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MODUL: AGRARPREISBILDUNG AUF EU-MÄRKTEN WS 01/02 ULRICH KOESTER 6.2: WIRKUNG VON QUOTIERUNGEN1 1 Einführung In den letzten Jahren wurden zunehmend Quotierungen von Produkten und auch Faktoren als stark regulativ wirkendes agrarpolitisches Instrument diskutiert und von den verantwortlichen Politikern eingesetzt. Nachdem es auf dem Zuckermarkt der EU bereits seit Beginn der Markt- ordnung für Zucker (1968) eine Quotierung der Produktion gibt, wurde in der EG 1984 die Kontingentierung der Milchproduktion eingeführt. In den Folgejahren wurde sowohl vom Bauernverband als auch von Politikern und Administration eine Ausweitung der Quotierung auf andere Märkte, insbesondere den Getreidemarkt, erwogen. Mit der Agrarreform, die 1992 beschlossen wurde, wird zwar nicht die Getreideproduktion, doch aber der Umfang der Flä- chennutzung durch Flächenstillegungsprogramme kontingentiert. Quoten werden dabei von den politisch Verantwortlichen als unumgängliche Notbremse zur Ausgabenbegrenzung für protektionierte Märkte mit Überschussproduktion dargestellt. Für Politiker hat dieses Instrument den wichtigen Vorteil rasch sichtbarer produktionseinschränkender Wirkung. In budgetkostenträchtigen Überschusssituationen stellt sich, bei entsprechender Kontrolle und restriktiver Festlegung der Produktionsquoten, sofort ein Rückgang der Überschüsse und eine entsprechende Entlastung des Budgets ein. Da aus Sicht der Politiker und auch von großen Teilen der Öffentlichkeit dieses die beiden entscheidenden Erfolgskriterien sind, fällt die Beurteilung der Maßnahme "Quotierung" durch die Agrarpolitiker durchweg positiv aus. Zwar bezweifeln auch Wissenschaftler nicht, dass durch eine Quotierung die Mengen gesteuert und damit Überschüsse schnell abgebaut werden können, doch messen sie den Erfolg einer Maßnahme anhand anderer Ziele und Kriterien. Es ist daher verständlich, dass Wissenschaftler bei der Analyse des Instruments der Quotierung zu einer differenzierteren und weniger positi- ven Bewertung gelangen als Politiker. 1 Kapitel 14 von Koester, U. und S. von Cramon-Taubadel, Preisbildung: Theorie und Praxis auf Agrarmärkten. In Vorbereitung.

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MODUL: AGRARPREISBILDUNG AUF EU-MÄRKTEN

WS 01/02

ULRICH KOESTER

6.2: WIRKUNG VON QUOTIERUNGEN1

1 Einführung

In den letzten Jahren wurden zunehmend Quotierungen von Produkten und auch Faktoren als

stark regulativ wirkendes agrarpolitisches Instrument diskutiert und von den verantwortlichen

Politikern eingesetzt. Nachdem es auf dem Zuckermarkt der EU bereits seit Beginn der Markt-

ordnung für Zucker (1968) eine Quotierung der Produktion gibt, wurde in der EG 1984 die

Kontingentierung der Milchproduktion eingeführt. In den Folgejahren wurde sowohl vom

Bauernverband als auch von Politikern und Administration eine Ausweitung der Quotierung

auf andere Märkte, insbesondere den Getreidemarkt, erwogen. Mit der Agrarreform, die 1992

beschlossen wurde, wird zwar nicht die Getreideproduktion, doch aber der Umfang der Flä-

chennutzung durch Flächenstillegungsprogramme kontingentiert. Quoten werden dabei von

den politisch Verantwortlichen als unumgängliche Notbremse zur Ausgabenbegrenzung für

protektionierte Märkte mit Überschussproduktion dargestellt. Für Politiker hat dieses

Instrument den wichtigen Vorteil rasch sichtbarer produktionseinschränkender Wirkung. In

budgetkostenträchtigen Überschusssituationen stellt sich, bei entsprechender Kontrolle und

restriktiver Festlegung der Produktionsquoten, sofort ein Rückgang der Überschüsse und eine

entsprechende Entlastung des Budgets ein. Da aus Sicht der Politiker und auch von großen

Teilen der Öffentlichkeit dieses die beiden entscheidenden Erfolgskriterien sind, fällt die

Beurteilung der Maßnahme "Quotierung" durch die Agrarpolitiker durchweg positiv aus.

Zwar bezweifeln auch Wissenschaftler nicht, dass durch eine Quotierung die Mengen gesteuert

und damit Überschüsse schnell abgebaut werden können, doch messen sie den Erfolg einer

Maßnahme anhand anderer Ziele und Kriterien. Es ist daher verständlich, dass Wissenschaftler

bei der Analyse des Instruments der Quotierung zu einer differenzierteren und weniger positi-

ven Bewertung gelangen als Politiker.

1 Kapitel 14 von Koester, U. und S. von Cramon-Taubadel, Preisbildung: Theorie und Praxis auf Agrarmärkten. In Vorbereitung.

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Ziel der Ausführungen ist es, dem Leser eine Reihe von ökonomischen Argumentationen zur

Kontingentierung transparent zu machen; damit soll die Möglichkeit zur selbständigen Abwä-

gung von politischen und ökonomischen Argumenten bei der Beurteilung von Quotenmaßnah-

men gegeben sein.

Im Abschnitt 2 werden zunächst die verschieden möglichen Ausgestaltungen von Quotenrege-

lungen dargestellt. Abschnitt 3 geht auf die Bedeutung von Produktionsquoten als

zusätzlichem Produktionsfaktor aus einzelbetrieblicher Sicht ein und erläutert das Konzept der

Quotenrente. Der vierte Abschnitt macht dann die Auswirkungen von Quoten auf das

Marktergebnis bei unterschiedlichen Rahmenbedingungen deutlich, und der fünfte Abschnitt

erläutert die Einkommenswirkungen von Produktionsquoten. Der sechste Abschnitt diskutiert

die Preisbildung für handelbare Produktionsquoten anhand eines einfachen Marktmodells,

Abschnitt 7 schließlich geht auf die Auswirkungen von Kontingentierungen auf den

Strukturwandel ein.

2 Möglichkeiten der Ausgestaltung von Quotenregelungen

Der Begriff Quote wird in der ökonomischen Diskussion allgemein für eine direkte Mengenre-

gulierung benutzt, die zu einer Verknappung von Produktion oder Produktionsfaktoren führt.

Es können nach der jeweiligen Ansatzart unterschieden werden:

- Faktorquoten (Flächen, Düngemittel, Pflanzenschutzmittel, Treibstoff o.ä.);

- Produktionsmengenquoten (evtl. Getreidequote in der EU, Hennenquoten in Kanada);

- Verkaufsmengenquoten (Milch, Zucker);

- Import-/Exportquoten (Tapiokaimporte der EU, Zuckerimporte der USA).

Nach der jeweiligen Ansatzstelle kann eine Quote

- länderspezifisch,

- regional/lokal,

- verarbeiterspezifisch sowie

- ex-/importspezifisch

vergeben werden.

Die Mengenreduzierung kann auf quotierten Märkten durch

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- administrative Verfügung,

- Quotenkauf durch den Staat,

- Abzüge bei der Quotenübertragung

erfolgen.

Der Transfer von Quoten kann

- untersagt,

- unbeschränkt,

- regional begrenzt oder

- an Boden gebunden

sein.

Aus dieser Vielzahl von Ausgestaltungsmöglichkeiten einer Quotierung soll im folgenden, wie

bereits in der Einleitung deutlich gemacht wurde, wegen der besonderen Bedeutung für die

EU-Märkte (Milch- und Zuckermarkt), die einzelbetriebliche Absatzkontingentierung, also die

"Kontingentierung im eigentlichen Sinn"2, in den Mittelpunkt der Analyse gestellt werden3. Bei

entsprechender Modifizierung lassen sich jedoch viele der gewonnenen Erkenntnisse auf an-

dere Quotensysteme übertragen.

3 Produktionsquoten als zusätzlicher Produktionsfaktor

Für den einzelnen Landwirt stellt eine Quote als Voraussetzung für den Absatz eines bestimm-

ten Produktes einen zusätzlichen Produktionsfaktor dar. Wird ein Produkt kontingentiert, be-

nötigt der Betrieb neben den traditionellen Faktoren zusätzlich ein Recht, eine bestimmte Men-

ge zu produzieren bzw. zu verkaufen. Damit hat ein solcher zusätzlicher Produktionsfaktor für

den einzelnen Betrieb einen Wert; der Faktor erzielt eine Rente. Diese Rente R des Produk-

tionsrechtes ergibt sich als Differenz zwischen Grenzerlös (= Produktpreis p) und Grenzkosten

(in einer Situation ohne Quotierung), multipliziert mit der Quotenmenge. Schaubild 1 ver-

deutlicht diesen Zusammenhang anhand einer einfachen einperiodischen Darstellung.

2 Henze, A. und J. Zeddies, Angebotskontingentierung in der Landwirtschaft. Schriftenreihe des Bundes-ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Reihe A: Landwirtschaft, Angewandte Wissen-schaft, Heft 217. Landwirtschaftsverlag, Münster-Hiltrup 1979. 3 Siehe hierzu als Ergänzung Koester, U., 1992, a.a.O., S.293ff. Hier wird insbesondere auch auf die ordnungspolitische Einordnung des Instruments eingegangen.

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Schaubild 1: Faktorentlohnung bei Quotierung

p

p

Entlohnung der betriebseigenen, relativ fixen Faktoren

Entlohnung der Quote

q q Q

Einzelbetriebliche Angebotskurve= Grenzkostenkurve

Kosten der variablen, zugekauften Faktoren

R

Aus dieser Betrachtung folgt unmittelbar, dass das bisherige Einkommen der traditionellen

Faktoren zusätzlich auf die Quote zu verteilen ist und damit schrumpfen muss. Vor der

Quotierung gilt:

(1) p q = B g + K i + L l + v V⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ,

und nach Einführung der Quotierung:

(2) p q B g K i L l v V R⋅ = ⋅ + ⋅ + ⋅ + ⋅ + ,

mit:

p = Produktpreis (konstant),

q = Produktionsmenge,

B = Bodenmenge (konstant),

g = Bodennutzungspreis,

K = Kapitaleinsatz,

i = Zinssatz (konstant),

L = Arbeitseinsatz,

l = Lohnsatz (konstant),

V = Vorleistungseinsatz,

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v = Preis der Vorleistungen (v ),

R = Quotenrente.

