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LABOKLIN · LABOR FÜR KLINISCHE DIAGNOSTIK GMBH & CO. KG Steubenstraße 4 · 97688 Bad Kissingen · Tel.: 0971-72020 · Fax: 0971-68546 · E-Mail: [email protected] · www.laboklin.com Seite 1 von 4 Ausgabe 1/2014, rev. Juni 2017 Monitoring unter Vetoryl® Therapie, Diagnose eines Morbus Addison eine diagnostische Herausforderung und was wir aus vorübergehend eingeschränkter Diagnostik gelernt haben Der ACTH-Stimulationstest galt als Goldstan- dard in der Diagnose des Morbus Addison und der Therapiekontrolle von Cushingpatienten unter Vetoryl® (Wirkstoff Trilostan). ACTH (Synacthen®) war für 2 Jahre bis September 2014 nicht lieferbar. Diagnostik und Therapie- kontrolle mussten daher auf andere Beine ge- stellt werden. Geblieben ist ein Schema zum Monitoren der Cushingpatienten, das gut mit dem ACTH-Stimulationstest kombiniert werden kann. Für die Diagnose des Morbus Addison ist weiterhin der Stimulationstest Goldstandard. Trilostan wird bei Morbus Cushing zur Reduk- tion des in pathologischen Konzentrationen gebildeten Cortisols eingesetzt. Trilostan hemmt selektiv und reversibel das Enzymsys- tem 3-β-Hydroxysteroidisomerase, wodurch die Bildung von Kortisol, Kortikosteron sowie des ebenfalls in der Nebenniere (NNR) gebil- deten Aldosteron gehemmt wird. Die Auswir- kungen eines zu hohen Medikamentenspiegels können demnach vielfältig sein und bis zur Addison-Krise führen. Morbus Addison ist eine Insuffizienz der Ne- bennierenrinde mit verminderter, nicht der physiologischen Situation angepasster Sekre- tion der NNR-Hormone. Aufgrund der pleiotropen Wirkung der Corti- costeroide ist eine Abweichung vom physiolo- gischen Sekretionschema mit multiplen Verän- derungen im Stoffwechsel verbunden. Diese umfassen den Glucose-, Protein- und Fett- stoffwechsel, das Immunsystem, den Mineral- haushalt (schwach mineralokortikoide Wirkung auf Na und K) und den Ca-Haushalt. Auch andere endokrine Systeme wie die Schilddrüse werden durch Corticosteroide beeinflusst. Dies führt zu einem vielfältigen Symptombild bei absolut und relativ erniedrigten Cortisol- Konzentrationen. Hieraus resultieren eine feh- lende Stressresistenz, überschießende Im- munreaktionen sowie verzögerte Anpassung des Glucosehaushaltes und damit des Ener- giestoffwechsels. Eine zu niedrige Konzentration des Minera- locorticoids Aldosteron, das in der Niere die Exkretion von Kalium fördert und u.a. für die Reabsorption von Natrium, Chlorid und Was- ser sorgt, kann den Patienten in einen kriti- schen bis lebensbedrohlichen Zustand brin- gen. Aldosteron wird weitgehend unabhängig vom ACTH-Cortisol-Regelkreis sezerniert. Die Synthese und Sekretion wird über das Renin- Angiotensin-System reguliert. Ein durch Entgleisung dieses Systems resultie- render Aldosteronmangel führt zu Hyponatriä- mie, Hypotonie, verminderter Nierendurchblu- tung mit prärenaler Azotämie, Hyperkaliämie und daraus folgend zu einer Bradykardie. Kli- nisch fallen diese Patienten durch PU/PD, Apathie, allgemeine Schwäche und Gewichts- verlust auf. Bei Patienten, die unter Vetoryl® Therapie stehen, ist es möglich den Besitzer auf die einfach zu beobachtenden Symptome einer Übersuppression hinzuweisen. Sie sind aller- dings besonders zu Beginn der Vetoryl® The- rapie schwierig zu interpretieren, da v.a. ein Gewichtsverlust gewünscht und PU/PD mit Apathie ohnehin bei vielen Cushingpatienten beobachtet wird. Kontrolle des Cushingpatienten unter Vetoryl® Therapie Eine Arbeit der LMU München verglich die Kontrolle der Vetoryl® Therapie über den ACTH-Stimulationstest mit einer Beurteilung des Therapieerfolges über die klinischen Symptome und einige klinisch-chemische Pa- rameter. Es zeigte sich, dass die Veränderungen der klinischen Symptomatik abweichend von den Ergebnissen des ACTH-Stimulationstestes sind. So ist das optimale Ergebnis eines Stimu- lationstestes nicht zwingend mit einer befriedi- genden klinischen Symptomatik assoziiert und umgekehrt. Eine Tatsache, die bisher nicht mit in Therapiekontrolle einbezogen wurde. Es werden bis jetzt Änderungen des Thera- pieschemas vor allem nach dem Ergebnis des ACTH-Stimulationstests vorgenommen. Da viele Besitzer auch aus Kosten- und Zeitgrün-

