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Modellierung des Kontrahentenrisikos Fachbereichsseminar 26.05.2009 Prof. Dr. M.R.W. Martin 2

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Modellierung des

Kontrahentenrisikos

Fachbereichsseminar 26.05.2009

Prof. Dr. M.R.W. Martin2

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Inhalt

1. Kontrahentenrisiko und Exposure2. Interne Modelle Methode (IMM)3. Exposure-Maße4. Modellierungsansätze5. Erzeugung von zukünftigen Risikofaktorverteilungen

und eines übergreifenden Marktszenarios6. Instrumentmodelle7. Aggregation8. Validierung und Backtesting

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1. Kontrahentenrisiko und Exposure

Def.:Das Kontrahentenrisiko aus einem bilateral mit einem Geschäftspartner (nicht einer Börse) abge-schlossenen Derivategeschäft, einem sog. OTC Derivat (Over-the-Counter Derivative) besteht im Ausfall des Kontrahenten, also dem Risiko, dass der Geschäfts-partner damit eine eventuelle Forderung nicht mehr erfüllen kann.

Die Höhe einer solchen Forderung wird gemeinhin als Exposure bezeichnet.

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1. Kontrahentenrisiko und Exposure

Gegenstand unserer Überlegungen ist es daher, 1. die heute offenen Forderungen (das sog. Current

Exposure) sowie 2. eine Prognose aller in der Zukunft liegenden

potenziellen Forderungen gegenüber einem Kontrahenten (das sog. Potential Exposure od. Future Exposure)

zu beziffern / zu schätzen und durch Eigenkapital abzusichern.

Ein Exposure besteht aber nur dann, wenn der Marktwert eines mit diesem Kontrahenten getätigten Geschäftes positiv ist:

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1. Kontrahentenrisiko und Exposure

1. Marktwert negativ (MtM<0):Close-Out der Position durch Zahlung des Marktwertes an den Kontrahenten. Anschließend gehen wir dieselbe Marktrisikoposition mit einem anderen Kontrahenten ein und erhalten denselben Marktwert gezahlt. Unser Nettoverlust ist damit Null.

2. Marktwert positiv (MtM>0):Close-Out der Position führt nun dazu, dass wir vom ausgefallenen Kontrahenten keine Zahlung mehr er-halten, uns aber dennoch bei einem anderen Kontra-henten unter Zahlung des Marktwertes die Position neu eingehen wollen. Damit ist der Nettoverlust der MtM>0.

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1. Kontrahentenrisiko und Exposure

Zur Ermittlung von regulatorischem Eigenkapital zur Ab-sicherung des Exposures aus dem Kontrahentenrisiko stehen grundsätzlich drei Methoden zur Verfügung:

1. Marktbewertungsmethode (CEM)2. Standardmethode (SM)3. Interne Modelle Methode (IMM)

Die Reihenfolge dieser Aufzählung entspricht der Komplexi-tät der in diesen verwandten Ansätze zur Risiko-messung und damit in umgekehrter Reihenfolge i. A. auch in etwa dem des jeweils benötigten Eigen-kapitals.

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1. Kontrahentenrisiko und Exposure

Die Marktbewertungsmethode (Current ExposureMethod – CEM) ist die gegenwärtige Standardmethode zur Ermittlung des regulatorischen Exposures at Default (EaD) für eine Adressenausfallrisikoposition:

EaD = Wiedereindeckungsaufwand + Zuschlag = max{0,MtM} + Zuschlag

Dabei ergibt sich der Zuschlag gem. § 20 Abs. 1 SolvVals Produkt aus dem marktbewerteten Anspruch aus dem Derivat („notional principal amounts or underlyingvalues“) und der fest vorgeschriebenen „Volatilitätsrate“nach Tabelle 1, Anlage 1 zur SolvV:

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1. Kontrahentenrisiko und Exposure

Dabei ist bei Abhängigkeit von mehreren Risikofaktoren die jeweils konservativste/höchste Volatilitätsrate für das Einzelgeschäft zu verwenden!

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1. Kontrahentenrisiko und Exposure

Hauptprobleme der CEM:Die Marktbewertungsmethode ist nicht risikosensitiv und

bringt folgende Probleme mit sich (vgl. z.B. ISDA (2007)):

• Das potenzielle zukünftige Kreditexposure ist im Allgemeinen nicht proportional zum Nominalbetrag, wie in der CEM angenommen.

