Moorfrosch Himmelsweiher Teichflachmoore...Capitulare de villis vel curtis imperii, Cap. XXI,...

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Biodiversität im mittelfränkischen Aischgrund Die Kulturlandschaft lebt ebenso von ihrem Ertrag wie von ihrer intakten Natur Regierung von Mittelfranken Moorfrosch Himmelsweiher Teichflachmoore

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Biodiversitätim mittelfränkischen

Aischgrund

Die Kulturlandschaftlebt ebenso von ihrem Ertrag

wie von ihrer intakten Natur

Regierung von Mittelfranken

MoorfroschHimmelsweiherTeichflachmoore

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Vivarios in curtes nostras unusquisque iudexubi antea fuerunt habeat, et si augeri potest,augeat, et ubi antea non fuerunt et modo

esse possunt, noviter fiant.

Capitulare de villis vel curtis imperii,Cap. XXI, Carolus Magnus

Auf unseren Gütern (Königshöfen) soll jederAmtmann die Fischteiche beibehalten, wosie schon waren, ja er soll sie mehren, wodies möglich ist, und wo früher keine waren,solche jetzt aber sein können, solle er sieneu anlegen.“

Königlicher Erlass (Kapitular)Kapitel XXI Karls des Großen um das Jahr 795

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Teichwirtschaft und Naturforschung. Beide haben im Aischgrund Tradition

wurde in Höchstadt an der Aisch geboren. Er studierte Phi-losophie, Theologie, Medizin und Naturwissenschaften, er-hielt ein Stipendium von König Maximilian I. und erlernte inParis die modernen Methoden der Zoologie. Danach bauteer die zoologische Staatssammlung in München völlig neunach modernen Kriterien auf. Er gilt als Begründer der heu-tigen zoologischen Staatssammlung.

1813 wurde er zum Mitglied der Bayrischen Akademie derWissenschaften ernannt. Von 1817 bis 1820 reiste er mit ei-ner Expedition nach Brasilien, brachte 6.500 Pflanzen, 2.700Insekten, 85 Säugetiere, 350 Vögel, 150 Amphibien undReptilien sowie 116 Fischarten als neue Grundlage für dieSammlung mit, und schrieb das dreibändige Werk „Reisenach Brasilien“.

Er wird seither auch als der „bayerische Alexander vonHumboldt“ bezeichnet.

wurde in Nürnberg geboren und war von Vogelbeobach-tungen bereits als Kind fasziniert. Er studierte Theologie ander Universität Erlangen und hörte nebenbei naturwissen-schaftliche Vorlesungen.

1854 wurde er Pfarrer in Neustadt an der Aisch. In derTeichlandschaft des Aischgrundes widmete er sich vor al-lem der Vogelbeobachtung und infizierte sich mit der imAischgund damals noch vorkommenden Malaria.

Er verfasste unter anderem die damaligen Standardwerke:„Systematische Übersicht der Vögel Bayerns“, „Die Kriech-tiere und Lurche des Königreichs Bayern“, „Die FischeBayerns“, eine Monografie über Fledermäuse und zahlrei-che zoologische Abhandlungen zu unterschiedlichstenTiergruppen. 1885 starb Jäckel in Bad Windsheim.

Johann BaptistRitter von Spix(1781-1826)

Andreas Johannes Jäckel(1822 -1885)

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Bereits im frühen Mittelalterlegten Mönche der BambergerZisterzienserklöster, fränkischeKönigshöfe, adelige Gutsherren undkirchlich geprägte Kleinbauern imAischgrund Teiche und Teichkettenzur Karpfenproduktion für dieFastenzeit an.

Mensch – Natur – Kulturlandschaft –Artenvielfalt

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Teichwirtschaft in Mittelfrankenfrüher und heute

Aktuellen Zählungen zufolge gibt es im Aischgrund7185 Teiche, davon befinden sich über 60 % – miteiner Uferlänge von ca. 1400 km – im LandkreisErlangen-Höchstadt. Allein hier sind es über 2500„Weiher“. In Mittelfranken werden Teiche auch„Weiher” genannt. Die geologische Besonderheit san-diger Böden, die für Ackerbau oft unrentabel waren,erleichterte die Entscheidung der Bauern, Teiche an-zulegen. Der sandige Boden wird in unterschiedli-chen Tiefen vielfach von Tonschichten (Letten) durch-zogen, die wasserstauend wirken und die Anlage vonTeichen erst möglich machten.