Da i , l und v für relativ kleine Sektoren bzw. sektorale Produktionszweige exogen gegeben

sind und im Gleichgewicht den Opportunitätskosten entsprechen, wird durch die Quotierung

der Produktion nach erfolgter Anpassung die Höhe von i l und v, nicht beeinflusst. Ebenso

kann davon ausgegangen werden, dass der Umfang der Flächennutzung insgesamt durch die

Kontingentierung bestimmter Produkte nur unbedeutend verändert wird. Wenn daher als Folge

der Quotierung Boden-, Kapital- und Arbeitseinkommen sinken, so wird dieses einen Rück-

gang des Kapital-, Arbeitseinsatzes und Vorleistungseinsatzes (K, L und V) sowie ein Sinken

des Bodennutzungspreises g bewirken. Schaubild 2 verdeutlicht dieses. Wird ein Faktor ela-

stisch angeboten (zugekaufte variable Inputs, Arbeitskräfte), so sinkt der Preis (i bzw. l) bei

rückläufiger Nachfrage aufgrund von Produktionsbeschränkungen nicht. Ist das Angebot da-

gegen weitgehend unelastisch (Boden), so wird die Faktorentlohnung (g) sinken.

Langfristig wird eine Quotierung zu verringertem Einsatz von variablen Faktoren und zu einer

Senkung der Bodennutzungspreise führen. Der Einkommensanspruch der Quote wird damit

langfristig auf Kosten der Bodennutzungspreise erzielt.

Im Falle einer Produktionsbeschränkung ergeben sich damit in jedem Betrieb spezifische par-

tielle Faktorrenten. Diese partiellen Renten geben an, welchen Preis der einzelne Betrieb bereit

ist, für eine zusätzliche Faktoreinheit zu zahlen, wenn die Kontingentmenge um eine

Outputeinheit ausgeweitet würde. Schaubild 3 zeigt den Zusammenhang aus anderer Per-

spektive. Durch die Kontingentierung ist der Betrieb gezwungen, von der Isoquante I auf IQ0

zu wechseln. Die optimale Faktorintensität K

B ist gegeben, wenn die Isokostengerade die

Isoquante tangiert (Punkt A). Bei fixem Bodeneinsatz B BQ0 = wird sich die Gerade drehen

und KO wird auf KQ zurückgehen (Optimalpunkt B). Damit werden im Zuge der Quotierung

weniger Einheiten variabler zugekaufter Faktoren pro Faktoreinheit Boden eingesetzt und der

Bodenpreis sinkt. Die Intensität der Bodennutzung geht zurück.

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Schaubild 2: Faktorpreisänderungen bei Verlagerung der Faktornachfragekurve und unter-

schiedlichen Angebotselastizitäten

p p

pKKO Q

p =O

p

p

B

BQ

K B

KQ K BQ=K BB

a) elastische Faktorenangebotskurve( Kapital )

b) unelastische Faktorenangebotskurve( Boden )

O

Der gewinnmaximale partielle Faktoreinsatz ist bei einer Quotierung der Produktionsmenge

erreicht, wenn gilt:

partielle Wertgrenzproduktivität (WPG) = Marktpreis des Faktors (r) + Faktorrente (R).

Der Betrieb wird bei Produktionsbeschränkungen nur den Einsatz von variablen zugekauften

Faktoren verringern. Dieses hat zur Folge, dass die Wertgrenzproduktivität entsprechend

steigt und sich bei fixem r eine entsprechende Faktorrente der Quotierung ergibt. Im

Gegensatz dazu wird die Einsatzmenge des Bodens nicht oder wenig abnehmen. Aufgrund der

sinkenden Intensität der variablen Faktoren wird aber die Wertgrenzproduktivität des Bodens

und damit der Bodennutzungspreis zurückgehen. Die Quotenrente tritt aber nur bei variablen

Faktoren auf. Sie entsteht, weil die optimale Faktoreinsatzmenge ohne Quotierung größer ist

als mit Quotierung. Bei Boden ist dagegen die Einsatzmenge durch die Quotierung nicht

verändert. Daher kann für diesen Faktor keine Quotenrente entstehen.

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Schaubild 3: Veränderung der Faktorintensität bei Produktkontingentierung

K

K

K

A

B I

I

BBB

O

Q

=O Q

Q

O

Im Schaubild 4 wird der Zusammenhang nochmals verdeutlicht: Ohne Kontingentierung der

Produktionsmenge würde vom variablen Faktor xov, vom betriebseigenen Faktor mit inner-

betrieblicher Verwertungsmöglichkeit xf0 und vom betrieblich absolut fixen Faktor xF einge-

setzt. Die Faktorpreise sind in der Ausgangssituation den Wertgrenzproduktivitäten der Fakto-

ren gleich. Bei den gleichgewichtigen Faktoreinsätzen und Faktorpreisen schneiden sich je-

weils Faktorangebots- und Faktornachfragekurve. Die Angebotskurve des variablen, zuge-

kauften Faktors verläuft vollkommen elastisch, die des betrieblich fixen Faktors ohne alter-

native Verwertungsmöglichkeit dagegen vollkommen unelastisch. Die Angebotskurve des

betriebseigenen Faktors mit alternativer betrieblicher Verwertungsmöglichkeit gibt die

betrieblichen marginalen Opportunitätskosten des Faktoreinsatzes an.

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Schaubild 14.4:Entstehung von faktorspezifischen Kontingentsrenten

v r

v r 0

R v v R 2 1 f

f r

O

r F

r F

r F Q

v

WGP Q

x x x v v v 2 1 0 x v

a) variabler, zugekaufter Faktor x

R 1 WGP 0

f r 1

f r 0

WGP Q

WGP 0

x 0 x

� f �

b) betriebseigener Faktor mit alternativer innerbetrieblicher Verwertung (relativ fixer Faktor)

x F x F

WGP Q WGP 0

c) betriebseigener Faktor ohne alternative Verwendungsmöglichkeit

Würde die Kontingentierung bei unverändertem Einsatzverhältnis zwischen variablen und rela-

tiv fixen Faktoren eingeführt werden, so wären die entsprechenden Faktoreinsätze xv1 und xf

1 .

Da bei diesen Faktoreinsatzmengen die partiellen Wertgrenzproduktivitäten höher wären als

die Faktorpreise bzw. die marginalen Opportunitätskosten, würden sich partielle Faktorrenten

in Höhe von Rv1 und Rf

1 ergeben. Der Betrieb wird aber versuchen, den betriebseigenen Faktor

mit alternativer betrieblicher Verwendung nur soweit einzuschränken, dass die marginale Ver-

wertung des Faktors in der kontingentierten Produktion der marginalen Verwertung in alter-

nativer betrieblicher Verwendung gleich ist. Es wird sich somit die gleichgewichtige Faktorein-

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satzmenge xf1 durch den Schnittpunkt der Wertgrenzproduktivitätskurve dieses Faktors und

der Faktorangebotskurve ergeben.

Die notwendige Reduzierung der Produktionsmenge wird sich daher im neuen Gleichgewicht

vornehmlich durch eine Verringerung des variablen Faktors einstellen. Im Schaubild 14.4 ist

angenommen, dass der variable Faktoreinsatz auf xv2 zurückgeht.

Die Änderung der Faktorintensitäten führt zu einer Verlagerung der Wertgrenzproduktivitäten

aller Faktoren nach unten. Nach Anpassung entstehen Faktorrenten lediglich bei dem variablen

Faktor - im Schaubild 14.4a) in Höhe von Rv2 -. Die Rente gibt an, welchen Preis ein Produ-

zent für die Erweiterung der Kontingentsrente um die Produktionsmenge, die durch eine zu-

sätzliche Einheit des variablen Faktors erzielt werden könnte, bereit wäre zu zahlen. Die Preise

der anderen Faktoren, xf und xF , werden im Preis sinken, und zwar um so mehr, je un-

elastischer das Faktorangebot ist. Die Rente fällt natürlich denjenigen zu, denen das Produk-

tionsrecht zunächst zugewiesen wurde.

Die Einführung der Quotierung der Milchproduktion in der EU scheint - bei oberflächlicher

Betrachtung - nicht zu bestätigen, dass die Bodennutzungspreise als Folge der Quotierung ge-

fallen sind. Doch es gilt zu bedenken, dass in den ersten Jahren nach Einführung der Quotie-

rung eine Übertragung der Quoten nur bei gleichzeitigem Verkauf oder Verpachtung von Flä-

chen möglich war. Durch die Bindung der Quote an die Fläche konnte der Marktpreis für die

Quote nicht ermittelt werden. Es bildete sich auf dem Markt lediglich ein Preis für Fläche mit

Quote. Dieser Preis hätte nach vollkommener Anpassung gemäß oben dargestellter Theorie

genauso hoch sein müssen, wie der Bodennutzungspreis vor der Einführung der Quotierung.

Da aber eine vollkommene Anpassung Zeit beansprucht, führt die Quotierung in der Anpas-

sungsperiode nicht nur zu einer Preissenkung für die Landnutzung, sondern auch zu einer

Preissenkung anderer nicht vollkommen elastisch angebotener Faktoren. Das Ausmaß der Re-

duzierung der Bodennutzungspreise ist daher in der Anpassungsphase geringer als die Höhe

des Quotenpreises. Folglich kann der Preis für die Fläche mit Quote höher sein als der Boden-

nutzungspreis vor Einführung der Quotierung.

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4 Auswirkung von Quotierungsmaßnahmen auf Budget und Faktorallokation

Die Auswirkungen von Produktionsquoten auf das Marktergebnis lassen sich anhand verschie-

dener Modellbetrachtungen analysieren. Die einzelnen Ansätze kommen dabei je nach den zu-

grundeliegenden Annahmen zu unterschiedlichen Aussagen über Wohlfahrts- und Budgetver-

änderungen gegenüber der Referenzsituation.

Im folgenden Abschnitt wird zunächst das traditionelle neoklassische komparativ-statische

Analysekonzept als Partialmodell (d.h. nur auf den betroffenen Markt bezogen) und als Glo-

balmodell (Einbeziehung auch der indirekt betroffenen Märkte) diskutiert. Dabei wird als Er-

weiterung des Konzepts die besondere Bedeutung der unterschiedlichen Ausgestaltung von

Produktionsquotenregelungen für die Wohlfahrtswirkungen erläutert. Im zweiten Teil dieses

Abschnitts wird anschließend ein dynamischer Modellansatz anhand des Beispiels der

EU-Milchmarktquotierung dargestellt.

Als Referenzsituation wird im ersten Fall freie Marktpreisbildung und -preisstützung ohne

Quotierung, im zweiten Fall das vor der Quotierung bestehende System zugrundegelegt. Im

Abschnitt 7 wird der dynamische Ansatz dann unter dem Aspekt der Auswirkung von Quoten

auf den Strukturwandel vertiefend diskutiert.

Das partielle komparativ-statische Analysemodell lässt sich mit Hilfe von Schaubild 14.5 erläu-

tern. Bedingt durch die Quotierung wird das Angebot auf die administrativ festgelegte Menge

qQ begrenzt, und entsprechend gehen angebotene und nachgefragte Menge auch auf qQ zu-

rück. Die Angebotskurve wird bei qQ vollkommen unelastisch, der neue Preis beträgt pQ . Eine

Darstellung wie in Schaubild 5 impliziert dabei die wichtige Annahme, dass nur die ineffi-

zientesten Produzenten, die im oberen Teil der Angebotskurve liegen, ihre Produktion einstel-

len oder die Produktionskontingente frei handelbar sind, und nach einer bestimmten Zeit (siehe

hierzu Abschnitt 6) von den ineffizienten auf die effizienten Betriebe übergegangen sind. Diese

für die EU-Agrarpolitik unrealistische Annahme wird zum besseren Verständnis der grundsätz-

lichen Zusammenhänge getroffen und später (s.u.) aufgehoben.