• Das tatsächliche Exposure verschiedener Instrumente ist bspw. für beliebige Zinsinstrumente (Swaps, Caps und Floors, Swaptions,…) derselben Laufzeit bei weitem nicht identisch.

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1. Kontrahentenrisiko und Exposure

Kurzum:• In der CEM wird der Zuschlag nicht dynamisch

modelliert, sodass sämtliche Marktinformationen nur über den aktuellen Marktwert ausgedrückt werden.

• Die potenziellen zukünftigen Kreditexposures variieren jedoch neben Assetklasse und Laufzeit stark je nach Produkt und Volatilitätsniveau der Risikofaktoren.

Basis der Ermittlung der festen Zuschlagsfaktoren waren allerdings bereits erste empirische Studien zur Modellierung des potenziellen Exposures der Benchmark-Instrumente (vgl. z.B. Zangari(1997a,b)).

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1. Kontrahentenrisiko und Exposure

Bsp: Für jeden Zinsswap (z.B. halbjährlicher Tausch eines variablen Zinssatzes wie EURIBOR oder LIBOR gegen eine feste Swap-Rate) ist der Marktwert bei Abschluss Null.

Dies verdeutlicht, dass eine Steuerung der Kontra-hentenrisiken einzig über den aktuellen Wieder-eindeckungsaufwand allein zu kurz greifen würde, v.a. da alle Zinsswaps mit einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr gar kein Kontrahentenrisiko mehr besitzen würden!

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2. Interne Modelle Methode (IMM)

Motivation:Bei der IMM handelt es sich um die fortgeschrittenste

Meßtechnik des Kontrahentenexposures, die die SolvVzulässt und dem Marktstandard national und inter-national tätiger Großbanken entspricht.

Ziel:Einen marktbewerteten potenziellen Wiederein-deckungsaufwand für jedes Geschäft eines Kontrahentenportfolios an jedem „interes-sierenden“ Zeitpunkt in der Zukunft zu be-stimmen!

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PV �(6m)

2. Interne Modelle Methode (IMM)

1m 3m 1y 2y

%

T

PV

Drei mögliche Zinsstrukturszenarien für einen 2y-Swap in t=6m:

PV �(6m)

PV �(6m)

0

PV

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2. Interne Modelle Methode (IMM)

Durch eine geeignete Modellierung kann dann sukzessive ein sog. Exposure-Zeitprofil erzeugt werden, das– die tatsächliche Laufzeitstruktur des Kontrahenten-

portfolios abbildet,– angemessen die Aufrechnung von Long- gegen Short-

Positionen unter regulatorischem Netting berücksich-tigt,

– sämtliche Geschäfte im jeweiligen Kontrahenten-portfolio unter konsistenten Marktszenarien bewertet und so sowohl Korrelations- als auch Portfolioeffekte angemessen berücksichtigt.

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2. Interne Modelle Methode (IMM)

t1w1d 1m 6m

: 95%-Quantil

: Erwartungswert

Pote

nzie

ller

Wie

dere

inde

ckun

gsau

fwan

d

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2. Interne Modelle Methode (IMM)

Dazu sind an bestimmten (vorher zu wählenden) zukünftigen Stützzeitpunkten …

1. … die potenziellen Marktpreis- bzw. Risikofaktor-änderungen (Marktszenarien) zu modellieren

und

2. … unter jedem so ermittelten zukünftigen Markt-szenario eine Neubewertung der Geschäfte durch-zuführen und damit den potenziellen Wiederein-deckungsaufwand zu bestimmen.

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3. Exposure-Maße

Welche statistischen Maße für den zukünftigen Wieder-eindeckungsaufwand gibt es und wozu werden diese benötigt?

Üblicherweise betrachtet man an jedem Stützzeitpunkt – ein hohes, meist 95%-Quantil bzw. – den Erwartungswert

der aus den Marktszenarien erzeugten Verteilung der zukünftigen positiven Marktwerte. Dadurch wird ein sog. Exposure-Zeitprofil erzeugt, das als– Potential Future Exposure (PFE) bzw.– Expected Exposure (EE)

bezeichnet wird.

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3. Exposure-Maße

Bsp.: Receiver-Swap, T=6y, jährliche Zahlung Swap-Prämie 4% vs. EURIBOR_1Y

PeakExposure

PFE(95%)

EE

Laufzeitende des Receiver-Swaps(kein Nominalaustausch!)

