt verheiratet wurden. Die vor-

liegende Studie möchte anhand von drei Fallbeispielen aus der späten Shang‐

und der frühen Zhou‐Zeit die Mobilität von Frauen vor dem wirtschaftlichen

Hintergrund erklären und Heiratsallianzen zwischen aristokratischen

Lineages als einen wesentlichen Faktor des überregionalen Austausches im

bronzezeitlichen China erörtern.

CV

Maria Khayutina studierte Geschichte mit Schwerpunkten Geschichte des

Altertums und Geschichte Chinas an der Moskauer Staatsuniversität (1996)

und promovierte am Institut für Orientalistik der Russischen Akademie der

Wissenschaften (1999). Nach ihrer Ankunft als Stipendiatin der Alexander‐

von‐Humboldt‐Stiftung nach Deutschland (2001) folgten zahlreiche

Forschungsprojekte an der Ruhr‐Universität‐Bochum und der Ludwig‐

Maximilians‐Universität München (LMU). Am Bernischen Historischen

Museum kuratierte sie die Ausstellung Qin – der unsterbliche Kaiser und

seine Terrakottakrieger und gab die gleichnamige Begleitpublikation heraus

(Zürich: NZZ Libro, 2013). 2018 habilitierte sie sich an der LMU mit dem

Thema Kinship, Marriage and Politics in Early China (13‐8th c. BCE) in the

Light of Ritual Bronze Inscriptions. Zurzeit forscht sie als Fellow des

Internationalen Konsortiums für geisteswissenschaftliche Forschung

„Schicksal, Freiheit und Prognose“ an der Universität Erlangen‐Nürnberg

über soziale Aspekte der Divination im frühen China. Sie ist Autorin von

zahlreichen Buchbeiträgen und Aufsätzen über Gesellschaft, Ideologie und

historische Geographie des vorkaiserlichen China.

24 XXIX. Jahrestagung der DVCS

Maxim Korolkov

State of migration: Migration management and the formation of the

imperial institutions in late Warring States and early imperial China

Management of migration and control over mobile populations are among

the key activities of every state. In premodern world, they often instructed

the development of key political-economic institutions of extraction and

redistribution. The formation of territorial states during the Warring States

period (fifth through third centuries BCE) and the emergence of centralized

empire took place against the background of increasing human mobility.

Mobile populations such as agricultural settlers, military colonists, traders,

and itinerant government agents were simultaneously subjects and objects

of administrative and fiscal innovations. This paper examines the practices

of state control over mobile population in late Warring States and early

imperial China and their impact on the formation of empire's economic and

sociopolitical institutions.

Keywords: migration policy, mobile populations, early empires, institutions,

state control

CV

Maxim Korolkov studierte Geschichte mit Schwerpunkten Geschichte des

Altertums und Geschichte Chinas an der Moskauer Staatsuniversität (B.A.

2007) und an der Peking-Universität (M.A. 2011). Er promovierte am Institut

für Orientalistik der Russischen Akademie der Wissenschaften (2011). Nach

einem Forschungsaufenthalt an der Columbia University in New York arbeitet

er seit 2017 als Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Sinologie an der

Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Er ist Autor von zahlreichen

Aufsätzen über das Recht, die Administration und das Fiskalsystem des

späten vorkaiserlichen und des frühen kaiserlichen China. Zu seinen

wichtigsten Publikationen zählt die annotierte Übersetzung Zouyanshu

(„Collected Cases Submitted for Adjudication”): The Paleographic

Documents from Early China. Introduction, Text, Annotated Translation

(Moskau: Nauka-Vostochnaya Literatura, 2013) (in russischer Sprache).

Natalie Köhle

Poren als Tor und Bahn für das Fließen von Körpersaft, Geist, und

Qi

Das Aufkommen eines Begriffs von Feuer im Körperinneren während der

Song-Zeit verursachte eine tiefgreifende Veränderung in der chinesischen

Körperwahrnehmung. Auf der Ebene von physiologischen Prozessen führte

Mobilität in China 25

diese Veränderung zu einem Neudenken der Produktion und Transformation

von Körpersäften und deren Bewegung im Körperinneren sowie in den Körper

hinein und aus ihm heraus. Das Umdenken führte auch zu Veränderungen

auf der Ebene von Körperstruktur und Funktion, insbesondere der Funktion

der Poren, des Porengewebes und der Körperöffnungen (玄府, 腠理, 七竅/九

竅). So werden Poren, die im klassischen China zumeist als Eintrittspforten

für körperfremde Pathogene fungieren, nun auch verstärkt als potentielle

Blockaden für den Austritt von Hitze wahrgenommen.

Interessanterweise werden Poren und Körperöffnungen zu genau dieser Zeit

auch verstärkt als notwendige Türen und Bahnen – oder aber mögliche

Blockaden – für die Bewegung von Qi und Geist (shen 神) in den und aus

dem Körper beschrieben und damit als zentrale Voraussetzung für

Wahrnehmung und Erkenntnis.

CV

Natalie Köhle, Studium der Sinologie, Medizingeschichte und

Sozialanthropologie an Harvard, SOAS (London), Peking, und Taipei.

Postdoktorandin am Australian Centre on China in the World (CIW),

Australian National University (ANU). Ab Januar 2019 Research Assistant

Professor am Institut für Geschichte der Hong Kong Baptist University.

Natalie forscht über die Ideengeschichte von Körperflüssigkeiten und

Körpersäften in der traditionellen chinesischen Medizin, und über historische

Kontakte von āyurvedischen, griechischen, islamischen, und chinesischen

Medizinsystemen.

LI Binyao

So Ausländisch, So Chinesisch: Moderne Navigationshilfen und

Indigenes Wissen im Modernen China, 1860–1930

Die Chinas moderne Infrastruktur entstand im späten 19. und frühen 20.