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Schaubild 5: Änderung von Preisen und Mengen bei Quotierung eines Marktes mit und ohne

Preisstützung

p

p

p Q O

Q

p

p

p

q q q q q q q O

Fall a

w

S Q

S D

Fall b

a b

S O

i

c D

A B

C

Die Kontingentierung stellt damit die staatlich verordnete Ausübung von Marktmacht dar, sie

ist vergleichbar mit einem Angebotsmonopol, wie es sich als Kartell auf Märkten bilden kann

(z.B. das OPEC Ölpreiskartell). Entsprechend ergibt sich gegenüber dem Referenzsystem der

freien Preisbildung (Schaubild 5a) ein monopolistisch organisierter Markt. Die produzierte

Menge sinkt, der Preis steigt und die Produzentenrente ändert sich um die Differenz der

Flächen a und b4. Die Nachfrager verlieren an Konsumentenrente.

Legt man als Referenzsituation eine Produktpreisstützung zugrunde, verliert die Angebotsquo-

tierung den Charakter eines Monopols. Wie Schaubild 5b zeigt, ist die Nachfrageseite nicht

von der Quotierung betroffen, da Preis pi und Inlandskonsum qD sich allein durch Einführung

von Produktionsquoten nicht ändern (die praktische Erfahrung in einigen Ländern wie z.B.

Österreich und der Schweiz zeigt allerdings, dass Quotierungen häufig zum Anlass genommen

werden, pi zu erhöhen)5. Die Produktionsbeschränkung dient dem Politiker zum Abbau von

4 Je nach Preiselastizität der Nachfrage kann die Produzentenrente insgesamt steigen εq pD < 1� � oder

sinken εq pD > 1� �.

5 Siehe hierzu Koester, U. und E.-A. Nuppenau, Erfahrungen anderer Länder mit der Kontingentierung der Milchproduktion. (Schriftenreihe der Agrarwissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel, Heft 66), Kiel 1984, S.129-138.

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Überschüssen und zur Entlastung des Budgets. Im Schaubild 5 werden z.B. die protektionsbe-

dingten Überschüsse von q q auf q qS DQS D

0 − −� � � � reduziert. Die Staatsausgaben sinken ent-

sprechend um q q p pSQS

i w0 − ⋅ −� � � � (entspricht der Fläche ABCD). Die Produzentenrente

vermindert sich um die Fläche c (Erlösminderung - Kostenminderung). Die Staatsausgaben

werden in der Realität aber um weniger als die Fläche ABCD sinken, da eine Quotierung im-

mer auch mit der Einführung einer entsprechenden Verwaltungs- und Kontrolladministration

verbunden ist. Je nach Produkt kann der Kontrollaufwand sehr hoch werden. Insbesondere

wenn kein "Flaschenhals" (wie in Form der Zuckerrübenfabriken oder Meiereien) vorliegt,

wie z.B. auf dem Getreidesektor, muss der Staat erhebliche Mittel aufwenden, um die

Einhaltung von Quoten zu gewährleisten.

Aus wohlfahrtstheoretischer Sicht ergibt dieses vereinfachte Modell eine positive Bewertung

gegenüber der Referenzsituation Preisstützung. Nimmt man eine optimale Faktorallokation bei

Weltmarktpreisniveau an, so macht das Schaubild 6 deutlich, dass eine Quotierung den Verlust

an Spezialisierungsgewinn reduzieren kann (Verkleinerung der einfach schraffierten Fläche bei

Rückgang der Produktion). Das Modell zeigt weiterhin, dass Quotierungen bei Preisstützung

sogar zu einer partiell optimalen Faktorallokation führen können. Wird die Quote im Schaubild

6 auf qopt festgelegt, wird genau soviel produziert, wie unter Freihandelsbedingungen = q wS� � ;

der Verlust an Spezialisierungsgewinn reduziert sich in diesem Modell auf Null; unverändert

bleibt dabei allerdings der Verlust an eigentlichem Handelsgewinn.

Die Wohlfahrtsanalyse mit Hilfe des vereinfachten Partialmodells kann bei der Beurteilung von

Quotierungen zu falschen Folgerungen führen:

1. Wohlfahrtseffekte von Quotierungen hängen entscheidend von der Art der Implementierung

des Quotensystems ab. Oben wurde angenommen, dass nur die effizientesten Betriebe in der

Produktion bleiben und die Grenzanbieter ausscheiden. Gibt man diese unrealistische Annahme

auf, fällt die wohlfahrtsökonomische Beurteilung weniger günstig aus. Wird z.B. mit Einfüh-

rung der Quote jedem Betrieb ein Produktionsrecht zugestanden, das unter der gewinnmaxi-

malen Produktionsmenge liegt, so werden ineffizient produzierende Faktoren in der

Produktion belassen und effizient produzierende Faktoren scheiden aus. Schaubild 7

verdeutlicht diesen Zusammenhang. Die Angebotskurve knickt nicht mehr bei qQ zu einer

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Preiselastizität von Null ab, sondern jeder einzelne Anbieter verringert seine Produktion.

Schaubild 7: Optimale Faktorallokation bei Preisstützung und Quotierung; partielles Modell

p

p

p

Q

p

p

p

q q q q qqOO Q

b) Gleichmäßige Einschränkung der Produktion aller Betriebe

ii

a) Ausscheiden der ineffizientesten Betriebe

w w

a a

b

c

Dargestellt wird dieses anhand der Verringerung der einzelbetrieblichen Angebotsmenge (=

Reduzierung der Balkenbreite im Schaubild 7), deren Aggregation die Angebotskurve ergibt.

Eine derartig eingeführte Quotierung bedeutet damit quasi eine Drehung der Angebotskurve.

Die Reduzierung des Spezialisierungsverlustes ist erheblich geringer als bei der oben

unterstellten Annahme. Im Fall einer einzelbetrieblichen Angebotsreduzierung über eine

Betriebsquote ergibt sich die Änderung der Wohlstandseffekte aus der Differenz der Flächen a

(positiver Wohlstandseffekt) sowie b und c (negativer Wohlstandseffekt). Es scheiden

Faktoren aus, die zu Weltmarktpreisen Milch effizient produzieren könnten (Fläche c).

Insgesamt ist damit die wohlfahrtsökonomische Bewertung bezüglich der Faktorallokation in

konkreten Fällen, z.B. der EU-Milchquoten deutlich negativer als das einfache Modell

zunächst erwarten lässt. Ist die Summe aus b und c größer als a, so kann sich die

Faktorallokation durch den Mechanismus "effizient produzierende Faktoren scheiden aus der

Produktion, ineffiziente Faktoren bleiben in der Produktion" sogar verschlechtern.

2. In der vereinfachenden Wohlfahrtsanalyse wurde unterstellt, dass die Quotierung eines be-

stimmten Produkts keinen Einfluss auf die Höhe des Produktpreises hat. In der Realität ist

aber zu beobachten, dass die Produzenten kontingentierter Produkte besonders gut organisiert

sind und versuchen, die Politiker zu einer Anhebung der gestützten Preise zu bewegen. Die

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Politiker scheinen auf diesen Märkten den Forderungen der Produzenten auch mehr als auf

Märkten von nicht kontingentierten Produkten nachzugeben. Dies liegt daran, dass Preis-

erhöhungen bei kontingentierten Produkten zum einen aus einkommenspolitischer Sicht

leichter begründbar sind. Den Produzenten insgesamt ist es auf diesen Märkten nicht möglich,

über eine Produktionsausweitung ihre Einkommen zu erhöhen. Zum anderen führen

Preisanhebungen auf diesen Märkten zu einem geringeren Anstieg der Staatsausgaben als auf

Märkten mit nicht kontingentierter Angebotsmenge. Wenn demnach als Folge der Quotierung

die Preise höher sind, führt dies auf der Nachfrageseite zu zusätzlichen Wohlstandsverlusten.

3. In der vereinfachten Wohlfahrtsanalyse wird unterstellt, dass die Quotierung keinen Einfluss

auf die Verlagerung der Angebotskurve im Zeitablauf hat. In der Realität ist aber zu beobach-

ten, dass die Quotierung eines Produkts einen Einfluss auf die Intensität der Übernahme von

technischen Fortschritten hat. Da der Wettbewerbsdruck bei kontingentierten Produkten gerin-

ger ist als bei Produkten ohne Quotierung, ist auch die Dynamik bei der Übernahme von

Neuerungen geringer. Es entstehen daher durch die Quotierung zusätzliche Wohlfahrts-

verluste.

4. Das diskutierte partielle Marktmodell erscheint auch mit einer weiteren Annahme, dass an-

dere Märkte von der Quotierungsmaßnahme nicht betroffen sind, wenig realitätsnah. Eine

sinnvolle Beurteilung der Maßnahme lässt sich nur bei Berücksichtigung der Effekte auf

andere Agrarmärkte erzielen. Die Folgewirkungen einer partiellen Quotierung auf andere

Märkte führen insbesondere zu einer Ablehnung der Quotierung aus ordnungspolitischer

Sicht6. Im folgenden werden zunächst die theoretischen Grundüberlegungen eines statischen

globalen Modells für mehrere Märkte dargestellt, um die Erkenntnisse daran am Beispiel der

Einführung der EU- Milchquoten im zweiten Teil des Abschnittes in ein dynamisches

Analysemodell einzubringen.

Die grundsätzlichen Überlegungen der globalen Betrachtung sind dabei sehr einfach. Wird ein

Markt kontingentiert, werden die freigesetzten Produktionsfaktoren nach alternativer

Verwendung streben. Für die wohlfahrtsökonomische Bewertung ist entscheidend, ob die

Faktoren in Bereiche mit höherer oder niedrigerer Protektion als das Ausgangsprodukt

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abwandern. Die Faktorallokation wird sich verbessern, wenn die Faktoren zur Produktion von

nicht oder nur wenig protektionierten Gütern eingesetzt werden. Der Verlust an

Spezialisierungsgewinn verringert sich in diesem Fall als Folge der Quotierung. Werden die

Faktoren dagegen in der Produktion von Gütern eingesetzt, die höher protektioniert sind als

das ursprüngliche Gut, werden zusätzliche Produkte erzeugt, die international noch weniger

konkurrenzfähig sind; in diesem Fall entsteht ein noch größeren Verlust an

Spezialisierungsgewinn.

Im folgenden Beispiel werden die theoretisch gewonnenen Erkenntnisse praktisch zur Analyse

der EU-Milchkontingentierung aus dem Jahr 1984 herangezogen7. Um die Realitätsnähe der

Analyse zu erhöhen, werden zusätzlich dynamische Aspekte einbezogen, d.h. es wird nicht nur

Ausgangs- und Endzustand der einzelnen Märkte verglichen.

