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--- 129 --- MIEILUNGEN KLOSTERNEUBURG 70 (2020): 129-147 HAMMER et al. MODELLVERSUCHE ZUR ERMILUNG DES EINFLUSSES EINZELNER TUBENBESTANDTEILE AUF DEN POLYPHENOLEINTG IN MAISCHEVERGORENEN WEISSWEINEN Simone Hammer 1,2 , Peter Winterhalter 2 und Michael Zänglein 1 1 Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau D-97209 Veitshöchheim, An der Steige 15 2 Institut für Lebensmielchemie Technische Universität Braunschweig D-38106 Braunschweig, Schleinitzstraße 20 E-Mail: Michael.Zä[email protected] Anhand von Versuchen mit den Rebsorten 'Silvaner', 'Johanniter' und 'Traminer' wird im Labormaßstab unter- sucht, wie sich die Rebsorten hinsichtlich des Gesamtpolyphenolgehaltes und der Polyphenolzusammensetzung unterscheiden. Der Beitrag einzelner Traubenbestandteile und der Einfluss der Maischegärung im Vergleich zur alleinigen Extraktion durch den entstehenden Alkohol werden betrachtet. Es zeigt sich, dass die Maischegärung zu einem höheren Übergang von Polyphenolen führt als die Extraktion durch eine simulierte Weinmatrix. Unabhängig von der betrachteten Rebsorte ist der Polyphenoleintrag durch die Kerne am höchsten, der Beitrag der Pulpe ist am wenigsten ausgeprägt. Schalen und Kerne unterscheiden sich hinsichtlich der untersuchten monomeren Polyphen- ole. In den Kernen dominiert Catechin, in den Schalen überwiegt hingegen Rutin. Bei der Vergärung ganzer Beeren gehen aus Johanniter-Trauben die größten Konzentrationen an Polyphenolen und auch Tanninen über. Aus den Rappen werden qualitativ überwiegend die gleichen Polyphenole wie aus den Kernen freigesetzt, quantitativ domi- niert jedoch Procyanidin B1 sta Catechin. Der Einfluss der Trocknung auf den Eintrag durch zugesetzte Rappen ist rebsortenabhängig und verändert den Tannineintrag nur bei Silvaner-Rappen signifikant. Schlagwörter: Weintrauben, Gesamtpolyphenolgehalt, Tannin, Kerne, Schalen, Rappen Model experiments on the influence of single grape components on polyphenol input in mash-fermented whi- te wines. On the basis of laboratory scale experiments with the grape varieties 'Silvaner', 'Johanniter' and 'Traminer', it is examined how the total polyphenol content and the polyphenolic composition differ with regard to grape varie- ties. e contribution of single grape components and the influence of mash fermentation, compared to the exclu- sive extraction by the resulting alcohol, are compared. It is apparent that the mash fermentation leads to a higher input of polyphenols than the extraction by a simulated wine matrix. Irrespectively of the grape variety considered, the polyphenol input through the seeds is the highest, whereas the contribution of the pulp is the least pronounced. e monomeric polyphenols studied differ between skins and seeds. e seeds are dominated by catechin, whereas rutin is predominant in the skins. During the fermentation of whole berries, 'Johanniter' grapes release the largest concentrations of polyphenols and also tannins. From the stems the same polyphenols as from the seeds are relea- sed but with the dimeric procyanidin B1, instead of catechin, being the most abundant. e influence of the addition of fresh and dried stems is dependent on the grape variety and changes the tannin input only significantly for stems of 'Silvaner'. Keywords: grapes, total phenolics, tannins, pips, skins, stems

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MITTEILUNGEN KLOSTERNEUBURG 70 (2020): 129-147 HAMMER et al.

MODELLVERSUCHE ZUR ERMITTLUNGDES EINFLUSSES EINZELNER TRAUBENBESTANDTEILE AUF DENPOLYPHENOLEINTRAG IN MAISCHEVERGORENEN WEISSWEINEN

Simone Hammer1,2, Peter Winterhalter2 und Michael Zänglein1

1Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau D-97209 Veitshöchheim, An der Steige 152Institut für Lebensmittelchemie Technische Universität Braunschweig D-38106 Braunschweig, Schleinitzstraße 20 E-Mail: Michael.Zä[email protected]

Anhand von Versuchen mit den Rebsorten 'Silvaner', 'Johanniter' und 'Traminer' wird im Labormaßstab unter-sucht, wie sich die Rebsorten hinsichtlich des Gesamtpolyphenolgehaltes und der Polyphenolzusammensetzung unterscheiden. Der Beitrag einzelner Traubenbestandteile und der Einfluss der Maischegärung im Vergleich zur alleinigen Extraktion durch den entstehenden Alkohol werden betrachtet. Es zeigt sich, dass die Maischegärung zu einem höheren Übergang von Polyphenolen führt als die Extraktion durch eine simulierte Weinmatrix. Unabhängig von der betrachteten Rebsorte ist der Polyphenoleintrag durch die Kerne am höchsten, der Beitrag der Pulpe ist am wenigsten ausgeprägt. Schalen und Kerne unterscheiden sich hinsichtlich der untersuchten monomeren Polyphen-ole. In den Kernen dominiert Catechin, in den Schalen überwiegt hingegen Rutin. Bei der Vergärung ganzer Beeren gehen aus Johanniter-Trauben die größten Konzentrationen an Polyphenolen und auch Tanninen über. Aus den Rappen werden qualitativ überwiegend die gleichen Polyphenole wie aus den Kernen freigesetzt, quantitativ domi-niert jedoch Procyanidin B1 statt Catechin. Der Einfluss der Trocknung auf den Eintrag durch zugesetzte Rappen ist rebsortenabhängig und verändert den Tannineintrag nur bei Silvaner-Rappen signifikant.Schlagwörter: Weintrauben, Gesamtpolyphenolgehalt, Tannin, Kerne, Schalen, Rappen

Model experiments on the influence of single grape components on polyphenol input in mash-fermented whi-te wines. On the basis of laboratory scale experiments with the grape varieties 'Silvaner', 'Johanniter' and 'Traminer', it is examined how the total polyphenol content and the polyphenolic composition differ with regard to grape varie-ties. The contribution of single grape components and the influence of mash fermentation, compared to the exclu-sive extraction by the resulting alcohol, are compared. It is apparent that the mash fermentation leads to a higher input of polyphenols than the extraction by a simulated wine matrix. Irrespectively of the grape variety considered, the polyphenol input through the seeds is the highest, whereas the contribution of the pulp is the least pronounced. The monomeric polyphenols studied differ between skins and seeds. The seeds are dominated by catechin, whereas rutin is predominant in the skins. During the fermentation of whole berries, 'Johanniter' grapes release the largest concentrations of polyphenols and also tannins. From the stems the same polyphenols as from the seeds are relea-sed but with the dimeric procyanidin B1, instead of catechin, being the most abundant. The influence of the addition of fresh and dried stems is dependent on the grape variety and changes the tannin input only significantly for stems of 'Silvaner'.Keywords: grapes, total phenolics, tannins, pips, skins, stems

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In den letzten Jahren finden sich zunehmend soge-nannte "Orange Weine" auf dem Markt. Es handelt sich hierbei um Weine, die durch Maischegärung aus Weißweintrauben hergestellt werden. Durch die Mai-schegärung treten neben der Pulpe zudem Schalen und Kerne, ggf. auch Rappen, für längere Zeit direkt in Kontakt mit dem Most bzw. dem entstehenden Alkohol, wodurch Inhaltsstoffe der Traubenbestand-teile in stärkerem Maße in den Wein übergehen als bei einer weißweinüblichen Mostgärung. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den phenolischen Verbin-dungen, die allgemein als Polyphenole (PP) bezeich-net werden. PP sind sekundäre Pflanzenmetaboli-te, die bei der Vinifikation in den Wein übergehen (Casassa und Harbertson, 2014; Fischer und Glomb, 2015). Sie beeinflussen die chemischen und sensorischen Eigenschaften des Weines und gelten als qualitäts¬bestimmende Parameter (Cheynier et al., 2006). Es wird angenommen, dass ein Großteil der antioxidativen Eigenschaften von Trauben, Wein und anderen Früchten auf die PP zurückzuführen ist (Burns et al., 2000). Bei den PP handelt sich um eine Vielzahl von Verbindungen, die sich anhand ih-rer Molekülstruktur in verschiedene Klassen eintei-len lassen. In dieser Arbeit werden aus der Gruppe der Nichtflavonoide insbesondere Hydroxyzimt- und Hydroxybenzoesäuren sowie aus der Gruppe der Flavonoide die Flavan-3-ole (in monomerer und kondensierter Form) und die Flavonole betrachtet. Unter Tanninen werden kondensierte Flavan-3-ole (Proanthocyanidine) unterschiedlicher Kettenlänge verstanden, die vor allem aus Catechin- und Epica-techineinheiten aufgebaut sind und in Schalen, Ker-nen und Rappen vorkommen (Souquet et al., 2000; Terrier et al., 2009). Im Rahmen dieser Arbeit soll untersucht werden, wie sich verschiedene Rebsorten hinsichtlich des Gesamtpolyphenolgehaltes und der Polyphenolzusammensetzung unterscheiden, wel-che Polyphenole aus den verschiedenen Traubenbe-standteilen (Kerne, Pulpe, Schale, Rappen) im Zuge der Maischegärung extrahiert werden und welche

Beiträge die einzelnen Traubenbestandteile am Poly-phenolprofil der Weine haben. Die Ergebnisse sollen da-bei helfen, die Eignung landestypischer weißer Rebsor-ten für den Einsatz von Maischegärung abzuschätzen. Außerdem sollen die Erkenntnisse dazu beitragen, die ablaufenden Prozesse besser zu verstehen, um gegebe-nenfalls Anpassungen in der Praxis anstoßen zu können.