Jahrhundert. Forschungen zu Infrastrukturprojekten wie Eisenbahnen und

Telegraphennetzwerke legen dabei oft einen Schwerpunkt auf das Studium

der Interaktionen zwischen Chinesischen Regierungsbeamten und West-

lichen Diplomaten, Firmen und Ingenieuren. Erst in jüngster Zeit rücken

neue Fragestellungen in den Fokus der historischen Forschung, wie die

Errichtung eines modernen Systems von Navigationshilfen durch die Marine-

abteilung des Kaiserlichen Zollamtes (Marine Department of the Chinese

Maritime Customs Service, CMCS), welches instrumental war für die Einbin-

dung Chinas in internationale Kommunikationsnetzwerke. Diese Studie er-

forscht die Rolle von chinesischen Mitarbeitern in der Konstruktion und Er-

26 XXIX. Jahrestagung der DVCS

haltung von Leuchttürmen, Boyen und Leuchtfeuern entlang der chine-

sischen Küste und wichtiger Inland- Schifffahrtswege von den 1860ern bis

zu den 1930ern. Auf der Basis von Regierungsbulletins, CMCS Ver-

öffentlichungen und Zeitungsberichten kann ich zeigen, dass Chinesische

Leuchtturmwärter durchaus verantwortungsvolle Posten übernahmen und

dass sie Handlungsautonomie bei der Auswahl und Ausübung ihrer Po-

sitionen besaßen. Gleichzeitig wurde lokales Wissen über Schifffahrtswege

durchaus nicht ignoriert, sondern vom Zollamt systematisiert und neu-

organisiert, um in so modifizierter Form unter den Seeleuten und Schiffs-

kapitänen zu zirkulieren. Dies zeigt, dass die herkömmliche Narrative eines

„Wissenstransfer“ aus dem Westen überdacht werden muss. Meine Studie

steht damit in Kontrast zu Robert Bickers Studie der chinesischen Leucht-

türme, in der der Autor chinesischen Mitarbeitern und indigenem Wissen nur

eine marginale Position zubilligt.

CV

LI Binyao hat Chinesische Sprache und Literatur an der Sichuan Universität

studiert. Zurzeit studiert sie im Erasmus Mundus MA Programm „Global

Studies“ an der Universität Leipzig und an der Universität Ghent.

Astrid Lipinsky

Mobilitätspflicht von Frauen in die chinesische Ehe. Konfuzianische

Patrilokalität heute

Die ideale konfuzianische Ehe war patrikal und in ihrem Leben die einzige

legale Mobilität jeder Frau. Der Umzug der Braut in das Haus der Familie

(Eltern) des Mannes konnte sozialen Aufstieg für sie und ihre leibliche Familie

bedeuten. Meist war der Umzug vom Geburtsdorf ins Nachbardorf, konnte

aber auch einen weiten provinzübergreifenden Umzug bedeuten. Für die Ein-

holung der Braut in die eigene Familie – als Arbeitskraft und Mutter zu-

künftiger Kinder – zahlte die Familie des Mannes Geld.

Der Vortrag analysiert den Brautkauf heute in einer Gesellschaft mit

millionenfachem Männer-Überhang. Die Mobilität der Braut hat sich zu einem

grenzüberschreitenden Gesschäft entwickelt und ist de facto Frauenhandel

(siehe Trafficking in Persons Report des US Department of State). Der teuer

bezahlte Kauf der Frau bedeutet häufig genauso ein Mobilitätsverbot nach

der Heirat und den lebenslangen Verlust des (regelmäßigen) Kontakts zu

ihrer leiblichen Familie. Die Braut-Mobilität hat entscheidenden Einfluß auf

den Status der Frau in Familie und sozialem Umfeld des Mannes. Gefragt

wird, ob die Urbanisierung und steigender Wohlstand das Modell verändern

Mobilität in China 27

und was der chinesische Parteistaat tut, um die Mobilität von Frauen zu

fördern und zu garantieren.

Bereits im ersten Ehegesetz unter Mao Zedong von 1950 wird in § 2 jegliche

finanzielle Transaktion in Verbindung mit der Eheschließung verboten. In der

Fassung von 1980 (unverändert in der geltenden Fassung von 2001) lautete

§ 3: „[...] die Kaufehe und andere in die Ehefreiheit eingreifende Handlungen

sind verboten. Es ist verboten, eine Ehe zu benutzen, um Vermögens-

leistungen zu verlangen.“ Die Notwendigkeit des gesetzlichen Verbots zeigt,

dass die Alltagspraxis eine ganz andere ist.

Die chinesische Frauenknappheit macht die Braut-Beschaffung immer mehr

zu einem grenzüberschreitenden Geschäft, auf das internationale Verträge

(und Recherche) Anwendung finden. Der Vortrag untersucht den Einfluss der

Vereinten Nationen auf die Mobilität von Frauen in die Ehe in China.

CV

Astrid Lipinsky lehrt seit 2008 am Institut für Ostasienwissenschaften der

Universität Wien und leitet seit 2009 das Wiener Zentrum für Taiwanstudien

ebendort. Dr. Lipinsky hat in Bonn studiert und promoviert. Ihre Forschungs-

schwerpunkte sind Frauen und Recht in China, siehe ihre Homepage unter

www.sinojus-feminae.eu.

LIU Wenqing

Vermischte Gedichte von Li Qiao: Eine Studie zu Li Qiaos

enzyklopädischem Gedichtzyklus „Hundertzwanzig Yongwu-

Gedichte“

Unter Berücksichtigung der bis heute erhaltenen Werke zählt Li Qiao 李嶠 (ca.

645–714) zu den produktivsten Dichtern der Früh-Tang-Zeit und seine über-

lieferten Gedichte vermitteln einen Eindruck von dem literarischen Wandel

jener Epoche. Er ist „ein Vertreter des Palaststils und Meister des yung-wu

shih“ 詠物詩 (Debon 1989). Mit dem „yung-wu shih“ ist vor allem der Gedicht-

zyklus „Vermischte Gedichte über Gegenstände” 雜詠詩 (zayongshi), gemeint.

Die „Hundertzwanzig Gesänge”, die allesamt im Versmaß von „fünfsilbigen

Achtzeilern“ (wulü 五律) verfasst und nach Vorbild der chinesischen Enzy-

klopädien zusammengefügt worden sind, steht im Mittelpunkt der Doktor-

arbeit.