EPE

Reduktion des Exposuresdurch Zahlungseingang der Festzinsseite

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3. Exposure-Maße

t1w1d 1m 6mPote

nzie

ller

Wie

dere

inde

ckun

gsau

fwan

d

1y

EEEEE

EPE

EEPE

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3. Exposure-Maße

Vom Exposure zum regulatorischen Kapital1. Durch Skalieren mit dem Alpha-Faktor wird das

regulatorische Exposure at Default berechnet:EaD = α . EEPE

2. Mit der LGD und dem PD aus den internen Ratingsys-temen wird damit der Expected Loss und der Unexpected Loss nach den Formeln zur Berechnung des regulatorischen Kapitals ermittelt, wozu nun noch der Laufzeitanpassungsfaktor M, die sog. EffectiveMaturity, zu bestimmen ist.

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3. Exposure-Maße

Bei der Ermittlung des regulatorischen Kapitals für klassische Kredite nach Basel II bzw. SolvV wird über die sog. Restlaufzeit (Maturity) das über den Kapitalhorizont von einem Jahr hinaus gehende Migrationsrisikomitberücksichtigt. Daher sind die Institute gehalten, die EE-Profile bis zur Laufzeit des am längsten laufenden Geschäftes einer Aufrechnungsvereinbarung zu ermitteln:

⎟⎟⎟⎟⎟

⎜⎜⎜⎜⎜

Δ

Δ+Δ=

∑ ∑≤

=

= >5;

**

****

1

1

1

1

Re

1

Jahrt

kkkk

Jahrt

k

stlaufzeit

Jahrtkkkkkk

k

k

k

dftEEffectiveE

dftEEdftEEffectiveE

MinM

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3. Exposure-Maße

Der Skalierungsfaktor α angewendet auf das EEPE dientdazu, die aus den Vereinfachungen unberücksichtigtenRisiken konservativ abzuschätzen (v.a. das sog. Wrong Way Risk).

Dieser kanni. von den Instituten selbst geschätzt werden

(wobei ein Floor von α0=1.2 zu berücksichtigten ist und auf interne Kreditportfoliomodelle im Migration- und Multiple-Period-Modus zurückzugreifen ist)

oder

ii. es kann die regulatorische Vorgabe von α=1.4übernommen werden.

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4. Modellierungsansätze

Einige wichtige Anmerkungen vorab:

1. Vergleich mit Marktrisikomodellen:

– Das Marktrisiko wird über einen sehr kurzen Vorher-sagehorizont (1 Tag) mit langer Datenhistorie(mind. 1 Jahr) prognostiziert.

– Bei Exposure-Modellen müssen dagegen Vorher-sagen über Zeithorizonte getroffen werden, die zumTeil ein Vielfaches der Datenhistorie betreffen(bspw. Können bereits einfachste ZinsswapsLaufzeiten zwischen 10 und 40 Jahren besitzen)!

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4. Modellierungsansätze

2. An jedem Stützzeitpunkt in der Zukunft ist jedesGeschäft eines Kontrahentenportfolios unter demjeweiligen Marktszenario zu bewerten, was immensenRechenaufwand bedeutet und „schlaue” (also schnelleaber noch hinreichend exakte, auch approximative) Ansätze erfordert:

– Dies betrifft den Umfang aller Geschäfte einer Bank mit allen ihren Kontrahenten, aber

– ganz besonders auch komplexe Derivate (für eineneinzelnen Kontrahenten), für die ein „Monte-Carlo-on-Monte-Carlo” nicht mit vertretbarem Aufwandrealisierbar ist!

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4. Modellierungsansätze

Portfolio

konsistentezukünftige

MarktszenarienΣ

1. Erzeugung zukünftiger Marktpreis-entwicklungen (pro Assetklasse mitModellierung der ökonomischen

Zusammenhänge)

Zinsstruktur-kurven

Wechsel-kurse

Credit Spreads

Aktien

2. Vollst. Neubewertung pro Szenario und Stützzeitpunkt

PFEEEEPEEEEEEPE

3. Aggregation /Auswertungen

1

2

3

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5. Zukünftige Risikofaktorverteilungen

Um in einem zukünftigen Stützzeitpunkt die Geschäfte mit einem Kontrahenten neu bewerten zu können, benötigt man ein zugehöriges Marktszenario. Dieses beschreibt die möglichen Realisationen von Zins-raten, Aktienkursen, Wechselkursen, Rohwaren-preisen, …, wie sie an einem zukünftigen Tage auftreten könnten.

