Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde...

119
Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für die LTCC-Drucksintertechnologie Dipl.-Ing. Björn Brandt BAM-Dissertationsreihe Band 136 Berlin 2015

Transcript of Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde...

Page 1: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Modellierungsansätze und

neue Brennhilfsmittelkonzepte für die

LTCC-Drucksintertechnologie

Dipl.-Ing. Björn Brandt

BAM-Dissertationsreihe • Band 136Berlin 2015

Page 2: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Impressum

Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für die LTCC-Drucksintertechnologie

2015

Herausgeber:BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung Unter den Eichen 8712205 BerlinTelefon: +49 30 8104-0Telefax: +49 30 8112029E-Mail: [email protected]: www.bam.de

Copyright © 2015 by BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung

Layout: BAM-Referat Z.8

ISSN 1613-4249ISBN 978-3-9817149-7-5

Die vorliegende Arbeit entstand an der BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung.

Page 3: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Modellierungsansätze und

neue Brennhilfsmittelkonzepte für die

LTCC-Drucksintertechnologie

Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades

Doktoringenieur (Dr.-Ing.)

vorgelegt der

Fakultät Maschinenwesen

der Technischen Universität Dresden

von Dipl.-Ing. Björn Brandt

geboren am 21.02.1985 in Berlin

Gutachter:

Prof. Dr.rer.nat.habil. Alexander Michaelis

Prof. Dr.-Ing. Andreas Roosen

Tag der Einreichung: 23. September 2014

Tag der Verteidigung: 05. Juni 2015

Page 4: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich
Page 5: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Kurzfassung

Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-

reich als kompakte, mehrlagige Schaltungsträger in der Automobilindustrie und Hochfrequenztechnik

eingesetzt. Dazu werden sie mit Verfahren der Folien- und Multilayertechnik verarbeitet und gemeinsam

mit aufgedruckten Metallisierungen bei Temperaturen bis 900 °C co-gesintert. Besonders bei hohen

Anforderungen an die Reproduzierbarkeit der Sinterschwindung hat sich das Sintern mit axialer

Druckunterstützung etabliert, wodurch unter anderem die Schwindung in der Ebene der Einzelfolien

unterdrückt werden kann. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die LTCC-Drucksintertechnologie unter

zwei Gesichtspunkten weiterzuentwickeln:

Erarbeitung eines einfachen und praktikablen Verfahrens zur Modellierung und Simulation des

Verfahrens,

prozessintegrierte Erzeugung maßgeschneiderter, speziell dünnfilmfähiger Oberflächenstrukturen.

Für die Simulation der Sinterung wurde das Modell der Mastersinterkurve ausgewählt. Die Eignung des

Modells zur Beschreibung von LTCC-Werkstoffen wird zunächst ohne Druckunterstützung nach-

gewiesen. Dabei werden die Mastersinterkurven von frei gesinterten Pulverpresslingen und

Folienlaminaten, deren Schwindung in der Ebene unterdrückt ist, quantitativ gegenübergestellt.

Außerdem wird eine Methode vorgeschlagen und experimentell bestätigt, mit der die

Schwindungsfehlpassung von Werkstoffkombinationen bei druckloser Co-Sinterung von berechnet

werden kann. Die Modellierung der druckunterstützten Sinterung basiert auf thermomechanischen

Analysen eines verbreitet angewendeten, kommerziellen LTCC-Werkstoffs (DuPont GreenTape DP951)

im Druckbereich von 2 kPa bis 500 kPa. Die Auswertung der Messwerte und Entwicklung der

Mastersinterkurven erfolgt unter Berücksichtigung der Kriechverformung des Werkstoffs unter Druck

und wird durch grundlegende Untersuchungen zur für dieses Modell obligatorischen Bestimmung der

Aktivierungsenergie ergänzt. Mit einer konstanten Aktivierungsenergie von 400 kJ/mol werden

Mastersinterkurven für verschiedene Drücke aufgestellt und mit Anpassungsfunktionen modelliert. Die

mit Hilfe der Anpassungsfunktionen simulierten Sinterkurven stimmen gut mit den Messungen überein.

Das Modell wird als geeignet und praktikabel bewertet.

Die prozessintegrierte Erzeugung maßgeschneiderter Oberflächenstrukturen erfolgt über die im Druck-

sinterprozess eingesetzten Brennhilfsmittel. Zur Einstellung gewünschter Rautiefen auf den gesinterten

Oberflächen werden Opferfolien aus Al2O3 mit unterschiedlichen Partikelgrößenverteilungen und eine

Opferfolie aus hexagonalem BN vorgestellt, die über Rückstandsschichten auf der LTCC-Oberfläche die

Oberflächenstruktur bestimmen. Der Zusammenhang von Opferfolieneigenschaften und Oberflächen-

charakteristika wird an verschiedenen LTCC-Werkstoffen beschrieben. Die Rauheit einer

druckgesinterten LTCC-Oberfläche kann über die Partikelgröße der Opferfolien gezielt verändert

werden. Zur Herstellung dünnfilmkompatibler, rückstandsfreier Oberflächen im Drucksinterprozess

wird glasartiger Kohlenstoff als Brennhilfsmittel eingeführt. Damit wird eine Regelung des Sauerstoff-

partialdrucks während des Brandes erforderlich. Eine vollständige thermische Entbinderung der

Grünfolien ist aufgrund von Kohlenstoffrückständen auf den Partikeloberflächen erst oberhalb 500 °C

möglich. Einflüsse der Prozessparameter Druck und Haltezeit auf die resultierende Oberflächenstruktur

werden aufgeklärt und optimale Prozessfenster für die untersuchten Werkstoffe angegeben. Mit dem

entwickelten Verfahren können zum ersten Mal verschiedene LTCC-Substrate mit dünnfilmfähigen

Oberflächen nacharbeitsfrei durch Drucksintern hergestellt werden.

Die Ergebnisse zur Modellierung und Simulation leisten einen wertvollen Beitrag zur Einsparung von

Energie, Zeit und Kosten bei der Gestaltung von Drucksinterprozessen. Die erarbeiteten Brennhilfs-

mittelkonzepte können ressourcenaufwändige Nacharbeit teilweise ersetzen und eröffnen durch die

Dünnfilmeignung der Oberflächen neue Anwendungsgebiete der Drucksintertechnologie in der Sensor-

und Mikrosystemtechnik.

Page 6: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich
Page 7: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Summary

Low temperature co-fired ceramics (LTCC) have been successfully used for compact multilayer circuit

boards in the automotive industry and for high frequency applications. They are processed as green tapes

in multilayer technology and co-fired with printed metallization at temperatures up to 900 °C. Especially

if high reproducibility of the sintering shrinkage is crucial, pressure-assisted sintering is well

established. The in-plane shrinkage of the multilayer can be thereby suppressed and the shrinkage

tolerances are significantly reduced. The goal of this work was to further develop pressure-assisted

sintering technology regarding two aspects:

development of a simple and feasible method for modeling and simulation of the process,

fabrication of tailored LTCC-surfaces, in particular, those that are thin-film capable.

The master sintering curve approach is used for modeling and simulation. The adequacy of the approach

for the description of LTCC sintering is initially verified without consideration of external pressure. In

this context, master sintering curves of freely sintered powder compacts and multilayer laminates that

were sintered under constraint are quantitatively compared. A method for the calculation of the

shrinkage mismatch of freely sintered multi-material multilayer is proposed and experimentally verified.

The modeling of pressure-assisted sintering is based on thermo-mechanical analysis of a widely-used,

commercialized LTCC (DuPont GreenTape DP951) in the pressure regime of 2 kPa to 500 kPa. The

evaluation of the experimental data and the generation of the master sintering curves are carried out with

consideration of the creep deformation of the material. Furthermore, basic investigations concerning the

obligatory determination of the activation energy are presented. Master sintering curves for different

pressure levels are compiled with constant activation energy of 400 kJ/mol and modeled using five-

parametric logistic functions. Sintering curves calculated from the model functions are in good

agreement with experimental data. The approach is assessed to be adequate and feasible.

The fabrication of tailored surface structures is implemented by the adaptation of the setters used for

pressure-assisted sintering. Alumina release tapes with different particle size distributions and a

hexagonal boron nitride release tape are presented for the adjustment of the surface roughness. The

shape and structure of the residue layer left by the different release tapes on the sintered surface

determines the surface properties. The relation between release tape properties and surface

characteristics is described for several LTCC materials. A systematic surface roughness adjustment of

sinter-pressed LTCC-substrates is possible using the particle size distribution of the release tape. For the

fabrication of thin-film compatible surfaces, glassy carbon is introduced as setter material.

Consequently, the oxygen partial pressure must be controlled during sintering. A complete thermal

debinding of the green tapes is only possible at temperatures above 500 °C due to char on the particle

surfaces. The influences of the process parameters pressure and dwell time on the resulting surface

characteristics are elucidated. Using the glassy carbon setter, LTCC substrates with thin-film compatible

surfaces can be produced by pressure-assisted sintering without reworking for the first time.

The results concerning modeling and simulation contribute to the reduction of energy, time and costs in

the development process of pressure-assisted sintering regimes. The setter concepts introduced in the

work can make expensive reworking of surfaces redundant. Feasible fabrication of thin-film capable

surfaces by pressure-assisted sintering opens new fields of application in sensor and microsystems

technology.

Page 8: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich
Page 9: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung .......................................................................................................................................... 1

2 Stand der Technik ............................................................................................................................ 3

2.1 LTCC-Mehrlagentechnologie ..................................................................................................... 3

2.1.1 Werkstoffe und Sintermechanismen ................................................................................... 4

2.1.2 Technologische Prozesskette .............................................................................................. 5

2.1.3 Sinterung mit geometrischer Schwindungsbeschränkung und Druckunterstützung .......... 9

2.2 Sintermodelle ............................................................................................................................ 16

2.2.1 Kontinuumsmechanischer Ansatz .................................................................................... 16

2.2.2 Mastersinterkurve ............................................................................................................. 19

3 Materialien und Methoden ............................................................................................................ 25

3.1 Werkstoffauswahl und –eigenschaften ..................................................................................... 25

3.2 LTCC-Versatzaufbereitung und Foliengießen .......................................................................... 27

3.3 Grünkörperherstellung .............................................................................................................. 28

3.4 Dilatometrie und Thermomechanische Analyse ....................................................................... 29

3.5 Berechnung von Mastersinterkurven ........................................................................................ 30

3.6 Analyse der Entbinderung ......................................................................................................... 32

3.7 Druckunterstütztes Sintern ........................................................................................................ 33

3.8 Oberflächencharakterisierung ................................................................................................... 36

4 Ergebnisse und Diskussion ............................................................................................................ 39

4.1 Thermomechanische Analyse und Modellierung...................................................................... 39

4.1.1 Drucklose Sinterung ......................................................................................................... 39

4.1.2 Schwindungsfehlpassung bei druckloser Co-Sinterung ................................................... 41

4.1.3 Druckunterstützte Sinterung ............................................................................................. 45

4.2 Brennhilfsmittelentwicklung ..................................................................................................... 61

4.2.1 Opferfolien mit unterschiedlichen Partikelgrößenverteilungen ........................................ 61

4.2.2 Senkung der Entbinderungstemperatur ............................................................................ 64

4.2.3 Einsatz von Glaskohlenstoff ............................................................................................. 71

4.3 Oberflächencharakterisierung ................................................................................................... 80

4.3.1 Opferfolien mit unterschiedlichen Partikelgrößenverteilungen ........................................ 81

4.3.2 Opferfolie aus hexagonalem Bornitrid ............................................................................. 87

Page 10: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

4.3.3 Glaskohlenstoff................................................................................................................. 89

4.3.4 Bewertung der technologischen Nutzbarkeit .................................................................... 91

4.4 Anwendungsbeispiel: Dehnungssensoren ................................................................................. 92

5 Zusammenfassung .......................................................................................................................... 93

6 Literaturverzeichnis ....................................................................................................................... 95

7 Anhang ............................................................................................................................................ 99

7.1 Verwendete Formelzeichen und Symbole ................................................................................ 99

7.2 Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................................... 101

7.3 Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................ 102

7.4 Tabellenverzeichnis ................................................................................................................ 108

7.5 Danksagung ............................................................................................................................. 109

Page 11: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

1

1 Einleitung

Seit dem Durchbruch der Mikroelektronik in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts haben

zahlreiche technische Innovationen das tägliche Leben revolutioniert. Die Entwicklung elektronischer

Geräte ist geprägt durch eine kontinuierliche Miniaturisierung bei gleichzeitiger Steigerung der

Leistungsfähigkeit, des Funktionsumfangs und der Zuverlässigkeit. Einen beträchtlichen Anteil an

diesem Trend haben, neben der Fortentwicklung integrierter Schaltkreise, die modernen Verfahren zur

Einhausung und Verdrahtung der elektronischen Bauelemente (electronic packaging). Platzsparende und

robuste Schaltungen werden beispielsweise in Dickschicht-Hybridtechnik gefertigt. Dabei werden

integrierte und diskrete Schaltkreise mittels siebgedruckten Leiterbahnen und Widerständen auf

kompakten Schaltungsträgern vereint. Durch einen mehrlagigen Aufbau der Schaltungsträger lassen sich

die Maße komplexer Hybridschaltungen zudem effektiv verkleinern. Ein etabliertes Verfahren zur

Herstellung mehrlagiger Schaltungsträger ist die LTCC-Technologie (low temperature co-fired

ceramics). Dabei werden flexible glaskeramische Folien strukturiert, mit Leiterbahnen bedruckt und zu

einem Mehrlagensubstrat kombiniert. Die Zusammensetzungen der glaskeramischen Werkstoffe werden

so gewählt, dass sie gemeinsam mit der gedruckten Metallisierung gebrannt und in ein monolithisches

Bauteil überführt werden können (co-firing). Aufgrund der Möglichkeiten Werkstoffe mit

maßgeschneiderten Eigenschaftsprofilen zu entwickeln und der vielfältigen Verarbeitungsmöglichkeiten

der Folien kann diese Technologie für verschiedenste Anwendungen, sowohl für den Masseneinsatz als

auch für Speziallösungen, erfolgreich eingesetzt werden.

In der Automobilindustrie werden für elektronische Baugruppen im Motorraum, z.B. für die Getriebe-

steuerung oder Fahrdynamikregelung, erfolgreich LTCC-Schaltungsträger genutzt. Neben den Kosten

und der Einbaugröße begründet besonders die Zuverlässigkeit der Schaltungen unter den

anspruchsvollen Einsatzbedingungen die Auswahl der LTCC-Technologie für diesen Anwendungs-

bereich. Individuelle Gehäuselösungen für elektronische Module und Komponenten, beispielsweise

flache Kameramodule und LED-Gehäuse, sowie Gehäuse- und Schaltungsträgerkonzepte für die

Mikrosystem- und Sensortechnik sind weitere typische Einsatzgebiete der LTCC-Technologie. Durch

Kanäle und innere Hohlraumstrukturen in LTCC-Mehrlagensubstraten können auch Flüssigkeiten oder

Gase geleitet werden. Daraus ergeben sich weitere Anwendungsmöglichkeiten in der Mikrofluidik und

Mikroreaktorik.

Ein wesentliches Anwendungsgebiet von LTCC-Werkstoffen mit angepassten Eigenschaften für den

Radio- und Hochfrequenzbereich ist die drahtlose Kommunikation und Datenübertragung. Zum

Empfangen, Filtern und Senden von Signalen in den verschiedensten Frequenzbereichen für Mobilfunk

(GMS, UMTS), Bluetooth, GPS und WLAN werden Filter, Verstärker und Antennen in LTCC-

Technologie realisiert. Der Einsatz solcher Module in Mobiltelefonen und tragbaren Computern

generiert ein Markvolumen in Milliardenhöhe1. Ein modernes Frontend-Modul in LTCC-Technologie,

das alle notwendigen Filter- und Verstärkerfunktionen zum zeitgleichen Betrieb von WLAN und

Bluetooth in einem Mobiltelefon enthält, ist bereits kleiner als 5 × 5 mm² und dünner als 1,5 mm. Eine

GPS-Antenne beispielsweise ist sogar kleiner als 1 × 2 × 0,5 mm³. Die Entwicklung in diesem Bereich

ist damit jedoch keineswegs abgeschlossen. Mit der Erschließung neuer Frequenzbänder für den

Mobilfunk (long term evolution, LTE) und dem zunehmendem Einsatz von Techniken zur Nahfeld-

kommunikation (near field communication, NFC) steigt die Anzahl notwendiger Frequenzfilter in

Mobiltelefonen und anderen Endgeräten weiterhin an. Damit geht auch eine Forderung nach weiterer

Miniaturisierung der Schaltungsträger einher.

Die Herausforderung bei der Fertigung der verschiedensten Schaltungen in LTCC-Technologie ist die

Schwindung der glaskeramische Folien, die während des Brandes auftritt. Damit verbundenen sind

1 Informationsvortrag der Murata Manufacturing Co., Ltd.,

http://www.murata.com/cp-data/infomeeting/infomeeting2012.pdf, abgerufen am 26.05.2014

Page 12: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Einleitung

2 BAM-Dissertationsreihe

Toleranzen der Sintermaße und eine ungenaue Positionierung einzelner Strukturen auf dem gesinterten

Schaltungsträger. Optimal eingestellte Foliensysteme bieten zwar bei freier Sinterung gut

reproduzierbares Schwindungsverhalten, für die meisten marktrelevanten Anwendungen sind die

Schwindungstoleranzen jedoch zu hoch. Darum nutzen die führenden Hersteller von LTCC-

Komponenten, darunter Bosch, Murata und Kyocera, die Drucksintertechnologie. Durch die Aufgabe

von axialem Pressdruck während des Brandes wird die Schwindung in der Ebene der Einzelfolien

unterdrückt und die Schwindungstoleranz um den Faktor zehn verringert. Zudem ist die Ebenheit

gegenüber frei gesinterten Modulen, bzw. Schaltungsträgern deutlich verbessert. Nur mit diesem

Verfahren können die engen Spezifikationen der Automobilindustrie und die geringen Fertigungs-

toleranzen miniaturisierter und hochintegrierter Radio- und Hochfrequenzmodule zuverlässig erfüllt

werden.

Beim druckunterstützten Sintern werden jedoch die Oberflächeneigenschaften des Sinterteils

maßgeblich von den verwendeten Brennhilfsmitteln beeinflusst. Häufig werden nichtsinternde

Opferfolien als Trennlage zwischen LTCC und Pressplatte verwendet, die festgebundene Partikel-

rückstände auf der LTCC-Oberfläche hinterlassen. Üblicherweise werden diese Rückstände durch

Sandstrahlen oder andere abrasive Verfahren entfernt. Für Anwendungen mit spezifischen

Anforderungen an die Oberflächenqualität muss die gesinterte Oberfläche gegebenenfalls aufwendig

nachbearbeitet werden. Besonders für Spezialanwendungen in der Mikrosystem- und Sensortechnik

könnten neue Anwendungsgebiete erschlossen werden, wenn verschiedene Oberflächenstrukturen

gezielt im Drucksinterprozess einstellbar wären und damit eine aufwendige Nacharbeit entfiele. Von

besonderem Interesse ist die Erzeugung sehr glatter Oberflächen, die in Dünnfilmtechnik defektarm mit

Funktionsschichten beschichtet werden können. Ebenso nützlich sind Oberflächen mit angepasster

Rauheit, um eine optimale Fügung des LTCC-Moduls oder Sensors auf eine Montageplatte oder ein

Messobjekt zu begünstigen. Für die Prozessplanung zur Sinterung komplex strukturierter LTCC-Module

wären Simulationswerkzeuge hilfreich, die den Einfluss von Pressdruck und Temperatur auf die

Verdichtung beschreiben können. Bisher standen jedoch keine derartigen Werkzeuge zur Verfügung, so

dass die Optimierung der Prozessparameter nach dem Prinzip Versuch-und-Irrtum erfolgt.

Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag zur Entwicklung verlässlicher Simulationsverfahren zur

Beschreibung der druckunterstützten Sinterung von LTCC leisten. Als Ausgangspunkt für eine weitere

Implementierung des Konzepts wurde grundlegend untersucht, inwiefern das einfache und praktikable

Modell der Mastersinterkurve auf die druckunterstützte Sinterung von LTCC-Werkstoffen anwendbar

ist. Um die technologischen Einschränkungen bezüglich der Eigenschaften druckgesinterter LTCC-

Oberflächen zu überwinden, sollte zudem ein Verfahren erarbeitet werden, das eine nacharbeitsfreie

Herstellung dünnfilmfähiger LTCC-Substrate im Drucksinterprozess erlaubt. Dazu wurden neue Brenn-

hilfsmittelkonzepte realisiert. Ein Ansatz beruht auf der gezielten Einstellung der Oberflächenrauheit

durch Anpassen der Opferfolien. In einem zweiten Ansatz wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem

unter Verwendung von Glaskohlenstoff eine Drucksinterung ohne Opferfolie möglich ist.

Page 13: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

3

2 Stand der Technik

2.1 LTCC-Mehrlagentechnologie

Die Technologie zur Herstellung von Schaltungsträgern aus keramischen Mehrlagensubstraten hat ihren

Ursprung in den späten 1950er Jahren. In dieser Zeit wurden die grundlegenden Verfahren wie

Grünfolienverarbeitung, Stanzen und Füllen von vertikalen Durchkontaktierungen, sowie Laminieren

von Mehrlagensubstraten aus strukturierten Einzelfolien entwickelt [IMA2005, STE1965]. Zunächst

wurden Al2O3 und auch AlN, sogenannte high temperature co-fired ceramics (HTCC), als

Substratwerkstoffe eingesetzt, die mit W oder Mo metallisiert wurden. Die Co-Sinterung dieser

Werkstoffe erfordert eine wasserstoffhaltige Atmosphäre und Temperaturen über 1500 °C. Ein

Meilenstein in der Entwicklung der Mehrlagentechnologie waren die zu Beginn der 1980er Jahre von

IBM für Großrechner eingeführten mehrlagigen HTCC-Schaltungsträger. Die Entwicklung mehrlagiger

Schaltungsträger wurde durch eine parallele Fortentwicklung der Mehrlagentechnologie für andere

Produktgruppen, wie beispielsweise Kondensatoren oder Piezoaktuatoren, begleitet.

Eine zunehmend gewünschte Miniaturisierung der Schaltungen erforderte die Reduzierung der Leiter-

bahnabmessungen und machte eine Verwendung leitfähigerer Metalle wie Cu, Au und vor allem Ag

erforderlich. Damit mussten auch Substratwerkstoffe mit geringeren Sintertemperaturen eingesetzt

werden, um ein Aufschmelzen dieser Metalle bei der Co-Sinterung zu vermeiden. Bei der Verwendung

von Cu als Leiterbahnmaterial muss die Co-Sintertemperatur unter 1100 °C gesenkt und ein reduzierter

Sauerstoffpartialdruck in der Sinteratmosphäre gewährleistet werden. Mit Au und Ag ist eine Co-

Sinterung an Luft möglich. Metallisierungen aus Ag sind verhältnismäßig kostengünstig, wegen der

geringen Schmelztemperatur von 961 °C sind jedoch Substratwerkstoffe mit Sintertemperaturen bis

maximal 900 °C erforderlich. Derartige, als low temperature co-fired ceramics (LTCC) bezeichnete

Werkstoffe bilden die Basis moderner mehrlagiger Schaltungsträger für z.B. Hochfrequenzanwen-

dungen und Mikrosystemtechnik. Abbildung 2-1 zeigt einen typischen Aufbau eines Mehrlagensubstrats

als Schema mit Beispielstrukturen.

Abbildung 2-1: LTCC-Mehrlagensubstrat mit Beispielstrukturen

Page 14: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

4 BAM-Dissertationsreihe

In den folgenden Abschnitten werden zunächst die Werkstoffkonzepte und Sintermechanismen

vorgestellt, die speziell für die LTCC-Technologie relevant sind und anschließend die üblichen

technologischen Schritte zur Herstellung eines Mehrlagensubstrats erläutert. Der letzte Abschnitt dieses

Kapitels stellt die speziellen technologischen Varianten – Sintern mit unterdrückter lateraler

Schwindung und druckunterstütztes Sintern – vor, die den Schwerpunkt dieser Arbeit bilden.

2.1.1 Werkstoffe und Sintermechanismen

Die Verwendung hochleitfähiger Edelmetalle als Leitermaterialien erfordert wegen deren niedrigen

Schmelztemperaturen den Einsatz niedrigsinternder, dielektrischer Substratwerkstoffe. Die Substrate

sollen ein möglichst dichtes Gefüge, sowie für die Anwendung erforderliche Werkstoffeigenschaften

aufweisen. Wichtige Kennwerte sind die Sintertemperatur, die thermische Ausdehnung und

Leitfähigkeit, mechanische Festigkeit, die Permittivität und der dielektrische Verlustfaktor. Für die

Anwendung als Schaltungsträger sollen Sintertemperatur, Permittivität und dielektrischer Verlustfaktor

möglichst gering sein. Festigkeit und thermische Leitfähigkeit sind idealerweise hoch. Die thermische

Ausdehnung ist bestenfalls an die Ausdehnung der auf dem Schaltungsträger platzierten Bauelemente

oder an die Ausdehnung der Montageplatte (mounting board) angepasst. Anwendungsbedingt können

auch der Elastizitätsmodul und die chemische Beständigkeit von großer Bedeutung sein. Seit den 1990er

Jahren ist eine kaum überschaubare Menge verschiedener LTCC-Stoffsysteme mit vielfältigen Eigen-

schaftskombinationen beschrieben worden. Einige davon sind kommerziell erhältlich, viele wurden nur

als Entwicklungsmuster in der Literatur beschrieben. Sebastian und Jantunen haben in einem umfang-

reichen Übersichtsartikel einen systematischen Überblick über die verschiedenen Systeme erarbeitet

[SEB2008]. Im Schaubild in Abbildung 2-2 sind die vier prinzipiellen Werkstofftypen dargestellt, die

durch Gemische von Glas- und Keramikpulvern hergestellt werden können. Eine große Anzahl

relevanter LTCCs sind sogenannte Glas-Keramik-Komposite oder Glaskeramiken.

Abbildung 2-2: Sintermechanismen und schematische Mikrostrukturen von Glas-Keramik-Pulver-

gemischen verschiedener Zusammensetzungen in Vol.-%, Einteilung nach [RAB2005]

Zur Herstellung von Glaskeramiken werden Glaspulver, bzw. Grünfolien aus reinem Glaspulver,

verwendet, die im Laufe der Sinterung nahezu vollständig kristallisieren, beispielsweise Cordieritglas

[SEB2008, KNI1993]. Glas-Keramik-Komposite basieren auf einer Mischung aus niedrigsinterndem

Glas- und Keramikpulver. Der Sintermechanismus wird stark von der Reaktivität der Glasphase und

Wechselwirkungen mit der Keramik beeinflusst. Zu Beginn der Sinterung, also mit Einsetzen des

Erweichens der Glasphase, findet eine Umordnung der Partikel statt. Es kann zu Lösungs- und

Page 15: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

5

Ausscheidungsvorgängen kommen, die eine Kristallisation der Glasphase begünstigen oder unter-

drücken können. Davon ist abhängig, ob die letzte Phase der Verdichtung durch Festphasensintern oder

viskosen Fluss der Glasphase dominiert wird. Die genauen Abläufe sind systemabhängig und müssen

bei jeder stofflichen Änderung hinterfragt werden. Kristallisierende Systeme sind technologisch von

Bedeutung, da durch die Kristallisation die Deformationsneigung reduziert und die Formstabilität bei

nachträglichen Einbränden erhöht wird (re-firing Stabilität). Andererseits ist der Kristallinitätsgrad

abhängig vom Heizprofil. Es muss also zusätzlich sichergestellt werden, dass resultierende

Eigenschaften, wie beispielsweise thermische Ausdehnung, nicht durch Abweichungen des Heizprofils

die Zielwerte verfehlen.

Kommerzielle LTCCs weisen laterale Schwindungen im Bereich 9,5 % bis 15 % und Dicken-

schwindungen zwischen 10,3 % und 25 % [SEB2008] auf. Die Schwindungstoleranzen liegen

bestenfalls bei ± 0,15 % [NEE2003]. Als Kennwerte bei 1 MHz werden Permittivitäten zwischen 3,8

und 9,2 angegeben [SEB2008]. Die dielektrischen Verlustfaktoren gängiger LTCCs liegen bei dieser

Frequenz zwischen 7 × 10-4

und 6 × 10-3

[SEB2008]. Neben den mit diesen Werten charakterisierten

Systemen sind für die entsprechenden Anwendungen auch LTCCs mit höheren Permittivitäten über 20

oder geringeren Verlusten bis in den Gigahertzbereich verfügbar. Die thermische Leitfähigkeit von

LTCCs liegt im Bereich 2 W/(m∙K) bis 4,5 W/(m∙K) und ist damit besonders für Bauteile mit hohen

Leistungsdichten häufig zu gering. In diesen Fällen muss die Abwärme der Bauelemente über

thermische Vias abgeführt werden. Die Eigenschaften eines LTCC-Werkstoffs, auch thermische

Dehnung und mechanische Eigenschaften, lassen sich durch Änderungen der Zusammensetzung in

Maßen einstellen, bzw. maßschneidern.

2.1.2 Technologische Prozesskette

Der Aufbau keramischer Mehrlagensubstrate ist eine technologisch anspruchsvolle Prozesskette

verschiedenster Verfahren. In Abbildung 2-3 sind die grundlegenden Prozessschritte in der üblichen

Reihenfolge überblickartig als Fließschema zusammengefasst. Anhand dieser Darstellung werden die

einzelnen Verfahren näher erläutert.

Abbildung 2-3: Fließschema der Prozessschritte zur Herstellung keramischer Mehrlagensubstrate

Page 16: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

6 BAM-Dissertationsreihe

Der Grundbaustein des Mehrlagensubstrats ist die Grünfolie. Prinzipiell kann der Folienguss über

verschiedenste Verfahren erfolgen, gängig ist das sogenannte doctor-blade-Verfahren. Hierbei wird ein

gießfähiger Schlicker mittels einer starren Schneide (doctor blade) auf einer Unterlage ausgestrichen.

Für kleine Ansätze kann dazu die Schneide, auch Gießrakel genannt, über der Unterlage bewegt werden

und ein zuvor dosiertes Schlickervolumen ausstreichen. Größere Schlickermengen werden eher über

einen Gießkasten auf eine Trägerfolie aufgetragen. Diese wird mit konstanter Geschwindigkeit bewegt

und zieht den Schlicker durch den Gießspalt. Um die Druckverhältnisse am Gießspalt bei veränder-

lichem Schlickervolumen im Gießkasten konstant zu halten, kann mittels Vorrakel ein konstantes

Schlickervolumen vor dem Gießspalt eingestellt werden. In Abbildung 2-4 ist eine Gießeinheit mit Vor-

und Gießrakel skizzenhaft dargestellt.

Abbildung 2-4: Schematischer Aufbau einer Foliengießeinheit

Der Gießschlicker enthält neben dem keramischen Pulver auch organischen Binder, Weichmacher und

weitere organische Additive. Alle diese Komponenten müssen in einem Lösungsmittel gelöst, bzw.

dispergiert werden. Obwohl Wasser als Lösungsmittel hinsichtlich Kosten und Umweltverträglichkeit

erhebliche Vorteile gegenüber organischen Lösungsmittelgemischen bietet, werden diese wegen ihrer

deutlich besseren Trocknungseigenschaft bevorzugt eingesetzt. Die Trocknung der Grünfolie ist mit

einer Dickenschwindung verbunden, die in Kombination mit der Höhe des Gießspaltes die Dicke der

getrockneten Grünfolie bestimmt. Mit dem doctor-blade-Verfahren können in Abhängigkeit der

technologischen Gegebenheiten Foliendicken zwischen einigen zehn Mikrometern und wenigen

Millimetern erzielt werden. Zur Gewährleistung einer geregelten und reproduzierbaren Trocknung

werden Foliengießanlagen mit einem Trocknungskanal ausgerüstet. Die Entwicklung von Folien-

gießschlickern und angepassten Gieß- und Trocknungsparametern ist für sich genommen ein breites und

anspruchsvolles Themengebiet und soll hier nicht weiter vertieft werden. Die in dieser Arbeit

verwendeten Schlickerrezepturen und Gießparameter werden in Abschnitt 3.2 vorgestellt. Foliengießen

kann, je nach Art der Schlickerzuführung und der Grünfolienhandhabung nach der Trocknung (z.B.

Aufrollen), als kontinuierliches oder diskontinuierliches Verfahren betrieben werden.

Nach der Trocknung wird das Grünfolienband zu Einzelfolien mit einer handhabbaren Größe,

beispielsweise 150 × 150 mm², konfektioniert. Da sich durch den Folienguss eine Orientierung der

Mikrostruktur einstellt, die eine richtungsabhängige Schwindung der Folie bewirkt, werden im

Mehrlagensubstrat aufeinanderfolgende Einzelfolien üblicherweise um 90° zueinander gedreht. Dadurch

werden die Schwindungsunterschiede weitestgehend ausgeglichen und eine Krümmung des Laminats

bei der Sinterung verhindert [CHI2011]. Aufgrund dieser Maßnahme muss bei allen folgenden

Prozessen die Gießrichtung der Einzelfolien beachtet werden. Um die genutzte Fläche der Einzelfolie

und den Durchsatz insgesamt zu erhöhen, werden Mehrlagensubstrate üblicherweise im Nutzen

gefertigt.

Page 17: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

7

Die Einzelfolien werden mit Löchern für die Vias, Positioniermarken, Stapellöchern und Aussparungen

für Kanäle oder Kavitäten versehen. Dies kann sowohl durch Stanzen, als auch durch Laserschneiden

geschehen. Laserschneiden zeichnet sich durch eine größere Gestaltungsfreiheit bei den erzeugbaren

Formen aus. Einschränkungen durch eine Begrenzung der Anzahl möglicher Stanzwerkzeuge und

Rüstzeiten bei Werkzeugwechsel entfallen beim Laserschneiden. Beide Verfahren haben ihre

spezifischen Vorteile und auch Auswirkungen auf die Grünfolie. Während beim Laserschneiden die

thermische Belastung berücksichtigt werden sollte, stellt Stanzen eine starke lokale mechanische

Belastung der Grünfolie dar. In Abhängigkeit von den Grünfolieneigenschaften müssen die

Prozessfenster unter Umständen angepasst werden.

Im nächsten Schritt werden die Vias mit Metallpaste gefüllt. Dazu muss die Viafüllschablone mit Hilfe

der Positioniermarken exakt zur strukturierten Grünfolie ausgerichtet werden. Die Metallpaste wird

mittels Rakel, ähnlich wie beim Siebdruck, durch die Öffnungen in der Schablone in die Vias gedrückt.

Die Fließeigenschaften der Paste müssen entsprechend angepasst sein, um eine Füllung über die

komplette Grünfoliendicke zu ermöglichen. Zusätzlich sollte eine Kompatibilität der organischen

Bestandteile der Paste mit denen der Grünfolie gewährleistet sein, um unerwünschten

Lösungsvorgängen oder sogenanntem Ausbluten der Vias vorzubeugen.

Anschließend werden Leiterbahnstrukturen mittels Siebdruck aufgebracht. Widerstandspasten, sowie

löt- und bondbare Kontaktflächen sind in der Regel nur auf der obersten Lage vorhanden. Sie werden

auf bereits gesinterte Schaltungsträger gedruckt und nachträglich eingebrannt (post-firing). Da jede

zusätzliche Paste auf einer Einzelfolie ein eigenes Sieb erforderlich macht, müssen häufig mehrere Siebe

nacheinander auf einer Einzelfolie angewendet werden. Diese müssen alle zueinander und zu den Vias

ausgerichtet sein. Je kleiner und dichter die Strukturen auf der Einzelfolie sind, desto größer wird der für

die Positionierung erforderliche Aufwand. Imanaka fasst das Ziel des Siebdruckens und die

entscheidenden Einflussfaktoren wie folgt zusammen [IMA2005]: Um eine hohe Qualität des

Druckbildes zu erhalten, d.h. ein definiertes Pastenvolumen reproduzierbar in der richtigen Form präzise

an die richtige Stelle zu drucken, müssen vier Dinge optimal eingestellt sein:

1. Siebeigenschaften (Maschenweite und -richtung, Dicke der Beschichtung, Reinigungszustand),

2. Siebdruckparameter (Rakelgeschwindigkeit, Rakelwinkel, Rakelandruck),

3. Pasteneigenschaften (Viskosität, Schergeschwindigkeitsabhängigkeit, Partikelgröße),

4. Grünfolieneigenschaften (Rauheit, organische Bestandteile).

Nach dem Siebdruck werden die Einzelfolien in der geplanten Reihenfolge gestapelt. Hierbei muss

sichergestellt werden, dass übereinanderliegende Strukturen korrekt zueinander ausgerichtet sind.

Hilfreich sind hierzu Stapelbohrungen in den Einzelfolien oder spezielle Anlagen, sogenannte Stacker,

die die Einzelfolien stapeln, mit Hilfe optischer Systeme und Positionsmarken ausrichten und lokal

fixieren oder vorlaminieren . Die Verbindung der Einzelfolien zu einem Laminat erfolgt unter Druck

und erhöhter Temperatur (Thermokompression). Dabei kann der Druck uniaxial über eine beheizte

Pressform oder isostatisch durch eine temperierte Flüssigkeit aufgegeben werden. Isostatisches

Laminieren erfordert wasserdichtes Vakuumeinschweißen der Folienstapel, üblicherweise in

metallbedampfte Kunststoffbeutel. Typische Prozesstemperaturen beim Laminieren liegen zwischen

60 °C und 80 °C. Drücke im Bereich 20 MPa bis 30 MPa sind üblich, wobei bei komplex strukturierten

Bauteilen mit Kanälen oder größeren Kavitäten mit reduziertem Druck gearbeitet wird. Zur

Stabilisierung von Hohlraumstrukturen können Opferwerkstoffe wie Graphitfolien oder –pasten

eingelegt werden, die beim Entbindern mit ausgebrannt werden [MAL2009, MAL2012, MAL2011].

Generell können mehrere Laminierschritte zum Aufbau des vollständigen Laminats erforderlich sein.

Die Lamination nicht schwindender Opferfolie (release tape) als geometrische Schwindungsbeschrän-

kung zur Unterdrückung der lateralen Schwindung bei der Sinterung kann kombiniert mit der

Lamination der Einzelfolien oder anschließend als separater Prozessschritt durchgeführt werden.

Page 18: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

8 BAM-Dissertationsreihe

Einzelfolien und Laminate können gegebenenfalls mittels Schneideinrichtung mit beheizter Klinge (Hot-

knife-Verfahren) zugeschnitten werden.

Der Ausbrand der organischen Additive aus der Grünfolie und den Siebdruckpasten (thermische Entbin-

derung) und die Co-Sinterung erfolgen üblicherweise in einem zusammenhängenden Heizzyklus. Dazu

werden programmierbare Kammeröfen oder Durchlauföfen verwendet. Der Ausbrand der Organik findet

im Temperaturbereich bis 600 °C statt. Je nach Bindersystem in der Grünfolie und Dicke des Laminats

werden in diesem Temperaturbereich langsame Heizgeschwindigkeiten sowie Haltezeiten vorgesehen.

Hersteller kommerzieller LTCC-Folien sprechen in der Regel Empfehlungen für die Gestaltung des

Heizprofils aus. Die Sinterung erfolgt dann bei Temperaturen zwischen 850 °C und 900 °C mit

Haltezeiten im Bereich von zehn Minuten bis einer Stunde. Typische LTCC-Co-Sinterungen mit Ag-

oder Au-Metallisierung erfolgen unter Luft und ohne zusätzlichen Pressdruck. Die Komplexität des

Heizprofils ist abhängig von der Größe und dem Aufbau des Mehrlagensubstrats. Einlagige Substrate

oder dünne Schaltungsträger können in einem Durchlaufofen prozessiert werden. Bei dickeren,

mehrlagigen Schaltungsträgern werden, speziell für die thermische Entbinderung, langsamere

Heizprofile gefahren und programmierbare Kammeröfen genutzt. In Abbildung 2-5 sind ein einfaches

Durchlaufofenprofil und ein komplexeres Kammerofenprofil beispielhaft gegenübergestellt.

Abbildung 2-5: Beispiele für Heizprofile zur Sinterung von LTCC-Schaltungsträgern

Das gesinterte Mehrlagensubstrat kann nun, wenn nötig, zusätzlich mit äußeren Funktionsschichten

bedruckt werden, die anschließend in weiteren Heizzyklen eingebrannt werden (post firing). Typische

Beispiele sind glasige Schutzfilme auf getrimmten Oberflächenwiderständen oder lötbare

Kontaktierungen, bzw. Haftvermittlerschichten. Rückstände von Opferfolien müssen gegebenenfalls

vorher durch Bürsten oder Sandstrahlen entfernt werden. Nach Abschluss der thermischen Prozesse

werden im Nutzen gefertigte Mehrlagensubstrate oder Module mit üblichen Trennverfahren vereinzelt.

Da LTCC-Module häufig Bestandteile komplexer Baugruppen sind, können verschiedenste Verfahren

der Aufbau und Verbindungstechnik folgen.

Ganz allgemein erfordert der Aufbau eines LTCC-Mehrlagensubstrates eine sorgfältige Planung vom

ersten Entwurf an. Dabei ist nicht nur auf die Implementierung der gewünschten Funktionen zu achten,

sondern auch auf die effiziente technologische Umsetzbarkeit. So kann durch eine umsichtige

Gestaltung der einzelnen Lagen die Anzahl der notwendigen Siebe, und damit die Anzahl der

Arbeitsschritte und Fehlerquellen, signifikant reduziert werden. Viele LTCC-Ausrüster geben deswegen

Gestaltungsrichtlinien aus, deren Einhaltung eine wirtschaftliche Fertigung und enge Toleranzen

befördern. Eine prozessbegleitende Qualitätskontrolle während und nach jedem Prozessschritt ist

obligatorisch, da bereits kleine Prozessabweichungen bei der Bearbeitung einer Einzelfolie zum

Ausschuss der gesamten Mehrlagensubstrats führen können.

