Monatsbericht der Europäischen Zentralbank - Januar 1999 ... · 1999 der Zinssatz für die...

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MONATSBERICHT Januar 1999 EUROPÄISCHE ZENTRALBANK MONATSBERICHT ECB EZB EKT BCE EKP DE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK Januar 1999

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E U R O P Ä I S C H E Z E N T R A L B A N K

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 19992

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Übersetzt und gedruckt im Auftrag der Deutschen Bundesbank und der Oesterreichischen Nationalbank.

In Zweifelsfällen gilt der englische Originaltext.

Für die Erstellung dieses Monatsberichts ist das EZB-Direktorium verantwortlich. Die Übersetzungen werden von den

nationalen Zentralbanken angefertigt und veröffentlicht.

Alle Rechte vorbehalten.

Die Anfertigung von Photokopien für Ausbildungszwecke und nicht kommerzielle Zwecke ist gestattet, vorausgesetzt, die Quelle

wird angegeben.

Der Redaktionsschluß für die in dieser Ausgabe enthaltenen Statistiken war der 7. Januar 1999.

ISSN 1561-0292

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999 3

Inhalt

Vorwort 5

Das Eurosystem und das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) 7

Editorial 9

Das Euro-Währungsgebiet zu Beginn der dritten Stufe 11

Wirtschaftliche Entwicklungen im Euro-Währungsgebiet 19

Die stabilitätsorientierte geldpolitische Strategie des Eurosystems 43

Statistik des Euro-Währungsgebiets 1*

Chronik der geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystems 37*

Publikationen der Europäischen Zentralbank (EZB) 40*

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Vorwort

Der Monatsbericht der Europäischen Zen-tralbank (EZB), dessen erste Ausgabe Ihnennun vorliegt, ist eine der wichtigsten schrift-lichen Kommunikationsformen für die EZB.In ihrem Monatsbericht wird die EZB derÖffentlichkeit die vom Rat der EZB gefaßtengeldpolitischen Beschlüsse erläutern. Mit Hil-fe einer umfassenden wirtschaftlichen Analy-se soll der Monatsbericht die Transparenzder Geldpolitik erhöhen. Somit stellt er eineunverzichtbare Unterstützung einer erfolg-reichen einheitlichen Geldpolitik des „Euro-systems“ dar, das die EZB und die nationalenZentralbanken (NZBen) der 11 EU-Mitglied-staaten, die den Euro mit Beginn der drittenStufe der Wirtschafts- und Währungsunioneingeführt haben, umfaßt. Der Monatsberichtwird von den NZBen übersetzt. Mit der Ver-öffentlichung des Monatsberichts kommt dieEZB auch ihrer Verpflichtung nach, minde-stens vierteljährlich Berichte über die Tätig-keit des Europäischen Systems der Zentral-banken (ESZB) zu veröffentlichen (Artikel15.1 der Satzung des ESZB).

Der Inhalt dieser ersten Ausgabe des Mo-natsberichts soll für künftige Ausgaben rich-tungsweisend sein, wobei er einer Weiter-entwicklung und Verbesserung unterliegenwird. Unabhängig davon, ob der Rat der EZBZinsänderungen beschließt oder nicht, faßtdas „Editorial“ die Faktoren, auf denen diegeldpolitischen Entscheidungen beruhen, zu-sammen und erläutert diese vor dem Hinter-grund der stabilitätsorientierten geldpoliti-schen Strategie des Eurosystems. Auf dieseFaktoren wird im Kurzbericht zu den „Wirt-schaftlichen Entwicklungen im Euro-Wäh-

rungsgebiet“ näher eingegangen. Vierteljähr-lich enthält der Monatsbericht erweiterteFassungen dieses Kurzberichts, die auch dieEntwicklungen in der Finanzpolitik behandelnund im März, Juni, September und Dezembereines jeden Jahres veröffentlicht werden. Derdritte regelmäßig erscheinende Teil des Mo-natsberichts ist ein Abschnitt zur „Statistikdes Euro-Währungsgebiets“ mit umfassendenTabellen und Abbildungen, die wichtige Wirt-schaftsinformationen über das Euro-Wäh-rungsgebiet liefern. Ferner wird der Monats-bericht eine Chronik der geldpolitischen Maß-nahmen sowie Informationen über diePublikationen der EZB enthalten. Darüberhinaus werden wir im Monatsbericht Artikelzu verschiedenen Themen im Zusammenhangmit der Gestaltung und Durchführung derGeldpolitik und zu anderen Themen, die fürdie EZB von Bedeutung sind, veröffentlichen.Insbesondere werden für den Erfolg der ein-heitlichen Geldpolitik und die Stabilität desEuro relevante Fragen behandelt; hierzu zäh-len Themen wie die Entwicklung der Löhneund am Arbeitsmarkt, Finanzpolitik und struk-turelle Verkrustungen. Andere für die Zen-tralbank relevante Fragen werden ebenfallsbehandelt.

Mit all diesen auf die Verbreitung von umfas-senden Informationen abgestellten Bemühun-gen möchten wir zeigen, daß die EZB ihrmöglichstes tun wird, um ihre Aufgabe, diePreisstabilität zum Nutzen aller europäischerBürger zu gewährleisten, zu erfüllen und si-cherzustellen, daß deren Vertrauen in ihreneue Währung auf einer soliden Grundlageberuht.

Frankfurt am Main, Januar 1999

Willem F. DuisenbergPräsident

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Das Eurosystem und das EuropäischeSystem der Zentralbanken (ESZB)

Der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und die Satzung des Europäischen Systems derZentralbanken und der Europäischen Zentralbank übertragen dem Europäischen System der Zentralban-ken (ESZB) verschiedene Aufgaben, die von der Europäischen Zentralbank (EZB) und den nationalenZentralbanken (NZBen) auszuführen sind. Um die Transparenz zu erhöhen und der Öffentlichkeit die sehrkomplexe Struktur des europäischen Zentralbankwesens leichter verständlich zu machen, hat der EZB-Ratbeschlossen, den Begriff „Eurosystem“ als benutzerfreundlichen Ausdruck einzuführen, der die Zusammen-setzung bezeichnet, in der das ESZB seine grundlegenden Aufgaben erfüllt.

Das Eurosystem

Das Eurosystem umfaßt die EZB und dieNZBen der Mitgliedstaaten, die den Euro in derdritten Stufe der Wirtschafts- und Währungs-union (WWU) eingeführt haben. Zur Zeit ge-hören dem Eurosystem elf NZBen an (sieheobige Abbildung). Wenn und sobald alle 15 Mit-gliedstaaten dem Euro-Währungsgebiet angehö-ren, wird der Begriff „Eurosystem“ ein Synonymfür das ESZB.

Das Eurosystem wird vom EZB-Rat und demDirektorium der EZB geleitet.

Der EZB-Rat umfaßt alle Mitglieder des Direk-toriums und die Zentralbankpräsidenten derMitgliedstaaten, die den Euro eingeführt haben.

Das Direktorium besteht aus dem Präsidenten,dem Vizepräsidenten und vier weiteren von den

Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaa-ten, die den Euro eingeführt haben, ernanntenMitgliedern.

Das Europäische System derZentralbanken (ESZB)

Das ESZB setzt sich aus der EZB und denNZBen aller 15 Mitgliedstaaten zusammen, d. h.es umfaßt neben den Mitgliedern des Eurosy-stems die NZBen der Mitgliedstaaten, die denEuro nicht mit Beginn der dritten Stufe derWWU eingeführt haben.

Das ESZB wird vom EZB-Rat und dem Direkto-rium der EZB und dem Erweiterten Rat alsdrittem Beschlußorgan der EZB geleitet.

Der Erweiterte Rat setzt sich zusammen ausdem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und denZentralbankpräsidenten aller 15 NZBen.

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Deutsche Bundesbank

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Sveriges Riksbank

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Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique

Deutsche Bundesbank

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Central Bank of Ireland

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Banque centrale duLuxembourg

De Nederlandsche Bank

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Banque centrale duLuxembourg

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Editorial

Das Eurosystem – bestehend aus der Europäi-schen Zentralbank (EZB) und den nationalenZentralbanken der 11 EU-Mitgliedstaaten, die denEuro am 1. Januar 1999 eingeführt haben – hatdie Aufgabe übernommen, die einheitliche Geld-politik für das Euro-Währungsgebiet durchzufüh-ren. Am 22. Dezember 1998 gab der EZB-Ratdie für das neue Regime geltenden EZB-Zinssät-ze bekannt und wies darauf hin, daß er dieseZinssätze für auf absehbare Zeit angemessen hält.Diese Ankündigung war nach Auffassung desEZB-Rates von großer Bedeutung, um Unsicher-heiten hinsichtlich des geldpolitischen Kurses desEurosystems zu Beginn der dritten Stufe zu be-seitigen und zu einem reibungslosen Übergangzur dritten Stufe beizutragen. In diesem Zusam-menhang wurden am 22. Dezember 1998 dreiBeschlüsse gefaßt, die am 7. Januar 1999 vomEZB-Rat bestätigt wurden.

Erstens hat der EZB-Rat entschieden, daß die er-sten Hauptrefinanzierungsoperationen als Fest-zinstender zu einem Zinssatz von 3 % ausge-schrieben werden. Bereits Anfang Dezember1998 befand der EZB-Rat, daß dieses Zinsniveaumit der Gewährleistung der Preisstabilität im Euro-Währungsgebiet auf mittlere Sicht vereinbar ist.Die Überlegungen, die zu dieser Entscheidung führ-ten, sind im folgenden zusammengefaßt und wer-den in dem Kapitel „Wirtschaftliche Entwicklun-gen im Euro-Währungsgebiet“ weiter ausgeführt.

Zweitens hat der EZB-Rat die zu Beginn derdritten Stufe, d. h. zum 1. Januar 1999, geltendenZinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazilität auf4,5 % und für die Einlagefazilität auf 2 % festge-setzt. Die Asymmetrie dieses Korridors um denHauptrefinanzierungssatz unterstreicht die vomEZB-Rat zum Ausdruck gebrachte Absicht, einenhistorisch gesehen sehr niedrigen Hauptrefinan-zierungssatz von 3 % auf absehbare Zeit beizube-halten.

Drittens hat der EZB-Rat beschlossen, den vonden Zinssätzen der beiden ständigen Fazilitätengebildeten Korridor vorübergehend auf 50 Ba-sispunkte zu verengen. Dies wurde erreicht,indem für den Zeitraum vom 4. bis 21. Januar1999 der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungs-fazilität auf 3,25 % und der Zinssatz für die Ein-lagefazilität auf 2,75 % festgesetzt wurde. Ziel

dieser Maßnahme war es, den Marktteilnehmernin den ersten Tagen der Währungsunion dieUmstellung auf den integrierten Geldmarkt imEuro-Währungsgebiet zu erleichtern. Da die Bei-behaltung eines solchen engen Korridors übereinen längeren Zeitraum hinweg jedoch die Ent-wicklung eines effizienten Geldmarktes im Euro-Währungsgebiet beeinträchtigen würde, hat derEZB-Rat auch angekündigt, daß er beabsichtigt,diese Übergangsregelung nach seiner Sitzung am21. Januar 1999 außer Kraft zu setzen.

Die obengenannten Beschlüsse zur Höhe derEZB-Zinsen wurden in Übereinstimmung mit derangekündigten geldpolitischen Strategie getrof-fen, auf die in dem Artikel „Die stabilitätsorien-tierte geldpolitische Strategie des Eurosystems“ausführlich eingegangen wird. Diese Strategie ba-siert auf einer quantitativen Definition der Preis-stabilität, derzufolge ein Anstieg des Harmoni-sierten Verbraucherpreisindex (HVPI) von unter2 % gegenüber dem Vorjahr in Einklang mit die-sem vorrangigen Ziel der Geldpolitik steht. Umdieses Ziel zu erreichen, stützt sich die geldpoli-tische Strategie außerdem auf zwei Säulen. Dieerste Säule ist die herausragende Rolle der Geld-menge, wie dies in der Bekanntgabe eines quanti-tativen Referenzwertes von 4½ % für das Wachs-tum eines breiten monetären Aggregats M3 zumAusdruck gekommen ist. Dieser Referenzwertwird als mit dem Ziel der Preisstabilität verein-bar erachtet. Die zweite Säule ist die auf breiterBasis erfolgende Beurteilung der Aussichten fürdie Preisentwicklung sowie der Risiken für diePreisstabilität auf Grundlage finanzieller und an-derer wirtschaftlicher Indikatoren.

Seit nunmehr fast zwei Jahren steht der Anstiegdes HVPI in Einklang mit der Definition des Eu-rosystems von Preisstabilität. Im November 1998betrug die 12-Monatsveränderungsrate 0,9 %. MitBlick auf die Zukunft wird das Umfeld für Preis-entwicklungen von den folgenden Faktoren be-stimmt sein. Beim Geldmengenwachstum, derersten Säule der Strategie, folgte M3 im Jah-re 1998 einem stabilen Trend. Der gleitendeDreimonatsdurchschnitt der 12-Monatswachs-tumsrate lag bis November 1998 bei rund 4,7 %.Dieses Geldmengenwachstum entspricht in etwadem Referenzwert von 4½ %.

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Hinsichtlich der anderen wirtschaftlichen Indi-katoren, der zweiten Säule, deuten die finanziel-len Indikatoren auf Erwartungen der Marktteil-nehmer hin, daß das derzeitige Umfeld der Preis-stabilität mittel- bis längerfristig anhalten wird.Zu Beginn der dritten Stufe haben die nomina-len kurz- und langfristigen Zinssätze im Euro-Währungsgebiet ein Niveau erreicht, das histo-risch gesehen sehr niedrig ist. Die realen Zins-sätze liegen ebenfalls deutlich unter ihremlangfristigen Durchschnittsniveau.

Hinsichtlich der realwirtschaftlichen Indikatorenim Euro-Währungsgebiet trüben zu Beginn derdritten Stufe eine Reihe von Unsicherheiten dieAussichten für die Weltwirtschaft. Diese Unsi-cherheiten haben sich in der Tendenz nachteiligauf das Vertrauen der Industrie ausgewirkt undzu einer weniger optimistischen Einschätzungder Wachstumsaussichten im Euro-Währungs-gebiet geführt. In der jüngeren Vergangenheitwurden bei Auftragsbeständen und in geringe-rem Umfang bei der Kapizitätsauslastung eben-falls Rückgänge verzeichnet. Darüber hinaus be-lief sich das reale BIP-Wachstum nach erstenSchätzungen von Eurostat im dritten Quar-tal 1998 gegenüber dem gleichen Vorjahrszeit-raum auf 2,4 %; die entsprechende Wachstums-rate in der ersten Hälfte von 1998 lag bei etwa3 %. All diese Faktoren haben die Erwartungeneiner bevorstehenden Konjunkturverlangsamungverstärkt.

Gleichzeitig jedoch stieg das Vertrauen der Ver-braucher erneut an, und im Vorjahrsvergleichbeschleunigte sich der Anstieg der Einzelhandels-umsätze in den Monaten bis September 1998.Außerdem führte der Anstieg der Beschäftigungzu einer weiteren geringfügigen Verringerung derArbeitslosenquote (von 11,0 % in den Sommer-monaten auf 10,8 % im November). Möglicher-weise spielte das mäßige Lohnwachstum bei die-ser Entwicklung eine Rolle. Der niedrige Anstiegder Löhne trug ebenfalls wesentlich zur niedri-gen Zuwachsrate des HVPI bei. Weitere wich-tige - wenn auch unter Umständen nur temporä-re - Faktoren, die bei der Abschwächung desPreisanstiegs, gemessen am HVPI, eine Rollespielten, waren die rückläufigen Energie- und son-stigen Rohstoffpreise.

Alles in allem legt diese Betrachtung nahe, daß esderzeit keine Indikatoren für einen nennenswer-ten Aufwärts- oder Abwärtsdruck in der Preis-entwicklung gibt. Dennoch lassen sich einige Risi-ken für die Preisstabilität feststellen. Einerseits istnicht auszuschließen, daß die negativen Auswir-kungen jüngster globaler Entwicklungen auf dasWirtschaftswachstum im Euro-Währungsgebietsich als ernster erweisen, als gegenwärtig antizi-piert wird. Dies könnte auch einen weiterendämpfenden Effekt auf Import- und Inlandspreisehaben. Andererseits könnten in der nächsten Zeitaus Lohnforderungen, die das Wachstum derArbeitsproduktivität übersteigen, sowie aus ei-ner Lockerung der Fiskalpolitik inflationäre Risi-ken im Euro-Währungsgebiet entstehen. Insge-samt gesehen sind die Aussichten für Preis-entwicklungen im Euro-Währungsgebiet jedochweitgehend ausgeglichen.

Vor diesem Hintergrund bestätigte der EZB-Ratbei seiner Sitzung am 7. Januar 1999, daß einNiveau von 3 % für den Hauptrefinanzierungs-satz des Eurosystems auf absehbare Zeit ange-messen ist, um in Einklang mit dem vorrangigenZiel des Eurosystems das derzeitige Umfeld vonPreisstabilität im Euro-Währungsgebiet zu ge-währleisten.

In vielerlei Hinsicht, wie auch in dem Artikel„Das Euro-Währungsgebiet zu Beginn der drit-ten Stufe“ ausgeführt, befindet sich das Euro-Währungsgebiet in einer günstigen Ausgangs-position, wobei Preisstabilität einen Aspektdarstellt. Gleichzeitig gibt es zahlreiche An-haltspunkte dafür, daß das Euro-Währungsgebietvielen strukturellen Herausforderungen entge-gensieht. Hierbei steht das Problem der hohenArbeitslosigkeit an allererster Stelle. Diese Her-ausforderungen müssen durch gezielte struktu-relle Anpassungsmaßnahmen in anderen Berei-chen der Wirtschaftspolitik angegangen werden.Dies ist auch unabdinglich, um die Stabilität desEuro auf lange Sicht zu gewährleisten. Der Bei-trag der Geldpolitik besteht in der Gewährlei-stung der Preisstabilität und in der Schaffung vonVertrauen in ihre Beharrlichkeit bei der Verfol-gung dieses Ziels, um damit die Voraussetzungenzu schaffen, die für ein anhaltendes, nichtinflatio-näres Produktionswachstum und einen Beschäf-tigungszuwachs erforderlich sind.

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11EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999

Der Beginn der einheitlichen, das Euro-Währungsgebiet umfassenden Geldpolitik des Eurosystems leiteteeine neue Ära im Prozeß der europäischen Wirtschaftsintegration ein. Während wichtige Bereiche derWirtschaftspolitik einschließlich der Finanzpolitik weitgehend in der Zuständigkeit der 11 Teilnehmerländerbleiben werden, wird die Geldpolitik nun auf der Ebene des Euro-Währungsgebiets festgelegt. Bei geldpoliti-schen Beschlüssen wird sich der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) im Rahmen seiner Ende 1998beschlossenen geldpolitischen Strategie auf Wirtschaftsdaten des gesamten Euro-Währungsgebiets stützen(siehe „Die stabilitätsorientierte geldpolitische Strategie des Eurosystems“ in dieser Monatsberichtsaus-gabe). Viele wichtige Merkmale des Euro-Währungsgebiets insgesamt, wie die Größe und der Öffnungsgradder Wirtschaft sowie die Finanzstruktur, unterscheiden sich erheblich von denen der einzelnen Mitglied-staaten und sollten eher mit den Vereinigten Staaten und Japan verglichen werden. Diese Merkmale solltenbei wirtschaftlichen Analysen des Euro-Währungsgebiets berücksichtigt werden. Um die breite Öffentlichkeitmit der Wirtschaft im Euro-Währungsgebiet vertraut zu machen, stellt dieser Artikel auf deren wichtigsteMerkmale ab. Außerdem erläutert er die gesamtwirtschaftliche Lage zu Beginn der dritten Stufe und bildetso den Ausgangspunkt für den ersten ausführlicheren Bericht über die jüngsten Entwicklungen im Euro-Währungsgebiet (siehe „Wirtschaftliche Entwicklungen im Euro-Währungsgebiet“ in dieser Monatsberichts-ausgabe).

1 Wichtige Merkmale des Euro-Währungsgebiets

der dritten Stufe

Das Euro-Währungsgebiet - ein großer Wirtschaftsraum mitbedeutendem Gewicht in derWeltwirtschaft

Betrachtet man das Euro-Währungsgebiet ge-nauer (siehe Tabelle 1), so fällt auf, daß es ausehemals kleinen und mittleren Volkswirtschaftenbesteht, die sich zusammengeschlossen haben,um einen Wirtschaftsraum mit einem großenBinnenmarkt zu bilden. Mit einem Anteil von15 % am weltweiten BIP ist das Euro-Währungs-gebiet tatsächlich einer der größten Wirtschafts-räume der Welt, der über eine bedeutende Kauf-kraft verfügt, die nur von den Vereinigten Staa-ten erreicht wird. Zum Vergleich: Der größteMitgliedstaat des Euro-Währungsgebiets stellt nuretwas über 4 % des weltweiten BIP, während dieeinzelnen Anteile der kleineren Teilnehmerländernicht über 1 % liegen.

Da es sich beim Euro-Währungsgebiet um einengroßen Wirtschaftsraum handelt, ist sein Öff-nungsgrad nach außen deutlich geringer als derder einzelnen Mitgliedstaaten. Mit einem Anteilder Warenausfuhr am BIP des Euro-Währungs-gebiets von ungefähr 14 % (um den Handel in-nerhalb des Euro-Währungsgebiets bereinigt) istder Öffnungsgrad des Euro-Währungsgebietsweitgehend vergleichbar mit dem der Vereinig-ten Staaten oder Japans. Anders dagegen die

Lage der einzelnen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets: Sie wurden vorher als „kleineoder mittlere offene Volkswirtschaften“ betrach-tet und verzeichneten z. B. Ausfuhranteile (ein-schließlich des Handels innerhalb des Euro-Wäh-rungsgebiets) von 19 % bis 62 %, was einemDurchschnitt für alle Länder des Euro-Währungs-gebiets von rund 35 % entspricht. Der Anteil desEuro-Währungsgebiets an der gesamten welt-weiten (Waren-)Ausfuhr liegt bei fast 16 % unddamit deutlich über den jeweiligen Anteilen derVereinigten Staaten und Japans. Maschinen undFahrzeuge, sonstige gewerbliche Erzeugnisse undchemische Erzeugnisse machten den Löwenan-teil des Handels mit dem Vereinigten Königreich,den Vereinigten Staaten, der Schweiz und Japanaus (Aufzählung nach der Größe ihrer Handels-anteile), auf die zusammengenommen ein Groß-teil des Außenhandels des Euro-Währungsgebietsentfällt. Der Dienstleistungsverkehr ist im Euro-Währungsgebiet insgesamt weniger bedeutsam.1997 wurde sein Anteil auf maximal 4 % des BIPgeschätzt.