Vorgehen: 1. Spezifikation der stochastischen Evolution der trei-

benden Risikofaktoren2. Erzeugung korrelierter Marktszenarien über die aus

historischen Daten geschätzte Kovarianzmatrix (s. 6.)

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5. Zukünftige RisikofaktorverteilungenBsp. 1: Zinsstrukturen

Zinsstrukturkurven in allen relevanten Währungen können nicht mit Hilfe geometrischer Brownscher Be-wegungen modelliert werden, da diese aufgrund der Drifts für weit in der Zukunft liegenden Zeitpunkten im Allgemeinen zu zu großen Zinsniveaus führen würden.

Empirische Untersuchungen und praktische Erfahrungen motivieren die Verwendung

lognormaler Mean Reversion Prozesse (vgl. zum Beispiel Reimers & Zerbs (1999) oder das Mark-to-Future-Konzept von Algorithmics® (2000)).

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5. Zukünftige RisikofaktorverteilungenBsp. 1: Zinsstrukturen

Für eine (Fremd-) Währung FW, sagen wir den EUR, sind dazu die Laufzeitbänder Tj zu identifizieren, in denen die entsprechenden Zinsraten rj(t) modelliert werden sollen:

Dabei sind sowohl die Brownschen Prozesse zwischen den verschiedenen Buckets einer Währung als auch zwischen den verschiedenen Fremdwährungen zu korrelieren:

Sämtliche Parameter sind dabei aus Zeitreihen zu schätzen!

( ) ( )( ) FW,FWFWFWFWFW )(log)()(log jtjj dWdttrtatrd

jjj⋅+−⋅= σθ

dtdWdWkj

kt

jt ⋅=⋅ FW2FW1,FW2,FW1,

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5. Zukünftige RisikofaktorverteilungenBsp. 1: Zinsstrukturen

Hauptkomponentenzerlegung der täglichen Logreturns(z.B. von Reimers & Zerbs (1999), s.u.) liefert die Anzahl der zu modellierenden Faktoren, i.d.R. drei bis fünf (Parallelshift, Drehung/Inversion, „Butterfly“,…):

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5. Zukünftige RisikofaktorverteilungenBsp. 1: Zinsstrukturen

Ausblick:1. Alternative: Libor Market Model (LMM) für

Zinsstrukturen, “state-of-the-art” beim Pricing von komplexen Zinsderivaten (vgl. Master Thesis H. Hegre, Trondheim, 2006).

2. Ausgabe einer Masterarbeit zur Zinsstrukturmodel-lierung zu Zwecken der Kontrahentenrisikomessung mit LMM an der Hochschule Darmstadt (h_da, WS 2009/10)

Prof. Dr. M.R.W. Martin32

5. Zukünftige RisikofaktorverteilungenBsp. 2: Aktienkurse

Aktienkurse (bzw. deren Logrenditen) werden unter Verwendung einer geometrischen Brownschen Bewe-gung mit Drift modelliert:

Häufig wird anstelle einer individuellen Modellierung für jede einzelne Aktie die Dynamik meist nur für die wichtigsten Märkte durch die „marktgängigen Indizes“stochastisch modelliert (analog zum Vorgehen in Marktrisikomodellen, vgl. DePrisco & Rosen (2005)).

Stt

Stt dWSdtSdS σμ +=

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Prof. Dr. M.R.W. Martin33

5. Zukünftige RisikofaktorverteilungenBsp. 2: Aktienkurse

Welche Drift μ ist darin zu wählen?

Lomibao & Zhu (2005) sowie Pykhtin & Zhu (2006) führen an, dass die empirisch aus den Zeitreihen ermittelte Drift μhist der historischen Logrenditen um den Itô-Term zu

μ:= μhist + 0,5σ2

korrigiert werden sollte, sodass zusätzlich die Volatilität (also das Risiko) des jeweiligen Underlyings (konserva-tiv) mitberücksichtigt wird.

Prof. Dr. M.R.W. Martin34

5. Zukünftige RisikofaktorverteilungenBsp. 2: Aktienkurse

Welche Volatilität σ ist zu wählen?