Page 19: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

9

2.1.3 Sinterung mit geometrischer Schwindungsbeschränkung und Druckunterstützung

Die lateralen Schwindungstoleranzen bei freier Sinterung eines Mehrlagensubstrates bewirken eine nicht

zu vernachlässigende Unsicherheit bezüglich der Position einzelner Strukturen auf den gesinterten

Lagen. Needes beschreibt für einen Punkt auf der Diagonalen eines 200 × 200 mm²-Substrates im

Abstand von 5 mm von der Ecke einen Unsicherheitsradius von 205 µm [NEE2003]. Diese aus der

Schwindungstoleranz resultierende Positionsunsicherheit limitiert die Größe des Nutzens, in dem

einzelne Mehrlagensubstrate mit definierter Genauigkeit gefertigt werden können, bzw. erfordert eine

Mindestgröße der Strukturen, zu der die Unsicherheit vergleichsweise vernachlässigbar ist. Unabhängig

von dieser Betrachtung führen ein hoher Volumenanteil von Metallisierung im Laminat oder die Co-

Sinterung von Dielektrika mit anderen Funktionskeramiken häufig zum Verzug des Mehrlagensubstrats

aufgrund von Schwindungsfehlpassungen. Durch eine Unterdrückung der lateralen Schwindung, also

der Schwindung in der Ebene der Einzelfolien, lassen sich diese Effekte verringern, bzw. ganz

verhindern. Generell spricht man von Sinterung mit Schwindungsbeschränkung (constrained sintering),

wenn die Schwindungsgeschwindigkeit durch extern aufgebrachte mechanische Spannungen gegenüber

der freien Schwindungsgeschwindigkeit verringert, bzw. verändert ist. Dies kann unerwünscht sein,

beispielsweise wenn Leiterbahnstrukturen die Schwindung von LTCC-Folien beeinflussen, oder aber

gezielt genutzt werden um eben Substrate ohne laterale Schwindung herzustellen (zero shrinkage-

Verfahren). Durch die Beschränkung der Schwindung in einer Ebene vergrößert sich die Schwindung in

der verbleibenden Raumrichtung. Dies hat wesentliche Konsequenzen für die Gestaltänderung vom

Grün- zum Sinterkörper. In Abbildung 2-6 sind die Geometrien der Sinterkörper aus würfelförmigen

Grünkörpern bei richtungsunabhängiger Schwindung (isotrop) und lateral vollständig unterdrückter

Schwindung (zero shrinkage) gegenübergestellt.

Abbildung 2-6: Schematische Darstellung der Geometrieänderung eines würfelförmigen Grünkörpers

nach der Sinterung mit 40 % isotroper Volumenschwindung (links), bzw. 40 % Volumenschwindung nur

in z-Richtung bei Unterdrückung der lateralen Schwindung mittels geometrischer Schwindungs-

beschränkung (rechts)

Für die Mehrlagentechnologie hat die Unterdrückung der lateralen Schwindung entscheidende Vorteile.

Beim Entwurf der Schaltungen auf den einzelnen Lagen müssen keine Schwindungen und damit auch

keine Schwindungstoleranzen berücksichtigt werden. Da die Schwindung nur in Dickenrichtung auftritt,

kommt es nicht zu Fehlpassungen zwischen Lagen verschiedener Werkstoffe, deren Schwindungs-

verhalten sich unterscheidet, solange die thermischen Ausdehnungskoeffizienten angepasst sind. Um

diese Vorteile tatsächlich ausnutzen zu können, muss das Verfahren so gestaltet sein, dass die

Schwindung in einer Ebene vollständig unterdrückt wird. Verschiedene Ansätze sind dazu möglich:

Laminieren der Grünfolien auf starre, nichtschwindende Substrate (tape-on-substrate),

beidseitiges Laminieren nichtschwindender Opferfolien (release tape),

Page 20: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

10 BAM-Dissertationsreihe

Kombination von Grünfolien mit Schwindungen in getrennten Temperaturbereichen (self-

constrained sintering),

Herstellung von mehrlagigen Grünfolien mit innenliegender Lage aus nichtschwindender

Refraktärkeramik (HeraLock®-Prinzip),

uniaxial druckunterstütztes Sintern (pressure-assisted sintering oder sinter-forging),

Kombinationen dieser Verfahren.

Schwindungsbeschränkungen durch Grünfolienkombination oder nach dem HeraLock®-Prinzip sind

interessant, weil sie im Vergleich zu freier Sinterung keine weiteren Brennhilfsmittel oder spezielle

gerätetechnische Ausstattung erfordern. Die Kombination getrennt schwindender Grünfolien wurde

experimentell realisiert [RAB2005]. Um Krümmungen des Mehrlagensubstrates zu vermeiden, werden

symmetrische Laminate aufgebaut, wobei zunächst der innenliegende Werkstoff dichtsintert und von

den äußeren Lagen in der Ebene festgehalten wird. Die laterale Schwindung der äußeren Lagen wird

dann entsprechend von dem bereits dichten und möglichst vollständig kristallisierten Kern unterdrückt.

Da bei diesem Verfahren die Werkstoffe hinsichtlich ihres Schwindungs- und Kristallisationsverhaltens

optimiert werden müssen, sind die Möglichkeiten zur Einstellung anderer physikalischer Eigenschaften

begrenzt. Aus diesem Grund hat sich dieser Ansatz industriell nicht durchgesetzt. Beim HeraLock®-

Prinzip (W.C. Heraeus GmbH) besteht eine Grünfolie aus drei nass-in-nass aufeinander vergossenen

Folien. Die Lagenstruktur ist ebenfalls symmetrisch. Bei der Sinterung schwinden nur die äußeren

LTCC-Lagen, die innere Lage aus Refraktärkeramik schwindet nicht und stellt die geometrische

Schwindungsbeschränkung dar. Die Poren der inneren Lage werden von der erweichten Glasphase der

LTCC-Lagen infiltriert, sodass insgesamt eine dichte Mikrostruktur entsteht. Die laterale Schwindung

der kommerziellen Folie beträgt 0,2 % mit einer Toleranz von ± 0,02 % und 32 % Dickenschwindung

[RAB2005]. Der Aufbau von Mehrlagensubstraten mit innenliegender Metallisierung ist mit diesen

Folien prinzipiell möglich, wobei es zu Schwindungsfehlpassungen mit Metallpasten kommen kann. Da

die Metallisierung nicht an der lateralen Schwindung gehindert wird, können z.B. radial schwindende

Vias den Wandkontakt verlieren. Am Markt wird genau ein LTCC-System, dass nach diesem Prinzip

gesintert wird, angeboten. Damit sind zwar verschiedene Anwendungen gut realisierbar, aufgrund der

festgelegten Materialeigenschaften des gesinterten Substrats und der begrenzten Auswahl an

angepassten Siebdruckpasten ist der Anwendungsbereich jedoch stark eingeschränkt.

Eine freie Auswahl des LTCC-Werkstoffs ist bei der Verwendung starrer Substrate oder Opferfolien

möglich. Während die nichtsinternden Substrate Bestandteil des späteren Bauteils sind, also auch

Metallisierungen und andere Funktionen aufweisen können, sind Opferfolien reine Prozesshilfsmittel,

die nach der Sinterung entfernt und verworfen werden müssen. Die nichtgesinterte Opferfolie hinterlässt

in der Regel fest haftende Partikelrückstände auf den gesinterten LTCC-Oberflächen, die je nach

Anforderungen an die Oberflächenqualität, mittel Sandstrahlen oder anderen abrasiven Verfahren

entfernt werden müssen. Starre, dichte Substrate können nur auf einer Seite des LTCC-Laminats

angewendet werden, damit eine Entgasung bei der Entbinderung des Grünfolienlaminats gewährleistet

ist. Dadurch ist der Aufbau asymmetrisch. Durch die Zugspannungen, die während der Sinterung der

LTCC entstehen, können Krümmungen des gesamten Schaltungsträgers auftreten [OLL2010]

(Abbildung 2-7 links). Die thermischen Ausdehnungskoeffizienten von Substrat und gesintertem LTCC

müssen angepasst sein, um Rissbildung bei der Abkühlung zu vermeiden. Generell nimmt die

Wirksamkeit einer Schwindungsbeschränkung mit der Entfernung zur Grenzfläche ab. Bei

asymmetrischen Laminaten entsteht dadurch mit steigender LTCC-Dicke ein zunehmend trapezförmiger

Querschnitt. Bei symmetrischen Laminaten, z.B. bei der Verwendung nichtsinternder Opferfolien,

bilden sich aus demselben Grund im Querschnitt konkave Kanten aus (Abbildung 2-7 rechts).

Page 21: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

11

Abbildung 2-7 links: Durchbiegung und trapezförmiger Querschnitt eines LTCC-Laminats mit

Schwindungsbeschränkung durch ein starres Substrat (tape-on-substrate), schematisch

rechts: konkave Kantenwölbung eines symmetrischen Laminats mit geometrischer Schwindungsbe-

schränkung durch Opferfolien, schematisch

Mohanram, Lee, Messing und Green haben die schwindungsbeschränkte Sinterung von LTCC an zwei

kommerziellen Systemen untersucht [MOH2006]. Auf der Grundlage thermomechanischer Analysen

wurden die Zugspannungen, die durch die geometrische Schwindungsbeschränkung entstehen, nach

Gleichung (2.7) berechnet. Mohanrams Ergebnisse sind in Abbildung 2-8 aufgetragen. Mit steigender

Temperatur nehmen die Zugspannungen zunächst aufgrund steigender Schwindungsgeschwindigkeit zu.

Die maximalen Zugspannungen liegen im Bereich zwischen 80 kPa und 100 kPa. Weitere Temperatur-

erhöhung führt zu einer zunehmenden Erweichung der Glasphase in den LTCCs. Mit der sinkenden

Viskosität nehmen auch die Zugspannungen ab. Der Temperaturverlauf der Zugspannung wirkt sich auf

die Verdichtung des schwindungsbeschränkt gesinterten Teils aus. Im rechten Teil in Abbildung 2-8

sind die von Mohanram und Kollegen bestimmten Sinterdichten freier und schwindungsbeschränkt

gesinterter Teile verglichen. An dieser Darstellung ist sowohl der Einfluss der Schwindungsbe-

schränkung, als auch der Einfluss der Heizgeschwindigkeit auf die Verdichtung zu beobachten. Die

untersuchten Werkstoffe zeigen in beiden Fällen unterschiedliches Verhalten. An diesem Beispiel wird

deutlich, wie schwierig verallgemeinerbare Aussagen zum Sinterverhalten von LTCC-Werkstoffen

getroffen werden können. Heratape CT2000 zeigt eine mit der Heizgeschwindigkeit abnehmende

Sinterdichte. Die Ursache hierfür ist eine Kristallisation der Glasphase, die eine weitere Sinterung

blockiert. Langsame Heizgeschwindigkeiten begünstigen die Kristallisation bei niedrigeren

Temperaturen und führen somit zu verringerten Sinterdichten. Die Kristallisation von DP951 setzt erst

bei höheren Temperaturen und folglich bereits hoher Dichte ein. Dadurch wird kein

heizgeschwindigkeitsabhängiges Sinterverhalten an DP951 beobachtet. Die Zugspannungen durch die

geometrische Schwindungsbeschränkung führen bei CT2000 zu einer deutlichen Reduzierung der

Sinterdichte. Sie wirken der hydrostatischen Sinterspannung entgegen und verlangsamen, bzw.

blockieren die Sinterung. Chang, Jean und Hung beschreiben denselben Zusammenhang, der als

repräsentativ für die meisten LTCC-Zusammensetzungen verstanden werden kann [CHA2009]. Die

Unabhängigkeit der Sinterdichte von einer Schwindungsbeschränkung bei DP951 ist eher eine

Ausnahme. Die Ursache ist die Verschiebung des Zugspannungsmaximums zu niedrigen Temperaturen

durch die charakteristische Temperaturabhängigkeit der Viskosität der bleihaltigen Glasphase. Während

der Sinterung wird die laterale Schwindung bei zunächst noch hoher Viskosität der Glasphase wirksam

beschränkt. Durch das starke Absinken der Viskosität bei zunehmender Temperatur sintert das Gefüge

von DP951 trotzdem nahezu dicht. Ganz allgemein führt eine Unterdrückung der lateralen Schwindung

durch geometrische Schwindungsbeschränkung jedoch zu einer schlechteren Verdichtung und damit

einer porösen Mikrostruktur.

Page 22: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

12 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 2-8 links: resultierende ebene Zugspannungen bei Sinterung mit geometrischer Schwin-

dungsbeschränkung ohne Pressdruck für zwei LTCCs, Daten aus [MOH2006],

rechts: Vergleich der Sinterdichten der zwei LTCCs nach freier (isotroper) und schwindungsbe-

schränkter Sinterung (zero shrinkage) mit verschiedenen Heizgeschwindigkeiten, Daten aus

[MOH2006]

Ein bewährtes Verfahren zur Gewährleistung einer vollständigen Verdichtung bei schwindungsbe-

schränkter Sinterung ist die Anwendung von uniaxialem Pressdruck [RAB2005, CHA2009, HIN2007].

Beim druckunterstützten Sintern (pressure-assisted sintering oder sinter-forging) erhöht sich die

Schwindungsgeschwindigkeit in Dickenrichtung gegenüber freier Sinterung und die Verdichtung der

Mikrostruktur wird unterstützt. Prinzipiell lässt sich durch Druckunterstützung eine Unterdrückung der

lateralen Schwindung auch ohne geometrische Schwindungsbeschränkung realisieren. Die dafür

erforderlichen Presskräfte führen jedoch häufig bereits zu starker Kriechverformung des Sinterteils, so

dass tatsächlich nur die Kombinationen aus Opferfolie und Druckunterstützung, bzw. starrem Substrat

und Druckunterstützung technologisch relevant sind. Der Aufbau des Sinterstapels für die

druckunterstützte Sinterung ist in Abbildung 2-9 gezeigt. Dichte Druckplatten aus SiC, werden

verwendet, um die punktuell durch Pressstempel aufgebrachte Last gleichmäßig über die Fläche des

LTCC-Substrats zu verteilen. Poröse SiC-Platten mit eingearbeiteten Belüftungskanälen werden

zwischen Druckplatte und LTCC-Teil eingestapelt, um den Gasaustausch des LTCC-Teils mit der

Umgebung zu ermöglichen, der für die thermische Entbinderung erforderlich ist. Die Opferfolie wirkt

beim druckunterstützten Sintern gleichzeitig als geometrische Schwindungsbeschränkung und als

Trennlage zwischen LTCC und porösem SiC zur Verhinderung eines Ansinterns der LTCC an die

Brennhilfsmittel.

Abbildung 2-9: Aufbau des Sinterstapels für die druckunterstützte Sinterung von LTCC-Substraten mit

Opferfolien

Page 23: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

13

Hintz zeigt in seiner Dissertation, dass die laterale Restschwindung verschiedener LTCC-Werkstoffe bei

Pressdrücken bis 1,0 MPa typischerweise 0,4 % bis 0,1 % beträgt (Abbildung 2-10 links). Zu den

Heizprofilen werden keine expliziten Angaben gemacht. An DP951 wurde ab 300 kPa viskoses Fließen

und ab 500 kPa Expansion in lateraler Richtung beobachtet. Die Rohdichte des Sinterteils kann durch

Druckunterstützung gegenüber freier Sinterung erhöht werden, da die Restporosität verringert wird

(Abbildung 2-10 rechts). Niedrigere Heizraten führen auch bei druckunterstützter Sinterung zur

Verringerung der maximalen Schwindungsrate und zu deren Verschiebung zu niedrigeren

Temperaturen. Der Einfluss von Lösungs- und Kristallisationsvorgängen auf die Dickenschwindung

bleibt bestehen [HIN2007].

Abbildung 2-10 links: Laterale Schwindung verschiedener kommerzieller LTCC-Werkstoffe bei druck-

unterstützter Sinterung mit verschiedenen Pressdrücken, Daten aus [HIN2007]

rechts: Sinterdichte von DP951 nach freier Sinterung und schwindungsbeschränkter Sinterung mit und

ohne Pressdruck, Daten aus [HIN2007]

Wie in Abschnitt 2.2.1 beschrieben ist, kann der für eine vollständige Unterdrückung der lateralen

Schwindung erforderliche Pressdruck kontinuumsmechanisch berechnet werden (2.6). Der erforderliche

Pressdruck ergibt sich aus der relativen Längenänderungsgeschwindigkeit, der uniaxialen Viskosität und

der viskosen Poissonzahl des Werkstoffs. Durch eine einfache Umformung lässt sich der erforderliche

Pressdruck auch als Funktion des hydrostatischen Sinterdrucks ausdrücken. Keine dieser Größen ist über

die Temperatur, bzw. über die relative Dichte konstant. Folglich ist auch der optimale Pressdruck über

die Sinterung veränderlich. In Abbildung 2-11 sind berechnete Druckverläufe für drei LTCC-Werkstoffe

zusammengefasst. In allen drei Beispielen steigt der erforderliche Pressdruck nach Sinterbeginn mit

steigender Temperatur zunächst an, durchläuft ein Maximum und sinkt dann wieder ab. Huang und Jean

haben für Al2O3-gefülltes Borosilikatglas (BSG) bei 780 °C ein Maximum des erforderlichen

Pressdrucks von 210 kPa ermittelt. In ihrer Arbeit beschreiben sie auch eine Ausdehnung des

Sinterkörpers in lateraler Richtung bei konstant hohem Druck. Diese Kriechverformung findet bei

konstantem Volumen statt. Der Verlauf der relativen Dichte über der Temperatur verändert sich im

untersuchten Druckbereich bis 98 kPa nicht [HUA2004]. Mohanram und Kollegen haben die

erforderlichen Pressdrücke für DP951 und Heratape CT2000 berechnet. Die Kurvenverläufe korrelieren

mit den Verläufen der schwindungsbeschränkenden Zugspannungen in Abbildung 2-8. Die

erforderlichen Pressdrücke sind jedoch höher als die Zugspannungen. Das Druckmaximum für DP951

liegt bei 731 °C und beträgt 152 kPa. Für Heratape CT2000 wird bei 815 °C ein erforderlicher

Pressdruck von 131 kPa angegeben [MOH2006]. Bei hohen Temperaturen sinken die erforderlichen

Page 24: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

14 BAM-Dissertationsreihe

Pressdrücke auf wenige Kilopascal ab. Zuo, Aulbach und Rödel haben den Verlauf des erforderlichen

Pressdrucks für einen weiteren kommerziellen LTCC-Werkstoff (Ceramtape GC, Ceramtec AG,

Marktredwitz, Deutschland) in einer speziellen Anlage experimentell über die in-situ Messung der

isothermen, radialen Schwindung einer zylindrischen Probe bestimmt. Für den 20 mm hohen

Grünkörper steigt der erforderliche Pressdruck von 300 kPa bei der Gründichte auf 1800 kPa bei 92 %

relativer Dichte und fällt dann zum Ende der Sinterung wieder auf 300 kPa [ZUO2004].

Abbildung 2-11: Verlauf des zur vollständigen Unterdrückung der lateralen Schwindung erforderlichen

Pressdrucks über der Temperatur für verschiedene LTCC, Datenquellen im Diagramm

In einer eher technologiebezogenen Veröffentlichung demonstrieren Hintz, Thust und Polzer, dass auch

unter Anwendung eines konstanten Drucks die Sinterung von DP951 ohne konkave Kantenwölbung

oder sichtbare Kriechverformung möglich ist. In Abbildung 2-12 sind die Kanten von sechslagigen

DP951-Mehrlagensubstraten gezeigt, die mit geometrischer Schwindungsbeschränkung gesintert

wurden. Ohne Druckunterstützung bildet sich die bekannte konkave Kantenwölbung aus (vgl.

Abbildung 2-7). Druckunterstützte Sinterung mit konstanten 69 kPa führt in diesem Beispiel zu einer

geraden Kante ohne messbare Schwindung der Mittellage. Ein Pressdruck von 690 kPa führt zu

deutlicher Kriechverformung mit lateraler Expansion des Mehrlagensubstrats [HIN2002].

Abbildung 2-12: Kantenform von sechslagigen DP951-Substraten nach schwindungsbeschränkter

Sinterung ohne und mit konstantem Pressdruck, Fotos aus [HIN2002]

Page 25: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

15

Die Bewertung experimentell ermittelter Verläufe des erforderlichen Pressdrucks sollte immer unter

Berücksichtigung der Dicke des Prüfkörpers erfolgen. Cho zeigte, dass die laterale Schwindung der

mittleren Lage von Mehrlagensubstraten, also die Ausprägung der konkaven Kantenwölbung, vom

Pressdruck und der Gründicke des Laminats abhängt [CHO2011]. In Abbildung 2-13 sind Ergebnisse

aus Chos Arbeit aufgetragen, wobei die konstanten Lasten zur besseren Vergleichbarkeit mit anderen

Arbeiten in Kilopascal umgerechnet wurden. Bei gleichem Pressdruck treten bei dickeren Laminaten

höhere laterale Schwindungen auf. Diese Dickenabhängigkeit ist ein möglicher Grund, warum die von

Zuo vorgestellten Drücke deutlich höher sind als die berechneten Werte in Abbildung 2-11. Trotzdem

scheint es im Druckbereich zwischen 78,5 kPa und 88,3 kPa einen konstanten Pressdruck zu geben, bei

dem das untersuchte Material – eine experimentelle LTCC-Zusammensetzung – unabhängig von der

Dicke mit vollständig unterdrückter lateraler Schwindung gesintert werden kann. Zudem ist erkennbar,

dass dickere Laminate tendenziell stärker zu lateraler Expansion (negative Schwindungswerte) durch

Kriechverformung neigen.

Abbildung 2-13: Schwindung der Mittellage von LTCC-Substraten mit verschiedenen Gründicken bei

unterschiedlichen konstanten Pressdrücken, Daten aus [CHO2011]

Die Druckunterstützung ermöglicht, bzw. erfordert eine Senkung der Sintertemperatur. Dies ist

beispielweise bei der Co-Sinterung von Funktionskeramiken vorteilhaft, da dadurch der Anteil an

Sinteradditiven reduziert werden kann, welche in der Regel die Funktionseigenschaften verschlechtern.

LTCC-Werkstoffe mit hoher Kriechneigung müssen bei reduzierter Temperatur gesintert werden, um

eine Deformation zu verhindern. Bei niedrigeren Sintertemperaturen finden jedoch unter Umständen

Kristallisationsvorgänge nicht statt, die bei freier Sinterung beabsichtigt sind, um die Formstabilität bei

nachträglichen Einbränden zu gewährleisten. In solchen Fällen müssen die Drucksinterprofile sorgfältig

angepasst werden, um gleichzeitig die Vorteile der geringen Schwindungstoleranz und der re-firing-

Stabilität nutzen zu können.

Nach dem gegenwärtigen Stand der Technik erfolgt die Entwicklung optimierter Drucksinterprofile

mangels geeigneter Berechnungs-, bzw. Simulationsverfahren nach dem Prinzip Versuch und Irrtum.

Zudem sind bislang keine technologischen Möglichkeiten beschrieben, die Oberflächeneigenschaften

der gesinterten Substrate prozessintegriert einzustellen.

Page 26: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

16 BAM-Dissertationsreihe

2.2 Sintermodelle

Vor der Erläuterung der Modellierungsansätze sind zunächst einige Bemerkungen zum Sprachgebrauch

erforderlich. Beim Verfassen der Arbeit ist bewusst auf die Verwendung von Anglizismen und

englischen Fachtermini verzichtet worden. Um den Bezug zur englischsprachigen Literatur oder dem

informellen Sprachgebrauch der wissenschaftlichen Gemeinschaft herzustellen, sind einschlägige

englische Begriffe gegebenenfalls mit genannt. Insbesondere für den folgenden Themenkomplex ist die

sorgfältige Unterscheidung von Schwindung (shrinkage) und relativer Längenänderung (strain) zu

beachten. Die relative Längenänderung ist eine geeignete Größe, um Expansion und Schrumpfung

mittels Vorzeichen vor dem Wert eindeutig zu beschreiben. Schwindung beschreibt in der Keramik, aber

auch in anderen Fachgebieten, vorrangig negative Längenänderungen. Schwindungswerte werden häufig

in Prozent und ohne Vorzeichen angegeben. Eine Expansion wird folglich als negative Schwindung

angegeben. Da sowohl die Verwendung von prozentualen Angaben, sowie die nicht intuitive

Verwendung negativer Werte für Berechnungen suboptimal sind, werden für Berechnungen in erster

Linie relative Längenänderungen betrachtet. Diese Argumentation gilt analog für die zeitlichen

Ableitungen dieser Größen.

2.2.1 Kontinuumsmechanischer Ansatz

Der kontinuumsmechanische Ansatz zur Beschreibung der Sinterung von Werkstoffen unter Last basiert

auf dem Hookeschen Gesetz für linear elastische Festkörper. Sinternde Werkstoffe zeigen unter Last

neben unmittelbarer elastischer Verformung jedoch auch zeitabhängige Verformung durch viskoses

Fließen oder Kriechen. Da bei der Sinterung der Beitrag der elastischen Verformung vernachlässigbar

gering ist und die beobachteten Deformationen auf viskoses Fließen oder Kriechen zurückzuführen sind,

wird üblicherweise rein viskoses Materialverhalten betrachtet [HUA2004, SCH1985, BOR1985,

TZE2002, GRE2008]. Dazu wird der linear elastische Ansatz entsprechend der von Scherer und

Rekhson vorgestellten elastisch-viskoelastischen Entsprechung umgeschrieben (elastic-viscoelastic

analogy) [SCH1982]. Für isotropes Materialverhalten erhält man die allgemeinen konstitutiven

Gleichungen (2.1) bis (2.3).

εx=εfrei+ (1

Ep

) [σx-νp(σy+σz)] (2.1)

εy=εfrei+ (1

Ep

) [σy-νp(σx+σz)] (2.2)

εz=εfrei+ (1

Ep

) [σz-νp(σx+σy)] (2.3)

Die Gleichungen beschreiben die Abhängigkeit der Dehn-, bzw. relativen Längenänderungs-

geschwindigkeit in einer Raumrichtung ε von der lastfreien, isotropen Längenänderungsgeschwindigkeit

des Materials εfrei, der uniaxialen Viskosität des Materials Ep, der viskosen Poissonzahl νp und den

mechanischen Spannungen in den drei Hauptrichtungen σx,y,z. Die Richtungen entsprechen den Achsen

eines 3-dimensionalen kartesischen Koordinatensystems. Die Gleichungen gelten, wenn die zwei

Grundannahmen Isotropie und Linearität erfüllt sind. Isotropie bedeutet, dass εfrei (und damit νp) in allen

Richtungen gleich ist. Linearität liegt vor, wenn sich die Längenänderungsgeschwindigkeit linear mit

der aufgebrachten Last verändert. In diesem Fall könnten Ep, εfrei und νp als charakteristische

Werkstoffkennwerte verstanden werden. Wenn man zur Beschreibung der druckunterstützten Sinterung

mit idealer geometrischer Schwindungsbeschränkung zusätzlich annimmt, dass die Längenänderungs-

geschwindigkeiten und auch die Spannungen in der x-y-Ebene gleich null sind, erhält man die

vereinfachte Gleichung (2.4).

Page 27: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

17

εz= εfrei +σz

Ep

(2.4)

Sollen laterale Längenänderungen berücksichtigt werden, ist es sinnvoll anzunehmen, dass die

Längenänderungsgeschwindigkeiten in x- und y-Richtung gleichgroß sind (transversal isotroper Fall).

Dazu setzt man in Gleichung (2.1) oder (2.2) wieder σx= σy= 0 und εx = εy = εlateral ein und erhält die

laterale Längenänderungsgeschwindigkeit bei unvollständiger Schwindungsbehinderung (2.5).

εlateral= εfrei -νpσz

Ep

(2.5)

Aus dieser Darstellung kann durch Nullsetzen von εlateral die notwendige uniaxiale Spannung, also der

notwendige Pressdruck, für eine vollständige Schwindungsbeschränkung (zero shrinkage) σzs

hergeleitet werden (2.6).

σzs = εfrei -Ep εfrei

νp

(2.6)

Eine vollständige Unterdrückung der lateralen Schwindung ohne uniaxiale Kraft (σz = 0) ist

technologisch auch über eine Schwindungsbeschränkung durch starre Substrate oder nichtsinternde

Opferfolien möglich (vgl. Abschnitt 2.1.3). Um die aus der geometrischen Schwindungsbeschränkung

resultierenden Zugspannungen in der Ebene zu berechnen, setzt man in Gleichung (2.1) σx= σy. Unter

Annahme transversaler Isotropie, erhält man die ebene Zugspannung σx aus Gleichung (2.7)

σx= −Ep εfrei

1 − νp

(2.7)

Zur Berechnung des hydrostatischen Sinterdrucks ∑ werden in den allgemeinen konstitutiven

Gleichungen σx= σy= σz = ∑ und εx = εy= εz = 0 gesetzt. Man erhält Gleichung (2.8).

Σ =Ep εfrei

1-2νp

(2.8)

Es wird deutlich, dass zur kontinuumsmechanischen Beschreibung der Sinterung für den isotropen Fall

zwei Werkstoffkennwerte (Ep und νp) und eine freie Längenänderungsgeschwindigkeit bestimmt werden

müssen. Geeignete Verfahren zur Bestimmung der uniaxialen Viskosität sind beispielsweise

diskontinuierliches Sinterpressen (discontinuous sinter-forging, DSF) [OLL2006] oder Dilatometrie mit

zyklischer Belastung (cyclic loading dilatometry, CLD) [MOH2004]. Praktikable Methoden zur

Bestimmung der viskosen Poissonzahl haben Ollagnier, Guillon und Rödel [OLL2007] und Mohanram

et al. [MOH2005a] vorgestellt. Die experimentelle Bestimmung der Kennwerte zeigt, dass diese über die

gesamte Sinterung nicht konstant sind. Die Viskosität reiner Gläser, ohne Kristallisation, nimmt mit

steigender Temperatur nach einem Arrhenius-Ansatz ab. Sinternde, poröse Festkörper zeigen zusätzlich

eine Abhängigkeit der Viskosität von der Dichte, bzw. Porosität, und von der Korngröße [MIK1990].

Für LTCC-Werkstoffe ist die Viskosität nur eine Funktion von Dichte und Temperatur, solange keine

Kristallisation auftritt [MOH2004]. Bei konstanter Dichte nimmt die Viskosität mit steigender

Temperatur ab. Isotherm steigt die Viskosität mit zunehmender Dichte um bis zu zwei Größen-

ordnungen [MOH2005b, XIE2005]. Abbildung 2-14 zeigt beispielhaft den Verlauf der Viskosität von

DP951 über der relativen Dichte bei verschiedenen Temperaturen.

Page 28: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

18 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 2-14: Viskosität von DP951 in Abhängigkeit von relativer Dichte und Temperatur, isotherme

CLD, Hinweis: Ordinate ist logarithmisch skaliert, Daten aus [MOH2005b]

Die viskose Poissonzahl zeigt ebenfalls eine Abhängigkeit von der relativen Dichte. In Abbildung 2-15

sind die Verläufe für drei verschiedene LTCCs gegenübergestellt.

Abbildung 2-15: Viskose Poissonzahlen verschiedener LTCC als Funktion der relativen Dichte, Werte

für Ceramtape GC aus [OLL2007], Werte für DP951 aus [MOH2005a]

Für DP951 und BAM397 wurden Messwerte nach dem von Monhanram vorgestellten Verfahren im

dynamischen Heizregime bestimmt. Die Methode beruht auf dem Vergleich der Schwindungs-

geschwindigkeiten einer frei gesinterten Probe und lastfrei mit geometrischer Schwindungsbe-

schränkung gesinterten Probe. Die Kurvenverläufe zeigen eine Zunahme der viskosen Poissonzahl mit

der relativen Dichte. Für Ceramtape GC wurden die Messwerte isotherm bei 840 °C durch DSF

bestimmt [OLL2007]. Dadurch wird nur die Abhängigkeit von der Dichte betrachtet. Ausgehend von

0,17 bei einer relativen Dichte von 0,75 wird νp mit zunehmender Dichte zunächst kleiner und steigt bei

hohen relativen Dichten auf über 0,5 an. Ollagnier, Guillon und Rödel schreiben die anfängliche

Abnahme der viskosen Poissonzahl einer Ausrichtung von Poren in Folge der Krafteinwirkung des

Messverfahrens zu. Diese eingebrachte Anisotropie erkläre auch Werte von νp< 0,5, die mit der

isothermen Theorie nicht vereinbar sind [OLL2007]. In diesem Zusammenhang diskutieren sie

Schwächen des von Mohanram vorgestellten Ansatzes, bei dem isotrope Schwindung der frei

gesinterten Probe angenommen wird und keine mikrostrukturellen Unterschiede zwischen frei

gesinterter und mit Schwindungsbeschränkung gesinterter Probe betrachtet werden. Einerseits ist es

Page 29: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

19

folgerichtig, bei isotroper Modellierung diese Unterschiede nicht zu betrachteten. Andererseits führen

externe Spannungen durch Last oder Schwindungsbehinderung nachweisbar zu Anisotropie im Gefüge

und dem Werkstoffverhalten [OLL2007, OLL2008, BOC1997], die bei Nichtbeachtung durchaus zu

falschen Berechnungsergebnissen führen können. Folglich wäre ein anisotroper Modellierungsansatz

notwendig.

Der anisotrope Ansatz zur Beschreibung der Sinterung kann ebenfalls mittels elastisch-viskoelastischer

Entsprechung aus den konstitutiven Gleichungen für den linear elastischen Festkörper abgeleitet werden

[CHA2009, BOR2006]. Zur Nutzung dieser Gleichungen müssen freie Schwindungsgeschwindigkeiten,

uniaxiale Viskositäten und viskose Poissonzahlen für die verschiedenen Richtungen bestimmt werden.

Dadurch erhöht sich die Zahl der zu bestimmenden Größen im allgemeinen anisotropen Fall auf 12 (9

Kennwerte und 3 freie Schwindungsgeschwindigkeiten), bei transversaler Isotropie auf 7 Kennwerte (5

Kennwerte und 2 freie Schwindungsgeschwindigkeiten) [BOR2006]. Die experimentelle Bestimmung

dieser richtungsabhängigen Kenngrößen ist jedoch sehr aufwendig und anspruchsvoll, es mangelt an

etablierten Methoden [WON2007]. Daher wird der isotrope Ansatz, trotz der bekanntermaßen zu starken

Vereinfachung, deutlich öfter angewendet.

2.2.2 Mastersinterkurve

Das Konzept zur Erstellung einer Mastersinterkurve (MSC, master sintering curve) wurde von Su und

Johnson vorgestellt [SU1996] und basiert auf dem kombinierten Sinterphasen-Modell von Hansen et al.

(combined-stage sintering model) [HAN1992a]. Das kombinierte Sinterphasen Model in

Gleichung (2.9) beschreibt die Sinterung mit nur einer Gleichung als kontinuierlichen Prozess über alle

drei Sinterphasen. Dabei ist L die Länge des sinternden Körpers, γ die Oberflächenenergie des

sinternden Werkstoffs, Ω das Atomvolumen, 𝑘B die Boltzmann-Konstante, T die absolute Temperatur,

G die mittlere Partikelgröße, Dv und Db die Diffusionskoeffizienten für Volumendiffusion (v) und

Grenzflächendiffusion (b, für boundary) und δ die Breite der Grenzfläche zwischen zwei Partikeln. Die

Parameter Γv und Γb sind zusammengefasste Skalierungsfaktoren und beziehen sich auf den im Index

angegebenen Diffusionsmechanismus.

-dL

Ldt=

γΩ

𝑘BT∙ (

ΓvDv

G3

+ΓbδDb

G4) (2.9)

Die Verdichtung bei der Sinterung erfolgt durch Diffusion. Diese ist temperaturabhängig. Für die

Diffusion in Festkörpern gilt bezüglich des Diffusionskoeffizienten D(T) der Arrhenius-Ansatz in

Gleichung (2.10).

D(T)=D0∙ exp (-Q

RT) (2.10)

Dabei ist D0 eine Konstante für das betrachtete System, Q die Aktivierungsenergie und R die

Gaskonstante. Unter der Annahme, dass nur ein Diffusionsmechanismus für die Sinterung maßgeblich

ist, lässt sich Gleichung (2.9) weiter vereinfachen. Geht man von isotroper Schwindung aus, gilt der in

Gleichung (2.11) beschriebene Zusammenhang zwischen linearer Schwindungsgeschwindigkeit und

Sintergeschwindigkeit, ρ steht für die relative Dichte. Damit kann Gleichung (2.9) in Gleichung (2.12)

überführt werden.

-dL

Ldt=

3ρdt (2.11)

3ρdt=

γΩΓD0

𝑘BTGn exp (−Q

RT) (2.12)

Page 30: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

20 BAM-Dissertationsreihe

Es wird angenommen, dass die Partikelgröße und Γ nur von der relativen Dichte ρ abhängig sind. Je

nach Diffusionsmechanismus ist n = 3 für Volumendiffusion oder n = 4 für Grenzflächendiffusion.

Gleichung (2.12) enthält nun temperaturabhängige und dichteabhängige Größen, sowie einige

Konstanten. Nach Umstellen von Gleichung (2.12) und Sortieren entsprechend der Abhängigkeiten

erhält man Gleichung (2.13). Durch Integration der linken Seite erhält man die dichteabhängige

Funktion Φ(ρ) (2.14). Die Integration der rechten Seite ergibt die sog. Mastervariable Θ[t,T(t)] (2.15).

𝑘BGn

3γΩΓD0ρdρ =

1

Texp (-

Q

RT) dt (2.13)

Φ(ρ) =𝑘B

3γΩD0

∫Gn

Γρ

ρ

ρ0

dρ (2.14)

Θ[t,T(t)]= ∫1

Texp (-

Q

RT)

t

0

(2.15)

Nach Su und Johnson kann Φ(ρ) als charakteristische Funktion betrachtet werden, die die Einflüsse der

mikrostrukturellen Entwicklung auf die Sinterkinetik während der Verdichtung quantifiziert [SU1996].

Der Zusammenhang von Dichte ρ und Φ(ρ) wird als Mastersinterkurve definiert.

Bei vollständiger Unterdrückung der lateralen Schwindung, im Gegensatz zu isotroper Schwindung,

entfällt der Faktor 3 in Gleichung (2.11), da nur die Schwindung in einer Raumrichtung zur Verdichtung

führt. Dadurch ändert sich zwar die dichteabhängige Funktion Φ(ρ) entsprechend um den Faktor 3, die

grundlegenden Zusammenhänge des Modells bleiben jedoch unverändert. Somit erscheint eine

Anwendung des Modells auf schwindungsbeschränkte Sinterung mit vollständig unterdrückter lateraler

Schwindung prinzipiell sinnvoll.

Praktisch wird die MSC anhand einer Reihe dilatometrischer Messdaten mit verschiedenen Heizge-

schwindigkeiten entwickelt. Die Temperatur-Zeit-Profile der Messungen werden gemäß

Gleichung (2.15) in Θ[t,T(t)] umgerechnet. Die Auftragung der gemessenen relativen Dichten ρ über

Θ[t,T(t)] mit bekannter oder anderweitig ermittelter Aktivierungsenergie Q resultiert in

übereinanderliegenden Kurvenverläufen. Die damit beschriebene Kurve ist die MSC für den

untersuchten Werkstoff. Dabei ist zu beachten, dass eine MSC nur für den Werkstoff mit genau den

Grünkörpereigenschaften gilt, der mit der Messreihe charakterisiert wurde. Abbildung 2-16 zeigt einen

Datensatz von Sinterkurven für Al2O3, sowie die dazugehörige Auftragung der relativen Dichten über Θ

aus der Originalarbeit von Su und Johnson.

Page 31: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

21

Abbildung 2-16 links: Dilatometrische Sinterkurven für Al2O3, Daten aus [SU1996]

rechts: Verlauf der daraus abgeleiteten Mastersinterkurve, Daten aus [SU1996]

Der Verlauf der MSC kann mit einer geeigneten Funktion nachgebildet werden. Mit dieser Funktion

kann dann die relative Dichte für beliebige Temperatur-Zeit-Profile berechnet werden. Typische

Funktionsformen sind in den Gleichungen (2.16) und (2.17) gezeigt. Gleichung (2.16) ist eine

sigmoidale Funktion mit fünf anpassbaren Parametern a, b, c, ρ0 und log(Θ0), wie sie z. B. Zhang und

Eitel erfolgreich für MSCs von LTCCs und Piezoelektrika verwendet haben [ZHA2013].

Gleichung (2.17) ist eine Boltzmann-Sigmoidfunktion in allgemeiner Schreibweise. Guillon und Langer

haben diese Funktion bei Feld-aktivierter Sinterung von Al2O3 angewendet [GUI2010]. Es gibt nur vier

anpassbare Parameter: A1, A2, die der minimalen und maximalen relativen Dichte entsprechen, x0 und

eine sog. Zeitkonstante d. Die Parameter log(Θ0) und x0 der beiden Ansätze entsprechen einander und

werden als Zentrumsvariable (center) bezeichnet.

𝜌 = ρ0+a

[1+exp (log(Θ) -log(Θ0)

b)]

c (2.16)

𝜌 = 𝐴1+𝐴1 − 𝐴2

[1+exp (log(Θ) -𝑥0

d )]

(2.17)

Abbildung 2-17 zeigt Berechnungen einer mit Gleichung (2.17) erzeugten MSC aus der Arbeit von

Guillon und Langer. Hier wurde die Verdichtung von Al2O3 bei feldaktivierter Sinterung mit 50 MPa

Druck für eine Heizgeschwindigkeit von 75 K/min und eine Haltezeit bei 1200 °C berechnet. Zur

Erzeugung der MSC wurden Messungen mit Heizgeschwindigkeiten von 35 K/min bis 150 K/min

durchgeführt. Die berechnete Heizgeschwindigkeit liegt also innerhalb dieses Heizgeschwindig-

keitsbereichs. Die Übereinstimmung der aus der MSC berechneten Verdichtung und experimentellen

Werten in diesem Beispiel ist sehr gut.

Page 32: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

22 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 2-17: Vergleich zwischen Experiment und mittels MSC berechneter Schwindungskurve für

Al2O3 bei feld-aktivierter Sinterung mit 75 K/min und 50 MPa Druck, zeitlicher Nullpunkt markiert den

Beginn der Haltezeit bei 1200 °C, Daten aus [GUI2010]

Eine zentrale Voraussetzung für der Erzeugung von MSCs ist die Kenntnis oder Bestimmung der

richtigen Aktivierungsenergie Q zur Berechnung des Θ[t,T(t)] aus den Messwerten. Dabei bedeutet

richtig keinesfalls, dass es sich hierbei um eine tatsächliche Materialeigenschaft handelt. Die Größe Q

sollte vielmehr als anpassbarer Parameter des Modells verstanden werden, besonders wenn das

untersuchte Sinterverfahren Zustände erzeugt, die in der grundlegenden Herleitung der Modell-

gleichungen nicht berücksichtig sind. Das gilt z. B. für jede Form der Druckunterstützung, elektrische

Felder, oder auch viskoses Fließen des Sinterwerkstoffs. Der beste Wert für Q ist der Wert, bei dessen

Verwendung die Abweichungen der einzelnen Messkurven voneinander minimal werden. In der

praktischen Anwendung des Konzeptes wird Q typischerweise durch iterative Verfahren zur

Minimierung der Abweichung der MSC ermittelt. Das bedeutet, die Aktivierungsenergie wird durch

Probieren bestimmt. Für jede getestete Energie wird ein Maß für die Güte der MSC ausgewertet, z. B.

der Mittelwert der Residuenquadrate [SU1996, ZHA2013, BLA2006] oder die Summe der

quadratischen Fehler [GUI2010, BRA2013a]. Abbildung 2-18 zeigt beispielhaft die typische Auftragung

zur Bestimmung der Aktivierungsenergie aus Guillons und Langers Arbeit zur Anwendbarkeit der MSC

bei Feld-Aktivierter Sinterung. Su und Johnson haben bereits diskutiert, dass bei diesem statistischen

Verfahren eine große Datenbasis, d. h. viele Testwerte für Q, empfehlenswert sind. Des Weiteren

können die Sinterkurven von Werkstoffen bei relativen Dichten über 0,95 deutlich voneinander

abweichen, z. B. bei ausgeprägtem Kornwachstum. In diesen Fällen wird empfohlen, keine Daten, die

bei hohen Dichten gewonnen wurden, für die Bestimmung von Q zu verwenden [SU1996].