Ähnlichkeiten und Unterschiedeim Vergleich mit denVereinigten Staaten und Japan

Bei der Betrachtung sonstiger Merkmale desEuro-Währungsgebiets liegt es näher, Verglei-

Das Euro-Währungsgebiet zu Beginn

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 199912

Tabelle 1Schlüsseldaten des Euro-Währungsgebiets

Berichts- Einheit Euro-Wäh- Vereinigte Japanzeitraum rungsgebiet Staaten

Bevölkerung 1998 Mio 292 270 127BIP (Anteil am weltweiten BIP)

1)1997 % 15,0 20,2 7,7

Produktionszweige Landwirtschaft, Fischerei, Forstwirtschaft 1993 % des BIP 2,4 1,7 2,1 Industrie (einschließlich Baugewerbe) 1993 % des BIP 30,9 26,0 39,2 Dienstleistungen 1993 % des BIP 66,7 72,3 58,7Staat Einnahmen 1998 % des BIP 46,7 35,9 33,0 Sozialversicherungsbeiträge 1998 % des BIP 17,0 9,4 11,1 Ausgaben 1998 % des BIP 49,1 34,5 38,6 Laufende Übertragungen an private Haushalte 1998 % des BIP 20,2 13,7 15,7Ausfuhr von Waren

2)1997 % des BIP 13,6 8,5 10,0

Einfuhr von Waren 2)

1997 % des BIP 12,0 11,1 8,1Ausfuhren (% der weltweiten Ausfuhren) 2)

1997 % 15,7 12,6 7,7Bankeinlagen 3) 4) Ende 1997 Mrd ECU 4.657,9 3.953,4 3.663,4

Ende 1997 % des BIP 83,9 55,3 98,8Inländische Kredite

4) 5)Ende 1997 Mrd ECU 7.128,5 5.881,5 4.710,8Ende 1997 % des BIP 128,5 82,2 127,1

Forderungen gegenüber dem privaten Sektor Ende 1997 Mrd ECU 5.125,9 4.931,1 4.033,6 Forderungen gegenüber dem Staat Ende 1997 Mrd ECU 2.002,6 950,4 677,1Nationale Schuldverschreibungen Ende 1997 Mrd ECU 5.002,4 11.364,0 4.015,2

Ende 1997 % des BIP 90,2 164,7 108,5 vom privaten Sektor ausgegeben Ende 1997 Mrd ECU 1.897,9 4.729,3 1.192,4 vom Staatssektor ausgegeben Ende 1997 Mrd ECU 3.104,4 6.634,7 2.822,9Börsenkapitalisierung

6)Okt. 1998 Mrd ECU 3.190,9 9.679,7 3.300,9

Reales BIP-Wachstum 1998 % 3,0 3,3 -2,5Anstieg der Verbraucherpreise

7)Nov. 1998 % 0,9 1,5 0,8

Arbeitslosenquote (% der Erwerbspersonen) Nov. 1998 % 10,8 4,4 4,4Breites Geldmengenwachstum

8)Q3 1998 % 4,4 7,4 3,3

3-Monatszinssatz Ende 1998 % 3,25 5,00 0,18Rendite 10-jähriger Staatsanleihen Ende 1998 % 3,94 4,70 2,02Staat Überschuß (+) oder Defizit (-) 1998 % des BIP -2,3 1,4 -5,5 Bruttoverschuldung 1998 % des BIP 73,8 59,3 115,6Leistungsbilanzsaldo

9)1997 % des BIP 1,1 -1,7 2,3

che mit den USA und Japan statt mit den einzel-nen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebietsanzustellen und die Ähnlichkeiten und Unter-

schiede gegenüber diesen beiden Ländern auf-zuzeigen. Die Merkmale der Produktion sindweitgehend mit denen der Vereinigten Staaten

Quellen: Eurostat (Bevölkerung, Börsenkapitalisierung, reales BIP, Statistiken des Euro-Währungsgebiets bei Ausfuhren, Einfuhren,Preissteigerungsrate (HVPI), Arbeitslosigkeit und Leistungsbilanzsaldo), Europäische Kommission - Prognosen vom Herbst 1998(Anteil am weltweiten BIP, Staatsdaten (auf Kalenderjahresbasis)), OECD (Produktionszweige), IWF (Ausfuhren, Einfuhren,Bankeinlagen, inländische Kredite, Bruttoverschuldung der Vereinigten Staaten und Japans), BIZ (nationale Schuldverschreibun-gen), nationale Statistiken (für die Vereinigten Staaten und Japan: Anstieg der Verbraucherpreise, Arbeitslosigkeit, breitesGeldmengenwachstum, 3-Monatszinssatz, Rendite 10-jähriger Staatsanleihen, Leistungsbilanzsaldo) und EZB (für das Euro-Wäh-rungsgebiet: breites Geldmengenwachstum, 3-Monatszinssatz, Rendite 10-jähriger Staatsanleihen).1) Zu konstanten Preisen und den Kaufkraftverhältnissen im Jahr 1997; Euro-Währungsgebiet: Preise von 1990.2) Ohne Handel innerhalb des Euro-Währungsgebiets, Ausfuhren: fob, Einfuhren: cif.3) Euro-Währungsgebiet: Gesamte Einlagen bei den MFIs; Vereinigte Staaten: Sicht-, Termin- und Spareinlagen bei Bankinstitu-

ten; Japan: Sicht- und Termineinlagen bei Depositenbanken.4) Daten des Euro-Währungsgebiets für Bankeinlagen und inländische Kredite auf der Grundlage der am 31. Dezember 1998

bekanntgegebenen unwiderruflichen Euro-Umrechnungskurse berechnet.5) Euro-Währungsgebiet: Kredite der MFIs an und Wertpapierbestände der Ansässigen des Euro-Währungsgebiets; Vereinigte

Staaten und Japan: inländische Kredite.6) Vereinigte Staaten: New Yorker Börsen (NYSE and Nasdaq); Japan: Börsen von Tokio und Osaka.7) HVPI für das Euro-Währungsgebiet; nationale Statistiken bei den Vereinigten Staaten und Japan.8) Euro-Währungsgebiet: Aggregat M3; Vereinigte Staaten: Aggregat M2; Japan: M2 und CDs.9) Vorläufige Daten für das Euro-Währungsgebiet.

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13EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999

und Japans vergleichbar. Auf die Vorproduktewie z. B. aus den Bereichen Landwirtschaft, Fi-scherei und Forstwirtschaft entfallen rund 2 %der Gesamtleistung in allen drei Wirtschafts-räumen. Der Dienstleistungssektor macht un-gefähr 67 % der Gesamtleistung des Euro-Wäh-rungsgebiets aus; sein Anteil liegt damit unterdem der Vereinigten Staaten (72 %), jedoch überdem Japans (59 %). Auf den Industriesektor (ein-schließlich Baugewerbe) entfallen 31 % der Ge-samtleistung im Euro-Währungsgebiet, was überdem Anteil in den Vereinigten Staaten und un-ter dem in Japan liegt.

In bezug auf Größe und Struktur unterscheidetsich der Staatssektor im Euro-Währungsgebieterheblich von dem der Vereinigten Staaten undJapans. Am Anteil der Staatsausgaben am BIPgemessen, ist der Staatssektor im Euro-Wäh-rungsgebiet deutlich größer (49 %) als in Japan(39 %) oder den USA (35 %). Dies läßt sich zumGroßteil mit den unterschiedlichen Sozial-systemen erklären. In den Ländern des Euro-Währungsgebiets sind die laufenden staatlichenÜbertragungen an die privaten Haushalte ge-messen als Anteil am BIP relativ hoch im Ver-gleich zu den Vereinigten Staaten und Japan. Einweiterer auffallender Unterschied liegt darin,daß der Anteil des BIP, der im Euro-Währungs-gebiet vom Staatssektor für die Bereitstellungvon Kollektivleistungen verwendet wird, eben-falls über dem der Vereinigten Staaten und Ja-pans liegt. Des weiteren machen - in bezug aufdie Zusammensetzung der Staatseinnahmen -die Sozialabgaben im Euro-Währungsgebiet undin Japan jeweils rund ein Drittel der laufendenEinnahmen der öffentlichen Haushalte aus. Inden USA dagegen liegt der Anteil nur bei einemViertel. Was die Steuereinnahmen betrifft, er-heben die Vereinigten Staaten und Japan mehrdirekte Steuern, während im Euro-Währungs-gebiet die indirekten Steuern einen höherenAnteil am Steueraufkommen stellen.

Betrachtet man einige wichtige monetäre undfinanzielle Indikatoren, lassen sich mehrerestrukturelle Unterschiede zwischen dem Finanz-system des Euro-Währungsgebiets und denFinanzsystemen der Vereinigten Staaten und Ja-pans feststellen. Der Hauptunterschied insbe-sondere gegenüber den USA liegt in der jeweili-

gen Rolle der Banken und Wertpapiermärkte.Im Finanzwesen des Euro-Währungsgebiets prä-gen Bankprodukte das Bild; Finanzierung durchAktien spielt nur eine begrenzte Rolle. In denVereinigten Staaten stellen Aktien- und Renten-märkte dagegen das wichtigste Mittel zur Finan-zierung und Vermögensbildung dar.

Dieser allgemeine Eindruck von der Finanz-struktur des Euro-Währungsgebiets kann anhandverschiedener Indikatoren (siehe Tabelle 1) ver-anschaulicht werden. Bankeinlagen gemessen alsAnteil am BIP haben im Euro-Währungsgebieteine größere Bedeutung (84 %) als in den Verei-nigten Staaten (55 %), spielen jedoch eine gerin-gere Rolle als in Japan (99 %). Ähnlich liegen auchdie Forderungen aus Krediten inländischer Ban-ken sowohl absolut als auch in Relation zum BIPim Euro-Währungsgebiet weit höher als in denUSA; im Vergleich mit Japan sind sie jedoch,gemessen als Anteil am BIP, ungefähr genausohoch. Im Euro-Währungsgebiet gewähren dieBanken relativ hohe Kredite an die öffentlichenHaushalte. Dagegen übersteigt der Betrag derinländischen Schuldverschreibungen, gemessen alsAnteil am BIP, in den Vereinigten Staaten diejeweiligen Beträge sowohl im Euro-Währungsge-biet als auch in Japan bei weitem. In absolutenZahlen waren die Forderungen aus inländischenSchuldverschreibungen Ende 1997 in den USAmit 11 364 Mrd. ECU mehr als zweimal so hochwie im Euro-Währungsgebiet. Dieser Unter-schied ist bei den vom privaten Sektor begebenenWertpapieren sogar noch größer. Und schließ-lich ist die Börsenkapitalisierung in den Vereinig-ten Staaten deutlich höher als im Euro-Wäh-rungsgebiet und in Japan.

Auch der Arbeitsmarkt im Euro-Währungsgebietunterscheidet sich stark von dem der beidenanderen Volkswirtschaften. Die jüngste Gesamt-arbeitslosenquote im Euro-Währungsgebiet(10,8 %) liegt sehr viel höher als in den USA(4,4 %). Diese Unterschiede ergeben sich ausvielen verschiedenen Faktoren; dazu gehörenstrukturelle Merkmale der beiden Arbeitsmärktewie z. B. Lohn- und Lohnnebenkosten, Arbeits-schutzgesetze, Umfang und Auszahlungsdauer vonArbeitslosenunterstützung. Außerdem hat sichmittelfristig gezeigt, daß im Euro-Währungsge-biet bei vergleichbarem realem BIP-Wachstum

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ein erheblich geringeres Beschäftigungswachstumstattgefunden hat als in den Vereinigten Staaten.Zudem führten konjunkturelle Schwankungen, imGegensatz zu den USA, zu deutlich asymmetri-schen Reaktionen, so daß jede Konjunkturab-schwächung höhere Arbeitslosenzahlen im Euro-Währungsgebiet zur Folge hatte. Die Arbeits-

märkte sind jedoch bekanntlich schwer zu ver-gleichen, wenn man dabei nur die erfaßten Ar-beitslosenquoten heranzieht. Dies gilt insbeson-dere für Japan, wo die amtliche Arbeitslosenquo-te trotz anhaltender wirtschaftlicher Problemeauch bei lediglich 4,4 % liegt.

2 Die wirtschaftliche Lage im Euro-Währungsgebietzu Beginn der dritten Stufe

Monetäre und finanzielleEntwicklungen signalisierenPreisstabilität

Mit Wachstumsraten von 3,5 % bis 5 % entwik-kelte sich das breite Geldmengenaggregat M3 inden letzten beiden Jahren recht positiv. Diesemonetäre Entwicklung kann mit anhaltenderPreisstabilität und dauerhaftem Wirtschafts-wachstum im Euro-Währungsgebiet als verein-bar betrachtet werden. Im selben Zeitraum sinddie Zinssätze über das ganze Laufzeitspektrumhinweg wegen der günstigeren Preisentwicklunggesunken. Der durchschnittliche Zinssatz fürDreimonatsgeld im Euro-Währungsgebiet weisteine sinkende Tendenz auf. Er fiel von über 7 %im Frühjahr 1995 auf 3,25 % Ende 1998. DieserRückgang spiegelt die erreichte Preisstabilitätsowie die wachsende Stabilität der Wechsel-kurse innerhalb des Euro-Währungsgebiets vorBeginn der dritten Stufe wider. Die langfristigenZinsen im Euro-Währungsgebiet (gemessen alsdurchschnittliche Rendite von Staatsanleihen imZehnjahresbereich) sind von über 9 ½ % An-fang 1995 auf knapp unter 4 % Ende Dezember1998 gesunken. Real, d. h. bereinigt um die rück-läufige Preissteigerungsrate, sind die langfristi-gen Zinsen seit Anfang 1995 um rund 3 ½ Pro-zentpunkte auf rund 3 % Ende 1998 gefallen.Innerhalb des Euro-Währungsgebiets haben derschrittweise Wegfall von Wechselkursrisiko-prämien, die Verringerung der Inflationsrisiko-prämien, die Annäherung der kurzfristigen Zin-sen und die fortschreitende Konsolidierung deröffentlichen Finanzen in den letzten Jahren indieser Hinsicht alle eine positive Rolle gespielt.

Anstieg der Verbraucherpreisebei rund 1 %

Betrachtet man die jüngere Entwicklung, so istdie am Harmonisierten Verbraucherpreisindex(HVPI) gemessene Preissteigerung von rund1,6 % zur Jahresmitte 1997 auf einen Stand von0,9 % im November 1998 gesunken. Dies isthauptsächlich auf eine geringere Steigerungsra-te von 0,3 % bei den Güterpreisen zurückzufüh-ren; der Preisanstieg bei den Dienstleistungenhingegen blieb im Jahr 1998 mit rund 2 % weit-gehend unverändert. Ein bedeutender Faktorbei dem geringeren Anstieg der Güterpreise inder jüngsten Vergangenheit war der beträchtli-che Rückgang der Öl- und sonstigen Rohstoff-preise gegenüber ihrem Höchststand im Jahr1997. Ferner verlangsamte sich der Anstieg derArbeitseinkommen je Arbeitnehmer 1998 wei-ter; die Lohnstückkosten nahmen im Laufe derletzten Quartale, für die Daten verfügbar sind,leicht ab.

Kräftiges Produktionswachstum imJahr 1998, doch Verlangsamung desAnstiegs im Jahresverlauf

Nach einer Erholung im Jahr 1997 beschleunigtesich das Wachstum des realen BIP im Euro-Wäh-rungsgebiet im gesamten Jahresverlauf 1998 wei-ter; diese Entwicklung wurde zunehmend vonder Binnennachfrage statt von der Nettoausfuhrgetragen. Der private Verbrauch leistete in denletzten Quartalen den größten Einzelbeitrag zumWachstum des BIP, wohingegen die Anlageinve-stitionen weniger stark ausgeweitet wurden.Doch vor dem Hintergrund einer Verschlechte-rung des äußeren Umfelds erhöhte sich im Ver-

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lauf des Jahres 1998 das Risiko, daß die Expan-sion im Euro-Währungsgebiet ihr Tempo nichtwürde halten können; das Wachstum des realenBIP verlangsamte sich nach den Sommermona-ten und sank gegenüber dem entsprechendenVorjahrszeitraum von 3 % in der ersten Jahres-hälfte 1998 auf 2,4 % im dritten Quartal. Diesging mit einer Abnahme des Vertrauens der In-dustrie einher; das Vertrauen der Verbraucherhingegen lag weiterhin auf Rekordhöhe.

Langsam sinkende Arbeitslosenquotebei Erholung derBeschäftigungssituation

Trotz der konjunkturbedingten Verbesserungder Wirtschaftslage sind die Arbeitslosenzahlenim Euro-Währungsgebiet insgesamt weiterhinhoch. Im Jahr 1998 sanken sie allerdings leichtinfolge einer Beschleunigung des Beschäftigungs-wachstums, die Anfang 1997 eingesetzt hatte.Nach Angaben von Eurostat ging die standardi-sierte Arbeitslosenquote im Euro-Währungsge-biet im Herbst 1998 auf 10,8 % und damit aufden niedrigsten Stand seit fünf Jahren zurück.

Verbesserung der öffentlichenFinanzlage ins Stocken geraten

Im Vergleich zu den in den Vorjahren erzieltenFortschritten bei der Konsolidierung der öf-fentlichen Finanzen war die weitere Rückfüh-rung der Haushaltsdefizite im Euro-Währungs-gebiet im Jahr 1998 gering. Die EuropäischeKommission schätzt, daß die durchschnittlicheDefizitquote im Euro-Währungsgebiet gegen-über dem Vorjahr, als sie noch 2,5 % betragenhatte, im Jahr 1998 auf 2,3 % gesunken ist. Die-ser Rückgang geht jedoch auf günstige konjunk-turelle Einflüsse sowie niedrigere Zinszahlungenzurück. Nach Angaben der Europäischen Kom-mission ergibt eine Konjunkturbereinigung derDefizitquote, daß sich das verbleibende „struk-turelle Defizit“ im Euro-Währungsgebiet imJahr 1998 nicht verbessert, sondern leicht ver-schlechtert hat. Damit hätte sich die konjunktur-bereinigte Defizitquote seit 1991 erstmals ver-schlechtert, was nicht mit der im Stabilitäts-und Wachstumspakt verankerten Verpflichtung

im Einklang steht, das mittelfristige Haushalts-ziel eines nahezu ausgeglichenen oder einenÜberschuß aufweisenden Haushalts einzuhalten.Ferner hat sich die Quote des Primärsaldos denSchätzungen zufolge 1998 zum ersten Mal seiteinigen Jahren ebenfalls verschlechtert. Wäh-rend sich der Anteil der Staatsausgaben am BIPtendenziell zu verringern scheint, nachdem erim Jahr 1993 einen Höchststand erreicht hatte,gingen die Staatseinnahmen des Euro-Währungs-gebiets in Relation zum BIP im Jahr 1998, nacheiner Zunahme zwischen 1995 und 1997, zu-rück. Im Euro-Währungsgebiet insgesamt stie-gen die Steuern im Jahr 1998 leicht an, währenddie Sozialversicherungsbeiträge sanken.

Im Durchschnitt wird die Schuldenquote desStaatssektors im Euro-Währungsgebiet von derEuropäischen Kommission für 1998 auf 73,8 %des BIP geschätzt; sie lag damit um 1,2 Pro-zentpunkte unter dem Stand von 1997. DieSchuldenquoten im Euro-Währungsgebiet sindseit 1996 rückläufig, was nicht nur auf die Ver-ringerung der Defizite, sondern auch auf dieErlöse aus einer Reihe finanzpolitischer Trans-aktionen, darunter in erster Linie Privatisierun-gen, zurückzuführen ist. Allerdings liegen dieSchuldenquoten im Euro-Währungsgebiet ins-gesamt nach wie vor weit über dem inProtokoll Nr. 5 zum Vertrag zur Gründungder Europäischen Gemeinschaft festgelegtenReferenzwert von 60 % des BIP, was die Spiel-räume in den Haushalten der Mitgliedstaatenerheblich einengt. Gleichzeitig sind die Defizit-quoten weiterhin zu hoch, um die Schulden-quoten schnell zurückführen zu können.

Leichte Aufwertung der Währungenim Euro-Währungsgebiet

Im Jahr 1998 sind die Kurse der Währungen imEuro-Währungsgebiet im Durchschnitt gegen-über den Währungen der wichtigsten Handels-partner und im Vergleich zum Vorjahr nominalum rund 2,1 % und real um rund 1,5 % gestie-gen. Doch diese Aufwertung, die in erster Linieauf eine Abschwächung des US-Dollar und desPfund Sterling im zweiten und dritten Quartal1998 zurückging, fand vor dem Hintergrund ei-ner deutlichen Abwertung im Jahr 1997 statt,

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 199916

als die Kurse der Währungen des Euro-Wäh-rungsgebiets aufgrund des außergewöhnlichenKursanstiegs von US-Dollar und Pfund Sterlinggegenüber den Währungen der Handelspartnerum rund 9 % gefallen waren. Demzufolge lagendie Währungen des Euro-Währungsgebiets un-mittelbar vor Beginn der dritten Stufe effektivimmer noch etwas unter ihrem jeweiligenDurchschnittsstand der letzten Jahre.

Am 31. Dezember 1998 wurden gemäßArtikel 109 l Abs. 4 des Vertrags zur Gründungder Europäischen Gemeinschaft die unwider-ruflichen Umrechnungskurse für den Euro vomEU-Rat auf Vorschlag der Europäischen Kom-mission und nach Anhörung der EZB angenom-men (siehe Tabelle 2). Im Einklang mit demrechtlichen Rahmen für die Verwendung desEuro sind die unwiderruflichen Umrechnungs-kurse des Euro gegenüber jeder teilnehmenden

Tabelle 2Unwiderrufliche Euro-Umrechnungskurse

1 EUR =

Belgien BEF 40,3399Deutschland DEM 1,95583Spanien ESP 166,386Frankreich FRF 6,55957Irland IEP 0,787564Italien ITL 1936,27Luxemburg LUF 40,3399Niederlande NLG 2,20371Österreich ATS 13,7603Portugal PTE 200,482Finnland FIM 5,94573

Währung die einzigen Kurse, die für Umrech-nungen zwischen dem Euro und der nationalenWährungseinheit sowie Umrechnungen zwi-schen nationalen Währungseinheiten zu verwen-den sind. Der letzte offizielle ECU-Wechselkurs(und erste Euro-Umrechnungskurs) gegenüberdem US-Dollar wurde am 31. Dezember 1998auf 1,168 USD festgelegt. Der erste Handelstagin Euro am 4. Januar 1999 in Australien begannbei 1,175 USD. In Europa wurde der Euro beiBörsenbeginn mit 1,1855 USD gehandelt.

Zahlungsbilanz in jüngster Zeit imZeichen der Verschlechterung derglobalen Lage

In den letzten Jahren stiegen die in der Handels-und Leistungsbilanz verzeichneten Überschüssedes Euro-Währungsgebiets (nach vorläufigenAngaben) an, nämlich von 1,2 % bzw. 0,5 % desBIP im Jahr 1995 auf 1,6 % bzw. 1,1 % des BIPim Jahr 1997. Doch ab der Jahresmitte 1998hatte die durch die Asien-Krise verursachte Ver-schlechterung der weltwirtschaftlichen Lage ei-nen zeitlich verzögerten Effekt auf die Zahlungs-bilanz. Die sinkende Auslandsnachfrage führtezu einer Verlangsamung des Anstiegs der Aus-fuhren, der auch durch die Wechselkursauf-wertung beeinträchtigt wurde. Bei steigendemImportvolumen aufgrund einer anhaltend leb-haften Binnennachfrage sanken die Einfuhrpreise,was den Rückgang der Rohstoffpreise wider-spiegelte.

3 Schlußbemerkungen

Insgesamt wird das Euro-Währungsgebiet alseiner der größten Wirtschaftsräume der Weltbei der Gestaltung der globalen gesamtwirt-schaftlichen Bedingungen eine bedeutende Rol-le spielen. Es wird gegenüber seinen Handels-partnern offen sein, aber die Entwicklung derBinnenwirtschaft wird ein weit größeres Ge-wicht als externe Faktoren haben. Ansässigedes Euro-Währungsgebiets werden zweifelsoh-ne von den verbesserten Wachstums- undBeschäftigungsmöglichkeiten, die ein großer Bin-nenmarkt bietet, profitieren.

Doch es gibt noch wichtige Herausforderun-gen zu meistern. Dazu zählen vor allem einehohe Arbeitslosigkeit und große Haushalts-ungleichgewichte, die in den derzeitigen De-fizit- und Schuldenquoten ihren Ausdruck fin-den. Um diesen Herausforderungen gewach-sen zu sein, muß ein großer Wirtschaftsraumwie das Euro-Währungsgebiet in erster Linieeine solide und tragfähige Politik „zu Hause“verfolgen, womit auch ein Beitrag zu einerstabilen Weltwirtschaft geleistet wird. Einesolche Politik steht einerseits im Zeichen ei-

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17EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999

ner Finanzpolitik gemäß dem Stabilitäts- undWachstumspakt und andererseits einer an-haltenden, mit moderaten Lohnabschlüsseneinhergehenden strukturellen Reform derArbeits- und Gütermärkte. Eine Beibehaltungdieses politischen Rahmens wird dazu beitra-gen, die Wettbewerbsfähigkeit und Ertragsla-ge im Unternehmenssektor zu verbessern unddadurch die Investitionstätigkeit zu fördern.Dies wird auch zu einer nachhaltigen Unter-stützung des jüngst zu verzeichnenden

Beschäftigungswachstums beitragen, was wie-derum den privaten Verbrauch fördern wird.

Die Geldpolitik wird ihren Teil dazu beitra-gen, indem sie ihr vorrangiges Ziel der Preis-stabilität verfolgt, dabei Inflationserwartungenund Risikoprämien bei den langfristigen Zin-sen auf einem niedrigen Niveau hält und so-mit zu einem Wachstum und Beschäftigungim Euro-Währungsgebiet förderlichen Umfeldbeiträgt.

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999 19

Quelle: EZB.

1 Monetäre und finanzielle Entwicklung

Wirtschaftliche Entwicklungen imEuro-Währungsgebiet

1 8 15Januar1999

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

1,0

1,5

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3,5

4,0

4,5

5,0

SpitzenrefinanzierungssatzEinlagesatz

HauptrefinanzierungssatzTagesgeldsatz (EONIA)

EZB-Zinssätze und Tagesgeldsatz(in % p. a.; Tageswerte)

Abbildung 1

Geldpolitische Entscheidungen desEZB-Rats

Am 22. Dezember 1998 gab der EZB-Rat dieZinssätze für die ersten geldpolitischen Opera-tionen des Eurosystems bekannt. Der Zinssatzfür das erste Hauptrefinanzierungsgeschäft, dasin Form eines Mengentenders angeboten undam 7. Januar 1999 abgewickelt wurde, wurdeauf 3 % festgesetzt. Außerdem wurde für denBeginn der dritten Stufe (d. h. zum 1. Januar1999) der Zinssatz für die Spitzenrefinanzie-rungsfazilität auf 4,5 % und der Zinssatz für dieEinlagefazilität auf 2 % festgesetzt. Allerdingswurde als vorübergehende Maßnahme für denZeitraum vom 4. bis 21. Januar 1999 der Zins-satz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität auf3,25 % und der Zinssatz für die Einlagefazilitätauf 2,75 % festgesetzt. Auf seiner Sitzung am 7.Januar 1999 beschloß der EZB-Rat, die am 13.und 20. Januar 1999 abzuwickelnden Hauptrefi-nanzierungsgeschäfte ebenfalls als Mengenten-der zu einem Zinssatz von 3 % durchzuführen(siehe Abbildung 1 und „Chronik der geldpoliti-schen Maßnahmen des Eurosystems“ am Schlußdieses Monatsberichts).

Der Zinssatz für das Hauptrefinanzierungsge-schäft, d. h. der wöchentliche Tender, ist derwichtigste Zinssatz, mit dem das EurosystemBewegungen der kurzfristigen Marktzinsen steu-ert, während die Zinssätze für die beidenständigen Fazilitäten einen Korridor für den(Tages-)Geldmarktsatz zur Verfügung stellt(siehe Kasten 1). Die oben genannten Entschei-dungen über den Zinssatz für die ersten dreiHauptrefinanzierungsgeschäfte spiegelten dieAnsicht des EZB-Rats wider, die auf seiner Ein-schätzung der wirtschaftlichen, monetären undfinanziellen Situation im Euro-Währungsgebietberuhte, daß ein Zinssatz von 3 % für die abseh-bare Zukunft angemessen ist, da er am bestengeeignet ist, um auf mittlere Sicht Preisstabilitätzu gewährleisten.