Doch Li Qiao wirkte über China hinaus auch auf Japan, wo die Bewegung,

nach chinesischem Muster Gedichte zu schreiben, stark von ihm beeinflusst

wurde. Tatsächlich zählt Li Qiaos Yongwu-Gedichtzyklus neben den Xin yuefu

新樂府 des Bai Juyi 白居易 (772–846) und dem Mengqiu 蒙求 des Li Han 李翰

(7. Jh.) zu den drei großen chinesischen Sammlungen, die in der Heian-Ära

28 XXIX. Jahrestagung der DVCS

平安朝 (794–1192) nach Japan gebracht wurden und dort unter anderem in

Schulen Verwendung fanden. 1998 erschien in Shanghai als Faksimile-Druck

die früheste vollständige Handschriftausgabe Alte Handschrift von Li Qiaos

Yongwu-Gedichten mit Anmerkungen aus der japanischen Bibliothek 日藏古

抄李嶠詠物詩注, die auch die Grundlage der Doktorarbeit bildet. Jedes der

120 „Yongwu-Gedichte“ widmet sich einem einzelnen Gegenstand oder

einem abstrakten Phänomen, alle zehn Gedichte bilden eine Abteilung, wie

z.B. Himmelsbilder, Erdgestaltungen, Blumen und Gräser sowie glück-

bringende Tiere und militärische Waffen. Auf Grundlage von einer Analyse

der ausgewählte 12 übersetzten Gedichte und unter Heranziehung anderer

Beispiele aus dem Œuvre Li Qiaos soll in dieser Doktorarbeit der Versuch

unternommen werden, ein Gesamtbild der Vermischten Gedichte zu erstellen

und den Gedichtzyklus als ein dichterisches, erzieherisches und enzyklo-

pädisches Werk zu würdigen.

CV

LIU Wenqing hat 2015 am Institut für Sinologie und Ostasienkunde der

Westfälischen Wilhelms-Universität Münster das Masterstudium erfolgreich

absolviert. Und ebendort promoviert sie.

LU An

Zwischen Demokratie und Autokratie: Die Veränderung der

Ernennungsweise von buddhistischen Äbten in der Song-Zeit

In der dreihundertjährigen Geschichte der Song-Dynastie gab es die Tendenz,

selbständige buddhistische Klöster (jiayi 甲乙) in offiziell unterstützte Klöster

(shifang 十方) umzuwandeln. Die wichtigste Veränderung betraf dabei die

Ernennungsweise der Äbte: In einem jiayi-Kloster bestimmte der Abt seinen

Nachfolger (bzw. die Äbtissin ihre Nachfolgerin), während der Nachfolger in

einem shifang-Kloster unter Leitung der Regierung von lokalen angesehenen

Mönchen, manchmal mit Unterstützung der Laien, gewählt wurde. In der

Südlichen Song-Zeit (1127–1279) jedoch findet man Aufzeichnungen da-

rüber, dass einige shifang-Klöster in jiayi-Klöster umgewandelt wurden, um

mehr Zulauf zu erhalten. Vor diesem Hintergrund stellen sich folgende Frau-

gen: Warum konnten die shifang-Klöster sich selbst nicht unterhalten? Ist

die shifang-Ernennungsweise der Äbte bzw. Äbtissinnen tatsächlich besser

als die in den jiayi-Klöstern? Unter welchen Umständen wurden einige jiayi-

Klöster zu shifang-Klöstern umgewandelt? War die Umwandlung von jiayi-

Klöstern in shifang-Klöster also wirklich der Regelfall? Das Referat versucht,

anhand songzeitlicher Texte Antworten auf diese Fragen zu finden.

Mobilität in China 29

CV

LU An studierte Geschichtswissenschaft an der Pädagogischen Universität

Ostchinas (B.A.) und Klassische Sinologie an der Universität Münster (M.A.).

Seit 2017 promoviert er in Münster zu buddhistischen Klöstern in der Song-

Zeit (960–1279).

Clara Luhn

Reiserouten von Briefen - Zur Mobilität der Briefe im Wenxuan

Die Anthologie chinesischer Kurzprosa und Poesie Wenxuan 文選 („Litera-

rische Auswahl“, kompiliert um 530 n. Chr.) ist eine der wichtigsten Quellen

für die chinesische Literatur vor der Zeit der Tang-Dynastie. Sie ist außerdem

die früheste erhaltene Anthologie, die Texte des Genres shu 書 („Briefe“)

enthält. Doch wie gelangten die 22 Brieftexte, die uns heute im Wenxuan

überliefert sind, überhaupt in diese Anthologie? Gerade der Brief, der die

räumliche und daraus resultierende zeitliche Trennung von Sender

und Empfänger voraussetzt, bietet sich für Überlegungen zur Mobilität von

Literatur an. Beispielhaft möchte ich daher die Wege dreier Briefe von ihrer

Entstehung bis hin zu ihrer Aufnahme in die Anthologie Wenxuan

nachverfolgen. Yang Yuns „Brief an Sun Huizong“ (Han-Dynastie), Ying Qus

„Brief an Man Gongyan“ (Wei-Dynastie) und Liu Juns „Erneuter Antwortbrief

an Liu Zhao aus Moling“ (Liang-Dynastie) sollen dabei ein möglichst

großenzeitlichen Rahmen abdecken. In der Analyse der Wege der Briefe

orientiere ich mich an dem Konzept des Objektitinerars, das die Ethnologen

Hans-Peter Hahn und Hadas Weiss vorgeschlagen haben, um die Mobilität

von Objekten zu fassen (Hahn/Weiss (2013): Mobility, Meaning & Trans-

formations of Things, S. 1–14). Diese Metapher soll hier auf Texte über-

tragen werden und so die Wege, Stationen und Übergänge der Briefe auf

ihrer Reise durch die Jahrhunderte beleuchten. Der Schwerpunkt soll dabei

auf den Themenfeldern der Textproduktion, Textüberlieferung und Antho-

logisierung von Texten liegen.

CV

Clara Luhn: Doctoral Fellow an der Munich Graduate School for Ancient

Studies „Distant Worlds“; Promotion an der Ludwig-Maximilians-Universität

München im Fach Sinolgie; Studium der Sinologie, Philosophie und Betriebs-

wirtschaftslehre an der Ludwig- Maximilians-Universität München.