MATERIAL UND METHODEN

PROBENAHME UND EXTRAKTION

Alle verwendeten Trauben wurden in Deutschland angebaut. Die Silvaner- und Traminer-Trauben wur-den am Thüngersheimer Scharlachberg (N49.86936°, E009.85363°), Gemeinde Thüngersheim angebaut. Die Johanniter-Trauben wurden am Veitshöchheimer Wölflein (N49.84149°, E9.87749°), Gemeinde Veits-höchheim, angebaut. Die Silvaner-Trauben wurden am 11.09.2018 mit durchschnittlich 99 °Oe und die Johan-niter- und Traminer-Trauben am 5.09.18 mit durch-schnittlich 98 °Oe bzw. 82 °Oe gelesen. Von jeder Reb-sorte wurden aus verschiedenen Leseboxen je zwei bis drei Trauben (entsprechend ca. 400 g) entnommen und bis zur Durchführung der Experimente bei -20 °C aufbe-wahrt. Hieraus wurden für jedes Experiment 100 Beeren bzw. ca. 6 g Rappen ausgewählt. Bei Silvaner-Trauben wurde sowohl eine Extraktion mit Modellwein als auch eine Vergärung in Modellmost durchgeführt (Abb. 1). Die Beerenbestandteile der Johanniter- und Trami-ner¬Experimente wurden ausschließlich vergoren. Für die Rappen wurden zwei Behandlungen durchgeführt. In einem Experiment wurden die frischen Rappen ver-wendet, in einem zweiten Experiment Rappen, die zuvor für 72 h bei 40 °C im Trockenschrank gelagert wurden. Hieraus ergeben sich 24 Experimente (Dreifach- bzw. Doppelbestimmung) sowie ein Blindwert mit Modell-wein bzw. -most, um versuchs- und messbedingte Ein-flussgrößen zu eliminieren (Tabelle 1).

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Tab. 1: Versuchsdesign und Abkürzungen der verschiedenen Experimente

Beerenbestandteil Code Extraktion Vergärung Wiederholung

Silv

aner

Schale S_Sch Ex Vg A B C

Kerne S_K Ex Vg A B C

Fruchtfleisch S_FF Ex Vg A B C

Ganze Beeren S_GB Ex Vg A B C

Rappen frisch S_Rfr Ex Vg A B -

Rappen getrocknet S_Rtr Ex Vg A B -

Joha

nnite

r

Schale J_Sch - Vg A B C

Kerne J_K - Vg A B C

Fruchtfleisch J_FF - Vg A B C

Ganze Beeren J_GB - Vg A B C

Rappen frisch J_Rfr - Vg A B -

Rappen getrocknet J_Rtr - Vg A B -

Tram

iner

Schale T_Sch - Vg A B C

Kerne T_K - Vg A B C

Fruchtfleisch T_FF - Vg A B C

Ganze Beeren T_GB - Vg A B C

Rappen frisch T_Rfr - Vg A B C

Rappen getrocknet T_Rtr - Vg A B C

BW - BW Ex Vg A B C

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mente mit Gärröhrchen verschlossen (Tabelle 2). Das Ende der Gärung wird durch den negativen Nachweis von Glucose (mittels Glucoseteststreifen) ermittelt. Die erfolgreiche und vergleichbare Gärung der verschiede-nen Ansätze wurde durch eine enzymatische Alkoholbe-stimmung und enzymatische Zuckermessung angezeigt. Der vorhandene Alkohol aller Experimente lag zwischen 83,2 und 103,3 g/l, der maximale Restzuckergehalt be-trug <0,2 g/l.

Für das Zerlegen der Beeren werden diese angetaut und mit Hilfe eines Skalpells in Schalen, Kerne und Fruchtfleisch zerteilt. Für die Experimente mit ganzen Beeren werden diese in einem Kunststoffbeutel vorsichtig gequetscht, um die Kerne nicht zu beschädigen. Das Ausgangsgewicht der eingesetzten Beeren sowie das Gewicht aller Bestandteile werden für spätere Berechnungen notiert (Tabelle 3).

Abb. 1: Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus für die Rebsorten 'Silvaner', 'Johanniter' und 'Traminer'; Vg: Vergärung mit Reinzuchthefe in Modellmost; Ex: Extraktion in Modellwein - Extraktionsexperimente werden nur für Silvaner-Trauben durchgeführt; GB: Ganze Beere; Sch: Schale; FF: Fruchtfleisch; K: Kerne

Für die Extraktionsexperimente wird Modellwein eingesetzt (Zusammensetzung siehe unten), die Vergärung wird unter Zusatz von Modellmost und unter Verwendung von Reinzuchthefe durchgeführt. Sowohl die Extraktions- als auch die Vergärungsexperimente erstreckten sich über 21 Tage. Die Vergärung und die Extraktion wurden in geschlossenen Schottlaborglasflaschen durchgeführt und für die Vergärungsexperimente mit Gärröhrchen verschlossen (Tabelle 2). Das Ende der Gärung wird durch den negativen Nachweis von Glucose (mittels Glucoseteststreifen) ermittelt. Die erfolgreiche und vergleichbare Gärung der verschiedenen Ansätze wurde durch eine enzymatische Alkoholbestimmung und enzymatische Zuckermessung angezeigt. Der vorhandene Alkohol aller Experimente lag zwischen 83,2 und 103,3 g/l, der maximale Restzuckergehalt betrug <0,2 g/l.

Tabelle 2: Eingesetzte Volumina an Modellwein und -most sowie Volumen der verwendeten Schottflaschen für die verschiedenen Experimente.

Beerenbestandteil Extraktion Vergärung VModellwein [ml] VFlasche [ml] VModellmost [ml] VFlasche [ml] Schale 150 500 150 500 Kerne 50 100 50/150* 100/250

Abb. 1: Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus für die Rebsorten 'Silvaner', 'Johanniter' und 'Traminer'; Vg: Vergärung mit Reinzuchthefe in Modellmost; Ex: Extraktion in Modellwein - Extraktionsexperimente werden nur für Silvaner-Trauben durchgeführt; GB: Ganze Beere; Sch: Schale; FF: Fruchtfleisch; K: Kerne

Für die Extraktionsexperimente wird Modellwein eingesetzt (Zusammensetzung siehe unten), die Ver-gärung wird unter Zusatz von Modellmost und unter Verwendung von Reinzuchthefe durchgeführt. Sowohl die Extraktions- als auch die Vergärungsexperimente erstreckten sich über 21 Tage. Die Vergärung und die Extraktion wurden in geschlossenen Schottlaborglas-flaschen durchgeführt und für die Vergärungsexperi-

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Tab. 2: Eingesetzte Volumina an Modellwein und -most sowie Volumen der verwendeten Schottflaschen für die verschiedenen Experimente

Beerenbestandteil Extraktion Vergärung

VModellwein (ml) VFlasche (ml) VModellmost (ml) VFlasche (ml)

Schale 150 500 150 500

Kerne 50 100 50/150* 100/250

Fruchtfleisch 150 500 150 1000

Ganze Beeren 150 500 150 1000

Rappen frisch 150 250 150 500

Rappen getrocknet 150 250 150 500

*Bei Silvaner-Kernen wurde zunächst mit 50 ml-Matrix gearbeitet, um eine starke Verdünnung zu vermeiden. Die Ergebnisse haben jedoch gezeigt, dass die Konzentration der extrahierten Stoffe auch bei größerer Verdünnung ausreichend hoch ist.

Tab. 3: Einzelwerte für die Masse der Beerenbestandteile der verschiedenen Experimente; Angaben in Klammern entsprechen dem Frischgewicht der Rappen vor der Trocknung

Experiment Ansatz Anzahl Beeren

mSch (g) mK (g) mFF (g) mGB (g) mRfr (g) mRtr (g)

S_Ex 1 100 21,70 5,21 89,98 176,98 5,38 (7,14) 2,23

2 100 22,69 5,38 82,06 177,97 4,45 (7,12) 2,10

3 100 21,71 5,24 91,13 178,27 4,83 (6,98) 2,10

S_Vg 1 100 21,02 5,04 110,52 171,07 6,46 (4,21) 1,42

2 100 22,12 5,36 97,26 168,23 5,89 (4,11) 1,32

3 100 22,74 5,65 110,74 172,10 5,66 (4,45) 1,42

J_Vg 1 100 26,12 7,09 85,57 176,62 5,12 (5,97) 2,30

2 100 25,06 6,77 102,50 167,80 5,63 (5,14) 1,68

3 100 23,81 6,56 96,05 174,67 5,39 (5,40) 1,80

T_Vg 1 100 20,24 6,44 62,55 120,26 4,39 (4,75) 1,75

2 100 20,58 5,85 65,44 121,52 4,00 (4,50) 1,66

3 100 19,77 5,61 68,93 119,14 4,31 (4,33) 1,59

Anmerkung: Die Summe aus Sch, K, FF entspricht nicht dem Gesamtgewicht der ganzen Beeren vor dem Zerlegen, da durch das Zerlegen Verluste auftraten.

Von jedem Experiment wurden das Polyphenolprofil, der Gesamtpolyphenolgehalt, die Farbe und der Tannin-gehalt untersucht.