Bei den ersten Zinssätzen für die ständigen Fa-zilitäten des Eurosystems mußte der EZB-Ratzwei Aspekte berücksichtigen. Erstens mußteer deutlich seine geldpolitischen Absichten si-gnalisieren. Diese fanden ihren Ausdruck darin,daß für den Beginn der dritten Stufe der Satzfür die Spitzenrefinanzierungsfazilität auf 4,5 %und der Satz für die Einlagefazilität auf 2 %festgesetzt wurde. Daher ist der Korridor fürBewegungen der kurzfristigen Zinssätze in be-zug auf den Hauptrefinanzierungssatz von 3 %im Bereich der oberen Grenze asymmetrisch.Die Festsetzung dieser Zinssätze war auch not-wendig, um für die offiziellen nationalen Noten-banksätze, die zuvor in einigen Mitgliedstaatenin bestimmten Gesetzestexten und Verträgenals Referenzsätze verwendet wurden, Nachfol-ger zur Verfügung zu stellen. Zweitens mußteder EZB-Rat die Möglichkeit in Betracht ziehen,daß die Marktteilnehmer einige Zeit benötigenwerden, um sich an das neue Umfeld für dieGeldpolitik zu gewöhnen. Mit der Festsetzungeines relativ engen Zinskorridors von 50 Basis-punkten für die ständigen Fazilitäten zwischendem 4. und dem 21. Januar 1999 verfolgte derEZB-Rat das Ziel, den Marktteilnehmer die An-passung an das neue Umfeld des Geldmarktesim Euro-Währungsgebiet während der erstenTage der Währungsunion zu erleichtern. DerEZB-Rat gab außerdem bekannt, daß der ge-wählte enge Korridor eine Übergangs- und Aus-

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 199920

Kasten 1Der geldpolitische Handlungsrahmen des Eurosystems im Überblick

Zur Erreichung seiner geldpolitischen Ziele führt das Eurosystem Offenmarktgeschäfte durch, stellt ständige

Fazilitäten zur Verfügung und verpflichtet Kreditinstitute zur Haltung von Mindestreserven auf Konten bei

den nationalen Zentralbanken. Offenmarktgeschäfte spielen in der Geldpolitik des Eurosystems eine wichtige

Rolle bei der Steuerung der kurzfristigen Zinsen, bei der Kontrolle der Liquiditätslage am Geldmarkt und bei

der Signalisierung des geldpolitischen Kurses. Die ständigen Fazilitäten dienen der Bereitstellung bzw.

Absorption von täglich fälliger Liquidität und sollen generell auf die mittelfristigen geldpolitischen Absichten

hinweisen. Das Mindestreservesystem dient in erster Linie der Stabilisierung der Geldmarktsätze und der

Herbeiführung (oder Vergrößerung) einer strukturellen Liquiditätsknappheit.

Unter den Offenmarktgeschäften kommt dem „Hauptrefinanzierungsgeschäft“, d. h. dem wöchentlichen

Tender mit einer Laufzeit von zwei Wochen, eine zentrale Rolle im geldpolitischen Handlungsrahmen des

Eurosystems zu. Letztlich verwendet das Eurosystem in erster Linie diesen Geschäftstyp, um Schwankungen

der kurzfristigen Geldmarktsätze zu steuern und das Bankensystem zu refinanzieren. Außerdem führt das

Eurosystem regelmäßig „längerfristige Refinanzierungsgeschäfte“ durch. Dabei handelt es sich um monatli-

che Tendergeschäfte mit einer Laufzeit von drei Monaten. Im Gegensatz zum wöchentlichen Tender verwen-

det das Eurosystem das monatliche Tendergeschäft in der Regel nicht, um geldpolitische Signale für den

Markt zu setzen. Andere Arten von Offenmarktgeschäften, die das Eurosystem erforderlichenfalls durchfüh-

ren könnte, schließen Feinsteuerungsoperationen ein, die vor allem dazu dienen, die Auswirkungen unerwar-

teter Liquiditätsschwankungen am Markt abzufedern. Ferner hat das Eurosystem die Möglichkeit, Offen-

marktgeschäfte (wie die Begebung von EZB-Schuldverschreibungen) zu verwenden, um die strukturelle

Position des Eurosystems gegenüber dem Finanzsektor zu beeinflussen. Seit Beginn der dritten Stufe hat die

EZB jedoch die Durchführung solcher „struktureller“ Operationen noch nicht für erforderlich gehalten.

Während die Offenmarktgeschäfte auf Betreiben des Eurosystems durchgeführt werden, liegt die Initiative im

nahmemaßnahme darstellt, die nur während derersten drei Wochen der dritten Stufe ange-wandt wird.

Angesichts der zahlreichen Neuerungen, die mitdem Übergang zum neuen geldpolitischen Um-feld in der dritten Stufe verbunden sind, wurdees als wichtig erachtet, die Volatilität der Zins-sätze zu Beginn der dritten Stufe mittels einesengen Korridors zu beschränken. Ein enger Kor-ridor hat insbesondere den Effekt, daß die Ko-sten für diejenigen Kreditinstitute begrenzt wer-den, die aufgrund technischer Probleme oderunzureichender Informationen nicht in der Lagesind, zu Beginn der dritten Stufe Gelder ausdem Interbankenmarkt zu erhalten oder dortzu plazieren. Ein derartig enger Korridor istallerdings längerfristig nicht wünschenswert, daer die Entwicklung eines effizient funktionieren-den Geldmarktes im Euro-Währungsgebiet be-hindern kann, für die Kreditinstitute den Anreizzur sorgfältigen Planung der Erfüllung ihrer Min-

destreservepflicht begrenzt und die Liquiditäts-steuerung des Eurosystems kompliziert. Aus die-sem Grund kündigte der EZB-Rat bereits am22. Dezember 1998 an, daß er beabsichtigt,diese Übergangsregelung nach seiner Sitzung am21. Januar außer Kraft zu setzen.

Am 5. Januar 1999 gab das Eurosystem die Zu-teilung seines ersten Hauptrefinanzierungsge-schäfts bekannt. Es wurde ein Gesamtbetragvon 75,0 Milliarden € zugeteilt, der auf 944Kreditinstitute im Verhältnis zu den von ihnenabgegebenen Geboten aufgeteilt wurde. Die Zu-teilungsentscheidung wurde auf der Grundlagedes Liquiditätsbedarfs des gesamten Euro-Wäh-rungsgebiets getroffen, um die von den Kredit-instituten benötigten Beträge zur Erfüllung ihrerMindestreservepflicht innerhalb der ersten Min-destreserve-Erfüllungsperiode relativ schnell zurVerfügung zu stellen und gleichzeitig die mitdem Anlaufen des neuen Systems verbundenenUnsicherheiten gebührend zu berücksichtigen.

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999 21

Fall der ständigen Fazilitäten bei den Kreditinstituten, die als Geschäftspartner des Eurosystems zugelassen

sind. Diese Geschäftspartner haben Zugang zu zwei ständigen Fazilitäten des Eurosystems: Über die Spitzen-

refinanzierungsfazilität können sie sich Tagesgeld bei den nationalen Zentralbanken beschaffen, und mittels

der Einlagefazilität können sie dieses bei den nationalen Zentralbanken anlegen. Normalerweise gibt es

keine Zugangsbegrenzung bei den ständigen Fazilitäten (außer daß der Zugang zur Spitzenrefinanzie-

rungsfazilität wie bei allen Kreditgeschäften des Eurosystems durch ausreichende refinanzierungsfähige

Sicherheiten gedeckt sein muß). Durch diese beiden Fazilitäten werden Schwankungen des Tagesgeldmarkt-

satzes durch den Korridor begrenzt, der durch die Zinssätze für die Inanspruchnahme der ständigen Fazilitäten

vorgegeben ist.

Außerdem ist jedes im Euro-Währungsgebiet ansässige Kreditinstitut mindestreservepflichtig. Das Reserve-

Soll wird errechnet, indem ein Mindestreservesatz auf ausgewählte Verbindlichkeiten aus der Bilanz der

Kreditinstitute angewendet wird. Der Reservesatz wurde mit Beginn der dritten Stufe auf 2 % festgelegt. Ein

Kreditinstitut erfüllt seine Pflicht gegenüber dem Mindestreservesystem des Eurosystems, wenn seine tages-

durchschnittlichen Reserveguthaben innerhalb einer Mindestreserve-Erfüllungsperiode (normalerweise vom

24. jedes Monats bis zum 23. des darauffolgenden Monats) mindestens genauso hoch sind wie sein Mindestre-

serve-Soll. Reserveguthaben werden zu dem Satz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte des Eurosystems

verzinst. Das Verfahren zur Einhaltung der Mindestreservepflicht über einen mehr als einen Tag umfassenden

Zeitraum — im Fall des Mindestreservesystems des Eurosystems über eine Zeitspanne von genau einem

Monat — wird als Durchschnittserfüllung bezeichnet. Da die Durchschnittserfüllung dem Bankensystem eine

flexible Liquiditätssteuerung erlaubt, können Kreditinstitute tägliche Schwankungen in der Liquiditätsbereit-

stellung ausgleichen und ihre kurzfristigen Arbitrage-Möglichkeiten am Geldmarkt nutzen. Daher ist davon

auszugehen, daß die Durchschnittserfüllung zu einer Stabilisierung des Tagesgeldsatzes im Verlauf der

Mindestreserve-Erfüllungsperiode beitragen wird.

Was die Geschäftsaufnahme des Eurosystems betrifft, sind die ständigen Fazilitäten allen Kreditinstituten seit

dem 4. Januar 1999, dem ersten Geschäftstag in der dritten Stufe, zugänglich. Das erste wöchentliche

Tendergeschäft wurde am 7. Januar 1999 abgewickelt, und der Abwicklungstag des ersten monatlichen

Tenders war am 14. Januar 1999. Um einen Beitrag zum reibungslosen Übergang zum geldpolitischen

Handlungsrahmen des Eurosystems zu leisten, haben sich die teilnehmenden nationalen Zentralbanken bereit

erklärt, die von ihnen gegen Ende der zweiten Stufe getätigten Offenmarktgeschäfte im Laufe der ersten

Januarhälfte schrittweise auslaufen zu lassen. Ferner wird die erste Mindestreserve-Erfüllungsperiode als

Übergangsregelung für das Mindestreservesystem des Eurosystems vom 1. Januar 1999 bis zum 23. Februar

1999 dauern.

Eine ausführliche Erläuterung des geldpolitischen Handlungsrahmens des Eurosystems findet sich in einem

Bericht der EZB mit dem Titel „Die einheitliche Geldpolitik in Stufe 3: Allgemeine Regelungen für die

geldpolitischen Instrumente und Verfahren des ESZB“ (September 1998).

Geldmengenwachstum vereinbar mitPreisstabilität

Die stabilitätsorientierte geldpolitische Strate-gie des Eurosystems weist der Geldmenge eineherausragende Rolle zu, die sich auf die in mit-telfristiger und langfristiger Perspektive im we-sentlichen monetäre Natur der Inflation grün-det (siehe Artikel mit dem Titel „Die stabilitäts-orientierte geldpolitische Strategie desEurosystems“ in dieser Ausgabe des Monatsbe-

richts). Der EZB-Rat beschloß am 1. Dezember1998, den ersten Referenzwert für das jährlicheWachstum des breiten GeldmengenaggregatsM3 im Euro-Währungsgebiet auf 4 ½ % festzu-setzen. Die monetären Entwicklungen werdenin bezug auf diesen Referenzwert auf der Grund-lage des gleitenden Dreimonatsdurchschnittsder 12-Monatsraten der Geldmenge M3 beob-achtet, um übermäßige Verzerrungen der in denDaten enthaltenen Informationen durch errati-sche Monatswerte zu verhindern. Neben M3

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Quelle: EZB.1997 1998

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M1 M2 M3

Geldmengenaggregate im Euro-Währungs-gebiet(Veränderung gegen Vorjahr in %)

Abbildung 2

werden auch die engeren Abgrenzungen derGeldmenge (M1 und M2) und die Gegenpostenvon M3 berücksichtigt, insbesondere Kredite anden privaten Sektor (für einen Überblick überdie Abgrenzungen monetärer Aggregate für dasEuro-Währungsgebiet siehe Kasten 2).

Die verfügbaren Daten zeigen, daß M3 in denletzten beiden Jahren mit Raten zwischen 3,5 %und 5,0 % wuchs. Dies war weitgehend mitPreisstabilität und dauerhaftem Wirtschafts-wachstum im Euro-Währungsgebiet vereinbar.Während dieser Zeit wuchs das enge AggregatM1 erheblich stärker als M3 (siehe Abbil-dung 2); dies war ausschließlich auf die hoheZunahme der täglich fälligen Einlagen zurückzu-führen. Verschiebungen zugunsten dieser Kom-ponente der engen Geldmenge im Laufe desJahres 1998 wurden durch den Rückgang derZinssätze im Euro-Währungsgebiet stimuliert,der die Opportunitätskosten für täglich fälligeEinlagen verringerte. Außerdem profitierten An-lagen in dieser Komponente der engen Geld-menge von dem Rückgang der Inflationsraten inmehreren Ländern sowie von der erwartetenEinführung der Währungsunion und einer stabi-

len einheitlichen Währung. Darüber hinaus ha-ben möglicherweise in einigen Ländern täglichfällige Einlagen die Rolle eines Puffers bei einemProzeß von Portfolioumschichtungen gespielt,der 1998 zu signifikanten Verschiebungen zu-gunsten von Investmentfonds und Aktien führ-te. Insgesamt scheint daher das starke Wachs-tum der engen Geldmenge nicht nur die Dyna-mik des Wirtschaftswachstums widerzuspiegeln,sondern vor allem aus den Anpassungen an nied-rige Inflationsraten in einigen Ländern des Euro-Währungsgebiets oder aus Portfolio-Umschich-tungen zu resultieren, die keine Inflationsrisikensignalisieren.

Bei der Betrachtung der jüngsten monetärenEntwicklung zeigen die Daten für November1998, daß M3 mit einer Jahresrate von 4,5 %wuchs, die damit 0,5 Prozentpunkte unter derim Vormonat verzeichneten 12-Monatsrate lag.Der gleitende Dreimonatsdurchschnitt der 12-Monatsraten der Geldmenge M3 (für Septem-ber bis November 1998) blieb mit 4,7 % weitge-hend stabil; dies ist ein Wert, der sehr nah beidem vom EZB-Rat festgesetzten Referenzwertliegt. Die jährliche Wachstumsrate von M1 stiegvon 8,7 % im Oktober 1998 auf 9,2 % im No-vember, während diejenige von M2 sich imNovember 1998 auf 5,0 % erhöhte, gegenüber4,6 % im Oktober 1998.

Der Rückgang der Wachstumsrate von M3 vonOktober bis November 1998 spiegelte haupt-sächlich ein schwächeres Wachstum der markt-fähigen Instrumente wider, die Bestandteil vonM3 sind. Insbesondere ging die Nachfrage nachRepogeschäften erheblich zurück, und die Nach-frage nach Schuldverschreibungen mit einerLaufzeit von bis zu zwei Jahren verlangsamtesich. Die gedämpfte Nachfrage nach marktfähi-gen Instrumenten im November stellte eineUmkehr einer im Oktober zu beobachtendenEntwicklung dar und muß vor dem Hintergrundeiner außergewöhnlich hohen Volatilität an denFinanzmärkten im Oktober gesehen werden, andie sich im November eine allmähliche Rück-kehr zur Normalität anschloß.

Die täglich fälligen Einlagen wuchsen im No-vember mit einer Jahresrate von 11,5 %, gegen-über 10,7 % im Oktober. Einlagen mit verein-

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999 23

Kasten 2Abgrenzungen monetärer Aggregate für das Euro-Währungsgebiet

In der zweiten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) haben die nationalen Zentralbanken, dasEuropäische Währungsinstitut (EWI) und anschließend die EZB erheblichen Aufwand bei der Entwicklung vonharmonisierten monetären Statistiken für das Euro-Währungsgebiet betrieben. Als Resultat wurde eine Konsoli-dierte Bilanz des Sektors der Monetären Finanzinstitute (MFI-Sektor) erstellt; von dieser Grundlage werden diemonetären Aggregate für das Euro-Währungsgebiet abgeleitet. Der MFI-Sektor umfaßt diejenigen Institute,

deren Verbindlichkeiten monetärer Natur sein können: dazu gehören die nationalen Zentralbanken, die EZB,Kreditinstitute und andere Finanzinstitute, vor allem Geldmarktfonds. Die MFIs, die im Euro-Währungsgebietansässig sind, werden kollektiv als der „Geldschöpfungsektor“ des Euro-Währungsgebiets definiert.

Für den Zweck der Abgrenzung der monetären Aggregate umfaßt der „Geldhaltungssektor“ alle im Euro-Währungsgebiet ansässigen Nicht-MFIs, ausschließlich der Zentralregierung. Zu diesem Sektor gehören imwesentlichen private Haushalte, nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften, Versicherungsgesellschaften und Pen-sionskassen und andere im Euro-Währungsgebiet ansässige Nicht-MFIs sowie zum Staatssektor gehörigeLänder, Gemeinden und Sozialversicherungsträger im Euro-Währungsgebiet. Zentralregierungen werden als

„geldneutraler“ Sektor betrachtet, mit einer Ausnahme: Einlagenverbindlichkeiten der Zentralregierung mitmonetärem Charakter (Einlagen bei Postämtern, Sparkassen und Schatzämtern) fallen unter die Abgrenzungder monetären Aggregate des Eurosystems.

Verschiedene Arten von MFI-Verbindlichkeiten werden in die monetären Aggregate für das Euro-Währungs-gebiet einbezogen. Bargeldumlauf und täglich fällige Einlagen sind die Instrumente mit der höchsten Liquidi-

tät und fallen unter die enge Abgrenzung der Geldmenge, die als M1 bezeichnet wird. Indem man sonstigekurzfristige Einlagen zu M1 hinzuzählt (nämlich Einlagen mit vereinbarter Laufzeit von bis zu zwei Jahrenund Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten), erhält man die Geldmenge M2.Schließlich ergibt sich die weitgefaßte Geldmenge M3, indem man zu M2 bestimmte marktfähige Verbind-lichkeiten des MFI-Sektors hinzuzählt (Repogeschäfte, Geldmarktfondsanteile und Geldmarktpapiere sowieSchuldverschreibungen mit einer Ursprungslaufzeit von weniger als zwei Jahren).

In quantitativer Hinsicht machte M1 im November 1998 etwa 39 % von M3 aus, wobei auf Bargeld 7 % undauf täglich fällige Einlagen 32 % entfielen. Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist von bis zu dreiMonaten und Einlagen mit vereinbarter Laufzeit von bis zu zwei Jahren machten etwa 27 % bzw. 20 % aus;damit belief sich das Aggregat M2 auf 86 % von M3. Die restlichen 14 % entfielen auf marktfähigeInstrumente (wobei Geldmarktfondsanteile und Geldmarktpapiere 7 %, Repogeschäfte 5 % und Schuldver-

schreibungen mit Ursprungslaufzeit von bis zu zwei Jahren 2 % ausmachten).

Die Daten für die Konsolidierte Bilanz des MFI-Sektors und die monetären Aggregate des Euro-Währungs-gebiets (das alle 11 Länder des Euro-Währungsgebiets umfaßt) wurden ab September 1997 zusammengestellt.Dadurch konnten 12-Monatsraten für das Wachstum aller Bilanzpositionen ab September 1998 berechnetwerden. Für die monetären Aggregate wurden allerdings längerfristige Reihen geschätzt. Statistiken über die

monatlichen Ströme, die tatsächliche finanzielle Transaktionen darstellen, stehen bisher nicht zur Verfügung;daher werden die Wachstumsraten auf der Basis von Bestandsstatistiken berechnet. Diese Berechnungsmetho-de vernachlässigt zwar möglicherweise den Einfluß von Störfaktoren, wie beispielsweise Schwankungen derMarktpreise (für unter M3 fallende Wertpapiere, für die es einen Sekundärmarkt gibt), Wechselkursänderun-gen und Neubewertungen. Außerdem beruhen die Daten insoweit noch auf Schätzungen, als einige Änderun-gen an den Berichtssystemen einzelner Länder des Euro-Währungsgebiets noch nicht abgeschlossen sind.

Allerdings stellen zum gegenwärtigen Zeitpunkt diese Daten die umfassendste und verläßlichste Quelle fürmonetäre Informationen im Euro-Währungsgebiet dar. Dennoch ist bei der Auswertung der monetärenStatistiken für geldpolitische Zwecke eine gewisse Vorsicht angebracht.

Konzeptionelle und empirische Aspekte der monetären Aggregate des Euro-Währungsgebiets werden aus-führlicher in einem Artikel erläutert, der im Monatsbericht für Februar 1999 erscheinen soll.

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 199924

barter Kündigungsfrist von bis zu drei Monatennahmen im November mit einer Jahresrate von6,3 % zu, während Einlagen mit vereinbarterLaufzeit von bis zu zwei Jahren auf innerhalb derletzten zwölf Monate um 3,8 % zurückgingen.

Gegenposten von M3 stützen diemonetäre Analyse

Im Zusammenhang mit der geldpolitischen Stra-tegie des Eurosystems trägt eine Analyse dersogenannten Gegenposten zu M3 in der Konso-lidierten Bilanz des MFI-Sektors zu einem tiefe-ren Verständnis der monetären Entwicklung bei.Diese Gegenposten gehören zu der breiten Pa-lette der ökonomischen Variablen, die haupt-sächlich bezüglich ihrer Vorlaufeigenschaften fürdie zukünftige Preisentwicklung beobachtet undanalysiert werden.

Auf der Aktivseite der Bilanz wuchs der Ge-samtbetrag der Kredite an den privaten Sektor(definiert als Summe von MFI-Direktkrediten anden privaten Sektor und Beständen an Wertpa-pieren, die von Ansässigen im Euro-Währungs-gebiet, außer öffentlichen Haushalten, ausgege-benen wurden) in den letzten Monaten erheb-lich schneller als M3. Auf Jahresbasis nahm erim Oktober und November um 8,8 % bzw.9,2 % zu. Nach aktuellen MFI-Bilanzdaten be-trug der Anstieg der ausstehenden Kredite anprivate Haushalte und Untenehmen, die nichtMFIs sind, (die zusammen etwa 91 % der gesam-ten MFI-Kredite an den privaten Sektor ausma-chen), innerhalb der letzten zwölf Monate imNovember 8,5 % (nach 8,2 % im Oktober 1998).MFI-Wertpapierkredite an den privaten Sektorwuchsen im November mit einer relativ hohen12-Monatsrate von 16,2 %; allerdings sollte die-se Entwicklung nicht überbewertet werden, dadiese Position nur weniger als 10 % der gesam-ten MFI-Kredite an den privaten Sektor aus-macht. Die starke Zunahme der MFI-Kredite anden privaten Sektor dürfte im Zusammenhangmit dem Wirtschaftswachstum im Euro-Wäh-rungsgebiet im Jahr1998 und mit günstigen Fi-nanzierungskonditionen für Unternehmen, dienicht MFIs sind, und private Haushalte stehen,die sich aus dem derzeit niedrigen Niveau derZinssätze im Kundengeschäft der Banken erge-

ben (siehe Tabelle 2.8 im Teil „Statistik desEuro-Währungsgebiets“).

Die MFI-Kredite an öffentliche Haushalte stie-gen dagegen im November 1998 sehr langsaman; insbesondere gingen die Direktkredite anöffentliche Haushalte mit einer 12-Monatsratevon 1,5 % zurück. Die Jahreswachstumsrate derMFI-Bestände an Schuldverschreibungen öffent-licher Haushalte betrug im November 3,8 %.

Auf der Passivseite der Bilanz handelt es sichbei den längerfristigen finanziellen Verbindlich-keiten der MFIs (die längerfristige Einlagen undausgegebene Schuldverschreibungen zuzüglichKapital und Rücklagen der MFIs umfassen) umFinanzinstrumente, die nicht von der Definitiondes breiten Geldmengenaggregats erfaßt wer-den. Unter bestimmten Umständen können sieAlternativen zu den Anlagemöglichkeiten in In-strumente darstellen, die Teil von M3 sind. ImNovember 1998 machten die längerfristigen fi-nanziellen Verbindlichkeiten etwa 30 % der ge-samten MFI-Verbindlichkeiten aus (zum Ver-gleich: die Komponenten von M3 beliefen sichauf etwa 41 % der gesamten MFI-Verbindlich-keiten). Dieser Gegenposten wuchs im Novem-ber 1998 mit einer Jahresrate von etwa 3 % unddamit etwas langsamer als im Oktober 1998(3,4 %). Der gedämpfte Anstieg dieser Kompo-nente dürfte von dem sich verringernden Ab-stand zwischen langfristigen und kurzfristigenZinssätzen in den letzten Monaten beeinflußtworden sein (siehe Kasten 4 unten).

Die Netto-Auslandsposition der MFIs im Euro-Währungsgebiet verschlechterte sich 1998 ten-denziell. Das Wachstum der Auslandsverbind-lichkeiten gegenüber dem Vorjahrsmonat er-reichte im November 14,9 %, verglichen miteiner entsprechenden Wachstumsrate von4,6 % bei den Auslandsforderungen.