Page 33: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

23

Abbildung 2-18: Bestimmung der Aktivierungsenergie Q durch Minimeren der Summe der

quadratischen Fehler, Daten aus [GUI2010]

Einen weiterentwickelten Ansatz zur Beschreibung der MSC haben Kiani, Pan und Yeomans vorgestellt.

Dabei werden die experimentellen Schwindungsdaten nicht mit einer kontinuierlichen Sigmoidfunktion

approximiert, sondern abschnittsweise von sog. Formfunktionen (shape functions) [KIA2006]. Die

Bestimmung von Q erfolgt ebenfalls numerisch durch Einsetzen und Minimieren der Abweichungen der

Einzelkurven zueinander. Ein Vorteil des Ansatzes ist, dass für jeden Abschnitt eine andere

Aktivierungsenergie bestimmt werden kann. Dies ermöglicht die Modellierung von Werkstoffen, deren

Sinterung durch Phasen mit verschiedenen Sintermechanismen charakterisiert ist. Darüber hinaus kann

aus den Formfunktionen auch abschnittsweise die volumetrische Schwindungsgeschwindigkeit

abgeleitet werden, die wiederum für Finite-Elemente-Simulation der Sinterdeformation genutzt werden

kann. Kiani, Pan und Yeomans modellieren mit ihrem Ansatz erfolgreich die Sinterung von ZnO und

rostfreiem Stahlpulver, wobei für den Stahl drei Aktivierungsenergien verwendet werden [KIA2006].

Blaine, Park und German beschreiben eine linearisierte Form der MSC [BLA2009]. Dabei gehen sie von

der in Gleichung (2.18) dargestellten Sigmoidfunktion aus. Sie definieren ein Verdichtungsverhältnis Φ

(densification ratio, Gleichung (2.19) und leiten daraus die linearisierte Form in Gleichung (2.20) ab.

Dabei ist Θref der Wert der Mastervariablen Θ bei ρ = (ρ0+1)/2. Der Parameter n ein anpassbarer

Exponent und gleichzeitig die Steigung der linearisierten MSC. Die Aktivierungsenergie Q zur

Berechnung der Mastervariablen Θ wird auch in diesem Ansatz numerisch durch Minimierung des

Mittelwerts der Residuenquadrate bestimmt.

𝜌 = ρ0+1- ρ0

1+exp [−ln(Θ) -a

b]

(2.18)

Φ ≡𝜌 − 𝜌0

1 − 𝜌= (

Θ

Θref)

𝑛

(2.19)

ln Φ = n∙ln (Θ

Θref

) = n∙( ln Θ -ln Θref) (2.20)

Als Vorteil dieses Ansatzes wird die relative Einfachheit, mit der die Parameter n und Θref direkt aus der

Auftragung der linearisierten MSC abgeleitet werden können, angeführt. Dadurch kann das aufwendige

Anpassen einer Sigmoidfunktion umgangen werden [BLA2009]. Abbildung 4-6 zeigt eine linearisierte

MSC für eine W-Ni-Fe-Legierung mit 88 Gew.-% Wolfram aus der Arbeit von Blaine, Park und

German. Die entsprechenden Modellparameter sind eingezeichnet.

Page 34: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Stand der Technik

24 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 2-19: Linearisierte MSC für eine 88 Gew.-% Wolfram-Legierung, Daten aus [BLA2009]

Die Beschreibung von druckunterstützen Sinterprozessen mit dem MSC-Ansatz wurde zuerst von An

und Johnson durchgeführt. In ihrer ersten Veröffentlichung zu diesem Themenkomplex zeigen sie, dass

für die druckunterstützte Sinterung von Al2O3 eindeutige MSCs für die einzelnen untersuchten Last-

stufen existieren und dass daraus eine Masteroberfläche für druckunterstützte Sinterung (pressure-

assisted master sintering surface, PMSS) konstruiert werden kann [AN2002]. Methodisch wird dabei für

jede Laststufe eine MSC erzeugt und diese werden anschließend durch mehrfache Regression zu einer

Fläche zusammengesetzt. Mit Hilfe der PMSS können relative Dichten für verschiedene Drücke und

Heizregime vorausberechnet werden. Im umgekehrten Fall ist die PMSS auch anwendbar, um

verschiedene Prozessparametersätze zu selektieren, die eine erwünschte relative Dichte des

Sinterkörpers erzeugen. In weiteren Arbeiten wurden die mikrostrukturelle Entwicklung von Al2O3 bei

der Drucksinterung mit der PMSS korreliert [AN2005], sowie PMSS für Si3N4 und verschiedene

Pulvermetallsysteme erzeugt [AN2007, AN2013]. Su und Johnson haben das MSC-Konzept

ursprünglich für einphasige Werkstoffe entwickelt, wobei Q die Aktivierungsenergie für den

dominierenden, die Verdichtung vorantreibenden Diffusionsmechanismus war [SU1996]. Dennoch

konnte das Modell erfolgreich auf mehrphasige Systeme wie LTCC [MOH2005b], niedrigsinternde

NiCuZn-Ferrite [BRA2013a], eine Si3N4-Y2O3-Al2O3 Pulvermischung [AN2007] und Mischungen aus

Co-, Cu- und Fe-Pulver [AN2013] angewendet werden. An vermutet, dass das MSC-Modell anwendbar

ist, so lange ein Mechanismus dominierend ist, dem eine konstante Aktivierungsenergie zugeschrieben

werden kann [AN2013].

Reiterer und Ewsuk haben verschiedene Ansätze zur Sintermodellierung verglichen [REI2009]. Als

großen Vorteil des MSC-Ansatzes führen sie die einfache Anwendbarkeit an. Der experimentelle

Aufwand ist verglichen mit anderen Methoden gering und es muss nur ein Parameter (Q) bestimmt

werden. Sie betonen die verbreitete und erfolgreiche Nutzung des Konzepts für verschiedene

Materialklassen und Heizregime. Die fehlende Berücksichtigung von Spannungen wird als Nachteil des

Modells herausgestellt. Dadurch könne es nicht unabhängig in einen Finite-Elemente-Code

implementiert und auf komplexe Geometrien angewendet werden [REI2009]. In Anbetracht der

einfachen planaren Geometrien, die bei druckunterstütztem Sintern relevant sind, überwiegen die

Vorteile des Modells den Nachteil deutlich. Unter Berücksichtigung der Komplexität des

Sintermechanismus, der experimentellen Möglichkeiten und einer möglichst zeitnahen technologischen

Nutzbarkeit eines Modells wurde für diese Arbeit der MSC-Ansatz zur Modellierung der

druckunterstützten Sinterung von LTCC ausgewählt.

Page 35: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

25

3 Materialien und Methoden

In diesem Kapitel werden Werkstoffe, Verarbeitungstechnologien, Messmethoden und Auswerte-

verfahren vorgestellt, die zur Erarbeitung der in Kapitel 4 dargestellten Ergebnisse genutzt wurden.

3.1 Werkstoffauswahl und –eigenschaften

Im Verlauf des Promotionsvorhabens wurden verschiedene LTCC-Werkstoffe und keramische

Rohstoffe untersucht und verarbeitet. In diesem Abschnitt werden die Werkstoffe kurz vorgestellt und

deren Auswahl für die Untersuchung begründet. Die Erläuterungen werden durch eine Übersicht der

stofflichen Zusammensetzungen, Phasenbestände und Verwendungen in Tabelle 3-1 am Ende des

Abschnitts ergänzt.

Die Anwendbarkeit des MSC-Modells wurde an LTCC-Entwicklungsmustern überprüft, die zur Zeit der

Erstellung dieser Arbeit in verschiedenen Forschungsvorhaben entwickelt und verwendet wurden. Der

Einfluss des Formgebungsverfahrens auf die Modellparameter wurde an BAM396 untersucht. Diese

Zusammensetzung wurde für eine Anwendung als Dehnungssensor hinsichtlich eines niedrigen

Elastizitätsmoduls und relativer hoher thermischer Ausdehnung entwickelt und enthält Quarz statt Al2O3

als Dispersphase [BRA2013b]. Aus der Glasphase kann Celsian kristallisieren, wobei diese Phasen-

umwandlung bei druckunterstützter Sinterung weitestgehend unterdrückt wird. BAM396 erwies sich

wegen seiner ausführlich untersuchten und für kommerzielle LTCC-Zusammensetzungen repräsen-

tativen Sintereigenschaften für grundlegende Untersuchungen besonders geeignet.

Ein Verfahren zur Berechnung der Schwindungsfehlpassung aus MSC-Daten wurde an einem co-

gesinterten Mehrlagensubstrat aus BAM474 und niedrigsinterndem NiCuZn-Ferrit validiert. NiCuZn-

Ferrit sollte in einem interdisziplinären Forschungsvorhaben zur Implementierung eines Transformators

zur LED-Steuerung in ein LTCC-Modul integriert werden. Dazu wurde BAM474 als angepasstes

Dielektrikum entwickelt [RAB2012]. Dabei handelt es sich um ein nichtkristallisierendes Glas-

Keramik-Komposit aus Alumoborosilikatglas mit Quarz und Al2O3 als kristallinen Dispersphasen. Über

die Zusammensetzung wurden das Sinterverhalten und die thermische Ausdehnung speziell an NiCuZn

angeglichen. Die Eigenschaften von NiCuZn-Ferrit sind von Mürbe und Töpfer umfassend untersucht

worden [MUE2006, MUE2005]. Im Laufe des Vorhabens ergab sich die Frage nach dem Einfluss des

Heizprofils auf die Schwindungsfehlpassung der beiden Werkstoffe, so dass es naheliegend war, das

Berechnungsverfahren auf genau dieses System anzuwenden.

Für die umfassende thermomechanische Analyse (TMA) und Entwicklung einer PMSS wurde das

kommerzielle GreenTape DP951 (DuPont Limited, Bristol, UK) ausgewählt. Dabei handelt es sich um

ein Glas-Keramik-Komposit mit Al2O3, aus dessen Glasphase Anorthit auskristallisieren kann. Diese

Kristallisation findet jedoch bei den im Drucksinterprozess angewendeten Temperaturen nicht statt. Im

Vergleich zu anderen LTCC-Werkstoffen sinkt die Viskosität von DP951 bei Temperaturen über 800 °C

stark ab. Dies führt bei freier Sinterung zu einer erhöhten Toleranz gegenüber Vorschädigung aus der

Grünkörperherstellung und gegenüber Rissbildung aufgrund von Schwindungsfehlpassungen mit z.B.

Metallisierungsstrukturen. Aufgrund dieses robusten Sinterverhaltens und der umfangreichen Auswahl

an angepassten Metallpasten (Leit- und Widerstandspasten) wird DP951 von vielen Firmen und

Arbeitsgruppen im Bereich Mikrosystemtechnik und Sensortechnik eingesetzt. Beim druckunterstützten

Sintern tritt durch das Absinken der Viskosität bereits bei vergleichsweise niedrigem Pressdruck lateral

expansives Verhalten auf, d.h. das Sinterteil wird zerdrückt und fließt seitlich unter den Pressstempeln

weg (vgl. Abbildung 2-10) [HIN2007]. Die Erstellung eines Drucksinterprofils zur Herstellung eines

strukturierten Moduls ohne radiale Schwindung unter Erhalt der Strukturen ist für DP951

anspruchsvoller als für andere LTCC-Werkstoffe mit höherer Viskosität im Bereich der

Sintertemperatur. Die Untersuchungen wurden gleichwohl an DP951 durchgeführt, da der Werkstoff

eine große Relevanz für technische Applikationen und die angewandte Forschung hat.

Page 36: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Materialien und Methoden

26 BAM-Dissertationsreihe

Zur Entwicklung von Opferfolien, mit denen sich die Oberflächenqualität der Sinterteile anpassen lässt,

wurden zwei verschiedene Al2O3-Pulver und hexagonales BN-Pulver verwendet. Als grobkörniges

Al2O3-Pulver wurde Martoxid MR23 (Martinswerk GmbH, Bergheim, Deutschland) mit einer Reinheit

von 99,8 % genutzt. Die feine Kornfraktion wurde aus 99,8 %igem Almatis A16 SG (Almatis Inc.

Leetsdale, USA) hergestellt. Alle Ausgangspulver wurden mahltechnologisch weiterbehandelt und

charakterisiert. Die Verschlickerung und das Foliengießen sind in Abschnitt 3.2 erläutert.

Für die Herstellung von LTCC-Oberflächen ohne Opferfolienrückstände im Drucksinterprozess wurde

eine neuartige Technologievariante unter Verwendung von glasartigem Kohlenstoff (glassy oder

vitreous carbon) als Brennhilfsmittel entwickelt. Die Werkstoffeigenschaften von Glaskohlenstoff

unterscheiden sich aufgrund der fullerenartigen Molekularstruktur (Abbildung 3-1) deutlich von

Graphit. Glasartiger Kohlenstoff wird nicht durch Glasschmelzen benetzt und kann dadurch ohne

Trennlage als Unterlage, bzw. Pressplatte für LTCC angewendet werden. Glaskohlenstoff des Typs

Sigradur G (HTW Hochtemperaturwerkstoffe GmbH, Thierhaupten, Deutschland) wurde in Form von

100 × 100 × 3 mm³-Platten bezogen (Abbildung 3-1) und für die verschiedenen Sinterexperimente

zugeschnitten. Der Werkstoff zeichnet sich durch eine hohe Oberflächengüte, Korrosionsbeständigkeit

und geringe thermische Ausdehnung aus. Laut Herstellerangaben2 beträgt die mittlere thermische

Ausdehnung im Bereich 20 °C bis 200 °C nur 2,6 × 10-6

K-1

. Im Datenblatt wird eine Sauerstoff-

beständigkeit bis 600 °C, sowie eine Beständigkeit in inerter Atmosphäre bis 3000 °C ausgewiesen.

Vorversuche haben ergeben, dass bereits ab 500 °C in normaler Luft eine Verschlechterung der

Oberflächengüte durch oberflächliche Oxidation eintritt. Die Prozessanpassungen, die zur Verwendung

von Glaskohlenstoff vorgenommen wurden, werden in den Abschnitten 3.7 und 4.2.3 ausführlich

erläutert.

Abbildung 3-1 links: Glaskohlenstoffplatte im Lieferzustand

rechts: schematische Darstellung der fullerenartigen Molekularstruktur von glasartigem Kohlenstoff,

Abbildung aus [HAR2004]

Die Oberflächenstrukturen, die durch Anwendung der verschiedenen Opferfolien entstehen, sowie die

Prozessvariante mit glasartigem Kohlenstoff wurden an drei LTCC-Werkstoffen untersucht. Wegen der

verbreiteten Anwendung und allgemeinen Relevanz kam DP951 in Betracht. BAM397 wurde

ausgesucht, weil eine maßgebliche Motivation für die Entwicklung eines Verfahrens zur Drucksinterung

ohne Opferfolienrückstände die geplante Anwendung dieses Werkstoffs als Dünnfilmsensorsubstrat war.

Repräsentativ für LTCC-Zusammensetzungen mit üblichen Sintereigenschaften aber ohne

Kristallisationsneigung wurde BAM186 ausgewählt. Dieser Werkstoff enthält neben nicht-

kristallisierendem Borosilikatglas Al2O3 als kristalline Dispersphase.

2 Internetauftritt des Herstellers: http://www.htw-germany.com/technology.php5?lang=de&nav0=2&nav1=16,

abgerufen am 13.05.2014

Page 37: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Materialien und Methoden

27

Tabelle 3-1: Übersicht verwendeter Werkstoffe

Bezeichnung stoffliche Zusammensetzung

(anorganische Komponenten) Verwendung

Phasenbestand

nach Sinterung

BAM186 Al2O3,

Glas

(SiO2, B2O3, K2O)

LTCC Al2O3,

Glas

BAM397 Quarz (SiO2),

Glas Heraeus 69250

(SiO2, BaO, Al2O3, SrO, CaO,

MgO, K2O, B2O3, PbO)

LTCC Quarz,

Celsian

(Ba[Al2Si2O8]),

Restglas

DP951 Al2O3,

Glas

(Al2O3, SiO2, PbO, CaO, B2O3)

LTCC Al2O3,

Anorthit

(CaAl2Si2O8),

Restglas

BAM474 Al2O3,

Quarz,

Glas

(SiO2, Al2O3, B2O3, SrO, MgO,

BaO, CaO,)

LTCC Al2O3,

Quarz,

Glas

NiCuZn NiCuZn

Bi2O3

Ferrit NiCuZn

Bi2O3

A16 Al2O3 Opferfolie Al2O3

MR23 Al2O3 Opferfolie Al2O3

hexBN BN Opferfolie BN

Glaskohlenstoff C Pressstempel

3.2 LTCC-Versatzaufbereitung und Foliengießen

Die Aufbereitung der LTCC-Versätze erfolgte als Versatzmischmahlung. Dazu wurden Pulvermengen

der Glasfritte und kristallinen Rohstoffe entsprechend der Zusammensetzung des Versatzes eingewogen

und als Mischung im Attritor bis zum Erreichen der gewünschten Partikelgrößenverteilung (PGV)

gemahlen. Durch fortlaufende Probennahme und Analyse im Lasergranulometer (Malvern Mastersizer

2000) wurde die Entwicklung der PGV prozessbegleitend überwacht. Nach dem Mahlen wurden die

Versätze sprühgetrocknet (Niro Atomizer). Mit demselben Verfahren wurden die Pulverfraktionen für

die verschiedenen Opferfolien hergestellt.

Die Aufbereitung der gießfähigen Schlicker erfolgte in zwei Dispergierstufen. In der ersten Dispergier-

stufe wurde der Feststoff im Lösungsmittel mit Dispergator und Korundmahlkörpern in einer Kugel-

mühle aufgeschlossen. Nach 4 h bis 24 h wurde in der zweiten Dispergierstufe eine zuvor aufbereitete

Binder-Weichmacher-Lösung zugegeben und weitere 12 h bis 24 h gemahlen. Für die meisten Schlicker

wurde ein Lösungsmittelgemisch (LMG) aus Ethanol, Methylethylketon (MEK) und Cyclohexanon

verwendet. Der Binder war entweder Polyvinylbutyral (PVB), Polycarbonat (PC) oder Polyacrylat (PA)

mit Benzylbutylphthalat (BBP) oder Dibutylphthalat (DBP) als Weichmacher. Bei der Verschlickerung

Page 38: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Materialien und Methoden

28 BAM-Dissertationsreihe

mit Polycarbonat (PC) erübrigte sich die Zugabe von Weichmacher, da der Binder-Ausgangsstoff

weichmachende Monomere enthielt. Als Dispergator wurde Rhodafac®

RE-610, ein Polyetherphosphat,

verwendet. In Tabelle 3-2 sind die verschiedenen Schlickerzusammensetzungen aufgelistet. Die

Trennung von Schlicker und Mahlkörpern erfolgte mittels einer Vakuumsiebeinheit. Dabei wurden

gleichzeitig Gelanteile und nicht aufgeschlossene Feststoffagglomerate abgetrennt. Gegebenenfalls

wurde die Viskosität des Schlickers durch Verdampfen von Lösungsmittel im Rotationsverdampfer

erhöht. Für die Opferfolienentwicklung wurden vor dem Gießen Schlickerproben genommen und im

Viskosimeter hinsichtlich der rheologischen Eigenschaften charakterisiert (Anton Paar Physica MCR

300, Oszillation, koaxialer Zylinder).

Die Gießschlicker wurden mit einer Gießgeschwindigkeit von 24 m/h im doctor-blade-Verfahren auf

eine 50 µm dicke PET-Trägerfolie vergossen und über Nacht ohne zusätzliche Heizung in der

Foliengießanlage (Netzsch, Selb, Deutschland) getrocknet. Nach der Trocknung wurden die Grünfolien

auf einem Lichtkasten auf Gießfehler untersucht und mit einer Fotoschere zur weiteren Verarbeitung in

150 ×150 mm² Abschnitte konfektioniert.

Tabelle 3-2: Übersicht Schlickerzusammensetzungen und Foliendicken

Feststoff Binder Weichmacher Dispergator Lösungsmittel Foliendicke / µm

BAM397 PVB DBP Rhodafac LMG 100 - 110

BAM397 PA DBP Rhodafac LMG 100 - 110

BAM397 PC BBP - MEK/Cyclohexanon 100 - 110

BAM186 PA DBP Rhodafac LMG 95

Korund PC BBP - MEK/Toluol 110-120

Korund 1-3 PA DBP Rhodafac LMG 190

Al2O3

(Opferfolien) PA DBP Rhodafac LMG 80 - 85

hexBN PVB DBP Rhodafac Toluol/Ethanol 75

3.3 Grünkörperherstellung

Aus den Grünfolien wurden nach de n in Abschnitt 2.1.2 vorgestellten Verfahren Prüfkörper und

Testsubstrate hergestellt. Zur Erprobung der verschiedenen Opferfolien und Entwicklung der

druckunterstützten Sinterung mit glasartigem Kohlenstoff wurden aus DP951, BAM397 und BAM186

verschiedene Laminate durch isostatische Thermokompression für 10 min bei 70 °C mit 25 MPa Druck

hergestellt (Laminierpresse ILS-6A, Keko Equipment, Zuzemberk, Slowenien). Die Opferfolien wurden

jeweils in einem zweiten Laminierschritt mit denselben Prozessparametern aufgebracht. Mit einer

Schneideinrichtung mit beheizter Schneide (CM-14MR, Keko Equipment, Zuzemberk, Slowenien)

wurden die Laminate zugeschnitten. Die Testsubstrate für die Opferfolienentwicklung waren

70 × 70 mm² groß. Für die Prozessentwicklung mit Glaskohlenstoff wurden verschiedene Laminat-

größen hergestellt.

Als Proben für dilatometrische Messungen zur Erstellung der MSCs von BAM397, BAM474 und

NiCuZn wurden ~ 5 mm dicke Laminate aus den Grünfolien aufgebaut. BAM474 und NiCuZn wurden

für 10 min mit 26 MPa bei 75 °C isostatisch laminiert. BAM397 wurde mit denselben Parametern

Page 39: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Materialien und Methoden

29

laminiert wie die Testsubstrate für die Opferfolien. Mit der Heißschneideinrichtung wurden ~ 15 mm

lange Prüfkörper zugeschnitten und mit einer Mikrometerschraube genau vermessen. Zur Untersuchung

des Einflusses des Formgebungsverfahrens auf die Parameter der MSC wurde aus dem aufbereiteten

BAM397- Pulverversatz ein 50 × 5 × 5 mm³ Stab mit 60 MPa uniaxial trocken gepresst. Mit einem

Skalpell wurden ~ 5 mm lange Stücke für die dilatometrischen Messungen abgeschnitten. Die

Herstellung eines Kombinationslaminats aus BAM474 und NiCuZn zur Validierung der berechneten

Schwindungsfehlpassungen erfolgte durch isostatische Lamination für 10 min bei 75 °C und 26 MPa

von 8 Lagen NiCuZn (~ 800 µm) zwischen BAM474 (jeweils ~ 130 µm).

Prüfkörper für die thermomechanische Analyse (TMA) wurden aus einem vierlagigen DP951-Substrat

mit beidseitig laminierter Opferfolie (Ceramtape A, CeramTec GmbH, Marktredwitz, Deutschland)

gefertigt. Das Mehrlagensubstrat wurde zunächst ohne Opferfolie isostatisch laminiert. Mit einer

Mikrometerschraube wurde die Gründicke zu 1,0 mm bestimmt. In einem zweiten Schritt wurde die

Opferfolie beidseitig mit denselben Parametern laminiert. Für die Auswertung der Messungen wird

davon ausgegangen, dass die Gründicke durch den zweiten Laminierschritt nicht verändert wurde. Es

gilt für alle Schwindungsmessungen L0 = 1000 µm. Mittels Hot-Knife wurde das grüne Laminat in

2 × 2 mm², bzw. 5 × 5 mm² große Prüfkörper getrennt. Messungen mit Lasten bis einschließlich 100 kPa

wurden an 25 mm² Prüfkörpern durchgeführt. Für höhere Lasten, 300 kPa und 500 kPa, mussten

aufgrund der limitierten Maximallast des Messgeräts Messungen an 4 mm² Prüfkörper vorgenommen

werden.

3.4 Dilatometrie und Thermomechanische Analyse

Die Schwindungsmessungen an BAM397, BAM474 und NiCuZn für die Erstellung der MSCs wurden

mit einem horizontalen Schubstangendilatometer DIL802 (Bähr-Thermoanalyse GmbH, Hüllhorst,

Deutschland) durchgeführt. BAM397 wurde mit 5 K/min, 8 K/min und 10 K/min bis 890 °C geheizt.

Für BAM474 und NiCuZn wurden als Heizraten 1 K/min, 2 K/min, 5 K/min und 10 K/min verwendet.

Die Anpresskraft der Schubstange wurde ausgehend von der Federkonstante der Anpressfeder und dem

eingestellten Federweg zu > 0,4 N abgeschätzt.

Als thermomechanische Analyse (TMA) wird die Messung der Längenänderung von Körpern unter

konstanter oder dynamischer Last als Funktion der Temperatur bezeichnet. Die Messungen wurden mit

einem TMA 801 (Bähr-Thermoanalyse GmbH, Hüllhorst, Deutschland) durchgeführt. Der schematische

Aufbau des Messgeräts ist im linken Teil von Abbildung 3-2 dargestellt. Sowohl die Lastaufbringung,

als auch die Längenmessung erfolgen über die vertikal verlaufende Schubstange. Die minimale Last auf

den Prüfkörper beträgt 0,05 N (5,01 g). Über einen Linearmotor können Kräfte bis 2,5 N aufgebracht

werden. Der Prüfkörper wird über einen Präzisionsofen mit Widerstandsheizelement geregelt aufgeheizt.

Die Probentemperatur ist durch ein Thermoelement direkt messbar. Rechts in Abbildung 3-2 ist ein

eingelegter Prüfkörper mit aufsitzender Schubstange und ausgerichtetem Thermoelement dargestellt.

Zur Entwicklung einer PMSS für DP951 wurden für die Laststufen 2 kPa, 10 kPa, 25 kPa, 50 kPa,

100 kPa, 300 kPa und 500 kPa Messungen mit jeweils 5 K/min, 8 K/min und 10 K/min durchgeführt.

Dabei wurde der Druck vom Beginn der Messung bis zur Maximaltemperatur von 950 °C konstant

gehalten. Bei allen Messungen wurde bis 600 °C eine Heizgeschwindigkeit von 5 K/min eingehalten,

um eine vollständige Entbinderung der Prüfkörper zu gewährleisten. Die Temperaturregelung erfolgte

über das Ofenthermoelement, die Auswertung der Längenänderung erfolgte in Bezug auf die

Probentemperatur. Das Ergebnis einer TMA ist ein Datensatz aus Zeit t, Probentemperatur T(t) und

relativer Längenänderung ΔL(T) (3.1).

∆L(T )=L(T)-L0

L0

(3.1)

Page 40: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Materialien und Methoden

30 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 3-2 links: Schematischer Aufbau des TMA80

rechts: Fotografie eines eingelegten LTCC-Mehrlagenprüfkörpers (hellblau, DP951) mit Opferfolie,

aufgesetzter Schubstange und Probenthermoelement im Al2O3-Messsystem

3.5 Berechnung von Mastersinterkurven

Zur Berechnung der Mastersinterkurven (MSCs) wurden die Rohdaten aller TMA-Messungen, bzw.

Dilatometermessungen, nach demselben Verfahren korrigiert und aufbereitet. Zunächst wurden alle

Daten für T < 600 °C abgeschnitten und t|T=600 °C = 0 s gesetzt. Anschließend wurden die Längen-

änderungsdaten gemäß Gleichung (3.2) korrigiert. Dadurch wird die relative Längenänderung aller

Prüfkörper bei 600 °C auf null gesetzt.

∆Lkorr(T) = ∆L(T)-∆L|T=600 °C (3.2)

Anschließend erfolgte die Berechnung der linearen Längenänderungsgeschwindigkeit ∂∆L ∂t⁄ durch

numerische Differentiation. Anhand des Kurvenverlaufs wurde überprüft, ob der Prüfkörper bei der

Messung gestaucht wurde. Die Längenänderungsgeschwindigkeit nimmt bei einem nichtgestauchten

Prüfkörper zunächst betragsmäßig zu, durchläuft ein Betragsmaximum (Minimum im Kurvenverlauf)

und fällt anschließend auf null. Durch ein lokales Maximum der Kurve (Betragsminimum der

Längenänderungsgeschwindigkeit) ist eine Stauchung deutlich identifizierbar. An dieser Stelle nimmt

die Längenänderungsgeschwindigkeit durch die pressdruckinduzierte Kriechverformung betragsmäßig

wieder zu. In Abbildung 3-3 sind die relative Längenänderung und die abgeleitete Längen-

änderungsgeschwindigkeit eines gestauchten Prüfkörpers über der Temperatur aufgetragen. Die

Temperatur, bei der ein lokales Betragsminimum der relativen Längenänderungsgeschwindigkeit

auftritt, wird als Stauchtemperatur definiert. Wurde in einem Datensatz eine Stauchung des Prüfkörpers

nachgewiesen, so wurden alle Daten oberhalb der Stauchtemperatur verworfen.

Page 41: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Materialien und Methoden

31

Abbildung 3-3: Relative Längenänderung und relative Längenänderungsgeschwindigkeit von DP951 bei

druckunterstützter Sinterung mit geometrischer Schwindungsbeschränkung bei 100 kPa und 5 K/min mit

Definition der Stauchtemperatur, TMA 801

Im nächsten Schritt wurden Rohdichten und relative Dichten aus den Längenänderungsdaten berechnet.

Bei Prüfkörpern, die eine geometrische Schwindungsbehinderung aufwiesen (TMA-Messungen), konnte

die laterale Schwindung vernachlässigt werden. Die Berechnung der Rohdichte ρroh erfolgte unter

Berücksichtigung der Gründichte des Werkstoffs ρgrün nach Gleichung (3.3).

ρroh

= ρgrün

∙(1+∆Lkorr)-1

(3.3)

Für Prüfkörper ohne geometrische Schwindungsbeschränkung (siehe Abschnitte 4.1.1 und 4.1.2) wurde

transversale Isotropie angenommen ein Anisotropiefaktor k definiert (3.5).

εy= εx= εlateral = εz

k (3.4)

Die Rohdichte konnte so ausgehend von der Gründichte aus den Längenänderungsbeiträgen der lateralen

und der Dickenschwindung berechnet werden (3.5).

ρroh

= ρgrün

∙(1+𝜀𝑧)-1

∙(1+𝜀lateral)-2

(3.5)

Da die laterale Schwindung messtechnisch nicht erfasst werden konnte, wurden Anisotropiefaktoren für

die verschiedenen Werkstoffe aus der entsprechenden Gründichte ρgrün, der Rohdichte der gesinterten

Probe ρsinter und der maximalen linearen Schwindung εtotal gemäß Gleichung (3.6) bestimmt.

k =-εtotal

1- √ρ

grün

(1+εtotal)∙ρsinter

(3.6)

Die Berechnung der Rohdichte von Prüfkörpern ohne geometrische Schwindungsbeschränkung erfolgte

dann ausgehend von der Gründichte und unter Berücksichtigung des Anisotropiefaktors gemäß

Gleichung (3.7).

Page 42: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Materialien und Methoden

32 BAM-Dissertationsreihe

ρroh

= ρgrün

∙(1+∆Lkorr)-1∙ (1+

∆Lkorr

k)

-2

(3.7)

Die relative Dichte ρ ist in jedem Fall das Verhältnis aus Rohdichte zu Reindichte ρrein (3.8).

ρ =ρ

roh

ρrein

(3.8)

Zur Berechnung der Mastervariablen Θ muss zunächst die Aktivierungsenergie Q bestimmt werden. Es

wurde für jede Laststufe, also für drei Messungen mit verschiedenen Heizgeschwindigkeiten, eine

Aktivierungsenergie bestimmt. Dazu wurde eine Berechnungsschleife in der Software Origin 9.0

(OriginLab Corporation, Northampton, USA) implementiert. Die Schleife erzeugt zunächst ausgehend

von einer frei wählbaren Minimalenergie Qmin, einer frei wählbaren Maximalenergie Qmax und einem frei

wählbaren Energieinkrement ΔQ eine Menge von zu testenden Aktivierungsenergien Qi. So können

z. B. in 10 kJ/mol-Schritten Energien von 100 kJ/mol bis 500 kJ/mol definert werden. Für die drei

Messungen einer Laststufe wird jeweils Θ[t,T(t)] mit der Energie Qi gemäß Gleichung (2.15) berechnet.

Anschließend wird ein neuer Datensatz erzeugt, der alle Θ[t,T(t)] und die dazugehörigen relativen

Dichten der drei Messungen beinhaltet. Die Zuordnung ρrel(Θ) wird gezeichnet. Wenn eine

Mastersinterkurve existiert und die verwendete Qi die richtige Aktivierungsenergie ist, liegen alle drei

Kurven übereinander. Anderenfalls bleiben sie als Einzelkurven erkennbar. Für jede Qi wird an die

Auftragung ρrel(Θ) eine fünfparametrische logistische Funktion (3.9) angepasst. Die Summe der

quadratischen Fehler wird jeweils ausgewertet. Nach dem Durchlauf dieser Berechnungsschleife wird

als Aktivierungsenergie Q die Energie Qi gewählt, bei der die Fehlersumme minimal ist. Für diese

Energie beschreibt die Anpassungsfunktion in Gleichung (3.9) den Verlauf der Mastersinterkurve für die

entsprechende Laststufe. Die fünfparametrische logistische Funktion wurde gewählt, weil damit der

Verlauf der Messdaten besser abgebildet wird, als z. B. mit den Sigmoidfunktionen, die in Abschnitt

2.2.2 vorgestellt wurden. Sie enthält neben den Konstanten ρmin und ρmax, die der Gründichte ρgrün und

der Sinterdichte des Werkstoffs entsprechen, eine Zentrumsvariable Θ0 und zwei anpassbare Parameter h

und s.

𝜌 = ρmin

max− ρ

min

[1+ (log Θ log Θ0

)-h

]

s (3.9)

3.6 Analyse der Entbinderung

Das Entbinderungsverhalten von LTCC-Grünfolien wurde anhand des temperaturabhängigen

Masseverlustes charakterisiert. Dazu wurden symmetrische thermogravimetrische Analysen (TGA)

durchgeführt. Eine Prinzipskizze des Aufbaus der Messeinrichtung (TAG 24, Setaram Instrumentation,

Caluire, Frankreich) ist in Abbildung 3-4 dargestellt. Es handelt sich um ein symmetrisches Wägesystem

mit zwei Öfen. Auf einer Seite wird die Probe geheizt und der Masseverlust über der Temperatur

aufgezeichnet. Auf der anderen Seite wird eine Blindprobe, die keinen Masseverlust aufweist, mit

identischen Bedingungen geheizt. An dieser Blindprobe wird der Einfluss des statischen Auftriebs

bestimmt. Der ermittelte Massenverlust ist entsprechend korrigiert.

Page 43: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Materialien und Methoden

33

Abbildung 3-4: Prinzipskizze des Aufbaus der symmetrischen TGA

Das Ergebnis der TGA ist der relative Massenverlust der Probe, bezogen auf die Ausgangsmasse m0, als

Funktion der Temperatur ∆m(T) (3.10). Um Proben mit unterschiedlichen absoluten Masseverlusten

hinsichtlich ihres Temperaturverhaltens direkt vergleichen zu können, wird der normierte Massenverlust

∆mnorm(T) ausgewertet (3.11).

∆m(T)=m(T)-m0

m0

(3.10)

∆mnorm(T)=∆m(T)

∆mT=600°C

∙100 % (3.11)

3.7 Druckunterstütztes Sintern

Die druckunterstützte Sinterung von LTCC-Substraten mit verschiedenen Opferfolien und

Glaskohlenstoffplatten erfolgte in einer LTCC-Sinterpresse (PHP-603, ATV Technologie GmbH,

Vaterstetten, Deutschland). Dabei handelt es sich um einen regelbaren Kammerofen, in dessen

Quarzglasmuffel vertikale Presstempel einer 50 kN-Hydraulikpresse eingefahren werden können. Ein

schematischer Aufbau ist in Abbildung 3-5 gezeigt. Die Quarzglasmuffel mit 230 mm innerem

Durchmesser wird von Widerstandsheizstrahlern beheizt und kann mit verschiedenen Prozessgasen

gespült werden. Die Anlage ist über eine serielle Schnittstelle mit einem Messrechner verbunden, so

dass Prozessdaten wie Heizleistung, Ofentemperatur, Probentemperatur an zwei Stellen und Presskraft

kontinuierlich über den Sinterprozess aufgezeichnet werden können.

Page 44: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Materialien und Methoden

34 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 3-5: Schematischer Aufbau der Sinterpresse bei Blick von der Ofentür in die Quarzglasmuffel

Am hinteren Ende der Quarzglasmuffel befindet sich der Prozessgasauslass. Dort werden die Spülgase

und die Entbinderungsprodukte abgesaugt. Über ein dünnes Metallrohr kann an dieser Stelle die

Ofenatmosphäre beprobt und mittels eines Sauerstoffanalysators (SGM7, Zirox Sensoren und Elektronik

GmbH, Greifswald, Deutschland) hinsichtlich des Sauerstoffgehalts charakterisiert werden. Über eine

serielle Schnittstelle kann der Sauerstoffgehalt in der Ofenatmosphäre über den gesamten Sinterprozess

von einem Messrechner aufgezeichnet werden.

Der Ablauf eines Brennprogramms wird über eine speicherprogrammierbare Steuerung gesteuert, bzw.

geregelt. Die Brennprogramme für die druckunterstützte Sinterung der LTCC-Substrate mit

verschiedenen Opferfolien sind in Tabelle 3-3 zusammengefasst. Bei allen Programmen wurde die

Ofenmuffel kontinuierlich mit 600 l/h Pressluft gespült um die Entbinderungsprodukte auszutreiben und

einen stabilen Temperaturgradienten über den gesamten Prozess sicherzustellen. Pro Werkstoff wurden

sechs Substrate in einem Durchlauf gesintert. Der in Abschnitt 2.1 vorgestellte Sinterstapel wurde mit

sechs Ebenen, d. h. mit sieben porösen SiC-Platten aufgebaut. Mit zwei frei positionierbaren

Thermoelementen wurde die Temperatur in der Mitte und am Rand der mittleren SiC-Platte überwacht.

Nach der Sinterung wurde die Opferfolie durch Bürsten unter fließendem Wasser entfernt. Diese

Reinigung wurde so lange durchgeführt, bis keine Veränderung der Oberfläche durch weiteres Bürsten

erkennbar war.

Tabelle 3-3: Brennprogramme für die druckunterstützte Sinterung der LTCC-Substrate mit

verschiedenen Opferfolien

LTCC Entbinderung Sinterung Pressdruck Abkühl-

geschwindigkeit

DP951 2 K/min bis 550 °C,

1 h Haltezeit bei 350 °C

5 K/min bis 830 °C,

20 min Haltezeit

100 kPa bis Ende

Haltezeit

-2 K/min

BAM186 2 K/min bis 500 °C 5 K/min bis 850 °C,

15 min Haltezeit

200 kPa bis Ende

Haltezeit

-5 K/min

BAM397 2 K/min bis 550 °C,

1 h Haltezeit bei 350 °C

5 K/min bis 850 °C,

30 min Haltezeit

200 kPa bis Ende

Haltezeit

-2 K/min

Page 45: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Materialien und Methoden

35

Zur Erzeugung von Oberflächen ohne Opferfolienrückstände wurden Glaskohlenstoffplatten als

Brennhilfsmittel für die druckunterstütze Sinterung verwendet. Da die Glaskohlenstoffplatten dicht sind,

kann der Gasaustausch für die thermische Entbinderung nur über die Unterseite des Substrats erfolgen.

Mithin wurde glaskohlenstoffseitig auf das Einstapeln von porösen SiC-Platten verzichtet. Ein

schematischer Aufbau eines Sinterstapels mit Glaskohlenstoffplatte ist in Abbildung 3-5 dargestellt.

Abbildung 3-6: Aufbau des Sinterstapels bei druckunterstützter Sinterung mit Glaskohlenstoff

Die Dichtheit der Glaskohlenstoffplatte erfordert eine Anpassung der Brennprogramme zur Gewähr-

leistung einer vollständigen Entbinderung. Die Ergebnisse der Untersuchungen zur Optimierung der

thermischen Entbinderung werden in den Abschnitten 4.2.2 und 4.2.3 vorgestellt und diskutiert.

Aufgrund der Sauerstoffempfindlichkeit der Glaskohlenstoffplatte bei Temperaturen über 500 °C

erfolgte die Sinterung der Substrate unter Stickstoffspülung. Hinsichtlich des Einflusses von

Sintertemperatur, Haltezeit und Pressdruck wurden zahlreiche Sinterexperimente durchgeführt. In

Tabelle 3-4 sind die Brennprogramme zusammengefasst, die zur Sinterung der in Abschnitt 4.3.3

charakterisierten Substrate angewandt wurden.