4.1 Analyse der Wirkungen der Quotierung der EU-Milchproduktion

Die zwangsweise Einschränkung der EU-Milchproduktion führte zu folgenden direkten Effek-

ten auf anderen Agrarmärkten:

- kurzfristige Ausweitung des Rindfleischangebots,

- Rückgang der Nachfrage nach Kraftfutter,

- Freisetzung von Arbeits-, Stall- und Grünlandkapazitäten.

Als wichtigste betroffene Märkte sollen die Auswirkungen auf den

- Rindfleischmarkt,

- Schweinfleischmarkt und

- Getreidemarkt

diskutiert werden. Schaubild 8 zeigt die darzustellenden Zusammenhänge graphisch.

a) Auf dem Rindfleischmarkt Schaubild 8a) entsteht kurzfristig nach Einführung der Milch-

quote eine Angebotsausweitung. Kühe, die nicht mehr in der Produktion benötigt werden,

werden geschlachtet, und das Angebot an Kuhfleisch steigt (Effekt 1). Der Preis für

6 Vgl. Koester, U., 1992, a.a.O., S.293f. 7 Die Ausführungen orientieren sich wesentlich an Koester, U und E.-A. Nuppenau, Wie Milchquoten die

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16

Rindfleisch wird somit, da die Außen- und Binnenhandelsregelungen eine Preisänderung

zulassen, entsprechend der Preiselastizität der Nachfrage absinken. Ist das kurzfristig

ausgelöste Überangebot beseitigt, steigt der Preis wieder (Effekt 2). Langfristig wird der

Rindfleischmarkt von zwei anderen Effekten beeinflusst. Einerseits geht die Zahl der

Milchkühe und damit auch das Aufkommen an Kälbern zurück. Dies wirkt sich dämpfend auf

das Rindfleischangebot aus (Effekt 3). Zum anderen werden aber das freiwerdende Grünland,

die ungenutzten Stallplätze und Arbeitskapazitäten zu einer Ausweitung der

Fleischrinderproduktion führen; das Rindfleischangebot weitet sich aus (Effekt 4) und zwar

um so mehr, je höher die Rindfleischpreise sind (= Drehung der Angebotskurve). Ob

längerfristig die angebotseinschränkenden oder die angebotsausweitenden Tendenzen

überwiegen, lässt sich dabei allerdings nur mit Hilfe von empirischen Analysen klären. Die

bisherige Entwicklung in der EU deutet darauf hin, dass mittel- und längerfristig Milch- und

Rindfleischangebot nicht eng gekoppelt sind. Von 1985 bis 1993 ging die Zahl der Milchkühe

in der EU um 19,6% zurück; in der gleichen Periode erhöhte sich aber die

Bruttoinlandsproduktion von Rindfleisch um 8,2%. Die Entwicklung ist allerdings in den

einzelnen EU-Ländern sehr unterschiedlich verlaufen.

b) Der Schweinemarkt (Schaubild 8b) ist kurzfristig zweifach von der Einführung der Milch-

quotenregelung betroffen. Die sinkende Kraftfutternachfrage führt zur Preissenkung für Kraft-

futter; hierdurch erhöht sich die Relation Schweinepreis zu Kraftfutterpreis, damit steigt der

ökonomische Anreiz zur Produktion von Schweinen. Die Angebotskurve verlagert sich nach

rechts (Effekt 1). Auch die Nachfrage nach Schweinefleisch wird sich verändern, da die

Kreuzpreiselastizität zum Rindfleischpreis mit ca. 0,63 deutlich größer als Null ist. Die

Nachfrage nach Schweinefleisch sinkt demnach mit sinkendem Preis für das Substitut

Rindfleisch (Effekt 2). Insgesamt sinkt damit der Schweinefleischpreis kurzfristig angebots-

und nachfragebedingt. Diese Effekte werden allerdings nicht zu einer andauernden

Preissenkung am Schweinemarkt führen. Sowohl die niedrigen Rindfleischpreise als auch die

niedrigen Kraftfutterpreise sind überwiegend durch kurzfristige Effekte bedingt. pSW2 wird

entsprechend wieder ansteigen und könnte z.B. den Ausgangspreis pSW0 erreichen (aus

Schweinepreise beeinflussen. "top agrar", Nr. 8 (1988), S.24-27.

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17

technischen Gründen ist dieses jedoch nicht dargestellt). Langfristig ist allerdings mit einer

Angebotsausweitung aufgrund der in der Milchproduktion freigesetzten Faktoren zu rechnen,

die auch in der Schweineproduktion alternative Verwendung suchen (Effekt 3). Das

Schweinefleischangebot wird sich also langfristig tendenziell ausweiten. Die langfristige

Nachfrageentwicklung nach Schweinefleisch als Folge der Quotierung der Milchproduktion

wird über die langfristigen Preisänderungen am Rindfleischmarkt beeinflusst. Wird die

Rindfleischproduktion langfristig ausgedehnt, wie dieses zu beobachten war, sinkt der Preis für

Rindfleisch und die Nachfrage nach Schweinefleisch fällt tendenziell (Effekt 4).

c) Auch der Getreidemarkt (Schaubild 8c) wird durch die Milchquotierung betroffen. Der

Ackerfutterbau wird eingeschränkt; die freiwerdenden Flächen wandern zumindest teilweise in

die Getreideproduktion. Zusätzlich kann freiwerdendes Grünland im Zuge des Technischen

Fortschritts (TF) zunehmend umgebrochen und in Ackerland umgewandelt werden. Auch Ar-

beit findet, allerdings in geringem Maße, alternative Verwendung in der Getreideproduktion.

Damit wird sich auch das Angebot an Getreide durch die Milchquotenregelung tendenziell er-

höhen. Kurzfristig kommt es nur zu einer geringen Ausweitung (Effekt 1), längerfristig

bewirkt aber der technische Fortschritt in der Milchproduktion einen zunehmenden

Grünlandumbruch (Effekt 2). Da für den Getreidemarkt nach wie vor eine Preisgarantie gilt,

kommt es hier zu zusätzlichen Budgetausgaben (Flächen b und b1 2 ).

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18

Schaubild 8: Auswirkung der EU-Milchquotierung auf Rindfleisch, Schweine- und Getreidemarkt

1 2

1

1

2

2

p p

p

p ,pR R

R

2 0

1

R1qR

Rq

q 0

2

q

0

12

p sw

p sw p sw

1

2

sw

sw

sw1 q q

q

2

0

q

1

q q GD q G q G

0

G

G

p

p W

p

R

R

R

p p p

R

pp

4

3 p3

4

2

p

R

R

q 3 q 2

q4

q

43

0p

p

0

4

3

sw

sw

sw

sw3

sw4

sw

q

q q q

GW

p G

Gq qG1 2

a) Rindfleischmarkt b) Schweinefleischmarkt c) Getreidemarkt

kurzfristige Effekte

langfristige Effekte

p

q

1

i

b

i

1

b 2

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19

Insgesamt machen die Überlegungen deutlich, dass Quotierungsmaßnahmen die Eigenschaft

haben, andere Märkte zu beeinflussen. Es kommt zu erheblichen Preis- und Mengeneffekten

und im Fall der EU-Milchquotierung zu einer Verlagerung von Überschussproblemen auf an-

dere Märkte. Nur ein globales Modell erlaubt damit eine korrekte Analyse des Instruments

"Quote".

Die konkrete wohlfahrtsökonomische Bewertung der Milchquotierung in der EU anhand des

aufgezeigten Modells stößt allerdings auf einige Schwierigkeiten. Vor allem über die Intensität

der einzelnen Faktorwanderungen kann nur gemutmaßt werden, und auch die Protektion der

einzelnen Produkte unterliegt größeren Schwankungen. Faktorwanderungen in die gering pro-

tektionierte Schweineproduktion ist dabei entsprechend positiver zu bewerten als eine Auswei-

tung der protektionierten Rindfleisch- und insbesondere der hochprotektionierten Getreidepro-

duktion. Allerdings wird der Rindfleischpreis als Folge der Milchquotierung tendenziell niedri-

ger sein; damit werden auf der Nachfrageseite Wohlfahrtsverluste (Verluste an eigentlichem

Handelsgewinn) verringert. Auch die angestrebte Budgetentlastung kann sich in ihr Gegenteil

verkehren, wenn die zusätzlichen Überschüsse auf anderen Märkten mehr Ausgaben verursa-

chen als auf dem quotierten Markt an Ausgaben eingespart wird. Der Gesamteffekt einer Quo-

tierung auf die Wohlfahrt als Summe der dargestellten Einzeleffekte lässt sich ohne eine Reihe

von teilweise restriktiven Annahmen kaum quantifizieren.

5 Einkommenswirkungen von Produktionsquoten

Das Einkommen (bzw. der Gewinn8) eines Betriebs aus landwirtschaftlicher Tätigkeit setzt

sich entsprechend Gleichung

(3) Y E K p q Ki

n

i i i= − = ⋅ −=∑

1

� � ,

mit

8 Aus Gründen der Vereinfachung wird hier von Einkommen und Betriebsgewinn als Synonym ausgegangen, obwohl in der Realität Unterschiede bestehen (vgl. z.B. Koester, U., 1992, S.179f), da das Einkommen sich aus dem Betriebsgewinn ableitet. Für die hier aufzuzeigenden Zusammenhänge sind die Unterschiede aber nicht von Bedeutung.

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20

Y = Einkommen,

E = Erlös (= Umsatz),

K = Kosten,

i = Agrarprodukt i,

n = Anzahl der produzierten Agrargüter;

aus der Summe der Erlöse abzüglich der Kosten zusammen.

Wird durch die Quotierung der Überschuss auf dem Markt nicht vollkommen reduziert -

dieses ist der Regelfall -, so kann sich pi auch mit Quotierung nur als direkte Folge politischer

Entscheidungen ändern. Aus Gleichung (3) geht unmittelbar hervor, dass bei Quotierung auf

einzelbetrieblicher Ebene der Betrieb den Gewinn eines Produktionszweiges nur noch über

Kostenänderung beeinflussen kann. pi und qi sind für ihn nicht zu verändern. Damit ist eine

Einkommenserhöhung in einem Betriebszweig i über eine Produktionsausweitung nicht mehr

möglich. Eine Senkung von Quoten bedeutet eine mehr oder weniger große

Einkommensminderung, je nach alternativer Verwendungsmöglichkeit der freigesetzten

Faktoren in anderen Betriebszweigen. Am stärksten sinkt das Einkommen bei den Betrieben,

die keine oder wenig Möglichkeiten haben, die freiwerdenden Faktoren zur Produktion

anderer Güter einzusetzen.