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Ausgabe 1/2014, rev. Juni 2017

Monitoring unter Vetoryl® Therapie, Diagnose eines Morbus Addison –

eine diagnostische Herausforderung und was wir aus vorübergehend

eingeschränkter Diagnostik gelernt haben

Der ACTH-Stimulationstest galt als Goldstan-dard in der Diagnose des Morbus Addison und der Therapiekontrolle von Cushingpatienten unter Vetoryl® (Wirkstoff Trilostan). ACTH (Synacthen®) war für 2 Jahre bis September 2014 nicht lieferbar. Diagnostik und Therapie-kontrolle mussten daher auf andere Beine ge-stellt werden. Geblieben ist ein Schema zum Monitoren der Cushingpatienten, das gut mit dem ACTH-Stimulationstest kombiniert werden kann. Für die Diagnose des Morbus Addison ist weiterhin der Stimulationstest Goldstandard.

Trilostan wird bei Morbus Cushing zur Reduk-tion des in pathologischen Konzentrationen gebildeten Cortisols eingesetzt. Trilostan hemmt selektiv und reversibel das Enzymsys-tem 3-β-Hydroxysteroidisomerase, wodurch die Bildung von Kortisol, Kortikosteron sowie des ebenfalls in der Nebenniere (NNR) gebil-deten Aldosteron gehemmt wird. Die Auswir-kungen eines zu hohen Medikamentenspiegels können demnach vielfältig sein und bis zur Addison-Krise führen. Morbus Addison ist eine Insuffizienz der Ne-bennierenrinde mit verminderter, nicht der physiologischen Situation angepasster Sekre-tion der NNR-Hormone.

Aufgrund der pleiotropen Wirkung der Corti-costeroide ist eine Abweichung vom physiolo-gischen Sekretionschema mit multiplen Verän-derungen im Stoffwechsel verbunden. Diese umfassen den Glucose-, Protein- und Fett-stoffwechsel, das Immunsystem, den Mineral-haushalt (schwach mineralokortikoide Wirkung auf Na und K) und den Ca-Haushalt. Auch andere endokrine Systeme wie die Schilddrüse werden durch Corticosteroide beeinflusst. Dies führt zu einem vielfältigen Symptombild bei absolut und relativ erniedrigten Cortisol-Konzentrationen. Hieraus resultieren eine feh-lende Stressresistenz, überschießende Im-munreaktionen sowie verzögerte Anpassung des Glucosehaushaltes und damit des Ener-giestoffwechsels. Eine zu niedrige Konzentration des Minera-locorticoids Aldosteron, das in der Niere die Exkretion von Kalium fördert und u.a. für die

Reabsorption von Natrium, Chlorid und Was-ser sorgt, kann den Patienten in einen kriti-schen bis lebensbedrohlichen Zustand brin-gen. Aldosteron wird weitgehend unabhängig vom ACTH-Cortisol-Regelkreis sezerniert. Die Synthese und Sekretion wird über das Renin-Angiotensin-System reguliert. Ein durch Entgleisung dieses Systems resultie-render Aldosteronmangel führt zu Hyponatriä-mie, Hypotonie, verminderter Nierendurchblu-tung mit prärenaler Azotämie, Hyperkaliämie und daraus folgend zu einer Bradykardie. Kli-nisch fallen diese Patienten durch PU/PD, Apathie, allgemeine Schwäche und Gewichts-verlust auf.