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MATRIX

Modellwein: 12 %(v/v) Ethanol (VWR International GmbH, Darmstadt, DE), 5 g/l Weinsäure (AppliChem, Darmstadt, DE), pH 3,5 eingestellt mit Natronlauge. Modellmost: Wässrige Lösung aus 100 g/l Fructose (Sigma-Aldrich, Saint Louis, USA), 100 g/l Glucose (Sigma-Aldrich, Saint Louis, USA), 0,2 g/l Citronen-säure (Carl Roth, Karlsruhe, DE), 3 g/l Äpfelsäure (Sigma-Aldrich, Saint Louis, USA), 2,5 g/l Weinsäure (AppliChem, Darmstadt, DE), 1,1 g/l Dikaliumhydro-genphosphat (S3 Chemicals, Bad Oeynhausen, DE), 0,3 g/l Hefenährstoff "Go-Ferm" (ZEFÜG, Bingen, DE) und 2 ml/l Hefenährlösung "Vitamon® Liquid" (Erbslöh, Geisenheim, DE). Zur Vergärung werden 0,4 g/l Rein-zuchthefe Preziso Universal Saccharomyces cerevisiae subsp. bayanus (RWA Raiffeisen, Wien, AT) eingesetzt.

ALKOHOLBESTIMMUNG

Die Alkoholbestimmung erfolgte enzymatisch mittels Testkit Artikelnummer 10176290035 der Firma R-Bio-pharm AG (Darmstadt, DE).

ANTIOXIDATIVE KAPAZITÄT

Die Bestimmung der Antioxidativen Kapazität (Trolox Equivalent Antioxidant Capacity – TEAC) wurde auto-matisiert an einem Konelab Arena 20i der Firma Ther-mo Fisher Scientific, (Waltham, USA) durchgeführt.

FARBE

Die analytische Erfassung der Farbe erfolgte mittels CIELab-Farbmessung. Diese wird an einem Fotome-ter (Lambda 25; Perkin Elmer, Rodgau, DE) mit Hilfe der Software UVWinLAB durchgeführt. Das Absorp-tionspektrum jeder Probe wird im Bereich 380 bis 780 nm mit einer Abtastrate von 1 nm aufgenommen. Der CIELab Farbraum basiert auf den Normalspektralwert-funktionen (Lübbe, 2013). Als beschreibende Größen werden aus dem aufgezeichneten Absorptionsspekt-rum der Probe insbesondere die Parameter Helligkeit L*, Rot-Grün-Buntheit a* und Gelb-Blau-Buntheit b*, berechnet. Der Farbabstand ΔE zwischen zwei Proben wird über die Formel ΔE=√(Δ L*)2+(Δ a*)2+(Δ b*)2

berechnet. Ein Farbabstand von ΔE <3 gilt als optisch nicht wahrnehmbar (Lübbe, 2013). Die Berechnung der CIELab-Parameter erfolgt unter den Grundeinstel-

lungen Betrachtungswinkel 10°, Normallicht D65. Vor jeder Messung wird eine Hintergrundkorrektur mit Wasser durchgeführt. Alle Proben werden vor der Mes-sung zentrifugiert (12.000 rpm, 3 min) und anschlie-ßend in 1 cm Einwegküvetten vermessen.

GESAMTPOLYPHENOLGEHALT

Der Gesamtpolyphenolgehalt (GP) wird in Anlehnung an die OIV-Methode OIV-MA-AS2-10 nach Folin-Cio-calteu (OIV, 2019) bestimmt und automatisiert an einem Konelab Arena 20i (Thermo Fisher Scientific, Waltham, USA) durchgeführt. Reagenz 1 (R1): Fo-lin-Ciocalteu-Reagenz (Merck, Darmstadt, DE), Re-agenz 2 (R2): Na2CO3 (Sigma-Aldrich, Saint-Louis, USA) 200 g/l in demineralisiertem Wasser. Die Reakti-on wird bei 37 °C durchgeführt, die Absorption bei 700 nm bestimmt. 20 µl R1, 5 µl Probe und 165 µl demine-ralisiertes Wasser werden für 5 min inkubiert, anschlie-ßend wird davon die Absorption bestimmt (Blank). Es werden 75 µl R2 und 20 µl Wasser zugegeben, nach Inkubation von 6 min wird die Absorption bestimmt (Endpunkt). Für das Ergebnis wird der Blindwert sub-trahiert und gegen eine externe Kalibration ausgewertet. Die Kalibration wird mit Gallussäure (Sigma-Aldrich, Saint-Louis, USA) durchgeführt, die Ergebnisse werden in der Einheit Gallussäure-Äquivalente (GS-ÄQ) ange-geben.

HPLC-DAD

Die chromatographischen Analysen wurden an ei-ner HPLC-Anlage mit Autosampler, Säulenofen und DAD-Detektor (VWR International GmbH, Darmstadt, DE) durchgeführt. Als Trennsäule wird eine CORTECS T3, 150 × 4,6 mm, 2,7 µm (Waters Corpo-ration, Milford, USA) eingesetzt. Die gewählte Flussrate beträgt 1,0 ml/min, die Säulentemperatur: 30 °C. Das Fließmittel besteht aus Eluent A: 10 mM Dikaliumhy-drogenphosphat (S3 Chemicals, Bad Oeynhausen, DE) in demineralisiertem Wasser, pH 2,70 und Eluent B: Acetonitril (Fisher Scientific, Loughborough, UK); es wird folgendes Gradientenprogramm durchgeführt: 0-13 min, 0-2% B; 13-15 min, 2-5% B; 15-25 min, 5-12% B; 25-30 min, 12% B; 30-37 min 12-18% B; 37-40 min, 18% B; 40-50 min, 18-50% B; 50-51 min, 50% B; 51-52 min, 50-0% B; 52-60 min, 0% B. Das Injektionsvolumen beträgt 10 µl. Alle Standards und Proben werden durch 0,20 µm Polytetrafluorethylen-Spritzenvorsatzfilter

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(Macherey-Nagel, Düren, DE) filtriert. Zur Quantifizie-rung werden die Wellenlängen 210/280/315/360 nm genutzt. Die Aufzeichnung und Auswertung der Daten erfolgt mit der Software EZ-Chrom Elite 3.3.2 SP2. Die Zuordnung der Peaks erfolgt durch Abgleich von Reten-tionszeit und Spektrum mit analysierten Einzelreferen-zen. Zur Absicherung werden Aufsatzversuche durch-geführt. Die Quantifizierung erfolgt mit Hilfe externer Kalibrierkurven. Zur Kalibrierung werden folgende Substanzen eingesetzt: von der Firma PhytoLab (Ves-tenbergsgreuth, DE): Caftarsäure (CS), Epigallocate-chin (EGC), Epigallocatechin-3-gallat (E-3-G), Procya-nidin B1 (B1), Procyanidin B2 (B2); von Sigma-Aldrich (Saint-Louis, USA): Gallussäure (GS), Tyrosol, Cate-chin (Cat), Epicatechin (Epi), Rutin, Protocatechusäu-re, Gentisinsäure, Hydroxybenzoesäure, Vanillinsäure, Vanillin, Kaffeesäure, Cumarsäure, Ferulasäure; von Acros Organics (Geel, BE): Zimtsäure; von Alfa Aesar (Haverhill, USA): Sinapinsäure; von Tokyo Chemical Industry (Tokyo, JP): Resveratrol, Syringasäure; von Carl Roth (Karlsruhe, DE): Syringaaldehyd.Zur Qualitätssicherung werden bei jeder Messserie mindestens zwei externe Standards analysiert, die alle quantifizierten Substanzen enthalten, die Wiederfin-dungsraten werden dokumentiert. Die Wiederfindun-gen betragen für n = 100 für GS 99,1 % ± 7,2 %, B1 91,6 % ± 7,9 %, B2 96,3 % ± 9,2 %, EGC 92,8 % ± 9,2 %, E-3-G 91,4 % ± 8,9 %, Rutin 97,3 % ±7,4 %, Cat 94,2 % ± 7,7 % und Epi 94,1 % ± 8,7% (aufgeführt sind nur die Wiederfindungsraten von Substanzen, für die in diesem Artikel quantitative Ergebnisse angegeben werden). In Einzelfällen werden Aufsatzversuche durchgeführt und die Wiederfindungen ebenfalls dokumentiert. Gegebe-nenfalls ist eine Vorverdünnung der Proben nötig, die bei der Berechnung der Ergebnisse berücksichtigt wird. Der berechnete Parameter "ΣHPLC" umfasst die Summe der ermittelten Konzentration für GS, B1, B2, EGC, E-3-G, Rutin, Cat und Epi.