Geldmarktsätze in den letztenMonaten rückläufig

Während der durchschnittliche 3-Monatssatz imEuro-Währungsgebiet im Mai 1998, als die Teil-nehmerländer am Euro-Währungsgebiet ausge-wählt wurden, noch knapp über 4 % lag, ging er

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999 25

Quelle: EZBAnmerkung: Durchschnitt der nationalen 3-Monats-Inter-bankenmarktsätze im Euro-Währungsgebiet bis 29. Dezember1998; 3-Monats-EURIBOR ab 30. Dezember 1998.

Q2 Q3 Q41998 1999

3,00

3,25

3,50

3,75

4,00

4,25

3,00

3,25

3,50

3,75

4,00

4,25

Abbildung 3Kurzfristzinsen im Euro-Währungs-gebiet(in % p.a., Tageswerte)

im Verlauf des Jahres allmählich zurück. Größ-tenteils spiegelt dieser Rückgang der kurzfristi-gen Zinsen den Konvergenzprozeß bei den Zin-sen im Euro-Währungsgebiet im Jahr 1998 wi-der. Während Anfang 1998 imEuro-Währungsgebiet erhebliche Unterschiedebei den Geldmarktzinsen bestanden, haben sichdiese Spreads im Laufe der Zeit aufgrund derSenkung der Notenbankzinsen in Ländern mitrelativ hohen kurzfristigen Zinsen verringert.Dies mündete in einen Prozeß der Konvergenzauf das Niveau der Länder im Euro-Währungs-gebiet mit den niedrigsten Zinsen. Ende No-vember 1998 lag der durchschnittliche Zinssatzfür 3-Monatsgelder bei 3,6 %.

Ein weiterer ausgeprägter Rückgang des durch-schnittlichen 3-Monatssatzes im Euro-Wäh-rungsgebiet war unmittelbar nach dem 3. De-zember 1998 zu beobachten, als alle nationalenZentralbanken der 11 Mitgliedstaaten, die denEuro mit Beginn der dritten Stufe einführen, ineiner koordinierten Maßnahme beschlossen,ihre Leitzinsen auf 3 % zu senken (mit Ausnah-me einer Zentralbank, die ihren Leitzins erst auf3,5 %, aber am 23. Dezember 1998 dann auf3 % reduzierte). Wie von der EZB seinerzeiterläutert wurde, war diese gemeinsame Zins-senkung de facto als eine Entscheidung über dasAusgangsniveau des entsprechenden EZB-Zins-satzes zu sehen. Ende Dezember 1998 lag der3-Monatssatz im Euro-Währungsgebiet bei3,25 %, d. h. rund 35 Basispunkte niedriger als EndeNovember 1998 und rund 80 Basispunkte unterdem Stand vom Mai 1998 (siehe Abbildung 3).

In der ersten Januarwoche 1999 waren die amGeldmarkt des Euro-Währungsgebiets herr-schenden allgemeinen Bedingungen stabil. Der1-Monats- und der 3-Monatssatz befanden sichjeweils auf einer Höhe von rund 3,2 %. DerTagesgeldsatz, gemessen an EONIA („euroovernight index average”, d. h. der gewichteteDurchschnitt der von einer Reihe bedeutenderBanken angegebenen Zinssätze für unbesicherteÜbernachtkontrakte), lag zwischen dem 4. und7. Januar 1999 ebenfalls nahe 3,2 %.

Es gab zwar einige geringfügige Probleme tech-nischer Natur, die nicht vermieden werdenkonnten, jedoch waren die Umstellung auf den

Euro, das Funktionieren des ESZB-Zahlungsver-kehrssystems (TARGET) und des Geldmarktsim Euro-Währungsgebiet in den ersten Tagender Währungsunion allgemein ermutigend (sie-he Kasten 3). Der Abstand der kurzfristigenZinsen zwischen den teilnehmenden Ländernverringerte sich rasch. Dies ist ein Zeichen da-für, daß die Kreditinstitute innerhalb des Euro-Währungsgebiets sich offensichtlich rasch an dasneue Umfeld anpassen und grenzüberschreiten-de Geschäfte abschließen, um Arbitragemög-lichkeiten im einheitlichen Geldmarkt zu nut-zen. Gleichzeitig beobachtete das Eurosystemin den ersten Tagen der Währungsunion beiden Kreditinstituten sowohl eine relativ starkeInanspruchnahme der Spitzenrefinanzierungsfa-zilität wie auch der Einlagefazilität. Während dieInanspruchnahme der Spitzenrefinanzierungsfa-zilität auch im Zusammenhang mit der Tatsachezu sehen ist, daß der Abstand zwischen demSatz dieser Fazilität und dem Satz für Über-nachtliquidität während dieser ersten Tage rela-tiv gering war - dies signalisiert niedrige Oppor-tunitätskosten der Banken für die Inanspruch-nahme der Spitzenrefinanzierungsfazilität –, istdie starke Inanspruchnahme der Einlagefazilitätein Zeichen dafür, daß zu Beginn der drittenStufe nicht alle Banken überschüssige Liquiditätzur Plazierung von Krediten am Geldmarkt nut-

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 199926

Kasten 3Der Übergang zum Euro

Die Finanzmärkte sowie die Zahlungsverkehrs- und Abwicklungssysteme eröffneten am Morgen des

31. Dezember 1998 erwartungsgemäß mit geringer Liquidität und nur wenigen Transaktionen, während alle

Aktienmärkte im Euro-Währungsgebiet geschlossen waren. Am frühen Nachmittag, nachdem der Rat der

Europäischen Union die unwiderruflichen Umrechnungskurse des Euro gegenüber den teilnehmenden Wäh-

rungen beschlossen hatte, begann der öffentliche und private Finanzsektor mit seinen Umstellungsarbeiten.

Während der folgenden dreieinhalb Tage (bekannt als das „Umstellungswochenende“) wurde der größte Teil

der öffentlichen Verschuldung der teilnehmenden Mitgliedstaaten in Euro neu denominiert, Datenbanken mit

Milliarden elektronischer Aufzeichnungen wurden von den nationalen Währungen auf Euro umgestellt, und

die Systeme und Verfahren wurden für den Betrieb in der neuen Währung angepaßt. Die Umstellungsaktivitä-

ten waren praktisch am späten Nachmittag des 3. Januar 1999 abgeschlossen. Die internationalen Finanz- und

Devisenmärkte eröffneten in Sydney am 3. Januar um 18.00 Uhr (MEZ) in Euro, während alle Segmente der

Finanzmärkte des Euro-Währungsgebiets am 4. Januar in Euro eröffneten. Das TARGET-System schloß am

4. Januar um 19.30 Uhr, nachdem der Finanzsektor des Euro-Währungsgebiets einen ganzen Tag lang in der

neuen Währung gearbeitet hatte. Dadurch konnte das Eurosystem noch am gleichen Tag sein erstes Hauptrefi-

nanzierungsgeschäft in einem in der neuen Währung voll funktionsfähigen Umfeld ankündigen. Nur fünf

Tage waren zwischen der Eröffnung der Märkte in den nationalen Währungen am 31. Dezember 1998 und

dem Geschäftsschluß in Euro am 4. Januar 1999 verstrichen.

Das Umstellungswochenende verlief reibungslos und, dank des Engagements und der harten Arbeit einer sehr

großen Anzahl von Instituten, ohne ernsthafte Zwischenfälle, die die Einführung der Einheitswährung hätten

beeinträchtigen können. Medienberichten zufolge waren über das Wochenende 50 000 Mitarbeiter direkt mit

der Umstellung befaßt - nicht nur im Euro-Währungsgebiet, sondern auch in anderen wichtigen Finanzzen-

tren.

Innerhalb des Eurosystems waren die Vorbereitungen bereits seit einiger Zeit im Gang. Der erste Aktionsplan

für das Umstellungswochenende wurde bereits im März 1998 vom Rat des Europäischen Währungsinstituts

verabschiedet. Nach der Errichtung der EZB prüfte der EZB-Rat die Pläne für die Umstellung in vier seiner

Sitzungen. Mehrere tausend Mitarbeiter der EZB und der nationalen Zentralbanken arbeiteten während des

Umstellungswochenendes oder waren in Rufbereitschaft.

Dem Eurosystem kam eine Schlüsselrolle zu. Es half, die unwiderruflichen Umrechnungskurse des Euro

gegenüber den teilnehmenden Währungen zu berechnen, zu verkünden und zu veröffentlichen; es koordinierte

den ordnungsgemäßen Übergang auf die neue Währung bei der EZB und den nationalen Zentralbanken; es

nahm bei Bedarf letzte Tests der neuen Infrastruktur vor; es führte die neue Infrastruktur für den Zahlungsver-

kehr und die Wertpapierabwicklung ein, einschließlich TARGET; es gab Empfehlungen an Kreditinstitute

und Wertpapierabwicklungssysteme ab; und es nahm zusammen mit den Vertretern des Bankensektors an

Arbeitsgruppen und Tests vor Ort teil. Das Eurosystem benannte auch eine Reihe von Systemen und Markt-

teilnehmern - definiert als die „Kern-Infrastruktur“ -, mit denen es ad hoc-Verbindungen für den Austausch

von Informationen während des Umstellungswochenendes errichtete; zu diesen gehörten Zahlungsverkehrs-

systeme, Wertpapierabwicklungssysteme, Börsen, Sammelverwahrer und Finanzmarktinformationsdienste.

Ein „Ausschuß für das Umstellungswochenende“ und ein Netzwerk „zentraler Kommunikationspunkte“

wurden zur Sammlung und zum Austausch von Informationen gebildet. Es wurde ein Verfahren zur Überwa-

chung der 240 wesentlichen Schritte im Umstellungsprozeß (der sogenannten „Meilensteine“) eingerichtet,

bei denen die reibungslose Einführung des Euro und die Funktionsfähigkeit des Geld- und Währungssystems

beeinträchtigt werden könnten. Kontakte fanden statt mit den Zentralbanken der nicht teilnehmenden Länder,

der Länder der Zehnergruppe und anderer Staaten, mit der Europäischen Kommission und einem vom

Ausschuß für Bankenaufsicht organisierten parallelen Netzwerk von Institutionen. Die Beschlußorgane der

EZB hielten sich bereit, um gegebenenfalls zu außerordentlichen Telefonkonferenzen zusammenzukommen.

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999 27

Quellen: EZB und BIZ.Anmerkung: Die Renditen langfristiger Staatsanleihen beziehensich auf den 10-Jahresbereich bzw. die nächstliegendenLaufzeiten.

Q2 Q3 Q41998 1999

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

5,5

6,0

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

5,5

6,0

Euro-Währungsgebiet Vereinigte Staaten

Abbildung 4Renditen langfristiger Staatsanleihen im Euro-Währungsgebiet und den Vereinigten Staaten(% p.a., Tageswerte)

zen. Mit der geplanten Erweiterung des Korri-dors zwischen den Zinssätzen der ständigen Fa-zilitäten des Eurosystems werden jedoch füralle Kreditinstitute erheblich größere Anreizezur Teilnahme am Geldmarkt bestehen.

Renditen langfristiger Staatsanleihenauf historisch niedrigem Niveau

Gegen Ende Dezember 1998 erreichten die Ren-diten langfristiger Staatsanleihen im Euro-Wäh-rungsgebiet einen historischen Tiefstand vondeutlich unter 4 % (siehe Abbildung 4). Diesentsprach einem erheblichen Rückgang von rund150 Basispunkten gegenüber der Situation Ende1997 und kann als Fortsetzung der langfristigrückläufigen Tendenz der Zinsen am langen Endeim Euro-Währungsgebiet gesehen werden, dieseit Anfang 1995 besteht. Diese günstige Ent-wicklung an den Rentenmärkten des Euro-Wäh-rungsgebiets spiegelt den mehr oderweniger kontinuierlichen Rückgang der Inflations-raten im Euro-Währungsgebiet seit Anfang 1995wider, sowie die damit einhergehende Verringe-rung der längerfristigen Inflationserwartungen.Außerdem zeigen sich darin die Anstrengungenbezüglich der Haushaltskonsolidierung im Euro-Währungsgebiet im Vorfeld des Übergangs zurdritten Stufe und das allmähliche Verschwindender Wechselkursrisikoprämien.

Im Verlauf des Jahres 1998 hat sich dieser Pro-zeß rückläufiger langfristiger Anleiherenditen ineinem Umfeld außergewöhnlicher Turbulenzenan den internationalen Finanzmärkten beschleu-

Es gab vor und während des Wochenendes einen ständigen Informationsaustausch; insbesondere wurde der

Stand der Umstellungsaktivitäten während dreier Telefonkonferenzen vor dem Wochenende und acht Tele-

fonkonferenzen während des Wochenendes zwischen den zentralen Kommunikationspunkten bei der EZB

und den nationalen Zentralbanken erörtert.

Das Hauptanliegen des Eurosystems war es, einen Ausfall während des Übergangs zum Euro zu vermeiden -

bei der EZB, bei einer nationalen Zentralbank oder innerhalb eines der oben erwähnten „Kern-Infrastruktur“-

Teile. Ein derartiger Ausfall hätte das Funktionieren der Geldordnung beeinträchtigt, die bereits bestehende

Segmentierung der Geldmärkte fortgesetzt oder die Währungsbehörden mit Risiken für die Stabilität der

Finanzmärkte gerade zu Beginn der Währungsunion konfrontiert.

Die Umstellung der nationalen Währungen auf den Euro während des Umstellungswochenendes besaß alle

Merkmale eines technischen Großprojekts. Dies bedeutete für das Eurosystem sowie den Banken- und

Finanzsektor inner- und außerhalb des Euro-Währungsgebiets einzigartige Koordinierungsanstrengungen. Die

Umstellung testete die Fähigkeit des europäischen Finanzsektors, unter extremem Druck zu arbeiten. Das

zufriedenstellende Ergebnis des Umstellungsprozesses ist ein Zeichen für die Qualität der Vorbereitungsarbei-

ten, die in den vergangenen zwei Jahren vom Bankensektor und anderen Finanzmarktteilnehmern im Euro-

Währungsgebiet durchgeführt wurden.

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 199928

nigt, wobei sowohl Kapitalbewegungen aus denFinanzmärkten der Schwellenländer in die „si-cheren Häfen“ der Kapitalmärkte der Industrie-länder als auch eine Veränderung der Risikoein-stellung der Anleger zu beobachten war. Dieseveränderte Risikoeinstellung löste an den inter-nationalen Finanzmärkten eine allgemeine„Flucht in die Sicherheit“ aus, und zwar von denAktienmärkten zu den Rentenmärkten der In-dustrieländer. Insgesamt führte dies im Herbstzu einem Anstieg der Volatilität an den Renten-,Aktien- und Devisenmärkten. Nachdem sich dieVolatilität anschließend aber wieder auf ein nor-males Niveau zurückgebildet hatte, setzte sichder Rückgang der Renditen langfristiger Staats-anleihen im Euro-Währungsgebiet weiter fort.Dies war eine bemerkenswerte Entwicklung, dieein Zeichen dafür war, daß der Rückgang derAnleiherenditen nicht nur auf die „Flucht in dieSicherheit“ zurückzuführen war, sondern daß

auch inländische Faktoren, wie beispielsweiseder weitere Rückgang der Inflationssrate unddie Verringerung der Risiken für die Preisstabili-tät ebenfalls eine wesentliche Rolle gespielt ha-ben.

Die koordinierte Runde der Leitzinssenkungenim Euro-Währungsgebiet am 3. Dezember 1998führte unmittelbar zu einem weiteren Rückgangder langfristigen Anleiherenditen, während derRenditevorsprung 10jähriger US-Anleihen ge-genüber vergleichbaren Anleihen im Euro-Wäh-rungsgebiet sich leicht ausweitete. Trotz einesvorübergehenden Anstiegs aufgrund einer star-ken Zunahme der japanischen Anleiherenditensind die Renditen im Euro-Währungsgebiet im10-Jahresbereich insgesamt im Verlauf des De-zembers um knapp 20 Basispunkte gesunken;weitere Rückgänge waren Anfang Januar zu be-obachten. Dem steht ein leichter Anstieg ver-

Kasten 4Entwicklung der Renditenstrukturkurve seit Juli 1998

Unter gewissen Annahmen spiegelt die Renditenstrukturkurve die Erwartungen der Marktteilnehmer bezüg-

lich der zukünftigen Entwicklung der kurzfristigen Zinsen wider. Gleichzeitig kann sie nützliche Informatio-

nen über die Erwartungen der Marktteilnehmer hinsichtlich der zukünftigen Inflationsentwicklung und des

realwirtschaftlichen Wachstums liefern. Die folgende Analyse betrachtet die Entwicklung der Renditenstruk-

turkurve, gemessen an den beobachteten festen Zinssätzen von Zinsswapkontrakten. Ein Zinsswap ist eine

Vereinbarung über den Austausch eines Stroms fester Zinszahlungen gegen einen variablen Zinssatz.

Der Verlauf der aus Swapkontrakten abgeleiteten Renditenstrukturkurve des Euro-Währungsgebiets hat sich

während der letzten sechs Monate erheblich geändert. Angesichts des Rückgangs der kurz- und langfristigen

Zinsen hat sich die Renditenstrukturkurve im Euro-Währungsgebiet entlang des gesamten Laufzeitenspek-

trums nach unten verlagert. Da ferner diese Rückgänge am langen Ende des Laufzeitenspektrums etwas

größer als am kurzen Ende waren, war eine leichte Abflachung der (Kassa-) Zinsstrukturkurve zu beobachten,

wobei sich der Spread zwischen den 10jährigen Swapsätzen und den 3-Monats-Geldmarktsätzen leicht

verringert hat. Obwohl Kapitalflüsse in „sichere Häfen“ im Zusammenhang mit den Turbulenzen an den

internationalen Märkten zeitweise eine Rolle bei der Entwicklung der langfristigen Zinsen gespielt haben

mögen, ist diese Abflachung der Renditenstrukturkurve eventuell auch ein Zeichen dafür, daß die langfristi-

gen Inflationserwartungen im Euro-Währungsgebiet zurückgegangen sind.

Die Abbildung unten zeigt, wie sich das von der Zinsstrukturkurve abgeleitete Verlaufsmuster der impliziten

Terminzinssätze für Tagesgeld im Euro-Währungsgebiet in den letzten sechs Monaten verändert hat. Wie der

Abbildung zu entnehmen ist, erwarteten die Finanzmärkte - ohne Berücksichtigung von mit Restlaufzeiten

verbundenen Risikoprämien - Anfang Juli 1998, daß die Tagesgeldsätze im Euro-Währungsgebiet Anfang

1999 auf einem Niveau von knapp 4 % liegen und danach allmählich steigen würden. Die Anfang Januar 1999

zu beobachtende Struktur der impliziten Terminzinssätze für Tagesgeld zeigt hingegen eine Veränderung

dieser Erwartungen, die zum Teil die Konvergenz der Kurzfristzinsen innerhalb des Euro-Währungsgebiets

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999 29

Quelle: EZB-Schätzung auf der Grundlage des in dem Aufsatz „Estimating and interpreting forward interest rates: Sweden 1992-94“ von L. E. O. Svensson (1994), IWF-Arbeitspapier/94/114, Washington, DC, verwendeten Ansatzes. Die in der Schätzungverwendeten Daten wurden von Swapkontrakten abgeleitet.

Implizite Terminzinssätze für Tagesgeld im Euro-Währungsgebiet(in % p.a., Tageswerte)

3,00

3,50

4,00

4,50

5,00

5,50

6,00 6. Juli 1998 27. Nov. 1998 6. Jan. 1999

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

gleichbarer Renditen in den Vereinigten Staatensowie ein erheblicher Anstieg der japanischenRenditen von über 70 Basispunkten im Zeit-raum zwischen dem 3. Dezember 1998 unddem 7. Januar 1999 gegenüber. Zusammen mitder Verlagerung der Renditestrukturkurve imEuro-Währungsgebiet nach unten in allen Lauf-zeitenbereichen (siehe Kasten 4) im Anschlußan die Leitzinssenkungen und die Ankündigungdes Korridors für die ständigen Fazilitäten si-gnalisieren diese Entwicklungen, daß die ein-heitliche Geldpolitik nach Ansicht der Finanz-märkte bereits ein hohes Maß an Glaubwürdig-keit erreicht hat.

Erhöhte Volatilität an denAktienmärkten

In den vergangenen Monaten wurden die Akti-

enkurse im Euro-Währungsgebiet erheblich vonden Turbulenzen an den internationalen Finanz-märkten beeinflußt. Gemessen am Dow JonesEURO STOXX-Index verzeichneten die Akti-enkurse einen beträchtlichen Rückgang um fast35 % von ihrem Höchststand Mitte Juli 1998 aufihren Tiefstand Anfang Oktober, danach stiegensie bis Ende 1998 wieder um mehr als 35 %.Aufgrund der Stärke der Aktienmärkte desEuro-Währungsgebiets im ersten Halbjahr 1998lagen die Aktienkurse Ende Dezember 30 %über dem Niveau von Ende 1997. Anfang Januarsetzte sich die steigende Tendenz der Notie-rungen an den Aktienmärkten des Euro-Wäh-rungsgebiets fort.

Die starke Volatilität der Aktienmärkte imEuro-Währungsgebiet in jüngster Zeit, die auchan den US-amerikanischen und japanischenAktienmärkten zu beobachten war (siehe Ab-

auf einen Stand unterhalb des Niveaus der Länder, die bis dahin die niedrigsten kurzfristigen Zinssätze

aufwiesen, widerspiegelt.

Anfang Januar 1999 erwarteten die Marktteilnehmer für die folgenden Monate einen sehr geringen Rückgang

der Tagesgeldsätze sowie einen anschließenden erneuten Anstieg. Dieses Verlaufsmuster der Renditenstruk-

turkurve war auch an den Terminmärkten zu beobachten. Anfang Januar 1999 lagen die impliziten

3-Monatssätze der Mitte März und Mitte Juni 1999 fällig werdenden Terminkontrakte auf Euroeinlagen knapp

unter den 3-Monats-Kassasätzen.

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 199930

Abbildung 5

Q2 Q3 Q41998 1999

75

80

85

90

95

100

105

110

115

120

75

80

85

90

95

100

105

110

115

120

Euro-WährungsgebietVereinigte Staaten

Japan

Aktienkursindizes im Euro-Währungsgebiet, den Vereinigten Staaten und Japan (1. Mai 1998 = 100, Tageswerte)

Quellen: Reuters für das Euro-Währungsgebiet; BIZ für dieVereinigten Staaten und Japan.Anmerkung: Dow Jones EURO STOXX breiter (Aktienkurs-)Index für das Euro-Währungsgebiet, Standard and Poor’s 500für die Vereinigten Staaten und Nikkei 225 für Japan.

bildung 5), schien zwei wesentliche Faktorenwiderzuspiegeln. Erstens führte die Beunruhi-gung über die wirtschaftliche Lage in Rußland,Asien und Lateinamerika zu einer Revision derWachstumsperspektiven der Weltwirtschaftnach unten. Dies wiederum hat offensichtlicheine Korrektur der Erwartungen über Exporte-und Unternehmensgewinne nach unten bewirkt.Ein zweiter Faktor war die gestiegene Unsi-cherheit, die zu einer ungewöhnlich hohen Vo-latilität an den Aktienmärkten führte. Dies dürf-te teilweise eine Neubewertung der im all-gemeinen mit einem Aktienengagementverbundenen Risiken durch die Marktteilneh-mer widerspiegeln. Dessenungeachtet habensich die Aktienmärkte im Euro-Währungsgebiet,nachdem die Marktteilnehmer ihre Neueinschät-zung der weltweiten wirtschaftlichen Aussich-ten wohl für zu pessimistisch hielten, wiedererholt. Diese Erholung stand auch im Zusam-menhang mit der Korrektur an den Aktien-märkten in den Vereinigten Staaten. Jedoch istdie Volatilität an den Aktienmärkten des Euro-Währungsgebiets noch nicht auf den niedrige-ren Stand zurückgekehrt, der Anfang 1998 vordem Ausbruch der Turbulenzen an den Finanz-märkten beobachtet wurde.

Bei der Entwicklung nach Branchen waren anden Aktienmärkten des Euro-Währungsgebietsin den letzten Monaten erhebliche Unterschie-de bezüglich der Kursentwicklung festzustellen.Als die Aktiennotierungen in den Herbstmona-ten fielen, waren die stärksten Rückgänge mitmehr als 40 % in den Automobil-, Banken- undTechnologiesektoren zu verzeichnen. Beim Ban-kensektor des Euro-Währungsgebiets war ne-ben den von den internationalen Aktienmärk-ten ausgehenden Einflüssen der wesentliche Fak-tor für diese Entwicklung offensichtlich dieBesorgnis über das Engagement der Finanzinsti-tute des Euro-Währungsgebiets in den Schwel-lenländern. Dessenungeachtet war im Rahmen

des allgemeinen Trends danach in diesen dreiBranchen eine gewisse Erholung zu beobachten,so daß die Kurse am Ende des Jahres 1998 nur20 - 25 % unterhalb ihrer bisherigen Höchst-stände lagen, aber sich nach wie vor erheblichüber ihrem Niveau von 1997 befanden. AndereBranchen wie der Einzelhandel und die Versor-gungsunternehmen erwiesen sich während derAktienmarktturbulenzen als erstaunlich robust;ihre Kurse lagen Ende 1998 nicht weit von ih-ren vorherigen Höchstständen von Mitte Juli1998 entfernt. Diese Entwicklungen zeigen, daßBranchen, die dem internationalen Umfeld stär-ker ausgesetzt sind, schlechter abgeschnittenhaben, während die Branchen, die in höheremMaße von der Stärke der Inlandsnachfrage ab-hängig sind, in einer relativ guten Verfassunggeblieben sind.