Meist wird hier einfach die historische Volatilität der Log-renditen verwendet, wenngleich beim Bewerten einer Aktienoption beispielsweise auf die implizite Volatilität zurückgegriffen wird.

Mit anderen Worten: Das Maß, unter dem die Model-lierungen erfolgen, ist – wie bei Risikomessungen üblich – das empirische („real world measure“) und i.A. nicht das risikoneutrale Maß („risk-neutralmeasure“).

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Prof. Dr. M.R.W. Martin35

5. Zukünftige RisikofaktorverteilungenOffene Fragestellung

Zu diesem Thema sei angemerkt, dass zwar1. die Szenarien eines zukünftigen Marktszenarios unter

dem historischen Maß erzeugt werden sollten, 2. aber die anschließende Bewertung der Geschäfte

prinzipiell unter einem risikoneutralen Maß erfolgen müsste (also grundsätzlich erst an jedem Stütz-zeitpunkt eine vollständige Rekalibrierung der Instru-mentmodelle durchgeführt werden müsste), was aus Zeitgründen unmöglich ist!

Ausblick: Querverbindung zu Deflatoren, Solvency II !!!

Prof. Dr. M.R.W. Martin36

5. Zukünftige RisikofaktorverteilungenErzeugung der Marktszenarien

Die Ermittlung der historischen Volatilitäten und Korrelationen als Modellparameter der Evolutions-modelle der einzelnen Risikofaktoren muss sowohl innerhalb der einzelnen Assetklassen als auch über diese hinweg geschehen.

Vereinfachend nehmen wir im Folgenden an, dass bereits ein Prozess zur Ermittlung der Kovarianzmatrix Σ der verschiedenen Risikofaktoren (über die verschiedenen Assetklassen hinweg) bereits empirisch geschätzt wurde (und positiv definit ist).

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Prof. Dr. M.R.W. Martin37

5. Zukünftige Risikofaktorverteilungen Erzeugung der Marktszenarien

Die Modellierung der Brownschen Bewegungen, die die Stochastik aller modellierten Risikofaktoren treibt, erfolgt üblicherweise durch Diskretisierung unter Rückgriff auf normalverteilte Zufallsvariablen.

Daher können die hierfür benötigten korrelierten Zufallsvariablen leicht nach der aus dem Marktrisiko bekannten Ansatz der Multiplikation eines ent-sprechend hochdimensionalen Vektors an unab-hängigen standardnormalverteilten Zufallsvariablen mit der Cholesky-Zerlegung der Kovarianzmatrix Σ erzeugt werden.

Dieser Schritt ist daher der Erzeugung der Szenarien in den einzelnen Assetklassen vorzuschalten!!!

Prof. Dr. M.R.W. Martin38

6. Instrumentmodelle

Die Anforderungen an die Instrumentmodelle weichen ebenfalls im Allgemeinen und Besonderen von denen für die P&L- und Marktrisikoermittlung ab.

Aufgrund der stets wie ein „Damoklesschwert“ über dem Modellierer hängenden Problematik der Rechenleistung des Systems werden hier vor allem analytische Be-wertungsformeln bevorzugt, auch wenn Sie u.U. nicht in jeder Situation im Marktrisiko geeignet erscheinen würden.

Es geht also primär dabei um eine Abschätzung zwischen Genauigkeit und Schnelligkeit, die zu klären ist!

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Prof. Dr. M.R.W. Martin39

6. Instrumentmodelle

Die Instrumentmodelle des Handels bzw. des Risiko-controllings liefern üblicherweise nur den heutigen Marktwert und die heutigen Sensitivitäten, nicht aber bereits einen Vektor zukünftiger Marktwerte in den gewählten Stützzeitpunkten.

Daher wird in den meisten IMM eine separate Toolbox an Instrumentmodellen implementiert, die diese Aufgabe übernimmt und in denen zum Teil vom Handel ab-weichende Modelle implementiert sind.

Prof. Dr. M.R.W. Martin40

6. Instrumentmodelle

Als Teil der Validierungsanstrengungen sind die zu verwendenden Instrumentmodelle unabhängig zu validieren.

Dies kann nur zum Teil durch bereits vorhandene Prozesse des Marktrisikomodells abgedeckt werden, da neben dem Marktwert und den Sensitivitäten am Berechnungstag für IMM-Instrumentmodelle auch die Güte der ermittelten Marktwerte an den zukünftigen Stützzeitpunkten zu überprüfen ist!