Tabelle 3-4: Brennprogramme für die druckunterstützte Sinterung von LTCC-Substraten mit Glas-

kohlenstoffplatten, Entbinderung mit 1500 l/h Pressluftspülung, Sinterung mit 1750 l/h Stickstoffspülung

LTCC Entbinderung Sinterung Pressdruck Abkühl-

geschwindigkeit

DP951 7 K/min bis 500 °C,

1 h Haltezeit

25 K/min bis 830 °C,

20 min Haltezeit

300 kPa

bis Ende Haltezeit

-2 K/min

bis 700 °C

-5 K/min

bis 500 °C

BAM186 5 K/min bis 500 °C,

1 h Haltezeit

5 K/min bis 900 °C,

10 min Haltezeit

300 kPa

bis Ende Haltezeit

-10 K/min

BAM397 5 K/min bis 500 °C,

1 h Haltezeit bei

8 K/min bis 750 °C,

5 K/min bis 850 °C,

5 min Haltezeit,

5 K/min bis 860 °C,

2 min Haltezeit

1 MPa

bis Ende Haltezeit

-10 K/min

Page 46: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Materialien und Methoden

36 BAM-Dissertationsreihe

3.8 Oberflächencharakterisierung

Die Oberflächen der druckunterstützt gesinterten LTCC-Substrate wurden elektronenmikroskopisch

untersucht und hinsichtlich ihrer Rautiefe und prozessrelevanten Oberflächenqualität für Dünnfilm-

beschichtungen charakterisiert. Für die einzelnen Untersuchungsverfahren wurden die gesinterten

70 × 70 mm² Substrate mit einem Glasschneider in kleinere Abschnitte getrennt. Dabei wurde

mindestens ein 5 mm breiter Streifen am Rand des Substrats verworfen. Um die Oberflächen für die

Abbildung im Rasterelektronenmikroskop (REM) leitfähig zu machen, wurde jeweils ein Abschnitt pro

Substrat mit Kohlenstoff bedampft. Die Abbildungen wurden an einem Zeiss Gemini Supra 40

Feldemissions-REM (Carl Zeiss AG, Oberkochen, Deutschland) mit einem In-Lens-Detektor

aufgenommen.

Von einem zweiten Abschnitt jedes Substrats wurden gemäß DIN EN ISO 4287 der arithmetische

Mittenrauwert, bzw. die mittlere Rauheit Ra, sowie die gemittelte Rautiefe Rz bestimmt. Die Messungen

wurden an einem stationären Rauheitsmessplatz des Typs Hommel-Etamic T8000 (Jenoptik AG, Jena,

Deutschland) durchgeführt. An jedem Substratabschnitt wurden vier Messstrecken aufgenommen und

daraus jeweils die Kennwerte abgeleitet. Für die Ergebnisauswertung wurden die Kennwerte eines

Substrats arithmetisch gemittelt und die Standardabweichung berechnet. Zur Bewertung der Signifikanz

von Unterschieden zwischen Probengruppen wurden softwaregestützt Varianzanalysen (ANOVA) der

Einzelmessungen durchgeführt (Origin 9.0, OriginLab Corporation, Northampton, USA).

Für eine Bewertung der Eignung einer Oberfläche für Dünnfilmprozesse ist die Betrachtung der

Rauheitskennwerte nicht ausreichend. Darum wurde mit Testbeschichtungen die prozessrelevante

Oberflächenqualität der verschiedenen Substratoberflächen untersucht. Ein Abschnitt jedes Substrats

wurde mittels Magnetron-Sputtern mit 1 µm Titan beschichtet. Ein weiterer Abschnitt jedes Substrats

wurde mit einem 50 nm dünnen Chromfilm beschichtet. Magnetron-Sputtern ist ein Plasmabe-

schichtungsverfahren, bei dem durch Beschuss mit Argon-Ionen Metallatome aus einem Target, hier

Titan oder Chrom, gesputtert werden. Die Metallatome kondensieren dann auf dem Substrat zu einer

Schicht. Die Schichtdicke ergibt sich aus der Prozesszeit und einer targetspezifischen Sputter-

geschwindigkeit. In der genutzten Sputteranlage kann eine Fläche von ca. 10 × 10 mm² homogen

beschichtet werden. In darüberhinausgehenden Bereichen sind Schwankungen der Schichtdicke

beobachtet worden. Um eine gute Homogenität der Schichten auf den Substraten zu gewährleisten,

wurden die Substrate in zwei Gruppen aufgeteilt, die die optimal beschichtbare Fläche nicht

überschreiten. Das bedeutet, es wurden zwei Durchläufe mit Ti-Target, und zwei Durchläufe mit Cr-

Target durchgeführt, um alle Substrate zu beschichten. Bei jedem Durchlauf wurde ein kommerzielles

Dünnfilm-Substrat aus Al2O3 (Rubalit 710, CeramtecAG, Plochingen, Deutschland) als Referenz

mitbeschichtet.

Zur Bewertung der Schichtqualität, und damit der prozessrelevanten Oberflächenqualität eines

Substrates, wurde der Flächenwiderstand R/ der Beschichtung gemessen. Der Flächenwiderstand einer

dünnen Schicht ist ihr spezifischer Widerstand ρ bezogen auf die Schichtdicke d (3.12). Die

physikalische Einheit des Flächenwiderstands ist wie die des elektrischen Widerstandes 1 Ω. Zur

Verdeutlichung des Unterschiedes zwischen elektrischem Widerstand und Flächenwiderstand werden

Flächenwiderstände häufig in der Einheit Ω/ angegeben. Obwohl diese Schreibweise nicht normgerecht

ist, ist sie zur unmissverständlichen Ergebnisdarstellung sehr praktikabel und wird deshalb auch in

dieser Arbeit angewendet.

R/ =ρ

d (3.12)

Die Widerstandsmessung wurde als Vier-Leiter-Messung durchgeführt. Dabei wird über zwei

Elektroden ein konstanter Strom aufgegeben und über zwei kollinear dazwischen angeordneten

Messspitzen die Spannung gemessen. Durch diese Messanordnung treten nur vernachlässigbare

Page 47: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Materialien und Methoden

37

Übergangswiderstände an der Grenzfläche Schicht/Messspitze auf. In Abbildung 3-7 ist der Messaufbau

schematisch dargestellt. Im Gegensatz zur Vier-Spitzen-Methode nach Valdes wird nicht der

Spannungsabfall zwischen den inneren Elektroden gemessen [VAL1954]. Das verwendete Messgerät,

ein Digitalmultimeter Typ Fluke 8846A (Fluke Deutschland GmbH, Glottertal, Deutschland), gibt im

Vier-Leiter-Modus direkt den elektrischen Widerstand zwischen den inneren Messspitzen aus. Dieser

Messwert muss in den Flächenwiderstand umgerechnet werden.

Abbildung 3-7: Prinzipskizze zum Aufbau der Vier-Leiter-Messung zur Bestimmung des Flächenwider-

standes

Dazu wird zunächst das Potential betrachtet, das sich in der dünnen, quasi unendlich ausgebreiteten

Schicht aufgrund des aufgeprägten Gleichstroms einstellt. Nach Smits kann das Potential φ an einem

Punkt einer solchen Schicht mit Gleichung (3.13) beschrieben werden [SMI1958]. Dabei sind r1 und r2

die Abstände des Punktes zu den Elektroden des Dipols.

φ = I R/

2π∙ln (

r1

r2) (3.13)

Für das Potential φi an einer inneren Elektrode des verwendeten Messkopfes gilt dann Gleichung (3.14).

φi=

I R/

2π∙ln (

q + p

q) (3.14)

Die Spannung zwischen den beiden inneren Elektroden entspricht der Potentialdifferenz Δφ und kann

ausgehend vom Ansatz in Gleichung (3.15) als Gleichung (3.18) geschrieben werden.

∆φ = I R/

2π[ln (

q + p

q) − ln (

q

q+p)] (3.15)

= I R/

2π[ln(q +p)-ln(q)]-[ln(q) -ln(q +p)] (3.16)

= I R/

2π[2 ln(q +p)- 2 ln(q)] (3.17)

Page 48: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Materialien und Methoden

38 BAM-Dissertationsreihe

∆φ = U = I R/

π∙ln (

q + p

q) (3.18)

Stellt man Gleichung (3.18) nach dem Flächenwiderstand um und setzt die Definition des elektrischen

Widerstandes ein (3.19), erhält man Gleichung (3.20). Dieser Zusammenhang erlaubt die Berechnung

des Flächenwiderstandes aus der Vier-Leiter-Messung des Schichtwiderstandes.

R = U

I (3.19)

R/ =𝜋

ln (𝑞 + 𝑝

𝑞 )⋅ R

(3.20)

Die Abstände der Messspitzen des verwendeten Messkopfes betrugen q = 100 µm und p = 400 µm.

Daraus ergibt sich ein Umrechnungsfaktor von 1,95 für den genutzten Messkopf. Auf den

Referenzsubstraten wurden Flächenwiderstände von 0,66 ± 0,02 Ω/ für 1 µm Ti und 6,1 ± 0,2 Ω/ für

50 nm Cr bestimmt.

Page 49: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

39

4 Ergebnisse und Diskussion

In diesem Kapitel werden zunächst die Ergebnisse der thermomechanischen Analyse und Modellierung

vorgestellt und diskutiert. Im zweiten Abschnitt folgt die Erläuterung der Ergebnisse der

Brennhilfsmittelentwicklung. Die mit den entwickelten Brennhilfsmitteln erzeugten Oberflächen werden

im dritten Abschnitt charakterisiert.

4.1 Thermomechanische Analyse und Modellierung

Ausgehend von den Ergebnissen der Modellierung der drucklosen Sinterung von LTCC-Prüfkörpern

wird in diesem Abschnitt die Berechnung der Schwindungsfehlpassung in Kombinationslaminaten

vorgestellt sowie die Untersuchung und Modellierung der druckunterstützten Sinterung erörtert.

4.1.1 Drucklose Sinterung

Bei der Erstellung einer Mastersinterkurve (MSC) ist neben den erforderlichen Schwindungsmessungen

die Aktivierungsenergie Q die entscheidende zu ermittelnde Größe. In Abschnitt 2.2.2 wird die

Bestimmung der Aktivierungsenergie erläutert. Dabei wird darauf hingewiesen, dass eine MSC nur

Gültigkeit für genau den Werkstoff mit seinen mikrostrukturellen Eigenschaften im Grünzustand hat, für

den sie erzeugt wurde. Folglich wirken sich verschiedene Formgebungsverfahren direkt auf die

resultierende MSC eines gegebenen Werkstoffs aus. Um diesen Einfluss mit Bezug zur LTCC-

Technologie zu quantifizieren, wurden vergleichend MSCs für Pulverpresslinge und Grünfolien-

Mehrlagensubstrate aus BAM397 erstellt. Dabei war zu klären, inwiefern die Unterschiede, die sich

durch veränderte Formgebung und Sinterung mit geometrischer Schwindungsbeschränkung ergeben,

tatsächlich signifikant sind.

Aufgrund der Formgebungsverfahren stellen sich bereits Unterschiede in der Gründichte ein. Das mit

60 MPa uniaxial verpresste BAM397-Pulver weist nach dem Ausbrand der Presshilfsmittel eine

geometrisch bestimmte relative Gründichte von 0,55 auf. Die BAM397-Grünfolie (siehe Abschnitt 3.2)

wurde mit 25 MPa quasi-isostatisch zu einem Mehrlagensubstrat laminiert (siehe Abschnitt 3.3) und ist

mit einer relativen Dichte von 0,51 im ausgebrannten Grünzustand vergleichsweise poröser. Von beiden

Grünkörper-Typen wurden jeweils mit 5 K/min, 8 K/min und 10 K/min die Schwindungskurven im

Horizontaldilatometer (DIL802, Bähr-Thermoanalyse GmbH, Hüllhorst Deutschland) aufgenommen

und wie in Abschnitt 3.5 beschrieben ausgewertet. Dabei wurde für die trockengepressten Prüfkörper

transversale Isotropie angenommen. Tatsächlich weisen uniaxial trockengepresste Grünkörper aufgrund

von Dichtegradienten komplexere Richtungsabhängigkeiten der Schwindung auf. Diese sind jedoch für

die zu Grunde liegende Fragestellung unwesentlich gering und deshalb in der Betrachtung

vernachlässigt. Die Ergebnisse der Bestimmung der Aktivierungsenergien, sowie die Verläufe der

angepassten Modellfunktionen im Vergleich zu den Messwerten, sind in Abbildung 4-1 dargestellt. Die

Parameter der Modellfunktionen sind in Tabelle 4-1 zusammengefasst.

Sowohl die Kurvenverläufe, als auch der Vergleich der Parameter zeigen signifikante Unterschiede

zwischen Pulverpressling und Mehrlagensubstrat. Die Aktivierungsenergie zur Sinterung des

Pulverpresslings ist 50 kJ/mol niedriger als für das Mehrlagensubstrat, wobei das Minimum nicht

deutlich ausgeprägt ist. Mohanram, Messing und Green haben ebenfalls Aktivierungsenergien an

uniaxial gepressten LTCC-Versätzen bestimmt (40 MPa) und Ergebnisse zwischen 200 kJ/mol und

350 kJ/mol erhalten [MOH2005b]. Die Ergebnisse liegen in der zu erwartenden Größenordnung.

Aufgrund der abweichenden Aktivierungsenergien von Pulverpressling und Mehrlagensubstrat liegen

die Wertebereiche für die daraus berechnete Mastervariable Θ nicht aufeinander. Der Vergleich der

center-Variablen log(Θ0) zeigt, dass die Mastervariable für den Pulverpressling wegen der geringeren

Aktivierungsenergie um rund 10³ s/K zu höheren Werten verschoben ist. Die anpassbaren Parameter s

und h unterscheiden sich ebenfalls stark.

Page 50: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

40 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 4-1 links: Bestimmung der Aktivierungsenergie zur Sinterung für BAM397 Pulverpresslinge

und Mehrlagensubstrate mit geometrischer Schwindungsbeschränkung (links),

rechts: MSCs für den quasi-isotrop schwindenden Pulverpressling und das nur in Dickenrichtung

schwindende Mehrlagensubstrat (Multilayer)

Tabelle 4-1: Parameter der MSC-Modellfunktionen für BAM397-Pulver und -Mehrlagensubstrat mit

geometrischer Schwindungsbeschränkung

Q / (kJ/mol) ρmin ρmax log(Θ0) s h S.d.q.F.

Pulverpressling 370 0,54 1,03 -17,49 2,34 -27,13 0,23

Mehrlagensubstrat 420 0,51 0,97 -20,28 0,56 -77,05 0,19

Die an die Messwerte für den Pulverpressling angepasste Modellfunktion beschreibt den Verlauf bei

relativen Dichten über 0,97 qualitativ nicht zufriedenstellend. Das starke Abflachen der Messwerte wird

von der Modellfunktion nicht abgebildet. Unabhängig davon ist bei relativen Dichten über 0,8 ein vom

erwarteten linearen Verlauf der Verdichtungskurve in diesem Bereich abweichender Kurvenverlauf

erkennbar. Die Pulverpresslinge erfahren hier offenbar eine Verformung unter der Last der Schubstange

des Dilatometers. Eine nachträgliche Analyse der Anpresskraft der Schubstange ergab eine Last auf die

Probe von mehr als 0,4 N. Bei den verwendeten Prüfkörpern mit einem Querschnitt von 25 mm² ergibt

diese einen Pressdruck von mehr als 16,5 kPa. Das gewünschte quasi-isotrope Schwindungsverhalten

wurde hier durch die Messmethode offenbar gestört. Das Mehrlagensubstrat mit geometrischer

Schwindungsbeschränkung zeigt bei diesem Pressdruck noch kein Querfließen und dadurch ungestörte

Verdichtungskurven. Aufgrund des Anpressdrucks wird die Temperatur für den Sinterbeginn anhand

dieser Messungen unterschätzt. Die maximale Schwindungsgeschwindigkeit und die finale Dichte

werden überschätzt. Dennoch zeigen die Experimente, dass LTCC-Formkörper mit geometrischer

Schwindungsbeschränkung hinsichtlich ihrer Geometrie deutlich toleranter gegenüber äußeren Lasten

sind als freie Pulverpresslinge.

Als Ergebnis dieser Vorstudie wird festgehalten, dass MSCs für BAM397 gefunden und mit der in

Gleichung 3.5 vorgestellten Anpassungsfunktion beschrieben werden können. Durch verschiedene

Formgebungsverfahren werden signifikant unterschiedliche MSCs erzeugt. Darüber hinaus sind

Messgeräte mit ungeregelter Lastaufbringung ungeeignet für die präzise Aufnahme von Schwindungs-

kurven von LTCC.

Page 51: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

41

4.1.2 Schwindungsfehlpassung bei druckloser Co-Sinterung

Die typische Anwendung einer Mastersinterkurve ist die Berechnung der relativen Dichte eines

Sinterteils für verschiedene Heizregime. Eine beschränkte Betrachtung eines einzelnen Werkstoffs, der

ungehindert schwinden kann ist für die LTCC-Technologie jedoch nicht von großem Nutzen. Reale

Bauteile werden als Werkstoffkombinationen gesintert. Der häufigste Fall ist die Co-Sinterung einer

Kombination aus dielektrischem LTCC und Metallisierungsstrukturen. Noch anspruchsvoller ist die

Kombination aus zwei keramischen Werkstoffen, z.B. einem Dielektrikum und einem Ferrit (siehe

Abschnitt 2.1). Da hierbei sowohl die Sintereigenschaften der einzelnen Werkstoffe, als auch die

Prozessgestaltung einen großen Einfluss auf das Ergebnis der Co-Sinterung haben, ist eine Modellierung

dieser Prozesse zu Zwecken des Verständnisses und der Optimierung von besonderem Interesse. Im

Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde deshalb das Potential des MSC-Modells zur Bearbeitung von

Co-Sinterproblemen untersucht.

Werkstoffe, die co-gesintert werden sollen, werden über ihre Zusammensetzung so aufeinander

eingestellt, dass die Unterschiede im Schwindungsverhalten minimal sind. Dennoch treten, besonders

bei druckloser Sinterung, Schwindungsfehlpassungen auf, die zu Spannungen im kombinierten

Mehrlagensubstrat führen. Diese können die Mikrostruktur beeinflussen oder sogar die Zerstörung des

Mehrlagensubstrats bewirken. Um den Einfluss des Heizregimes auf die Schwindungsfehlpassung in

einem Kombinationslaminat zu simulieren, wurde eine Methode entwickelt, relative Längenänderungen

für beliebige Heizregime aus Mastersinterkurven zu berechnen.

Die Mastersinterkurve ermöglicht die Berechnung der relativen Dichte zu jedem Zeitpunkt im

Heizregime. Um daraus die relative Längenänderung, bzw. die lineare Schwindung zurückzurechnen,

wird derselbe Zusammenhang genutzt, der schon zur Auswertung der Schwindungsmessungen

vorgestellt wurde. Durch Umstellen von Gleichung (3.5) erhält man Gleichung (4.1), die dann nach εz

aufgelöst werden muss.

(1+εz

k)

2

∙(1+εz)=ρ

grün

ρ∙ρrein

. (4.1)

Zur Lösung der Gleichung wird sie in der allgemeinen Form (4.2) geschrieben.

εz3+ aεz

2+ bεz+ c = 0 (4.2)

Dabei gelten die Zuordnungen (4.3) bis (4.5).

a = 1 + 2k (4.3)

b = 2k + k2 (4.4)

c = k2 −k

2∙ ρ

grün

ρ ∙ ρrein

(4.5)

Die Substitution (4.6) in Gleichung (4.2) ergibt die reduzierte kubische Gleichung (4.7).

εz = y −a

3 (4.6)

Page 52: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

42 BAM-Dissertationsreihe

y3 + (3b − a2

3) y + (

2a3

27−

3ab

3+ c) = 0 (4.7)

Die Diskriminate von Gleichung (4.7) ist positiv für den Wertebereich relevanter Dichtewerte. Das

bedeutet, es existieren eine reale und zwei komplexe Lösungen. Die reale Lösung wird mit der

Cardanischen Formel analytisch gefunden [MER2004]. Durch Rücksubstitution erhält man die relative

Längenänderung εz. Führt man diese Berechnung für zwei Werkstoffe durch, kann die

Schwindungsfehlpassung Δε mit Gleichung (4.8) berechnet werden. Dabei sind die eingesetzten

Längenänderungen bei Sinterexperimenten negativ.

∆ε =(εz,1 − εz,2)∙100% (4.8)

Bei der Auswertung der so berechneten Schwindungsfehlpassungen sollte beachtet werden, dass es sich

hierbei um einen Vergleich der freien Schwindungen der Partnerwerkstoffe handelt. In einem realen

Kombinationslaminat beeinflussen sich die Werkstoffe wechselseitig durch ihr unterschiedliches

Schwindungsverhalten. Eine derartige Wechselwirkung ist in diesem Ansatz nicht berücksichtigt.

Dennoch hat diese Methode einen deutlichen Vorteil gegenüber experimentellen Verfahren. Besonders

bei hohen Heizgeschwindigkeiten ist der Übergang von Heizen zu Halten durch die Temperaturregelung

der Öfen nicht scharf und schwer reproduzierbar. Folglich ist die vergleichende Auswertung von

experimentellen Schwindungsdaten erschwert durch die Abweichungen des tatsächlichen Heizregimes

einzelner Experimente. Die berechneten Daten lassen sich hingegen exakt gegenüberstellen.

Die vorgestellte Methode wurde anhand eines Kombinationslaminats aus BAM474 (LTCC) und

NiCuZn (Ferrit) verifiziert. Mastersinterkurven beider Werkstoffe wurden aus Schwindungskurven von

Folienlaminaten erstellt. Für eine vollständige Verdichtung war eine Haltezeit bei 900 °C notwendig.

Abbildung 4-2 zeigt die Bestimmung der Aktivierungsenergien und den Verlauf der MSCs für beide

Werkstoffe. Für den Ferrit wurde eine Aktivierungsenergie von 680 kJ/mol bestimmt. Die

Aktivierungsenergie für BAM474 beträgt 540 kJ/mol. Diese im Vergleich zu BAM397 hohen

Aktivierungsenergien erscheinen in Verbindung mit der höheren Sintertemperatur konsistent. Die MSCs

weisen nur geringe Abweichungen zu den Messwerten auf.

Abbildung 4-2 links: Bestimmung der Aktivierungsenergie für LTCC (BAM474) und Ferrit (NiCuZn)

rechts: MSCs für LTCC und Ferrit

Page 53: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

43

In Abbildung 4-3 ist links der Vergleich von berechneter und gemessener Verdichtung beider

Werkstoffe bei 1 K/min dargestellt. Die Sinterkurve der LTCC wird sehr gut von der MSC-Berechnung

wiedergegeben. Der Verlauf der berechneten Sinterkurve des Ferrits weicht im Temperaturbereich

zwischen 865 °C und 895 °C etwas von den Messwerten ab, konvergiert jedoch wieder vor Beginn der

Haltezeit. Dieser Effekt ist bei höheren Heizgeschwindigkeiten deutlich geringer. Insgesamt kann die

Verdichtung beider Werkstoffe gut mit den erzeugten MSCs simuliert werden.

Im rechten Teil von Abbildung 4-3 sind relative Längenänderungen über der Zeit gezeigt, die mit dem

vorgestellten Verfahren aus den MSCs berechnet wurden. Dabei wurde für beide Werkstoffe jeweils

derselbe Temperatur-Zeit-Datensatz verwendet. Bereits in dieser Darstellung wird der Einfluss der

Heizgeschwindigkeit auf die Schwindungsfehlpassung deutlich. Mit zunehmender Heizgeschwindigkeit

nähern sich die Kurven an, das heißt, die Schwindungsfehlpassung nimmt ab.

Abbildung 4-3 links: Vergleich berechneter und gemessener Sinterkurven für LTCC (BAM474) und

Ferrit (NiCuZn) bei 1 K/min,

rechts: aus MSC berechnete lineare Schwindungskurven von LTCC und Ferrit bei verschiedenen

Heizgeschwindigkeiten, die Ellipsen markieren den Übergang zur Haltezeit

Der Verlauf der mittels Gleichung (4.8) errechneten Schwindungsfehlpassung Δε ist im linken Teil von

Abbildung 4-4 als Funktion der der Temperatur und der Haltezeit für verschiedene Heizgeschwin-

digkeiten aufgetragen. Im Laufe der Sinterung wechselt Δε zweimal das Vorzeichen. Gemäß der

Definition in Gleichung (4.8) bedeutet ein positives Vorzeichen, dass die Schwindung der LTCC

geringer ist als die des Ferrits. Im Kombinationslaminat führt dies zu Druckspannungen in den LTCC-

Lagen und Zugspannungen im Ferrit. Die LTCC wirkt als geometrische Schwindungsbeschränkung für

den Ferrit. Bei Temperaturen über 800 °C wird Δε negativ und durchläuft ein Minimum. In dieser Phase

der Sinterung nehmen Zugspannungen in den LTCC-Lagen zu und der Ferrit wirkt als geometrische

Schwindungsbeschränkung und gerät unter Kompression. Im weiteren Verlauf kehrt sich das

Vorzeichen erneut um. Zugspannungen im Ferrit sind anzunehmen. Zum Ende der Sinterung konvergiert

Δε gegen null. Bei höheren Heizgeschwindigkeiten verschiebt sich das Minimum von Δε (Zug-

spannungsmaximum in LTCC) zu höheren Temperaturen, der Betrag verringert sich. Das Maximum von

Δε wird ab 5 K/min in die Haltezeit verschoben und ist nicht mehr von einer weiteren Erhöhung der

Heizgeschwindigkeit beeinflusst. Insgesamt lässt sich die Schwindungsfehlpassung durch eine Erhöhung

der Heizgeschwindigkeit verringern. Durch die Verschiebung des Zugspannungsmaximums in den

LTCC-Lagen zu höheren Temperaturen können die Spannungen besser relaxieren, da die Viskosität der

Glasphase der LTCC mit zunehmender Temperatur sinkt. Folglich wird die Wirkung des Ferrits als

geometrische Schwindungsbeschränkung in diesem Stadium reduziert. Dadurch ist eine bessere

Page 54: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

44 BAM-Dissertationsreihe

Verdichtung des Kombinationslaminats mit erhöhter lateraler Schwindung bei höheren Heizgeschwin-

digkeiten zu erwarten. Im rechten Teil von Abbildung 4-4 sind laterale Schwindungen von kombinierten

Mehrlagensubstraten bei verschiedenen Heizgeschwindigkeiten aufgetragen. Die beschriebene

Reduktion der Schwindungsbeschränkung wird durch die zunehmende laterale Schwindung mit zu-

nehmender Heizgeschwindigkeit bestätigt. Der Vergleich der berechneten Längenänderungen

(Abbildung 4-3) mit den gemessenen (Abbildung 4-4) zeigt, dass die tatsächlichen Schwindungen

geringer sind als berechnet. Die Ursache sind die rechnerisch nicht berücksichtigten Wechselwirkungen

der kombinierten Werkstoffe. Die Berechnungen zeigen, dass eine Schwindungsfehlpassung vorliegt,

die eine geometrische Schwindungsbeschränkung darstellt. Dadurch ist die laterale Schwindung des

realen Mehrlagensubstrats verringert.

Abbildung 4-4 links: Berechnete lineare Schwindungsfehlpassung von LTCC (BAM474) und Ferrit

(NiCuZn) bei verschiedenen Heizgeschwindigkeiten,

rechts: gemessene laterale Schwindung der kombinierten Mehrlagensubstrate in Abhängigkeit von der

Heizgeschwindigkeit

Abbildung 4-5: Mikrostrukturen der kombinierten Mehrlagensubstrate bei verschiedenen Heiz-

geschwindigkeiten, REM LEO Gemini 1530 VP

Page 55: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

45

Die erhöhte Schwindung bei höheren Heizgeschwindigkeiten ist mit einer Verringerung der Porosität im

Gefüge verbunden. Die Mikrostrukturen in Abbildung 4-5 zeigen, dass die Porosität in der LTCC-Lage

bei 10 K/min gegenüber 1 K/min sichtbar reduziert ist. Im Ferrit ist eine Veränderung der Mikrostruktur

nicht erkennbar.

Die anhand der Berechnungen zu erwartenden Effekte werden im Experiment bestätigt. Auf der

Grundlage berechneter Längenänderungen lassen sich qualitative Aussagen über die Schwindungs-

behinderung und Spannungszustände bei der Co-Sinterung von Werkstoffverbunden treffen. Schwin-

dungsberechnungen basierend auf MSC-Simulationen stellen somit eine nützliche Erweiterung des

Anwendungsgebiets des MSC-Modells dar.

4.1.3 Druckunterstützte Sinterung

In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse der thermomechanischen Analyse (TMA) von DP951

vorgestellt und die Entwicklung einer PMSS aus diesen Daten nachvollzogen. Dazu werden zunächst die

Rohdaten analysiert und der Einfluss des Messverfahrens diskutiert. Die Bestimmung und Auswahl der

Aktivierungsenergie bei druckunterstützter Sinterung wird ausführlich erörtert. Abschließend wird an

zwei Beispielen die Anwendbarkeit, bzw. Übertragbarkeit des modellierten Sinterverhaltens auf andere

Geometrien und andere Heizregime überprüft.

Eine Auswahl korrigierter Rohdaten der TMA (vgl. Abschnitt 3.5) für drei Laststufen mit jeweils drei

Heizgeschwindigkeiten ist in Abbildung 4-6 dargestellt. Die Abbildung zeigt eine breite Kurvenschar,

an der die prinzipiellen Einflüsse von Heizgeschwindigkeit und Pressdruck zu beobachten sind. Mit

zunehmender Heizgeschwindigkeit wird die Schwindung im zweiten Sinterstadium zu höheren

Temperaturen verschoben. Bei gleichen Temperaturen sind die Längenänderungen bei langsamem

Heizen entsprechend größer als bei schnellem Heizen. Zu Beginn und zum Ende der Sinterung liegen

die Kurven einer Laststufe eng beieinander. Bei gleichen Heizgeschwindigkeiten verschiebt ein höherer

Pressdruck die Schwindung zu niedrigeren Temperaturen. Vergleicht man Längenänderungen bei

gleichen Temperaturen, sind die Werte bei höherem Pressdruck erwartungsgemäß ebenfalls erhöht.

Abbildung 4-6: Relative Längenänderung von DP951 bei druckunterstützter Sinterung mit geome-

trischer Schwindungsbeschränkung für verschiedene Drücke und Heizgeschwindigkeiten, TMA 801

Page 56: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

46 BAM-Dissertationsreihe

Folgerichtig führt ein höherer Pressdruck zu höherer maximaler Schwindung, wie in Abbildung 4-7 im

Detail erkennbar ist. Bei quasi-druckloser Sinterung mit 2 kPa wird unabhängig von der Heizgeschwin-

digkeit eine lineare Schwindung von weniger als 32 % erreicht. Ein Pressdruck von 10 kPa führt zu

einer erhöhten Schwindung von 33,5 %. Bei höherem Druck, ab 25 kPa, beginnen die maximalen

Schwindungswerte um mehr als 1 % zu streuen. Für eine Heizgeschwindigkeit von 10 K/min ist keine

Erhöhung der Schwindungsgeschwindigkeit erkennbar, während bei 8 K/min die maximale Schwindung

um mehr als 1,5 % erhöht ist. Zwei Tatsachen sprechen dagegen, dass es sich hierbei um einen

Heizgeschwindigkeitseffekt handelt. Erstens liegt die maximale Schwindung für die langsamste

Heizgeschwindigkeit zwischen den beiden schnelleren Heizgeschwindigkeiten, und zweitens ist die

Reihung der Schwindungswerte bezogen auf die Heizgeschwindigkeiten bei 50 kPa genau umgekehrt.

Vielmehr ist die Streuung der maximalen Schwindungen eine Folge des Pressdrucks. Die Schwindungs-

messungen wurden im dynamischen Heizregime bis 900 °C durchgeführt. Bei diesen Temperaturen

erweicht die bleihaltige Glasphase von DP951 stark. Bei Pressdrücken über 25 kPa verformen sich die

Prüfkörper unter der Last. Dadurch ist die Streuung der Schwindungswerte erhöht. Generell sind

Messungen an DP951 mit höherem Druck bei Temperaturen über 850 °C schlechter reproduzierbar, als

bei geringerem Druck bis 25 kPa. Dieser Effekt ist bei der durchgeführten Messreihe aus zwei Gründen

besonders ausgeprägt: Wie bereits betont, zeichnet sich DP951 durch eine sehr niedrige Viskosität der

Glasphase bei hohen Temperaturen aus. Zusätzlich ist das Aspektverhältnis der Prüfkörper gegenüber

technologisch relevanten Bauteilgeometrien stark überhöht. Die Prüfkörper haben ein Höhe-zu-Breite-

Verhältnis von 1:5. Damit sind sie, bezogen auf ihre Fläche, deutlich höher als LTCC-Bauteile, die z. B.

im 4″-Nutzen gefertigt werden (Aspektverhältnis ≈ 1:100). Dieses ungünstige Aspektverhältnis erhöht

die Deformationsneigung zusätzlich.

Abbildung 4-7: Maximale Dickenschwindung der D951 TMA-Proben bei den verschiedenen Heizge-

schwindigkeiten in Abhängigkeit vom Druck

Die Deformation eines Prüfkörpers im Dilatometer ist an Änderungen im Verlauf der relativen Längen-

änderungsgeschwindigkeit (zeitliche Ableitung der relativen Längenänderung) gut identifizierbar. Das

Stauchen des Prüfkörpers durch die im Dilatometer aufgebrachte Last in der letzten Sinterphase zeigt

sich als Abflachen des Kurvenverlaufs, im ausgeprägten Fall sogar als lokales Extremum (vgl.

Abbildung 3-3).

Page 57: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

47

Abbildung 4-8 zeigt die Verläufe der relativen Längenänderungsgeschwindigkeit von DP951 bei

verschiedenen Pressdrücken und einer Heizgeschwindigkeit von 5 K/min. Ab 830 °C flachen die

Kurvenverläufe leicht ab. Dies indiziert einen geringen Anstieg der Längenänderungsgeschwindigkeit

bei dieser Temperatur, der durch eine Kriechverformung des Prüfkörpers (seitliches Wegfließen)

verursacht wird. In der dargestellten Messreihe setzt die Kriechverformung bei 10 kPa Pressdruck bei

niedrigeren Temperaturen ein, als beispielsweise bei 50 kPa. Eine klare Abhängigkeit der

Kriechtemperatur vom Druck lässt sich von diesen Daten nicht ableiten. Es ist anzunehmen, dass die

Kriechtemperatur mit zunehmendem Druck sinkt. Bei den geringen Kriechverformungen im

beobachteten Experiment ist dieser Effekt jedoch von der begrenzten Messgenauigkeit und der bereits

diskutierten Abweichungen der einzelnen Experimente überlagert. Kristallisation kann als Ursache für

die Änderung der Längenänderungsgeschwindigkeit ausgeschlossen werden. Mittels Differenz-

Thermoanalyse wurde der Beginn der Kristallisation von DP951 mit konstanter Heizgeschwindigkeit

von 5 K/min bei 886 °C nachgewiesen. Bei 10 K/min beginnt die Kristallisation erst bei 907 °C.

Abbildung 4-8: Relative Längenänderungsgeschwindigkeit von DP951 bei druckunterstützter Sinterung

mit geometrischer Schwindungsbeschränkung mit 5 K/min unter verschiedenen axialen Drücken

Der Einfluss des Pressdrucks auf die Temperatur und den Betrag der maximalen Schwindungs-

geschwindigkeit ist teilweise in Abbildung 4-8 erkennbar, eine detailliertere Auswertung ist in

Abbildung 4-9 dargestellt. Die maximale Schwindungsgeschwindigkeit nimmt mit zunehmendem Druck

leicht zu. Eine Erhöhung der Heizgeschwindigkeit von 5 K/min auf 10 K/min führt zu einer signi-

fikanten Erhöhung der maximalen Schwindungsgeschwindigkeit von weniger als 0,03 %/s auf mehr als

0,05 %/s. Dabei erhöht sich die Temperatur, bei der die maximale Schwindungsgeschwindigkeit auftritt,

mit steigender Heizgeschwindigkeit um bis zu 20 K. Bei Drücken bis 100 kPa ist keine eindeutige

Druckabhängigkeit dieser Temperatur erkennbar. Bei höherem Druck tritt die maximale Schwindungs-

geschwindigkeit bei deutlich niedrigeren Temperaturen auf.

Page 58: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

48 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 4-9 links: Maximale Schwindungsgeschwindigkeit von DP951 bei druckunterstützter

Sinterung mit geometrischer Schwindungsbeschränkung bei verschiedenen Heizgeschwindigkeiten und

axialen Drücken,

rechts: Temperaturen, bei denen die maximalen Schwindungsgeschwindigkeiten auftreten

Dieses Ergebnis ist relevant für die Implementierung einer schwindungsgeschwindigkeitsgeregelten

Sinterung im Drucksinterprozess. Im hier betrachteten Temperaturbereich unterhalb 800 °C ist eine

Regelung über den Pressdruck offensichtlich nicht sinnvoll, da die Heizgeschwindigkeit einen

signifikant größeren Einfluss auf die Schwindungsgeschwindigkeit hat. Höhere Drücke im

Megapascalbereich werden wahrscheinlich einen größeren Einfluss auf die Schwindungsgeschwin-

digkeit haben, verstärken jedoch auch die Kriechverformung der sinternden Teile. In Abbildung 4-10

sind Stauchtemperaturen (vgl. Abschnitt 3.5) für DP951 und BAM186 als Maß für den Druckeinfluss

auf die Kriechverformung aufgetragen. Das bleihaltige DP951 kriecht generell bei niedrigeren

Temperaturen als beispielsweise bleifreies BAM186. An beiden Werkstoffen ist eine Erniedrigung der

Stauchtemperatur mit steigendem Pressdruck beobachtbar. Bei einer Heizgeschwindigkeit von 5 K/min

senkt eine Druckerhöhung von 100 kPa auf 300 kPa die Stauchtemperatur von BAM186 von 930 °C auf

900 °C. Der gleiche Fall führt bei DP951 zu einer Erniedrigung der Stauchtemperatur von 900 °C auf

837 °C. Bei konstantem Druck führen schnellere Heizgeschwindigkeiten zu höheren Stauchtempe-

raturen.

Für Drücke bis einschließlich 50 kPa tritt kein ausgeprägtes Stauchen der DP951-Prüfkörper auf,

obwohl anhand der Längenänderungsgeschwindigkeit an allen diesen Proben eine geringe Kriech-

verformung beobachtet wurde. Die bedeutet nicht, dass bei Drücken unter 50 kPa nur vernachlässigbare

Kriechverformung auftritt und in jedem Fall gleich gute Sinterergebnisse erzielt werden. In

Abbildung 4-11 sind keramographische Anschliffe der Kanten entsprechender Prüfkörper dargestellt,

die zeigen, dass es in diesem Druckbereich deutliche Unterschiede in der lateralen Schwindung gibt.

Wie in Abschnitt 2.1.3 beschrieben, führt eine quasi-drucklose Sinterung mit geometrischer

Schwindungsbeschränkung (2 kPa) zu einer konkaven Wölbung der Kanten. Durch eine Beaufschlagung

mit niedrigem Pressdruck (10 kPa) während der Sinterung wird dieser Effekt reduziert. Bei höheren

Drücken (ab 50 kPa) ist eine konvexe Wölbung der Kanten durch Kriechverformung und Fließen des

Sinterteils zu beobachten. Für die untersuchte Prüfkörpergeometrie ist bei 5 K/min ein konstanter

Pressdruck von 25 kPa optimal, um die laterale Schwindung vollständig zu unterdrücken und

gleichzeitig laterale Expansion zu verhindern.

Page 59: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

49

Abbildung 4-10: Stauchtemperaturen von DP951 und BAM186 bei verschiedenen Heizgeschwindig-

keiten und Drücken

Abbildung 4-11: Kantenverformung der TMA-Proben nach druckunterstützter Sinterung mit

geometrischer Schwindungsbeschränkung bei verschiedenen Drücken mit 5 K/min, DP951,

lichtmikroskopische Aufnahmen

Page 60: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

50 BAM-Dissertationsreihe

Die Kriechverformungen ab 830 °C sind ungünstig für die Ermittlung der Aktivierungsenergie für die

Erzeugung der MSCs. Da diese Verformungen zu Abweichungen der maximalen Schwindung führen,

vergrößern sie die Summe der quadratischen Fehler der Messungen einer Probengruppe bei der

Bestimmung der Aktivierungsenergie. Im ungünstigen Fall wird dadurch das Minimum der Fehler-

summe über der Energie verschoben, so dass eine falsche Aktivierungsenergie bestimmt wird. Um

diesen Effekt zu verhindern, wurden zur Bestimmung der Aktivierungsenergien für DP951 nur Daten bis

zu einer relativen Dichte von 0,9 berücksichtigt. Der Verlauf der relativen Längenänderungs-

geschwindigkeit über der relativen Dichte in Abbildung 4-12 zeigt, dass bis zu einer relativen Dichte

von 0,9 noch keine Kriechverformung der Prüfkörper auftritt. Die Auftragung zeigt außerdem, dass bei

gleicher Heizgeschwindigkeit ein dichteabhängiger Einfluss des Pressdrucks auf die Längenänderungs-

geschwindigkeit nachweisbar ist. Bei relativen Dichten über 0,7 ist die Sintergeschwindigkeit bei

gleichen Dichten bei höherem Druck leicht erhöht.

Abbildung 4-12: Relative Längenänderungsgeschwindigkeit von DP951 in Abhängigkeit von der

relativen Dichte bei druckunterstützter Sinterung mit geometrischer Schwindungsbeschränkung

Ausgehend von den korrigierten Rohdaten der TMA wurden die Verdichtungskurven für die

verschiedenen Heizregime und Lastniveaus berechnet. Abbildung 4-13 zeigt beispielhaft die relativen

Längenänderungen und die umgerechneten Verdichtungskurven bei druckunterstützter Sinterung mit

2 kPa und verschiedenen Heizgeschwindigkeiten. Bis zu einer relativen Dichte von 0,9 ist die Verdich-

tungskurve bei höheren Heizgeschwindigkeiten zu höheren Temperaturen verschoben. Die Kurven-

verläufe für 5 K/min und 8 K/min verlaufen entsprechend diesem Trend bis zum Ende des Sinter-

experiments bei 950 °C, wobei mit 5 K/min 91,6 % relative Dichte erreicht werden und mit 8 K/min nur

90,8 %. Die 10 K/min Kurve weicht oberhalb der 0,9-Grenze vom erwarteten Verlauf ab und schneidet

die 8 K/min Kurve.

Page 61: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

51

Abbildung 4-13 links: Schwindungskurven von DP951 bei druckunterstützter Sinterung mit geo-

metrischer Schwindungsbeschränkung bei 2 kPa und verschiedenen Heizgeschwindigkeiten, TMA 801,

rechts: aus den Schwindungsdaten berechnete relative Dichte als Funktion der Temperatur

Mit den Werten bis 0,9 relative Dichte wurde eine Aktivierungsenergie von 400 kJ/mol für die quasi-

drucklose Sinterung von DP951 mit 2 kPa bestimmt (Abbildung 4-14 links). Mit dieser Energie wurde

die MSC für den gesamten Dichtebereich angepasst. Im rechten Teil von Abbildung 4-14 ist der Verlauf

der MSC im Vergleich zu den Messwerten dargestellt. Die mit Gleichung (3.9) modellierte Kurve gibt

den Messwerteverlauf sehr gut wieder, bis zu einer relativen Dichte von 0,85 sind Modell und

Experiment deckungsgleich.