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999 31

Abbildung 6Die Teuerungsrate im Euro-Währungsgebiet nach dem HVPI und seinenKomponenten(Veränderung gegen Vorjahr in %)

Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q41996 1997 1998

-5

-4

-3

-2

-1

0

1

2

3

4

5

6

-5

-4

-3

-2

-1

0

1

2

3

4

5

6

HVPI insgesamtDienstleistungen

Unverarbeitete NahrungsmittelVerarbeitete Nahrungsmittel

Industrieerzeugnisse (außer Energie)Energie

Quelle: Eurostat.Anmerkung: Für weitere Informationen zu den verwendeten Daten wird auf die entsprechenden Tabellen und Abbildungen imAbschnitt „Statistik des Euro-Währungsgebiets“ in diesem Monatsbericht verwiesen.Jüngste Angaben: HVPI insgesamt: 0,9 % (Nov. 1998); Dienstleistungen: 2,1 % (Nov. 1998); unverarbeitete Nahrungsmittel: 0,6 %(Nov. 1998); verarbeitete Nahrungsmittel: 1,3 % (Nov. 1998); Industrieerzeugnisse (außer Energie): 1,0 % (Nov. 1998); Energie:-4,3 % (Nov. 1998).

2 Preisentwicklung

Anstieg der Verbraucherpreise leichtzurückgegangen

Der Anstieg der Verbraucherpreise im Euro-Währungsgebiet ist zuletzt erneut leicht zurück-gegangen, wobei er weiterhin mit der vom Eu-rosystem festgesetzten quantitativen Definitionvon Preisstabilität in Einklang stand. Gemessenam Harmonisierten Verbraucherpreisindex(HVPI) sind die Verbraucherpreise im Novem-ber 1998 im Euro-Währungsgebiet gegenüberder entsprechenden Vorjahrszeit um 0,9 % ge-stiegen, das ist 0,1 Prozentpunkt weniger als imSeptember und im Oktober. Seit dem zweitenQuartal 1998, als der HVPI gegenüber demStand zwölf Monate zuvor um 1,4 % gestiegenwar, ist die Preissteigerungsrate um 0,5 Pro-zentpunkte zurückgegangen.

Eine Betrachtung der Entwicklung des HVPI nachKomponenten für das Euro-Währungsgebiet

zeigt, daß sich die Tendenzen, auf die der Rück-gang in den letzten Monaten hauptsächlich zu-rückzuführen war, im November fortsetzten.Vor allem der Preisanstieg bei den unverarbei-teten Nahrungsmitteln schwächte sich auf 0,6 %weiter ab, und der Rückgang der Energiepreisebeschleunigte sich auf -4,3 % (siehe Tabelle 1).Bei den Preisen für unverarbeitete Nahrungs-mittel, die im allgemeinen beträchtlichenSchwankungen unterliegen, verlief der Anstiegseit April 1998 gedämpfter, da der von zeitwei-ligen Angebotsengpässen im Jahresverlauf 1997verursachte Aufwärtsdruck nicht mehr in dieZwölfmonatsraten einging. Die weitere Verrin-gerung der Energiepreise spiegelte den fortge-setzten Rückgang der Ölpreise wider, die, inECU ausgedrückt, im Dezember rund 45 % un-ter dem zum Jahresende 1997 verzeichnetenStand lagen. Auch Rohstoffe (ohne Energie) blie-ben erheblich preiswerter als im Jahr 1997. Beiden anderen Teilindizes setzte sich der gemä-

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 199932

Tabelle 1Preis- und Kostenentwicklung im Euro-Währungsgebiet(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quellen: Eurostat, nationale Statistiken, Berechnungen von HWWA und EZB.Anmerkung: Für weitere Informationen zu den verwendeten Daten wird auf die entsprechenden Tabellen und Abbildungen imAbschnitt „Statistik des Euro-Währungsgebiets“ in diesem Monatsbericht verwiesen.1) Außer Baugewerbe.2) Gesamtwirtschaft.3) Brent Blend (für Terminlieferung in einem Monat).4) Ohne Energie.

1996 1997 1998 1998 1998 1998 1998 1998 1998 1998 1998 1998 1998Q1 Q2 Q3 Q4 Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.

HarmonisierterVerbraucherpreisindex (HVPI)und seine KomponentenHVPI 2,2 1,6 . 1,2 1,4 1,2 . 1,4 1,2 1,0 1,0 0,9 .darunter:Verarbeitete Nahrungsmittel 2,0 1,5 . 1,3 1,6 1,5 . 1,6 1,5 1,3 1,3 1,3 .Unverarbeitete Nahrungsmittel 1,9 1,5 . 2,3 2,9 2,1 . 2,4 2,3 1,5 1,0 0,6 .Industrieerzeugnisse(außer Energie) 1,5 0,5 . 0,6 1,0 1,1 . 1,0 1,1 1,1 1,0 1,0 .

Energie 2,4 2,6 . -1,5 -1,3 -3,2 . -1,9 -3,8 -3,8 -4,0 -4,3 .Dienstleistungen 3,1 2,4 . 2,0 2,0 2,0 . 2,0 2,1 2,0 2,1 2,1 .

Weitere Preis- und KostenindikatorenIndustrielle Erzeugerpreise 1) 0,7 1,1 . 0,5 -0,2 -1,3 . -0,8 -1,4 -1,6 -1,9 . .Lohnstückkosten 2) 1,8 0,6 . -2,3 -0,5 . . - - - - - -Einkommen aus unselbständigerArbeit je Arbeitnehmer 2) 3,4 2,6 . 1,0 1,2 . . - - - - - -

Arbeitsproduktivität 2) 1,6 2,1 . 3,4 1,7 . . - - - - - -Ölpreise (ECU je Barrel) 3) 15,9 17,1 12,0 13,6 12,8 11,7 10,0 11,9 11,3 11,9 11,1 10,2 8,7Rohstoffpreise (ECU) 4) -6,9 13,0 -12,5 -0,1 -10,7 -18,1 -20,5 -14,4 -19,0 -20,9 -23,6 -18,4 -19,5

ßigte Preisanstieg fort. Bei verarbeiteten Nah-rungsmitteln und bei Industrieerzeugnissen au-ßer Energie blieb die Preissteigerung mit 1,0 %weitgehend unverändert, während die Dienst-leistungspreise weiterhin um rund 2 % stiegen.

Eine Reihe anderer Preis- und Kostenindikato-ren bestätigen den Gesamteindruck von Preis-stabilität im Euro-Währungsgebiet (siehe Tabel-le 1; für methodische Erläuterungen der Preis-und Kostenstatistiken siehe Kasten 5). Vor al-lem der Anstieg der Erzeugerpreise hat sich seitJahresende 1997 - in erster Linie infolge sinken-der Preise für Vorleistungen - allmählich ver-langsamt; nachdem die Erzeugerpreise seit Mai

gesunken waren, unterschritten sie ihren ver-gleichbaren Vorjahrsstand im Oktober 1998 um1,9 %. Darüber hinaus scheint der Anstieg derLohnkosten in der ersten Jahreshälfte 1998 mo-derat geblieben zu sein. Vor allem im erstenQuartal 1998 gingen die Lohnstückkosten zu-rück, da eine erstarkte Konjunktur zu einemerhöhten Produktivitätswachstum führte undsich der Anstieg der Einkommen aus unselb-ständiger Arbeit je Arbeitnehmer verlangsamte.Im zweiten Quartal 1998 blieben die Lohnstück-kosten im Vergleich zur Vorjahrszeit weitge-hend unverändert, da das schwächere Produkti-vitätswachstum mit einer anhaltend moderatenLohnentwicklung einherging.

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999 33

Kasten 5Nichtfinanzielle Statistiken zur Analyse der Wirtschaftsentwicklung im Euro-Währungsgebiet

Um die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im Euro-Währungsgebiet beurteilen zu können, werden umfas-

sende, verläßliche und aktuelle Statistiken zum Euro-Währungsgebiet benötigt. Sie müssen alle notwendigen

Beobachtungen in ausreichendem Umfang zulassen, und die nationalen Daten sollten so weit wie möglich

vergleichbar sein. Allerdings sind zur Zeit noch viele Angaben, insbesondere für länger zurückreichende

Datenreihen, lediglich in nichtharmonisierter Form erhältlich. Für die Abgrenzung und Erstellung von Statisti-

ken waren nämlich bisher die einzelnen Länder zuständig, und es gab nur einen geringen Bedarf für harmoni-

sierte Daten. Im Laufe der Zeit wurden internationale Abgrenzungen und Normen entwickelt, wobei man sich

erst in jüngster Zeit nicht zuletzt als Reaktion auf bestimmte rechtliche Vorschriften systematischer darum

bemüht hat, auf eine harmonisierte statistische Grundlage in Europa hinzuarbeiten. Dieser Kasten beschreibt

in Kurzform die derzeit verfügbaren Statistiken für das Euro-Währungsgebiet über Preise und Kosten,

Produktion und Nachfrage und über den Arbeitsmarkt und zeigt, welche Verbesserungen in naher Zukunft

vorgenommen werden dürften (siehe auch den Abschnitt „Statistik des Euro-Währungsgebiets“ in diesem

Monatsbericht).

Die EZB und ihr Vorgänger, das Europäische Währungsinstitut (EWI), haben Initiativen unterstützt, die auf

europäischer Ebene darauf abzielten, die statistischen Grundlagen für die einheitliche Geldpolitik zu schaffen.

Dieser Prozeß erhielt zwar durch die Bereitstellung vergleichbarer Statistiken zur Beurteilung der Konvergenz

einen wichtigen Anstoß, doch die EZB benötigt insgesamt breiter gefächerte und detailliertere Daten. Für die

Zwecke der Geldpolitik ist zudem die rasche Vorlage von statistischen Angaben zum Euro-Währungsgebiet

unabdingbar. Diesen Fragen wurde in einer Reihe von EU-Verordnungen über Statistiken Rechnung getragen,

die vom Rat der Europäischen Union auf Vorschlag der Europäischen Kommission im Laufe der letzten Jahre

erlassen wurden (siehe weiter unten). Darüber hinaus gibt es ergänzende Initiativen, die zur Schaffung der

statistischen Grundlage im Euro-Währungsgebiet beitragen werden; hierzu zählt die Vereinbarung zwischen

dem Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat) und allen nationalen Statistikämtern der

EU, vorliegende Eckdaten zeitnah zur Verfügung zu stellen. Diese Initiativen bewirkten, daß sich die Datenla-

ge erheblich verbessert hat und es erwartungsgemäß in einigen Bereichen im Laufe des Jahres 1999 zu

weiteren Verbesserungen kommen wird.

Doch in Bereichen, in denen noch keine harmonisierten Daten mit einem akzeptablen Zeitverzug verfügbar

sind, müssen die bestmöglichen Schätzungen - soweit sie aus nationalen Quellen abgeleitet werden können -

herangezogen werden. Diese Schätzungen beruhen im allgemeinen auf Angaben aus den meisten, wenngleich

nicht aus allen Ländern.

Statistiken über Preise und Kosten

Zur Durchführung der Geldpolitik hat der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) für das Euro-Wäh-

rungsgebiet große Bedeutung. Eurostat berechnet den HVPI und seine Teilindizes zeitnah und auf der

Grundlage harmonisierter Verfahren bezüglich der Abgrenzung, der Anpassung in qualitativer Hinsicht sowie

vieler technischer Einzelheiten. Eine weitergehende Harmonisierung und Erweiterung des Erfassungsbe-

reichs, z. B. um Ausgaben im Bildungs- und Gesundheitswesen, ist für die kommenden beiden Jahre vorgese-

hen. Allerdings gelten diese Datenreihen bereits heute als so zuverlässig, zeitnah und vergleichbar, daß sie die

Anforderungen der EZB für die zu geldpolitischen Zwecken angestellten Analysen erfüllen.

Deflatoren für die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen sowie die Erzeugerpreisstatistiken und Lohnko-

sten sind weitere Indikatoren, die für die Analyse von Preisentwicklungen verwendet werden. Sie beruhen

derzeit noch auf nicht vollständig harmonisierten (nationalen) Daten und unterscheiden sich hinsichtlich ihres

Erfassungsbereichs und ihrer Vergleichbarkeit. Die meisten in diesem Zusammenhang verwendeten Daten

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 199934

stammen von Eurostat; die Verordnung über das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnun-

gen (ESVG 1995) wird erwartungsgemäß im zweiten Quartal 1999, die Verordnung über zeitnahe Statistiken

ab 1999 zu Verbesserungen führen. Ferner wurde eine weitere Initiative zur Harmonisierung der Meßmetho-

den für das reale BIP im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts gestartet. Gegenwärtig stellen die

Deflatoren für die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen in aggregierter Form zwar eine recht gute

Grundlage für die Analyse dar, sie enthalten jedoch geschätzte Daten für verschiedene kleinere Länder, die

noch keine vierteljährlichen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen erstellen. Die Erzeugerpreisstatistiken

unterscheiden sich teilweise hinsichtlich der verwendeten Abgrenzungen. Einheitliche Meßmethoden für die

Lohnkosten sind derzeit noch nicht für alle Länder auf Quartalsbasis erhältlich; es wird jedoch damit

gerechnet, daß sie ab Frühjahr 1999 verfügbar sind.

Statistiken über Produktion und Nachfrage

Angaben über das BIP im Euro-Währungsgebiet und seine Verwendungskomponenten werden von Eurostat

veröffentlicht. Die Quartalsstatistiken enthalten Schätzungen für die Mitgliedstaaten, die noch keine Quartals-

ausweise erstellen. Auch die EZB nimmt Schätzungen des BIP im Euro-Währungsgebiet vor, und zwar

anhand nationaler Statistiken (die in dem Abschnitt über die „Statistik des Euro-Währungsgebiets“ nicht

dargestellt sind). Durch die unterschiedliche arbeitstägliche und saisonale Bereinigung in den einzelnen

Quellen, insbesondere den deutschen Statistiken, können Differenzen zwischen den von Eurostat veröffent-

lichten Aggregaten und den auf nationalen Statistiken beruhenden Schätzungen entstehen. Wie bereits er-

wähnt, wird sich durch die Umsetzung des ESVG 1995 der Umfang der verfügbaren Daten zu den Volkswirt-

schaftlichen Gesamtrechnungen im Jahresverlauf 1999 vergrößern.

Ferner sind sowohl quantitative als auch qualitative kurzfristige Indikatoren, d. h. Angaben zur Industriepro-

duktion und Daten aus Konjunkturumfragen (z. B. über das Vertrauen von Verbrauchern, Industrie und

Baugewerbe), in allen Mitgliedstaaten monatlich erhältlich. Viele der von der EZB geprüften quantitativen

Daten fallen unter die EU-Verordnung über zeitnahe Statistiken, und es ist zu erwarten, daß sich die Verfüg-

barkeit von Daten auf der Ebene des Euro-Währungsgebiets verbessern wird. Bei den Daten zur Industriepro-

duktion stellen die Erfassung der Länder, die Vergleichbarkeit der Daten und die Zeitnähe der Veröffentli-

chung der Statistiken in den Mitgliedstaaten die kritischsten Punkte dar. Das Gleiche gilt für die Einzelhan-

delsumsätze sowie weitere Informationen über die Lage im Dienstleistungssektor. Insgesamt gesehen liefern

die nationalen Statistiken also derzeit wertvolle zusätzliche Informationen.

Arbeitsmarktstatistiken

Für die Statistiken zur Erwerbstätigkeit sind für die meisten Länder vierteljährliche, in manchen Fällen auch

monatliche Zahlen verfügbar. Diese Angaben stammen aus verschiedenen Quellen (Umfragen, Register) und

sind daher noch nicht vollständig vergleichbar. Eine verläßliche und zeitnahe Aufgliederung der Erwerbstätig-

keit nach Sektoren in kurzen Erhebungsintervallen gibt es derzeit noch nicht. Eurostat veröffentlicht Angaben

über die Arbeitslosigkeit in standardisierter Form; diese können sich daher von den auf nationaler Ebene

ausgewiesenen Daten unterscheiden. Eine standardisierte Aufgliederung nach Kurzzeit- und Langzeitarbeits-

losigkeit auf monatlicher Basis wäre zwar wünschenswert, läßt sich zur Zeit jedoch nicht realisieren. Neben

den beiden erwähnten EU-Verordnungen werden auch die Ergebnisse der gleichfalls durch EU-Verordnungen

eingeführten neuen regelmäßigen Arbeitskräftesurveys die Qualität der verfügbaren Daten in naher Zukunft

verbessern.

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999 35

3 Produktions-, Nachfrage- und Arbeitsmarktentwicklung

LangsameresProduktionswachstum imdritten Quartal

Die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Datenlassen auf ein langsameres Produktionswachs-tum im gesamten Euro-Währungsgebiet in derzweiten Hälfte des Jahres 1998 schließen, nach-dem in der ersten Jahreshälfte ein starkesWachstum zu verzeichnen war. (Für methodi-sche Erläuterungen zu den Daten, die der Ana-lyse der Produktion, der Nachfrage und des

Arbeitsmarkts zugrundeliegen, siehe Kasten 5.)Diese Entwicklung entspricht den Erwartungen,daß sich die Verschlechterung der wirtschaftli-chen Lage außerhalb des Euro-Währungsgebietsim Laufe der Zeit auch auf die Konjunktur imEuro-Währungsgebiet auswirken würde. Einerersten Schätzung von Eurostat für das dritteQuartal 1998 zufolge stieg das reale BIP desgesamten Euro-Währungsgebiets um 2,4 % ge-genüber dem vergleichbaren Vorjahrszeitraum(siehe Tabelle 2). In der ersten Jahreshälfte 1998wurde demgegenüber noch eine durchschnittli-

Tabelle 2Produktions-, Nachfrage- und Arbeitsmarktentwicklung im Euro-Währungsgebiet(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quellen: Eurostat, Branchen- und Verbraucherumfragen der Europäischen Kommission, ACEA/A.A.A., nationale Statistiken undEZB-Berechnungen.Anmerkung: Für weitere Informationen zu den verwendeten Daten wird auf die entsprechenden Tabellen und Abbildungen imAbschnitt „Statistik des Euro-Währungsgebiets“ in diesem Monatsbericht verwiesen. Alle Daten außer der Industrieproduktion(arbeitstäglich bereinigt), den Einzelhandelsumsätzen und den Pkw-Neuzulassungen sind saisonbereinigt.1) Die Erhebung wird jährlich im Januar, April, Juli und Oktober durchgeführt. Die ausgewiesenen Quartalszahlen stellen den

Durchschnitt aus zwei aufeinanderfolgenden Umfragen, d. h. aus den Umfragen zu Beginn des jeweiligen Quartals und zuBeginn des darauffolgenden Quartals, dar.

2) Salden in %; die ausgewiesenen Daten stellen die Abweichungen vom Durchschnitt aus dem Zeitraum seit Januar 1985 dar.

1995 1996 1997 1997 1998 1998 1998 1998 1998 1998 1998 1998 1998Q4 Q1 Q2 Q3 Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt.

Gleitender Dreimonatsdurchschnitt (zentriert)

Reales Bruttoinlandsprodukt 2,2 1,6 2,5 3,2 3,8 2,5 2,4 - - - - - -

Industrieproduktionohne Baugewerbe 3,4 0,0 4,1 5,7 6,3 4,4 4,0 4,4 4,7 4,0 4,0 . .darunter:Verarbeitendes Gewerbe 3,5 -0,2 4,7 6,4 7,3 5,0 4,3 5,0 5,3 4,4 4,3 . .

nach Hauptgruppen:Vorleistungen 2,5 -0,6 5,4 7,2 7,3 4,3 3,3 4,3 4,3 3,6 3,3 . .Investitionsgüter 7,3 1,7 4,2 6,1 9,2 6,6 7,0 6,6 7,5 6,7 7,0 . .Konsumgüter 1,0 -0,6 1,9 3,0 3,4 3,8 3,5 3,8 4,4 3,5 3,5 . .

Baugewerbe 0,0 -2,3 -1,2 -0,1 3,0 0,0 -1,9 0,0 0,7 -0,6 -1,9 . .

Kapazitätsauslastung (%) 1) 82,6 80,3 81,6 82,7 83,1 83,6 83,3 - - - - - -Indikator für die konjunkturelleEinschätzung 0,6 -2,5 2,7 3,7 3,9 4,5 3,1 4,5 4,3 3,7 3,1 2,2 1,9Vertrauensindikatorfür die Verbraucher 2) -1 -8 -3 1 4 7 7 7 7 7 7 8 9Vertrauensindikatorfür die Industrie 2) 6 -8 3 8 10 10 7 10 9 8 7 5 3Vertrauensindikatorfür das Baugewerbe 2) -3 -13 -10 -8 -1 2 10 2 4 7 10 9 9

Einzelhandelsumsätzezu konstanten Preisen 2,0 1,1 0,9 2,2 2,7 1,8 3,0 1,8 2,7 2,9 3,0 . .Pkw-Neuzulassungen 0,3 6,6 3,9 11,2 12,6 3,3 7,5 3,3 6,5 6,6 7,5 5,1 7,8Beschäftigung(Gesamtwirtschaft) 0,4 0,2 0,3 0,5 1,0 1,1 1,4 - - - - - -Arbeitslosigkeit (Veränderunggegen Vorjahr in Tsd.) -306 422 105 -28 -417 -699 -901 -699 -797 -864 -901 -961 -1008Arbeitslosigkeit(in % der Erwerbspersonen) 11,4 11,6 11,7 11,6 11,3 11,1 11,0 11,1 11,1 11,0 11,0 10,9 10,9

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 199936

che jährliche Zuwachsrate von 3,1 % verzeich-net. Die erste Hälfte des Jahres 1998 insgesamtscheint als Vergleichszeitraum besser geeignetals die vierteljährliche Betrachtung des BIP-Wachstums, da bei dieser Zusammenfassungdem Umstand Rechnung getragen wird, daß dieersten zwei Quartale stark von Kalendereffek-ten durch die Lage der Osterfeiertage beein-flußt wurden. Da die veröffentlichten Quartals-zahlen nicht arbeitstäglich bereinigt sind, legensie auf den ersten Blick eine deutliche Reduzie-rung des BIP-Wachstums auf 2,5 % im zweitenQuartal und somit eine vergleichsweise geringeweitere Abschwächung im dritten Quartal nahe.

Das seit Frühjahr 1998 gedämpftere Wirt-schaftswachstum findet seinen Niederschlag indem geringeren Wachstum der Industriepro-duktion. Der Gesamtindex der Industrieproduk-tion stieg im dritten Quartal des Jahres 1998 imVorjahrsvergleich um 4,0 %, nachdem im zwei-ten Quartal bzw. im ersten Quartal Zuwachsra-ten von jeweils 4,4 % und 6,3 % verzeichnet

wurden. Die von nationalen Stellen veröffent-lichten Zahlen liegen teilweise bereits bis Okto-ber vor und weisen auf eine weitere Abschwä-chung des Produktionswachstums hin. Die Zu-wachsraten der Produktion im VerarbeitendenGewerbe, das konjunkturelle Schwankungen üb-licherweise am stärksten widerspiegelt, sankenvon 7,3 % im ersten Quartal des Jahres 1998auf 5,0 % im zweiten und 4,3 % im dritten Quar-tal. Dies lag in erster Linie an einer Flaute beiden Vorleistungsgüterproduzenten. Auch imInvestitionsgütergewerbe verlangsamte sich dasWachstum nach der kräftigen Expansion im er-sten Quartal. Dieser Sektor verzeichnete je-doch weiterhin ein kräftiges Wachstum (rund7 %), wovon der größte Teil auf den Fahrzeug-bau entfiel. Dem durchschnittlichen Anstieg derPkw-Neuzulassungen im Oktober und Novem-ber zufolge könnte sich diese positive Entwick-lung auch im vierten Quartal fortgesetzt haben.Die Konsumgüterproduktion schließlich expan-dierte im Laufe der letzten drei Quartale miteiner recht stabilen Rate von rund 3,5 %.

Quellen: Eurostat sowie Branchen- und Verbraucherumfragen der Europäischen Kommission.Anmerkung: Für weitere Informationen zu den verwendeten Daten wird auf die entsprechenden Tabellen und Abbildungen imAbschnitt „Statistik des Euro-Währungsgebiets“ in diesem Monatsbericht verwiesen. Alle Daten sind saisonbereinigt; die Angabenzur Industrieproduktion (insgesamt, ohne Baugewerbe) und zum Vertrauen der Industrie sind zentrierte gleitendeDreimonatsdurchschnitte.Jüngste Angaben: Reales BIP: 2,4 % (3. Quartal 1998); Industrieproduktion (zentrierter gleitender Dreimonatsdurchschnitt): 4,0 %(Aug. 1998); Industrieproduktion (monatliche Werte): 3,4 % (Sept. 1998); Vertrauen der Industrie (zentrierter gleitenderDreimonatsdurchschnitt): -5 (Okt. 1998).