Bei Patienten, die unter Vetoryl® Therapie stehen, ist es möglich den Besitzer auf die einfach zu beobachtenden Symptome einer Übersuppression hinzuweisen. Sie sind aller-dings besonders zu Beginn der Vetoryl® The-rapie schwierig zu interpretieren, da v.a. ein Gewichtsverlust gewünscht und PU/PD mit Apathie ohnehin bei vielen Cushingpatienten beobachtet wird.

Kontrolle des Cushingpatienten unter Vetoryl® Therapie

Eine Arbeit der LMU München verglich die Kontrolle der Vetoryl® Therapie über den ACTH-Stimulationstest mit einer Beurteilung des Therapieerfolges über die klinischen Symptome und einige klinisch-chemische Pa-rameter.

Es zeigte sich, dass die Veränderungen der klinischen Symptomatik abweichend von den Ergebnissen des ACTH-Stimulationstestes sind. So ist das optimale Ergebnis eines Stimu-lationstestes nicht zwingend mit einer befriedi-genden klinischen Symptomatik assoziiert und umgekehrt. Eine Tatsache, die bisher nicht mit in Therapiekontrolle einbezogen wurde. Es werden bis jetzt Änderungen des Thera-pieschemas vor allem nach dem Ergebnis des ACTH-Stimulationstests vorgenommen. Da viele Besitzer auch aus Kosten- und Zeitgrün-

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den den ACTH-Stimulationstest ungern durch-führen lassen, ist nach sorgfältigem Abwägen eine Therapiekontrolle nach klinischer Symp-tomatik und nur direkt zu Beginn und später bei Hinweisen auf eine Überdosierung mittels ACTH-Stimulationstest durchzuführen.

Neben den vom Besitzer beurteilbaren Para-metern – wie Trinkwassermenge, Menge des abgesetzten Harnes, Gewichtsveränderungen, Appetit, Erbrechen und Kotqualität sowie Schwäche oder Apathie – sollte die Pulsquali-tät, die Bestimmung der Herzfrequenz, der kapillären Füllungszeit und des Hautturgors mit in das Überwachungsschema einbezogen werden. Hilfreich hierfür kann das Führen eines Proto-kolls sein, in dem diese Parameter dokumen-tiert werden. Dieses erleichtert die Beurteilung des aktuellen Patientenstatus im Vergleich zur Zeit vor Therapiebeginn. Es sollte versucht werden, dass diese Parameter immer unter gleichen Bedingungen erhoben werden, um eine optimale Vergleichbarkeit zu erhalten. Die Messung verschiedener Laborwerte wie der Elektrolyte (Natrium, Kalium und deren Quotient), Leber- und Nieren-spezifischer En-zyme und Substrate gibt wertvolle Hinweise auf die ausreichende Einstellung bzw. kann vor einer lebensbedrohenden Entgleisung warnen.

Basis-Cortisol Die alleinige Messung der Cortisol-Basalkonzentration wird als Therapiekontrolle unter Vetoryl® vom Hersteller des Präparates als nicht ausreichend angesehen. Sie kann aber mit weiteren Parametern ein wichtiges Beurteilungskriterium sein und ausschlagge-bend für das weitere Vorgehen während der Therapie. Da der Zeitpunkt der maximalen Suppression unter Vetoryl® Therapie wichtig ist, sollte die Blutprobe 2 – 5 Stunden nach Kapselgabe genommen werden.

Entsprechend der vom Hersteller bzw. Vertrei-ber von Vetoryl® gemachten Angaben hat sich folgendes Beurteilungsschema bewährt:

Cortisol < 18 ng/ml: Laut Herstellerinformation kann unterhalb die-ser Serum-Konzentration eine adrenale Über-suppression vorliegen. Hier sollte ein ACTH-Stimulationstest auf jeden Fall durchgeführt werden. Liegt eine ausreichende Stimulation vor und ist der Patient klinisch unauffällig bzw. sind keine kritischen Veränderungen in den übrigen Laborwerten erkennbar, kann die Ve-toryl®-Behandlung vorsichtig mit derselben Dosis fortgesetzt werden.