Abbildung 4-14 links: Bestimmung der Aktivierungsenergie für die quasi-drucklose Sinterung (2 kPa)

von DP951 mit geometrischer Schwindungsbeschränkung

rechts: MSC von DP951 für 2 kPa mit geometrischer Schwindungsbeschränkung

Mit demselben Datensatz und der Aktivierungsenergie von 400 kJ/mol wurde der von Blaine, Park und

German vorgestellte Ansatz einer linearisierten MSC nachvollzogen (vgl. Abschnitt 2.2.2). Die

Auftragung in Abbildung 4-15 zeigt, dass die zu Grunde liegenden Gleichungen und Umrechnungen für

DP951 keinen linearen Verlauf ergeben.

Page 62: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

52 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 4-15: Auftragung einer Schwindungskurve von DP951 als linearisierte MSC mit Bestimmung

von Θref nach [BLA2009], Heizgeschwindigkeit 5 K/min

Ursächlich für die Nichtlinearität ist die Form der Sigmoidfunktion, von der der Blaine-Ansatz ausgeht.

Diese Funktion ist zur Anpassung an die Verdichtungskurven von DP951 nicht geeignet. Dieses

Ergebnis unterstreicht, wie wichtig die Auswahl einer geeigneten Anpassungsfunktion für die Erstellung

einer genauen MSC ist. Damit wird zudem die Verwendung der in Gleichung (3.9) eingeführten

Anpassungsfunktion für LTCC gerechtfertigt.

Mit der MSC in Abbildung 4-14 ist gezeigt, dass die Messmethode und das Auswerteverfahren adäquat

sind. Im nächsten Schritt soll nun die PMSS für DP951 entwickelt werden. Dazu muss zunächst erläutert

werden, welche Aktivierungsenergie für die Modellierung der Messwerte der verschiedenen Laststufen

verwendet wird. Damit die MSCs der einzelnen Laststufen in einem sinnvollen Zusammenhang

zueinander stehen, d.h. denselben Wertebereich für Θ aufweisen, sollte für alle Datensätze dieselbe

Aktivierungsenergie verwendet werden. Betrachtet man Q als echte Aktivierungsenergie für die

Sinterung, ist es folgerichtig, einen konstanten Wert einzusetzen. Bei der druckunterstützten Flüssig-

phasensinterung von LTCC sollte Q jedoch eher als anpassbarer Parameter des Modells verstanden

werden, der für die verschiedenen Probengruppen der einzelnen Laststufen durchaus unterschiedliche

Werte annehmen kann. Dies hat allerdings zur Folge, dass die MSCs der verschiedenen Laststufen

unsystematisch in unterschiedlichen Wertebereichen von Θ liegen und somit nicht zu einer PMSS

zusammengefasst werden können.

Die Annahme einer über den gesamten Lastbereich konstanten Aktivierungsenergie wäre also

erforderlich, um eine PMSS entwickeln zu können. Um zu prüfen inwiefern diese Annahme zulässig ist,

wurde der Einfluss des Pressdrucks auf die Aktivierungsenergie zur initialen Sinterung der Glasphase

untersucht. Dazu wurden die ersten 3,5 % Schwindung ausgewählter TMA-Proben klassisch nach Cutler

ausgewertet [CUT1969]. Die Auftragung ln (ΔL

L0Τ2) gegen

1

Τ, wobei T die absolute Temperatur ist, ergibt

für sinternde Gläser über einen begrenzten Temperaturbereich eine Gerade mit der Steigung (−Q

R).

Diese Methode kann auch für gefüllte Glassysteme angewendet werden. Li und Jean haben mit dieser

Auswertung zeigen können, dass die Aktivierungsenergien für die Sinterung von reinem BSG-Glas,

sowie die freie und schwindungsbeschränkte Sinterung von Al2O3-gefülltem BSG-Glas (LTCC) ähnlich

sind [LIN2002]. Daraus schlussfolgern sie, dass der dominierende Sintermechanismus – viskoses

Fließen des BSG – in allen drei Systemen gleich ist.

Page 63: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

53

In Abbildung 4-16 ist die entsprechende Auftragung für die Sinterung von DP951 bei drei verschiedenen

Laststufen und zwei Heizgeschwindigkeiten dargestellt. Die Messdaten folgen einem linearen Verlauf

und bestätigen damit die Anwendbarkeit dieser Methode auf das Materialsystem. In Tabelle 4-2 ist die

Auswertung der Steigungen zusammengefasst. Die Aktivierungsenergie für die initiale Sinterung der

DP951 Glasphase ist unabhängig von Pressdruck und Heizgeschwindigkeit und beträgt 358 ± 5 kJ/mol.

Ausgehend von diesem Ergebnis erscheint es angebracht und berechtigt, eine konstante Aktivierungs-

energie für die MSCs der verschiedenen Laststufen zu suchen.

Abbildung 4-16: Bestimmung der Aktivierungsenergie zur Sinterung von DP951 aus TMA-Rohdaten

Tabelle 4-2: Auswertung der angepassten Geraden aus Abbildung 4-16

Heizge-

schwindigkeit

/ K∙min-1

uniaxialer

Druck / kPa

Anstieg der

angepassten

Geraden

QCutler / kJ∙mol-1

QCutler / kJ∙mol-1

Mittelwert

(Standardabweichung)

5 2 -43411 361

358

(5,5)

5 25 -43873 365

5 50 -43044 359

10 2 -42063 350

Eine Bestimmung der Aktivierungsenergien mittels des MSC-Berechnungsalgorithmus ergibt jedoch

wie erwartet unterschiedliche Aktivierungsenergien für die einzelnen Laststufen. Die Vernachlässigung

der Daten bei relativen Dichten über 0,9 führt im Vergleich zum gesamten Datensatz zur Reduzierung

der Fehlersummen der einzelnen Laststufen, jedoch nicht zu einer Annäherung der verschiedenen

Aktivierungsenergien. Eine Aufstellung der Aktivierungsenergien ist in Tabelle 4-3 gezeigt.

Page 64: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

54 BAM-Dissertationsreihe

Tabelle 4-3: Aktivierungsenergien und quadratische Fehlersummen (S.d.q.F.) aus MSC-Berechnungen

Druck / kPa Q0,9 rel Dichte /

kJ∙mol-1 S.d.q.F. bei Q0,9 rel Dichte

S.d.q.F. bei

Q0,9 rel Dichte = 400 kJ∙mol-1

2 400 0,002 0,002

10 350 0,011 0,015

25 560 7 × 10-4

0,022

50 450 6,6 × 10-4

0,004

100 460 0,003 0,009

300 360 0,004 0,009

500 490 0,018 0,030

Die Werte liegen zwischen 360 kJ/mol und 560 kJ/mol. Die Fehlersummen sind im Vergleich zur

einschlägigen Literatur bei allen Lasten niedrig. Das bedeutet, dass bei einzelner Betrachtung jeder

Laststufe sehr gut angepasste MSCs erstellt werden können. Eine Zusammenfassung dieser MSCs zur

PMSS ist jedoch nicht möglich. Zur Vereinheitlichung des Θ-Wertebereichs wurde Q = 400 kJ/mol

gesetzt. Mit dieser Aktivierungsenergie sind die Fehlersummen bei allen Laststufen noch immer sehr

niedrig (Tabelle 4-3). Zudem entspricht dieser Wert der Energie der 2 kPa Messreihe, bei der Einflüsse

durch Kriechverformung am geringsten sind und liegt nahe bei den 358 kJ/mol aus der Cutler-

Auswertung.

Die deutlichste Erhöhung der Fehlersumme bei der Verwendung von Q = 400 kJ/mol gegenüber der

optimalen Aktivierungsenergie tritt bei der 25 kPa Messreihe auf, wobei die Fehlersumme mit 0,022

noch immer sehr gering ist. Die Güte der MSC mit der gesetzten Aktivierungsenergie ist in

Abbildung 4-17 veranschaulicht. Hier sind gemessene Dichten den berechneten Dichten für die drei

Heizgeschwindigkeiten gegenübergestellt. Als Heizregime wurden die realen Heizdaten der

Experimente den Berechnungen zugrunde gelegt. Die Übereinstimmung von Modell und Experiment

sind in allen drei Fällen sehr gut. Hinsichtlich der Sinterkinetik gibt es keine Abweichungen zwischen

berechnetem und gemessenem Kurvenverlauf. Die berechneten Kurvenverläufe sind bis 90 % relative

Dichte deckungsgleich mit den Messwerten. Die Abweichungen des Modells im letzten Sinterstadium

sind nicht größer als die Abweichungen einzelner Experimente untereinander.

Page 65: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

55

Abbildung 4-17: Vergleich von berechneter und gemessener Verdichtung bei 25 kPa und drei Heiz-

geschwindigkeiten

Betrachtet man die Differenzen der berechneten relativen Dichten aus den MSCs mit Q = 400 kJ/mol,

bzw. Q = 560 kJ/mol bezogen auf die Temperatur, stellt man fest, dass diese sich hauptsächlich im

zweiten Sinterstadium unterscheiden. Die Abweichungen der berechneten Dichten ist kleiner als 1 %. In

Abbildung 4-18 ist die mit Gleichung (4.9) berechnete Dichtedifferenz ∆ρMSC für drei Heizgeschwindig-

keiten über der Temperatur aufgetragen

∆ρMSC

= (ρMSC 560 kJ/mol

− ρMSC 400 kJ/mol

)∙100 % (4.9)

Die MSC mit 560 kJ/mol ergibt bei 5 K/min niedrigere Dichten als die 400 kJ/mol-MSC. Mit zu-

nehmender Heizgeschwindigkeit sind die 400 kJ/mol-Dichten betragsmäßig größer. In Anbetracht der

Präzision des Modells insgesamt, sowie der Reproduzierbarkeit der Schwindungsmessungen können die

maximalen Differenzen als gering eingeschätzt werden, besonders da sie zur Maximaltemperatur gegen

null konvergieren. In Bezug auf die Güte der MSC ist der durch die Cutler-Auswertung motivierten

Annahme einer konstanten Aktivierungsenergie nicht zu widersprechen. Eine konstante Energie von

400 kJ/mol erweist sich als geeignet, gut angepasste MSCs für alle Laststufen zu erstellen.

Page 66: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

56 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 4-18: Differenz der mit Q = 400 kJ/mol und Q = 560 kJ/mol simulierten Dichten über der

Temperatur für drei Heizgeschwindigkeiten

Die entsprechenden MSCs für alle betrachteten Laststufen sind in Abbildung 4-19 in einem Diagramm

vergleichend dargestellt. Auf die Darstellung der Kurven für 300 kPa und 500 kPa wurde aus Gründen

der Übersicht verzichtet. In der Darstellung ist der allgemeine Druckeinfluss auf die Sinterung sehr

deutlich erkennbar, da Einflüsse der Heizgeschwindigkeit nicht mit abgebildet werden. Höhere Drücke

verschieben die Verdichtung zu geringeren Werten der Mastervariablen, d.h. kürzeren Zeiten, bzw.

niedrigeren Temperaturen. Die Sinterdichte nimmt mit steigendem Druck erwartungsgemäß zu. Mit

50 kPa uniaxialem Druck kann eine vollständige Verdichtung der Prüfkörper ohne laterale Schwindung

erreicht werden, wobei bei dieser Last bereits eine konvexe Kantenwölbung durch Kriechverformung

auftritt (vgl. Abbildung 4-11).

Abbildung 4-19: MSCs für DP951 bei druckunterstützter Sinterung mit geometrischer Schwindungs-

beschränkung bei verschiedenen Drücken

Page 67: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

57

Die Parameter der Anpassungsfunktion der einzelnen MSCs (3.9) sind in Tabelle 4-4 zusammengefasst.

Zusätzlich sind die Fehlersummen der MSCs bei Anwendung auf den gesamten Dichtebereich

eingetragen. Aufgrund der Streuung der Sinterdichten in den Experimenten sind die Fehlersummen

durch Abweichungen im letzten Sinterstadium höher als in Tabelle 4-3. Im Vergleich zur Literatur (vgl.

Abbildung 2-18) sind auch diese Werte niedrig. Die Zentrumsvariable log(Θ0) ist im Prinzip konstant

über den betrachteten Lastbereich. Für s und h lassen sich keine Druckabhängigkeiten ableiten.

Tabelle 4-4: Parameter der MSC-Modellfunktionen für druckunterstützte Sinterung von DP951 mit

geometrischer Schwindungsbeschränkung bei verschiedenen Drücken

Druck ρmin ρmax log(Θ0) s h S.d.q.F.

2 kPa 0,62 0,92 -20,62 1,166 -37,6 0,01

10 kPa 0,62 0,95 -20,66 1,189 -36,1 0,03

25 kPa 0,62 0,97 -20,65 1,254 -35,0 0,05

50 kPa 0,62 1,00 -20,59 1,096 -36,1 0,04

100 kPa 0,62 1,00 -20,49 0,837 -41,5 0,01

Mit Hilfe der MSCs können nun für äquidistante Θ-Werte Dichten für alle Laststufen berechnet werden.

Wertetripel aus Druck, relativer Dichte und Mastervariable können gebildet werden. Diese Wertetripel

werden als dreidimensionaler Oberflächenplot gezeichnet um die PMSS darzustellen. In Abbildung 4-20

ist die PMSS für DP951 gezeigt. Ausgehend von der PMSS können Isolinien gleichen Drucks, bzw.

gleicher Mastervariablen betrachtet werden. Diese zweidimensionale Darstellung ist etwas

übersichtlicher und ermöglicht die Erörterung der allgemeinen Zusammenhänge von Druck,

Mastervariable und relativer Dichte. In Abbildung 4-21 sind Isolinien für konstante relative Dichten und

konstante Werte der Mastervariablen über dem Druck aufgetragen. Bei höherem Pressdruck sinkt die

zum Erreichen einer bestimmten Dichte notwendige Sintertemperatur, bzw. -dauer. Das bedeutet

natürlich auch, dass bei gleichem Sinterprofil und höherem Druck höhere relative Dichten erzielt

werden. Diese Aussagen erscheinen zunächst trivial und entsprechen den experimentellen Erfahrungen.

Durch Auswertung der Isolinien sind die Beobachtungen nun zusätzlich systematisch quantifizierbar. Es

ist beispielweise in beiden Darstellungen erkennbar, dass der Druckeinfluss generell ab 100 kPa stark

zunimmt. Die Erniedrigung der erforderlichen Sintertemperatur bzw. -dauer zum Erreichen einer

bestimmten Dichte verstärkt sich mit zunehmender Dichte, besonders deutlich oberhalb 90 % relativer

Dichte. Aufgrund der stetig abnehmenden Sintergeschwindigkeit ab 75 % relativer Dichte (vgl.

Abbildung 4-12) liegen die Θ-Isolinien mit zunehmenden Werten enger beieinander. Eine vollständige

Verdichtung wird mit 300 kPa bereits bei logΘ = -20 erzeilt, während bei 100 kPa bis logΘ = -18

gesintert werden muss. Aus diesem Vergleich wird erneut deutlich, dass bei druckunterstützter Sinterung

die Sintertemperatur mit zunehmendem Pressdruck reduziert werden kann bzw. reduziert werden sollte,

um eine Verquetschung durch Kriechverformung zu verhindern.

Page 68: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

58 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 4-20: 3 d-Darstellung der PMSS für DP951 mit geometrischer Schwindungsbeschränkung

Abbildung 4-21 links: Isolinien der PMSS für konstante relative Dichten

rechts: Isolinien der PMSS für konstante Werte der Mastervariablen Θ

Bei der Diskussion dichteabhängiger Effekte sollte beachtet werden, dass die Daten im dynamischen

Heizregime mit konstanter Heizgeschwindigkeit aufgenommen wurden. Das bedeutet, dass eine

Zunahme der Dichte, bzw. der Verlauf von Θ, immer mit einer Temperaturerhöhung verknüpft ist.

Damit geht bei DP951 auch eine Erniedrigung der Viskosität der Glasphase einher. Dieser

Zusammenhang gilt prinzipiell für alle LTCC-Systeme, solange keine Kristallisation stattfindet.

Dynamische Messungen sind aus technologischer Sicht besonders interessant, da sie die realen

Fertigungsprozesse besser abbilden als isotherme Messungen. Um den Dichteeinfluss auf die

Sinterkinetik isoliert vom Einfluss der Viskosität beschreiben zu können, ist eine Ergänzung der

vorliegenden Messreihe um isotherme Versuche bei verschiedenen Drücken und Temperaturen

empfehlenswert. Ebenso wäre eine vergleichende Untersuchung einer weniger stark erweichenden

LTCC-Zusammensetzung interessant, um eine Verallgemeinerbarkeit der beobachteten Effekte

einschätzen zu können.

Page 69: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

59

Die PMSS wurde mit dem Ziel erstellt, die Verdichtung von LTCC-Teilen bei druckunterstützter

Sinterung für verschiedene Prozessparameter vorausberechnen zu können. Die Darstellung in

Abbildung 4-20 und die Verläufe der Isolinien zeigen, dass die PMSS eine komplexe Form hat, die nicht

ohne erheblichen Aufwand modellierbar ist. Für die technologische Nutzung ist es zunächst erforderlich,

die Berechnungen auf Prozesse mit konstantem Pressdruck, d.h. die einzelnen MSCs, zu beschränken. In

Abbildung 4-22 sind beispielhaft die berechnete und die gemessene Verdichtung für zwei Sinter-

experimente mit konstantem Pressdruck gegenübergestellt. Im Beispiel (A) wurde ein Laminat mit den

Maßen 2 × 2 ×1 mm³ mit 100 kPa Pressdruck und 5 K/min konstanter Heizgeschwindigkeit mit

geometrischer Schwindungsbeschränkung gesintert. Zur Simulation der Verdichtung wurde die anhand

eines 5 × 5 ×1 mm³-Prüfkörpers entwickelte MSC aus Tabelle 4-4 verwendet. An diesem Beispiel soll

die Übertragbarkeit der MSC auf Sinterteile mit verändertem Aspektverhältnis demonstriert werden. Im

Experiment wurde eine Stauchtemperatur von 813 °C ermittelt, bei der die Auftragung der Messwerte

endet. Durch das hohe Höhe-zu-Breite-Verhältnis von 1:2 ist die Stauchtemperatur niedriger als in

Abbildung 4-10. Bei dieser Temperatur wird eine relative Dichte 92 % erreicht. Die berechnete

Verdichtung auf der Grundlage der realen Heizdaten ist bis zu 80 % relative Dichte deckungsgleich mit

den gemessenen Daten. Mit steigender Temperatur wird die Verdichtung mit dem Modell leicht

überschätzt. Die Abweichungen der berechneten relativen Dichte bei 813°C beträgt + 1,3 % und liegt

damit im Bereich der experimentellen Streuung (vgl. Abbildung 4-7). Die Übereinstimmung von Modell

und Experiment ist insgesamt gut und belegt die Übertragbarkeit der MSC auf Sinterteile mit

geändertem Aspektverhältnis.

In Beispiel (B) in Abbildung 4-22 wurde ein Heizregime mit isothermer Haltezeit bei 865 °C und

konstantem Pressdruck von 2 kPa mit der MSC aus Tabelle 4-4 mit realen Heizdaten simuliert und der

gemessenen Verdichtung gegenübergestellt. Die Prüfkörpergeometrie wurde nicht verändert. Bis zum

Beginn der Haltezeit kann das Experiment als Wiederholungsmessung verstanden werden. Die

Parameter unterscheiden sich nicht von der 5 K/min-Messung, die der MSC zugrunde liegt.

Erwartungsgemäß entspricht die Berechnung der Messung sehr genau. Im Laufe der Haltezeit wird eine

stärkere Verdichtung errechnet als experimentell auftritt. Nach 30 min wird die relative Dichte 1,2% zu

hoch berechnet. Auch dieser Fehler ist im Vergleich zur experimentellen Streuung akzeptabel. Durch

diesen Versuch wird jedoch eine grundlegende Schwäche des Modells deutlich. Die MSC berücksichtigt

den temperaturabhängigen Einfluss der Viskosität nicht. Wie bereits diskutiert, sinkt die Viskosität der

Glasphase bei konstanter Heizgeschwindigkeit und ohne Kristallisation kontinuierlich. Solange die

Temperatur stetig steigt, sinkt die Viskosität auch als Funktion der Zeit stetig. Dadurch ist jede Messung

mit konstanter Heizgeschwindigkeit von einer stetigen Viskositätsabnahme überlagert. Dieser

systematische Einfluss geht bei der Anpassung der Modellfunktion mit ein. In isothermen Phasen des

Heizregimes bleibt die Viskosität über die Zeit weitestgehend konstant. Dadurch ist die reale

Verdichtung geringer als die berechnete. Andererseits ist anzuführen, dass der hier modellierte

Werkstoff DP951 überdurchschnittlich stark erweicht und der dadurch entstehende Fehler des Modells

nach 30 min isothermer Schwindung mit 1,2 % trotzdem gering ist. Es ist anzunehmen, dass für LTCC

mit besserer Drucksintereignung, d.h. geringerer Viskositätsabnahme mit der Temperatur, nur

unwesentliche Abweichungen der Verdichtung während der Haltezeit auftreten.

Page 70: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

60 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 4-22: Vergleich zwischen modellierter und experimenteller Schwindung,

(A) druckunterstützte Sinterung mit 100 kPa, geändertes Aspektverhältnis des Prüfkörpers,

(B) druckunterstützte Sinterung mit 2 kPa und Haltezeit bei 865 °C

Zusammenfassend kann anhand der beiden Beispiele festgestellt werden, dass trotz der Einfachheit des

Modells eine Berechnung der Verdichtung mit guter Übereinstimmung mit experimentellen Daten

möglich ist. Die Sinterkinetik des ersten und zweiten Sinterstadiums ist sehr genau modellierbar. In

Bezug zu den experimentell beobachteten Unterschieden der Schwindungskurven durch Kriech-

verformung sind die Abweichungen des Modells von den Messdaten im dritten Sinterstadium

akzeptabel. Die starke Kriechneigung des Modellwerkstoffs lässt hier keine genauere Modellierung zu.

Der MSC-Ansatz hat großes Potenzial, als nützliches Planungs- und Optimierungshilfsmittel in der

LTCC-Technologie verwendet zu werden. Verglichen mit anderen Modellierungsansätzen ist der

experimentelle Aufwand zur Ermittlung der Eingangsdaten als gering zu bewerten. In dieser Arbeit

wurde gezeigt, dass zur Beschreibung verschiedener Laststufen die Bestimmung einer Aktivierungs-

energie ausreichend ist. Damit reduziert sich die Anzahl der notwendigen Messungen erheblich. Geht

man davon aus, dass die Aktivierungsenergie, die bei drei Heizgeschwindigkeiten und geringstem Druck

ermittelt wurde, zu gut angepassten MSC für alle Laststufen führt, könnte ein Werkstoffmodell für fünf

Lastniveaus mit nur sieben Messungen erzeugt werden: drei Messungen zur Bestimmung von Q und vier

weitere Messungen bei verschieden Lasten. Dazu wäre die Erarbeitung und Validierung einer Methode

zur schnellen und zuverlässigen Bestimmung der geeigneten Aktivierungsenergie lohnend.

Allgemein geben die Ergebnisse dieses Themenkomplexes Anlass zu weiterführenden Arbeiten auf dem

Gebiet der MSC-Modellierung von Drucksinterprozessen. Wie bereits angedeutet, ist eine Untersuchung

und Modellierung des isothermen Sinterverhaltens angezeigt, um einerseits die Viskositätseffekte von

den Dichteeffekten zu trennen, und andererseits um isotherme Prozessschritte genauer berechnen zu

können. Weiterhin ist die Implementierung mehrphasiger MSCs sehr sinnvoll. Dadurch sollten eine

Kombination von Prozessschritten mit unterschiedlichem Pressdruck, sowie eine genauere Beschreibung

der letzten Sinterphase möglich sein. Mit der Aussicht auf die Verfügbarkeit der notwendigen

Anlagentechnologie, d.h. Sinterpressen mit in-situ Schwindungsmessung, ist eine Überführung der hier

angewendeten und vorgeschlagenen Methoden auf Prüfkörper mit realteilnahen Abmessungen und

Proportionen geplant.

Page 71: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

61

4.2 Brennhilfsmittelentwicklung

In Kapitel 2.1 werden Verfahren zur Sinterung von LTCC ohne laterale Schwindung (zero shrinkage-

Verfahren) beschrieben. Dabei verbleibt bei der Verwendung von nicht sinternden Opferfolien ein fest

haftender Rückstand auf der LTCC-Oberfläche zurück, der die Oberflächeneigenschaften des Sinterteils

bestimmt und in der Regel in einem nachgeschalteten Prozessschritt entfernt werden muss. Die

Entwicklung von Verfahren, die eine nacharbeitsfreie Erzeugung von gewünschten Oberflächen-

strukturen und –eigenschaften im Drucksinterprozess ermöglichen, erfordert die Bereitstellung

geeigneter Brennhilfsmittel. Zur Einstellung der Oberflächenrauheit der Sinterteile wurden Al2O3-

Opferfolien mit verschiedenen Partikelgrößen entwickelt. Im folgenden Abschnitt 4.2.1 werden die

Ergebnisse vorgestellt.

Um rückstandsfreie Oberfläche beim Drucksintern zu erzeugen, muss die Opferfolie ersetzt werden. Ein

originärer Ansatz dieser Arbeit zur druckunterstützten Sinterung ohne Opferfolie ist der Einsatz von

Glaskohlenstoff als Brennhilfsmittel. Besonders kritisch bei diesem Verfahren ist die Oxidation des

Glaskohlenstoffs an Luft bei Temperaturen über 400 °C. Die Möglichkeiten, durch Prozessanpassungen

die Entbinderungstemperatur der Grünfolien unter 400 °C zu senken, und damit die erforderliche

Anwesenheit von Sauerstoff auf diesen Temperaturbereich zu begrenzen, wurden umfassend untersucht

und werden in Abschnitt 4.2.2 ausführlich erläutert. Die Ergebnisse der notwendigen Anpassungen des

Drucksinterprozesses für eine Verwendung von Glaskohlenstoff werden in Abschnitt 4.2.3 erläutert.

4.2.1 Opferfolien mit unterschiedlichen Partikelgrößenverteilungen

Um bei der Untersuchung des Einflusses der Partikelgröße der Opferfolie auf die Oberflächen-

eigenschaften gesinterter LTCC-Substrate Effekte durch stoffliche Unterschiede möglichst ausschließen

zu können, empfiehlt sich die Herstellung der verschiedenen Pulverfraktionen aus einem Rohstoff. Dazu

ist das Mahlen im Attritor ein gängiges Verfahren zur Zerkleinerung der keramischen Pulver. Die

Mahlkurve vom Al2O3-Rohstoff MR23 in Abbildung 4-23 zeigt, dass ab 6 h Mahldauer die

charakteristischen Kennwerte der Partikelgrößenverteilung (PGV) d90 und d97 durch weiteres Mahlen

nicht verringert werden. Die mittlere Partikelgröße d50 und auch der Wert für d10 sinken bei

fortgeführtem Mahlen langsam weiter. Dies führt zu einer Verbreiterung der (PGV) bei unverändertem

Grobanteil des Pulvers. Für feinere Pulver mit d97 < 1,6 µm muss ein anderer Rohstoff verwendet

werden. Als feinste Fraktion für die Opferfolienentwicklung wurde 2 h gemahlenes A16 verwendet. Die

PGV des Ausgangspulvers weist einen ausgeprägten Grobanteil auf, der sich durch zweistündiges

Mahlen effektiv reduzieren lässt. Das derart vorbehandelte Pulver ist mit d97 = 1,26 µm und d50 = 0,4 µm

feiner und enger verteilt als z.B. MR23 nach achtstündigem Mahlen.

Für die Herstellung von Opferfolien mit sukzessive abnehmenden Partikelgrößen, wurden vier

Pulverfraktionen ausgewählt. Die granulometrischen Kennwerte der Pulver sind in Tabelle 4-5

zusammengestellt. Die Bezeichnung der Pulver setzt sich aus der Rohstoffbezeichnung und der

Mahldauer zusammen. Die mittels Laserbeugung gemessenen PGVen der Pulverfraktionen sind in

Abbildung 4-24 dargestellt. Alle Pulver zeigen eine gleichmäßige, monomodale Häufigkeitsverteilung

der Partikelgrößen. Das Spektrum der betrachteten Partikelgrößen reicht von 100 nm bis 10 µm.

Alle Pulver wurden mit den in Kapitel 3.2 vorgestellten Parametern verschlickert und vergossen.

Aufgrund der Unterschiede in den spezifischen Oberflächen der Pulver ist die Wirkung der organischen

Additive, besonders des Dispergators, unterschiedlich ausgeprägt. Die Gießviskosität skaliert deutlich

mit der Partikelgröße des Pulvers (Abbildung 4-25). Je feiner das Pulver ist, desto größer ist seine

Oberfläche. Bei konstantem Volumenanteil von Dispergator im Schlicker wird die Feststoffoberfläche

des feinen Pulvers nicht so wirksam belegt, wie die kleinere Oberfläche im groben Pulver. Folglich ist

die Gießviskosität erhöht. Die Herstellung nutzbarer Folien ist mit allen ausgewählten Pulverfraktionen

möglich. Unter Anwendung der in Abschnitt 3.2 vorgestellten technologischen Parameter beträgt die

Foliendicke 85 ± 5 µm für alle Partikelgrößen.

Page 72: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

62 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 4-23: Mahlkurve von MR23 im Attritor, Partikelgrößenbestimmung mittels Laserbeugung,

Malvern Mastersizer 2000

Tabelle 4-5: Charakteristische Partikelgrößen der aufbereiteten Al2O3-Pulver für die Opferfolien-

entwicklung, Laserbeugung, Malvern Mastersizer 2000

Bezeichnung d50 / µm d90 / µm d97 / µm

MR23 0,5 h 2 3,78 4,91

MR23 2 h 1,27 2,1 2,6

MR23 5 h 0,8 1,4 1,7

A16 2 h 0,4 0,83 1,26

Abbildung 4-24: Partikelgrößenverteilungen der Pulver für die Opferfolienentwicklung, Laserbeugung,

Malvern Mastersizer 2000

Page 73: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

63

Abbildung 4-25: Gießviskositäten der Opferfolienschlicker in Abhängigkeit von der Partikelgröße,

Oszillationsmessung mit koaxialem Zylinder und Schergeschwindigkeit = 25 s-1

, Anton Paar Physica

MCR 3000

Die Entwicklung einer Opferfolie mit erhöhter Packungsdichte durch eine bimodale PGV brachte

ambivalente Ergebnisse. Mittels Laserlichtbeugung lässt sich der bimodale Charakter der Folie nicht

nachweisen. Die Mischung der A16 2h-Fraktion mit der MR23 0,5 h-Fraktion resultiert in einer breiten,

monomodalen PGV. Abbildung 4-26 zeigt die PGV der bimodalen Folie im Vergleich zu den PGVen

der Ausgangspulver vor der Mischung. Der Feinanteil der A16 2 h-Fraktion ist nicht mehr nachweisbar.

Im REM-Bild in Abbildung 4-26 ist erkennbar, dass die feinen und groben Partikel in der Mischung

Agglomerate bilden. Feine Partikel lagern sich auf den Oberflächen der groben Partikel an, so dass keine

Primärkornverteilung mehr ermittelt werden kann. Hinsichtlich der dichten Packung einer aus diesen

Partikeln erzeugten Folie ist diese Konstellation sehr ungünstig. Zur Erhöhung der Packungsdichte sollte

der Feinanteil des Pulvers in den Zwickeln zwischen den groben Partikeln angeordnet sein. Durch die

gleichmäßige Belegung der groben Partikel wirkt der Feinanteil stattdessen eher wie ein Abstandshalter

und verringert dadurch die Packungsdichte. Die beobachtete Wechselwirkung ist nicht nur auf die

dargestellten Pulver beschränkt. Der Austausch von A16 2h gegen andere feine Korundfraktionen,

Ceralox (Sasol North America Inc., USA) oder TM-DAR (Taimai Chemicals Co. Ltd., Japan), liefert

ähnliche Ergebnisse.

Die Verschlickerung von Pulvergemischen mit bimodal verteilten Partikelgrößen ohne Agglomerat-

bildung ist durch gemeinsames Dispergieren der Pulverfraktionen nicht möglich. Ein alternativer Ansatz

wäre, die Pulverfraktionen zunächst einzelnen zu dispergieren und dabei jeweils eine vollständige

Belegung der Partikeloberflächen mit Dispergator zu erreichen, um eine Agglomeratbildung bei der

Mischung der Dispersionen zu verhindern. Dazu wären Untersuchungen angezeigt, welche

Dispergatoren und Dispergatorkonzentrationen hierzu geeignet sind. Darüber hinaus müsste erarbeitet

werden, zu welchem Zeitpunkt im Prozess und in welcher Form das Einbringen der Binder-

Weichmacher-Lösung erfolgen sollte. Aufgrund des Umfangs und experimentellen Aufwands einer

solchen Studie, wurde von einer weiteren Bearbeitung der Problematik im Rahmen dieser Arbeit

abgesehen.

Page 74: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

64 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 4-26 links: Partikelgrößenverteilung der bimodalen Pulvermischung im Vergleich zu den

eingesetzten Pulvern, Laserbeugung, Malvern Mastersizer 2000,

rechts: repräsentatives Partikelagglomerat aus entbinderter bimodaler Opferfolie, REM Zeiss Supra 40,

InLens-Detektor

4.2.2 Senkung der Entbinderungstemperatur

Das Entbinderungsverhalten einer LTCC-Grünfolie wird maßgeblich von dem verwendeten Binder

bestimmt. Die Temperaturabhängigkeit des Masseverlusts ist eine Folge der stofflichen Eigenschaften

des Binders, darunter Kettenlänge und Bindungsverhältnisse. Tabelle 4-6 zeigt die relativen

Masseverluste der untersuchten LTCC-Folien. Die Volumenanteile der Binder in den Folien und die

Dichten der Binder sind ähnlich. Folglich liegen die Masseverluste im selben Bereich um 25 %.

Tabelle 4-6: Masseverluste von LTCC-Grünfolien mit verschiedenen Bindern nach thermischer

Entbinderung

Bindersystem in der Grünfolie Gesamtmasseverlust / %

Polyvinylbutyral 21,2

Polyacrylat 25,8

Polycarbonat 25,9

Zur Erhöhung der Gestaltungsfreiheit bei der Konzipierung eines Sinterprozesses hinsichtlich

Atmosphärensteuerung, z.B. bei der Verwendung von sauerstoffempfindlichen Brennhilfsmitteln, oder

der Notwendigkeit einer reduzierenden Atmosphäre bei speziellen Werkstoffen oder Metallisierungen,

wäre eine vollständige Entbinderung der Grünfolien bis 400 °C wünschenswert. Tatsächlich verbleibt

bei den verfügbaren Bindern nach einer thermischen Behandlung unter synthetischer Luft bis 400 °C

und anschließender Sinterung in inerter Atmosphäre (Stickstoff) eine Restmenge Kohlenstoff-

verbindungen in der Grünfolie. Diese führt zur Ausbildung einer Sinterblockade und zur Verfärbung der

Sinterteile. In Abbildung 4-27 sind derart verfärbte Teile und die dazugehörigen Versuchsbedingungen

beispielhaft gezeigt.

Page 75: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

65

Abbildung 4-27: Entbinderung von LTCC-Grünfolien bis 400 °C,

links: Atmosphärenbedingungen und Temperaturprogramm,

rechts: unvollständig entbinderte LTCC-Substrate mit Verfärbung (schwarzer Kern) und Sinterblockade,

LTCC BAM397

Die thermogravimetrische Analyse (TGA) ermöglicht eine genauere Beschreibung der Vorgänge beim

Ausbrand der organischen Additive. In Abbildung 4-28 ist die thermische Entbinderung von BAM397-

Grünfolien mit verschiedenen Bindern als normierter Masseverlust dargestellt. Die Masseverlustkurven

der Entbinderung der PA-Folie und der PVB-Folie lassen sich in vier Segmente einteilen. Im ersten

Segment, bis zu einem normierten Masseverlust von 40 %, liegen sie direkt aufeinander. Im zweiten

Segment, bis ca. 85 % normiertem Masseverlust, verlaufen die Kurven etwas flacher, d.h. die

Masseverlustgeschwindigkeit ist verringert. Diese Verringerung ist bei der PA-Folie stärker ausgeprägt,

so dass die Masseverlustkurve im Vergleich zur PVB-Folie in diesem Segment um ca. 40 K zu höheren

Temperaturen verschoben ist. Im jeweils dritten Segment unterscheidet sich der Kurvenverlauf von PA-

und PVB-Folie deutlich. Die Masseverlustgeschwindigkeit der PA-Folie nimmt oberhalb 80 %

normiertem Masseverlust wieder leicht zu. Bei der PVB-Folie verringert sich die Masseverlust-

geschwindigkeit noch weiter. Die Kurvenverläufe kreuzen sich. Bei kontinuierlichem Heizen mit

5 K/min ist ein normierter Masseverlust von 97 % für die PA-Folie bei 385 °C erzielbar, die PVB-Folie

muss bis 412 °C erwärmt werden. Im letzten Segment bis 100 % normiertem Masseverlust verlaufen die

Kurven wieder deckungsgleich mit deutlich verringerter Verlustgeschwindigkeit. Der phasenweise

Ablauf der Entbinderung der PA- und PVB-Folie ist eine Folge der Zusammensetzung der Binder. Beide

Binder sind 3:1 Gemische aus jeweils zwei Polyacrylaten, bzw. zwei Polyvinylbutyralen. Die jeweiligen

thermischen Eigenschaften dieser Bestandteile spiegeln sich in den Kurvenverläufen wider. Der

Masseverlust der Grünfolie mit PC-Binder weist einen weniger komplexen Verlauf auf. Mit hoher

Verlustgeschwindigkeit wird die Folie bis 270 °C bereits zu 95 % entbindert. Dann sinkt die

Verlustgeschwindigkeit abrupt und die Masseverlustkurve verläuft mit einem Anstieg entsprechend dem

vierten Segment der Verlustkurven der PA- und PVB-Folie. Obwohl der PA-Binder und besonders der

PC-Binder zu einem großen Teil unter 400 °C umgesetzt werden können, wird eine vollständige

Entbinderung nicht unterhalb 600 °C erreicht. In der Einsatzgrafik in Abbildung 4-28 ist gezeigt, wie die

Verlustkurven unabhängig vom ursprünglichen Binder deckungsgleich mit geringer Verlustgeschwin-

digkeit entlang einer scheinbaren Grenzkurve verlaufen. Es wird deutlich, dass weniger als 2 % der

Gesamtmasse der zu entbindernden Organik als Restmenge in der Folie ausreichen, um Verfärbungen

und Sinterblockaden zu verursachen.

Page 76: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

66 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 4-28:Thermische Entbinderung von LTCC-Grünfolien (BAM 397) mit verschiedenen Bindern

mit Vergrößerung der letzten 10 % Masseverlust. TGA, Heizgeschwindigkeit 5 K/min.

Für die erschwerte Entbinderung in der letzten Phase ist die Gegenwart von Feststoffoberflächen

maßgeblich. Abbildung 4-29 zeigt, wie das Vorhandensein, bzw. das Fehlen verschiedener Bestandteile

der Grünfolie die thermische Entbinderung beeinflussen. Der reine Binder (PC) und eine PC-Grünfolie

ohne anorganischen Feststoff sind bei 300 °C komplett in volatile Kohlenstoffverbindungen umgesetzt.

Wenn die Grünfolie Feststoff enthält (BAM397), erfolgt der Masseverlust bei niedrigeren

Temperaturen. Die Ursache hierfür ist eine katalytische Wirkung der oxidischen Feststoffoberfläche

(hier SiO2) auf die Zersetzung der Bindermoleküle, wie sie bereits Masia et al. beschrieben haben

[MAS1989]. Es werden jedoch nur 96 % bis 97 % der Organik mit hoher Verlustgeschwindigkeit bis

300 °C als volatile Spezies ausgetrieben. Die verbleibende Masse kann erst mit deutlich geringerer

Verlustgeschwindigkeit bei höheren Temperaturen umgesetzt werden. Durch eine Verringerung der

Heizgeschwindigkeit oder das Einbringen einer Haltezeit wird der asymptotische Verlauf des letzten

Segments der Masseverlustkurve nicht verändert.

Abbildung 4-29: Thermische Entbinderung einzelner Grünfolienkomponenten. Feststoff BAM 397,

Binder QPAC 40 (Polycarbonat), Weichmacher BBP, TGA, Heizgeschwindigkeit 5 K/min

Page 77: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

67

Abbildung 4-30 zeigt, dass bei geringeren Heizgeschwindigkeiten die Entbinderung zu niedrigeren

Temperaturen verschoben ist. Unabhängig von der Heizgeschwindigkeit laufen alle Masseverlustkurven

oberhalb 98 % mit deutlich reduzierter Verlustgeschwindigkeit entlang der scheinbaren Grenzkurve. Bei

einer isothermen Haltezeit bei 94 % normiertem Masseverlust (340 °C) werden noch 4 % umgesetzt, ein

vollständiger Masseverlust erfolgt jedoch nicht. Durch weiteres Heizen auf 400 °C wird ebenfalls keine

weitere Entbinderung erreicht. Erst oberhalb 400 °C wird der verbleibende Restkohlenstoff gemäß dem

Verlauf der scheinbaren Grenzkurve ausgetrieben.

Abbildung 4-30: Thermische Entbinderung von LTCC-Grünfolie bei verschiedenen Heizgeschwindig-

keiten. Feststoff BAM 397, Binder Polyacrylat, TGA, Haltezeit (HZ) bei 340 °C

Durch die Wahl des Bindersystems und die Gestaltung des Temperaturprogramms kann die thermische

Entbinderung nur bis maximal 98 % des gesamten Masseverlusts beeinflusst werden. Unabhängig vom

Ausgangsbinder und der Prozessführung verbleibt Restkohlenstoff in der Grünfolie, der offenbar auf den

Feststoffoberfläche gebunden ist und erst bei Temperaturen deutlich oberhalb 400 °C ausgetrieben

werden kann. Eine solche Adsorption von niedermolekularen Kohlenstoffverbindungen aus der Pyrolyse

der organischen Binder auf Feststoffoberflächen wurde für PVB und verschiedene Oxide, darunter

Al2O3, auch von Masia et al. beobachtet [MAS1989]. Yan, Cannon und Shanefield beschreiben die

Bildung von Restkohlenstoff in AlN-Folien mit PVB oder PC-Binder durch die Wechselwirkung von

volatilen Pyrolyseprodukten mit der Pulveroberfläche [YAN1993, YAN1998]. Der Effekt wird als

durch die Gasphase vermittelter Verkohlungsrückstand (gas phase mediated char) bezeichnet.