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Prof. Dr. M.R.W. Martin41

6. Instrumentmodelle

Ein großes Problem stellt insbesondere die Behandlung exotischer(er) Optionen dar.

Für pfadabhängige Exoten (Exoten der ersten Generation) kann diese in den Bewertungsprozess mit Hilfe des sog. Conditional Valuation Approach von Lomibao & Zhu (2005) problemlos eingebettet werden, indem an jedem Bewertungsstützzeitpunkt die Wahrscheinlich-keit ermittelt wird, dass eine Ausübung im Zeitraum zwischen dem letzten Stützzeitpunkt und dem Stützzeitpunkt, an dem bewertet werden soll, bereits stattgefunden haben könnte.

Prof. Dr. M.R.W. Martin42

6. Instrumentmodelle

Ausblick:

1. PDE- und Monte-Carlo-Verfahren sind für die Kontrahentenrisikorechnung zu rechenintensiv: Gibt es „kostengünstigere“ aber dennoch angemessene Alternativen (gröbere Approximationen, analytische Näherungslösungen, Parallelisierungen, …):

Zukünftiger Forschungsschwerpunkt ab WS 2009/10!

2. Quantifizierung des Modellrisikos aus Kontrahenten-risikomodellen: Zwei Paper in Vorbereitung (2009)!

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Prof. Dr. M.R.W. Martin43

7. Aggregation

Nachdem nun pro Stützzeitpunkt und pro Einzelgeschäft die benötigten Marktwerte pro Aufrechnungsposition (Netting Set) ermittelt wurden, können diese an jedem Stützzeitpunkt (je nach Vorliegen von berücksich-tigungsfähigen Aufrechnungsvereinbarungen) mit-einander verrechnet werden.

Bei Vorliegen einer Aufrechnungsvereinbarung wird dazuzunächst die Summe aller (positiven oder negativen) Barwerte gebildet und anschließend diese auf Nicht-Negativität korrigiert, wohingegen für einzelneAufrechnungspositionen zunächst die Nicht-Negativitätgeprüft wird, bevor sie zu den anderen Positionenaggregiert werden.

Prof. Dr. M.R.W. Martin44

8. Validierung und Backtesting

Mit der Entwicklung beginnend ist laufend die Prognosegüte und Aussagekraft einer Internen ModelleMethode zu überwachen.

Dies geschieht• durch einen regelmäßigen Validierungsprozess des

Gesamtmodells und seiner Komponenten sowie• durch ein sog. Backtesting, also den Vergleich der

Prognosen mit den tatsächlichen Realisationen derMarktwerte für die einzelnen Geschäfte bzw. Portfolios.

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Prof. Dr. M.R.W. Martin45

8. Validierung und Backtesting

Ausblick:1. Die Wahl geeigneter realer oder hypothetischer Test-

Porfolios sowie Entwicklung geeigneter statistischerTests, wie die Prognosegüte des Exposures vernünftigzu messen ist, stellt eine noch nicht allgemein gelösteHerausforderung dar.

Zukünftiger Forschungsschwerpunkt ab WS 2009/10!

2. Maße für die Güte der Ergebnisse eines Instrument-modells (also den Trade-Off zwischen Genauigkeit und Geschwindigkeit) exisitieren derzeit nicht.

Zukünftiger Forschungsschwerpunkt ab WS 2009/10!

Prof. Dr. M.R.W. Martin46

Literaturverzeichnis

1. P. Zangari: On measuring credit exposure. J.P. Morgan / Reuters RiskMetrics Monitor, pp. 2-33, 1999.

2. H. Hegre, Interest rate modelling with applications to counter-party risk, Master Thesis, Norwegian University of Science and Technology, Trondheim, (NTNU), 06/2006.

3. ISDA: Counterparty Credit Risk Management Under Basel II. ISDA Asia, 2007.

4. M. Pykhtin: Counterparty Credit Risk Modelling. RISK book, London, 2005.

5. B. DePrisco & D. Rosen: Modelling Stochastic Counterparty Credit Exposures for Derivatives Portfolios. In: M. Pykhtin (2005), 3-47.

6. M. Pykhtin & S. Zhu: Measuring Counterparty Credit Risk for Trading Products under Basel II. Working Paper, Bank of America, Sept. 2006.

7. D. Lomibao & S. Zhu: A Conditional Valuation Approach for Path-Dependent Instruments. In: M. Pykhtin (2005).