Basiscortisol > 18 ng/ml: Zeigt der Patient eine deutliche klinische Bes-serung und verändern sich vorher auffällige Laborparameter in Richtung Normbereich, ist die Therapie mit gleicher Dosis fortzusetzen. Bestehen die klinischen Anzeichen des Hyper-adrenokortizismus wie PU/PD fort, obwohl der Hund bereits seit 28 Tagen mit einer adäqua-ten Vetoryl® Dosis behandelt wurde, müssen zunächst andere für die klinische Symptomatik mögliche Ursachen wie Harnwegsinfektionen, Diabetes mellitus oder Nierenerkrankungen ausgeschlossen werden. Nach deren Aus-schluss und einem ACTH-Stimulationstest, der auf eine nicht ausreichende Dosierung hin-weist, sollte die Vetoryl®-Dosis vorsichtig er-höht werden. Andere klinische Merkmale eines Cushings wie Stammfettsucht, Muskelatrophie oder die Haarlosigkeit benötigen in der Regel eine län-gere Zeit, bis sie sich positiv verändern. Cortisol/Kreatinin-Quotienten aus dem Mor-genharn sind als Therapie-Kontrolle ungeeig-net.

Weiterführendes Labor

Elektrolytkonzentration Die Aldosteron-Synthese wird unabhängig von dem Renin-Angiotensin-System durch Trilos-tan gehemmt. Veränderungen der Natrium-, Kalium- und Chlorid-Konzentrationen im Se-rum können hinweisend auf Veränderungen der Aldosteron-Sekretion sein und sollten da-her regelmäßig bestimmt werden. Meist zeigt sich eine Verschiebung auch im Allgemeinbe-finden des Patienten. Diese wirken abgeschla-gen und müde. Auch wenn die Veränderung der Elektrolytkonzentration andere Ursachen wie Durchfall, Erbrechen oder Kardiomyopa-thien hat, sollte über eine kurzfristige Anpas-sung der Vetoryl® Dosis nachgedacht werden, da eine Einschätzung schwierig ist und die Nebenniere unter Vetoryl® Therapie evtl. nicht ausreichend auf diese Situation reagieren kann.

Leberenzyme Unter Vetoryl® Gabe wird bei vorher veränder-ten Leberparametern eine Besserung erwartet. Fehlt die Besserung oder steigt vor allem die Konzentration der alkalischen Phosphatase, kann bei entsprechend hohen Cortisol-Kon-zentrationen und evtl. Einschränkungen der klinischen Symptomatik eine Dosisanpassung erfolgen. Kommt es unter Vetorly® Therapie zu einer Verschlechterung der gesamten Leber-werte, sollte auch bei ausreichender Cortisol-Konzentration von einer Dosiserhöhung abge-

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raten werden. Andere Ursachen für die Leber-wert-Veränderungen sollten gesucht werden.

Nierenparameter Deutlich steigende Kreatinin-Konzentrationen auch innerhalb des Referenzbereiches können bei Patienten, die unter Vetoryl® stehen, auf eine Übersuppression hinweisen. Die Harnstoffkonzentration sollte nur zusam-men mit der Kreatinin-Konzentration beurteilt werden, da Harnstoff anders als Kreatinin zu-sätzlich auch vom Proteinstoffwechsel und der Leberfunktion abhängig ist. Wie sich SDMA unter Therapie mit Vetoryl® verhält, muss noch untersucht werden. Auf-grund der Pathophysiologie ist allerdings mit einem Anstieg zu rechnen.

Blutstatus Ein Stressleukogramm ist eine durch Cortisol ausgelöste Veränderung im weißen Blutbild und beinhaltet eine Leukozytose bedingt durch eine Neutrophilie und eine Lymphopenie zu-sammen mit einer milden Monozytose bei gleichzeitiger Eosinopenie.

Morbus Addison

Als Hypoadrenocortizismus (Morbus Addison) werden die klinischen Folgen einer mangeln-den Produktion und Sekretion von Glucocorti-coiden bzw. Mineralocorticoiden durch die Ne-bennierenrinde beschrieben.