Im Extremfall (Einproduktunternehmen ohne Alternativen bzw. alle Produkte kontingentiert)

ist das Einkommen für den Landwirt nur noch über die Kosten veränderbar. Einkommenserhö-

hung kann nur durch Kostensenkung erzielt werden oder wird administrativ über die Verän-

derung von p oder q beschlossen. Eine Quotierung erhöht damit die Abhängigkeit des Ein-

kommens der landwirtschaftlichen Betriebe von der Administration erheblich. Dieser Zusam-

menhang muss vor allem dem weitverbreiteten Argument der Einkommenssteigerung ohne

Überschussprobleme durch Quotierung bei gleichzeitiger Preissteigerungen entgegengehalten

werden. Die einzelnen Produzenten geraten mit zunehmender Quotierung immer mehr in Ab-

hängigkeit von der Administration und ihren nicht immer nachvollziehbaren Entscheidungen.

Sind Produktionskontingente frei oder zu bestimmten Bedingungen handelbar, bleibt die Mög-

lichkeit der Einkommenserzielung über eine Produktionsausweitung erhalten, allerdings fallen

neben den Produktionskosten zusätzlich die Kosten für den Kauf der Quote an. Die Preisbil-

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21

dung auf solchen Quotenmärkten, die Auswirkung von handelbaren Quoten auf die Einkom-

men und vor allem auf den

agrarstrukturellen Wandel

werden in Abschnitt 6 und 7

diskutiert.

Mit der Einführung von

einzelbetrieblichen Produk-

tionsquoten haben die Be-

triebe auch keinen Anreiz

mehr, produktionsausweiten-

den technischen Fortschritt

zu realisieren. Ein Wachsen

aus eigener Kraft ist, wie ge-

zeigt, nicht mehr möglich,

sofern ein Handel der Quoten nicht zugelassen ist. Entsprechend wird die Entwicklung und

Einführung von Neuerungen verstärkt kostensenkenden Charakter haben. Schaubild 9 ver-

deutlicht die Auswirkungen auf das Faktoreinkommen in der Landwirtschaft. Die Quotierung

reduzierte das Einkommen um die Fläche a. Der technische Fortschritt erhöht das

Faktoreinkommen zwar um die Fläche b, der Betrieb muss aber auf ein Einkommen von a + c

aufgrund der Quotierung verzichten. Die Quotenrente erhöht sich durch den technischen

Fortschritt von R auf R0 1.

Eine Quotierung kann durch technischen Fortschritt auch zu einer zusätzlichen Differenzierung

der Einkommen von großen und kleinen Betrieben führen, wie Schaubild 9 zeigt. Im allge-

meinen lässt sich auch kostensparender technischer Fortschritt in größeren Einheiten besser

verwirklichen als in kleinen. So ist anzunehmen, dass große Betriebe über den technischen

Fortschritt von k0 auf eine neue Stückkostenkurve k1 gelangen, die kleinen Betrieben, wie im

Schaubild 10 dargestellt, keine Vorteile bringt. Damit steigt das Faktoreinkommen für größere

Betriebe um die Fläche q k kQGGr Gr⋅ −0 1� �, da die Kosten von q kQG

Gr⋅ 0 auf q kQGGr⋅ 1 sinken.

Das Einkommen der Kleinbetriebe ändert sich jedoch nicht, so dass sich der Ein-

Schaubild 9: Auswirkung von technischem Fortschritt auf das Faktoreinkommen bei Angebotskontingentierung

p

pR

Qq q

01R

a

c

b

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22

kommensunterschied zwischen Groß- und Kleinbetrieben vergrößert.

Auch aus Sicht des Sektors wird die Möglichkeit der Erzielung von Faktoreinkommen durch

Quotierung eines oder mehrerer Produkte eingeschränkt. Eine wichtige Frage im

Zusammenhang mit Quotierungen ist daher auch die Entwicklung des Gesamteinkommens

eines Sektors. Im folgenden soll anhand eines einfachen Zwei-Produkt-Modells gezeigt

werden, welche sektoralen Einkommenswirkungen eine Kontingentierung ohne vorherige

Markteingriffe bei mehr als einer Produktionsrichtung eines Sektors hat9.

Schaubild 14.10: Vergrößerung von Einkommensunterschieden zwischen Groß- und Kleinbe-

trieben bei Quotierung und technischem Fortschritt

GesamtkostenGroßbetrieb

Gesamtkostensenkung=Einkommenssteigerungim Großbetrieb

Stückkostensenkungim Großbetrieb

K

GesamtkostenKleinbetrieb

q= k

k 0

k 0

k0

k 1 k1

q QK q qQG

Kl

Gr

Gr

9 Vgl. hierzu Weinschenck, G. und G. Schmitt, Zur Theorie der Wirkungen von Angebotsbeschränkungen im Agrarsektor. "Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft", Jg.123 (1965), Nr.1, S.72ff.

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23

Der Gesamtgewinn des Sektors sei definiert als

(4) G p q K p q K= ⋅ − + ⋅ −1 1 1 2 2 2 ,

mit

(5) p p q p p q1 1 1 2 2 2= =( ), ( )

und

(6) K K q K K q1 1 1 2 2 2= =( ); ( )

sowie

(7) q q q2 2 1= ( );

d.h., die Produkte q und q1 2 konkurrieren um die Produktionsfaktoren. Wird q als q1 1 auf ei-

nem bestimmten Niveau unterhalb der gleichgewichtigen Produktionsmenge kontingentiert, so

ist die Änderung des Gewinns mit Hilfe des partiellen Differentials von G nach q1 zu ermitteln.

Entsprechend ist die Gleichung 8 zu interpretieren:

(8) dG

dqq

p

qp

K

qq

p

q

q

qp

q

q

K

q

q

q

pK

qp

q K

q

q

qq pD

q pD

11

1

11

1

12

2

2

2

12

2

1

2

2

2

1

11

12

2

1

2

2

2

1

11

11

1 2 3

1 1 2 2

= ∂∂

+ − + ⋅ + − ⋅

= +�

���

��

+ +

���

⋅ − ⋅

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

ε∂∂ ε

∂∂

∂∂

∂∂

(

....... ....... .... .... ........... ............ ..... .....4

mit

εq pD

1 1 = Preiselastizität der Nachfrage von Produkt 1,

εq pD

2 2 = Preiselastizität der Nachfrage von Produkt 2.

Auf dem Markt für Produkt 1 wird (entsprechend partialanalytischer Betrachtung) die Ge-

winnentwicklung von der Änderung der Einnahmen (Amoroso-Robinson-Relation; Term 1)

und der Kostenänderung (Term 2) abhängen (direkter Einkommenseffekt). Je nach Elastizität

der Nachfrage wird Term 1 negativ εD < 1� � oder positiv εD > 1� � sein. Term 2 wird in je-

dem Fall positiv sein, wenn sich die Produktion q1 verringert. Auf dem zweiten Markt gilt ent-

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24

sprechendes mit umgekehrten Vorzeichen (indirekter Einkommenseffekt), da hier aufgrund der

Reallokation der Faktoren das Angebot ausgeweitet wird. Die Einnahmen (Term 3) steigen,

wenn εq pD

2 21< , sie sinken, wenn εq p

D

2 21> ist. Die Kosten (Term 4) steigen mit der Produk-

tionsausweitung in jedem Fall.

Deutlicher werden die Zusammenhänge, wenn man die Gleichung umschreibt als

dG

dqp p

dq

dq

dK

dq

dK

dq

dq

dq

Erlösänderung Kostenänderung

q pD

q pD

11 2

2

1

1

1

2

2

2

1

11

11

1 1 2 2

= + + + ⋅�

���

���

− − ⋅��

���( ) ( ( ))

............... ................... . .

ε ε

Unterstellt man, dass die Kostenänderungen sich gegenseitig aufheben, also alle freiwerdenden

fixen und variablen Faktoren zur Produktion von Gut 2 eingesetzt werden, so dass

(9) dK

dq

dK

dq

dq

dq1

1

2

2

2

1

= ⋅

gilt10, so ergibt sich die Gesamteinkommensänderung des Sektors als Änderung der Gesamter-

löse aus Tabelle 1.

Schaubild 11 illustriert nochmals diese Zusammenhänge. Erhöhen sich die Erlöse auf beiden

Märkten, so wird sich auch der Gesamterlös erhöhen (Fall b); sinkt der Erlös auf beiden Märk-

ten, sinkt auch der Gesamterlös Fall c).

Sind die Erlösänderungen dagegen entgegengerichtet (Fall a und d), ist das Gesamtergebnis

von den Beträgen der Elastizitäten der Nachfrage und dem Term dq

dq2

1

abhängig (Fall a und

Fall d).

10 Diese Annahme impliziert, dass die Betriebe als Folge der Quotierung lediglich einen anderen Produk-

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25

Tabelle 1: Änderung der Gesamterlöse in Abhängigkeit von den Nachfrageelastizitäten auf den

relevanten Märkten

εq pD

1 1 εq p

D

2 2 Erlöse Erlöse dG dq/ 1

Markt 1 Markt 2

a) < 1 < 1 - - ?

b) < 1 > 1 - - -

c) > 1 < 1 - - -

d) > 1 > 1 - - ?

Schaubild 14.11: Änderung des Sektorerlöses in Abhängigkeit von den Nachfrageelastizitäten

auf den relevanten Märkten

Einnahmen- kurve

p

p

p

1

Q 0

q

1

1

1

Q

1

0

q q q1

q1

1

Markt 1

Einnahmen- kurve

q q q

q

p

p

pQ

02

2

22 2

q 2

10 1

Markt 2

2

a

b

d

c

Wird auf dem Markt 1 die Quotierung zusätzlich zu einer Preisstützung eingeführt, sinken hier

die Erlöse, da p1 konstant bleibt und q1 sinkt; es gilt dann stets Fall c) oder d). Soll der auf

Markt 1 verlorene Erlös ausgeglichen werden, muss daher der Erlös auf Markt 2 mindestens

so stark steigen, wie derjenige auf Markt 1 gesunken ist.

Wird die Betrachtung auf n-Produkte ausgeweitet, ergibt sich entsprechend

tionspunkt auf der gegebenen Transformationskurve verwirklichen.

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26

(10) ∂∂

= ∂∂

+ ∂∂=

∑G

q

G

q

G

qi

i

n

1

1

1 1 2

oder ausgeschrieben

(11) ∂∂

= + − ∂∂

���

+ + − ∂∂

���

∂∂

���=

∑G

qp

K

qp

K

q

q

qq p i

n

iq p i

i

i i11

1 2 1

11

1

1 1

( ) ( )ε ε

die Änderung des sektoralen Gewinnes/Einkommens als Summe der Änderungen der Gewin-

ne, die bei den einzelnen Produkten erzielt wurden.