In einer vergleichenden Untersuchung von LTCC-Folie mit Quarz- und Glaspulveroberflächen und

Al2O3-Folien (Korund) mit verschiedenen Partikelgrößen, bzw. unterschiedlichen spezifischen Feststoff-

oberflächen, wurde untersucht, inwieweit Größe und Chemie der Feststoffoberfläche den Verlauf der

scheinbaren Masseverlustgrenzkurve verändern. Die spezifischen Oberflächen der verschiedenen Pulver

sind in Tabelle 4-7 zusammengefasst.

In Abbildung 4-31 ist die Entbinderung von Folien aus LTCC und Korundpulver mit etwa gleicher

spezifischer Oberfläche dargestellt. Zwei verschiedene Binder, PC und PA, werden betrachtet. Die PC-

Folien beider Feststoffe weisen den Hauptteil des Masseverlusts bei ca. 100 K geringeren Temperaturen

auf als die PA-Folien. Ab einem normierten Masseverlust von 96 % knicken die Kurvenverläufe der PC-

Folien ab und verlaufen entlang der Grenzkurven. Die Lage der jeweiligen Grenzkurve ist, wie bereits in

Abbildung 4-28 gesehen, nicht abhängig vom Binder in der Folie. Die Grenzkurve für die Korundfolien

Page 78: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

68 BAM-Dissertationsreihe

(grüne Linien in Abbildung 4-31) verläuft etwas oberhalb der Kurve für die LTCC-Folien (schwarze

Linien). Die Folien mit PA-Binder entbindern mit steilem Anstieg bis 98 % (LTCC), bzw. 99 %

(Korund). Obwohl die Partikeloberflächen der beiden Korundfolien nicht genau übereinstimmen,

verlaufen beide Masseverluste entlang derselben scheinbaren Grenzkurve. Die Oberflächenchemie des

Pulvers bestimmt also die Lage und den Verlauf der scheinbaren Grenzkurve für den Masseverlust, d.h.

die Entbinderungscharakteristik des auf der Oberfläche adsorbierten Verkohlungsrückstandes. Welcher

Massenanteil des Binders als Verkohlungsrückstand zurückbleibt, d.h. ab welchem Masseverlust der

Kurvenverlauf der Grenzkurve folgt, ist abhängig von der Zusammensetzung und dem Pyrolyse-

mechanismus des Binders.

Tabelle 4-7: Spezifische Oberfläche (BET) der Feststoffe

Pulver BAM 397 Korund Korund 1 Korund 2 Korund 3

spezifische Oberfläche / (m²/g) 7,3 7,5 1,95 3,1 10,2

Abbildung 4-31: Thermische Entbinderung von Korund- und LTCC-Grünfolien mit verschiedenen

Bindern im Vergleich, LTCC: BAM 397, TGA, Heizgeschwindigkeit 5 K/min

Der Einfluss der spezifischen Oberfläche des Feststoffs wird durch den Vergleich von Folien mit

gleichem Feststoff, gleichem Binder und identischer Schlickerrezeptur deutlich. In Abbildung 4-32 sind

die TGA-Ergebnisse für drei entsprechende Korund-Folien gezeigt. Der relative Gesamtmasseverlust

aller drei Folien beträgt 13 %. Das Pulver Korund 3 weist die größte spezifische Oberfläche auf und hat

bei einer beliebigen Temperatur, z.B. 450 °C, den größten Masseanteil an gasphasenvermitteltem

Verkohlungsrückstand gebunden. Der Masseverlust von Korund 2 mit der mittleren spezifischen

Oberfläche verläuft entsprechend zwischen den anderen beiden Kurven. Je größer die Feststoff-

oberfläche ist, desto größer ist die Masse an gasphasenvermitteltem Verkohlungsrückstand, die auf der

Oberfläche adsorbiert wird.

Page 79: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

69

Abbildung 4-32: Einfluss der spezifischen Oberfläche auf die Endphase der thermischen Entbinderung

von Korund-Grünfolien, Binder Polyacrylat, TGA, Heizgeschwindigkeit 5 K/min

Zur Validierung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus der TGA wurden Proben von drei Folien

bis 400 °C unter Luft entbindert und mittels Schmelzaufschlussverfahren auf ihren Restkohlenstoff-

gehalt untersucht. In Abbildung 4-33 sind die Ergebnisse der Restkohlenstoffanalyse den TGA-

Ergebnissen gegenübergestellt. Der prozentuale Restkohlenstoffgehalt bezieht sich auf die Gesamtmasse

der bei 400 °C entbinderten Probe, der normierte Masseverlust auf den Gesamtmasseverlust bei 600 °C.

Der Vergleich relativer Restkohlenstoffgehalte verschiedener Versätze ist unter Umständen irreführend,

da die Dichte des Feststoffs einen wesentlichen Einfluss auf die relativen Werte hat. Im Falle von LTCC

und Korund ist die Dichte des LTCC-Versatzes mit 2,95 g/cm³ deutlich geringer als die Dichte des

Korunds mit 3,96 g/cm³. Der absolute Restkohlenstoffgehalt in der LTCC-Probe ist also tatsächlich

höher als der absolute Restkohlenstoffgehalt in den Korund-Proben. Qualitativ werden die Ergebnisse

der TGA durch die Restkohlenstoffanalyse bestätigt. Das LTCC-Pulver bindet mehr Verkohlungs-

rückstand als das Korundpulver. Das grobe Korundpulver Korund 1 bindet weniger Verkohlungs-

rückstand als das feinere Pulver Korund 2, aufgrund der geringeren Oberfläche.

Abbildung 4-33: Normierter Masseverlust und Restkohlenstoffgehalt im Vergleich, TGA mit Heizge-

schwindigkeit 5 K/min, Kohlenstoffanalysator ELTRA CS-800

Page 80: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

70 BAM-Dissertationsreihe

Um die Ergebnisse der TGA mit der Restkohlenstoffanalyse durch Schmelzaufschluss besser ins

Verhältnis setzen zu können, wurde am Beispiel des feinen Korundpulvers Korund 2 der Restkohlen-

stoffgehalt aus den Rohdaten der TGA berechnet. In Abbildung 4-43 sind die Ergebnisse der beiden

Verfahren gegenübergestellt. Beide Verfahren liefern Werte in derselben Größenordnung. Der Abfall

des Kohlenstoffgehalts über der Temperatur ist sehr steil. Der berechnete Restkohlenstoffgehalt aus der

TGA bezieht sich auf einen Messwert aus dem dynamischen Heizregime der Messung. Bei der

Entbinderung der Folien für die Restkohlenstoffanalyse wurde ein Kammerofen verwendet, der eine

nicht zu vernachlässigende thermische Trägheit, besonders nach Erreichen der Maximaltemperatur von

400 °C, aufweist. Eine Umsetzung von Kohlenstoff zu Beginn der Abkühlphase, und damit eine

Abnahme des Restkohlenstoffgehalts in der Probe, ist sehr wahrscheinlich. Unter Berücksichtigung

dieses technologischen Einflusses und der Steilheit des Kurvenverlaufs kann die Übereinstimmung der

Ergebnisse der beiden Verfahren als gut eingeschätzt werden.

Abbildung 4-34: Vergleich der Restkohlenstoffgehalte von Korund 2 aus der TGA und dem Schmelzauf-

schlussverfahren

Aus den Ergebnissen kann abgeleitet werden, dass eine Senkung der für die vollständige Entbinderung

unter Luft notwendigen Temperatur unter 400 °C nicht möglich ist, da Pyrolyseprodukte des Binders

durch die Gasphase vermittelt als Verkohlungsrückstand an den Feststoffoberflächen adsorbieren.

Höhere Temperaturen als 400 °C sind zur Umsetzung des Rückstandes in volatile Spezies erforderlich.

Eine rückstandsfreie Entbinderung bis 400 °C ist durch Ausbrand der Folie in reinem Sauerstoff

möglich. Abbildung 4-35 zeigt das Ergebnis eines Entbinderungsversuchs von PC-gebundenem LTCC

unter reinem Sauerstoff und die dazugehörenden Versuchsbedingungen. Das LTCC-Substrat ist dicht

gesintert und weist keinerlei Verfärbungen auf. Entsprechend gute Ergebnisse werden auch mit PA-

gebundenen LTCC-Folie unter reinem Sauerstoff erzielt. Welcher Mechanismus genau die Entbinderung

unter reinem Sauerstoff verbessert, konnte nicht ermittelt werden. Es ist davon auszugehen, dass sowohl

der Mechanismus der Zersetzung der Bindermoleküle, als auch die Stabilität der rückstandsbildenden

Kohlenstoffspezies unter den stark oxidierenden Bedingungen in reinem Sauerstoff verändert ist.

Inwiefern die Anwendung von reinem Sauerstoff für die Entbinderung eine technologische Alternative

darstellt, muss im Einzelfall unter Kriterien der Oxidationsstabilität der anorganischen

Versatzkomponenten und ggf. vorhandener Metallisierungen bewertet werden.

Page 81: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

71

Abbildung 4-35: Entbinderung von LTCC-Grünfolie bis 400 °C unter reinem Sauerstoff,

links: Atmosphärenbedingungen und Temperaturprogramm,

rechts: vollständig entbindertes LTCC-Substrat, LTCC BAM397

4.2.3 Einsatz von Glaskohlenstoff

Glaskohlenstoff soll anstelle von nichtsinternder Opferfolie als Brennhilfsmittel im Drucksinterprozess

eingesetzt werden, um rückstandsfreie LTCC-Oberflächen herzustellen. Ziel der Entwicklung war es

zunächst besonders glatte Oberflächen für anschließende Dünnfilmbeschichtungen zu erzeugen. Dazu

wurde Glaskohlenstoff mit hoher Oberflächengüte verwendet. Ab 400°°C beginnt der Glaskohlenstoff

im Kontakt mit Sauerstoff oberflächlich zu oxidieren. Dadurch wird die Oberflächengüte einer

Glaskohlenstoffplatte beeinträchtigt. Eine vollständige Entbinderung der Grünfolien ist jedoch, wie im

Abschnitt 4.2.2 beschrieben, bis 400 °C an Luft nicht möglich. Bei druckunterstützter Sinterung ist die

thermische Entbinderung durch die aufliegenden Brennhilfsmittel zusätzlich erschwert.

Abbildung 4-36: Ergebnisse von Drucksinterexperimenten zur Ermittlung der niedrigsten Entbin-

derungstemperatur, 70 × 70 mm² BAM397-Substrate mit Opferfolien, ATV LTCC-Sinterpresse

Page 82: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

72 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 4-36 zeigt die Verfärbungen von BAM397-Testsubstraten durch Verkohlungsrückstände im

Gefüge bei Entbinderung unter Pressluft-Spülung bis 400 °C, bzw. bis 450 °C, und anschließender

Sinterung unter Stickstoffspülung. Bei Umschalten auf Stickstoffspülung ab 400 °C sind LTCC-Substrat

und untergelegte Opferfolien schwarz verfärbt. Bei Umschaltung ab 450 °C bleibt eine Graufärbung im

Testsubstrat zurück, die entsprechend dem Verlauf der Belüftungskanäle in der SiC-Waffelplatte

strukturiert zu sein scheint. Untergelegte Opferfolien weisen nach dem 450 °C-Experiment keine

Verfärbungen auf.

Zur Verwendung von Glaskohlenstoff bestehen demnach zwei Möglichkeiten zur Prozessführung.

Kompakte, robuste Grünkörper können ohne aufgelegte Glaskohlenstoffplatte und ohne Druck zunächst

bis beispielsweise 600 °C ausgebrannt und dabei vollständig entbindert werden. Anschließend wird das

ausgebrannte Teil abgekühlt und die Brennhilfsmittel werden aufgelegt. Die druckunterstützte Sinterung

kann nun mit einem angepassten Temperatur-Zeit-Druck-Profil komplett unter Stickstoffspülung

durchgeführt werden. Diese Verfahrensweise setzt voraus, dass das ausgebrannte, oder bereits leicht

angesinterte Teil, der mechanischen Belastung beim Aufsetzen der Brennhilfsmittel standhält. Für

LTCC-Module mit Kavitäten, feinen Strukturen oder besonders dünne Substrate ist dieses Verfahren

nicht geeignet. Für derartige Sinterteile ist das Entbindern und Sintern in einem zusammenhängenden

Prozess notwendig. Dazu wurde die optimale Umschalttemperatur zum Wechsel von Pressluft- auf

Stickstoffspülung zu 500 °C bestimmt. Abbildung 4-37 zeigt die Prozessbedingungen zur kombinierten

Entbinderung und druckuntertstützten Sinterung unter Stickstoffspülung für BAM397. Im Beispiel wird

mittels eines Stickstoffdurchflusses von 1750 l/h ein Restsauerstoffgehalt von weniger als 600 ppm in

der Muffel eingestellt. Der Restsauerstoff ist einerseits ausreichend, um gasphasenvermittelte

Verkohlungsrückstände aus dem Gefüge des Sinterteils zu lösen, andererseits gering genug, um die

oberflächliche Oxidation der Glaskohlenstoffplatte auf ein tolerierbares Maß zu reduzieren.

Abbildung 4-37: Prozessbedingungen zur druckunterstützten Sinterung von BAM397 mit

Glaskohlenstoff

Durch den Verschluss des Prozessgasauslasses der LTCC-Sinterpresse wird die Rückdiffusion, bzw. der

Rückstrom, von Sauerstoff aus der Umgebung in die Ofenmuffel wirkungsvoll verringert und der

Restsauerstoffgehalt kann bei gleichem Spülgasfluss auf weniger als 300 ppm reduziert werden. Eine

Verfärbung des Sinterteils tritt hierbei ebenfalls nicht auf. Die Haltbarkeit der Glaskohlenstoffplatte

wird dadurch verbessert. Eine unbenutzte Glaskohlenstoffplatte kann unter diesen Bedingungen vier- bis

Page 83: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

73

fünfmal wiederverwendet werden, bevor die Oberflächenschädigungen durch Oxidation und

Handhabung der Platte so groß werden, dass sie Spuren auf dem gesinterten Substrat hinterlassen.

Ist eine Glaskohlenstoffplatte entsprechend verschlissen, kann sie durch Polieren und Läppen

wiederaufbereitet werden. Bei größeren Platten, z. . 100 × 100 mm², ist die gleichmäßige Aufbereitung

der Oberfläche sehr anspruchsvoll. Abbildung 4-38 illustriert ein typisches Problem. Während die

Politur mit kolloidalem SiO2 in der Mitte der Plattenoberfläche noch nicht abgeschlossen ist und

Restrauheiten das Oberflächenbild prägen, ist der Rand der Platte bereits zu lange poliert und es bildet

sich ein Relief auf der Oberfläche. Die Oberflächen kleinerer Teile aus Glaskohlenstoff können mit

gängigen keramographischen Poliermethoden und Diamantsuspension als Poliermittel bis auf

Waferqualität präpariert werden (Abbildung 4-38 rechts).

Abbildung 4-38: Verschiedene Oberflächen von Glaskohlenstoffplatte nach Wiederaufbereitung,

Lichtmikroskop, bläuliche Einfärbung durch Differential-Interferenz-Kontrast

Bei der druckunterstützten Sinterung von LTCC mit Glaskohlenstoff als Brennhilfsmittel verbleiben

keine Rückstände auf den Substratoberflächen. Die Glaskohlenstoffplatte kann nach dem Brennprozess

problemlos von den Sinterteilen getrennt werden, ein Festsintern tritt nicht auf. Welche Struktur auf der

LTCC-Oberfläche ausgebildet wird, ist bei der Verwendung von Glaskohlenstoff stärker abhängig von

den Prozessparametern des Brennvorgangs, als bei der Verwendung von Opferfolien. Das Verfahren ist

sehr empfindlich gegenüber Verunreinigung, z. B. durch Berührung mit der bloßen Hand. Verunreini-

gungen der Glaskohlenstoffplatte oder der Oberfläche des Grünteils führen zu Ätzvorgängen an der

Glaskohlenstoffoberfläche während der Sinterung. Dadurch werden die Oberflächen der Glaskohlen-

stoffplatte und des Sinterteils in den verunreinigten Bereichen stark aufgeraut. Die Glaskohlenstoffplatte

muss dann vor der nächsten Verwendung poliert werden, das Sinterteil ist in der Regel Ausschuss.

Bezogen auf ihre Wirkungsweise als geometrische Schwindungsbeschränkung unterscheidet sich die

Glaskohlenstoffplatte in wesentlichen Punkten von Opferfolien. Dadurch wirken sich Veränderungen

von Parametern des Drucksinterprozesses bei der Verwendung von Glaskohlenstoff als Brennhilfsmittel

in erheblich höherem Maße auf die Ausbildung der Substratoberfläche aus, als bei der Verwendung von

Opferfolien. Neben dem erläuterten Einfluss der Atmosphärensteuerung auf Entbinderung und

Verkohlungsrückstände im Gefüge und der Empfindlichkeit gegenüber Verunreinigungen, hat bei dieser

Prozessvariante der Pressdruck einen großen Einfluss darauf, in welchem Maße die Glas-

kohlenstoffplatte als Schwindungsbeschränkung wirksam wird. Opferfolien bilden bei der Lamination

mit dem LTCC-Teil einen innigen Kontakt durch Verzahnung der Partikel an der Grenzfläche aus.

Dadurch sind die Reibkräfte an der Grenzfläche so hoch, dass eine effektive Schwindungsbehinderung

auch ohne zusätzlichen axialen Druck gewährleistet ist. Die Glaskohlenstoffplatte zeichnet sich durch

eine sehr gute Oberflächenqualität mit geringer Rauheit und schlechter Benetzbarkeit durch die LTCC-

Glasphase aus. Ohne zusätzlichen Pressdruck sind die Reibkräfte an der Grenzfläche Glaskohlen-

stoff / LTCC so gering, dass keine Schwindungsbehinderung eintritt – die LTCC-Oberfläche gleitet

Page 84: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

74 BAM-Dissertationsreihe

beim lateralen Schwinden am Glaskohlenstoff entlang. Durch axialen Pressdruck kann die Reibkraft, die

der lateralen Schwindung entgegenwirkt, erhöht werden, bis eine effektive Schwindungsbehinderung

eintritt. In diesem Fall wird der zweite wesentliche Unterschied der Glaskohlenstoffplatte zu Opferfolien

wirksam. Bei der Glaskohlenstoffplatte handelt es sich um ein starres Brennhilfsmittel. Im Gegensatz zu

Opferfolien, die Druckspannungen durch Partikelbewegung und -umordnung teilweise abbauen können,

werden an der Glaskohlenstoffoberfläche keine Spannungen relaxiert, so dass die Scherkräfte an der

Grenzfläche zum LTCC nur durch Gleiten der Oberfläche abgebaut werden können. Bei hinreichend

großen Reibkräften, hervorgerufen durch den axialen Pressdruck, wird ein Gleiten der LTCC-

Oberfläche völlig unterdrückt und die Glaskohlenstoffplatte wirkt wie ein starres Substrat. Die Sinterung

auf starren Substraten führt, wenn nicht zum Bruch, zu Porenwachstum durch Diffusion [BOR1985].

Durch diese Defektagglomeration werden die Zugspannungen zeitabhängig abgebaut. Diesen von

Bordia und Raj für keramische Schichten auf starren Substraten beschriebenen Effekt beobachtete

Ollagnier auch für die Sinterung von LTCC [OLL2008]. Gefügebilder aus Ollagniers Arbeit sind in

Abbildung 4-39 dargestellt. Gegenüber der freien Sinterung sind die Poren in einem mit Opferfolie

gesinterten LTCC-Gefüge bei verringerter Anzahl sichtbar vergrößert. Bei geometrischer

Schwindungsbehinderung durch starre Substrate ist dieser Effekt noch deutlicher ausgeprägt. Hier sind

die Poren erheblich in der Anzahl verringert und deutlich größer [OLL2008].

Abbildung 4-39: Ausbildung der Porosität in LTCC nach Sinterung mit unterschiedlicher geometrischer

Schwindungsbeschränkung,

a) freie Sinterung,

b) Schwindungsbeschränkung durch Opferfolie,

c) Schwindungsbeschränkung durch starres Substrat, REM-Bilder aus[OLL2008]

Page 85: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

75

Abbildung 4-40: Oberfläche von BAM397-LTCC mit ausgeprägtem Porenwachstum nach

druckunterstützter Sinterung mit Glaskohlenstoffplatte, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor

Die Porenstruktur in Abbildung 4-39 c) gleicht auffallend der Form und Verteilung der Oberflächen-

poren auf dem mit Glaskohlenstoffplatte druckgesinterten BAM397-Substrat in Abbildung 4-40. Mit

zunehmendem axialen Pressdruck auf die Glaskohlenstoffplatte wird die laterale Schwindung durch die

steigenden Reibkräfte verstärkt behindert. Die Grenzfläche wird im Sinne ihrer Schwindungstoleranz

immer starrer. Es kommt zur beschriebenen Spannungsrelaxation durch Defektagglomeration.

Abbildung 4-41: Oberflächen von DP951-Substraten nach druckunterstützter Sinterung mit Glaskohlen-

stoff und unterschiedlichen Pressdrücken und Haltezeiten, REM Zeiss Supra 40, SE-Detektor

Sehr deutlich wird der Zusammenhang aus oberflächlichem Porenwachstum und Höhe des Pressdrucks

in Abbildung 4-41. Die abgebildeten Substrate aus DP951 wurden mit 0,3 MPa und 10 MPa für 20 min,

bzw. 60 min bei 830 °C gesintert. Die Heizgeschwindigkeit nach der Entbinderung betrug 25 K/min. Bei

niedrigem Pressdruck wird eine geschlossene glasige Brennhaut gebildet. Dispersphasenpartikel und

vereinzelte Oberflächenporen unterbrechen die Brennhaut. Insgesamt ähnelt diese Oberfläche der

Oberfläche eines frei gesinterten Substrats. Die bei 10 MPa gesinterte Oberfläche weist eine starke

Zerklüftung durch Defektagglomeration auf. Da die Ausbildung dieser Defektstruktur durch viskoses

Fließen der Glasphase Zeit benötigt, hat auch das Temperatur-Zeit-Profil des Brennregimes einen

Page 86: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

76 BAM-Dissertationsreihe

Einfluss auf die gesinterte Oberfläche. Längere Haltezeiten, bzw. langsame Heiz- und

Kühlgeschwindigkeiten ermöglichen mehr Spannungsabbau durch Porenwachstum. Bei schnellerer

Prozessführung kann das Porenwachstum unterdrückt werden. Die nicht abgebauten Spannungen

können dann zum Bruch der erstarrten Glasphase führen. Bei hohem Druck und langen Haltezeiten

entstehen stark zerklüftete Oberflächen mit Porentiefen bis über 10 µm.

In Abbildung 4-42 ist ein weiteres stark zerklüftetes Substrat aus DP951 in der Draufsicht und im

Querschliff dargestellt. Das Substrat wurde mit 5 K/min auf 850 °C geheizt und 15 min gesintert. Der

Pressdruck betrug 0,7 MPa. Man erkennt deutlich, wie stark die LTCC-Oberfläche durch das Aufpressen

der Glaskohlenstoffplatte eingeebnet wurde, sowie eine massive Schädigung der Oberfläche durch die

Riesenporen. Der Porenraum ist durch den Formschluss der Glasphase mit der Glaskohlenstoffplatte und

das dichte Gefüge von der Prozessatmosphäre getrennt. In den Poren sind sphärische Partikel erkennbar,

die sich im SE-Kontrast – besonders in Abbildung 4-41 – durch einen helleren Grauton abheben. Zudem

ist im Querschliff gut zu beobachten, wie sich längliche Al2O3-Partikel quer zur Oberfläche, also in

Richtung der Zugspannungen, ausgerichtet haben.

Abbildung 4-42:links: Oberfläche von DP951 nach druckunterstützter Sinterung mit Glaskohlenstoff,

Sekundärelektronen-Kontrast,

rechts: Querschliff einer mit Glaskohlenstoff druckgesinterten Oberfläche von DP951, Rückstreu-

elektronen-Kontrast, JEOL Mikrosonde JXA-8900 RL

Ob und inwieweit stoffliche Veränderungen der LTCC-Glasphase durch den Kontakt mit Glaskohlen-

stoff auftreten oder durch die mechanischen Spannungen bei hohen Reibkräften ausgelöst werden,

wurde beispielhaft an DP951 mittels Elektronenstrahlmikroanalyse untersucht (Abbildung 4-43 bis

Abbildung 4-45). In den folgenden Abbildungen sind die Konzentrationen von Al, Si und Pb auf der

Oberfläche, bzw. im Gefüge als Fehlfarben kartiert. Die Fehlfarben stellen das Ergebnis der

wellenlängendispersiven Analyse (WDX-Analyse) der von der Probe emittierten charakteristischen

Röntgenstrahlung in relativen Einheiten (Rel. Einh.) als Funktion des Ortes auf der Probe dar. Dabei

steht rot für eine sehr hohe Konzentration des jeweiligen Elements an diesem Ort. Dabei liegen die

Stoffe nicht unbedingt elementar, sondern in verschiedenen Oxidationsstufen vor.

Page 87: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

77

Abbildung 4-43: Elementverteilung an der Oberfläche von frei gesintertem DP951, REM-Bild mit SE-

Kontrast, WDX-Analyse, JEOL Mikrosonde JXA-8900 RL

Abbildung 4-44: Elementverteilung an der Oberfläche von DP951 nach druckunterstützter Sinterung mit

Glaskohlenstoff, REM-Bild im SE-Kontrast, WDX-Analyse, JEOL Mikrosonde JXA-8900 RL

Page 88: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

78 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 4-45: Elementverteilung am Querschliff von DP951 nach druckunterstützter Sinterung mit

Glaskohlenstoff, REM-Bild im SE-Kontrast, WDX-Analyse, JEOL Mikrosonde JXA-8900 RL

Als Blindprobe wurde die Elementverteilung auf der Oberfläche eines frei gesinterten DP951-Substrats

kartiert (Abbildung 4-43). Im REM-Bild im SE-Kontrast oben links in Abbildung 4-43 ist die

Dispersphase in dunklem grau und die Glasphase in hellem grau dargestellt. Eine vergleichende

Betrachtung des REM-Bildes und der drei Elementkartierungen ergibt, das Si und Pb sehr gleichmäßig

in der Glasphase verteilt sind. Die Verteilungskarten von Si und Pb sind nahezu deckungsgleich. Die

Glasphase enthält wenig bis kein Al. Die Dispersphase enthält kein Si und kein Pb, dafür höchste

Konzentrationen von Al.

Die mit Glaskohlenstoff druckgesinterte Oberfläche in Abbildung 4-44 ist durch ausgeprägtes

Porenwachstum stark geschädigt. Die Dispersphase ist im REM-Bild kaum erkennbar. Dafür fallen

vereinzelte, sehr helle Bereiche an den Rändern großer Poren auf. Die Si-Verteilung in der Glasphase ist

sehr gleichmäßig. Anhand der Verteilung ist erkennbar, dass die erhabenen, glatten Oberflächenbereiche

eine geschlossene Glasschicht bilden. Die homogene Si-Verteilung wird nahezu ausschließlich durch

Poren, nicht durch Dispersphase unterbrochen. In den Porenbereichen werden hohe Al-Konzentrationen

gemessen, so dass angenommen werden kann, dass die Dispersphase auf dem Grund der Poren an der

Oberfläche vorliegt. Die auffallend hellen Bereiche können einer Anreicherung an Pb in diesen

Bereichen zugeschrieben werden. Die Pb-Verteilungskarte zeigt eine homogen verteilte Konzentration

im Bereich der Glasphase, die jedoch nicht deckungsgleich mit der Si-Verteilung ist. Dies deutet auf

eine vereinzelte Verarmung der Glasphase an Pb hin. An den markanten hellen Stellen im REM-Bild ist

die Pb-Konzentration stark erhöht. Ein modellhafter Erklärungsansatz basiert auf dem hohen

Dampfdruck von elementarem Blei, bzw. Bleioxid (PbO). Der Gewichtsanteil von PbO in DP951

beträgt ca. 9 Gew-% [BIE2010]. Daraus kann ein Stoffmengenanteil von PbO in der Glasphase von

weniger als 5 mol-% abgeschätzt werden. Nach Vogel ist demnach davon auszugehen, dass Blei in der

Oxidationsstufe Pb2+

als Netzwerkwandler im Glas wirkt [VOG1979]. Es ist vorstellbar, dass in

Anwesenheit von Kohlenstoff Pb2+

zu elementarem Pb reduziert wird. Dieses sublimiert aufgrund seines

hohen Dampfdrucks. Der Bleidampf wird bei fortschreitender Sinterung durch den Formschluss von

Page 89: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

79

Glasphase und Glaskohlenstoff in den Riesenporen eingeschlossen. Dort kondensiert er beim Abkühlen

zu den beobachteten sphärischen Bleipartikeln.

Eine entsprechende Analyse am Querschliff derselben Probe in Abbildung 4-45 zeigt, dass es sich bei

diesem Phänomen nur um einen oberflächlichen Effekt handelt, der im Gefüge nicht beobachtet wird.

Die Pb-Verteilung im Gefüge ist homogen ohne Konzentrationsspitzen und deckungsgleich mit der Si-

Verteilung. Die Al-Verteilung beschreibt die Verteilung der Dispersphase im Gefüge. Die REM-Bilder

des Anschliffs der Oberfläche (Abbildung 4-45 und Abbildung 4-42 rechts) belegen, dass die erhabenen,

stark geglätteten Bereiche nicht von Partikeln der Dispersphase unterbrochen werden, die Porengründe

hingegen Partikel an der Oberfläche aufweisen. Da die Pb-Konzentrationsspitzen ein Nebeneffekt der

Oberflächenschädigung zu sein scheinen – bei weniger stark gestörten Oberflächen werden sie nicht

beobachtet – und die geschädigten Oberflächen durch die Prozessgestaltung zu vermeiden sind, wurde

der Effekt nicht weiter untersucht.

Zur Erzeugung einer hohen Oberflächenqualität durch druckunterstütze Sinterung mit Glaskohlenstoff

als Brennhilfsmittel müssen die Prozessparameter für einen gegebenen LTCC-Werkstoff hinsichtlich

folgender Kriterien eingestellt werden: Der Pressdruck muss in Kombination mit der Sintertemperatur

hoch genug und die Haltezeit lang genug sein, um trotz lateral unterdrückter Schwindung ein dichtes

Gefüge zu erzeugen. Hinsichtlich einer guten Oberflächenqualität sollte der Pressdruck entweder so

niedrig wie möglich gewählt werden, um einer Spannungsrelaxation durch Defektagglomeration

vorzubeugen, oder gerade so hoch eingestellt werden, dass der glättende Effekt durch Einebnung der

Oberfläche den schädigenden Effekt des Porenwachstums kompensiert. Sintertemperatur und Haltezeit

müssen entsprechend angepasst werden. Abhängig von den Sintereigenschaften des LTCC-Werkstoffs

können sich diese Kriterien gegenseitig ausschließen. In einem solchen Fall müssen entweder

Kompromisse bezüglich des Gefüges oder der Oberflächenqualität eingegangen werden.

Ein besonders wirkungsvoller Kompromiss bei der Sinterung von DP951 mit Glaskohlenstoff als

Brennhilfsmittel ist in Abbildung 4-46 veranschaulicht. Die Herstellung eines ebenen Substrats ohne

laterale Schwindung mit den Oberflächeneigenschaften eines frei gesinterten Substrats durch bloße

einseitige Lamination von Opferfolie ist nicht möglich. Im oberen Teil der Abbildung ist der als edge

curl bezeichnete Effekt erkennbar. An den Kanten des asymmetrisch aufgebauten Substrats löst sich die

LTCC-Folie von der Opferfolie. Dadurch wird in diesem Bereich auch laterale Schwindung möglich.

Entsprechend ist die Dickenschwindung an dieser Stelle gegenüber kantenfernen Bereichen reduziert.

Das gesinterte Substrat ist an den Kanten nach oben aufgeworfen und verdickt. Durch Auflegen einer

Glaskohlenstoffplatte kann der edge curl-Effekt schon bei geringem Druck – im Beispiel 4,5 kPa –

wirksam unterdrückt werden. Die Oberflächeneigenschaften des Substrats entsprechen denen eines frei

gesinterten Substrats. In der Abbildung ist deutlich erkennbar, dass das Gefüge nur vereinzelt

geschlossene Poren aufweist und keinerlei Deformation der Kanten auftritt. Die notwendigen geringen

Drücke können bei hinreichend kleinen Substraten durch Beschweren der Kohlenstoffplatte mit

statischen Massen erzeugt werden. Für ein 50 × 50 mm² Substrat werden 1,15 kg zur Erzeugung von

4,5 kPa benötigt. Ein entsprechender Aufbau wäre sogar zur Sinterung im Tunnelofen geeignet. In

diesem Beispiel wird die Sinterung von DP951-Einzelfolien betrachtet. Um bei dickeren, mehrlagigen

Substraten eine ebenso deformationsfreie Kante zu erhalten sind müssten entsprechend höhere Drücke

eingestellt werden.

Page 90: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

80 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 4-46 oben: Schwindungsdeformation von DP951-Einzelfolien nach druckloser Sinterung mit

geometrischer Schwindungsbeschränkung durch Opferfolie auf der Unterseite

unten: Schwindungsdeformation von DP951-Einzelfolien nach druckunterstützter Sinterung mit Opfer-

folie auf der Unterseite und aufgelegter Glaskohlenstoffplatte (unten)

4.3 Oberflächencharakterisierung

In diesem Kapitel werden die Oberflächeneigenschaften von LTCC-Substraten präsentiert und

diskutiert, die durch druckunterstütztes Sintern mit verschiedenen Brennhilfsmitteln erzielbar sind. Die

Ergebnisse der Untersuchungen von Struktur, Rautiefe und prozessrelevanter Oberflächenqualitäten der

verschiedenen LTCC-Werkstoffe werden zunächst nach den unterschiedlichen Brennhilfsmitteln

geordnet vorgestellt. Anschließend werden die verschiedenen Ansätze vergleichend diskutiert.

Bevor jedoch auf die Eigenschaften druckgesinterter Oberflächen eingegangen wird, betrachten wir

zunächst die Oberflächenmerkmale von frei gesinterten LTCC-Substraten und des Referenzsubstrats. In

Abbildung 4-47 sind die Oberflächen vergleichend dargestellt. Die LTCC-Werkstoffe weisen

oberflächlich eine glasige Brennhaut auf, die von kristallinen Partikeln durchstoßen wird. Das

Rubalit 710-Substrat zeigt eine von Korngrenzen geprägte Oberflächenstruktur, wie sie für Al2O3

charakteristisch ist. Die aus dieser Oberflächenstruktur resultierenden Rautiefen und Dünnfilm-

beschichtbarkeiten sind in Tabelle 4-8 zusammengefasst.

Abbildung 4-47: Übersichtsaufnahmen von Oberflächen frei gesinterter LTCC-Substrate und des

Referenzsubstrats Rubalit 710, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor

Page 91: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

81

Tabelle 4-8: Oberflächeneigenschaften von frei gesinterten LTCC-Substraten und dem Referenzsubstrat

Rubalit 710, Standardabweichungen in Klammern

Substrat Rautiefe Rz / µm mittlere Rauheit Ra / µm Flächenwiderstand R/ / Ω/

*

50 nm Cr

DP951 2,52 0,31 2,6 (0,30)

BAM397 1,46 0,16 3,7 (0,1)

Rubalit 710 0,74 0,09 6,1 (0,2)

* Flächenwiderstände von Dünnfilmen, Vier-Leiter-Messung

Die Rautiefen der LTCCs liegen im typischen Bereich. Das hier untersuchte DP951-Substrat weist

höhere Rauheitskennwerte auf als das BAM397-Substrat. Diese Reihung ließe sich durch Anpassung der

Brennprogramme beeinflussen. Das BAM397-Substrat wurde bewusst bei etwas höherer Temperatur

und verlängerter Haltezeit gesintert als für die vollständige Verdichtung erforderlich ist, um die

Ausbildung einer möglichst glatten Brennhaut zu fördern. Das DP951-Substrat wurde gemäß den

Herstellervorgaben mit einem Brennprogramm gesintert, dass einem Durchlaufofenprozess

nachempfunden ist und eher für hohen Durchsatz als für optimale Oberflächenqualität konzipiert ist.

Durch entsprechende Erhöhung der Sintertemperatur und Verlängerung der Haltezeit ist eine Senkung

der Kennwerte für DP951 zu erwarten. Rubalit 710 ist ein Standardsubstrat für Dünnfilmprozesse und

zeichnet sich durch seine hohe Oberflächengüte aus. Dementsprechend niedrig sind die

Rauheitskennwerte des Referenzsubstrats.Der Flächenwiderstand der 50 nm dünnen Cr-Schicht ist auf

beiden LTCC-Substraten geringer als der Flächenwiderstand auf dem Referenzsubstrat. Die glasige

Brennhaut der LTCC-Oberflächen erlaubt eine homogenere Schichtbildung als die durch Korngrenzen

unterbrochene Rubalit 710-Oberfläche. Die Haftfestigkeit der Dünnfilme auf den LTCC-Substraten ist

jedoch geringer als auf dem Referenzsubstrat. Mehrschrittige Beschichtungsprozesse, z. B. die

Strukturierung von amorphen Kohlenstoffschichten mittels Lift-Off-Verfahren, führen mitunter zur

teilweisen Ablösung der Dünnfilme von den glasigen LTCC-Oberflächen.

4.3.1 Opferfolien mit unterschiedlichen Partikelgrößenverteilungen

Die Verwendung von Al2O3-Opferfolien als geometrische Schwindungsbeschränkung resultiert nach

druckunterstützter Sinterung und nassem Bürsten der gesinterten Substrate in festhaftenden

Oberflächenrückständen auf allen untersuchten LTCC-Werkstoffen. In Abbildung 4-48 sind

Übersichtsaufnahmen der LTCC-Substrate dargestellt, die mit der gröbsten Opferfolie MR23 0,5 h

druckgesintert wurden. Auf allen drei Werkstoffen haftet eine geschlossene Schicht aus Al2O3-Partikeln.

Unterschiede in den Schichten sind nicht erkennbar. Der darunterliegende Werkstoff ist vollständig von

den Opferfolienrückständen bedeckt. In den Detailaufnahmen in Abbildung 4-49 wird deutlich, dass die

Substrate aufgrund ihrer Oberflächenstruktur nicht mehr zu unterscheiden sind. An den Rückständen ist

die Partikelgrößenverteilung der Opferfolie gut nachvollziehbar. Von Partikel unter 1 µm bis zu großen

Partikeln mit mehreren Mikrometern Durchmesser ist das Primärkorn klar zu erkennen.

Die Rückstandsschichten der feinsten Opferfolie A16 2h auf den verschiedenen Substraten zeigen

hingegen Unterschiede. Bereits in den Übersichtsaufnahmen in Abbildung 4-50 ist zu beobachten, dass

die Rückstandsschicht auf DP951 unregelmäßig verteilte Fehlstellen von mehreren Mikrometern

aufweist. Auch auf BAM397 ist die Rückstandsschicht nicht vollständig geschlossen. Die Größe der

Fehlstellen ist gegenüber den Rückständen auf DP951 geringer. Auf dem BAM186 ist die Rückstands-

schicht frei von Fehlstellen. Im Gegensatz zu den anderen Substraten können auf BAM186 dichte

Partikelagglomerate gefunden werden. Diese erscheinen in den Übersichtsaufnahmen als dunkle Punkte.

Page 92: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

82 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 4-48: Übersichtsaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate, Opferfolie

MR23 0,5 h, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor

Abbildung 4-49: Detailaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate, Opferfolie MR23

0,5 h, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor

Abbildung 4-50:Übersichtsaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate, Opferfolie

A16 2h, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor

In den Detailaufnahmen in Abbildung 4-51 sind diese Agglomerate auf dem BAM186 Substrat deutlich

sichtbar. Die Bereiche zwischen den Agglomeraten scheinen gleichmäßig und geschlossen zu sein. Das

Primärkorn der Opferfolie ist hier erkennbar. Auf dem DP951-Substrat ist die Rückstandsschicht

zwischen den Fehlstellen bei erkennbarem Primärkorn ebenfalls geschlossen. An den Fehlstellen liegt

die LTCC-Oberfläche frei. Deren Struktur an diesen Stellen unterscheidet sich von der frei gesinterten

Oberfläche. Auf dem druckgesinterten Substrat sind deutlich abgegrenzte Partikel von mehreren

Page 93: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

83

Mikrometern Größe sichtbar. Die glasige Brennhaut von DP951 ist hier nicht ausgebildet. An den

Rändern der Fehlstellen wird deutlich, dass die Rückstandsschicht nur ein bis zwei Partikellagen dick

ist. Besonders deutlich ist die Dicke der Rückstandsschicht auf dem BAM397-Substrat sichtbar. Die

Partikel der A16 2h-Opferfolie hinterlassen auf diesem Werkstoff keine dichte Schicht, sondern stecken

mit variierenden Abständen in der glasigen Brennhaut der LTCC. Der Rückstand kann als

diskontinuierliche Monolage aus Opferfolienpartikeln beschrieben werden.

Abbildung 4-51: Detailaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate, Opferfolie

A16 2 h, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor

Abbildung 4-52: Übersichtsaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate, Opferfolie

bimodal, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor

Die Opferfolie aus der Mischung zweier Pulverfraktionen (bimodale Opferfolie) hinterlässt eine

Rückstandsschicht, die in der Übersicht auf allen drei LTCC-Substraten gleich aussieht

(Abbildung 4-52). Die LTCCs sind mit einer geschlossenen Schicht aus kleinen Partikeln bedeckt, in der

die groben Partikel der MR23 0,5 h-Fraktion vereinzelt und markant vorliegen. Interessanterweise sind

keine Agglomerate in den Detailaufnahmen in Abbildung 4-53 erkennbar. Die großen Partikel sind

nicht, wie in Abbildung Abbildung 4-26 (Seite 64) beobachtet, oberflächlich mit Partikeln der feinen

Fraktion belegt. Es ist anzunehmen, dass die bei der granulometrischen Untersuchung beobachteten

Agglomerate bei der Aufbereitung des Foliengießschlickers in der Kugelmühle aufgelöst wurden und

die Primärpartikel im Schlicker erfolgreich redispergiert werden konnten. Die in der raster-

elektronenmikroskopischen Analyse an ausgebranntem Pulver beobachteten Agglomerate haben sich

demnach nach dem Ausbrand der Folienprobe beim Handhaben des Pulvers neu formiert. An der

Grenzfläche zu LTCC-Substraten sind hingegen die deagglomerierten Primärpartikel gebunden und

nachweisbar. Die Schicht aus feinen Partikeln ist auf dem DP951 und dem BAM397-Substrat vereinzelt

Page 94: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

84 BAM-Dissertationsreihe

unterbrochen und die LTCC-Oberfläche ist erkennbar. Auf dem BAM186-Substrat sind keine

Fehlstellen in der Schicht zu beobachten. Die deutlichen Unterschiede in der Schichtausbildung auf den

verschiedenen LTCCs und die Agglomeratbildung auf BAM186, die bei reiner A16 2h-Opferfolie

auftreten, sind in den REM-Aufnahmen in Abbildung 4-53 nicht feststellbar.