Der primäre Hypoadrenocortizismus wird klinisch von einem Produktionsausfall aller NNR-Hormone dominiert. Sind mehr als 90% des Gewebes zerstört, kommt es zu Ausfällen sowohl der Glucocorticoid- als auch der Mine-ralocorticoid-Produktion und -Sekretion. Ur-sächlich wird eine immunmediierte Zerstörung der Nebennierenrinde infolge einer Autoanti-körperbildung vermutet (idiopathische ad-renocorticale Atrophie). In Analogie zur Hu-manmedizin wird beim Hund eine Antikörper-bildung gegen die 21-Hydroxylase angenom-men, die bei der Synthese von Cortisol und Aldosteron eine wichtige Rolle spielt. Eine Rei-he von autoimmunmediierten Erkrankungen wie Hypothyreose, Diabetes mellitus und Hy-poparathyreoidismus wird ebenfalls mit der Bildung von Autoantikörpern gegen die Ne-bennierenrinde in Zusammenhang gebracht. Vor allem junge bis mittelalte unkastrierte Hündinnen (2 Monate bis 4 - 6 Jahre) sind davon betroffen. Es wird eine Rasseprädispo-sition für Doggen, portugiesische Wasserspa-niel, Rottweiler, Pudel, Westhighland Terrier

und Soft Coated Wheaten Terrier postuliert. Für die Rassen Bearded Collie, Leonberger und Pudel wird eine erbliche Komponente vermutet, ohne dass der Mechanismus bisher geklärt ist. Glucocorticoide und Mineralocorti-coide müssen lebenslang substituiert werden. Auch unter der Cushing-Therapie mit Trilostan (Vetoryl®) kann es zur Nekrose der NNR mit der klinischen Folge eines M. Addison kom-men. Weitere, seltene Ursachen für einen primären Hypoadrenocortizismus sind beidseitige Adre-nalektomien und Zerstörungen der Nebennie-ren infolge Tumoren, Infarkten oder Amyloi-dosen.

Der sekundäre Hypoadrenocortizismus ist geprägt von einer zu geringen Produktion und Sekretion von ACTH mit nachfolgender Atro-phie der NNR und einer abgeschwächten Se-kretion von Glucocorticoiden. Häufigste Ursa-che ist eine anhaltende Suppression der ACTH-Sekretion in der Hypophyse infolge ei-ner Therapie mit Glucocorticoiden, Progeste-ron oder Megestrolacetat. Bei dieser Form des Hypoadrenocortizismus bleibt die Konzentration der Mineralocorticoide (Aldosteron) nahezu unverändert, da deren Sekretion nur zu einem geringen Anteil über ACTH gesteuert wird. Seltene Ursachen für einen sekundären M. Addison sind Tumore der Hypophyse und/oder des Hypothalamus.

Klinische Anzeichen Die Symptomatik ist häufig unspezifisch und kann akut, aber auch häufig über Wochen und Monate intermittierend auftreten. Die Krank-heitssymptome verstärken sich unter Stress. Phasen, in denen der Patient „krank“ erscheint, wechseln mit Phasen absoluter Gesundheit. Der Cortisol-Mangel bedingt eine abnehmende Stresstoleranz, Inappetenz, Vomitus, Diarrhoe, Lethargie und abdominale Schmerzen sind die Folgen. Häufig tritt eine vorübergehende klini-sche Besserung nach tierärztlicher Applikation von Corticosteroiden auf. Ist zusätzlich auch ein Aldosteron-Mangel vorhanden, dominieren infolge des Natrium- und des Wasserverlustes sowie der Hyperkaliämie Lethargie, Hypovol-ämie, Hypotension und Bradykardie, eine ver-ringerte Nierendurchblutung, Schwäche und Muskelzittern. Die dramatischste Form der Addison-Erkrankung ist die Addison-Krise, bei der es infolge einer Stresssituation zu der inadäqua-ten Ausschüttung von Glucocorticoiden und auch zu einer reduzierten Synthese von Mine-

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ralocorticoiden kommt. Die Tiere sind lebens-bedrohlich krank, können kollabieren; bradykard zeigen sie einen schwachen Puls. Diese Patienten sind absolute Notfälle und können ohne rasche individuell zu handhaben-de Substitution der Mineralo- und Glucocorti-coide zusammen mit einer Infusionstherapie versterben. Diagnostik

Ebenso unspezifisch wie die klinische Sym-ptomatik können auch die hämatologischen und biochemischen Befunde sein. In der Basis-Diagnostik kann Cortisol bestimmt werden; Goldstandard ist mit der Wiederver-fügbarkeit von Synacthen® der ACTH-Stimulationstest.

Basal-Cortisol: Bei einem Cortisolwert > 12 ng/ml ist ein M. Addison sehr unwahrscheinlich.