TANNIN

Die Tanninkonzentration wird durch Fällung der polymeren Proanthocyanidine mit Methylcellulose (MCP-Assay) bestimmt (Sarneckis et al., 2006). Die Analyse wird im Einmillilitermaßstab durchgeführt (Mercurio et al., 2007). Methylcellulose (MC; Sig-ma-Aldrich, Saint-Louis, USA) 0,4 g/l in demineralisier-tem Wasser, (NH4)2SO4-Lösung gesättigt in demine-ralisiertem Wasser (neoFroxx, Einhausen, DE). Für die Kontrolle werden 775 µl demineralisiertes Wasser, 200 µl (NH4)2SO4-Lösung und 100 µl Probe für zehn Minu-

ten bei Raumtemperatur inkubiert und anschließend bei 12.500 rpm zentrifugiert. Für die Probe werden 475 µl demineralisiertes Wasser, 200 µl (NH4)2SO4-Lösung und 300 µl MC-Lösung für zehn Minuten bei Raumtem-peratur inkubiert und anschließend bei 12.500 rpm zen-trifugiert. Der klare Überstand von Probe und Kontrolle wird bei 280 nm in geeigneten Halbmikroküvetten (Art. Nr.759150; Brand, Wertheim, DE) an einem Fotome-ter (Lambda 25, Perkin-Elmer Rodgau, DE) analysiert. Die Auswertung erfolgt über eine externe Kalibrierkur-ve mit Catechin (Sigma-Aldrich, Saint-Louis, USA), die Ergebnisse werden in der Einheit Catechin-Äquivalente (Cat-ÄQ) angegeben. Für jede Probe wird eine Drei-fachbestimmung ausgeführt und der Mittelwert angege-ben; der Variationskoeffizient liegt bei den analysierten Proben im Mittel bei 2,8 % und ist damit vergleichbar mit den Werten, die in der Literatur beschrieben sind (Mercurio und Smith, 2008). Bei jeder Messserie wird als Qualitätskontrolle ein Traubenkernextrakt (Breko, Bremen, DE), gelöst in Modellwein, analysiert und die ermittelte Konzentration dokumentiert. Bei der Durchführung von 33 unabhängigen Bestimmungen der Qualitätskontrolle wird eine Schwankung von 2,6 % er-mittelt. Durch die Analyse einer Verdünnungsreihe wird eine Bestimmungsgrenze (BG) von 50 mg Cat-ÄQ/l ermittelt. Gegebenenfalls ist eine Vorverdünnung der Proben nötig, welche mit Modellwein durchgeführt und bei der Berechnung der Ergebnisse berücksichtigt wird.

ZUCKERBESTIMMUNG

Erfassung des Gesamtzuckers durch Addition von Glu-cose und Fructose nach automatisierter, enzymatischer Bestimmung an Konelab Arena 20i (Thermo Fisher Scientific, Waltham, USA) unter Verwendung des En-zymkits Art. Nr. 984301 von Thermo Fisher Scientific (Waltham, USA).

ANGABE DER ERGEBNISSE

Die Ergebnisse werden mithilfe der dokumentierten Massen der eingesetzten Trauben auf 1 kg Beeren be-zogen. Bei Rappen werden die Ergebnisse sowohl für frische als auch für getrocknete Rappen auf das Frisch-gewicht der eingesetzten Rappen bezogen.

STATISTIK

Statistische Analysen (t-Test, ANOVA) werden durch-geführt mit OriginPro 2019b (OriginLab Corporation, Northampton, USA). Als Signifikanzniveau wird p =

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0,05 gewählt; Test auf Varianzenhomogenität mittels Brown-Forsythe, Mittelwertvergleich mittels Scheffé. Im Fall inhomogener Varianzen wird eine Welch-Kor-rektur durchgeführt. Werte, die sich signifikant unter-scheiden werden mit einer Klammer mit Sternchen be-ziehungsweise unterschiedlichen Buchstaben markiert. Fehlerberechnung bei n > 3 über Stichprobenstan-dardabweichung, bei n = 2 wird von der Grundgesamt-heit ausgegangen.

ERGEBNISSE UND DISKUSSION

Bei den bisher veröffentlichten Arbeiten zu Inhaltsstof-fen von Trauben oder -bestandteilen liegt der Fokus meist auf der vollständigen Erfassung aller Inhaltsstof-fe. In der Regel werden die Beeren/Einzelbestandteile der Beeren gemahlen und anschließend einer Proben-aufarbeitung durch Gefriertrocknung und/oder eine Extraktion mit weinuntypischen Lösungsmitteln, wie Methanol, Aceton oder Chloroform, unterzogen (Mo-nagas et al., 2003; Ivanova et al., 2011; Vrhosvsek et al., 2012; Ehrhardt et al., 2014; Berghold et al., 2018). Aus diesen Arbeiten lässt sich kaum abschätzen, wie die Extraktion einzelner Traubenbestandteile unter den Praxisbedingungen der Weinherstellung abläuft. Bindon et al. (2017) führten eine Untersuchung un-ter weinpraxisähnlichen Bedingungen durch, betrach-teten jedoch ausschließlich die Extraktion von Tannin und Anthocyanen (Bindon et al., 2017). Hernán-dez-Jiménez et al. (2012) führten Untersuchungen durch, bei denen Kerne einer Extraktion mit Modell-wein unterzogen wurden, der Einfluss der Gärung blieb jedoch unberücksichtigt (Hernández-Jiménez et al., 2012). Bei allen Experimenten in dieser Arbeit werden möglichst praxisnahe Bedingungen eingesetzt und der Umfang der analysierten Parameter erweitert. Neben dem Gesamtpolyphenolgehalt werden die Polyphenol-zusammensetzung, der Tanningehalt und die Farbe be-stimmt. Die Untersuchungen werden an drei Rebsorten durchgeführt. Silvaner-Trauben werden gewählt, weil es sich um eine typische Rebsorte für das Anbaugebiet Franken handelt und sie dort von vielen Winzern zur Produktion von Orange Weinen verwendet werden. Bei 'Silvaner' handelt es sich um eine Kreuzung von 'Trami-ner' × 'Österreichisch Weiß'. Die Rebsorte ist seit 1956 zugelassen (Bundessortenamt, 2015). Bei der Reb-sorte 'Johanniter' handelt es sich um eine Kreuzung aus 'Weißer Riesling' × 'Seyve Villard 12-481' × ('Ruländer' × 'W. Gutedel'), die eine geringe bis sehr geringe Anfäl-

ligkeit für Peronospora, Oidium und Botrytis aufweist (Bundessortenamt, 2015). Aufgrund dieser Toleran-zen gegenüber gängigen Pilzerkrankungen zählt 'Johan-niter' zu den pilzwiderstandsfähigen Rebsorten (PIWI), deren Widerstandsfähigkeit auf eine veränderte Poly-phenolzusammensetzung zurückgeführt wird. Es soll untersucht werden, inwieweit sich die Polyphenolzus-ammensetzung von Johanniter-Trauben von anderen Rebsorten unterscheidet. 'Traminer' (offizielle Bezeich-nung: 'Roter Traminer', Synonym: 'Gewürztraminer') zählt zu den Weißweinrebsorten. Die Beeren besitzen jedoch eine leicht rötlich gefärbte Schale, weshalb sie im Hinblick auf eine intensive Farbausprägung der daraus produzierten Weine interessant sind (Bundessorten-amt, 2015).

EINFLUSS DER EINZELNEN BEERENBESTANDTEILE

Welchen Beitrag die einzelnen Beerenbestandteile (K, Sch, FF) bei einer Maischegärung zum Polyphenolpro-fil und Gesamtpolyphenolgehalt liefern, wird durch den Vergleich der Experimente, bei denen die Beerenbe-standteile einzeln vergoren wurden, mit entsprechen-den Versuchen mit ganzen Beeren (GB) ermittelt.Die freigesetzte Menge aller Polyphenole (PP), messbar als Gesamtpolyphenolgehalt (GP), ist von der Rebsorte abhängig. Bei der Vergärung ganzer Beeren gehen bei Jo-hanniter-Trauben mehr PP über als bei Traminer-Trau-ben, die geringsten Gehalte liefern Silvaner-Trauben. Es bestehen statistisch signifikante Unterschiede zwi-schen allen drei Rebsorten (Tabelle 4). Die Menge GP aus den Kernen unterscheidet sich zwischen allen drei betrachteten Rebsorten signifikant und stellt für jede Rebsorte die größte Eintragsquelle an GP dar (Tabelle 4). Aus den Schalen wird für 'Traminer' und 'Silvaner' vergleichbar viel GP freigesetzt, aus Johanniter-Trau-ben wird signifikant mehr GP freigesetzt. Das Frucht-fleisch beinhaltet bei allen drei Rebsorten die geringsten Mengen an PP. Die Menge GP aus dem Fruchtfleisch von 'Johanniter' und 'Traminer' unterscheidet sich nicht statistisch signifikant. Der GP in Silvaner-Fruchtfleisch unterscheidet sich jedoch signifikant von den beiden erstgenannten Rebsorten. Bei allen drei Rebsorten wird bei der Vergärung der ganzen Beeren ein geringerer GP ermittelt, als sich durch Addition der Konzentrationen aus den Einzelexperimenten von Kernen, Schalen und Fruchtfleisch errechnen lässt. Der GP beträgt zwischen 62 % ± 5,4 % ('Traminer') und 78 % ± 6,3 % ('Johanni-ter') der aufsummierten Konzentrationen.

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ren; ANOVA). Bei allen drei Rebsorten stammt mit durchschnittlich 79,3 % erwartungsgemäß der größte Anteil des Tannins aus den Kernen, die drei betrachteten Rebsorten unterscheiden sich hin-sichtlich des Anteils Kerntannin am Gesamttannin nicht statistisch signifikant voneinander ('Silvaner': 79,7 % ± 10,9 %; 'Johanniter': 74,9 % ± 6,4 %; 'Tra-miner': 83,2 % ± 5,0%). Im Fruchtfleisch aller drei Rebsorten wird kein Tannin nachgewiesen.

Tab. 4: GP nach Vergärung entsprechend Folin-Ciocalteu in ganzen Beeren und Beerenbestandteilen verschiedener Rebsorten (n = 3); unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen einen signifikanten Unterschied p < 0,05 innerhalb einer Spalte.