30 XXIX. Jahrestagung der DVCS

Angelika C. Messner

Zirkulierende Leidenschaften – ein Beitrag zur Wissens- und

Sozialgeschichte Chinas

Die Figur des Zirkulierens spielt eine zentrale Rolle in der chinesischen

Wissenschafts- und Medizingeschichte. Ohne Wissenstransfer und -aus-

tausch quer durch das Reich wären beispielsweise Ärzte kaum in der Lage

gewesen, immer wieder aufkeimenden Epidemien mit neuen Methoden und

Instrumentarien zu begegnen, geschweige denn hätte man die Notwen-

digkeit verspürt, die Schriftzeichen zu systematisieren, um Wissensinhalte

und Informationen für alle gleichermaßen zugänglich zu machen.

Medizin- und sozialhistorische Untersuchungen zeigen, dass Emotionen

gleichermaßen im menschlichen Körper zirkulieren bzw. fließen wie sie auch

den sozialen Raum auf je unterschiedliche Weise füllen. Wenn sie zu stark,

zu groß, zu übermäßig „pulsieren“, so dass es zu Stockungen, ja zu einem

Einhalt der Zirkulation, des Fließens kommt, dann geraten sie in die

Beobachtungsradien von Ärzten. Deren kartographische Ordnungsmuster

erfahren zu unterschiedlichen Zeiten subtile Veränderungen: Nicht nur, dass

im menschlichen Körper neue Herrschaftszentrum „etabliert“ werden – auch

die Explikationen emotionaler Prozesse erfahren Adjustierungen. Gestimmt-

heiten und Befindlichkeiten sind als prozesshafte leibliche „Gescheh-

nisse“ expliziert. Dabei sind immer mehrere Organe in Mit-Leidenschaft

gezogen worden. Sobald das leibliche Geschehen nicht mehr in ausge-

glichenen, aufeinander abgestimmten Rhythmen im Fluss ist, kommt es zur

Unterbrechung.

CV

Angelika C. Messner, Studium der Sinologie, Medizingeschichte und

Ethnologie in Wien, Freiburg und Peking. Sie leitet Chinazentrum an der

Universität Kiel und lehrt regelmäßig an der Zhejiang Universität. Messner

betreibt Grundlagenforschung zu Emotionswissen und -praktiken in China

und koordinierte Fachkonferenzen zu diesen Themen. Sie ist Mitheraus-

geberin der Zeitschrift „Journal of the Economic and Social History of the

Orient“ (JESHO) und Präsidentin der „International Association for the Study

of Traditional Asian Medicine“ (IASTAM).

Mobilität in China 31

Thorben Pelzer

Der frühe Technokrat Wáng Jǐngchūn (1882–1956) und sein

Lobbyismus für die Yuè–Hàn-Eisenbahn

Durch politische Bestrebungen, neue Eliten im Ausland auszubilden, konnte

sich Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts eine neue soziale Gruppe chine-

sischer Ingenieure formieren, die sich gehäuft auf einen gemeinsamen

Bildungshintergrund in den Vereinigten Staaten berufen konnten. Eine

Kombination aus nationalistisch-kosmopolitischer Rhetorik und techno-

logischem Knowhow half ihnen, nach 1912 in infrastrukturbezogenen

Institutionen Karriere zu machen. Durch seine außergewöhnliche Um-

triebigkeit sticht Wáng Jǐngchūn (1882–1956) aus dieser Gruppe besonders

hervor. Der studierte Bauingenieur und Eisenbahnadministrator promovierte

1911 an der Illinois-Universität, um in den Folgejahren diverse Ämter im

Verkehrsministerium und der Eisenbahndirektion zu bekleiden. Jahrzehnte

später sollte er, stationiert in London, ein warnendes Sprachrohr der GMD-

Regierung gegen die Bedrohung und den späteren Angriff des japanischen

Kaiserreichs werden.

Der Vortrag zeigt anhand des Fallbeispiels der Kommission für die

Rückzahlung des britischen Boxer-Entschädigungsfonds (1926) auf, wie

Wáng aufgrund seiner überlegenden technischen Expertise und seiner

minutiösen Vorbereitung die Interessen des nationalen Eisenbahnbaus vor

konkurrierenden Interessensgruppen durchsetzen konnte. Es wird gezeigt,

wie es Wáng durch stichhaltige Berechnungen und landeskundliche Beob-

achtungen gelang, den Fond in ein Investment umzuwidmen, welches von

den übrigen Kommissionsmitgliedern als „gefährlich spekulativ“ bezeichnet

wurde. Durch die von Wáng propagierte Finanzierung der Fertigstellung der

Yuè–Hàn-Eisenbahn zwischen Guangzhou und Hankou sollten letztlich

Reisen zwischen Beijing und Guangzhou, zu diesem Zeitpunkt noch die

Machtzentren zweier konkurrierender Republiken, binnen drei Tagen möglich

werden. Wángs Engagement ermöglichte ihm zudem, den Eisenbahnbau bis

1949 in der einflussreichen Rolle des Leiters der nationalen Anschaffungs-

Kommission in London mitzugestalten.

Der Vortrag ist ein Begleitergebnis meiner Dissertation zu chinesischen

Ingenieuren der Republikzeit, die momentan an der Universität Leipzig

entsteht.

CV

Thorben Pelzer studierte Sinologie, Japanologie und Ostasienwissenschaften

in Bochum, Osaka, Shanghai und Taipei. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter

am Ostasiatischen Institut der Universität Leipzig und promoviert zurzeit an

32 XXIX. Jahrestagung der DVCS

der Leipziger Graduiertenschule für Global- und Regionalstudien (GSGAS) zu

chinesischen Ingenieuren in der Republikzeit.

Jiagu Richter

Chinesische „Kulturreisen“ nach Wien - eine Art der

Kulturdiplomatie?

Seit das China National Orchestra 1998 das erste chinesische Neujahrs-

konzert in der Goldenen Halle des Wiener Musikvereins veranstaltet hat, ist

der Veranstaltungsort zu einem „Sacred Music Palace“ für Chinesen ge-

worden. Danach reisten nicht nur renommierte Künstler, sondern immer

wieder auch zahlreiche Amateurgruppen aus China nach Österreich, um in

der Halle Musik- und Folkloreveranstaltungen anzubieten. Um auf dieser

Bühne zu erscheinen, zahlten sie jedes Mal 20.000 - 30.000 Euro Miete.