Abbildung 4-53: Detailaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate, Opferfolie

bimodal, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor

Die Rauheitskennwerte der Opferfolien sind in Abbildung 4-54 als Funktion der Partikelgröße der

Opferfolie dargestellt. Die bimodale Opferfolie ist in dieser Darstellung nicht berücksichtigt, da eine

Einreihung der Partikelgröße nicht eindeutig möglich ist. Die gemittelte Rautiefe und die mittlere

Rauheit der Oberflächen steigen stetig mit zunehmender Partikelgröße der verwendeten Opferfolie. Die

Rautiefe liegt knapp eine Größenordnung über der mittleren Rauheit. Die Varianzanalyse (ANOVA) der

Rautiefen ergibt keinen signifikanten Unterschied der Mittelwerte der verschiedenen Substrate für

gleiche Opferfolien. Bei den groben Opferfolien ergibt die ANOVA der mittleren Rauheiten einen

signifikanten Unterschied zwischen BAM397 und BAM186 mit MR23 2 h, sowie eine signifikant

höhere mittlere Rauheit von DP951 gegenüber den anderen beiden Substraten mit MR23 0,5 h-

Opferfolie. Die gemittelten Rautiefe von BAM186 mit A16 2h-Opferfolie scheint als einzige von dem

stetigen Verlauf der Rautiefen abzuweichen. Auffällig ist auch die deutlich höhere Standardabweichung

dieses Kennwertes im Vergleich zu den anderen BAM186-Substraten.

Abbildung 4-54: Rautiefe und mittlere Rauheit verschiedener LTCC-Substrate nach druckunterstützter

Sinterung mit Al2O3-Opferfolien verschiedener Partikelgrößen, taktile Messung, Hommel-Etamic T8000

Page 95: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

85

Die Analyse der einzelnen Messstrecken, aus denen die Rauheitskennwerte abgeleitet wurden, zeigt,

dass die markanten Agglomerate auf dem A16 2h –Substrat die Ursache für die Standardabweichung der

Rautiefe, und damit den erhöhten Mittelwert sind. Von den vier ausgewerteten Messstrecken, ergeben

zwei ein Rz < 1,5 µm. Diese Werte liegen dicht bei den Werten für DP951 und BAM397 und passen

sehr gut in den stetigen Kurvenverlauf. Die zugrundeliegenden Messtrecken erfassen jedoch keine

Agglomerate. Zwei weitere Messstrecken weisen deutliche Maxima in der Profilhöhe auf, die durch

Überfahren von Agglomeraten mit der Tastspitze des Messgeräts entstehen. In der Folge sind die

Rautiefen aus diesen Messungen deutlich höher. Abbildung 4-55 zeigt beispielhaft eine Messstrecke mit

markanten Maxima (oben) und eine Messtrecke, die kein Agglomerat erfasst hat (unten). Die mittlere

Rauheit wird von diesen scharfen Maxima nur geringfügig erhöht.

Abbildung 4-55: Messstrecken zur Bestimmung der Rauheitskennwerte auf BAM186 mit A16 2 h-

Opferfolie mit resultierenden Kennwerten, Hommel-Etamic T8000

oben: Messtrecke erfasst Agglomerate auf der Oberfäche,

unten: Messtrecke ohne Agglomerate, taktile Messung,

Eine derartige Agglomeratbildung wurde nur auf BAM186 mit A16 2 h-Opferfolie beobachtet. Diese

Opferfolie unterscheidet sich von den anderen hinsichtlich des verwendeten Rohstoffes. Die MR23

Opferfolien (Martinswerk) und die A16 Opferfolie (Almatis) bestehen beide aus Al2O3 der Reinheit

99,8 %. Beide Rohstoffe wurden vor dem Foliengießen mit demselben Verfahren gemahlen.

Unterschiede in der Reaktivität der Pulver durch unterschiedliche Oberflächenladungen o. Ä. sind nicht

bekannt, können jedoch nicht ausgeschlossen werden. Der Substratwerkstoff BAM186 unterscheidet

sich besonders durch die Reaktivität seiner Glasphase von den beiden anderen untersuchten LTCCs. Die

BAM186-Glasphase enthält mit einem Massenanteil von 0,3 Ma.-% nur eine sehr geringe Menge Al2O3

und neigt als einzige untersuchte Glasphase nicht zur Rekristallisation. Es ist davon auszugehen, dass

die Kombination der Glasphaseneigenschaften von BAM186, insbesondere die Löslichkeit von Al2O3,

und der Oberflächeneigenschaften der A16-Partikel das Fließverhalten der Glasphase dahingehend

beeinflussen, dass in Bereichen niedriger Packungsdichte der Partikel in der A16-Opferfolie ein tieferes

Eindringen der Glasphase erfolgt, als bei DP951 und BAM397. Nach dem Erstarren der Glasphase beim

Abkühlen bilden diese tief infiltrierten Bereiche als feste Agglomerate in der Opferfolie. Durch

Abbürsten der losen Partikel von der gesinterten Substratoberfläche können sie nicht abgelöst werden

und verbleiben als vereinzelte Erhebungen auf der Oberfläche. Abgesehen von diesem unerwarteten

Effekt bei einer Substrat/Opferfolie-Paarung, kann zusammenfassend festgestellt werden, dass durch die

Page 96: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

86 BAM-Dissertationsreihe

Verwendung von Opferfolien mit verschiedenen Partikelgrößen die Struktur und Oberflächenrauheit von

druckgesinterten LTCC-Substraten wesentlich beeinflusst werden kann. Dabei ist eine Reduzierung der

mittleren Rauheit bis auf 100 nm durch die Verwendung feinkörniger Opferfolie mit Partikelgröße

d50 = 0,4 µm und d90 = 0,83 µm möglich. Opferfolien mit größeren Partikeln mit d90 = 3,78 µm erzeugen

Rautiefen über 2,5 µm. Die verschiedenen Opferfolien erzeugen auf den unterschiedlichen LTCC-

Werkstoffen Oberflächen, die sich hinsichtlich ihrer Rauheitskennwerte entweder statistisch nicht

signifikant oder allenfalls geringfügig unterscheiden.

Die Annahme, dass durch eine Senkung der Oberflächenrauheit direkt die prozessrelevante

Oberflächenqualität für Dünnfilmbeschichtungen verbessert wird, kann nicht bestätigt werden. Die

Ergebnisse der Bestimmung der Flächenwiderstände der Testbeschichtungen in Abbildung 4-56 zeigen

keinen eindeutigen Trend. Die Flächenwiderstände der Ti-Schichten aller untersuchten Substrate liegen

zwischen 0,5 Ω/ und 1,6 Ω/. Unter Berücksichtigung der Standardabweichungen kann festgestellt

werden, dass die Flächenwiderstände der Ti-Schicht auf BAM397 für A16 2 h, MR23 5 h und MR23 2 h

gleich sind, wobei der Mittelwert auf dem MR23 5 h-Substrat am niedrigsten ist. Der Flächenwiderstand

der Schicht auf dem MR23 0,35 h-Substrat ist signifikant höher. Auf BAM186 ist der Flächen-

widerstand mit A16 2 h-Oberfläche am niedrigsten, nimmt dann mit zunehmender Partikelgröße der

Opferfolie erst zu, dann wieder ab und ist auf der gröbsten Oberfläche am höchsten. Die Substrate mit

der gröbsten Opferfolie weisen die vergleichsweise höchsten Flächenwiderstände der Ti-Schicht auf.

Insgesamt wird der Flächenwiderstand der 1 µm dicken Ti-Schicht durch die Variation der Opferfolie

und der Substratwerkstoffe nur geringfügig beeinflusst. Verglichen mit dem Flächenwiderstand der Ti-

Schicht auf dem Referenzsubstrat von 0,66 Ω/ sind die Werte auf den LTCC-Substraten im Mittel

doppelt so hoch, wobei auf BAM186 mit der feinkörnigsten Opferfolie der Zielwert nahezu erreicht

wird.

Abbildung 4-56: Flächenwiderstände von 1 µm Ti-Beschichtungen und 50 nm Cr-Beschichtungen auf

verschiedenen, mit Al2O3-Opferfolien verschiedener Partikelgrößen druckunterstützt gesinterten LTCC-

Substraten, Vier-Leiter-Messung

Die mit 50 nm Schichtdicke deutlich dünnere Cr-Schicht zeigt wesentlich größere Schwankungen des

Flächenwiderstandes auf den verschiedenen Substrat/Opferfolie-Kombinationen. Die ermittelten Werte

liegen zwischen 10,5 Ω/ und 43,4 Ω/. Die DP951-Substrate weisen einen stetigen Anstieg des

Flächenwiderstandes mit zunehmender Partikelgröße der Opferfolie von 21,9 Ω/ bis 35,7 Ω/ auf. Im

Gegensatz dazu ist der Flächenwiderstand der Cr-Schicht auf den BAM397-Substraten auf der

feinkörnigsten Oberfläche mit 26,5 Ω/ am höchsten und sinkt dann mit zunehmender Partikelgröße der

Opferfolie auf 10,5 Ω/ bei MR23 2 h. Der Wert für die gröbste Opferfolie ist wieder leicht erhöht. Auf

BAM186 zeigt der Flächenwiderstand mit 43,4 Ω/ ein ausgeprägtes Maximum auf der MR23 5 h-

Page 97: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

87

Oberfläche. Die Standardabweichung der Flächenwiderstände ist für DP951 mit 4 Ω/ auf der gröbsten

Oberfläche am größten. Auf den BAM397-Substraten sind die Standardabweichungen der Flächen-

widerstände kleiner als 1 Ω/, mit Ausnahme der feinkörnigen Oberfläche mit einer Standardabweichung

des Flächenwiderstandes von 3,5 Ω/. Auch BAM186 zeigt mit 3,7 Ω/ die größte Standardabweichung

des Flächenwiderstandes auf der feinkörnigen Oberfläche. Insgesamt weisen die Cr-Schichten auf

BAM186 die größten Standardabweichungen des Flächenwiderstandes auf.

Die in den AbbildungenAbbildung 4-54 undAbbildung 4-56 nicht eingeordneten Ergebnisse der mit

bimodaler Opferfolie erzeugten Oberflächen sind in Tabelle 4-9 zusammengefasst. In Übereinstimmung

mit den Befunden der REM-Untersuchung sind die Rautiefen und mittleren Rauheiten der drei LTCCs

nach ANOVA nicht signifikant unterschiedlich. Sie liegen mit Rz ≈ 2,35 und Ra ≈ 0,28 auf dem Niveau

der Kennwerte der groben MR23 0,5 h-Opferfolie. Die Flächenwiderstande der Ti-Schichten auf DP951

und BAM186 liegen mit ca. 1,35 Ω/ ebenfalls auf dem Niveau der grobkörnigen Oberflächen. Auf

BAM397 weist die Schicht einen geringeren Flächenwiderstand auf. Die 50 nm dünnen Cr-Schichten

haben auf DP951 und BAM186 ebenfalls gleiche Flächenwiderstände von ca. 30 Ω/ auf. BAM397

weist mit ca. 10 Ω/ einen deutlich niedrigeren Flächenwiderstand der Cr-Schicht auf. Wodurch diese

bessere Beschichtbarkeit, bei gleichen Rauheitskennwerten und elektronenoptisch nicht unterscheidbarer

Oberflächenstruktur, hervorgerufen wird, ist bislang ungeklärt. Der geringe Flächenwiderstand der Cr-

Schicht auf dem Referenzsubstrat von 6,1 Ω/ wird nicht erreicht. Über die Partikelgröße der Opferfolie

kann die prozessrelevante Oberflächenqualität für Dünnfilme nicht zuverlässig eingestellt werden.

Tabelle 4-9: Oberflächeneigenschaften von LTCC-Substraten nach druckunterstützter Sinterung mit

bimodaler Al2O3-Opferfolie, Standardabweichungen in Klammern

Substrat Rautiefe Rz / µm mittlere Rauheit Ra / µm Flächenwiderstand R/ / Ω/

*

1 µm Ti 50 nm Cr

DP951 2,41 (0,11) 0,28 (0,01) 1,38 (0,02) 27,08 (1,89)

BAM186 2,29 (0,22) 0,27 (0,02) 1,34 (0,03) 29,49 (1,77)

BAM397 2,35 (0,35) 0,28 (0,02) 1,11 (0,05) 11,27 (2,31)

* Flächenwiderstände von Dünnfilmen, Vier-Leiter-Messung

4.3.2 Opferfolie aus hexagonalem Bornitrid

Die Opferfolie aus hexagonalem Bornitrid erzeugt durch das leichte Abscheren des Werkstoffs bei der

Reinigung der gesinterten Substrate eine Rückstandsschicht, die sich deutlich von den Rückstanden von

Al2O3-Opferfolien unterscheidet. In Abbildung 4-57 sind die Oberflächen von DP951 und BAM186 in

der Übersicht gezeigt. Es sind keine Partikel der Opferfolie oder freie LTCC-Oberfläche erkennbar. Die

Rückstandsschicht ist geschlossen und wirkt recht gleichmäßig, wobei vereinzelt Defekte mit

Dimensionen im einstelligen Mikrometerbereich zu beobachten sind. Im Detail in Abbildung 4-58 sieht

man, dass die BN-Partikel regelrecht verschmiert sind. Die Schmierschicht ist jedoch nicht glatt

geschlossen, sondern sichtbar strukturiert. DP951 und BAM186 unterscheiden sich hinsichtlich der

Größe dieser Strukturelemente. Die Oberfläche von DP951 wirkt gröber. Kompakte Bereiche mit

Durchmessern von mehreren Mikrometern sind erkennbar. Auf BAM186 sind eher kleinere Erhebungen

beobachtbar, die feiner verteilt auf der Oberfläche zu finden sind. Ursächlich für diese

Strukturunterschiede ist vermutlich die Beschaffenheit der LTCC-Oberfläche unter der Schmierschicht.

Die Al2O3-Partikel in DP951 sind größer als die Partikel in BAM186. REM-Bilder der Mikrostruktur

von DP951 zeigen Partikel mit Durchmessern bis zu 10 µm. Lasergranulometrische Analysen der PGV

Page 98: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

88 BAM-Dissertationsreihe

von BAM186 ergaben kugeläquivalente Partikeldurchmesser von d90 = 2,3 µm bzw. d97 = 2,9 µm. Bei

der Verzahnung von LTCC-Folie und Opferfolie beim Laminieren dringen gröbere Partikel der LTCC-

Folie tendenziell weiter in die Opferfolie ein als feine, und umgekehrt. Folglich wechselwirkt die

Opferfolie bei der Reinigung des gesinterten Substrats mit groben Partikeln stärker als mit feinen. Es ist

gut vorstellbar, dass die Struktur der Schmierschicht auf dem DP951-Substrat durch die Bedeckung

hervorstehender Al2O3-Partikel entsteht. Auf dem feinkörnigeren BAM186 ist die Schmierschicht

entsprechend feiner strukturiert.

Abbildung 4-57: Übersichtsaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate, Opferfolie

hexBN, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor

Abbildung 4-58: Detailaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate, Opferfolie

hexBN, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor

Tabelle 4-10: Oberflächeneigenschaften von LTCC-Substraten nach druckunterstützter Sinterung mit

hexBN-Opferfolie, Standardabweichungen in Klammern

Substrat Rautiefe Rz / µm mittlere Rauheit Ra / µm Flächenwiderstand R/ / Ω/

*

1 µm Ti 50 nm Cr

DP951 6,13 (0,39) 0,55 (0,06) 0,73 (0,04) 14,44 (1,53)

BAM186 1,9 (0,53) 0,23 (0,02) 0,59 (0,02) 7,68 (0,15)

* Flächenwiderstände von Dünnfilmen, Vier-Leiter-Messung

Die Rauheitskennwerte und Flächenwiderstände der Testbeschichtungen auf den Substraten in

Abbildung 4-13 geben die strukturellen Unterschiede wieder. Die grobe DP951-Oberfläche weist sehr

Page 99: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

89

hohe Rautiefen über 6 µm auf, während die Rautiefe der BAM186-Oberfläche im Mittel kleiner als

2 µm ist. Die mittlere Rauheit des DP951-Substrats ist gegenüber den Al2O3-Opferfolien ebenfalls

deutlich erhöht. Der Kennwert des BAM186-Substrats liegt auf dem Niveau der Substrate, die mit

gröberen Al2O3-Opferfolien gesintert wurden. Die Flächenwiderstände der Testbeschichtungen sind

hingegen auf beiden hexBN-Testsubstraten geringer als auf den Subtraten mit Al2O3-Opferfolien, wobei

die Flächenwiderstände auf BAM186 kleiner sind als auf DP951. Auf dem BAM186-Substrat ist der

Flächenwiderstand der Cr-Schicht annähernd so niedrig wie auf dem Referenzsubstrat, der

Flächenwiderstand der Ti-Schicht ist im Vergleich sogar geringer.

Die Diskrepanz zwischen hohen Rauheitskennwerten und niedrigen Flächenwiderständen zeigt, wie

wichtig eine umfassende Evaluation der prozessrelevanten Oberflächen zur Bewertung von

Substratoberflächen ist. Die hexBN-Opferfolie hinterlässt eine Rückstandsschicht, die verhältnismäßig

große Unebenheiten aufweist, jedoch eine defektarme Kondensation von metallischen Dünnfilmen

erlaubt. Die reine Betrachtung der Flächenwiderstände auf den Testsubstraten legt eine gute Eignung der

hexBN-Opferfolie zur Herstellung von LTCC-Substraten für die Dünnfilmtechnologie nahe. Dazu muss

jedoch noch die Haftung verschiedener Dünnfilme auf der Rückstandsschicht, sowie die Haltbarkeit der

Oberfläche bei Ätzprozessen zur Dünnfilmstrukturierung und Ähnlichem nachgewiesen werden.

4.3.3 Glaskohlenstoff

Die Anwendung geeigneter Sinterparameter (siehe Tabelle 3-4, Seite 35), insbesondere Pressdruck,

Haltezeit- und Temperatur, resultiert in LTCC-Oberflächen, wie sie in Abbildung 4-59 dargestellt sind.

Die verschiedenen Substratwerkstoffe weisen unterschiedliche Oberflächenmerkmale auf. Die

Oberfläche des DP951-Substrats hat große Ähnlichkeit mit der frei gesinterten Oberfläche in

Abbildung 4-47. In ausgedehnten Bereichen ist die glasige Brennhaut ungestört ausgebildet und wird

vereinzelt von Partikeln der Dispersphase durchstoßen. Im Vergleich zur frei gesinterten Oberfläche

sind mehr Oberflächenporen erkennbar, das Substrat ist jedoch durch die druckunterstützte Sinterung

deutlich ebener und weist lateral keine Schwindung auf (zero shrinkage). Auf der Oberfläche des

BAM397-Substrats sind glatte, durch die Glaskohlenstoffplatte eingeebnete Bereiche erkennbar. Diese

sind unterbrochen von unregelmäßig geformten Vertiefungen mit deutlich ausgeprägten Konturen und

kleineren runden Poren. Die BAM186-Oberfläche wirkt in der Übersicht feinkörniger als die anderen

beiden Substrate. Eine glasige Brennhaut oder eingeebnete Bereiche sind in dieser Darstellung nicht

erkennbar. Die Vertiefungen in der Oberfläche ähneln in Größe, Form und Verteilung denen auf dem

BAM397-Substrat, wobei die Konturen deutlich weniger scharf sind.

Abbildung 4-59: Übersichtsaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate, Brennhilfs-

mittel Glaskohlenstoff, keine Opferfolie, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor

Page 100: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

90 BAM-Dissertationsreihe

In der Detailansicht der Oberflächen in Abbildung 4-60 bestätigt sich der Eindruck aus den

Übersichtsbildern. DP951 und BAM397 ähneln sich in den glatten Bereichen, die durch die Glasphase

gebildet werden und in Größe und Verteilung der runden Poren. Glatte, glasige Bereiche sind auf

BAM186 eher in den Vertiefungen erkennbar. Die erhabenen Bereiche zeigen eine feinkörnige Struktur.

In dieser Darstellung wird der Unterschied der Korngrößenverteilung der Dispersphasen von DP951 und

BAM186 ziemlich deutlich, der in Abschnitt 4.3.2 diskutiert wurde und zur unterschiedlichen

Ausprägung der Oberflächen bei der Sinterung mit hexBN-Opferfolie führt.

Abbildung 4-60: Detailaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate, Glaskohlenstoff,

keine Opferfolie, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor

Die Oberflächenkennwerte der Testsubstrate sind in Tabelle 4-11 zusammengefasst. Die Rauheits-

kennwerte von DP951 sind wie bei den hexBN-Substraten gegenüber BAM186 erhöht, wobei die

Rautiefen nach druckunterstützter Sinterung mit Glaskohlenstoff gegenüber hexBN-Opferfolie für beide

LTCCs nur halb so groß sind. Die taktilen Kennwerte von BAM397 liegen auf dem Niveau von

BAM186. Die Flächenwiderstände der Testbeschichtungen sind auf allen drei Substraten auf dem

Niveau des Referenzsubstrats. DP951 weist nach druckunterstützter Sinterung mit Glaskohlenstoff

strukturell und in Bezug auf die Rauheitskennwerte dieselbe Oberfläche auf, wie nach freier Sinterung.

Als einziger Unterschied sind die Oberflächenporen der druckgesinterten Variante herauszustellen. Die

höheren Flächenwiderstände auf den druckgesinterten DP951-Substraten sind demnach auf diese Poren

zurückzuführen, die durch Unterbrechung der Oberfläche die Schichtqualität mindern.

Tabelle 4-11: Oberflächeneigenschaften von LTCC-Substraten nach druckunterstützter Sinterung mit

Glaskohlenstoff, ohne Opferfolie, Standardabweichungen in Klammern

Substrat Rautiefe Rz / µm mittlere Rauheit Ra / µm Flächenwiderstand R/ / Ω/

*

1 µm Ti 50 nm Cr

DP951 2,53 (0,14) 0,36 (0,04) 0,61 (0,02) 5,95 (0,37)

BAM186 0,8 (0,08) 0,09 (0,01) 0,57 (0,01) 5,15 (0,06)

BAM397 0,87 (0,13) 0,06 (0,01) 0,80 (0,02) 6,43 (0,08)

* Flächenwiderstände von Dünnfilmen, Vier-Leiter-Messung

Die druckgesinterten Oberflächen des BAM397 und BAM186-Substrats unterscheiden sich in den

Rauheitskennwerten und der Struktur von frei gesinterten Oberflächen. Die Rauheitskennwerte der

druckgesinterten Varianten sind geringer. Sie liegen auf dem Niveau des Referenzsubstrats. Im

Page 101: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

91

Gegensatz zur frei gesinterten Variante, treten bei mit Glaskohlenstoff druckgesintertem BAM397 keine

Haftungsprobleme strukturierter Dünnfilme auf. In Abschnitt 4.4 werden Anwendungsbeispiele

vorgestellt, die belegen, dass diese Prozessvariante zur nacharbeitsfreien Herstellung von lateral

schwindungsfreien Dünnfilmsubstraten aus LTCC geeignet ist.

4.3.4 Bewertung der technologischen Nutzbarkeit

Die im Abschnitt 4.3 präsentierten Ergebnisse zeigen, dass durch die Wahl geeigneter Brennhilfsmittel,

bzw. durch die gezielte Anpassung dieser, eine Vielzahl verschiedener Substratoberflächen mit

unterschiedlichsten Leistungsmerkmalen direkt im Drucksinterprozess erzeugt werden kann. Abhängig

vom Mechanismus der Oberflächenausbildung ist die Wirkungsweise der Brennhilfsmittel im

Wesentlichen unabhängig vom Substratwerkstoff (Al2O3-Opferfolien), oder stark von den Sinter- und

Gefügeeigenschaften beeinflusst (Glaskohlenstoff, hexBN-Opferfolie). Unabhängig davon ermöglichen

die vorgestellten technologischen Varianten neue Anwendungskonzepte, die bisher nicht oder nur durch

intensive Nachbearbeitung der druckgesinterten Substrate umsetzbar waren. Ein besonders

eindrucksvolles Beispiel ist die Herstellung von dünnsten LTCC-Substraten (50 µm) mit sehr guter

Ebenheit ohne laterale Schwindung und einer homogen dünnfilmbeschichtbaren Seite. Diese

Kombination von Leistungsmerkmalen konnte bisher nur durch aufwendiges Schleifen und Polieren

druckgesinterter Substrate erzeugt werden. Die Anwendung von Glaskohlenstoff als Brennhilfsmittel

macht bei Einstellung geeigneter Prozessparameter die Nacharbeit überflüssig. Die unterschiedlichen

Brennhilfsmittel können anforderungsspezifisch kombiniert werden. Das bedeutet, ein LTCC-Substrat

kann mit einer dünnfilmfähigen Oberseite und einer durch geeignete Rauheit fügeoptimierten Unterseite

in einem Schritt hergestellt werden. Hierzu werden Anwendungsbeispiele, die im Rahmen dieser Arbeit

realisiert wurden, in Abschnitt 4.4 vorgestellt.

Der hohe technologische Nutzwert einer gezielten Brennhilfsmittelentwicklung wird bewusst, wenn die

erarbeiteten Ansätze konsequent weitergedacht werden. Die Experimente mit bimodaler und hex-BN-

Opferfolie haben gezeigt, dass man als Anwender zur Darstellung einer geometrischen Schwindungs-

beschränkung für LTCC nicht auf monomodal verteile Al2O3-Grünfolien beschränkt ist. Durch die

Nutzung, bzw. Entwicklung von Grünfolien aus verschiedensten nicht sinternden Pulvergemischen

könnten Oberflächen erzeugt werden, die sich stofflich gänzlich von LTCC unterscheiden. Diese

Trennung von Oberflächen- und Volumeneigenschaften eines Bauteils ist in verschiedensten

technischen Gebieten ein erfolgreiches Konzept zur Funktionsintegration bzw. Leistungssteigerung von

Halbzeugen oder Bauteilen.

Nach bisherigem Stand der Technik war eine Herstellung von LTCC-Substraten mit dünnfilmfähiger

Oberfläche im Drucksinterprozess nicht möglich. Durch die Verwendung von Glaskohlenstoff als

Brennhilfsmittel wird diese technologische Einschränkung überwunden. Die Anwendung von

Glaskohlenstoff ist jedoch nicht notwendigerweise nur als glatte Platte möglich. Es ist bereits ein

Forschungsvorhaben geplant, in dem untersucht wird, inwiefern strukturierte Glaskohlenstoffmatrizen

zur prozessintegrierten Formgebung von LTCC (Sinterprägen) einsetzbar sind. Denkbar sind hier

zunächst Kanäle, Stege, sowie 2-dimensionale Erhebungen und Vertiefungen, die z.B. den Einbau von

LTCC-Modulen oder -Mikrosystemen in übergeordnete Baugruppen erleichtern oder die Positionierung

und Fügung von Integrierten Schaltkreisen, Fluidik-Anschlüssen oder anderen Bauteilen auf dem

gesinterten LTCC-Substrat erleichtern, bzw. verbessern.

Mit den erarbeiteten Brennhilfsmittelkonzepten ist die Voraussetzung geschaffen, LTCC-Oberflächen

im Drucksinterprozess strukturell, stofflich und durch prozessintegrierte Formgebung gemäß den

Anforderungen der Anwendung anzupassen. Der Nutzwert der Drucksintertechnologie wird damit

wesentlich über die Beschränkung der lateralen Schwindung und Erzeugung einer hohen Ebenheit

erweitert. Eine innovative Nutzung der erläuterten Gestaltungsfreiheit ermöglicht darüber hinaus die

Entwicklung innovativer Anwendungskonzepte der LTCC-Technologie.

Page 102: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Ergebnisse und Diskussion

92 BAM-Dissertationsreihe

4.4 Anwendungsbeispiel: Dehnungssensoren

Im Rahmen des BMBF-geförderten Verbundforschungsvorhabens nanoDMS (FKZ: 13N10919) wurden

einige der beschriebenen Technologievarianten bereits erfolgreich zur Entwicklung innovativer

Sensoren eingesetzt. Ziel des Vorhabens war es, Dehnmessstreifen (DMS) mit einem neuartigen, hoch-

empfindlichen Dünnfilm als Resistor auf LTCC-Substraten zu entwickeln und daraus Drucksensoren

und Wägezellen aufzubauen. Neben den stofflichen Anforderungen an das LTCC-Substrat – möglichst

niedriger Elastizitätsmodul und möglichst hoher thermischer Ausdehnungskoeffizient – waren eine gute

Beschichtbarkeit der Oberseite und eine gute Fügbarkeit der Unterseite zu gewährleisten. Die DMS

sollten u. a. flächig auf metallische Biegebalken gefügt werden und sind im Einsatz einer

Biegespannung ausgesetzt. Dadurch war eine hohe Ebenheit der Substrate erforderlich. Um die

Deformation der metallischen Trägerstruktur unverändert auf die Resistorschicht zu übertragen, sollten

die Substrate möglichst dünn ausgeführt werden.

Zur Erfüllung des Anforderungsprofils wurden 100 µm dünne Substrate aus BAM397 durch

druckunterstützte Sinterung mit Glaskohlenstoff als Brennhilfsmittel hergestellt. Im Laufe des Projektes

konnten Substratdicken bis 50 µm bereitgestellt werden. Diese bogen sich jedoch aufgrund von Schicht-

spannungen und dem geringen Elastizitätmodul von BAM397 im Beschichtungsprozess zu stark. Die

Dehnungsempfindlichkeit der Resistorschicht ist abhängig von der Homogenität der Substratoberfläche.

Auf Siliciumwafern erreichen diese Schichten einen Verstärkungsfaktor (relative Widerstandsänderung

der Schicht bei definierter Dehnung) von bis zu 30 [KOP2009, KOP2012]. Zum Vergleich:

Handelsübliche Polyimid-DMS mit Resistoren aus NiCr oder Konstantan-Metallfolie haben

Verstärkungsfaktoren in der Größenordnung um 2 [HAN1992b]. Auf den druckgesinterten BAM397-

Substraten konnten Schichten mit Verstärkungsfaktoren bis 15 abgeschieden werden. Die Rückseite der

Substrate wurde mit grober Opferfolie hergestellt. Auf den Biegebalken wurden die DMS mit

konventionellem DMS-Adhesiv gefügt. Dabei traten keine Haftungsprobleme auf. Die Drucksensoren

wurden mit einem innovativen Sinterverfahren unter Verwendung einer niedrigsinternden Silberpaste

bei 280 °C und 20 MPa axialem Druck gefügt. Dazu wurden die Substratrückseiten zuvor mit einem

haftvermittelnden Dünnfilm-Schichtsystem metallisiert. Diese Sensoren weisen gegenüber Sensoren, die

mit typischen Zinn-Silber-Goldloten gefügt wurden, eine dreifache Überlastfähigkeit auf.

Abbildung 4-61 zeigt die entwickelten Demonstratoren einer Wägezelle und eines Drucksensors mit

LTCC-Dünnfilm-DMS.

Abbildung 4-61: Wägezellen-Biegebalken (links) und Drucksensor (rechts) mit Dünnfilm-

Dehnungssensoren auf LTCC-Substraten mit maßgeschneiderten Oberflächen

An den Demonstratoren konnten gute Leistungsmerkmale (darunter Empfindlichkeit, Genauigkeit,

Reproduzierbarkeit der Messergebnisse) bestimmt werden. Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens

belegen den hohen technologischen Nutzwert der in dieser Arbeit dargestellten Brennhilfsmittel- und

Prozessentwicklungen

Page 103: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

93

5 Zusammenfassung

Zur Weiterentwicklung der Drucksintertechnologie für niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite bzw.

LTCC wurden in der vorliegenden Arbeit Ansätze zur Modellierung der Verdichtung vorgestellt und

bewertet, sowie neue Brennhilfsmittelkonzepte zur prozessintegrierten Einstellung von Ober-

flächeneigenschaften der Sinterteile erarbeitet. Für verschiedene LTCC-Werkstoffe und einen

niedrigsinternden NiCuZn-Ferrit wurden Mastersinterkurven (MSCs) erstellt und mit Anpassungs-

funktionen modelliert. Ein Vergleich der ermittelten Modellparameter für die nominell drucklose

Sinterung von Pulverpresslingen und Folienlaminaten desselben Werkstoffs (BAM397) ergab, dass das

Formgebungsverfahren einen signifikanten Einfluss auf die Gestalt und den Verlauf der MSC hat. Für

eine anwendungsorientierte Modellierung kommen nur Folienlaminate als Probekörper in Betracht. Als

neue Anwendungsmöglichkeit des MSC-Modells wurde ein Rechenweg vorgestellt, der es ermöglicht,

bei isotropem Verhalten die mittels MSC simulierte Verdichtungskurve in den Verlauf der linearen

Schwindung umzurechnen. Ausgehend von derart simulierten Schwindungskurven wurde der Verlauf

der Schwindungsfehlpassung in einem Kombinationslaminat aus BAM474-LTCC und NiCuZn-Ferrit

während der Sinterung für verschiedene Heizregime simuliert. Das Ergebnis, eine Verringerung der

Schwindungsfehlpassung durch Erhöhung der Heizrate, konnte experimentell sowohl durch

Schwindungsmessungen als auch anhand von Mikrostrukturuntersuchungen bestätigt werden. Die

Modellierung der druckunterstützten Sinterung des kommerziellen LTCC-Werkstoffs DP951 erfolgte

auf der Grundlage von TMA-Messdaten unter der Berücksichtigung der während der Messungen

auftretenden Kriechverformungen. Um die MSCs der verschiedenen untersuchten Pressdrücke (2 kPa

bis 500 kPa) zu einer PMSS (Masteroberfläche) kombinieren zu können, wurde eine über den

untersuchten Druckbereich konstante Aktivierungsenergie von 400 kJ/mol bestimmt. Die

Übereinstimmung von simulierter und experimentell ermittelter Verdichtung im dynamischen

Heizregime ist sehr gut. Bei Haltezeiten wird die Verdichtung vom Modell überschätzt. Das Modell in

Kombination mit der Kenntnis des Kriechverhaltens aus der TMA-Analyse erlaubt eine umfassende und

systematische Beschreibung des Sinterverhaltens von LTCC bei Druckunterstützung und eine

zuverlässige Voraussage der Verdichtung im dynamischen Heizregime und bei konstantem Druck. Für

die Simulation wechselnder Pressdrücke und zur genaueren Beschreibung der Verdichtung während

Haltezeiten sind Anpassungen des Grundmodells notwendig.

Bei der Drucksinterung unter Verwendung nichtsinternder Opferfolien wird die Oberflächenstruktur der

gesinterten LTCC-Substrate durch Rückstände dieser Opferfolien bestimmt. Zur Untersuchung des

Einflusses der Opferfolieneigenschaften auf die resultierenden Oberflächenstrukturen wurden

verschiedene Opferfolien entwickelt. Anhand von Al2O3-Folien mit verschiedenen Partikelgrößen-

verteilungen konnte gezeigt werden, dass die Oberflächenrauheit eines gesinterten LTCC-Bauteils über

die Partikelgröße der Opferfolie gezielt verändert werden kann. Kleinere Partikel führen zu niedrigerer

Rauheit. Die erzielbaren Rautiefen sind unabhängig vom darunterliegenden LTCC-Werkstoff und

reichen von 1 µm für kleine Partikelgrößen bis über 2,5 µm für Opferfolien mit d90 = 3,78 µm. Die

mittlere Rauheit skaliert bei Verwendung der entwickelten Al2O3-Folien entsprechend im Bereich

100 nm bis 300 nm. Eine Verbesserung der Dünnfilmeignung der gesinterten Oberflächen durch

Verringerung der Al2O3-Partikelgröße in der Opferfolie ist nicht möglich. Die im Rahmen dieser Arbeit

entwickelte hexBN-Opferfolie erzeugt Rückstände, die beim Abbürsten nach der Drucksinterung

abscheren und eine verschmierte Schicht bilden. Die resultierende Oberflächenstruktur ist abhängig von

der Partikelgrößenverteilung der Dispersphase des darunterliegenden LTCC-Werkstoffs. Kleinere

Partikel führen zu niedrigerer Rautiefe und verbesserter Dünnfilmeignung. Der Flächenwiderstand eines

50 nm dünnen Cr-Films auf einem feinkörnigen Substrat (BAM186, d90 = 2,3 µm) liegt mit 7,7 Ω/ dicht

beim Referenzwert für Al2O3-Dünnfilmsubstrate (6,6 Ω/).

Rückstandsfreie LTCC-Oberflächen mit sehr guter Dünnfilmeignung wurden unter Verwendung von

Glaskohlenstoff als Pressplatte anstelle von Opferfolie hergestellt. Wegen der Sauerstoffempfindlichkeit

Page 104: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Zusammenfassung

94 BAM-Dissertationsreihe

des Glaskohlenstoffs wurde im Rahmen der Entwicklung dieses Sinterverfahrens systematisch

untersucht, ob die Entbinderungstemperatur von Grünfolien auf 400 °C gesenkt werden kann. Dabei

wurde festgestellt, dass die letzte Phase der Entbinderung, konkret 2 % bis 4 % des gesamten

Masseverlusts, unabhängig vom Bindersystem (PA, PC oder PVB) und dem Heizregime erfolgt.

Ursächlich für dieses Verhalten sind Kohlenstoffrückstände auf den Partikeloberflächen, deren

Ausbrand an Luft Temperaturen bis 600 °C erfordert. Der untersuchte LTCC-Versatz (BAM397) bindet

mehr Rückstände als reines Al2O3-Pulver. Feine Pulver binden aufgrund ihrer größeren Oberfläche mehr

Kohlenstoffrückstand als grobe. Eine vollständige Entbinderung bis 400°C ist unter reinem Sauerstoff

möglich. Um eine vollständige Entbinderung zu gewährleisten und gleichzeitig die Oxidation der

Glaskohlenstoffplatte zu verhindern, wurde für die Drucksinterung mit Glaskohlenstoff folgendes

Verfahren entwickelt: Entbinderung unter Pressluftspülung bis 500 °C mit Haltezeit und anschließende

Sinterung unter reduziertem Sauerstoffpartialdruck (< 300 ppm). Zur Ausbildung glatter,

dünnfilmfähiger LTCC-Oberflächen in diesem Prozess müssen Sintertemperatur, Pressdruck und

Haltezeit werkstoffspezifisch so angepasst werden, dass eine Schädigung durch Oberflächenporen

vermieden wird. Die Oberflächenporen entstehen und wachsen vermutlich zur Relaxation von

Zugspannungen, die im LTCC-Gefüge an der Grenzfläche zum Glaskohlenstoff auftreten. Geeignete

Sinterparametersätze wurden für die Modellwerkstoffe DP951, BAM397 und BAM186 gefunden. Die

Dünnfilmeignung der Oberflächen wurde mit 50 nm Cr-Beschichtungen nachgewiesen. Der

Flächenwiderstand der Beschichtungen ist auf allen drei Testsubstraten geringer als 6,6 Ω/ und damit

auf dem Niveau von Al2O3-Dünnfilmsubstraten. Mit diesem Sinterverfahren konnten zum ersten Mal

dünne, leistungsfähige LTCC-Dehnmessstreifen mit Dünnfilmresistor ohne Nacharbeit der Oberfläche

hergestellt werden.

Die in der vorliegenden Arbeit dargestellten Ergebnisse leisten einen wertvollen Beitrag zur

Verbesserung und Weiterentwicklung der Drucksintertechnologie. Durch den Einsatz der beschriebenen

Modellierungskonzepte kann die Gestaltung optimaler Drucksinterparameter zeit- und materialsparender

durchgeführt werden. Zudem verbessert die Auseinandersetzung mit dem Modell das Verständnis des

Werkstoffverhaltens im Drucksinterregime und trägt dadurch zu einer Verringerung der Versuchsanzahl

und damit zu einer Verkürzung von Entwicklungszeiten bei. Ausgehend von den vorgestellten

Brennhilfsmittelkonzepten kann das Einsatzgebiet der Drucksintertechnologie maßgeblich erweitert

werden. Durch die gezielte Einstellung gewünschter Oberflächeneigenschaften während der Sinterung

reduzieren sich die Nacharbeitskosten erheblich und bisher nicht verfügbare Eigenschafts-

kombinationen, wie beispielsweise Dünnfilmsubstrate mit geringsten Bauteildicken, werden überhaupt

erst möglich.

Page 105: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

95

6 Literaturverzeichnis [AN2002] K. An und D.L. Johnson, The pressure-assisted master sintering surface. Journal of

Materials Science 37(21), 2002, S. 4555-4559.

[AN2005] K. An und M.K. Han, Microstructural evolution based on the pressure-assisted master

sintering surface. Materials Science and Engineering: A 391, 2005, S. 66-70.

[AN2013] K. An, Pressure assisted master sintering surface of Co, Cu and Fe powder mixture.

Powder Technology 234(0), 2013, S. 117-122.

[AN2007] K.J. An und M.K. Han, The pressure-assisted master sintering surface of silicon nitride,

in Mechanical Behavior of Materials X, Pts 1 and 2, S.W. Nam, Y.W. Chang, S.B. Lee

und N.J. Kim, Hrsg., 2007, S. 931-934.

[BIE2010] C. Bienert und A. Roosen, Characterization and improvement of LTCC composite

materials for application at elevated temperatures. Journal of the European Ceramic

Society 30(2), 2010, S. 369-374.

[BLA2006] D. Blaine, S. Park, R. German und P. Suri, Application of Work-of-sintering concepts in

powder metals. Metallurgical and Materials Transactions A 37(9), 2006, S. 2827-2835.

[BLA2009] D.C. Blaine, S.-J. Park und R.M. German, Linearization of Master Sintering Curve.

Journal of the American Ceramic Society 92(7), 2009, S. 1403-1409.