GB K Sch FF

(mg GS-ÄQ/kg Beeren)

Silvaner 991 ±33a 946 ±105a 315 ±40a 141 ±10a

Johanniter 2235 ±128b 2061 ±109b 624 ±117b 192 ±17b

Traminer 1401 ±72c 1679 ±162c 414 ±16a 196 ±9b

Eine detailliertere Betrachtung als der GP stellt die Quan-tifizierung der Tannine dar. Quantitativ lässt sich die glei-che Reihenfolge wie bei der Betrachtung des GP nach Fo-lin-Ciocalteu feststellen.

Abb. 2: Tanninkonzentration mittels MCP-Assay in den verschiedenen Traubenbestandteilen unterschiedlicher Rebsorten (n = 3); links: 'Silvaner'; Mitte: 'Johanniter'; rechts: 'Traminer'; Sch: Schalen, K: Kerne

Der Vergleich der ermittelten Konzentration von Tannin in der ganzen Beere mit den aufsummierten Konzentrationen aus Kernen und Schalen zeigt, wie für den GP nach Folin-Ciocalteu, höhere Konzentrationen für die Aufsummierung. Die ermittelte Konzentration für die ganzen Beeren liegt im Durchschnitt bei 66 % der aufaddierten Konzentrationen für Kerne und Schalen ('Silvaner': 71 % ± 9,8 %; 'Johanniter': 67 % ± 14,4 %; 'Traminer': 61 % ± 7,0 %). Die Überschätzung unterscheidet sich bei den drei betrachteten Rebsorten nicht statistisch signifikant. Für kondensierte Tannine wurde bereits in der Literatur beschrieben, dass es bei der Betrachtung der Summe aus den Einzelbestandteilen der Beere im Vergleich mit dem Ergebnis der ganzen Beere zu einer Überschätzung kommt (Hanlin et al., 2010). Ein Grund für diese Beobachtung könnten Interaktionen von PP mit Zellwandbestandteilen der Beeren sein, was zu einem verminderten Übergang in den Wein führt.

Für die Berechnung des Tanninanteils am GP wird der Tanningehalt von [Cat-ÄQ] in [GS-ÄQ] umgerechnet1. ACHTUNG beim Layout: Da ist ein Fußnote!!! Die analysierte Tanninmenge war für jedes der betrachteten Experimente kleiner als die jeweils ermittelte GP-Konzentration. Für die ganzen Beeren ist der Anteil Tannin am GP für 'Silvaner' 39,2 % ± 2,8 %, für 'Johanniter' 31,0 % ± 4,9 % und für 'Traminer' jeweils 32,6 % ± 1,8 %; es besteht kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Rebsorten (ANOVA).

In den durchgeführten Analysen waren neun der untersuchten 23 Einzelsubstanzen quantifizierbar (Abb. 3). Trans-Resveratrol konnte dabei nicht nachgewiesen werden (Nachweisgrenze: 0,5 mg/kg Beeren). Tyrosol ist die einzige phenolische Verbindung, die von nichtphenolischen Vorläufern stammt. Sie entsteht während der Vinifikation aus der Aminosäure Tyrosin (Darias-Martin et al., 2000). Bei der Auswertung der Blindwerte

1 F= MGS

MCat= 170 g/mol

290 g/mol

0

500

1000

1500

2000

Silvaner Johanniter Traminer

Tann

in[m

g C

at-Ä

Q/k

g Be

eren

]

Sch

K

Abb. 2): Bei der Vergärung ganzer Beeren wird aus Johan-niter-Trauben statistisch signifikant mehr Tannin freige-setzt als aus 'Silvaner' und 'Traminer' ('Johanniter' 1189 ± 244 mg Cat-ÄQ/kg Beeren, 'Silvaner' 663 ± 70 mg Cat-ÄQ/kg Beeren, 'Traminer' 780 ± 80 mg Cat-ÄQ/kg Bee-

Abb. 2: Tanninkonzentration mittels MCP-Assay in den verschiedenen Traubenbestandteilen unterschiedlicher Rebsorten (n = 3); links: 'Silvaner'; Mitte: 'Johanniter'; rechts: 'Traminer'; Sch: Schalen, K: Kerne

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Der Vergleich der ermittelten Konzentration von Tan-nin in der ganzen Beere mit den aufsummierten Kon-zentrationen aus Kernen und Schalen zeigt, wie für den GP nach Folin-Ciocalteu, höhere Konzentrationen für die Aufsummierung. Die ermittelte Konzentration für die ganzen Beeren liegt im Durchschnitt bei 66 % der aufaddierten Konzentrationen für Kerne und Schalen ('Silvaner': 71 % ± 9,8 %; 'Johanniter': 67 % ± 14,4 %; 'Traminer': 61 % ± 7,0 %). Die Überschätzung un-terscheidet sich bei den drei betrachteten Rebsorten nicht statistisch signifikant. Für kondensierte Tannine wurde bereits in der Literatur beschrieben, dass es bei der Betrachtung der Summe aus den Einzelbestandtei-len der Beere im Vergleich mit dem Ergebnis der gan-zen Beere zu einer Überschätzung kommt (Hanlin et al., 2010). Ein Grund für diese Beobachtung könnten Interaktionen von PP mit Zellwandbestandteilen der Beeren sein, was zu einem verminderten Übergang in den Wein führt.Für die Berechnung des Tanninanteils am GP wird der Tanningehalt von [Cat-ÄQ] in [GS-ÄQ] umgerech-net . 1

Die analysierte Tanninmenge war für jedes der be-trachteten Experimente kleiner als die jeweils ermit-telte GP-Konzentration. Für die ganzen Beeren ist der Anteil Tannin am GP für 'Silvaner' 39,2 % ± 2,8 %, für 'Johanniter' 31,0 % ± 4,9 % und für 'Traminer' jeweils 32,6 % ± 1,8 %; es besteht kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Rebsorten (ANOVA).In den durchgeführten Analysen waren neun der un-tersuchten 23 Einzelsubstanzen quantifizierbar (Abb. 3). Trans-Resveratrol konnte dabei nicht nachgewie-sen werden (Nachweisgrenze: 0,5 mg/kg Beeren). Ty-rosol ist die einzige phenolische Verbindung, die von nichtphenolischen Vorläufern stammt. Sie entsteht während der Vinifikation aus der Aminosäure Tyrosin (Darias-Martin et al., 2000). Bei der Auswertung der Blindwerte (vergorener Modellmost) zeigte sich, dass Tyrosol allein durch den Stoffwechsel der Hefe gebildet wird. Die Gärversuche mit Beeren oder Bee-renbestandteilen weisen zwar höhere Konzentratio-nen an Tyrosol auf, dennoch ist die Schwankung für die acht durchgeführten Blindwerte mit 20,6 % erheb-

lich. Aufgrund der hohen Schwankung wurde davon ab-gesehen, die ermittelten Konzentrationen nach Abzug des Blindwertes weiter zu interpretieren. Tyrosol wurde deshalb für die folgende Betrachtung nicht berücksich-tigt. Bei allen drei Rebsorten stammt der Hauptteil jeder quantifizierten Einzelsubstanz, mit Ausnahme von Ru-tin, aus den Kernen (Abb. 3). Rutin konnte nur in den Schalen nachgewiesen werden und ist dort quantitativ die dominierende Verbindung. In den Kernen dominie-ren Catechin und Epicatechin, auch bei der Vergärung ganzer Beeren sind für alle drei Rebsorten Catechin und Epicatechin die quantitativ dominierenden Verbindun-gen (Abb. 3 und Abb. 4). Es ist jeweils mehr Catechin als Epicatechin nachweisbar. Bei 'Silvaner' liegt um den Faktor F = 1,6 ± 0,06 mehr Catechin als Epicatechin vor. Bei 'Johanniter' und 'Traminer' liegt der Faktor mit F = 2,1 ± 0,37 bzw. F = 2,1 ± 0,13 signifikant höher (ANO-VA). In der Literatur wird das Verhältnis von Catechin zu Epicatechin für Johanniter-Trauben mit F = 2,01 beschrieben (Ehrhardt et al., 2014) und bestätigt die vorliegenden Ergebnisse. Auf die quantifizierten Dime-re B1 und B2 entfallen bei der Vergärung ganzer Beeren bei allen drei Rebsorten im Mittel 19 % der summier-ten per HPLC quantifizierten PP, es gibt keinen statis-tisch signifikanten Unterschied zwischen den Rebsorten ('Silvaner': 17,7 % ± 1,3%; 'Johanniter': 21,6 % ± 2,6 %; 'Traminer': 17,6 % ± 1,0%; ANOVA). Bei der Ver-gärung ganzer Beeren unterscheidet sich die freigesetzte Konzentration von Rutin nicht signifikant zwischen den Rebsorten ('Silvaner': 10,5 ± 3,0 mg/kg; 'Johanniter': 13,5 ± 2,2 mg/kg; 'Traminer': 10,9 ± 1,1 mg/kg; ANO-VA). Auch bei der Aufsummierung der monomeren und dimeren PP aus den einzelnen Traubenbestandteilen (Kerne, Schalen, Fruchtfleisch) werden höhere Kon-zentrationen errechnet, als sich bei der Analyse aus den ganzen Beeren ergeben. Die ermittelte Konzentration in den vergorenen ganzen Beeren beträgt im Durchschnitt 76 % der ermittelten Summe von Kernen, Schalen und Fruchtfleisch ('Silvaner': 77% ± 5,8 %; 'Johanniter': 80 % ± 5,8 %; 'Traminer': 72 % ± 4,0 %).

M GS = 170 g/molM Cat 290 g/mol

1F=

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MITTEILUNGEN KLOSTERNEUBURG 70 (2020): 129-147 HAMMER et al.