Kulturlandschaften unterliegen stetigen Veränderungendurch Einflüsse von Mensch, Kultur und Natur. So ändertesich die Anzahl und Struktur der Teiche fortwährend. In inten-siv genutzten Karpfenteichketten werden heute oft mehrerekleinere, weniger rentable Teiche zu einem größeren Teichvereinigt. In vielen Wäldern des Aischgrundes sind noch alteDämme ehemaliger, heute nicht mehr genutzter Teiche er-kennbar. Vor allem im 30-jährigen Krieg wurde die Bevölke-rung stark dezimiert, was dazu führte, dass im 17. Jahrhun-dert viele Teiche nicht mehr bewirtschaftet und damitaufgelassen wurden. Als landschaftsprägende Elemente sinddie Teiche Natur- und Kulturerbe der Region, deren Geschich-te im Karpfenmuseum in Neustadt an der Aisch nachverfolgtwerden kann.

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Früher erfolgte die Anlage von Teichen mit Schaufel undSchubkarre. Es entstanden dadurch flache, von Binsen,Seggen und Schilf bewachsene Teichränder, die seltenenPflanzen, Vögeln, Amphibien und Libellen Lebensraumboten.

Preisverfall durch Billigimporte auf dem Fischmarkt führte inden letzten Jahrzehnten dazu, dass Teichwirtewirtschaftlicher produzieren mussten. Deshalb wurden vieleTeichränder zur Vergrößerung der Wasserfläche undOptimierung der Karpfenproduktion steil ausgebaggert.

Unrentable Teiche mit unregelmäßiger Wasserführunghingegen wurden aufgelassen und erhöhten damit dieVielfalt an Lebensräumen und wertvollen Rückzugsgebietenfür seltene Tier- und Pflanzenarten.

So entstanden und entstehen auch heute noch zahlreicheunterschiedliche Teich- und Lebensraumtypen, die ihrerseitsdauernden Veränderungen unterliegen.

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Mit Schaufel und Schubkarre...

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Ursprünglich aus Asien stammende Spiegelkarpfen wurdenin Mittelfranken zu einer eigenen Rasse gezüchtet, demAischgründer Spiegelkarpfen. Der angezüchtete hoheRücken des Aischgründer Spiegelkarpfens ist eine Folge derdamaligen kirchlichen Auflage, in der Fastenzeit nur denInhalt eines Tellers essen zu dürfen. Es durfte nichts über denTellerrand hinaus ragen. Ein hochrückiger Fisch nutzt dabeidie Tellerform am besten.

Karpfen erreichen nach 3 Jahren die Schlachtreife bei einemGewicht von ca. 1,3 kg. Das Projekt „Karpfen pur Natur“ desBund Naturschutz in Bayern e. V. bietet Karpfen an, die ausNaturteichen mit natürlicher Verlandung, ohne Zufütterung,Düngung oder Kalkung der Teiche stammen und in geringenBesatzdichten unter natürlichen Bedingungen gezüchtetwurden. In Naturteichen sind außer Karpfen meistens auchandere gefährdete Fischarten wie Bitterling, Moderlieschenoder Schlammpeizger anzutreffen.

Der Karpfen –Das Markenzeichendes Aischgrundes

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Im Herbst werden die Teiche abgelassen und abgefischt.

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Als lieblich, mild und sanft bekannt,

ist unser schönes Frankenland,

berühmt für Karpfen, Störche, Reiher,

Höchstadt im Land der Himmelsweiher.

Weltweit es gilt der Karpfen wohl

als reines Fruchtbarkeitssymbol.

Lebt froh und friedlich miteinander

mit Moorfrosch, Biber, Schleie, Zander.

Aus dem Karpfenlied

„Höchstadt im Land der Himmelsweiher“

von Christian und Michael Ulbrich

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Weißstorch

KiebitzGraureiher

Silberreiher

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Himmelsweiher:Teich, der nur durch ablaufendes Regenwasser aus demWald gespeist wird, oft erster Teich einer Teichkette(Oberlieger) oder Einzelteich im Wald.

Himmelsweiher...An sauren Teichen mit niedrigem pH-Wert gibt esunterschiedliche Stadien der Vermoorung. Gut voneinanderabgrenzbar sind Himmelsweiher und Teichflachmoore. Esgibt aber auch zahlreiche Übergangsformen.

Das Wasser in Himmelsweihern ist sehr sauer undnährstoffarm, weil es aus bodensauren Kiefernwäldern aufsandigem Untergrund oder direkt durch Regen in den Teichgelangt. Wie in echten Mooren wachsen darin speziell ansehr saure Bedingungen angepasste Pflanzen wie z.B.Torfmoose, Moosbeeren, der fleischfressende Sonnentauoder Bremis Wasserschlauch.

Moosbeere Wollgras

Rundblättriger Sonnentau

Himmelsweiher8

Mit den klebrigen Tropfen fängt der Sonnentaukleine Insekten und deckt dadurch seinen Bedarf anStickstoff und Phosphaten, die der saureMoorboden nicht ausreichend enthält.