6 Preisbildung auf Märkten für handelbare Quoten

Sind Produktionskontingente zwischen einzelnen Betrieben handelbar, wird entsprechend dem

vorgestellten Konzept der Kontingentsrente (vgl. Abschnitt 3) der Betrieb bereit sein, einen

bestimmten Betrag für den Erwerb eines Produktionsrechtes aufzuwenden bzw. dieses Recht

für einen bestimmten Betrag abzugeben. Im folgenden wird zunächst die dahinter stehende ein-

zelbetriebliche Angebots- bzw. Nachfragekurve für Produktionsquoten hergeleitet, um dann

mit Hilfe der Aggregation der einzelnen Kurven ein einfaches Modell eines "Marktes für Pro-

duktionsrechte" zu entwickeln. Das Produktionsrecht kann als ein handelbares Gut betrachtet

werden, das völlig homogen ist und geringe Transferkosten aufweist. Bei entsprechender Or-

ganisation des Handels kann sich ein Markt für Produktionsrechte damit den volkswirtschaftli-

chen Idealvorstellungen eines vollkommenen Marktes mehr als für die meisten anderen Güter

annähern.

Ein Betrieb produziert vor der Kontingentierung im Optimum ∂∂

= ∂∂

���

K

q

E

q die Menge q0;

muss er sich auf qQ1 oder qQ2

einschränken, so wird er, wie Schaubild 14.12a zeigt, bereit

sein, für eine marginale Erhöhung der Quote einen Preis von

(12) ∂∂

=K

qR

zu zahlen, bzw. für einen Quotenpreis der geringfügig größer als R bzw R1 2. ist, eine margi-

nale Quotenmenge abzugeben. Die marginale Quotenrente beträgt entsprechend R bzw R1 2. .

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Schaubild 12a zeigt, dass der Preis, den ein

Landwirt bereit ist, für eine Quote zu zahlen

bzw. für den er bereit ist, eine bestimmte

Menge des Produktionsrechtes abzugeben,

vom Verlauf der Grenzkostenkurve, dem

Produktpreis und der vorhandenen Quote

abhängt. Würde einem Betrieb eine Quote

von mehr als q0 zugeteilt, so hat die mar-

ginale Quote den Wert Null, da die

Produktion (kurzfristig) nicht durch die

Quote begrenzt wird (Schaubild 12b).

Längerfristig ist es denkbar, dass sich die

Grenzkostenkurve etwa aufgrund einer

anderen Technologie ändert und die Quote

wiederum einen Wert erhält.

Wechselt der Landwirt die Technologie, so muss er die neue Grenzkostenkurve GKN

zugrundelegen. Das Recht über qQ hinaus zu produzieren, hat für ihn (im marginalen Bereich)

jetzt wieder einen Wert R.

Vielfach wird in der Literatur die Frage nach dem Höchstpreis gestellt, den ein Landwirt bereit

ist, für eine bestimmte Quotenmenge auszugeben.

Aus Schaubild 13 geht unmittelbar hervor, dass der

Wert WQ für die Quotenmenge q qQ0 − sich aus

den zusätzlichen Erlösen abzüglich der zusätzlichen

variablen Kosten KV ergibt:

(13) WQ p(q q KQ V= − −0 ) ,

mit

WQ = Wert der Quote,

Schaubild 12: Zahlungsbereitschaft eines Betriebes für eine marginale Produktionsquotenausweitung

p

pR

GK

q12 Q 0

q q qQ

2

1R

GK1

2

GK-Kurve

p

p

q Qq q q

GK

GK

R

1

0

N

a)

b)

opt opt

Schaubild 13: Maximale Ausgaben eines Betriebes für den Quotenzukauf

R

p

p

p

q q q

Q

Q 0

a

b

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KV = variable Kosten.

Im Schaubild 13 zeigt die Fläche a den zusätzlichen Deckungsbeitrag, die Fläche b die

zusätzlichen Kosten. Wird vom Landwirt das Kontingent q qQ0 − zugekauft, kann er

entsprechend maximal (bei nicht linearem Verlauf der Grenzkostenkurve approximativ) den

Betrag

(14) 1

2 0⋅ − ⋅ −( ) ( )p p q qQ Q

ausgeben (doppelt schraffierte Fläche). Der Preis pro Einheit zugekaufter Quote ergibt sich

aus:

(15) ( ) ( )

( )

( ).

p p q q

q q

p p RQ Q

Q

Q− ⋅ −−

=−

=0

02 2 2

Eine Zukaufsentscheidung an dem derart ermittelten Höchstpreis zu orientieren, ist aber aus

Sicht des Landwirtes nicht rational. Sein Einkommen aus der quotierten Produktion wird sich

bei einem solchen Verhalten insgesamt nicht erhöhen. Der gesamte zusätzliche Deckungsbei-

trag wird von den Kosten für die zusätzliche Quote aufgezehrt. Damit kann diese Betrachtung

nicht als Basis der einzelbetrieblichen Quotennachfrage dienen. Grundlage der Ermittlung des

einzelbetrieblichen Verhaltens muss vielmehr die Grenzwertbetrachtung sein.

Geht man von einem bestimmten Quotenpreis aus, so ist nicht zu fragen, wie viele Einheiten

der Landwirt maximal nachfragen kann, ohne dass sein Gesamtdeckungsbeitrag sinkt (dies ent-

spräche der oben diskutierten Ansicht), sondern wie viel Einheiten er nachfragt, um seinen

Deckungsbeitrag zu maximieren.

Es ist also für die zugekaufte Quote die Gleichung

(16) DB q p K q r q= ⋅ − − ⋅( )

zu maximieren;

mit

DB = Deckungsbeitrag,

r = Preis der Quoten pro Einheit q,

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29

(17) dDB

dqp

dK

dqr= − − = 0,

so dass im Optimum gelten muss:

(18) dE

dqp

dK

dqr= = + ,

Dieser Zusammenhang ist unmittelbar einleuchtend, da für jede zusätzlich produzierte Einheit

variable Produktionskosten und Kosten für die Quote (= Quotenpreis r) aufzubringen sind. Die

Produktion wird solange ausgeweitet, bis diese marginalen Gesamtkosten gleich den

marginalen Erlösen (= Produktpreis) sind.

Ein numerisches Beispiel anhand einer einfachen einperiodischen Analyse11 macht nochmals die

Notwendigkeit einer Grenzbetrachtung deutlich. Ausgangspunkt ist ein (stark vereinfachter)

landwirtschaftlicher Betrieb, der ausschließlich Milch produziert und die folgenden Erlös- und

Kostenfunktion aufweist:

GE = 5000 kg � 0,7 DM/kg = 3500 DM/Kuh

KV = 2000 � ZK + 15 ZK2

GK = 2000 + 30 � ZK,

mit

GE = Grenzerlös (konstant bei fester Milchleistung und festem Preis),

KV = variable Kosten,

GK = Grenzkosten,

ZK = Zahl der aufgestallten Kühe.

Ohne Kontingentierung erreicht der Betrieb den maximalen Deckungsbeitrag, wenn die

Grenzkosten gleich den Grenzerlösen sind, entsprechend

2000 + 30 = 3500 ; = - 2000

30 +

3500

30 = 50

.. .. =

ZK ZK

GK GE

opt

also bei einer Kuhzahl von 50.

Wird jetzt die Milchmenge auf 200.000 kg (= 40 Kühe) quotiert, so ist der Betrieb bereit, für

11 Die Betrachtung entspricht damit einer einperiodischen Quotenpachtung oder -verpachtung.

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das Recht zur Ausweitung der Produktion bestimmte Kosten zu tragen, also einen Preis für

zusätzliche Quoten zu zahlen. Tabelle 2 zeigt, welche Quotenmenge ein Betrieb bei verschie-

denen Quotenpreisen maximal kaufen bzw. verkaufen kann (Deckungsbeitrag bleibt un-

verändert) und welche zugekaufte/verkaufte Menge für ihn optimal ist (Deckungsbeitrag

wird maximiert).

Aus Tabelle 2 ergibt sich, da8 im Fall linearer Grenzkostenverläufe die bei verschiedenen Prei-

sen jeweils optimale (= deckungsbeitragsmaximierende) Zukaufsmenge genau halb so gro8 wie

die maximale Menge (Deckungsbeitrag bleibt unverändert) ist. So kann ein Betrieb zu einem

Preis von 150 DM zwar maximal 10 Einheiten kaufen und damit die vor der Quotierung op-

timale Kuhzahl erreichen, seinen Deckungsbeitrag maximiert er aber, wenn er nur fünf Quo-

teneinheiten kauft.

Besonders deutlich wird die Notwendigkeit der Grenzbetrachtung bei niedrigeren Preisen. Un-

ter der Fragestellung der maximalen Produktionsausweitung erhält man z.B. das wenig sinn-

volle Ergebnis, dass ein Betrieb zum Preis von 60 DM 16 Einheiten kauft und damit die Pro-

duktion über das Optimum von 50 Kühen hinaus ausdehnt. Im Fall der Grenzbetrachtung wird

er dagegen die Produktion um höchstens 10 Einheiten (Quotenpreis = 0) auf den

Optimalpunkt ohne Quote ausdehnen.

Aus dieser Analyse lässt sich leicht die einzelbetriebliche Quotenangebots- und

-nachfragefunktion ableiten, indem zu jedem Quotenpreis die jeweils optimale Kaufs- oder

Verkaufsmenge abgetragen wird. Schaubild 14 illustriert dieses Vorgehen.

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Tabelle 2: Optimale und maximale Quotenzu- und Verkaufsmengen in Abhängigkeit vom Quotenpreis1)

Quotenpreis Maximale Quotenzukaufs- / Verkaufsmenge Optimale Quotenzukaufs- / Verkaufsmenge

Quotenverkauf Quotenverkauf

Zahl der Einheiten

Rückgang der Produktionskosten DM

Quotenver-kaufserlös DM

Produktionserlösänderung DM

zus. DB DM

Zahl der Einheiten

Rückgang der Produktionskosten DM

Quotenver-kaufserlös DM

Produktionslösänderung DM

zus. DB DM

600 570 540 510 480 450 420 390 360 330 300 270 240 210 180 150 120 90 60 30 0

20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20

58000 52740 47360 41860 36240 30500 24640 18660 12560 6340 0 6460 13040 19740 26560 33500 40560 47740 55040 62460 70000

12000 10260 8640 7140 5760 4500 3360 2340 1440 660 0 540 960 1260 1440 1500 1440 1260 960 540 0

-70000 -63000 -56000 -49000 -42000 -35000 -28000 -21000 -14000 -7000 0 7000 14000 21000 28000 35000 42000 49000 56000 63000 70000

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

30500 27585 24640 21665 18660 15625 12560 9465 6340 3185 0 3215 6460 9735 13040 16375 19740 23135 26560 30015 33500

6000 5130 4320 3570 2880 2250 1680 1170 720 330 0 270 480 630 720 750 720 630 480 270 0

-35000 -31500 -28000 -24000 -21000 -17500 -14000 -10500 -7000 -3500 0 3500 7000 10500 14000 17500 21000 24500 28000 31500 35000

1500 1215 960 735 540 375 240 135 60 15 0 15 60 135 240 375 540 735 960 1215 1500

1) Berechnet mit Hilfe der im Text angegebenen Kosten- und Erlösfunktionen (Quotennutzungsdauer = 1 Periode; 1 Quoteneinheit = 5000 kg).