(vergorener Modellmost) zeigte sich, dass Tyrosol allein durch den Stoffwechsel der Hefe gebildet wird. Die Gärversuche mit Beeren oder Beerenbestandteilen weisen zwar höhere Konzentrationen an Tyrosol auf, dennoch ist die Schwankung für die acht durchgeführten Blindwerte mit 20,6 % erheblich. Aufgrund der hohen Schwankung wurde davon abgesehen, die ermittelten Konzentrationen nach Abzug des Blindwertes weiter zu interpretieren. Tyrosol wurde deshalb für die folgende Betrachtung nicht berücksichtigt. Bei allen drei Rebsorten stammt der Hauptteil jeder quantifizierten Einzelsubstanz, mit Ausnahme von Rutin, aus den Kernen (Abb. 3). Rutin konnte nur in den Schalen nachgewiesen werden und ist dort quantitativ die dominierende Verbindung. In den Kernen dominieren Catechin und Epicatechin, auch bei der Vergärung ganzer Beeren sind für alle drei Rebsorten Catechin und Epicatechin die quantitativ dominierenden Verbindungen (Abb. 3 und Abb. 4). Es ist jeweils mehr Catechin als Epicatechin nachweisbar. Bei 'Silvaner' liegt um den Faktor F = 1,6 ± 0,06 mehr Catechin als Epicatechin vor. Bei 'Johanniter' und 'Traminer' liegt der Faktor mit F = 2,1 ± 0,37 bzw. F = 2,1 ± 0,13 signifikant höher (ANOVA). In der Literatur wird das Verhältnis von Catechin zu Epicatechin für Johanniter-Trauben mit F = 2,01 beschrieben (Ehrhardt et al., 2014) und bestätigt die vorliegenden Ergebnisse. Auf die quantifizierten Dimere B1 und B2 entfallen bei der Vergärung ganzer Beeren bei allen drei Rebsorten im Mittel 19 % der summierten per HPLC quantifizierten PP, es gibt keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den Rebsorten ('Silvaner': 17,7 % ± 1,3%; 'Johanniter': 21,6 % ± 2,6 %; 'Traminer': 17,6 % ± 1,0%; ANOVA). Bei der Vergärung ganzer Beeren unterscheidet sich die freigesetzte Konzentration von Rutin nicht signifikant zwischen den Rebsorten ('Silvaner': 10,5 ± 3,0 mg/kg; 'Johanniter': 13,5 ± 2,2 mg/kg; 'Traminer': 10,9 ± 1,1 mg/kg; ANOVA). Auch bei der Aufsummierung der monomeren und dimeren PP aus den einzelnen Traubenbestandteilen (Kerne, Schalen, Fruchtfleisch) werden höhere Konzentrationen errechnet, als sich bei der Analyse aus den ganzen Beeren ergeben. Die ermittelte Konzentration in den vergorenen ganzen Beeren beträgt im Durchschnitt 76 % der ermittelten Summe von Kernen, Schalen und Fruchtfleisch ('Silvaner': 77% ± 5,8 %; 'Johanniter': 80 % ± 5,8 %; 'Traminer': 72 % ± 4,0 %).

0,0

50,0

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150,0

200,0

250,0

GS B1 B2 EGC E-3-G Rutin Cat Epi

[mg

/kg

Beer

en]

Silvaner

FF

Sch

K

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250,0

GS B1 B2 EGC E-3-G Rutin Cat Epi

[mg/

kg B

eere

n]

Johanniter

FF

Sch

K

Abb. 3: Darstellung ausgewählter monomerer und dimerer PP mittels HPLC für die Beereneinzelbestandteile der Rebsorten 'Silvaner', 'Johanniter' und 'Traminer' (n = 3)

Die Summe der quantifizierten Einzelverbindungen bestätigt die Reihenfolge 'Johanniter'>'Traminer'>'Silvaner', wie sie auch für GP nach Folin-Ciocalteu ermittelt wurde (ΣHPLC: 'Johanniter' 431,8 ± 28,6 mg/kg Beeren; 'Traminer' 277,2 ± 6,7 mg/kg Beeren, 'Silvaner' 121,3 ± 3,6 mg/kg Beeren). Es bestehen signifikante Unterschiede zwischen allen drei Rebsorten (ANOVA; Abbildung 5). Die Werte für ΣHPLC sind kleiner als für GP nach Folin-Ciocalteu. Diese Tendenz ist in der Literatur bereits beschrieben (Rechner, 2000; Pour Nikfardjam, 2001). Dieser Befund wurde bislang vor allem durch Störsubstanzen wie Ascorbinsäure oder Zucker erklärt, die zu höheren Werten bei der Folin-Ciocalteu-Methode führen. Beide Substanzen sind in den beschriebenen Versuchen vernachlässigbar, Ascorbinsäure wurde nicht eingesetzt, die Restzuckerkonzentrationen bewegen sich <0,2 g/l. Dennoch ist anzunehmen, dass auch andere Weininhaltsstoffe mit dem Folin-Ciocalteu-Reagenz reagieren. Unabhängig davon sind oligomere und polymere Proanthocyandine sowie einige veresterte Formen der PP mit der angewandten HPLC-Methode nicht quantifizierbar.

0,0

50,0

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GS B1 B2 EGC E-3-G Rutin Cat Epi

[mg/

kg B

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n]

Traminer

FF

Sch

K

Abb. 3: Darstellung ausgewählter monomerer und dimerer PP mittels HPLC für die Beereneinzelbestandteile der Rebsorten 'Silvaner', 'Johanniter' und 'Traminer' (n = 3)

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Die Summe der quantifizierten Einzelverbindungen bestätigt die Reihenfolge 'Johanniter'>'Traminer'>'Sil-vaner', wie sie auch für GP nach Folin-Ciocalteu er-mittelt wurde (ΣHPLC: 'Johanniter' 431,8 ± 28,6 mg/kg Beeren; 'Traminer' 277,2 ± 6,7 mg/kg Beeren, 'Silvaner' 121,3 ± 3,6 mg/kg Beeren). Es bestehen si-gnifikante Unterschiede zwischen allen drei Rebsorten (ANOVA; Abbildung 5). Die Werte für ΣHPLC sind klei-ner als für GP nach Folin-Ciocalteu. Diese Tendenz ist in der Literatur bereits beschrieben (Rechner, 2000; Pour Nikfardjam, 2001). Dieser Befund wurde bis-lang vor allem durch Störsubstanzen wie Ascorbinsäu-

re oder Zucker erklärt, die zu höheren Werten bei der Folin-Ciocalteu-Methode führen. Beide Substanzen sind in den beschriebenen Versuchen vernachlässigbar, Ascorbinsäure wurde nicht eingesetzt, die Restzucker-konzentrationen bewegen sich <0,2 g/l. Dennoch ist an-zunehmen, dass auch andere Weininhaltsstoffe mit dem Folin-Ciocalteu-Reagenz reagieren. Unabhängig davon sind oligomere und polymere Proanthocyandine sowie einige veresterte Formen der PP mit der angewandten HPLC-Methode nicht quantifizierbar.

Abb. 4: Darstellung der monomeren und dimeren PP mittels HPLC für die Vergärung ganzer Beeren unterschiedlicher Rebsorten; Fehlerbalken ist sd aus n = 3.

Abbildung 5: Darstellung ΣHPLC in GB; Zuordnung der Balken vgl. Abb. 4; Fehlerbalken ist sd aus n = 3

Bei Betrachtung der Farbeigenschaften ist festzustellen, dass die Kerne von Johanniter-Trauben einen dunkleren und intensiveren Farbbeitrag leisten als die Kerne der Traminer-Trauben. Der Farbbeitrag der Silvaner-Kerne kann versuchsbedingt nicht direkt mit den anderen beiden Rebsorten verglichen werden, weil diese mit weniger Volumen vergoren wurden und diese Extrakte deshalb intensiver gefärbt sind (Abb. 6).

0,0

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GS B1 B2 EGC E-3-G Rutin Cat Epi

[mg/

kg B

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Silvaner

Johanniter

Traminer

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[mg/

kg B

eere

n]

Abb. 4: Darstellung der monomeren und dimeren PP mittels HPLC für die Vergärung ganzer Beeren unterschiedlicher Rebsorten; Fehlerbalken ist sd aus n = 3.

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[mg/

kg B

eere

n]

Abbildung 5: Darstellung ΣHPLC in GB; Zuordnung der Balken vgl. Abb. 4; Fehlerbalken ist sd aus n =3

Bei Betrachtung der Farbeigenschaften ist festzustel-len, dass die Kerne von Johanniter-Trauben einen dunkleren und intensiveren Farbbeitrag leisten als die Kerne der Traminer-Trauben. Der Farbbeitrag der Sil-

vaner-Kerne kann versuchsbedingt nicht direkt mit den anderen beiden Rebsorten verglichen werden, weil diese mit weniger Volumen vergoren wurden und diese Ext-rakte deshalb intensiver gefärbt sind (Abb. 6).

Abb. 6: Darstellung der Farbparameter L*, a*, b* gemäß CIELab in ausgewählten Experimenten der Rebsorten 'Silvaner' (oben links), 'Johanniter' (unten links) und 'Traminer' (unten rechts); Sch: Schalen, FF: Frucht-fleisch, K: Kerne, Rfr: frische Rappen, Rtr: getrocknete Rappen.