ACTH-Stimulationstest: Die Durchführung des ACTH-Stimulationstests orientiert sich an der klassischen Vorgehens-weise. 1. Erste Blutentnahme, Basalwert 4-6 Stunden nach Tablettengabe. 2. Injektion von 5 μg/kg ACTH (Synacthen®) i.v. 3. Zweite Blutentnahme eine Stunde nach ACTH-Applikation.

Neben einer ausreichenden Basiskonzentrati-on von > 12 ng/ml sollte der Stimulationswert 73 ng/ml nicht überschreiten.

Blutbild: Normozytäre normochrome Anämie, Leukozy-ten im Normbereich bei Neutropenie, Lympho-zytose und Eosinophile Das Fehlen eines Stressleukogramms ist bei einem kranken, gestressten Tier hinweisend auf einen Hypoadrenokortizismus.

Klinische Chemie: Weiterer labordiagnostischer Hinweis auf einen Morbus Addison ist das Vorliegen einer Azotämie (Anstieg von Harnstoff, Kreatinin, SDMA und Phosphat) als Konsequenz einer verringerten Nierendurchblutung und einer abnehmenden glomerulären Filtrationsrate. Die verschlechterte Nierendurchblutung ist Resul-tat einer Hypovolämie, Hypotension und eines reduzierten kardialen Auswurfs. Vomitus und Diarrhoe, Wasserverlust über die Nieren sowie mangelnde Flüssigkeitsaufnahme fördern die Ausprägung einer prärenalen Azotämie zusätz-lich. Normalerweise ist das spezifische Ge-

wicht des Urins (USG) bei einer prärenalen Azotämie relativ hoch (>1.030). Beim Hypoad-renocortizismus verliert jedoch infolge des chronischen Natriumverlustes die Niere ihre Konzentrationsfähigkeit und das spezifische Uringewicht (USG) sinkt ab. Häufige Urinbe-funde sind daher USG-Werte zwischen 1.015 und 1.030 Mit rascher Infusionstherapie sind die azotämischen Veränderungen reversibel, ein weiterer Hinweis, dass es sich um eine prärenale Azotämie handelt. Harnstofferhö-hungen resultieren u.U. zusätzlich aus einer gastrointestinalen Blutung. Gelegentlich findet sich bei Hunden mit M. Addison auch eine Verringerung der Al-buminkonzentration (6 bis 39%). Als Auslö-ser werden ev. Darmblutungen, eine verringer-te Synthese in der Leber, Verluste über die Niere oder eine verringerte enterale Absorption diskutiert. Einige Addisonpatienten zeigen auch einen milden Anstieg der AST und alkali-schen Phosphatase (AP), möglicherweise eine Folge eines verringerten kardialen Auswurfs und einer verschlechterten Durchblutung der Gewebe.

Elektrolyte: Phosphaterhöhung, Hyponatriämie (< 135 mmol/l), Hyperkaliämie (> 5.5 mmol/l) Den wichtigsten labordiagnostischen Befund stellt ein enges Natrium/Kalium-Verhältnis dar: Ein gesunder Hund zeigt Quotienten von > 27:1 bis 40:1, bei einem Addisonpatienten ist das Verhältnis von Natrium zu Kalium

< 27:1 (< 25:1). Allerdings haben 10% aller

Hunde mit primärem Hypoadrenocortizismus Natrium- bzw. Kaliumkonzentrationen, die im Referenzbereich liegen können (atypische Addisonerkrankung). Hämolyse verfälscht den Kaliumwert, da durch den Austritt von Kalium aus den Erythrozyten falsch hohe Werte gemessen werden. Differen-tialdiagnostisch müssen Erkrankungen ausge-schlossen werden, bei denen ebenfalls Elek-trolytverschiebungen zu erwarten sind (z.B. Lebererkrankungen, Nierenversagen, gastroin-testinale Erkrankungen, Blutverlust, Tumore). Calciumerhöhungen resultieren beim Hypo-adrenocortizimus wahrscheinlich aus dem Zu-sammenspiel von abnehmender renaler glo-merulärer Filtration, gesteigerter tubulärer Re-absorption und Hämokonzentration. In einer Studie mit 40 Hunden war bei immerhin 25% der Tiere ein Hypoadrenocortizismus Ursache für die Hyperkalzämie.

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