Die Begeisterung dauerte mehr als ein Jahrzehnt. Auf dem Höhepunkt im

Jahr 2013 fanden bereits in den ersten acht Monaten 133 Vorstellungen statt,

durchschnittlich vier in einer Woche. Die meisten Aufführungen erfüllten

jedoch nicht professionellen Mindeststandards, und die Spektakel füllen

mittlerweile kaum mehr die Hälfte der Halle. Als Besucher tritt hauptsächlich

die chinesische Diaspora in Erscheinung, ergänzt um einige wenige

österreichische Gäste. Manche chinesischen Kommentatoren äußertenschon,

dass die Goldene Halle des Musikvereins in einen Karaokesaal umgewandelt

wurde. Die lokale Bevölkerung nimmt diese Veranstaltungen selten wahr,

und lokale Medien berichten kaum darüber. Zu welchem Zweck werden dann

solche Aufführungen organisiert und wer zieht daraus einen Nutzen? Es

handelt sich hier um eine Art von „Kulturreisen“, in der sich eine neue Form

chinesischer Mobilität im Ausland ausdrückt. Gleichwohl kann sie nicht als

„Kulturdiplomatie“ betrachtet werden; denn sie erfüllt keine überzeugenden

kulturellen Standards und erreicht nicht die lokale Bevölkerung, geschweige

denn offizielle Vertreter der Politik und Kulturszene Österreichs. Die

„Kulturreisen“ dienen nicht dem kulturellen Austausch, sondern sind

profitorientiert: Vor allem gewinnen die chinesischen und österreichischen

Organisatoren, denn die Teilnehmer bezahlen selbst dafür. Sie tun dies, um

„Ruhm“ in der Heimat zu gewinnen. Dieser Artikel wird versuchen, dieses

seltsame Phänomen, seine Ursachen und Auswirkungen zu analysieren.

CV

Jiagu Richter, lecturer, Department of East Asian Studies, University of

Vienna; Professor, Southwest University of China; Special Researcher,

Tsinghua University of China. Research focus: foreign policy and history of

Mobilität in China 33

diplomacy of China with emphasis on multilateral diplomacy; cultural

diplomacy; overseas Chinese.

Carsten Schäfer

Mobilität als zweischneidiges Schwert: China und die

Auslandschinesen

Mobilität erstreckt sich nicht nur auf Bewegungen innerhalb Chinas, sondern

auch auf die chinesische „Tradition des Auswanderns“ (Wang Gungwu), die

bis in die Song-Dynastie zurückreicht und die heute weltweit größte

Diasporagruppe begründete. Während Zentralregierungen immer wieder mit

teils massiven Repressalien auf die Emigration reagierten und sie zu

unterbinden versuchten – so während langer Phasen in der Ming- und Qing-

Zeit sowie während der Mao-Ära –, nutzt das gegenwärtige Regime – und

auch dies in der Tradition früherer Herrscher wie der späten Qing – das

bemerkenswerte Mobilitätsverhalten „seiner“ Untertanen für eigene

Interessen.

Eine gezielte Umgarnung und Privilegierung, aber auch eine wachsende

Kontrolle und Einschüchterung der chinesischen Diaspora prägen das

gegenwärtige Verhältnis des offiziellen China zu den weltweit 50 Millionen

Auslandschinesen. Einerseits versprechen Auslandschinesen massive

finanzielle, intellektuelle und politische Ressourcen für das chinesische

Modernisierungsprojekt. In den 1980er und 1990er Jahren gingen nicht nur

ca. 80% aller Auslandsinvestitionen auf Auslandschinesen zurück; auch ein

breiter Wissens- und Erfahrungstransfer in Bezug auf internationale

Wirtschafts- und Managementstandards sowie Technologie- und Wissen-

schaftstransfers oder Mittlerfunktionen zwischen China und dem Westen

geben und gaben maßgebliche Impulse für Chinas Reformpolitik. Längst geht

der Transfer auch in die umgekehrte Richtung: Als mobile „inoffizielle Bot-

schafter“ versucht Peking, Auslandschinesen gezielt in Image- und Soft-

Power-Kampagnen des chinesischen Staates v. a. gegenüber dem Westen

einzuspannen. Andererseits sind Auslandschinesen stets auch eine

potentielle Bedrohung für die Kerninteressen und letztlich die Legitimation

der KPCh, können sie doch in „freien“ Räumen jenseits der Jurisdiktion der

KPCh Diskurse und Aktivitäten entfalten, die innerhalb Chinas nur schwer

realisierbar sind. Es ist auch die Angst vor der Mobilität solcher Ideen und

Aktionen, die die chinesische Diasporapolitik prägt.

Der Vortrag rückt nicht nur anhand von Beispielfällen diese ambivalente Rolle

der Auslandschinesen ins Zentrum, sondern auch Pekings Diasporapolitik

und die ihr zugrunde liegenden Diskurse, Mechanismen, Motive und

34 XXIX. Jahrestagung der DVCS

Behörden: Wie versucht Peking die auslandschinesische Mobilität zu steuern

– und wie reagieren ihrerseits Auslandschinesen darauf? Dabei zeigt sich,

dass nicht nur chinesische Migranten „mobile Objekte“ sind – sondern auch

der chinesische Parteistaat, dessen Institutionen und Ideologien eine zu-

nehmende „Deterritorialisierung“ erfahren.

CV

Carsten Schäfer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Moderne

China-Studien am Ostasiatischen Seminar der Universität zu Köln. Zwischen

2011 und 2015 arbeitete er als Universitätsassistent (praedoc) am Institut

für Ostasienwissenschaften / Sinologie der Universität Wien. Daneben

übersetzt er seit 2014 zeitgenössische chinesische Literatur, u. a. für die

deutschsprachige Ausgabe der Renmin Wenxue. 2018 promovierte er an der

Universität Wien zum Thema auslandschinesische Identitäten und Inte-

grationsprozesse in Europa. 2010 schloss er – nach Studienaufenthalten in

Freiburg/Br., Shanghai, Peking und Wien – das Masterstudium ab. Die

Forschungsinteressen von Carsten Schäfer liegen im Bereich der Overseas

Chinese Studies und Migrationswissenschaften einerseits sowie der moder-

nen chinesischen Geschichte, der chinesischen Historiographie und des

chinesischen Films / Fernsehens andererseits. Zurzeit arbeitet er an Pro-

jekten über die Diasporapolitik des chinesischen Staates sowie über die Rolle

populärer TV-Serien für das kollektive Gedächtnis in China.