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Schaubild 14: Einzelbetriebliche Quotenangebots-/-nachfragefunktion

p

GKp

q 0 Q

r

R

Q Angebot Nachfrage

R

Q Q

qS D

Liegt ein Quotenpreis r = R vor, so wird der Betrieb weder anbieten noch nachfragen. Q ist

also Null. Jeder Preis unterhalb von R veranlasst den Betrieb, Quoten nachzufragen, ( )QD ; bei

jedem Preis oberhalb von R wird der Betrieb Quoten anbieten ( )QS . Die einzelbetriebliche

Quotenangebots-/nachfragekurve ist damit von dem ermittelten Nullpunkt (r = R) aus in beide

Richtungen zu lesen.

Aus den einzelbetrieblichen Funktionen lässt sich durch Aggregation die Angebots- und Nach-

fragefunktion des "Quotenmarktes" ableiten. Schaubild 15 zeigt die Ermittlung dieser Funktio-

nen an einem sehr einfachen Markt mit nur zwei Teilnehmern.

Schaubild 15: Ermittlung der Angebots- und Nachfragefunktion eines Marktes für Produk-tionskontingente aus den einzelbetrieblichen Funktionen

Betrieb A "Quotenmarkt" Betrieb B

Angebots-/ Nachfragefunktion Angebots-/ Nachfragefunktion

Q 0

Q Q Q

Q Q Q Q

Q

Q0 0

Q

G

Aggregierte Angebots-/Nachfragefunktion

D

0

S

p p p

p

D S D

0

S

SD

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Im Modellbeispiel ergibt sich ein Gleichgewichtspreis von pG , Betrieb B verkauft zu diesem

Preis ein Kontingent von QS0 , welches entsprechend von Betrieb A verkauft wird.

Aus Gründen der Vereinfachung wurde bisher von einer einperiodischen Betrachtung (. Quo-

tenpacht oder -leasing) ausgegangen. Legt man einen längeren Zeitraum (mehrere Jahre) zu-

grunde, ändert sich an der Analyse prinzipiell nichts. Der Wert einer Quoteneinheit repräsen-

tiert jetzt aber nicht mehr die Rente der Quote in einer Periode, sondern die Summe der zeit-

lich abdiskontierten Renten RZ für alle betrachteten Perioden des Zeithorizontes. Es gilt für

den einzelnen Betrieb nach der Annuitätenmethode:

(19) RE R

E iZj

jj

j

m

=+=

∑( )

( ( )),

11

mit

m = Anzahl der Perioden (. erwartete Lebensdauer der Quote),

i j = Zinssatz in der Periode j.

Bei Annahme eines in allen Perioden gleichen Zinssatzes i, einer in allen Perioden gleichen

Rente und einer unendlichen Lebensdauer und unverändertem Periodenwert der Quote ergibt

sich

(20) RR

iZ = .

Die für den Betrieb errechnete Rente RZ stellt wie im Fall der einperiodischen Betrachtung,

den Wert der marginalen Quoteneinheit und damit den höchsten Preis dar, den der Betrieb für

das Recht zur Produktion einer zusätzlichen Einheit des quotierten Produktes zu zahlen bereit

ist. Die Ableitung der Angebots- und Nachfragefunktionen von Quoten sowie die Preisbildung

auf dem Markt für Quoten unterscheidet sich entsprechend nicht von der einperiodischen Ana-

lyse, so dass darauf nicht speziell einzugehen ist.

Abschließend werden zur Illustration einige in der Praxis gezahlte Preise für verschiedene Pro-

duktionskontingente in Kanada und der Bundesrepublik angegeben. Tabelle 3 zeigt Quoten-

preise in Kanada.

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Tabelle 3: Marktpreis für handelbare Quoten in Ontario/Kanada 1984

Produkt Preis pro Einheit Größe eines

Familienbetriebes

Kosten der Quote je

Familienbetrieb

Eier 23 $/Henne 25000 Hennen 580.000 $

Milch 3500 $/Kuh 40 Kühe 140.000 $

Tabak 3600 $/t 10 ha 310.000 $

Puten 1300 $/t 25000 Puten/Jahr 270.000 $

Quelle: Johnson, D.G., "Agricultural Policies" (Background Paper). The World Bank,

Economic Development Report 1986, Washington, D.C. 1986, S.118.

In Schleswig-Holstein betrug im Durchschnitt der Jahre 1986/87 der Preis eines Milchkontin-

gentes von 5000 kg ca. 5000 DM12. Um die Quote zur Produktion eines Hektars Zuckerrüben

zu erwerben, müsste ein Betrieb in Schleswig-Holstein 1987 ca. 12.000 DM aufwenden13.

Sind Quoten nicht frei übertragbar, so wird dieses Auswirkungen auf ihre Preisbildung haben.

Allgemein kann davon ausgegangen werden, da� der Quotenpreis bei einer Einschränkung der

freien Übertragung tendenziell sinkt, da der übernehmende Betrieb zusätzliche Bedingungen

erfüllen muss und damit behindert wird. Dieses soll im folgenden anhand von zwei verschiede-

nen Einschränkungen des freien Quotenhandels (Reduzierung der Quote bei Übertragung und

Bindung von Quoten an Boden) dargestellt werden.

Wird die Quote im Zuge des Transfers von der Administration um einen bestimmten

Prozentsatz reduziert, so ergibt sich ein unterschiedlicher Kauf- und Verkaufspreis pro Einheit

übertragener Quote. Diese Regelung beinhaltet eine Erhöhung der Transaktionskosten und

damit eine Verringerung des Quotentransfers mit der Folge höherer Produktionskosten

12 Braatz, M. und M. Schrörs, Empirische Analyse des Kaufmarktes für Milchquoten in Schleswig-Holstein. "Agrarwirtschaft", Jg.37 (1988), Nr.11, S.345ff. 13 Schleswig-Holsteinische Zuckeraktiengesellschaft, Schleswig; Jessen, F., Der Transfer von Kontingenten in landwirtschaftlichen Quotensystemen, Diplomarbeit Kiel 1988, S.135.

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insgesamt. Der vom Käufer gezahlte Preis muss vom Verkäufer auf die tatsächlich übertragene

und die an den Staat abzuführende Quote zugerechnet werden. Entsprechend ist der Preis für

den Verkäufer pro Einheit Quote genau um den von der Administration einbehaltenen Anteil

geringer. Soll z.B. ein Kontingent von 100.000 kg Milch zu einem Einkaufspreis von 1 DM/kg

übertragen werden (Preis = 100.000 DM), und sind 20% der Quote bei Übertragung an den

Staat abzuführen, so verliert der Verkäufer ein Kontingent von 125.000 kg (80% = 100 000

kg an den Käufer; 20% = 25 000 kg an den Staat). Der Verkaufspreis liegt entsprechend mit

0,8 DM/kg 20% unter dem Ein-

kaufspreis.

Schaubild 16 zeigt die Auswir-

kungen der transferbedingten Quo-

tenkürzung auf die einzelbetriebliche

Quotenangebots-/-nachfragekurve.

Zwischen Nachfrage und Angebot

ergibt sich ein Preissprung, der aus

den bei der Übertragung abzugeben-

den Quotenmenge resultiert (s.o.)

und um so größer ist, je höher der

Abgabenanteil an die Administration

ist. Der Betrieb wird erst dann bereit

sein, Quote zu veräu�ern, wenn sowohl seine Rente R als auch die "Abgaben" durch den

Verkaufspreis gedeckt sind. Längerfristig kommt es bei einer derartigen Übertragungspraxis

tendenziell zu einem Anstieg der Quotenpreise, da mit jeder transferierten Quoteneinheit die

insgesamt zur Verfügung stehenden Produktionskontingente verknappt werden.

Ist der Transfer von Quoten an Boden gebunden, ergibt sich ein "verdeckter Quotenpreis".

Der Preis für den Boden umfasst den Boden- und den Quotennutzungspreis. Bestimmen lässt

sich der Preis für Quoten als Differenz des Preises zweier etwa gleichwertiger Flächen mit und

ohne Quote. Im Zuge der Bindung von Kontingenten an den Boden verändert sich die

Marktform für den Quotenhandel. Aus dem großen überregionalen Markt mit den oben

genannten Eigenschaften, die dem vollkommenen Markt nahe kommen, bilden sich eine

Schaubild 16: Auswirkung von transferbedingten Quotenkürzungen auf die Quotenangebots-/-nachfragekurve

Nachfrage Angebot0

r

R

"Abgaben" an die Administration

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Vielzahl von regional eng begrenzten, oft oligopolistisch organisierten Märkten, da die

Quoten, an Fläche gebunden, regional immobil werden. Die Märkte zeichnen sich durch eine

eng begrenzte Zahl von Teilnehmern und geringe Transparenz aus. Die Preisbildung entspricht

nicht mehr den diskutierten Modellen, sondern den Regeln von oligopolistischen Märkten. Die

Angebots- und Nachfragefunktion kann sich jetzt nicht mehr auf einfache Art abbilden,

sondern es kommt zu einer Vielzahl von regional je nach Produktionsbedingungen sehr

unterschiedlichen Preisen für Produktionskontingente gekoppelt mit Fläche.

7 Auswirkungen von Quotierungen auf den Strukturwandel

Die diskutierten Auswirkungen von Kontingentierungen auf die einzelnen Betriebe und die

Marktergebnisse werden nicht ohne Einfluss auf den agrarstrukturellen Wandel bleiben. Im

folgenden Abschnitt soll daher dargestellt werden, welche Folgen ein

Produktionsquotensystem für den Strukturwandel hat. Unter Strukturwandel wird dabei aus

Gründen der Vereinfachung die Entwicklung der Betriebsgrö�enstruktur verstanden. Damit ist

die in diesem Abschnitt zu behandelnde Frage: Verlangsamt oder beschleunigt ein

Quotensystem die Verschiebung der Betriebsgrö�en hin zu grö�eren und effizienteren

Einheiten gegenüber der gewählten Referenzsituation? Dieses wird zunächst für freihandelbare

Quoten diskutiert, anschlie�end wird auf die Bedeutung von Handelshemmnissen in Form der

Quotenkürzung bei Übertragung und der Bindung von Quoten an Boden eingegangen.

Grundsätzlich ist ein Strukturwandel in einem Quotierungssystem nur möglich, wenn die Quo-

ten auf irgendeine Weise (abgesehen von der Erbfolge) von einem Betrieb auf den anderen

übertragbar sind. Im anderen Fall wird die Betriebstruktur bezüglich des quotierten Produktes

auf dem Status Quo im Moment der Quotenzuteilung eingefroren. Sind Quoten handelbar,

stellen die in Abschnitt 6 genannten hohen Preise für Produktionskontingente eine gro�e

Beschränkung des Zuganges zur Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer dar. Zu dem

ohnehin bereits hohen Kapitalbedarf kommt der Preis für das Produktionsrecht hinzu. So ist

z.B. der Preis, der in Schleswig-Holstein für die Berechtigung bezahlt wurde, mit einer Kuh

Milch zu produzieren, höher als der Preis für die Kuh selbst (s.o.). Diese zusätzliche Investi-

tion wirkt zweifellos dämpfend auf das Expansionsstreben wachstumsfähiger Betriebe. Der

Stukturwandel, und damit auch die Möglichkeiten über Grö�enwachstum durch sinkende

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Durchschnittskosten in der Agrarproduktion Kostenersparnisse zu realisieren, wird tendenziell

gehemmt. Die Quotierung erhöht Eintrittsbarrieren und schwächt damit die Wettbewerbsinten-

sität ab.