Abbildung 7Produktion und Geschäftsklima in der Industrie im Euro-Währungsgebiet(Veränderung gegen Vorjahr in %; Vertrauen der Industrie, Salden in %)

-8

-6

-4

-2

0

2

4

6

8

-35

-30

-25

-20

-15

-10

-5

0

5

Reales BIP (linke Skala)Industrieproduktion (linke Skala)

Industrieproduktion, monatliche Werte (linke Skala) Vertrauen der Industrie (rechte Skala)

1993 1994 1995 1996 1997 1998

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999 37

Die Veränderungen des Geschäftsklimas in derIndustrie, wie sie sich aus dem in der Konjunk-turumfrage der Europäischen Kommission er-mittelten Vertrauensindikator für die Industrieergeben, sind größtenteils auf veränderte Ein-schätzungen der Auftragslage und veränderteProduktionserwartungen zurückzuführen. Par-allel zur Verschlechterung der weltwirtschaftli-chen Lage ist die Auftragslage im Verarbeiten-den Gewerbe zwischen August und Novembersukzessive weniger günstig beurteilt worden,nachdem sie in der ersten Jahreshälfte 1998weitgehend unverändert eingeschätzt wordenwar. Diese Eintrübung war bei Exportaufträgenetwas stärker ausgeprägt als bei inländischenAufträgen. Außerdem wurden die Erwartungenüber die weitere Produktionsentwicklung pessi-mistischer. Dies führte insgesamt zu einer Ein-trübung des Geschäftsklimas der Industrie. AufBasis eines zentrierten gleitenden Dreimonats-durchschnitts verschlechterte es sich gegen Jah-resende deutlich und näherte sich seinemDurchschnittsstand der letzten zehn Jahre. Dadie Entwicklung des Geschäftsklimas in der In-dustrie sich meist als ein recht verläßlicher Indi-kator für die kurzfristigen Entwicklungen derProduktion und der Anlageinvestitionen der Un-ternehmen erwiesen hat, legen die jüngstenTrends die Vermutung nahe, daß sich gegenEnde 1998 die Zuwachsrate des realen BIP wei-ter vermindert hat (siehe Abbildung 7).

Im dritten Quartal des vergangenen Jahres gingdie Kapazitätsauslastung, saisonbereinigt be-trachtet, um 0,3 Prozentpunkte zurück; sie bliebjedoch mit 83,3 % noch 1 ½ Prozentpunkte überihrem langfristigen Durchschnitt und auch überdem Mitte 1995 verzeichneten Höchststand. Biszum dritten Quartal 1998 hatte die Auslastungder Kapazitäten ein Jahr lang über ihrem Durch-schnittswert gelegen, ohne daß dies zu einemstarken Anstieg der Anlageinvestitionen zur Ver-meidung von Kapazitätsengpässen geführt hät-te. Eine Erklärung dafür könnte sein, daß sichdie Erwartungen über Auftragslage und Produk-tion eher auf die nahe Zukunft bezogen, wäh-rend Investitionsentscheidungen normalerweiseauf langfristigeren Einschätzungen beruhen.

Im Baugewerbe sank das Wachstum der Pro-duktion im zweiten Quartal des Jahres 1998merklich. Im dritten Quartal ging die Baupro-duktion zurück. Die Beurteilung des Geschäfts-klimas (gemessen am Vertrauensindikator fürdas Baugewerbe) begann sich im BaugewerbeAnfang 1998 jedoch zu verbessern. In der zwei-ten Jahreshälfte lag der entsprechende Indika-tor leicht über dem Stand, den er in dem vor-übergehenden Aufschwung Ende 1994 erreichthatte. Während die Entwicklung der Produkti-on in der ersten Jahreshälfte unter Berücksich-tigung der Witterungseinflüsse eine Fortsetzungder in der zweiten Jahreshälfte 1997 begonne-nen allmählichen Erholung erwarten ließ, deu-ten die Daten aus dem dritten Quartal auf eineneuerliche Schwäche hin. Angesichts des anhal-tend guten Geschäftsklimas im Baugewerbekönnten die jüngsten Produktionsdaten ausdiesem Sektor jedoch vorübergehende Entwick-lungen widerspiegeln.

Ein gutes Zeichen sind die bisher fehlenden Hin-weise auf eine Abschwächung der Konsumnach-frage. Nach einer Phase eines weitgehend un-veränderten Konsumklimas (gemessen am Ver-trauensindikator für die Verbraucher) währendder Sommermonate des letzten Jahres war bisNovember eine erneute Verbesserung zu ver-zeichnen. Dabei erreichte der entsprechendeIndikator einen Stand, der nur knapp unter demHöchstwert der letzten zehn Jahre lag. Tatsäch-liche und erwartete Beschäftigungssteigerungenund die aufgrund der gesunkenen Energiepreisegewachsene Kaufkraft könnten zu dem kontinu-ierlich verbesserten Konsumklima beigetragenhaben, das aus neueren Konjunkturumfragen derEuropäischen Kommission hervorgeht. Auchscheinen die Einzelhandelsumsätze in der erstenJahreshälfte recht stetig mit einer Rate von mehrals 2 % gewachsen zu sein, wenn man die Ein-flüsse einer Erhöhung indirekter Steuern auf dieErgebnisse des ersten und zweiten Quartals be-rücksichtigt. Auf Basis gleitender Dreimonats-durchschnitte deuten die jüngsten für 1998 vor-liegenden Daten auf eine Beschleunigung dieserEntwicklung hin.

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 199938

Fortsetzung desBeschäftigungswachstums

Ungeachtet der jüngsten Anzeichen für eine Ab-schwächung der Wirtschaftstätigkeit verbesser-te sich im Herbst die Beschäftigungslage imEuro-Währungsgebiet weiter. Schätzungen aufBasis nationaler Angaben zufolge ist die Zahlder Beschäftigten im Euro-Währungsgebiet ins-gesamt im dritten Quartal 1998 gegenüber demvorhergehenden Quartal um 0,4 % gestiegen.Somit hat sich das seit Frühjahr 1997 zu ver-zeichnende Beschäftigungswachstum mit jährli-chen Zuwachsraten von über 1 % in den erstendrei Quartalen des Jahres 1998 weiter gefestigt(siehe Tabelle 2). Die Beschäftigungszahlen imVerarbeitenden Gewerbe, die rund ein Fünftelder Gesamtbeschäftigung ausmachen, sind imdritten Quartal ebenfalls weiter gestiegen, wennauch langsamer (0,4 % im Quartalsvergleich ver-glichen mit 0,8 % im zweiten und 1,2 % im er-sten Quartal), was die Abschwächung in diesemSektor widerspiegelt. Dagegen scheint sich dasBeschäftigungswachstum in anderen Bereichen,insbesondere im Dienstleistungssektor, etwasbeschleunigt zu haben.

Allmählicher Rückgang derArbeitslosigkeit

Das jüngste Beschäftigungswachstum spiegeltsich in dem Rückgang der Arbeitslosigkeit imEuro-Währungsgebiet seit Oktober 1997 wi-der. Die standardisierte Arbeitslosenquoteging jedoch nur langsam zurück; der Rückgang,wie er sich aus veröffentlichten Statistikenergibt, wurde wiederholt unterbrochen. Dieswar auch im November 1998 wieder der Fall,als die Arbeitslosenquote nach Schätzungen vonEurostat wie im Vormonat unverändert bei10,8 % lag, während sie im September 10,9 %und im vergleichbaren Vorjahrszeitraum 11,6 %betragen hatte. Eine mögliche Erklärung für denlangsamen Rückgang der Arbeitslosenquotekönnte sein, daß sich aufgrund der besserenAussichten auf dem Stellenmarkt mehr Perso-nen arbeitslos gemeldet haben.

Schätzungen zufolge ist die Zahl der Arbeitslo-sen im Euro-Währungsgebiet in den letztenzwölf Monaten bis November 1998 um gut1 Mio. gesunken. Dieser Rückgang ist damit un-gefähr doppelt so hoch wie der in dem kurzenAufschwung 1994 und 1995 verzeichnete Rück-gang der Arbeitslosigkeit. Den Angaben vonEurostat zur Arbeitslosigkeit nach Altersgrup-pen zufolge scheinen vor allem junge Menschenunter 25 von der verbesserten Beschäftigungs-lage profitiert zu haben.

4 Wechselkurs- und Zahlungsbilanzentwicklung

Entwicklung an den Devisenmärktenspiegelt weltweite Unsicherheitenwider

Die internationalen Finanzmärkte haben sichzwar gegen Jahresende 1998 zumeist wiedererholt, die Indikatoren der Weltwirtschaftslagevermitteln aber nach wie vor ein gemischtesBild, und die Gefahren, die sich für das Wachs-tum von Produktion und Handel weltweit erge-ben haben, sind bei weitem noch nicht gebannt.Infolgedessen zeigten sich die Devisenmärkteauch im Dezember recht volatil.

Die ECU hat verglichen mit ihrem Ende No-vember notierten Stand von 1,15 USD in derersten Dezemberhälfte gegenüber dem Dollaran Wert gewonnen; ihr Kurs stieg auf 1,18USD, nachdem u. a. einige maßgebliche Indika-toren sowie die Entwicklung der Unternehmens-gewinne auf eine Abschwächung der wirtschaft-lichen Entwicklung in den USA hindeuteten. Da-gegen zeigten später veröffentlichte Daten einsolides Wachstum der US-Wirtschaft im drit-ten Quartal 1998, und mehrere Indikatoren deu-teten zudem auf einen anhaltend kräftigen pri-vaten Verbrauch hin. In der Folge wertete die

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999 39

Jüngste Angaben: Nominaler effektiver Wechselkurs: 94,0 (Dez. 1998); realer effektiver Wechselkurs: 93,6 (Dez. 1998).

Quelle: BIZ1) Die Angaben bis Ende 1998 beziehen sich auf die bilateralen Wechselkurse gegenüber der ECU. Bei den Angaben ab Anfang

1999 handelt es sich um Euro-Wechselkurse. Die Angaben für die erste Woche im Januar 1999 sind Durchschnittswerte für denZeitraum vom 4. bis 7. Januar 1999.

2) BIZ-Berechnungen; die Angaben sind gewogene Durchschnittswerte der effektiven Wechselkurse der Länder des Euro-Währungsgebiets gegenüber den Währungen der Handelspartner des Euro-Währungsgebiets (siehe Tabelle 10 im Abschnitt„Statistik des Euro-Währungsgebiets“ in diesem Monatsbericht). Ein Anstieg des Index bedeutet eine Währungsaufwertung fürdas Euro-Währungsgebiet. Die horizontalen Linien geben Durchschnittswerte für den dargestellten Zeitraum an.

Wechselkursentwicklung 1)

(wöchentliche Durchschnittswerte)

1995 1996 1997 19981,00

1,10

1,20

1,30

1,40

1,50

0,600,650,700,750,800,850,90

USD/EUR (linke Skala) GBP/EUR (rechte Skala)

Jüngste Angaben: USD/EUR: 1,17 (4. Jan. bis 7. Jan. 1999); GBP/EUR: 0,71 (4. Jan. bis 7. Jan. 1999).

1999

1995 1996 1997 1998110120130140150160170

1,5

1,6

1,7

1,8

1,9

2,0JPY/EUR (linke Skala) CHF/EUR (rechte Skala)

Jüngste Angaben: JPY/EUR: 131,39 (4. Jan. bis 7. Jan. 1999); CHF/EUR: 1,61 (4. Jan. bis 7. Jan. 1999).

1999

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 199885

90

95

100

105

110

85

90

95

100

105

110nominal real, VPI

Effektive Wechselkurse des Euro-Währungsgebiets; Index 1990 = 100 2)

(monatliche Durchschnittswerte)

Abbildung 8

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 199940

ECU im weiteren Verlauf des Dezembers wie-der etwas ab; zum Monatsende notierte sie mit1,17 USD knapp über ihrem Monatsendstandvom November. Der Euro notierte nach denersten Handelstagen am Ende des Berichtszeit-raums, d. h. am 7. Januar 1999, mit 1,16 USD.

Gegenüber dem japanischen Yen hat die ECUim Dezember erheblich abgewertet, und zwarfiel sie von 142 JPY Ende November auf 133 JPYEnde Dezember. Darin spiegelte sich im we-sentlichen die starke Aufwertung des Yen ge-genüber dem US-Dollar wider, die nach Ein-schätzung der Märkte vor allem auf Rückflüssevon Geldern nach Japan und weniger auf einegrundlegende Verbesserung der Wirtschaftsper-spektiven für die japanische Wirtschaft zurück-zuführen war. Die Stimmungslage der Wirtschafthat sich, der vierteljährlichen „Tankan“-Erhe-bung der Bank von Japan zufolge, im Dezemberim Vergleich zur Situation vor drei Monatensogar noch etwas verschlechtert. Am 7. Januar1999 notierte der Euro gegenüber der japani-schen Währung bei 129 JPY.

In bezug auf die Währungen der anderen wich-tigen Handelspartner, Großbritannien und derSchweiz, wies die ECU gegenüber dem PfundSterling ein ähnliches Verlaufsmuster wie ge-genüber dem US-Dollar auf, während sie gegen-über dem Schweizer Franken nahezu unverän-dert blieb. Am Ende des Berichtszeitraums no-tierte der Euro gegenüber dem Pfund Sterlingbei 0,71 GBP und gegenüber dem SchweizerFranken bei 1,62 CHF.

Effektiver Wechselkurs des Euro-Währungsgebiets stabil

Da sich die Bewegungen gegenüber dem US-Dol-lar und dem Pfund Sterling einerseits und gegen-über dem Yen andererseits insgesamt im wesent-lichen ausglichen, blieb der nominale effektiveWechselkurs der Währungen des Euro-Wäh-rungsgebiets nach den Berechnungen der Bank fürInternationalen Zahlungsausgleich (BIZ) im De-zember gegenüber dem Vormonat weitgehendunverändert (siehe Abbildung 8). Sein Durch-schnittsstand von Dezember 1998 lag jedoch rund4% über dem im ersten Halbjahr 1998 verzeich-neten Durchschnitt. Somit hat der nominale effek-tive Wechselkurs den im Verlauf von 1997 verlo-renen Boden teilweise wieder gut gemacht, erblieb aber etwas unterhalb seines im Verlauf derneunziger Jahre beobachteten Durchschnitt-stands. Der durch Deflationierung mit den relati-ven VPIs ermittelte reale effektive Wechselkursdes Euro-Währungsgebiets lag im Dezember1998 schätzungsweise um rund 3,5% höher alssein Durchschnittsstand im ersten Halbjahr 1998;er lag damit aber immer noch unter seinem lang-fristigen Durchschnitt. In den ersten Tagen im Ja-nuar 1999 blieb der nominale effektive Wechsel-kurs des Euro-Währungsgebiets weitgehend un-verändert.

Kumulierter Handelsbilanzüberschußnahezu unverändert

Bislang liegen nur spärliche Informationen überdie gesamte Zahlungsbilanzentwicklung für das

Tabelle 3Außenhandel des Euro-Währungsgebiets

Quelle: Eurostat.1) Vom Jahresanfang bis zum angegebenen Zeitpunkt.

1996 1997 1997 1997 1997 1997 1998 1998 1998 1998 1998Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Aug. Sept.

AusfuhrenMrd ECU 663,9 754,4 168,6 189,7 191,7 204,4 192,6 202,6 193,5 55,8 65,6Veränderung gegen Vorjahr in % 7,3 13,6 7,3 15,1 18,6 13,4 14,3 6,8 1,0 1,8 -3,2

EinfuhrenMrd ECU 590,5 666,8 156,7 166,2 165,7 178,3 180,1 178,3 168,7 49,5 60,4Veränderung gegen Vorjahr in % 5,7 12,9 6,3 13,3 18,0 14,3 15,0 7,3 1,8 1,7 -1,0

HandelsbilanzMrd ECU 73,5 87,6 11,9 23,6 26,0 26,1 12,5 24,3 24,8 6,3 5,2Mrd ECU, kumuliert1) 73,5 87,6 11,9 35,5 61,5 87,6 12,5 36,9 61,7 56,5 61,7

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999 41

Euro-Währungsgebiet vor (siehe Kasten 6). Vordiesem Hintergrund werden hier lediglich dievon Eurostat erstellten Außenhandelszahlenkommentiert, denen die Bruttoergebnisse fürEin- und Ausfuhren zwischen dem Euro-Wäh-rungsgebiet und der übrigen Welt, ausschließ-lich des Binnenhandels des Euro-Währungsge-biets, zugrunde liegen. Zahlungsbilanzangabenwerden erst im Laufe des Jahres 1999 zur Ver-fügung stehen.

Insgesamt ergab sich für das Euro-Währungsge-biet im September 1998 (dem letzten Monat,für den Daten verfügbar sind) ein Außenhan-delsüberschuß in Höhe von 5,2 Mrd ECU, d. h.1,6 Mrd ECU weniger als im entsprechendenMonat des Vorjahrs. Im gesamten dritten Quar-tal 1998 übertrafen die Exporte mit 194 Mrd

ECU dem Wert nach nur geringfügig das Ergeb-nis für das dritte Quartal 1997. Auch die Wa-reneinfuhren verzeichneten im selben Zeitraumnur einen mäßigen Zuwachs, nämlich von 166Mrd ECU auf 169 Mrd ECU. Dies steht in star-kem Kontrast zu den hohen Wachstumsraten,die noch bis zu Beginn des Jahres 1998 ver-zeichnet wurden, d. h. bevor die Entwicklungenin Asien und Rußland die Weltwirtschaft in Mit-leidenschaft zogen. Der kumulierte Überschußin der Handelsbilanz blieb in den ersten neunMonaten des Jahres 1998 mit 61,7 Mrd ECUgegenüber dem entsprechenden Zeitraum 1997nominal praktisch unverändert. Ausschlaggebendfür diese Entwicklung waren einerseits zurück-gehende Rohstoffpreise und andererseits eineschwächere Exportnachfrage.

Kasten 6Methodische Fragen zur Zahlungsbilanz für das Euro-Währungsgebiet

Die Erstellung einer Zahlungsbilanz für das Euro-Währungsgebiet insgesamt wird derzeit einer gründlichen

methodischen Überprüfung unterzogen. Prinzipiell könnte man die Zahlungsbilanz des Euro-Währungsge-

biets insgesamt durch Addition der in den Zahlungsbilanzen der beteiligten Mitgliedstaaten ausgewiesenen

Netto-Salden zusammenstellen. Theoretisch sollte eine solche Methode präzise Schätzergebnisse der Netto-

Zahlungsbilanzsalden der elf Teilnehmerländer gegenüber der übrigen Welt ergeben, da die Transaktionen

innerhalb des Euro-Währungsgebiets durch die Addition der nationalen Zahlen saldiert würden. In der Praxis

allerdings stimmen die bilateralen Angaben nicht vollständig überein, so daß es für das Euro-Währungsgebiet

zu Diskrepanzen kommt.

Um solche Probleme zu überwinden, wird jeder Mitgliedstaat sowohl für die ab Januar 1999 gemachten

Angaben als auch für vorausgegangene Zeiträume Zahlungsbilanzdaten liefern, die nach einer alternativen

einheitlichen Methode berechnet werden. Die Erstellung der Zahlungsbilanzstatistik für das Euro-Währungs-

gebiet erfolgt durch Aggregation - auf Brutto-Basis - der von den elf Teilnehmerländern gemeldeten Daten

über ihre Zahlungsbilanzen gegenüber Ländern außerhalb des Euro-Währungsgebiets. Die EZB wird ab

April 1999 monatliche Zahlungsbilanzdaten veröffentlichen, die auf Basis dieser Methode berechnet worden

sind.

Ab Juli 1999 wird die EZB außerdem in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Amt der Europäischen

Kommission (Eurostat) eine vierteljährliche Zahlungsbilanz für das Euro-Währungsgebiet mit einer detaillier-

teren Aufgliederung wichtiger Positionen der Kapitalbilanz (Direktinvestitionen, Wertpapieranlagen, Finanz-

derivate, sonstige Investitionen und Reservepositionen) sowie der Kapitalerträge veröffentlichen.

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 199942

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43EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999

Die stabilitätsorientierte geldpolitischeStrategie des Eurosystems

Im Oktober und Dezember 1998 veröffentlichte der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) dieHauptelemente seiner stabilitätsorientierten geldpolitischen Strategie. Diese Strategie zielt darauf ab, diePreisstabilität im Euro-Währungsgebiet zu gewährleisten und damit den Auftrag zu erfüllen, der demEuropäischen System der Zentralbanken (ESZB) durch den Vertrag zur Gründung der EuropäischenGemeinschaft (nachfolgend als „Vertrag“ bezeichnet) übertragen wurde. Die Strategie weist die Richtungfür die einheitliche Geldpolitik des Eurosystems, d. h. der EZB und der nationalen Zentralbanken (NZBen)der 11 Mitgliedstaaten, die den Euro mit Beginn der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion(WWU) eingeführt haben (siehe „Das Eurosystem und das Europäische System der Zentralbanken(ESZB)“ in diesem Bericht. Die stabilitätsorientierte Strategie des Eurosystems beinhaltet drei Hauptele-mente: eine quantitative Festlegung des vorrangigen Ziels des Eurosystems, der Preisstabilität, und die „zweiSäulen“ der Strategie, die der Erreichung dieses Ziels dienen. Bei diesen Säulen handelt es sich einerseitsum eine herausragende Rolle für die Geldmenge, die in der Bekanntgabe eines quantitativen Referenzwertsfür die Wachstumsrate eines breiten Geldmengenaggregats zum Ausdruck kommt, und andererseits umeine auf breiter Grundlage erfolgende Beurteilung der Aussichten für die Preisentwicklung und der Risikenfür die Preisstabilität im gesamten Euro-Währungsgebiet.

1 Preisstabilität und ihre Bedeutung

Der Vertrag legt fest: „Das vorrangige Ziel desESZB ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten“(siehe Kasten 1: Die Aufgaben des Euro-systems: Wichtige Vertragsauszüge). Zur Er-füllung dieses klar definierten Auftrags räumtder Vertrag dem ESZB - und damit implizitdem Eurosystem - einen hohen Grad an insti-tutioneller Unabhängigkeit ein, sieht allerdingsergänzend hierzu umfassende Verpflichtungenhinsichtlich der Transparenz und Rechen-schaftspflicht vor.

Die Logik des Vertrags ist eindeutig. Indemer das vorrangige Ziel der Preisstabilität un-mißverständlich einer unabhängigen Zentral-bank zuweist, erkennt der Vertrag an, daßdie Ausrichtung der Geldpolitik auf die Ge-währleistung der Preisstabilität im Euro-Wäh-rungsgebiet sicherstellt, einen bestmöglichenBeitrag zur Verwirklichung der allgemeinenwirtschaftlichen Ziele der Europäischen Uni-on und ihrer Bürger zu leisten. Diese Ansichtwurzelt in dem durch Jahrzehnte praktischer

Kasten 1Die Aufgaben des Eurosystems: Wichtige Vertragsauszüge

Artikel 105 (1)Das vorrangige Ziel des ESZB ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit dies ohne Beeinträchtigung

des Zieles der Preisstabilität möglich ist, unterstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Ge-

meinschaft, um zur Verwirklichung der in Artikel 2 festgelegten Ziele der Gemeinschaft beizutragen.

Artikel 2Aufgabe der Gemeinschaft ist es, ... eine harmonische und ausgewogene Entwicklung des Wirtschaftslebens

innerhalb der Gemeinschaft, ein beständiges, nichtinflationäres und umweltverträgliches Wachstum, einen

hohen Grad an Konvergenz der Wirtschaftsleistungen, ein hohes Beschäftigungsniveau, ein hohes Maß an

sozialem Schutz, die Hebung der Lebenshaltung und der Lebensqualität, den wirtschaftlichen und sozialen

Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern.

Artikel 3 aDie Tätigkeit der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 2 umfaßt ... die Festlegung

und Durchführung einer einheitlichen Geld- sowie Wechselkurspolitik, die beide vorrangig das Ziel der

Preisstabilität verfolgen und unbeschadet dieses Zieles die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemein-

schaft ... unterstützen sollen.

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EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 199944

Erfahrungen und umfangreiche empirischevolkswirtschaftliche Studien bestätigten Glau-ben, daß eine Geldpolitik, die Preisstabilitätglaubhaft und dauerhaft gewährleistet, den

besten gesamtwirtschaftlichen Beitrag zurVerbesserung der Konjunkturaussichtenund Hebung des Lebensstandards erbringt.Kasten 2 beleuchtet die wichtigsten Gründe,

Kasten 2Die Vorteile der Preisstabilität

Viele ökonomische Argumente deuten auf die Vorteile der Preisstabilität hin. Dieser Kasten konzentriert sich

insbesondere auf die Vorteile der Preisstabilität für das reale Wirtschaftswachstum und die Beschäftigungs-

perspektiven. Hierfür werden u. a. folgende wichtige Argumente vorgebracht:

1. Preisstabilität verbessert die Transparenz des relativen Preismechanismus, vermeidet dadurch Verzerrun-

gen und hilft sicherzustellen, daß der Markt die realen Ressourcen in allen Anwendungsbereichen und zu

jeder Zeit effizient verteilt. Eine effizientere Ressourcenallokation stärkt die Produktivkräfte der

Wirtschaft. In diesem Sinne schafft die Preisstabilität ein Umfeld, in dem die von den nationalen

Regierungen zur Erhöhung der Flexibilität und Effizienz der Märkte durchgeführten notwendigen Struk-

turreformen in hohem Maße wirksam werden können.

2. Wie im Haupttext erwähnt, minimieren stabile Preise die in den langfristigen Zinssätzen enthaltenen

Inflationsrisikoprämien, führen so eine Senkung des langfristigen Zinsniveaus herbei und wirken sich

stimulierend auf Investitionen und Wachstum aus.

3. Ist das zukünftige Preisniveau mit Unsicherheiten behaftet, werden die realen Ressourcen eher zur Ab-

sicherung gegen die Inflation oder Deflation eingesetzt, anstatt produktiv genutzt zu werden. Dagegen

vermeidet eine glaubhafte Gewährleistung von Preisstabilität derartige Kosten und schafft das Umfeld für

effiziente Anlageinvestitionsentscheidungen. Zudem eliminiert die Preisstabilität die realen Kosten, die

entstehen, wenn sich infolge einer Inflation oder Deflation die Verzerrungseffekte des Steuer- und Sozial-

systems auf das Verhalten der am Wirtschaftsleben Beteiligten noch verstärken.