[BOC1997] A.R. Boccaccini und E.A. Olevsky, Anisotropic shrinkage during sintering of glass-

powder compacts under uniaxial stresses: Qualitative assessment of experimental

evidence. Metallurgical and Materials Transactions a-Physical Metallurgy and Materials

Science 28(11), 1997, S. 2397-2404.

[BOR1985] R.K. Bordia und R. Raj, Sintering Behavior of Ceramic Films Constrained by a Rigid

Substrate. Journal of the American Ceramic Society 68(6), 1985, S. 287-292.

[BOR2006] R.K. Bordia, R. Zuo, O. Guillon, S.M. Salamone und J. Rödel, Anisotropic constitutive

laws for sintering bodies. Acta Materialia 54(1), 2006, S. 111-118.

[BRA2013a] B. Brandt, M. Gemeinert, T. Rabe und J. Bolte, Low-Temperature Co-Fired Ceramic

Substrates for High-Performance Strain Gauges. International Journal of Applied

Ceramic Technology 10(3), 2013, S. 413-420.

[BRA2013b] B. Brandt, H. Naghib-zadeh und T. Rabe, Improved Co-Firing of Ferrite and Dielectric

Tape Based on Master Sintering Curve Predictions and Shrinkage Mismatch

Calculations. Journal of the American Ceramic Society 96(3), 2013, S. 726-730.

[CHA2009] J.C. Chang, J.H. Jean und Y.Y. Hung, The Effect of Applied Stress on the Densification

of a Low-Temperature Cofired Ceramic-Filled Glass System Under Constrained

Sintering. Journal of the American Ceramic Society 92(9), 2009, S. 1946-1950.

[CHI2011] M.J. Chiang, J.H. Jean und S.C. Lin, The Effect of Anisotropic Shrinkage in Tape-Cast

Low-Temperature Cofired Ceramics on Camber Development of Bilayer Laminates.

Journal of the American Ceramic Society 94(3), 2011, S. 683-686.

[CHO2011] J.H. Cho, D.H. Yeo, H.S. Shin, Y.W. Hong und S. Nahm, Effect of load and thickness

on the constrained sintering of LTCC substrates. Journal of Ceramic Processing

Research 12(5), 2011, S. 500-503.

[CUT1969] I.B. Cutler, Sintering of Glass Powders During Constant Rates of Heating. Journal of

the American Ceramic Society 52(1), 1969, S. 14-17.

[GRE2008] D.J. Green, O. Guillon und J. Rödel, Constrained sintering: A delicate balance of

scales. Journal of the European Ceramic Society 28(7), 2008, S. 1451-1466.

[GUI2010] O. Guillon und J. Langer, Master sintering curve applied to the Field-Assisted Sintering

Technique. Journal of Materials Science 45(19), 2010, S. 5191-5195.

Page 106: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Literaturverzeichnis

96 BAM-Dissertationsreihe

[HAN1992a] R.L. Hannah und S.E. Reed (Hrsg.). Strain Gage User's Handbook. 1992, Chapmann &

Hall, London.

[HAN1992b] J.D. Hansen, R.P. Rusin, M.-H. Teng und D.L. Johnson, Combined-Stage Sintering

Model. Journal of the American Ceramic Society 75(5), 1992, S. 1129-1135.

[HAR2004] P.J.F. Harris, Fullerene-related structure of commercial glassy carbons. Philosophical

Magazine 84(29), 2004, S. 3159-3167.

[HIN2002] M. Hintz, H. Thust und E. Polzer. Generic investigations on 0-shrinkage processed

LTCC. in IMAPS Nordic Conference 2002. Stockholm, Sweden

[HIN2007] M. Hintz, Druckunterstütztes Sintern als Grundlage neuer Technologievarianten für

LTCC. 2007, Verlag ISLE, Ilmenau

[HUA2004] C.C. Huang und J.H. Jean, Stress required for constrained sintering of a ceramic-filled

glass composite. Journal of the American Ceramic Society 87(8), 2004, S. 1454-1458.

[IMA2005] Y. Imanaka, Multilayered Low Temperature Cofired Ceramics (LTCC) Technology.

2005, Springer, New York

[KIA2006] S. Kiani, J. Pan und J.A. Yeomans, A new scheme of finding the master sintering curve.

Journal of the American Ceramic Society 89(11), 2006, S. 3393-3396.

[KNI1993] S.H. Knickerbocker, A.H. Kumar und L.W. Herron, Cordierite Glass-Ceramics for

Multilayer Ceramic Packaging. American Ceramic Society Bulletin 72(1), 1993, S. 90-

95.

[KOP2009] R. Koppert, D. Goettel, O. Freitag-Weber und G. Schultes, Nickel containing diamond

like carbon thin films. Solid State Sciences 11(10), 2009, S. 1797-1800.

[KOP2012] R. Koppert, S. Uhlig, H. Schmid-Engel, D. Göttel, A.-C. Probst, G. Schultes und U.

Werner, Structural and physical properties of highly piezoresistive nickel containing

hydrogenated carbon thin films. Diamond and Related Materials 25(0), 2012, S. 50-58.

[LIN2002] Y.-C. Lin und J.-H. Jean, Constrained Densification Kinetics of Alumina/Borosilicate

Glass + Alumina/Alumina Sandwich Structure. Journal of the American Ceramic

Society 85(1), 2002, S. 150-154.

[MAL2009] K. Malecha und L.J. Golonka, Three-dimensional structuration of zero-shrinkage LTCC

ceramics for microfluidic applications. Microelectronics Reliability 49(6), 2009, S. 585-

591.

[MAL2011] K. Malecha, T. Maeder, C. Jacq und P. Ryser, Structuration of the low temperature co-

fired ceramics (LTCC) using novel sacrificial graphite paste with PVA-propylene

glycol-glycerol-water vehicle. Microelectronics Reliability 51(4), 2011, S. 805-811.

[MAL2012] K. Malecha, T. Maeder und C. Jacq, Fabrication of membranes and microchannels in

low-temperature co-fired ceramic (LTCC) substrate using novel water-based sacrificial

carbon pastes. Journal of the European Ceramic Society 32(12), 2012, S. 3277-3286.

[MAS1989] S. Masia, P. Calvert, W. Rhine und H.K. Bowen, Effect of oxides on binder burnout

during ceramics processing. Journal of Materials Science 24(6), 1989, S. 1907-1912.

[MER2004] G. Merzinger, G. Mühlbach, D. Wille und T. Wirth, Formeln + Hilfen zur höheren

Mathematik.4. Ausgabe, 2004, Binomi, Barsinghausen

[MIK1990] K.R. Mikeska, G.W. Scherer und R.K. Bordia, Constitutive Behaviour of Sintering

Materials. Sintering of Advanced Ceramics, Hrsg. C.A. Handwerker, J.E. Blendell und

W. Kaysser, 7. Ausgabe, 1990, American Ceramic Society, Westerville, . S. 200-214.

[MOH2004] A. Mohanram, G.L. Messing und D.J. Gren, Measurement of viscosity of densifying

glass-based systems by isothermal cyclic loading dilatometry. Journal of the American

Ceramic Society 87(2), 2004, S. 192-196.

Page 107: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Literaturverzeichnis

97

[MOH2005a] A. Mohanram, S.-H. Lee, G.L. Messing und D.J. Green, A novel use of constrained

sintering to determine the viscous Poisson's ratio of densifying materials. Acta

Materialia 53(8), 2005, S. 2413-2418.

[MOH2005b] A. Mohanram, G.L. Messing und D.J. Green, Densification and Sintering Viscosity of

Low-Temperature Co-Fired Ceramics. Journal of the American Ceramic Society 88(10),

2005, S. 2681-2689.

[MOH2006] A. Mohanram, S.-H. Lee, G.L. Messing und D.J. Green, Constrained Sintering of Low-

Temperature Co-Fired Ceramics. Journal of the American Ceramic Society 89(6), 2006,

S. 1923-1929.

[MUE2005] J. Muerbe und J. Toepfer, Ni-Cu-Zn ferrites for low temperature firing: I. Ferrite

composition and its effect on sintering behavior and permeability. Journal of

Electroceramics 15(3), 2005, S. 215-221.

[MUE2006] J. Muerbe und J. Toepfer, Ni-Cu-Zn Ferrites for low temperature firing: II. Effects of

powder morphology and Bi2O3 addition on microstructure and permeability. Journal of

Electroceramics 16(3), 2006, S. 199-205.

[NEE2003] C. Needes, M. Barker, P. Ollivier, K. Hang, K. Souders, C. Wang und M. Smith.

Constrained-sintered, low-temperature co-fired ceramic for IC packaging applications.

in 53rd Electronic Components & Technology Conference. 2003, IEEE, New Orleans.

[OLL2007] J.-B. Ollagnier, O. Guillon und J. Rödel, Effect of Anisotropic Microstructure on the

Viscous Properties of an LTCC Material. Journal of the American Ceramic Society

90(12), 2007, S. 3846-3851.

[OLL2006] J.B. Ollagnier, O. Guillon und J. Rodel, Viscosity of LTCC determined by discontinuous

sinter-forging. International Journal of Applied Ceramic Technology 3(6), 2006, S. 437-

441.

[OLL2008] J.B. Ollagnier, Constraint and anisotropy during sintering of a LTCC material.

Dissertation, Fachbereich Material- und Geowissenschaften Technische Universität

Darmstadt, 2008

[OLL2010] J.B. Ollagnier, O. Guillon und J. Rodel, Constrained Sintering of a Glass Ceramic

Composite: I. Asymmetric Laminate. Journal of the American Ceramic Society 93(1),

2010, S. 74-81.

[RAB2005] T. Rabe, W.A. Schiller, T. Hochheimer, C. Modes und A. Kipka, Zero shrinkage of

LTCC by self-constrained sintering. International Journal of Applied Ceramic

Technology 2(5), 2005, S. 374-382.

[RAB2012] T. Rabe, H. Naghib-Zadeh, C. Glitzky und J. Topfer, Integration of Ni-Cu-Zn Ferrite in

Low Temperature Co-fired Ceramics (LTCC) Modules. International Journal of Applied

Ceramic Technology 9(1), 2012, S. 18-28.

[REI2009] M.W. Reiterer und K.G. Ewsuk, An Analysis of Four Different Approaches to Predict

and Control Sintering. Journal of the American Ceramic Society 92(7), 2009, S. 1419-

1427.

[SCH1982] G.W. Scherer und S.M. Rekhson, Viscoelastic-Elastic Composites, 1. GeneralTheory.

Journal of the American Ceramic Society 65(7), 1982, S. 352-360.

[SCH1985] G.W. Scherer und T. Garino, Viscous SIntering on a Rigid Substrate. Journal of the

American Ceramic Society 68(4), 1985, S. 216-220.

[SEB2008] M.T. Sebastian und H. Jantunen, Low loss dielectric materials for LTCC applications: a

review. International Materials Reviews 53(2), 2008, S. 57-90.

[SMI1958] F.M. Smits, Measurement of Sheet Resistivities with the 4-Point Probe. Bell System

Technical Journal 37(3), 1958, S. 711-718.

Page 108: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Literaturverzeichnis

98 BAM-Dissertationsreihe

[STE1965] H.W. Stetson, Method of Making Multilayer Circuits, US Patent 3189978, 1965

[SU1996] H.H. Su und D.L. Johnson, Master sintering curve: A practical approach to sintering.

Journal of the American Ceramic Society 79(12), 1996, S. 3211-3217.

[TZE2002] S.Y. Tzeng und J.H. Jean, Stress development during constrained sintering of

alumina/glass/alumina sandwich structure. Journal of the American Ceramic Society

85(2), 2002, S. 335-340.

[VAL1954] L.B. Valdes, Resistivity Measurements on Germanium for Transistors. Proceedings of

the Institute of Radio Engineers 42(2), 1954, S. 420-427.

[VOG1979] W. Vogel, Glaschemie. 1. Ausgabe. 1979, VEB Deutscher Verlag für

Grundstoffindustrie, Leipzig

[WON2007] A. Wonisch, O. Guillon, T. Kraft, M. Moseler, H. Riedel und J. Rödel, Stress-induced

anisotropy of sintering alumina: Discrete element modelling and experiments. Acta

Materialia 55(15), 2007, S. 5187-5199.

[XIE2005] R.J. Xie, R.Z. Zuo, E. Aulbach, U. Mackens, N. Hirosaki und H. Rodel, Uniaxial

viscosity of low-temperature cofired ceramic (LTCC) powder compacts determined by

loading dilatometry. Journal of the European Ceramic Society 25(4), 2005, S. 417-424.

[YAN1993] H. Yan, W.R. Cannon und D.J. Shanefield, Evolution of Carbon during Burnout and

Sintering of Tape-Cast Aluminum Nitride. Journal of the American Ceramic Society

76(1), 1993, S. 166-172.

[YAN1998] H. Yan, W.R. Cannon und D.J. Shanefield, Thermal decomposition behaviour of

poly(propylene carbonate). Ceramics International 24(6), 1998, S. 433-439.

[ZHA2013] W. Zhang und R.E. Eitel, Sintering Behavior, Properties, and Applications of Co-Fired

Piezoelectric/Low Temperature Co-Fired Ceramic (PZT-SKN/LTCC) Multilayer

Ceramics. International Journal of Applied Ceramic Technology 10(2), 2013, S. 354-

364.

[ZUO2004] R. Zuo, E. Aulbach und J. Rödel, Shrinkage-Free Sintering of Low-Temperature Cofired

Ceramics by Loading Dilatometry. Journal of the American Ceramic Society 87(3),

2004, S. 526-528.

Page 109: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

99

7 Anhang

7.1 Verwendete Formelzeichen und Symbole

εfrei - Längenänderungsgeschwindigkeit bei freier, isotroper Schwindung

εlateral - relative Längenänderungsgeschwindigkeit in der x-y-Ebene

εx/y/z - relative Längenänderungsgeschwindigkeit in x/y/z-Richtung

νp - viskose Poissonzahl

ρ - spezifischer Widerstand

ρ - spezifischer Widerstand

a - allgemeine Variable

A1 - allgemeine Variable

A2 - allgemeine Variable

b - allgemeine Variable

c - allgemeine Variable

d - Schichtdicke

D0 - Diffusionskonstante für ein System

d10…97 - Partikeldurchmesser, der größer ist als 10…97 % der Partikel

Db - Diffusionskoeffizient für Grenzflächendiffusion

Dv - Diffusionskoeffizient für Volumendiffusion

EP - uniaxiale Viskosität

G - mittlere Partikelgröße

h - anpassbarer Parameter der MSC-Modellfunktion

I - elektrische Stromstärke

k - Anisotropiefaktor

kB - Boltzmann-Konstante

L - Länge

L0 - Ausgangslänge

m - Masse

m0 - Ausgangsmasse

p - Abstand von Messelektroden

q - Abstand von Messelektroden

Q - Aktivierungsenergie

R - ideale Gaskonstante

R - ohmscher Widerstand

R/ - Flächenwiderstand

Ra - arithmetischer Mittenrauwert

Page 110: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Anhang - Verwendete Formelzeichen und Symbole

100 BAM-Dissertationsreihe

Rz - mittlere Rautiefe

s - anpassbarer Parameter der MSC-Modellfunktion

T - Temperatur

U - elektrische Spannung

γ - Oberflächenenergie

Γb - zusammengefasster Skalierungsfaktor für Grenzflächendiffusion

Γv - zusammengefasster Skalierungsfaktor für Volumendiffusion

δ - Grenzflächenbreite

ΔL - relative Längenänderung (Messwerte)

ΔLkorr - korrigierte relative Längenänderung (Messwerte)

Δm - relativer Masseverlust

Δmnorm - normierter Masseverlust

Δε - Schwindungsfehlpassung

Δφ - Potentialdifferenz

Θ - Mastervariable

Θ0, x0 - Parameter der MSC-Modellfunktion, center-Variable

Θref - Kennwert einer linearisierten MSC

ρ - relative Dichte

ρ0 - anpassbarer Modellparameter

ρgrün - Gründichte

ρmax - Sinterdichte der MSC Modellfunktion

ρmin - Gründichte der MSC-Modellfunktion

ρrein - Reindichte

ρroh - Rohdichte

ρsinter - Rohdichte der gesinterten Probe

σx/y/z - mechanische Spannung in x/y/z-Richtung

σzs - zur vollständigen Unterdrückung der lateralen Schwindung erforderlicher

Pressdruck

Φ - Verdichtungsverhältnis

φ - Potential

Ω - Atomvolumen

𝜀lateral - relative Längenänderung in der x-y-Ebene

𝜀total - maximale relative Längenänderung

𝜀x/y/z - relative Längenänderung in x/y/z-Richtung

Σ - hydrostatischer Sinterdruck

Page 111: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Anhang - Abkürzungsverzeichnis

101

7.2 Abkürzungsverzeichnis

ANOVA - statistische Varianzanalyse (analysis of variance)

BBP - Benzylbutylphthalat

BSG - Borosilikatglas

CLD - Dilatometrie mit zyklischer Belastung (cyclic

loading dilatometry)

DBP - Dibutylphthalat

DSF - diskontinuierliches Sinterpressen (discontinuous

sinter-forging)

HTCC - high temperature co-fired ceramics

LMG - Lösungsmittelgemisch

LTCC - low temperature co-fired ceramics

MEK - Methylethylketon

MSC - Master-Sinterkurve (master sintering curve)

PA - Polyacrylat

PC - Polycarbonat

PGV - Partikelgrößenverteilung

PMSS - Master-Drucksinteroberfläche (pressure-assisted

master sintering surface)

PVB - Polyvinylbutyral

REM - Rasterelektronenmikroskop

S.d.q.F. - Summe der quadratischen Fehler

TGA - Thermogravimetrische Analyse

TMA - Thermomechanische Analyse

WDX - wellenlängendispersive Analyse

Page 112: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Anhang - Abbildungsverzeichnis

102 BAM-Dissertationsreihe

7.3 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2-1: LTCC-Mehrlagensubstrat mit Beispielstrukturen ....................................................... 3

Abbildung 2-2: Sintermechanismen und schematische Mikrostrukturen von Glas-Keramik-

Pulvergemischen verschiedener Zusammensetzungen, Einteilung nach [RAB2005]..4

Abbildung 2-3: Fließschema der Prozessschritte zur Herstellung keramischer Mehrlagensubstrate ... 5

Abbildung 2-4: Schematischer Aufbau einer Foliengießeinheit ........................................................... 6

Abbildung 2-5: Beispiele für Heizprofile zur Sinterung von LTCC-Schaltungsträgern ....................... 8

Abbildung 2-6: Schematische Darstellung der Geometrieänderung eines würfelförmigen

Grünkörpers nach der Sinterung mit 40 % isotroper Volumenschwindung (links),

bzw. 40 % Volumenschwindung nur in z-Richtung bei Unterdrückung der

lateralen Schwindung mittels geometrischer Schwindungsbeschränkung (rechts) ..... 9

Abbildung 2-7 links: Durchbiegung und trapezförmiger Querschnitt eines LTCC-Laminats mit

Schwindungsbeschränkung durch ein starres Substrat (tape-on-substrate),

schematisch

rechts: konkave Kantenwölbung eines symmetrischen Laminats mit geometrischer

Schwindungsbeschränkung durch Opferfolien, schematisch .................................... 11

Abbildung 2-8 links: resultierende ebene Zugspannungen bei Sinterung mit geometrischer

Schwindungsbeschränkung ohne Pressdruck für zwei LTCCs, Daten aus

[MOH2006],

rechts: Vergleich der Sinterdichten der zwei LTCCs nach freier (isotroper) und

schwindungsbeschränkter Sinterung (zero shrinkage) mit verschiedenen

Heizgeschwindigkeiten, Daten aus [MOH2006] ....................................................... 12

Abbildung 2-9: Aufbau des Sinterstapels für die druckunterstützte Sinterung von LTCC-Substraten

mit Opferfolien .......................................................................................................... 12

Abbildung 2-10 links: Laterale Schwindung verschiedener kommerzieller LTCC-Werkstoffe bei

druckunterstützter Sinterung mit verschiedenen Pressdrücken, Daten aus

[HIN2007] rechts: Sinterdichte von DP951 nach freier Sinterung und

schwindungsbeschränkter Sinterung mit und ohne Pressdruck,

Daten aus [HIN2007] ................................................................................................. 13

Abbildung 2-11: Verlauf des zur vollständigen Unterdrückung der lateralen Schwindung

erforderlichen Pressdrucks über der Temperatur für verschiedene LTCCs,

Datenquellen im Diagramm ....................................................................................... 14

Abbildung 2-12: Kantenform von sechslagigen DP951-Substraten nach schwindungsbeschränkter

Sinterung ohne und mit konstantem Pressdruck, Fotos aus [HIN2002] .................... 14

Abbildung 2-13: Schwindung der Mittellage von LTCC-Substraten mit verschiedenen Gründicken

bei unterschiedlichen konstanten Pressdrücken, Daten aus [CHO2011] ................... 15

Abbildung 2-14: Viskosität von DP951 in Abhängigkeit von relativer Dichte und Temperatur,

isotherme CLD, Daten aus [MOH2005b] .................................................................. 18

Abbildung 2-15: Viskose Poissonzahlen verschiedener LTCC als Funktion der relativen Dichte,

Werte für Ceramtape GC aus [OLL2007], Werte für DP951 aus [MOH2005a] ....... 18

Abbildung 2-16 links: Dilatometrische Sinterkurven für Al2O3, Daten aus [SU1996]

rechts: Verlauf der daraus abgeleiteten Mastersinterkurve, Daten aus [SU1996] ..... 21

Page 113: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Anhang - Abbildungsverzeichnis

103

Abbildung 2-17: Vergleich zwischen Experiment und mittels MSC berechneter Schwindungskurve

für Al2O3 bei feld-aktivierter Sinterung mit 75 K/min und 50 MPa Druck,

zeitlicher Nullpunkt markiert den Beginn der Haltezeit bei 1200 °C,

Daten aus [GUI2010] ................................................................................................. 22

Abbildung 2-18: Bestimmung der Aktivierungsenergie Q durch Minimeren der Summe der

quadratischen Fehler, Daten aus [GUI2010] ............................................................. 23

Abbildung 2-19: Linearisierte MSC für eine 88 Gew.-% Wolfram-Legierung,

Daten aus [BLA2009] ................................................................................................ 24

Abbildung 3-1 links: Glaskohlenstoffplatte im Lieferzustand

rechts: schematische Darstellung der fullerenartigen Molekularstruktur von

glasartigem Kohlenstoff, Abbildung aus [HAR2004] ............................................... 26

Abbildung 3-2 links: Schematischer Aufbau des TMA80

rechts: Fotografie eines eingelegten LTCC-Mehrlagenprüfkörpers (hellblau,

DP951) mit Opferfolie, aufgesetzter Schubstange und Probenthermoelement im

Al2O3-Messsystem ..................................................................................................... 30

Abbildung 3-3: Relative Längenänderung und relative Längenänderungsgeschwindigkeit von

DP951 bei druckunterstützter Sinterung mit geometrischer Schwindungs-

beschränkung bei 100 kPa und 5 K/min mit Definition der Stauchtemperatur,

TMA 801 ................................................................................................................... 31

Abbildung 3-4: Prinzipskizze des Aufbaus der symmetrischen TGA ................................................ 33

Abbildung 3-5: Schematischer Aufbau der Sinterpresse bei Blick von der Ofentür in die

Quarzglasmuffel ........................................................................................................ 34

Abbildung 3-6: Aufbau des Sinterstapels bei druckunterstützter Sinterung mit Glaskohlenstoff ...... 35

Abbildung 3-7: Prinzipskizze zum Aufbau der Vier-Leiter-Messung zur Bestimmung des

Flächenwiderstandes .................................................................................................. 37

Abbildung 4-1 links: Bestimmung der Aktivierungsenergie zur Sinterung für BAM397

Pulverpresslinge und Mehrlagensubstrate mit geometrischer

Schwindungsbeschränkung (links),

rechts: MSCs für den quasi-isotrop schwindenden Pulverpressling und das nur in

Dickenrichtung schwindende Mehrlagensubstrat (Multilayer) ................................. 40

Abbildung 4-2 links: Bestimmung der Aktivierungsenergie für LTCC (BAM474) und Ferrit

(NiCuZn)

rechts: MSCs für LTCC und Ferrit ............................................................................ 42

Abbildung 4-3 links: Vergleich berechneter und gemessener Sinterkurven für LTCC (BAM474)

und Ferrit (NiCuZn) bei 1 K/min,

rechts: aus MSC berechnete lineare Schwindungskurven von LTCC und Ferrit bei

verschiedenen Heizgeschwindigkeiten, die Ellipsen markieren den Übergang zur

Haltezeit ..................................................................................................................... 43

Abbildung 4-4 links: Berechnete lineare Schwindungsfehlpassung von LTCC (BAM474) und

Ferrit (NiCuZn) bei verschiedenen Heizgeschwindigkeiten, rechts: gemessene

laterale Schwindung der kombinierten Mehrlagensubstrate in Abhängigkeit von

der Heizgeschwindigkeit ........................................................................................... 44

Abbildung 4-5: Mikrostrukturen der kombinierten Mehrlagensubstrate bei verschiedenen

Heizgeschwindigkeiten, REM LEO Gemini 1530 VP .............................................. 44

Page 114: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Anhang - Abbildungsverzeichnis

104 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 4-6: Relative Längenänderung von DP951 bei druckunterstützter Sinterung mit

geometrischer Schwindungsbeschränkung für verschiedene Drücke und

Heizgeschwindigkeiten, TMA 801 ............................................................................ 45

Abbildung 4-7: Maximale Dickenschwindung der D951 TMA-Proben bei den verschiedenen

Heizgeschwindigkeiten in Abhängigkeit vom Druck ................................................ 46

Abbildung 4-8: Relative Längenänderungsgeschwindigkeit von DP951 bei druckunterstützter

Sinterung mit geometrischer Schwindungsbeschränkung mit 5 K/min unter

verschiedenen axialen Drücken ................................................................................. 47

Abbildung 4-9 links: Maximale Schwindungsgeschwindigkeit von DP951 bei druckunterstützter

Sinterung mit geometrischer Schwindungsbeschränkung bei verschiedenen

Heizgeschwindigkeiten und axialen Drücken,

rechts: Temperaturen, bei denen die maximalen Schwindungsgeschwindigkeiten

auftreten ..................................................................................................................... 48

Abbildung 4-10: Stauchtemperaturen von DP951 und BAM186 bei verschiedenen

Heizgeschwindigkeiten und Drücken ........................................................................ 49

Abbildung 4-11: Kantenverformung der TMA-Proben nach druckunterstützter Sinterung mit

geometrischer Schwindungsbeschränkung bei verschiedenen Drücken mit

5 K/min, DP951, lichtmikroskopische Aufnahmen ................................................... 49

Abbildung 4-12: Relative Längenänderungsgeschwindigkeit von DP951 in Abhängigkeit von der

relativen Dichte bei druckunterstützter Sinterung mit geometrischer

Schwindungsbeschränkung ....................................................................................... 50

Abbildung 4-13 links: Schwindungskurven von DP951 bei druckunterstützter Sinterung mit

geometrischer Schwindungsbeschränkung bei 2 kPa und verschiedenen

Heizgeschwindigkeiten, TMA 801,

rechts: aus den Schwindungsdaten berechnete relative Dichte als Funktion der

Temperatur ................................................................................................................ 51

Abbildung 4-14 links: Bestimmung der Aktivierungsenergie für die quasi-drucklose Sinterung

(2 kPa) von DP951 mit geometrischer Schwindungsbeschränkung

rechts: MSC von DP951 für 2 kPa mit geometrischer Schwindungsbeschränkung .. 51

Abbildung 4-15: Auftragung einer Schwindungskurve von DP951 als linearisierte MSC mit

Bestimmung von Θref nach [BLA2009], Heizgeschwindigkeit 5 K/min .................. 52

Abbildung 4-16: Bestimmung der Aktivierungsenergie zur Sinterung von DP951 aus

TMA-Rohdaten .......................................................................................................... 53

Abbildung 4-17: Vergleich von berechneter und gemessener Verdichtung bei 25 kPa und drei

Heizgeschwindigkeiten .............................................................................................. 55

Abbildung 4-18: Differenz der mit Q = 400 kJ/mol und Q = 560 kJ/mol simulierten Dichten über

der Temperatur für drei Heizgeschwindigkeiten ....................................................... 56

Abbildung 4-19: MSCs für DP951 bei druckunterstützter Sinterung mit geometrischer

Schwindungsbeschränkung bei verschiedenen Drücken ........................................... 56

Abbildung 4-20: 3 d-Darstellung der PMSS für DP951 mit geometrischer Schwindungs-

beschränkung ............................................................................................................. 58

Abbildung 4-21 links: Isolinien der PMSS für konstante relative Dichten

rechts: Isolinien der PMSS für konstante Werte der Mastervariablen Θ ................... 58

Page 115: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Anhang - Abbildungsverzeichnis

105

Abbildung 4-22: Vergleich zwischen modellierter und experimenteller Schwindung,

(A) druckunterstützte Sinterung mit 100 kPa, geändertes Aspektverhältnis des

Prüfkörpers,

(B) druckunterstützte Sinterung mit 2 kPa und Haltezeit bei 865 °C ........................ 60

Abbildung 4-23: Mahlkurve von MR23 im Attritor, Partikelgrößenbestimmung mittels

Laserbeugung, Malvern Mastersizer 2000 ................................................................ 62

Abbildung 4-24: Partikelgrößenverteilungen der Pulver für die Opferfolienentwicklung,

Laserbeugung, Malvern Mastersizer 2000 ................................................................ 62

Abbildung 4-25: Gießviskositäten der Opferfolienschlicker in Abhängigkeit von der Partikelgröße,

Oszillationsmessung mit koaxialem Zylinder und Schergeschwindigkeit = 25 s-1

,

Anton Paar Physica MCR 3000 ................................................................................. 63

Abbildung 4-26 links: Partikelgrößenverteilung der bimodalen Pulvermischung im Vergleich zu

den eingesetzten Pulvern, Laserbeugung, Malvern Mastersizer 2000,

rechts: repräsentatives Partikelagglomerat aus entbinderter bimodaler Opferfolie,

REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor ..................................................................... 64

Abbildung 4-27: Entbinderung von LTCC-Grünfolien bis 400 °C,

links: Atmosphärenbedingungen und Temperaturprogramm,

rechts: unvollständig entbinderte LTCC-Substrate mit Verfärbung (schwarzer

Kern) und Sinterblockade, LTCC BAM397 .............................................................. 65

Abbildung 4-28: Thermische Entbinderung von LTCC-Grünfolien (BAM 397) mit verschiedenen

Bindern mit Vergrößerung der letzten 10 % Masseverlust. TGA,

Heizgeschwindigkeit 5 K/min. .................................................................................. 66

Abbildung 4-29: Thermische Entbinderung einzelner Grünfolienkomponenten. Feststoff BAM 397,

Binder QPAC 40 (Polycarbonat), Weichmacher BBP, TGA,

Heizgeschwindigkeit 5 K/min ................................................................................... 66

Abbildung 4-30: Thermische Entbinderung von LTCC-Grünfolie bei verschiedenen

Heizgeschwindigkeiten. Feststoff BAM 397, Binder Polyacrylat, TGA, Haltezeit

(HZ) bei 340 °C ......................................................................................................... 67

Abbildung 4-31: Thermische Entbinderung von Korund- und LTCC-Grünfolien mit verschiedenen

Bindern im Vergleich, LTCC: BAM 397, TGA, Heizgeschwindigkeit 5 K/min ...... 68

Abbildung 4-32: Einfluss der spezifischen Oberfläche auf die Endphase der thermischen

Entbinderung von Korund-Grünfolien, Binder Polyacrylat, TGA,

Heizgeschwindigkeit 5 K/min ................................................................................... 69

Abbildung 4-33: Normierter Masseverlust und Restkohlenstoffgehalt im Vergleich, TGA mit

Heizgeschwindigkeit 5 K/min, Kohlenstoffanalysator ELTRA CS-800 ................... 69

Abbildung 4-34: Vergleich der Restkohlenstoffgehalte von Korund 2 aus der TGA und dem

Schmelzaufschlussverfahren ..................................................................................... 70

Abbildung 4-35: Entbinderung von LTCC-Grünfolie bis 400 °C unter reinem Sauerstoff, ................. 71

Abbildung 4-36: Ergebnisse von Drucksinterexperimenten zur Ermittlung der niedrigsten

Entbinderungstemperatur, 70 × 70 mm² BAM397-Substrate mit Opferfolien,

ATV LTCC-Sinterpresse ........................................................................................... 71

Abbildung 4-37: Prozessbedingungen zur druckunterstützten Sinterung von BAM397 mit

Glaskohlenstoff .......................................................................................................... 72

Page 116: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Anhang - Abbildungsverzeichnis

106 BAM-Dissertationsreihe

Abbildung 4-38: Verschiedene Oberflächen von Glaskohlenstoffplatte nach Wiederaufbereitung,

Lichtmikroskop, bläuliche Einfärbung durch Differential-Interferenz-Kontrast ....... 73

Abbildung 4-39: Ausbildung der Porosität in LTCC nach Sinterung mit unterschiedlicher

geometrischer Schwindungsbeschränkung,

a) freie Sinterung,

b) Schwindungsbeschränkung durch Opferfolie,

c) Schwindungsbeschränkung durch starres Substrat, REM-Bilder aus[OLL2008] . 74

Abbildung 4-40: Oberfläche von BAM397-LTCC mitausgeprägtem Porenwachstum nach

druckunterstützter Sinterung mit Glaskohlenstoffplatte, REM Zeiss Supra 40,

InLens-Detektor ......................................................................................................... 75

Abbildung 4-41: Oberflächen von DP951-Substraten nach druckunterstützter Sinterung mit

Glaskohlenstoff und unterschiedlichen Pressdrücken und Haltezeiten, REM Zeiss

Supra 40, SE-Detektor ............................................................................................... 75

Abbildung 4-42: links: Oberfläche von DP951 nach druckunterstützter Sinterung mit

Glaskohlenstoff, Sekundärelektronen-Kontrast,

rechts: Querschliff einer mit Glaskohlenstoff druckgesinterten Oberfläche von

DP951, Rückstreuelektronen-Kontrast, JEOL Mikrosonde JXA-8900 RL ............... 76

Abbildung 4-43: Elementverteilung an der Oberfläche von frei gesintertem DP951, REM-Bild

mit SE-Kontrast, WDX-Analyse, JEOL Mikrosonde JXA-8900 RL ........................ 77

Abbildung 4-44: Elementverteilung an der Oberfläche von DP951 nach druckunterstützter

Sinterung mit Glaskohlenstoff, REM-Bild im SE-Kontrast, WDX-Analyse,

JEOL Mikrosonde JXA-8900 RL .............................................................................. 77

Abbildung 4-45: Elementverteilung am Querschliff von DP951 nach druckunterstützter Sinterung

mit Glaskohlenstoff, REM-Bild im SE-Kontrast, WDX-Analyse, JEOL

Mikrosonde JXA-8900 RL ........................................................................................ 78

Abbildung 4-46 oben: Schwindungsdeformation von DP951-Einzelfolien nach druckloser

Sinterung mit geometrischer Schwindungsbeschränkung durch Opferfolie auf der

Unterseite unten: Schwindungsdeformation von DP951-Einzelfolien nach

druckunterstützter Sinterung mit Opferfolie auf der Unterseite und aufgelegter

Glaskohlenstoffplatte (unten) .................................................................................... 80

Abbildung 4-47: Übersichtsaufnahmen von Oberflächen frei gesinterter LTCC-Substrate und des

Referenzsubstrats Rubalit 710, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor ................... 80

Abbildung 4-48: Übersichtsaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate,

Opferfolie MR23 0,5 h, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor ............................... 82

Abbildung 4-49: Detailaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate, Opferfolie

MR23 0,5 h, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor ................................................ 82

Abbildung 4-50: Übersichtsaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate,

Opferfolie A16 2h, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor ...................................... 82

Abbildung 4-51: Detailaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate, Opferfolie

A16 2 h, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor ....................................................... 83

Abbildung 4-52: Übersichtsaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate,

Opferfolie bimodal, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor ..................................... 83

Abbildung 4-53: Detailaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate, Opferfolie

bimodal, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor ...................................................... 84

Page 117: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Anhang - Abbildungsverzeichnis

107

Abbildung 4-54: Rautiefe und mittlere Rauheit verschiedener LTCC-Substrate nach druck

unterstützter Sinterung mit Al2O3-Opferfolien verschiedener Partikelgrößen,

taktile Messung, Hommel-Etamic T8000 .................................................................. 84

Abbildung 4-55: Messstrecken zur Bestimmung der Rauheitskennwerte auf BAM186 mit A16 2 h-

Opferfolie mit resultierenden Kennwerten, Hommel-Etamic T8000 oben:

Messtrecke erfasst Agglomerate auf der Oberfäche, unten: Messtrecke ohne

Agglomerate, taktile Messung, .................................................................................. 85

Abbildung 4-56: Flächenwiderstände von 1 µm Ti-Beschichtungen und 50 nm Cr-Beschichtungen

auf verschiedenen, mit Al2O3-Opferfolien verschiedener Partikelgrößen

druckunterstützt gesinterten LTCC-Substraten, Vier-Leiter-Messung ...................... 86

Abbildung 4-57: Übersichtsaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate,

Opferfolie hexBN, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor....................................... 88

Abbildung 4-58: Detailaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate, Opferfolie

hexBN, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor ........................................................ 88

Abbildung 4-59: Übersichtsaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate,

Brennhilfsmittel Glaskohlenstoff, keine Opferfolie, REM Zeiss Supra 40,

InLens-Detektor ......................................................................................................... 89

Abbildung 4-60: Detailaufnahmen von Oberflächen druckgesinterter LTCC-Substrate,

Glaskohlenstoff, keine Opferfolie, REM Zeiss Supra 40, InLens-Detektor .............. 90

Abbildung 4-61: Wägezellen-Biegebalken (links) und Drucksensor (rechts) mit Dünnfilm-

Dehnungssensoren auf LTCC-Substraten mit maßgeschneiderten Oberflächen ....... 92

Page 118: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Anhang - Tabellenverzeichnis

108 BAM-Dissertationsreihe

7.4 Tabellenverzeichnis

Tabelle 3-1: Übersicht verwendeter Werkstoffe ............................................................................ 27

Tabelle 3-2: Übersicht Schlickerzusammensetzungen und Foliendicken ...................................... 28

Tabelle 3-3: Brennprogramme für die druckunterstützte Sinterung der LTCC-Substrate mit

verschiedenen Opferfolien ......................................................................................... 34

Tabelle 3-4: Brennprogramme für die druckunterstützte Sinterung von LTCC-Substraten mit

Glaskohlenstoffplatten, Entbinderung mit 1500 l/h Pressluftspülung, Sinterung

mit 1750 l/h Stickstoffspülung .................................................................................. 35

Tabelle 4-1: Parameter der MSC-Modellfunktionen für BAM397-Pulver und -

Mehrlagensubstrat mit geometrischer Schwindungsbeschränkung ........................... 40

Tabelle 4-2: Auswertung der angepassten Geraden aus Abbildung 4-16 ...................................... 53

Tabelle 4-3: Aktivierungsenergien und quadratische Fehlersummen (S.d.q.F.) aus MSC-

Berechnungen ............................................................................................................ 54

Tabelle 4-4: Parameter der MSC-Modellfunktionen für druckunterstützte Sinterung von

DP951 mit geometrischer Schwindungsbeschränkung bei verschiedenen Drücken . 57

Tabelle 4-5: Charakteristische Partikelgrößen der aufbereiteten Al2O3-Pulver für die

Opferfolienentwicklung, Laserbeugung, Malvern Mastersizer 2000 ........................ 62

Tabelle 4-6: Masseverluste von LTCC-Grünfolien mit verschiedenen Bindern nach

thermischer Entbinderung .......................................................................................... 64

Tabelle 4-7: Spezifische Oberfläche (BET) der Feststoffe ............................................................ 68

Tabelle 4-8: Oberflächeneigenschaften von frei gesinterten LTCC-Substraten und dem

Referenzsubstrat Rubalit 710 ..................................................................................... 81

Tabelle 4-9: Oberflächeneigenschaften von LTCC-Substraten nach druckunterstützter

Sinterung mit bimodaler Al2O3-Opferfolie ................................................................ 87

Tabelle 4-10: Oberflächeneigenschaften von LTCC-Substraten nach druckunterstützter

Sinterung mit hexBN-Opferfolie ............................................................................... 88

Tabelle 4-11: Oberflächeneigenschaften von LTCC-Substraten nach druckunterstützter

Sinterung mit Glaskohlenstoff, ohne Opferfolie ....................................................... 90

Page 119: Modellierungsansätze und neue Brennhilfsmittelkonzepte für ... · Kurzfassung Niedrigsinternde Glas-Keramik-Komposite (LTCC, low temperature co-fired ceramics) werden erfolg-reich

Anhang - Danksagung

109

7.5 Danksagung

Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der

BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung. Für die freundliche Zusammenarbeit und

Unterstützung während dieser Zeit bedanke ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen, allen voran den

Mitarbeitern des Fachbereichs Technische Keramik.

Vielen Dank an Prof. Dr. rer. nat. Alexander Michaelis für die Übernahme des Erstgutachtens und an

Prof. Dr.-Ing. Andreas Roosen für die Übernahme des Zweitgutachtens.

Mein ganz besonderer Dank gilt Dr. Torsten Rabe für die Betreuung der Arbeit und die zeitlichen

Freiräume, die mir zum Abfassen der Dissertation eingeräumt wurden.

Für unentbehrliche Unterstützung bei der experimentellen Arbeit, speziell der Versatzaufbereitung und

dem Foliengießen, bedanke ich mich bei Wolfgang Güther.

Ein Teil der Arbeit wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert (FKZ

13N10919). Für die Anschlussfinanzierung aus Mitteln der Abteilung Werkstofftechnik der BAM danke

ich Dr. Pedro Dolabella-Portella.

Darüber hinaus ein herzliches Dankeschön an

Dr. Stefan Reinsch vom Fachbereich Glas für thermogravimetrische Messungen,

Dr. Ralf Müller vom Fachbereich Glas für die Genehmigung den TMA 801 zu nutzen,

Matthias Weise vom Fachbereich Oberflächenmodifizierung und -messtechnik für Dünnfilm-

beschichtungen

Sigrid Benemann vom Fachbereich Oberflächenanalytik und Grenzflächenchemie für zahlreiche

REM-Aufnahmen

Theodor Moelders für die Politur der Glaskohlenstoffplatten,

Dr. Marion Gemeinert und Petra Kuchenbecker für Korrekturen.

Die Möglichkeit, eine Forschungsarbeit in einem so angenehmen und wohlwollenden Umfeld

anzufertigen, wie ich es erlebt habe, erscheint mir als Privileg, für das ich aufrichtig dankbar bin.