Armin Selbitschka

Wider den Bürohengst: Frühkaiserzeitliche Schreiber als

(Dienst)Reisende

Leider wissen wir wenig über das Arbeits- und Privatleben von Schreibern

(shi 史) der späten Vor- und frühen Kaiserzeit. Die überlieferten Quellen

ernwecken den Eindruck von stationären „Historiographen“, deren alleinige

Aufgabe das Aufzeichnen jeglicher Ereignisse an den Höfen von Fürsten und

Kaisern war. Gemeinhin haben wir daher ein Bild von altchinesischen Schrei-

bern vor Augen, das sie über Bambus- und Holztäfelchen gebückt – wo-

möglich noch beim schummrigen Licht eines brennenden Fettlämpchens –

zeigt, wie sie scheinbar endlos ihre Schreibpinsel schwingen. Abgesehen von

der pinselführenden Hand bedurften (und bedürfen) derlei Schreibaufgaben

indes wenig Mobilität. Wie so oft in den frühen Chinastudien ist dies aller-

dings nur die sprichwörtliche Kehrseite der Medaille. Im Laufe der letzten

vier Jahrzehnte lieferten archäologische Ausgrabungen aufregende und her-

vorragende Gegengewichte zu den traditionellen Schriftquellen. Zahlreiche

Handschriften verschiedenster Genres kamen mitunter in Gräbern und Sied-

Mobilität in China 35

lungen ca. des späten 3. Jh. v. bis 1. Jh. n. Chr. zum Vorschein. Sie zwingen

uns seither viele unserer überkommenen Annahmen, mitunter auch die be-

züglich der frühen Schreiber, zu überdenken. Mein Vortrag wird sich auf di-

verse Texte wie Reisenotizen, Bevölkerungsregister, Gesetze, Divinations-

handbücher (rishu 日書) und Ankündigungen an die Unterwelt (gaodishu 告

地書) stützen. Er wird verdeutlichen, dass geographische Beweglichkeit zu

den Grundanforderungen für Beamte niederer Verwaltungsebenen gehörte.

Die Rotation zwischen verschiedenen Ämtern noch während ihrer Ausbildung

machte aus den Schreibern höchst vielseitige Arbeitnehmer. Die Notwendig-

keit alle Ortswechsel minutiös zu dokumentieren war nicht nur Teil der täg-

lichen Arbeit, sondern erstreckte sich bis ins Jenseits, wie an den gaodishu

zu erkennen ist. Außer den Manuskripten deuten auch andere Grabbeigaben,

wie beispielsweise hölzerne Wagenmodelle, an, dass die Alltagsroutinen der

Schreiber nicht ausschließlich durch den bloßen Akt des Schreibens (schon

gar nicht von Geschichte) bestimmt war. Vielmehr gehörten langwierige und

anstrengende Dienstreisen für sie zum täglichen Brot.

CV

Armin Selbitschka (Jahrgang 1975) studierte Sinologie, Chin. Kunst und

Archäologie, Japanologie und Vor- und Frühgeschichte an der Ludwig-

Maximilians-Universität (LMU) München und an der Sichuan Daxue 四川大學

in Chengdu, VR China. Er lehrte als Wissenschaftlicher Assistent am Institut

für Sinologie der LMU München (Akademischer Rat auf Zeit), als Feodor-

Lynen-Stipendiat der Alexander-von-Humboldt-Stiftung an der Stanford

University und als Assistant Professor of Ancient Chinese History an der New

York University (NYU) Shanghai bevor er im Januar 2018 dem Ruf auf den

Lehrstuhl für Alte Chinesische Geschichte und Archäologie an der LMU

München folgte. Seine Monographie Prestigegüter entlang der Seidenstraße?

wurde ebenso bei Harrassowitz veröffentlicht (2010) wie eine Festschrift für

Thomas O. Höllmann, die er gemeinsam mit Shing Müller herausgab (Über

den Alltag hinaus, 2018). Überdies erschienen (oder sind im Druck befindlich)

mehrere seiner Aufsätze in peer-reviewed Zeitschriften wie dem Harvard

Journal of Asiatic Studies, Asia Major, World Archaeology, Asian Perspectives,

Bulletin of the Museum of Far Eastern Antiquities und Oriens Extremus.

Derzeit arbeit er an einer Monographie zu Jenseitsvorstellungen in der späten

Vor- und frühen chinesischen Kaiserzeit.

36 XXIX. Jahrestagung der DVCS

Lena Springer

Soziale und kulturelle Beweglichkeit von chinesischem

Arzneimaterial zwischen dem sogenannten Nordwest- und

Südwest-China – und bis in die Patienten hinein

In unterschiedlichen Regionen Chinas werden Arzneien im Feld sowie in

Archiven gesammelt und dann in weiterverarbeiteter Form Patienten zur

Einnahme bereitgestellt. Peu-a-peu sind fünfzig bis sechshundert Einzel-

stücke aus dieser Materia medica zu einem weitgehend standardisierten

Grundstock gewachsen, der bis heute vielerorts hergestellt wird, mittels

historischer und aktualisierter Schriften zirkuliert und Eingang in ein Welt-

arsenal zum Bestücken einer „chinesischen“ Apotheke gefunden hat. Nicht

nur könnte so bestückt diese „traditionelle chinesische Medizin“-Apotheke

weltweit irgendwo auf den verschiedenen Kontinenten aufgebaut werden.

Umso bemerkenswerter ist, dass dasselbe überhaupt innerhalb des groß-

flächigen, multi-ethnischen und historisch gewandelten China bereits mög-

lich ist.