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EINFLUSS DER GÄRUNG

Um herauszuarbeiten, welchen Einfluss die Gärung auf die Freisetzung von Polyphenolen hat, werden die Ex-perimente verglichen, bei denen Silvaner-Trauben und deren Rappen unter Zusatz von Modellmost vergoren (Vg) bzw. lediglich mit Modellwein extrahiert wurden (Ex).Für Silvaner-Trauben wird durch den Vergleich der Experimente mit ganzen Beeren (GB_Vg und GB_Ex) festgestellt, dass durch die Gärung statistisch signifikant mehr GP freigesetzt wird als bei einer Extraktion mit Modellwein (Tabelle 5). Bei der Betrachtung der ein-zelnen Beerenbestandteile bestätigt sich diese Tendenz. Sowohl durch Gärung als auch durch Extraktion wird aus den Kernen die größte Polyphenolmenge freige-setzt. Die Gärung hat jedoch weder bei frischen noch bei getrockneten Rappen einen signifikanten Einfluss be-züglich des GP nach Folin-Ciocalteu (t-Test: S_Rfr p = 5,2E-2; S_Rtr p = 2,6E-1). Die PP der Trauben werden demnach nicht alleine durch den entstehenden Alkohol und dessen Eigenschaft als Lösungsmittel herausgelöst, sondern die bei der Gärung ablaufenden enzymatischen Vorgänge unterstützen die Freisetzung, wohingegen die PP der Rappen durch die Gärung nicht stärker freige-setzt werden.Tannine werden bei GB und Kernen durch die Gärung statistisch signifikant mehr freigesetzt, für Schalen kann dieser Effekt nicht beobachtet werden (Tabelle 5). So-wohl durch Gärung als auch durch Extraktion wird aus den Einzelbestandteilen der Beeren aus den Kernen die größte Menge Tannin freigesetzt. Auf den Eintrag von Tannin hat die Gärung weder bei frischen noch bei ge-trockneten Rappen einen signifikanten Einfluss (t-Test: S_Rfr p = 5,2E-1; S_Rtr p = 9,3E 2).Für ΣHPLC zeigt sich ebenso wie für GP nach Folin-Cio-calteu durch die Gärung ein statistisch signifikanter Un-terschied für GB (t-Test: p = 1,6E-4). Es unterscheiden sich alle in GB nachgewiesenen Verbindungen signifi-kant zwischen Gärung und Extraktion. Für frische und getrocknete Rappen zeigt sich durch die Gärung für ΣHPLC, im Gegensatz zu GP nach Folin-Ciocalteu, eine signifikant höhere Freisetzung (ΣHPLC t-Test: S_Rfr p = 3,0E-2; S_Rtr p = 1,0E-2). Bei Rappen ist der Unter-schied für einzelne Verbindungen demnach zu gering, um den GP nach Folin-Ciocalteu zu beeinflussen.Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass bei der Be-trachtung ganzer Beeren während der Gärung mehr mo-nomere und dimere PP und auch mehr Tannin freige-setzt werden als bei einer alkoholischen Extraktion. Für

Rappen hat die Gärung auf die Tanninfreisetzung keinen Einfluss, es werden nur einzelne monomere und dimere PP durch die Gärung verstärkt freige-setzt.

EINFLUSS DER RAPPEN

Um herauszufinden, welchen Einfluss zugesetzte Rappen verschiedener Rebsorten bei der Gärung unter Praxisbedingungen haben, wurden Experi-mente mit frischen Rappen durchgeführt. Durch zusätzliche Experimente mit getrockneten Rappen sollte herausgefunden werden, ob sich eine Trock-nung der Rappen auf das Polyphenolprofil der Wei-ne auswirkt.Der GP der frischen Rappen (Tabelle 6) unterschei-det sich zwischen allen drei betrachteten Rebsorten signifikant (ANOVA). Von den frischen Rappen der Rebsorte 'Johanniter' wird die größte PP-Kon-zentration freigesetzt. Frische Silvaner-Rappen un-terscheiden sich bezüglich des freigesetzten Tan-ningehaltes nicht von 'Johanniter' und 'Traminer', es besteht jedoch ein signifikanter Unterschied zwi-schen 'Traminer' und 'Johanniter' (ANOVA). Der Anteil Tannin am GP beträgt für frische Rappen aller betrachteten Rebsorten 45 % und unterschei-det sich zwischen den Rebsorten nicht signifikant (ANOVA).In den frischen Rappen aller drei untersuchten Reb-sorten dominiert quantitativ Procyanidin B1 gefolgt von Catechin. In den frischen Rappen der Rebsorte 'Johanniter' ist mehr Gallussäure enthalten als in 'Silvaner' und 'Traminer' (Abb. 7). Epigallocate-chin-3-gallat ist nur in den Rappen der Rebsorte 'Johanniter' quantifizierbar. Für die meisten quan-tifizierten Substanzen lässt sich feststellen, dass in den untersuchten Rebsorten keine qualitativen Un-terschiede zwischen Rappen und Kernen bestehen. In Rappen der Rebsorte 'Traminer' ist im Gegensatz zu den Kernen kein Procyanidin B2 nachweisbar. Bei den beiden anderen Rebsorten ist Procyanidin B2 sowohl in Kernen als auch in Rappen nachweis-bar. Epigallocatechin-3-gallat, das von den drei Reb-sorten nur in Johanniter-Rappen nachweisbar ist, ist in Johanniter-Kernen hingegen nicht nachweisbar. Frische Silvaner-Rappen unterscheiden sich bezüg-lich ΣHPLC nicht von 'Johanniter' und 'Traminer', es besteht jedoch ein signifikanter Unterschied zwi-schen 'Traminer' und 'Johanniter'.

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Tab. 5: Gegenüberstellung der Ergebnisse für die extrahierten und vergorenen Experimente verschiedener Beerenbestandteile der Rebsorte 'Silvaner'. Aufgeführt sind GP nach Folin-Ciocalteu, Tannin und ΣHPLC ± sd. GB, Sch, K, FF (n = 3), Rtr und Rfr (n = 2). Unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede p < 0,05 zwischen den Experimenten Ex und Vg eines Beerenbestandteiles.

GP Tannin ΣHPLC

(mg GS-ÄQ/kg Beeren) (mg Cat-ÄQ/kg Beeren) (mg/kg Beeren)

S_GB_Ex 494a ±48 312a ±47 10,8a ±12,0

S_GB_Vg 991b ±31 663b ±70 118,5b ±5,0

S_Sch_Ex 243a ±16 167a ±12 4,4a ±1,1

S_Sch_Vg 315b ±40 190a ±25 13,5b ±3,8

S_K_Ex 380a ±44 369a ±43 56,5a ±3,8

S_K_Vg 946b ±105 745b ±78 143,6b ±16,0

S_FF_Ex 126a ±2 <BG <BG

S_FF_Vg 141a ±10 <BG <BG

(mg GS-ÄQ/kg Rappen) (mg Cat-ÄQ/kg Rappen) (mg/kg Rappen)

S_Rfr_Ex 1,53E4a ±1,11E3 1,49E4a ±2,08E3 945a ±147

S_Rfr_Vg 1,96E4a ±9,03E2 1,61E4a ±1,24E2 1792b ±233

S_Rtr_Ex 1,18E4a ±6,17E2 1,12E4a ±2,62E2 642a ±43

S_Rtr_Vg 1,33E4a ±1,32E3 9,86E3a ±5,97E2 1504b ±135

herausgefunden werden, ob sich eine Trocknung der Rappen auf das Polyphenolprofil der Weine auswirkt.

Der GP der frischen Rappen (Tabelle 6) unterscheidet sich zwischen allen drei betrachteten Rebsorten signifikant (ANOVA). Von den frischen Rappen der Rebsorte 'Johanniter' wird die größte PP-Konzentration freigesetzt. Frische Silvaner-Rappen unterscheiden sich bezüglich des freigesetzten Tanningehaltes nicht von 'Johanniter' und 'Traminer', es besteht jedoch ein signifikanter Unterschied zwischen 'Traminer' und 'Johanniter' (ANOVA). Der Anteil Tannin am GP beträgt für frische Rappen aller betrachteten Rebsorten 45 % und unterscheidet sich zwischen den Rebsorten nicht signifikant (ANOVA).

In den frischen Rappen aller drei untersuchten Rebsorten dominiert quantitativ Procyanidin B1 gefolgt von Catechin. In den frischen Rappen der Rebsorte 'Johanniter' ist mehr Gallussäure enthalten als in 'Silvaner' und 'Traminer' (Abb. 7). Epigallocatechin-3-gallat ist nur in den Rappen der Rebsorte 'Johanniter' quantifizierbar. Für die meisten quantifizierten Substanzen lässt sich feststellen, dass in den untersuchten Rebsorten keine qualitativen Unterschiede zwischen Rappen und Kernen bestehen. In Rappen der Rebsorte 'Traminer' ist im Gegensatz zu den Kernen kein Procyanidin B2 nachweisbar. Bei den beiden anderen Rebsorten ist Procyanidin B2 sowohl in Kernen als auch in Rappen nachweisbar. Epigallocatechin-3-gallat, das von den drei Rebsorten nur in Johanniter-Rappen nachweisbar ist, ist in Johanniter-Kernen hingegen nicht nachweisbar. Frische Silvaner-Rappen unterscheiden sich bezüglich ΣHPLC nicht von 'Johanniter' und 'Traminer', es besteht jedoch ein signifikanter Unterschied zwischen 'Traminer' und 'Johanniter'.

Abb. 7: Darstellung der monomeren und dimeren PP mittels HPLC in Rappen verschiedener Rebsorten; Hintergrund weiß: frische Rappen, Hintergrund grau: getrocknete Rappen; kein Muster: 'Silvaner', gepunktet: 'Johanniter', schraffiert: 'Traminer'; Berechnung bezogen auf die Masse vor Trocknung; Fehlerbalken ist sd aus n = 2 (S, J), n = 3 (T); *signifikant unterschiedlich t-Test p < 0,05.