4. Mit der Gewährleistung der Preisstabilität wird eine in einem inflatorischen oder deflatorischen Umfeld

entstehende große und willkürliche Umverteilung des Vermögens und der Einkommen vermieden und so

zur Aufrechterhaltung des sozialen Zusammenhalts und der Stabilität beigetragen.

In ihrer Gesamtheit lassen diese Argumente darauf schließen, daß die Gewährleistung der Preisstabilität an

sich zur Verwirklichung der Produktions- beziehungsweise Beschäftigungsziele beiträgt. Der sowohl dem

Vertrag als auch der stabilitätsorientierten geldpolitischen Strategie des Eurosystems zugrundeliegende

Gedanke ist daher, daß die Produktions- und Beschäftigungsziele am besten mit Hilfe einer auf Preisstabilität

ausgerichteten Geldpolitik erreicht werden können.

Außerdem deutet eine starke empirische Evidenz darauf hin, daß die Vorteile der Preisstabilität für die reale

Wirtschaftsleistung bedeutsam sind. Mehrere Studien in einer großen Anzahl von Ländern haben ergeben,

daß Länder mit niedrigeren Inflationsraten im Schnitt schneller zu wachsen scheinen (Robert J. Barro

demonstriert dies beispielsweise in seiner Studie Determinants of economic growth, MIT Press, 1997).

Darüber hinaus können empirische Schätzungen der Vorteile der Preisstabilität sehr erheblich sein. Einige

Studien sind zu dem Ergebnis gekommen, daß beträchtliche Kosten entstehen, wenn sich die mit den Steuer-

und Sozialleistungssystemen verbundenen Verzerrungen inflationsbedingt weiter vergrößern (siehe

beispielsweise Martin S. Feldstein, Costs and benefits of price stability, Chicago University Press,

Veröffentlichung vorgesehen für 1999). Eine Ausweitung dieser Analyse auf mehrere Länder des Euro-

Währungsraums läßt vermuten, daß die Vorteile der Preisstabilität in diesem Zusammenhang sogar größer

sein könnten als in den Vereinigten Staaten.

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45EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999

warum die Vorteile der Preisstabilität fürWachstum und Beschäftigung erheblich sind.

Der Vertrag erkennt außerdem an, daß dieeinheitliche Geldpolitik des Eurosystems inWechselwirkung mit den Maßnahmen ande-rer Organe der Europäischen Union steht.Angesichts der möglichen Gefahr politischerEingriffe bei der Festlegung und Umsetzungder einheitlichen Geldpolitik macht der Ver-trag die EZB und die nationalen Zentralban-ken (NZBen) unabhängig von den nationalenRegierungen und politischer Einflußnahme.Diese institutionelle Unabhängigkeit ermög-licht es dem Eurosystem, das Ziel der Preis-stabilität in einem geeigneten mittelfristigenRahmen zu verfolgen. Dies erhöht die Glaub-würdigkeit der Geldpolitik beträchtlich. Eswird allgemein akzeptiert, daß eine Zentral-bank, der es an Unabhängigkeit fehlt, anfälligfür kurzfristigen Druck ist, was die Sicherungder Preisstabilität gefährden könnte. Daherliegt die durch den Vertrag garantierte insti-tutionelle Unabhängigkeit des Eurosystems imInteresse der Öffentlichkeit, denn diese pro-fitiert von dem daraus resultierenden Umfeldstabiler Preise.

Preisstabilität und Wechselkurs

Die institutionelle Unabhängigkeit ist jedochnicht mit Isolation gleichzusetzen. Das Eurosy-stem funktioniert - zum Beispiel in der Wech-selkurspolitik - in Wechselwirkung mit anderenpolitischen Akteuren. Da die Wechselkurspoli-tik mit der Geldpolitik vereinbar sein muß, legtder Vertrag fest, daß das vorrangige Ziel derWechselkurspolitik der Gemeinschaft die Ge-währleistung der Preisstabilität ist. In diesemZusammenhang weist der Vertrag dem Euro-system die „grundlegende Aufgabe“ zu, „Devi-sengeschäfte im Einklang mit Artikel 109 durch-zuführen“. Artikel 109 sieht vor, daß derMinisterrat (in der Zusammensetzung der Fi-nanzminister) einstimmig „förmliche Vereinba-rungen über ein Wechselkurssystem für denEuro gegenüber Drittlandswährungen“ treffenkann. Außerdem bestimmt Artikel 109, daß derMinisterrat mit qualifizierter Mehrheit „allge-meine Orientierungen“ für die Wechselkurs-

politik des Eurosystems aufstellen kann. Im Hin-blick auf die zuerst genannte Maßgabe des Arti-kels 109 stellte der Ministerrat im Dezember1997 in einem Bericht an den Europäischen Ratklar, daß ein offizielles Wechselkurssystem die-ses Typs aller Voraussicht nach in absehbarerZeit nicht errichtet werden wird. Im gleichenBericht kündigte der Ministerrat - allerdingsnicht in rechtlich verbindlicher Form - an, daßer „Orientierungen“ nur in Ausnahmesituatio-nen, zum Beispiel im Falle einer klaren Fehlent-wicklung, aufstellen wird.

In der derzeitigen Situation, in der es wedereine förmliche Wechselkursvereinbarung nocheine allgemeine Orientierung gibt, ist der Euro-Wechselkurs das Ergebnis aktueller und erwar-teter geldpolitischer und anderer Maßnahmeninner- und außerhalb des Euro-Währungsgebietssowie der damit verbundenen Einschätzung sei-tens der Marktteilnehmer. Die Tatsache, daßdie geldpolitische Strategie des Eurosystems keinWechselkursziel für den Euro beinhaltet, er-leichtert die Aufgabe, die Geldpolitik auf dieGewährleistung von Preisstabilität im Euro-Währungsgebiet auszurichten.

Geldpolitik und Unterstützung derallgemeinen Wirtschaftspolitik

Im Hinblick auf die allgemeine Notwendigkeitder Zusammenarbeit und des gemeinsamenDialogs zwischen den Entscheidungsträgernin einem interdependenten Umfeld verpflich-tet der Vertrag das Eurosystem, „die allgemei-ne Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft zu un-terstützen, um zur Verwirklichung der in Artikel 2festgelegten Ziele der Gemeinschaft beizutra-gen“. Gleichzeitig legt der Vertrag mit Blickauf die Gefahr der politischen Einflußnahmeauf die Geldpolitik fest, daß das Eurosystemseine Tätigkeiten durchführt, „soweit dies ohneBeeinträchtigung des Zieles der Preisstabilitätmöglich ist“. Sowohl die Logik des Vertrags alsauch die in Kasten 2 dargestellten Argumentelassen klar erkennen, daß der beste Beitrag,den die einheitliche Geldpolitik im Rahmenihrer Unterstützung der Wirtschaftspolitikleisten kann, darin besteht, sich auf die Ge-währleistung der Preisstabilität auf mittlere

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Frist und die Schaffung eines stabilen Umfeldszu konzentrieren, in dem die Maßnahmen deranderen Politikbereiche in vollem Umfangwirken können. Ohne eine solche Einsichtbesteht die Gefahr, daß die Öffentlichkeit dieVerpflichtung des Eurosystems auf das Zielder Gewährleistung der Preisstabilität inZweifel zieht. Inflationserwartungen und dieRisikoprämien würden steigen, die langfristi-gen Zinsen würden in die Höhe getriebenund die Kosten für Investitionen, die für eine

nachhaltige und dauerhafte Hebung des Le-bensstandards notwendig sind, würden sichverteuern.

In diesem Zusammenhang sieht der EZB-Ratdie gegenwärtig hohe Arbeitslosigkeit imEuro-Währungsgebiet mit großer Besorgnis.Dieses Problem ist jedoch überwiegend struk-turell bedingt. Seine Ursache liegt vor allemin den zum Teil durch übermäßige und unan-gemessene Regelungsdichte entstandenen Ri-

Kasten 3Transparenz und Rechenschaftspflicht des Eurosystems

Im allgemeinen sollten Zentralbanken offen, transparent und rechenschaftspflichtig sein und der Öffentlich-

keit über ihre Handlungen, einschließlich der Durchführung der Geldpolitik, umfassend berichten. Eine

transparente und Rechenschaft ablegende Zentralbank gewinnt an Glaubwürdigkeit, wenn sie sich mit klaren

Aussagen an die Öffentlichkeit wendet und so darlegt, daß ihre Geldpolitik in angemessener Weise auf die

Sicherung der Preisstabilität ausgerichtet ist. In dieser Hinsicht erfüllt oder übertrifft das Eurosystem die er-

folgreichste Vorgehensweise jeder anderen Zentralbank.

Der Präsident der EZB hält unmittelbar nach der ersten EZB-Ratssitzung eines jeden Monats eine Pressekon-

ferenz ab. Bei dieser Gelegenheit gibt er eine ausführliche Erklärung zur Einschätzung der wirtschaftlichen

Lage und der Aussichten für die Preisentwicklung durch den EZB-Rat ab und steht anschließend für Fragen

zur Verfügung. Die Termine dieser Sitzungen und Konferenzen für das Jahr 1999 wurden bereits bekannt-

gegeben. Diese regelmäßigen Erklärungen werden durch die Veröffentlichung von Monatsberichten ergänzt.

Der Monatsbericht soll der Öffentlichkeit und den Finanzmärkten eine eingehende Beurteilung der

wirtschaftlichen Lage geben und sie in Aufsätzen über die Struktur der Wirtschaft und aktuelle, für die ein-

heitliche Geldpolitik relevante Themen informieren.

Darüber hinaus wird die Bilanz des Eurosystems wöchentlich veröffentlicht. Außerdem sind neben dem

Jahresbericht über die Tätigkeit des Eurosystems vierteljährliche Berichte zu erstellen. Diese Berichte sind

dem Europäischen Parlament, dem Ministerrat und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zu

unterbreiten. Das Europäische Parlament hält eine allgemeine Beratung über die vorgelegten Berichte ab.

Der Präsident und die Mitglieder des Direktoriums der EZB sind verpflichtet, auf Fragen von Ausschüssen

des Europäischen Parlaments zu antworten. Der Präsident erscheint fünfmal im Jahr vor dem Parlamenta-

rischen Ausschuß, und zwar jeweils im Anschluß an die Vorlage der oben erwähnten vierteljährlichen

Berichte und des Jahresberichts.

Die Mitglieder des EZB-Rats informieren die Öffentlichkeit in Vorträgen über die Geldpolitik und die

Wirtschaft. Von EZB-Mitarbeitern erstellte Arbeitspapiere und technische Analysen werden zur fachlichen

Begutachtung und wissenschaftlichen Auswertung veröffentlicht. Diese Beiträge und sonstigen Präsenta-

tionen behandeln nicht nur Kernfragen der Geldpolitik und des monetären Transmissionsmechanismus,

sondern auch wichtige wirtschaftliche Probleme, mit denen Europa konfrontiert ist, nicht zuletzt etwa das

Problem der hohen Arbeitslosigkeit.

Die EZB fühlt sich verpflichtet, über diese Medien mit der Öffentlichkeit in klarer und transparenter Weise

zu kommunizieren. Vor diesem Hintergrund zeigt sich, in welch hohem Maße das Eurosystem den An-

forderungen der Transparenz und Rechenschaftspflicht genügt.

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giditäten auf den Arbeits- und Gütermärktendes Euro-Währungsgebiets. WirtschaftlicheStrukturreformen, die auf die Reduzierungder Rigiditäten abstellen, sind die richtige Ant-wort auf dieses Problem. In den Ländern desEuro-Währungsgebiets, in denen solche Re-formen umgesetzt worden sind, ist die Ar-beitslosenquote beträchtlich zurückgegangen.Wirksame WU-weite Strukturmaßnahmenwürden zu einer Erhöhung des realen Trend-wachstums führen. Das Eurosystem würdeeinem solch höheren Wachstum im Rahmenseiner geldpolitischen Strategie auf jeden FallRechnung tragen. Der Versuch hingegen, mit-tels einer stabilitätswidrigen Geldpolitik dieArbeitslosigkeit zu reduzieren, stellt ein sinn-loses Unterfangen dar, denn eine solche Poli-tik würde auf mittlere Sicht lediglich die Preis-stabilität gefährden, die Voraussetzung für einbeständiges und tragfähiges Beschäftigungs-wachstum ist.

Transparenz und Rechenschafts-pflicht

Alle Zentralbanken sind in einem bestimmtensozialen, politischen und institutionellen Um-feld tätig. In einem demokratischen Rahmenist es unerläßlich, daß eine unabhängige Zen-tralbank offen, transparent und deutlich inbezug auf die Gründe für ihre Handlungenund rechenschaftspflichtig für ihre Leistungenist. In der Erkenntnis der Bedeutung dieserFragen für das Euro-Währungsgebiet legt derVertrag dem Eurosystem Berichtspflichtenauf, die zu den strengsten gehören, denen jeeine Zentralbank unterworfen wurde. In derPraxis hat sich das Eurosystem sogar bereitsverpflichtet, noch über diese schon stren-gen Berichtspflichten hinauszugehen (sieheKasten 3: Transparenz und Rechenschafts-pflicht des Eurosystems).

2 Die Rolle einer geldpolitischen Strategie

Vorrangiges Ziel der einheitlichen Geldpoli-tik ist die Gewährleistung von Preisstabilität.Wie alle Zentralbanken kann jedoch das Eu-rosystem das Preisniveau nicht unmittelbardurch den Einsatz der ihm zur Verfügung ste-henden geldpolitischen Instrumente steuern,sondern die Zentralbanken haben es mit ei-nem komplexen Transmissionsprozeß zu tun,bei dem ihre geldpolitischen Maßnahmen zuVeränderungen des allgemeinen Preisniveausführen. Dieser Transmissionsmechanismusgeldpolitischer Impulse ist gekennzeichnetdurch mehrere getrennte Kanäle mit jeweilslangen, variablen und nicht vollständig vor-hersagbaren Wirkungsverzögerungen. Hinzukommt, daß sich der Transmissionsmechanis-mus ständig in Reaktion auf Veränderungendes Verhaltens der am Wirtschaftsleben Be-teiligten und der institutionellen Struktur wei-terentwickelt.

Da der Transmissionsmechanismus komplexist, müssen die Vorbereitung, Erörterung undDarstellung geldpolitischer Entscheidungen ineinem zusammenhängenden klärenden Rah-men stattfinden. Diese Rolle fällt der geld-

politischen Strategie zu. Sie erfüllt zwei we-sentliche Aufgaben:

• Erstens verleiht die Strategie dem geldpoli-tischen Entscheidungsprozeß selbst eineklare Struktur. Die Strategie muß sicher-stellen, daß dem EZB-Rat die Informatio-nen und Analysen zur Verfügung stehen,die er benötigt, um wirksame geldpoliti-sche Entscheidungen zu treffen, die Preis-stabilität gewährleisten. Der EZB-Rat mußinnerhalb eines in sich geschlossenen ana-lytischen Rahmens arbeiten, der es erlaubt,Entwicklungen im wirtschaftlichen Umfeldin entsprechende Entscheidungen über dieKonditionen für die Offenmarktgeschäfteund ständigen Fazilitäten des Eurosystemsumzusetzen. Mit dem Einsatz dieser Instru-mente kann das Eurosystem eine erhebli-che Kontrolle über die kurzfristigen Markt-zinssätze ausüben, die sich dann auf ande-re wirtschaftliche Größen und letztlich aufdas Preisniveau auswirken.

• Zweitens dient die geldpolitische Strategiedes Eurosystems als Mittel zur Kommuni-

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kation mit der Öffentlichkeit. Die Geldpo-litik ist am wirksamsten, wenn sie glaub-würdig ist - das heißt, wenn die Öffentlich-keit völlig darauf vertraut, daß die Geld-politik ohne Einschränkungen dem Ziel derPreisstabilität verpflichtet ist und so durch-geführt wird, daß sie dieses Ziel tatsäch-lich erreicht. Die geldpolitische Strategiemuß also nicht nur das vorrangige Ziel derGeldpolitik klar herausstellen, sondern siemuß die Öffentlichkeit auch überzeugen,daß dieses Ziel erreicht wird.

Bei der Formulierung einer geldpolitischenStrategie, die diese beiden komplementärenAufgaben erfüllt, kommt es besonders daraufan zu wissen, wie die Wirtschaft funktioniert.Insbesondere ist auf Informationen über künf-tige Gefährdungen der Preisstabilität zu ach-ten, die aus der Beobachtung der aktuellenEntwicklung der wirtschaftlichen Lage gewon-nen werden können; das heißt, es müssen die

Indikatoreigenschaften monetärer, finanziellerund sonstiger wirtschaftlicher Variablen in be-zug auf die Preisentwicklung analysiert wer-den.

Unverzichtbar ist außerdem eine grundsätzli-che Kenntnis darüber, wie die Geldpolitiküber die kurzfristigen Nominalzinsen dieWirtschaft insgesamt und letztlich das Preis-niveau beeinflußt. Die Kenntnis des Trans-missionsmechanismus hilft bei der Beurtei-lung der Frage, ob die getroffenen geldpoliti-schen Maßnahmen geeignet sind, den von denIndikatoren angezeigten Risiken für die Preis-stabilität zu begegnen.

Eine geldpolitische Strategie beschreibt alsoin kohärenter und strukturierter Form, wiegeldpolitische Entscheidungen vor dem Hin-tergrund des Verhaltens von Wirtschaftsindi-katoren getroffen werden, um das vorrangigeZiel der Preisstabilität zu erreichen.

3 Kriterien für die Auswahl der geldpolitischen Strategie desEurosystems

Allgemeine Kriterien

Um die vorgenannten Ziele erreichen zu kön-nen, muß die geldpolitische Strategie des Eu-rosystems bestimmte allgemeine Kriterien er-füllen. Wichtigstes dieser Kriterien ist derGrundsatz der Effektivität. Die beste geldpoli-tische Strategie für das Eurosystem ist dieje-nige, die die Erreichung des vorrangigen Zielsder Preisstabilität am besten gewährleistetund eine glaubhafte und realistische Verpflich-tung auf dieses Ziel signalisiert.

Wie bereits ausgeführt, muß eine geldpoliti-sche Strategie, um wirksam zu sein, glaub-würdig sein. Anders ausgedrückt müssen dieÖffentlichkeit und insbesondere die Finanz-märkte überzeugt sein, daß der EZB-Rat demZiel der Gewährleistung von Preisstabilitätverpflichtet ist, über die hierzu notwendigenInstrumente und den hierzu erforderlichenSachverstand verfügt und die Geldpolitik imHinblick auf dieses Ziel durchführt.

Um sich großes Ansehen und damit die not-wendige Glaubwürdigkeit zur erfolgreichenund wirksamen Durchführung der einheitli-chen Geldpolitik zu erwerben, muß die geld-politische Strategie des Eurosystems eine Rei-he von anderen Kriterien erfüllen:

♦ Die Strategie muß klar und verständlich sein.Wenn Zweifel über das Ziel der Geldpoli-tik oder den Weg zur Erreichung diesesZiels bestehen, schafft dies unnötige Unsi-cherheit in der Öffentlichkeit.

♦ Die Strategie muß darüber hinaus transpa-rent sein. Die Öffentlichkeit muß vorab dar-über informiert werden, wie die geldpoliti-schen Entscheidungen vom EZB-Rat getrof-fen werden und welche wirtschaftlichenGründe dafür ausschlaggebend waren.

♦ Die Strategie muß sicherstellen, daß so-wohl die geldpolitischen Maßnahmen alsauch die Erfolge des Eurosystems bei derErreichung des vorrangigen Ziels der Preis-

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stabilität überprüfbar sind. Nach Ansicht desEZB-Rats verlangt dies die Veröffentlichungeines quantifizierten Ziels, anhand dessendie Öffentlichkeit vernünftig beurteilenkann, wie erfolgreich das Eurosystem undseine einheitliche Geldpolitik sind.

♦ Schließlich muß die Strategie mit der institu-tionellen Unabhängigkeit des Eurosystems ver-einbar sein.

Das besondere Umfeld zu Beginn derWährungsunion

Neben den oben dargestellten allgemeinenKriterien mußten bestimmte wichtige Merk-male des besonderen Umfeldes, dem sich dasEurosystem zu Beginn und in den Anfangsjah-ren der dritten Stufe gegenübersieht, eben-falls berücksichtigt werden.

Zu Beginn der dritten Stufe ist es für die EZBbesonders wichtig, ein Vertrauenskapital auf-zubauen, da sie eine neue Organisation ist,der es noch an einer eigenen Erfolgsbilanzoder eigenem Ansehen fehlt. Die teilnehmen-den NZBen, die Bestandteile des Eurosystemssind, haben sich im Lauf der Jahre viel Aner-kennung für die Sicherung der Preisstabilitäterworben. Bei möglichst weitgehender Kon-tinuität in bezug auf die Ziele und Erfolge, diedie NZBen vor der Währungsunion erreichthaben, kann dieses Ansehen auf das Eurosy-stem übergehen. Dies wird seiner Glaubwür-digkeit in Zukunft zugute kommen.

Zu Beginn der Währungsunion ist das Euro-system allerdings in einer beispiellosen Lage.Besondere Betrachtung durch das Eurosystemverdienen in dieser Ausnahmesituation dieUnsicherheiten, die sich zwangsläufig aus demÜbergang zur dritten Stufe ergeben. Hierbeigeht es insbesondere darum, wie sich derÜbergang zur dritten Stufe der WWU aufdas wirtschaftliche Verhalten, die institutio-nellen Strukturen und die statistischen Rei-hen im Euro-Währungsgebiet auswirken wird.

Der Übergang zur einheitlichen Geldpolitikmarkiert einen bedeutsamen Regimewechsel.

Die Umgestaltung der institutionellen Rege-lungen für geldpolitische Entscheidungen unddie Durchführung der Geldpolitik wird dieStruktur wichtiger Wirtschaftssektoren, ins-besondere des Finanzsystems, verändern.Darüber hinaus dürfte der Regimewechsel dieErwartungsbildung im Euro-Währungsgebietverändern. Dies war möglicherweise schonin den letzten Jahren in vielen Ländern zubeobachten, wo die glaubwürdige und dauer-hafte Verpflichtung auf Preisstabilität die län-gerfristigen Inflationserwartungen auf neuen,niedrigen Niveaus stabilisiert hat.

Infolgedessen könnten empirische Zusammen-hänge zwischen volkswirtschaftlichen Variablen,die unter Verwendung von historischen Datengeschätzt wurden, instabil werden, falls sich dasVerhalten in diesem neuen Umfeld ändert. Die-se Veränderungen können für das Eurosystemdie Einschätzung der wirtschaftlichen Lage er-schweren, weil sich möglicherweise die Eigen-schaften monetärer, finanzieller und andererwirtschaftlicher Variablen als Indikatoren künf-tiger Preisentwicklungen ändern.

Bezüglich der Struktur der Volkswirtschaftdes Euro-Währungsgebietes könnte es zu Be-ginn der dritten Stufe zu besonders ausge-prägten Verhaltensänderungen im Finanzsek-tor kommen, wo sich die Währungsunion amunmittelbarsten auswirken dürfte. So könntezum Beispiel das Verhalten von monetärenAggregaten - die zum größten Teil aus Bank-einlagen bestehen - durch den Übergang zurdritten Stufe beeinflußt werden. Die Einfüh-rung des Euro könnte ebenfalls zu Verände-rungen im Bankensystem und Umschichtun-gen zwischen monetären und nicht-monetä-ren Vermögenswerten in den privatenAnlageportefeuilles führen.

Die strukturellen und institutionellen Verän-derungen werden jedoch nicht auf das Fi-nanzsystem beschränkt sein. Im Zusammen-hang mit dem Binnenmarktprogramm wirdder Wegfall des Währungsrisikos im Euro-Währungsgebiet die Transparenz der Preis-bildung an den Güter- und Arbeitsmärktenerhöhen und damit wahrscheinlich zu mehrWettbewerb und Innovationen führen. Allge-

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meiner gesprochen können das Konsum- undInvestitionsverhalten durch den Regimewech-sel hin zu einem Umfeld stabiler Preise beein-flußt werden. Unter diesen Umständen wirdauch die Durchführung gesamtwirtschaftlicherAnalysen und Prognosen erschwert, da diebisherigen empirischen Beziehungen, auf diesie sich weitgehend stützen, beginnen könn-ten zusammenzubrechen.

Diese Unsicherheiten - die sich unmittelbar ausdem Übergang zur dritten Stufe ergeben -werden verstärkt und stehen in einer Wech-selbeziehung mit dem weiteren wirtschaftli-chen Kontext, in dem die Währungsunionerrichtet wird. Die zunehmende Internatio-nalisierung der Weltwirtschaft und der der-zeit rasch voranschreitende technologischeWandel haben Auswirkungen auf alle Sekto-ren der Wirtschaft. Alle diese Effekte könnendie Qualität der wichtigsten Indikatoren ver-

ändern, die daher mit besonderer Vorsichtund Sorgfalt interpretiert werden müssen.

Überdies hat die Währungsunion in vielerHinsicht ein vollkommen neues Wirtschafts-gebiet geschaffen, für das umfassende und har-monisierte Daten bisher nicht erhoben wur-den. Inzwischen stehen verschiedene vollstän-dig oder fast vollständig harmonisierte Reihenzur Verfügung. Hierzu gehören die WU-wei-ten monetären Daten, Zahlungsbilanzdatenund der Harmonisierte Verbraucherpreisin-dex (HVPI). Diese WU-weiten Statistiken ba-sieren aber teilweise auf neuen Konzepten,und die Eigenschaften der Reihen sind nochnicht genau bekannt. Die Unsicherheit, mitder die Geldpolitik im Hinblick auf die Indika-torqualitäten der verfügbaren WU-weitenStatistiken konfrontiert ist, ist somit größer,als dies bisher bei den nationalen Statistikennormalerweise der Fall war.