Ethnomedizin wird die Stärke verstreuter lokaler Traditionen sowie

gesellschaftliche Verwurzelung vor Ort attestiert: so haben Arzneien aus dem

Kernbestand der chinesischen Apotheke ebensolche Eigenschaften einer

flirrenden Vielfalt. Ethnographisch-botanische Feldforschung und das geziel-

te Zusammenstellen von pharmazeutisch-botanischen Archiven und Nach-

schlagewerken zeigen jedoch mehr: dass für übliche chinesische Behand-

lungen etwa in den sogenannten nordwest- und südwestlichen Regionen

Chinas Patienten gegenseitig die Arzneien aus der jeweils anderen Region

brauchen. Weniger die exotische Lokalität der Austauschobjekte oder Ethni-

zität an sich bezaubern uns hier, sondern Beispiele des Transferierens von

Arzneien samt ihrer „chinesischen“ Wirkung hinein in die Körper andernorts

in China.

CV

Lena Springer ist promovierte Sinologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin

am Institut für Chinesische Lebenswissenschaften an der Charité – Uni-

versitätsmedizin Berlin, wo sie in einem vom BMBF geförderten Projekt

Geschmäcker in einer Datenbank von Arzneirezepten aus der Sammlung Un-

schuld (Staatsbibliothek Berlin) untersucht. Ihr erstes Buch (gefördert von

den Stiftungen Jing Brand und D. Kim) erzählt die jüngere Geschichte in

China laut den erzählten Berufswegen von Ärzten für chinesische Medizin

seit 1926. Das zweite vom britischen Wellcome Trust unterstützte Buch-

projekt untersucht die transregionale Materia Medica in China aus dem

Blickwinkel von drei sogenannten westlichen Regionen.

Mobilität in China 37

Kerstin Storm

Chinas Auslandsstudierende im Spiegel der Zeit

Im ausgehenden 19. Jahrhundert entsandte das Qing-Reich 120 Schüler

zwischen elf und- fünfzehn Jahren in die USA. Sie sollten dort zur Schule und

auf die Universität gehen, um vor allem mit technischer Expertise, an der es

China damals fehlte, heimzukehren. Diese sogenannte China Educational

Mission wurde 1881 wegen der zu starken Assimilierung der jungen Chinesen

an die US-amerikanische Kultur jäh beendet, die Jungen heimgeholt. Dessen

ungeachtet gilt sie als der erste Schritt Chinas zu einer sich bis heute

fortsetzenden, politisch unterstützten Entsendung von Studierenden ins

Ausland. Während bis zur Reform- und Öffnungspolitik etwa 130 000

Auslandsstudierende gezählt wurden, studierten allein 2016 über eine halbe

Million junge Chinesen und Chinesinnen überall auf der Welt; die

Volksrepublik China ist unter Xi Jinping einmal mehr bestrebt, das

Auslandsstudium ebenso zu fördern wie Anreize für die Heimkehr zu setzen

– und rühmt sich mit Erfolgen: Beide Zahlen steigen nach eigenen Angaben

kontinuierlich an. Rückkehrer finden sich nicht selten in hohen Positionen mit

guten Gehältern wieder. Und doch scheint das Ansehen der Auslands-

studierenden ambivalent zu sein: Sie werden einerseits als „Meeresschild-

kröten“ (haigui 海龟) bezeichnet, müssen sich andererseits aber „Vergol-

dete“ dujin 镀金 nennen lassen – außen wertvoll, aber im Innern?

Der Vortrag möchte zweierlei: zum einen die Chronologie chinesischer Aus-

landsstudierender nachzeichnen, zum anderen, auch mit Blick auf die gegen-

wärtige Situation, Fragen nachgehen wie: Mit welchen Programmen gehen

chinesische Studierende ins Ausland? Was wird studiert und wo? Welchen

Status haben Rückkehrer? Ist die einstige Furcht vor kultureller Assimi-

lierung ans Ausland noch gegenwärtig und, wenn ja, werden Maßnahmen

ergriffen? Wie erfolgt ggf. eine Bindung an das Heimatland? Ziel des Vortrags

ist eine Evaluierung des chinesischen Auslandsstudiums unter Berück-

sichtigung des historischen Kontextes.

CV

Kerstin Storm studierte Sinologie, Politikwissenschaft und Wirtschaftspolitik

in Münster und Taipei, bevor sie einige Jahre für ein deutsches Unternehmen

in Qingdao arbeitete. 2012 promovierte sie über das Thema Kindheit im

Gedicht und arbeitet nun an ihrer Habilitationsschrift, die das Zusammen-

spiel von Recht und Literatur in tangzeitlichen Prüfungsaufsätzen untersucht.

Seit 2013 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sinologie und

Ostasienkunde der WWU Münster.

38 XXIX. Jahrestagung der DVCS

Hangkun Strian

Mobilität: Entstehung, Entwicklung und Verbreitung der

unabhängigen Dokumentarfilme Chinas seit 1990

Seit 1990 erschienen die ersten unabhängigen Dokumentarfilme nach einer

umfassenden Reorganisation der Staatsmedien Chinas. Trotz weitgehender

Selbständigkeit waren die Filmemacher auf die technischen Mittel und

Verbreitungskanäle des Systems angewiesen. Erst ab Mitte der Neunziger-

jahre ermöglichen mehrere technische Revolutionen im Digital- und Medien-

und Konsumbereich den „wirklich“ unabhängigen Dokumentarfilm in China:

die mobile und kostengünstige Endverbraucher Videokamera, die individuelle

Schnittbearbeitung durch private Computer-Software, Soziale Netzwerke

und elektronische Verbreitungstechniken. Immer mehr Amateurfilmer und

gewöhnliche Bürger dokumentieren und interpretieren die Gesellschaft aus

unterschiedlichen Standpunkten und Blickwinkeln. Dies konkurriert mit den

Autoritäten der nationalen Filmindustrie und ihren „großen Erzählungen“. Es

ist ein unabhängiges, ziviles Schattensystem, welches der Zensur geschickt

ausweicht oder sie bewusst abgelehnt. Die Konzentration und Aufmerk-

samkeit auf soziale Randgruppen und ihren Kampf um das Bürgerrecht, die

schnelle Live-Übertragung des Alltagslebens mit seinen Konflikten, die

Sicherung von historischen Grassroots-Materialien für die staatlich unter-

drückte Erinnerungskultur, die Selbstdarstellung von Bürgern (unab-

hängigen Dokumentarfilmern) für Bürger (gefilmten Individuen), dies alles

ist Teil einer turbulenten Bürgerbewegung, die trotz einzelner Rückschläge

die gesellschaftlichen Modernisierung nach vorne bringt. In diesem Vortrag

werden die Entstehung, Entwicklung und Verbreitung der unabhängigen

Dokumentarfilme Chinas in drei Zeitphasen (1990–2003, 2003–2013, 2013–

heute) untersucht. Die dahinterstehenden oder mitwirkenden sozio-

kulturellen Bedingungen, technischen und mobilen Voraussetzungen sowie

politischen Umwandlungen sind Schwerpunkte des Vortrages.