Andererseits kann eine Quotierung auch dazu führen, dass kleinere Betriebe vermehrt aus der

Produktion ausscheiden, da die Möglichkeit des Verkaufes der Produktionsrechte einen zu-

sätzlichen Anreiz darstellen kann, die Produktion einzustellen. Wurden also die grö�eren

Betriebe an weiterer Expansion vor allem dadurch gehindert, dass die kleineren Betriebe nicht

durch den Druckmechanismus "niedriges Einkommen" aus der Produktion ausscheiden, so

kann dieses Ausscheiden über den Anreiz eines "goldenen Handschlags" per Quotenverkauf

beschleunigt werden.

Oben wurde ausgeführt, dass die Quotierung eines Produktes nach vollkommener Anpassung

lediglich zu einer Senkung der Bodennutzungspreise führt. Sind die Quoten unbeschränkt han-

delbar, so stellt sich auf dem Markt ein bestimmter Preis für Quoten ein. Dieser Preis gibt für

die einzelnen Betriebe die Opportunitätskosten der Quotennutzung an. Im Gleichgewicht -

nach erfolgter Anpassung - ist demnach für alle Betriebe der Bodennutzungspreis als Folge der

Quotierung um den gleichen absoluten Betrag niedriger als vorher. Daraus folgt, dass es nach

erfolgter Anpassung für die weniger effizienten Betriebe keine zusätzlichen Anreize zur Pro-

duktionsaufgabe gibt. Vor der Quotierung bestand der Anreiz darin, dass der von weniger effi-

zienten Betrieben erwirtschaftete Deckungsbeitrag des Bodens niedriger war als die

Opportunitätskosten des Bodens in Form der Pacht- oder Verkaufspreise14. Nach der

Einführung der Quotierung und vollständiger Anpassung entsteht kein zusätzlicher Anreiz, die

Produktion einzustellen, da die Opportunitätskosten unverändert sind. Die Quotierung kann

daher langfristig keinen beschleunigenden Effekt auf den Strukturwandel ausüben.

Allerdings ist es möglich, dass sich während der Anpassungsphase ein zusätzlicher Anreiz zur

Produktionsaufgabe für weniger effiziente Betriebe ergeben kann. In der Milchproduktion

kann z.B. angenommen werden, dass die Grenzkosten der Produktion bei gegebenen

14 Viele landwirtschaftliche Betriebe erwirtschaften nach den Agrarberichten der BRD einen negativen Deckungsbeitrag für die Bodennutzung, obwohl die Opportunitätskosten in Form der Pachten erheblich positiv sind. Diese Betriebe haben demnach einen Anreiz, die Produktion einzustellen, um dadurch ihr Einkommen zu erhöhen.

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Stallkapazitäten bis zur Kapazitätsgrenze konstant sind. Die Höhe der Grenzkosten variiert

aber beträchtlich zwischen Betrieben. In Schaubild 17 sind die Grenzkosten für einen

effizienten und einen weniger effizienten Betrieb dargestellt. Vor Einführung der Quotierung

produzieren beide Betriebe an der Kapazitätsgrenze q1. Der Deckungsbeitrag (Wert der

Produktion minus variable Kosten) ist zwar für die Betriebe unterschiedlich hoch, aber

dennoch kann für beide Betriebe vor der Quotierung eine ausreichende Entlohnung der fixen

Faktoren erzielt werden. Dies wird dann der Fall sein, wenn der weniger effiziente Betrieb

entweder mit weniger fixen Faktoren produziert oder aber mit einer geringeren Entlohnung

der fixen Faktoren zufrieden ist. Der Lohnanspruch der Familienarbeitskräfte kann nach

subjektiver Einschätzung stark variieren.

Schaubild 17: Bedeutung unterschiedlicher betrieblicher Grenzkosten

q∂∂K

Produkt-preis

0

q∂

0

Produkt-preis

Grenz-kosten

Grenz-kosten

q qQ 1 Produktions-menge

Produktions-menge

q1qQ

a) Effizienter Betrieb b) Weniger effizienter Betrieb

Kp

p

p

p

q∂∂K

q∂∂K

Die Einführung der Quotierung (neue Produktionsmenge qQ ) führt bei beiden Betrieben zu ei-

nem verringerten Deckungsbeitrag (schraffierte Fläche). Doch ist die Reduzierung des

Deckungsbeitrags für den effizienteren Betrieb grö�er als für den weniger effizienten Betrieb.

Der erste Betrieb ist daher in der Lage, dem zweiten Betrieb einen finanziellen Anreiz zu ge-

ben, um die Quoten zu übertragen. Es ist zu erwarten, dass Quoten vornehmlich von solchen

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Betrieben abgegeben werden, die in naher Zukunft die Aufgabe der Produktion geplant hatten.

Für sie kann eine vorzeitige Produktionseinstellung ökonomisch sinnvoll sein. Die Höhe der

abdiskontierten Deckungsbeiträge bei fortgesetzter Produktion kann geringer sein als das Ein-

kommen aus Quotenverkauf. Die Einführung der Quotierung kann daher vorübergehend zu ei-

ner Beschleunigung des Strukturwandels führen.

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Übungsaufgaben zu 6.2:

1. Sie werden als Berater des Landwirtschaftsministers des Staates Agraria gebeten, bei der Lösung des Problems einer kostspieligen protektionsbedingten Überschusssituation am Milchmarkt zu helfen. Der Minister hat sich aufgrund der Notwendigkeit rasch sichtbarer Erfolge für ein Quotensystem entschieden. Sie werden gebeten, die folgenden Fragen zu beantworten:

a) Wie lassen sich die Wohlfahrtsverluste mit einem Quotensystem gegenüber der Preisstützung maximal reduzieren?

b) Wird sich die Budgetbelastung des Staatshaushaltes von Agraria tatsächlich reduzieren oder besteht unter bestimmten Bedingungen sogar die Gefahr, dass das neue System teurer als das Alte wird?

c) Läßt sich mit dem Quotensystem das Faktoreinkommen der einzelnen Betriebe besser steuern als bei Preisstützung? Wie müsste das Quotensystem dazu gestaltet sein, welche Gefahren bestehen dabei?

2. Wie wird sich eine Getreidepreissenkung auf die Preise für Zuckerrübenquoten und Milchquoten auswirken?

3. In der EU sind inzwischen Milchimitate zugelassen. Welche Folgen hat dieses für den quo-tierten Milchmarkt? Warum ergeben sich bei der Einführung von Substituten auf quotierten Märkten besondere Probleme?

4. Welche Folgen für den Kauf- und Leasingpreis der Milchquoten werden sich einstellen, wenn die EU entgegen allen Erwartungen heute verkünden würde, dass die Milchquoten 2000 abgeschafft werden? Erläutern Sie Ihr Ergebnis anhand eines Beispiels und benutzen Sie dabei die Annuitäten-Formel.

5. Ein landwirtschaftlicher Betrieb produziert ausschließlich Milch. Jede Kuh gibt genau 6000 l pro Jahr und der Milchpreis beträgt 0,65 DM/Liter. Der Betrieb hat folgende einfache Kostenfunktion:

K = 50000 + 1000 ZK + 14,5 ZK2 K = gesamte Kosten ZK = Zahl der gehaltenen Kühe. a) Bestimmen Sie die optimale Kuhzahl und den erzielten Gewinn. b) Es wird eine Quote eingeführt, wobei der Betrieb seine Milchproduktion um 30%

einschränken muß. 1) Wieviel Milch produziert er jetzt noch? 2) Um wieviel sinkt sein Gewinn pro Jahr? 3) Wie hoch ist die marginale Quotenrente bei einjährigem und bei unendlich langem

Zeithorizont? 4) Leiten Sie die Quotenangebots/Nachfragefunktion des Betriebes ab (einjähriger und

unendlich langer Zeithorizont). 5) Dem Betrieb wird zum Kauf und zur Pacht (1 Jahr oder 5 Jahre) ein Kontingent von

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50000 kg angeboten. Wieviel kann er dafür maximal ausgeben? 6) Der Verkäufer ist bereit, den Preis zu akzeptieren, den unser Betrieb maximal zahlen

kann. Er bietet dem Betrieb an, dass er zu demselben Preis auch nur das halbe Kontingent (25000 kg) oder ein Kontingent von 35000 kg kaufen oder pachten kann. Was raten Sie dem Betrieb, wenn er seinen Gewinn maximieren will? Für welche Menge soll er sich entscheiden?

7) Dem Betrieb werden Kontingente zur Pacht angeboten. Der Preis beträgt für ein Jahr 500 DM. Wieviel soll der Betrieb pachten, um wieviel kann er damit seinen Gewinn steigern?

Hinweis: Gehen Sie davon aus, dass der Betriebsleiter mit einem festen Zinssatz von 6% und konstanten Leistungen seiner Kühe (auch der zusätzlichen) rechnet!

c) Durch technischen Fortschritt erhöht sich die Milchleistung der Kühe um jeweils 500 l, die Kostenfunktion bleibt wie sie ist.

1) Wie ändert sich der Gewinn des Betriebs, wenn er die unter b) zugewiesene Milchquote behält?

2) Wie hoch ist jetzt die marginale Quotenrente und welche Quotenangebots- und Nachfragefunktion hat der Betrieb jetzt (einjährig und unendlicher Zeithorizont)?

3) Wieviel Quoten pachtet der Betrieb, wenn ihm dasselbe Angebot wie unter b) gemacht wird? Wie verändert sich jetzt der Gewinn?

6. Diskutieren Sie, welche Probleme sich aus der EG-Zuckerpolitik einer Quotierung der Produktion auf Fabrikebene (im Jahr 1968) durch den technischen Fortschritt nach 20 Jahren ergeben können, wenn die Quoten zwischen den einzelnen Fabriken nicht transferierbar sind. Welche Folgen für den Sektor ergeben sich, wenn ein anderer Rohstoff im Zuge des technischen Fortschrittts sich besser als Grundlage der Produktion von Zucker eignet als Zuckerrüben? Die Betriebe verfügen nur über eine Rohstoffquote für Zuckerrüben, nicht aber über eine Quote zur Zuckerproduktion, die unabhängig vom Rohstoff ist! (Dieses Problem wird sich wahrscheinlich in nächster Zeit für den Zuckermarkt der EU ergeben, da die Produktion von Zucker aus Weizen in Zukunft wahrscheinlich kostengün-stiger als die aus Zuckerüben sein wird.)