4 Die stabilitätsorientierte geldpolitische Strategie desEurosystems

Nach Prüfung verschiedener Optionen auf derBasis der oben dargestellten Kriterien undÜberlegungen gab der EZB-Rat die stabili-tätsorientierte geldpolitische Strategie desEurosystems bekannt, an der er seine geld-politischen Entscheidungen in der dritten Stu-fe der WWU ausrichten wird. Die wichtig-sten Elemente dieser Strategie wurden derÖffentlichkeit am 13. Oktober 1998 vorge-stellt und danach in Reden und Erklärungendes Präsidenten der EZB und anderer Mit-glieder des EZB-Rats erläutert. Diese Strate-gie besteht aus drei Hauptelementen:

♦ einer quantitativen Festlegung des vorran-gigen Ziels der einheitlichen Geldpolitik,nämlich Preisstabilität, und

♦ den „beiden Säulen“ der Strategie, die zurErreichung dieses Ziels dient:

• eine herausragende Rolle der Geldmen-ge, die in der Verkündung eines Refe-renzwerts für das Wachstum eines brei-ten monetären Aggregats zum Ausdruckkommt, und

• eine breit fundierte Beurteilung der Aus-sichten für die künftige Preisentwicklungund die Risiken für die Preisstabilität imEuro-Währungsgebiet insgesamt.

Die quantitative Definition vonPreisstabilität

Die Definition

Der EZB-Rat hat beschlossen, eine quantita-tive Definition von Preisstabilität zu veröf-fentlichen. Eine veröffentlichte Definition lie-fert eine klare Orientierungshilfe für dieErwartungen bezüglich der künftigen Preis-entwicklung und trägt dazu bei, die Glaub-würdigkeit der neuen Strategie aufzubauen.Die Veröffentlichung der Definition des Eu-rosystems von Preisstabilität gibt der Öffent-lichkeit außerdem eine klare Vorgabe für dieBeurteilung des Erfolgs der einheitlichenGeldpolitik und macht damit das Eurosystemund seine stabilitätsorientierte geldpolitischeStrategie transparent und nachprüfbar.

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51EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999

Vor diesem Hintergrund hat der EZB-Rat diefolgende Definition beschlossen: „Preisstabili-tät wird definiert als Anstieg des HarmonisiertenVerbraucherpreisindex (HVPI) für das Euro-Währungsgebiet von unter 2 % gegenüber demVorjahr“. In Einklang mit dieser Definition„muß Preisstabilität mittelfristig beibehaltenwerden“.

Die Formulierung „unter 2 %“ gibt unzwei-deutig die Obergrenze für die am HVPI ge-messene Inflationsrate an, die mit Preisstabi-lität vereinbar ist. Gleichzeitig macht die Ver-wendung des Wortes „Anstieg“ in derDefinition klar, daß Deflation, d. h. anhalten-de Rückgänge des HVPI-Index, nicht als mitPreisstabilität vereinbar angesehen würden.

Es sei darauf hingewiesen, daß die Definitiondes Eurosystems von Preisstabilität mit denvon den meisten NZBen im Euro-Währungs-gebiet vor Beginn der Währungsunion be-nutzten Definitionen übereinstimmt; diesstellt ein wichtiges Element der Kontinuitätihrer erfolgreichen geldpolitischen Strategiensicher.

Der HVPI-Index

Die gewählte Definition nennt den HVPI alsden Preisindex, der zur Beurteilung, ob Preis-stabilität erreicht und gewährleistet ist, zuverwenden ist. Dieser Index wurde ursprüng-lich für die Beurteilung der Preiskonvergenzin der zweiten Stufe entwickelt und ist weit-gehend in allen Ländern des Euro-Währungs-gebiets harmonisiert. Die Verwendung desHVPI entspricht außerdem auch der allge-mein zu beobachtenden Tatsache, daß die Öf-fentlichkeit die Entwicklung des Preisniveausvor allem anhand der Verbraucherpreise be-urteilt.

Unter den Ökonomen in akademischen, inFinanzmarkt- und in Notenbankkreisen be-steht weitgehend Übereinstimmung darüber,daß bei Verbraucherpreis-Indizes (VPIs)Meßfehler in verschiedener Form auftretenkönnen. Diese Meßfehler ergeben sich haupt-sächlich aus einem sich verändernden Aus-gabeverhalten und aufgrund von Qualitäts-

verbesserungen bei denjenigen Gütern undDienstleistungen, die in den Korb für die Fest-legung eines bestimmten Preisindexes einge-hen. Solche Fehler können bei der Konstruk-tion von Preisindizes nicht in jedem Fall voll-ständig korrigiert werden. Die Meßfehlersorgen in der Regel dafür, daß die VPIs die„tatsächliche“ Inflationsrate leicht überzeich-nen.

Der HVPI für das Euro-Währungsgebiet stelltein relativ neues Konzept dar, und lange Rei-hen zurückliegender Daten gibt es nicht. Stu-dien zum Umfang des HVPI-Meßfehlers sinddeshalb vorläufiger Natur und kommen zukeinem abschließenden Ergebnis. Eurostat hatmit erheblichem Aufwand versucht, die Meß-fehler im HVPI zu verringern oder zu beseiti-gen. Infolgedessen ist der Meßfehler beimHVPI wahrscheinlich geringer als bei den na-tionalen VPIs der das Euro-Währungsgebietumfassenden Länder. Außerdem deuten dieErgebnisse der empirischen Untersuchungendarauf hin, daß die Meßfehler bei den natio-nalen VPIs in den Ländern des Euro-Wäh-rungsgebiets geringer sind als der Fehler, derin vielen bekannten Untersuchungen der Ver-braucherpreisindizes in anderen Ländern ge-schätzt wurde.

Inwieweit diese Versuche zur Minimierungdes Meßfehlers beim HVPI erfolgreich waren,ist noch nicht bekannt. Außerdem dürfte sichder Umfang des Meßfehlers im Zeitverlaufmit der Weiterentwicklung der Struktur derWirtschaft und der Änderung statistischerVerfahren, teilweise in Reaktion auf diese Ver-änderungen der Wirtschaftsstruktur, verän-dern. Deshalb wurde bei der Definition ver-mieden, ausdrücklich bestimmte Schätzwertefür den HVPI-Meßfehler zu berücksichtigen,während diesem Meßfehler gleichzeitig da-durch Rechnung getragen wurde, daß die un-tere Grenze für den Anstieg des Preisniveausnicht mit Null angesetzt wurde.

Wie der EZB-Rat außerdem erläuterte, hater mit der Definition von Preisstabilität inForm des HVPI für das Euro-Währungsgebietdeutlich gemacht, daß er seine Entscheidun-gen auf die Beurteilung der Entwicklung im

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gesamten Euro-Währungsgebiet stützen wird.Bei einer einheitlichen Geldpolitik müssengeldpolitische Entscheidungen so getroffenwerden, daß sie die Bedingungen im gesam-ten Euro-Währungsgebiet und nicht bestimm-te regionale oder nationale Entwicklungen wi-derspiegeln.

Mittelfristige Orientierung

Die Aussage „Preisstabilität muß mittelfristig bei-behalten werden“ spiegelt die Notwendigkeiteiner zukunftsgerichteten, mittelfristigen Ori-entierung der Geldpolitik wider. Sie berück-sichtigt ebenfalls die kurzfristige Volatilitätder Preise aufgrund von nicht-monetärenSchocks, denen das Preisniveau ausgesetzt istund die nicht durch die Geldpolitik kontrol-liert werden können. Die Auswirkungen derÄnderung indirekter Steuern oder Schwan-kungen der internationalen Rohstoffpreisesind gute Beispiele hierfür. Das Eurosystemkann für diese kurzfristigen Schocks, denendas Preisniveau ausgesetzt ist und über die esnur geringe Kontrolle hat, nicht verantwort-lich gemacht werden. Die Beurteilung des Er-folgs der einheitlichen Geldpolitik des Euro-systems auf mittlere Sicht hingegen gewähr-leistet eine echte und sinnvolle öffentlicheKontrolle.

Außerdem ist eine Mittelfristorientierung derGeldpolitik wichtig, um dosiert und angemes-sen auf bestimmte Arten von unvorhergese-henen wirtschaftlichen Störungen, die Aus-wirkungen auf das Preisniveau haben und diePreisstabilität gefährden könnten, reagierenzu können. Eine derartige Reaktion seitensder Zentralbank wird nicht zu unnötigen undmöglicherweise sich verselbständigenden Un-sicherheiten bezüglich der kurzfristigen Zin-sen oder der Realwirtschaft führen, abertrotzdem dafür sorgen, daß die Preisstabili-tät - und die damit verbundenen Vorteile -mittelfristig gewährleistet sind.

Die zwei Säulen der Strategie

Der Referenzwert - herausragende Rolleder Geldmenge

Inflation ist letztendlich ein monetäres Phä-nomen. Der EZB-Rat war sich daher einig,daß es wichtig sei, der Geldmenge eine her-ausragende Rolle in der geldpolitischen Stra-tegie des Eurosystems zuzuweisen. Die Geld-menge stellt einen natürlichen, festen und zu-verlässigen „nominalen Anker“ für eine aufdie Sicherung der Preisstabilität ausgerichte-te Geldpolitik dar. Die wichtige Rolle, die derGeldmenge in der gesamten stabilitätsorien-tierten Strategie zukommt, unterstreicht auchdie Verantwortung des Eurosystems für diemonetären Impulse auf die Preissteigerungs-rate, die eine Zentralbank eher steuern kannals die Preissteigerungsrate selbst.

Um die der Geldmenge zugewiesene heraus-ragende Rolle zu unterstreichen, hat der EZB-Rat einen quantitativen Referenzwert für dasGeldmengenwachstum als eine Säule der ge-samten stabilitätsorientierten Strategie be-kanntgegeben. Der Referenzwert soll demEZB-Rat helfen, die in den monetären Aggre-gaten enthaltenen Informationen in einer Artund Weise zu analysieren und zu erläutern,die einen kohärenten und glaubwürdigen Maß-stab für die auf Preisstabilität ausgerichteteGeldpolitik bietet.

Zwei Merkmale des quantitativen Referenz-wertes für das Geldmengenwachstum solltenherausgestellt werden:

♦ Erstens wurde der Referenzwert in einerArt und Weise abgeleitet, die im Einklangmit der Preisstabilität steht und der Errei-chung dieses Ziels dient. Um sicherzustel-len, daß der Referenzwert mit der Ge-währleistung der Preisstabilität auf mittle-re Sicht in Einklang steht, muß dieGeldmenge eine stabile Beziehung zumPreisniveau im Euro-Währungsgebiet in-nerhalb dieses Zeitrahmens aufweisen. DieStabilität dieser Beziehung wird in der Re-gel im Rahmen einer Geldnachfragefunkti-on beurteilt, in der ein bestimmtes mone-

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53EZB • Mona t sbe r i ch t • J anuar 1999

täres Aggregat zu dem Preisniveau und an-deren makroökonomischen Variablen wiedem Realeinkommen und den Zinsen inBeziehung gesetzt wird.

♦ Zweitens würden erhebliche und anhalten-de Abweichungen des Geldmengenwachs-tums vom Referenzwert unter normalenBedingungen Risiken für die Preisstabilitätauf mittlere Sicht signalisieren. DiesesMerkmal erfordert, daß zum einen einestabile Beziehung zwischen der Geldmen-ge und dem Preisniveau besteht und zumanderen das Geldmengenwachstum ein Vor-laufindikator der Entwicklung des Preisni-veaus ist.

Jedoch beinhaltet das Konzept des Referenz-werts nicht eine Verpflichtung seitens des Eu-rosystems, kurzfristige Abweichungen desGeldmengenwachstums vom Referenzwert zukorrigieren. Die Zinsen werden nicht „me-chanistisch“ als Reaktion auf solche Abwei-chungen angepaßt, um das Geldmengenwachs-tum auf den Referenzwert zurückzuführen.Daher muß das monetäre Aggregat für dasEuro-Währungsgebiet, für das der Referenz-wert angekündigt wird, nicht auf kurze Sichtanhand eines kurzfristigen nominalen Zins-satzes, der vom Eurosystem sehr genau be-einflußt wird, kontrollierbar sein. Dies ist einerder wesentlichen Unterschiede zwischen derFestlegung eines Referenzwerts und der An-kündigung eines geldpolitischen Zwischen-ziels.

Die zur Verfügung stehenden empirischen Da-ten signalisieren, daß die breiten monetärenAggregate (d. h. monetäre Abgrenzungen miteiner breiten Palette von Einlagen, die Ter-min- und Spareinlagen sowie enge Substitutederselben wie etwa marktfähige kurzfristigeBankverbindlichkeiten umfassen) die für dieAnkündigung eines Referenzwerts benötigtenEigenschaften besitzen. In der Vergangenheitwar die Nachfrage nach der WU-weiten brei-ten Geldmenge langfristig stabil. Breite Ag-gregate waren Frühindikatoren der Preisni-veauentwicklungen. Dies steht im Gegensatzzu den empirischen Eigenschaften der engenWU-weiten Geldmenge, die über die kurzfri-

stigen Nominalzinsen zwar zu steuern ist,aber weder eine stabile Beziehung zumPreisniveau, noch wesentliche Indikatoreigen-schaften aufwies. Selbstverständlich sinddiese Ergebnisse angesichts der oben darge-stellten statistischen und wirtschaftlichenUnsicherheiten mit gewisser Vorsicht zu be-handeln. Nichtsdestoweniger erschien dasempirische Datenmaterial aussagekräftig undrobust genug, um einen Referenzwert für einbreites monetäres Aggregat anzukündigen.Der EZB-Rat hat daher beschlossen, einenReferenzwert für das Aggregat M3 bekannt-zugeben, welcher laut Definition nicht nurden Bargeldumlauf und die traditionellen Ein-lagenkomponenten der breiten Geldmengeumfaßt, sondern auch Geldmarktfondsanteileund von monetären Finanzinstituten (MFIs)ausgegebene Schuldverschreibungen. Die kon-zeptionellen und empirischen Aspekte derWU-weiten monetären Aggregate werden ineinem im Monatsbericht Februar 1999 er-scheinenden Artikel näher erläutert.

Vor diesem Hintergrund wurde der Referenz-wert für das Geldmengenwachstum unter Zu-grundelegung der bekannten Beziehung zwi-schen der Geldmenge einerseits und den Prei-sen, dem realen Bruttoinlandsprodukt (BIP)und der Umlaufgeschwindigkeit andererseitsabgeleitet. Bei den Preisen muß bei der Ab-leitung des Referenzwerts die veröffentlichteEurosystem-Definition von Preisstabilität ver-wendet werden. Außerdem ist es angesichtsder Mittelfristorientierung der Geldpolitik an-gebracht, bei der Ableitung des Referenz-werts Annahmen bezüglich der mittelfristigenEntwicklung des realen BIP und der Umlauf-geschwindigkeit zugrunde zu legen. In dieserHinsicht würde die Annahme eines trendmä-ßigen Wachstums des realen BIP der Geldpo-litik eine anti-zyklische Eigenschaft verleihen,da eine unter dem Trend liegende Wachs-tumsrate des BIP in der Regel mit einem lang-sameren Geldmengenwachstum einhergehenwürde, als dies in Relation dazu bei einemReferenzwert der Fall ist, der von einer trend-mäßigen Produktion abgeleitet wurde.

Am 1. Dezember 1998 hat der EZB-Rat denReferenzwert für das M3-Wachstum bekannt-

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gegeben. Die Ableitung des Referenzwertesstützte sich auf die folgenden mittelfristigenAnnahmen:

♦ Die Preisstabilität muß gemäß der vom Eu-rosystem veröffentlichten Definition ge-währleistet werden, so daß der Anstiegdes HVPI gegenüber dem Vorjahr im Euro-Währungsgebiet unter 2 % beträgt.

♦ Die Wachstumsrate des realen Bruttoin-landsprodukts (BIP) liegt zwischen 2 - 2 ½ %pro Jahr.

♦ Mittelfristig verringert sich die Umlaufge-schwindigkeit von M3 um ca. ½ - 1 %jährlich.

Bei der Festsetzung des Referenzwertes fürdas Geldmengenwachstum betonte der EZB-Rat, daß die vom Eurosystem veröffentlichteDefinition von Preisstabilität den Anstieg desHVPI im Euro-Währungsgebiet auf „unter2 %“ begrenzt. Außerdem dürfte der tatsäch-liche trendmäßige Rückgang der Umlaufge-schwindigkeit knapp unter der oberen Gren-ze des Korridors von ½ - 1 % liegen. UnterBerücksichtigung dieser beiden Faktoren be-schloß der EZB-Rat, den Referenzwert fürdas M3-Wachstum auf 4 ½ % pro Jahr festzu-legen.

Der EZB-Rat beschloß, statt eines Referenz-korridors einen speziellen Referenzsatz fürdas Geldmengenwachstum bekanntzugeben,da die Ankündigung eines Referenzkorridorsvon der Öffentlichkeit dahingehend falsch in-terpretiert werden könnte, daß die Zinsenautomatisch geändert würden, wenn dasGeldmengenwachstum den Korridor verläßt;dies würde der Rolle des Referenzwertes inder Gesamtstrategie widersprechen.

Der Referenzwert wird bei der Bekanntgabeund Erläuterung von Zinsbeschlüssen zur Ge-währleistung der mittelfristigen Preisstabilitäthilfreich sein. Daher wird eine Abweichungdes Geldmengenwachstums vom Referenz-wert zunächst weitere Analysen zur Feststel-lung und Interpretation der wirtschaftlichenStörung, die die Abweichung verursachte, aus-

lösen. Wenn diese Analyse zu dem Schlußkommt, daß die festgestellte Störung in derTat auf eine Gefährdung der Preisstabilitäthindeuten könnte, würde die Geldpolitik inangemessener Weise auf dieses Risiko rea-gieren und entsprechende Maßnahmen ergrei-fen. Das tatsächliche Geldmengenwachstumin Relation zum Referenzwert wird daher re-gelmäßig und gründlich vom EZB-Rat analy-siert. Die Ergebnisse dieser Analyse und de-ren Einfluß auf die geldpolitischen Beschlüssewerden der Öffentlichkeit dargelegt. Dies er-höht die Klarheit und Transparenz des geld-politischen Entscheidungsprozesses.

Während die Erläuterung der geldpolitischenAnalyse gegenüber der Öffentlichkeit sich na-turgemäß auf die Entwicklung des breit defi-nierten „Schlüssel“-Aggregats M3 in Relationzum veröffentlichten Referenzwert für dasGeldmengenwachstum konzentrieren wird,werden Entwicklungen anderer monetärerAggregate, verschiedener Komponenten vonM3 und der Gegenposten zu all diesen Ag-gregaten in der Konsolidierten MFI-Bilanzebenfalls gründlich und kontinuierlich beur-teilt. Eine solche Analyse liefert nützliche Hin-tergrundinformationen, die bei der Beurtei-lung von Entwicklungen von M3 hilfreich sind.

Eine breit fundierte Beurteilung derAussichten für die Preisentwicklung

Zwar enthalten die monetären Daten Infor-mationen, die für fundierte geldpolitische Ent-scheidungen wichtig sind, jedoch sind sie al-lein nicht ausreichend, um ein vollständigesBild der gesamten Informationen über diewirtschaftliche Lage zu liefern, wie es für dieFestlegung einer angemessenen Geldpolitikzur Gewährleistung der Preisstabilität not-wendig ist. Daher wird neben der Analysedes monetären Wachstums in Relation zumReferenzwert eine breit fundierte Beurtei-lung der Aussichten für die Preisentwicklungund der Risiken für die Preisstabilität im Euro-Währungsgebiet eine wichtige Rolle in derStrategie des Eurosystems spielen. Diese Be-urteilung stützt sich auf eine breite Palettevon Konjunkturindikatoren.

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Diese breite Palette von Indikatoren umfaßtviele Variablen, die Vorlaufindikatoreigen-schaften für zukünftige Preisentwicklungenbesitzen. Diese Variablen beinhalten u. a. dieLöhne, den Wechselkurs, die Anleihekurseund die Zinsstrukturkurve, verschiedene Meß-größen für die reale Wirtschaftstätigkeit, fis-kalpolitische Indikatoren, Preis- und Kosten-indizes sowie Branchen- und Verbraucher-umfragen. Offensichtlich wird es auch nützlichsein, die Inflationsprognosen, in die all dieseVariablen eingegangen sind, bei der Beurtei-lung zu verwenden, ob der geldpolitische Kursangemessen ist. Diesbezüglich wird das Euro-system die gesamte Palette der von interna-tionalen Organisationen, anderen Stellen,Marktteilnehmern etc. erstellten Inflations-prognosen beurteilen und auch eine eigeneEinschätzung der zukünftigen Preisperspekti-ven liefern.

Jedoch ist die Prognose von Preisentwicklun-gen im Euro-Währungsgebiet angesichts derVerhaltensunsicherheiten, der institutionellenund strukturellen Unsicherheiten zwangsläu-fig schwierig. Die Inflationsprognosen sind mitVorsicht und Sorgfalt zu interpretieren. Au-

ßerdem kann eine Prognose nicht alle Indika-torvariablen, die für die Geldpolitik wichtigsind, berücksichtigen. Des weiteren könnennicht immer alle Indikatoren zeitnah einflie-ßen. Daher muß neben der Bedeutung, diediese Variablen bei der Prognose haben kön-nen, einer eingehenden Analyse der einzel-nen Indikatorvariablen eine wichtige Rolle inder gesamten, breit angelegten Beurteilungder Perspektiven für die Preisentwicklung zu-kommen. Sowohl die Prognosen als auch dieAnalyse einzelner Indikatoren dienen der In-formation des EZB-Rates über das jeweiligemakroökonomische Umfeld und die Störfak-toren für die Wirtschaft, von denen die geld-politischen Entscheidungen in der Regel ab-hängig sind.

Auf der Grundlage seiner Strategie wird derEZB-Rat vollständige und umgehende Erläu-terungen seiner Einschätzung der gesamtenwirtschaftlichen Lage, einschließlich der wirt-schaftlichen Überlegungen, die diesen zugrun-deliegen, liefern. Auf diese Art und Weisewird der Öffentlichkeit der geldpolitische Ent-scheidungsprozeß transparent gemacht.

5 Schlußbemerkungen

Die stabilitätsorientierte, geldpolitische Stra-tegie des Eurosystems, so wie sie oben be-schrieben wurde, stellt eine neue und klareStrategie dar, die die besonderen Umständeund das institutionelle Umfeld, unter denendas Eurosystem operiert, widerspiegelt.

Die stabilitätsorientierte Strategie betont dievorrangige Priorität, die der Gewährleistungder Preisstabilität gemäß einer vom Eurosy-stem veröffentlichten quantitativen Definiti-on eingeräumt wird. Ziel der Strategie ist es,jene wirtschaftlichen Störungen, die die Preis-stabilität gefährden, festzustellen und auf die-se mit geldpolitischen Maßnahmen zu reagie-ren, die diesen Risiken begegnen und die an-gemessen sind in bezug auf die jeweiligewirtschaftliche Lage und die Art der Gefähr-dung. Die Strategie geht davon aus, daß dieAusrichtung an einer einzigen Indikatorvaria-

blen oder einem Zwischenziel wohl kaum zueiner angemessenen Reaktion in allen Situa-tionen führen wird. Vor allem können me-chanistische Reaktionen auf wenige Indikato-ren oder Prognosen zu Beginn der drittenStufe in besonderem Maße unangebracht seinangesichts der zwangsläufigen Unsicherheitenüber die wirtschaftlichen Beziehungen, diedurch den mit dem Übergang zur Währungs-union verbundenen Regimewechsel ausgelöstwurden.

Die stabilitätsorientierte geldpolitische Stra-tegie vermeidet daher „mechanistische“ geld-politische Reaktionen auf Abweichungen voneinem bestimmten Ziel oder Entwicklungeneiner bestimmten Indikatorvariablen. Stattdessen findet eine gründliche Analyse der mo-netären Daten in Relation zum quantitativenReferenzwert für das Geldmengenwachstum

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und eine breit fundierte Beurteilung andererWirtschaftsdaten statt, um so die wirtschaft-lichen Entwicklungen und die Preisstabilitätgefährdende Störungen festzustellen. DieseAnalyse geht dann in den Entscheidungspro-zeß ein, wie geldpolitisch angemessen zu rea-gieren ist, um die Preisstabilität mittelfristigzu gewährleisten.

Diese Strategie erfordert erhebliche Anstren-gungen seitens des Eurosystems bei der Er-läuterung der Beurteilung der wirtschaftlichenLage. Der EZB-Rat hat sich verpflichtet, nochüber die im Vertrag festgelegten Berichts-

und Erläuterungspflichten hinauszugehen, diebereits zu den strengsten gehören, die einerZentralbank je auferlegt wurden.

Vor diesem Hintergrund wird die stabilitäts-orientierte geldpolitische Strategie des Euro-systems sicherstellen, daß die Preisstabilitätmittelfristig glaubwürdig und dauerhaft inner-halb des Euro-Währungsgebiets gewährleistetwird. Dies ist der beste Beitrag, den die ein-heitliche Geldpolitik zur Erhöhung des Le-bensstandards der Menschen in Europa lei-sten kann.

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