CV

Sinologin sowie Literatur- und Sprachwissenschaftlerin in Berlin. Sie hat Ger-

manistik, Linguistik und Literaturkritik in Peking, Seoul und Berlin studiert.

Eines ihrer Hauptwerke ist Die Schriftstellerin Zhang Ailing und ihre Studien

und Kommentare zum Roman Der Traum der roten Kammer (Peter Lang,

2016). Ihr aktueller Forschungsschwerpunkt ist der unabhängige Doku-

mentarfilm in China.

Mobilität in China 39

ZHAO Yuan

Der Allgemeine Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches und sein

chinesisches Äquivalent Zhonghua Renmin Gongheguo Minfa

Zongze (中华人民共和国民法总则). Ein linguistischer Vergleich.

Das Recht lebt in der Sprache. Das Thema „Recht und Sprache“ wird

deswegen viel diskutiert. Während der chinesischen Rechtsmodernisierung

wurden nicht nur die ausländischen (insbesondere deutschen) Rechts-

philosophien, sondern auch „Fachwörter“ importiert.

Im März 2017 wurde der allgemeine Teil des Zivilgesetzbuchs (Minfa Zongze

/ MFZZ) in China erlassen. Im MFZZ gibt es auch viele aus dem deutschen

Zivilrecht stammende Fachbegriffe, die jedoch verschiedene Konnotationen

oder Extensionen haben. Eine wörtliche Übersetzung bzw. eine direkte

Anwendung ohne oder mit schematischen Veränderungen ist hinsichtlich des

Verständnisses als problematisch zu erachten.

Auf dieser Grundlage und den bestehenden Einflüssen aus dem deutschen

Zivilrecht ist ein Vergleich und eine Analyse der linguistischen Methoden der

beiden Gesetzbücher (BGB und MFZZ) als sinnvoll zu erachten.

Aus diesem Grund behandelt meine Dissertation folgende Themen:

Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der deutschen und chinesischen

Juristensprache hinsichtlich Semantik, Syntax und Textlinguistik.

Besteht die Möglichkeit, eine Balance zwischen fachlichem Ausdruck und

alltäglichem Bedarf zu finden?

Welche Vorschläge sind für Studienanfänger der Rechtswissenschaften und

Dolmetscher nützlich, die komplexen Fachtexte als Fachlaien besser zu

verstehen und auch übersetzen zu können?

CV

ZHAO Yuan hat ihren Master-Abschluss (LL.M.) am Fachbereich

Rechtswissenschaften der Universität Trier erworben. Zurzeit promoviert sie

im Fach Sinologie an der Universität Münster.

40 XXIX. Jahrestagung der DVCS

Notizen

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Mobilität in China 41

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Das Center for Cultural Studies on Science

and Technology in China der TU Berlin

Mit dem Center for Cultural Studies on Science and Technology in China,

kurz: China Center, stellt die TU Berlin seit 25 Jahren fächerübergreifende

China-spezifische Lehre bereit und integriert darüber hinaus sinologische

und interdisziplinäre Forschung.

Unser studienbegleitendes Lehrprogramm bietet Orientierungswissen zu

Philosophie, Technik- und Wissenschaftskultur, Wirtschaft und Gesellschaft

Chinas. Unsere Lehr- und Forschungsaktivitäten adressieren alle China-

interessierten Studierenden und Forschenden der TU Berlin. Die aktuellen

Themenschwerpunkte sind Mobilität, Urbanisierung und Stadtentwicklung

sowie Digitalisierung. Vermitteln möchten wir vor allem auch die kulturelle

Dimension von Wissenschaft und Technik.

In unseren Forschungsprojekten, Summer Schools, Austauschsemestern,

Doppelmaster- und Doppelpromotionsprogrammen erforschen die TUB-

Studierenden und WissenschaftlerInnen ihre eigenen Chinabilder.

Aktuell führen wir zwei dreijährige BMBF-geförderte Projekte durch:

TUWITECH (2018–2021) zur Erhöhung der China-Kompetenz an der TU

Berlin und URBANI[XX] (2017–2020) zum Aufbau eines deutsch-

chinesischen Fach-Alumni-Netzwerkes Urbanisierung und Stadtentwicklung.

Tagungsorganisation

Dr. Sigrun Abels, Dr. Tania Becker und Philipp Mahltig

mit Unterstützung des CCST-Teams

Technische Universität Berlin

Center for Cultural Studies on Science and Technology in China (CCST)

Marchstr. 23, MAR 2-2

10587 Berlin

Tel.: +49-(0)30-314- 25995 / 22680

E-Mail: [email protected]

Website: www.china.tu-berlin.de/dvcs2018

Wir danken der Gesellschaft von Freunden der TU Berlin für ihre

Unterstützung!

Mobilitätsexkursion:

Spaziergang durch die City West

am Sonntag, den 2. Dezember 2018, um 11 bis 13 Uhr

Treffpunkt:

TU Berlin, Hauptgebäude, Haupteingang

Straße des 17. Juni 135 10623 Berlin

Unser Rundgang führt uns von der TU Berlin das Einsteinufer entlang

vorbei an Rathaus und Schloss Charlottenburg. Auf dem Weg zurück in

Richtung Ernst-Reuter-Platz schließt sich unser Spaziergang durch die City

West. Bitte festes Schuhwerk mitbringen!

Wir freuen uns auf Sie und Euch!

Joachim Betzl und Tania Becker