Der Farbbeitrag frischer Rappen ist für 'Silvaner' geringer als für die beiden anderen Rebsorten (Abb. 6).

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

GS B1 B2 EGC E-3-G Rutin Cat Epi

[mg

/kg

Rap

pen]

*

*

*

Abb. 7: Darstellung der monomeren und dimeren PP mittels HPLC in Rappen verschiedener Rebsorten; Hintergrund weiß: frische Rappen, Hintergrund grau: getrocknete Rappen; kein Muster: 'Silvaner', ge-punktet: 'Johanniter', schraffiert: 'Traminer'; Berechnung bezogen auf die Masse vor Trocknung; Fehler-balken ist sd aus n = 2 (S, J), n = 3 (T); *signifikant unterschiedlich t-Test p < 0,05.

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monomere/dimere Verbindungen Einfluss hat, die mit der HPLC-Methode nicht erfasst werden können. Un-ter Berücksichtigung der Fehlerbalken ist für die meis-ten Substanzen keine signifikante Änderung durch die Trocknung erkennbar (Abb. 7). Für Rappen der Reb-sorte 'Silvaner' ist lediglich für Catechin eine signifikante Abnahme durch die Trocknung nachweisbar (t-Test, p = 1,4E-2). Für Rappen der Rebsorte 'Johanniter' ist nur für die Verbindung E-3-G eine signifikante Abnahme er-kennbar (t-Test, p = 2,0E-4). Für Rappen der Rebsorte 'Traminer' ist nur für die Verbindung GS eine signifikan-te Abnahme erkennbar (t-Test, p = 2,2E-2).

Der Farbbeitrag frischer Rappen ist für 'Silvaner' gerin-ger als für die beiden anderen Rebsorten (Abb. 6).Für die Interpretation des Einflusses einer Trocknung gilt zu beachten, dass die Experimente "frisch" und "ge-trocknet" nicht kausal verbunden sind, es handelt sich je Rebsorte jeweils um unabhängige Portionen Rappen aus der gleichen Grundgesamtheit (es wurden nicht von denselben Rappen Werte vor und Werte nach Trock-nung ermittelt, das war aufgrund der durchgeführten Vergärung nicht möglich).

Die Trocknung verändert nur für Rappen der Rebsorte 'Silvaner' den GP (Tabelle 6: GP nach Folin-Ciocalteu; t-Test: S_R p = 3,1E-2; J_R p = 9,0E-2; T_R p = 1,4E-1). Auch der Tanningehalt wird nur bei Silvaner-Rap-pen durch die Trocknung signifikant verändert (Tan-nin: t-Test: S_R p = 9,5E-3; J_R: p = 6,0E-1; T_R p = 7,0E-1), die Trocknung führt zu einer Abnahme (Abb. 8).

Für die Interpretation des Einflusses einer Trocknung gilt zu beachten, dass die Experimente "frisch" und "getrocknet" nicht kausal verbunden sind, es handelt sich je Rebsorte jeweils um unabhängige Portionen Rappen aus der gleichen Grundgesamtheit (es wurden nicht von denselben Rappen Werte vor und Werte nach Trocknung ermittelt, das war aufgrund der durchgeführten Vergärung nicht möglich).

Die Trocknung verändert nur für Rappen der Rebsorte 'Silvaner' den GP (Tabelle 6: GP nach Folin-Ciocalteu; t-Test: S_R p = 3,1E-2; J_R p = 9,0E-2; T_R p = 1,4E-1). Auch der Tanningehalt wird nur bei Silvaner-Rappen durch die Trocknung signifikant verändert (Tannin: t-Test: S_R p = 9,5E-3; J_R: p = 6,0E-1; T_R p = 7,0E-1), die Trocknung führt zu einer Abnahme (Abb. 8).

Abb. 8: Darstellung des Tanningehaltes mittels MCP-Assay in frischen und getrockneten Rappen verschiedener Rebsorten; Füllfarbe weiß: frische Rappen, Füllfarbe grau: getrocknete Rappen; ohne Muster: 'Silvaner', gepunktet: 'Johanniter', schraffiert: 'Traminer'; Fehlerbalken ist sd aus n = 2 (S, J), n = 3 (T); *signifikant unterschiedlich t-Test p < 0,05.

Der Anteil Tannin an GP verändert sich durch Trocknung bei keiner der betrachteten Rebsorten statistisch signifikant (t-Test, 'Silvaner' p = 3,2E-1, 'Johanniter' p = 1,9E-1, 'Traminer' p = 9,0E-1).

Für ΣHPLC ergibt sich für keine der drei Rebsorten eine signifikante Änderung durch die Trocknung (Tabelle 6). Da die ΣHPLC für frische und getrocknete Silvaner-Rappen im Gegensatz zum GP nach Folin-Ciocalteu und Tannin nicht signifikant unterschiedlich ist, bedeutet dies, dass der Einfluss der Trocknung auf den GP nach Folin-Ciocalteu nur deshalb besteht, weil dort Tannin miterfasst wird oder weil die Trocknung noch auf andere monomere/dimere Verbindungen Einfluss hat, die mit der HPLC-Methode nicht erfasst werden können. Unter Berücksichtigung der Fehlerbalken ist für die meisten Substanzen keine signifikante Änderung durch die Trocknung erkennbar (Abb. 7). Für Rappen der Rebsorte 'Silvaner' ist lediglich für Catechin eine signifikante Abnahme durch die Trocknung nachweisbar (t-Test, p = 1,4E-2). Für Rappen der Rebsorte 'Johanniter' ist nur für die

S_fr S_tr J_fr J_tr T_fr T_tr0

5

10

15

20

25

Tann

in[g

Cat

-ÄQ

/kg

Rap

pen] *

Abb. 8: Darstellung des Tanningehaltes mittels MCP-Assay in frischen und getrockneten Rappen ver-schiedener Rebsorten; Füllfarbe weiß: frische Rappen, Füllfarbe grau: getrocknete Rappen; ohne Mu-ster: 'Silvaner', gepunktet: 'Johanniter', schraffiert: 'Traminer'; Fehlerbalken ist sd aus n = 2 (S, J), n = 3 (T); *signifikant unterschiedlich t-Test p < 0,05.

Der Anteil Tannin an GP verändert sich durch Trock-nung bei keiner der betrachteten Rebsorten statistisch signifikant (t-Test, 'Silvaner' p = 3,2E-1, 'Johanniter' p = 1,9E-1, 'Traminer' p = 9,0E-1).Für ΣHPLC ergibt sich für keine der drei Rebsorten eine si-gnifikante Änderung durch die Trocknung (Tabelle 6). Da die ΣHPLC für frische und getrocknete Silvaner-Rap-pen im Gegensatz zum GP nach Folin-Ciocalteu und Tannin nicht signifikant unterschiedlich ist, bedeutet dies, dass der Einfluss der Trocknung auf den GP nach Folin-Ciocalteu nur deshalb besteht, weil dort Tannin miterfasst wird oder weil die Trocknung noch auf andere

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DANKSAGUNG

Diese Arbeit wurde im Rahmen eines finanziell vom Forschungsring des Deutschen Weinbaus geförderten Projektes angefertigt. Besonderer Dank gilt allen Mitar-beitern der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, des Bayerischen Landesamtes für Gesund-heit und Lebensmittelsicherheit und der TU Braun-schweig, die mich bei der Erstellung dieser Arbeit unter-stützt haben. Hervorzuheben ist der fleißige Einsatz von Anika Reinmüller.

Tab. 6: Zusammenstellung der Ergebnisse für GP nach Folin-Ciocalteu, Tannin, Anteil Tannin an GP nach Folin-Ciocalteu und GP ΣHPLC in Rappen_Vg; kursiv: sd (für ΣHPLC Ergebnisse inkl. Fehlerfortplanzung) S: n = 2, J: n = 2 T: n = 3). Unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede zwischen den Experimenten fr und tr einer Rebsorte p < 0,5.

S_Rfr S_Rtr J_Rfr J_Rtr T_Rfr T_Rtr

GP Folin (g GS-ÄQ/kg Rappen) 19,6a 13,3b 26,4a 18,8a 14,4a 15,8a

sd ±0,9 ±1,3 ±1,8 ±0,4 ±1,2 ±0,8

Tannin (g Cat-ÄQ/kg Rappen) 16,1a 9,9b 19,9a 18,2a 10,8a 11,6a

sd ±0,1 ±0,6 ±1,5 ±2,7 ±3,1 ±1,0

Anteil Tannin an (%) 48,1a 43,5a 44,3a 56,5a 43,8a 42,8a

sd 2,3 5,1 4,5 8,4 12,9 4,1

GP ΣHPLC (mg/kg Rappen) 1792a 1504a 2613a 2111a 1110a 931a

sd ±233 ±135 ±293 ±148 ±206 ±117

Bei der Rebsorte 'Silvaner' führt eine Trocknung der Rappen zu einem wahrnehmbaren Farbunter-schied von ΔE = 9, durch die Trocknung werden die Helligkeit erhöht und die Rot-grün-Buntheit und Gelb-blau-Buntheit abgeschwächt (Abb. 6). Bei den Rebsorten 'Johanniter' und 'Traminer' verändert eine Trocknung der Rappen den Farbbeitrag bei beiden Rebsorten kaum, der Unterschied ΔE beträgt für beide Rebsorten <3 und ist somit optisch nicht wahrnehm-bar.

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Eingelangt am 4. Februar 2020