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Im Gegensatz zu intensiver genutzten Teichen ist derTeichschlamm in Teichflachmooren nährstoffarm.Seine besondere Konsistenz ist für die darin lebendenPflanzen und Tiere überlebenswichtig.

Blüte über Wasser undFangbläschen, mit denenkleine Wasserlebewesengefangen werden, unterWasser.

Bremis Wasserschlauch hatim Aischgrund seine einzigenVorkommen in Deutschland.

Teichflachmoor Torfmoos Steife Segge Bremis Wasserschlauch

...undTeichflachmoore

Teichflachmoore:Pflanzenreste werden bei Sauerstoffmangel im Schlammflacher Teiche unvollständig abgebaut, wodurchmoorähnliche (anmoorige) Bedingungen am Teichbo-den (Gewässergrund) entstehen.

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Expertengruppe aus StMUG, Regierung und Landkreisen10

Moorweiherprojekt im AischgrundKulturlandschaft als Quelleder BiodiversitätHimmelsweiher und Teichflachmoore sind seit 1996 dieKerngebiete des BayernNetz Natur-Projektes„Lebensraumnetz Moorweiher und Niedermoore“ – kurz„Moorweiherprojekt“ genannt – des Landkreises Erlangen-Höchstadt und des LandschaftspflegeverbandesMittelfranken. Arbeiten zur Wiederherstellung vonMoorweihern werden seit Projektstart überNaturschutzförderprogramme finanziert, wobei Teichwirteund Grundstückseigentümer von Anfang an beteiligtwurden und aus dem „Naturschutz“ bei Interesse einZusatzeinkommen beziehen können.

Mittlerweile hat der Landkreis Erlangen-Höchstadt über 50ha Teichfläche angekauft und dadurch wertvolle Moorweihergesichert. Ein Facharbeitskreis legt die Projektinhalte fürdiese, aber auch für weitere, bewirtschaftete Teiche fest,begleitet die Umsetzung und führt Erfolgskontrollen anZielarten wie Moorfrosch und Moosjungfern durch. Für dieeinzelnen Teiche und Teichketten im Projektgebiet wurdenPflegekonzepte erstellt, die seither kontinuierlichweiterentwickelt werden. Die Erfolge der unterschiedlichenMaßnahmen werden dokumentiert.Neue, sich aus den angepassten Pflege-konzepten ergebende Maßnahmenwerden kurzfristig umgesetzt.

Viele Tiere reagieren auf Annäherungdes Menschen mit Flucht, deshalb istBesucherlenkung vor allemzur Laichzeit der Moorfrösche undwährend der Vogelbrutzeiten einwichtiges Aufgabenfeld.

Nürnberg

Erlangen

Fürth

B a y e r n

M i t t e l f r a n k e n

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PillenfarnWassernabel

Abflachung eines Teichdammes Gleicher Teichdamm wie links nach der Renaturierung

Informationstafeln zum Projekt11

Pflege auch an Moorweihern ein Muss

Bei vielen Teichen des Moorweiherprojektes handelte es sichum aufgelassene Teiche am Waldrand oder im Wald, diewegen schwankender Wasserstände fischereiwirtschaftlichuninteressant waren und meist durch Entbuschung,Dammsanierung und Wassereinstau erst wieder hergestelltwerden mussten.

Früher wurden Seggen und Binsen in Teichflachmooren vonden Landwirten im Winter über Eis gemäht und das Mahdgutwurde als Einstreu in den Ställen genutzt. Das ist heute zuzeitintensiv und wird von den Landwirten daher nicht mehrpraktiziert. Dies führt langfristig dazu, dass dieVerlandungszonen der Teiche verfilzen oder verbuschen.Amphibien, Vögel und Libellen benötigen im zeitigenFrühjahr jedoch besonnte, offene Teichränder mitVersteckmöglichkeiten unter Wasser. AbgestimmtePflegemaßnahmen, wie z.B. die Wiederherstellung ehemaligerTeiche, Entbuschung im Winter über Eis und die Anlage vonFlachwasserzonen führen dazu, dass Landschaftselementeund Zustände wieder hergestellt werden, die bei traditionellerNutzung früherer Jahrhunderte als Nebenproduktmenschlicher Tätigkeit kostenlos entstanden sind. Dieserkulturhistorisch gewachsene Zustand ist es, der für diemeisten gefährdeten und vom Aussterben bedrohten Tier-und Pflanzenarten überlebensnotwendig ist.

Die Extensivierung von Grünland und Ackerflächen im Umfeldvon nährstoffarmen Teichen ist auch eines der Ziele desProjektes. Auf diese Weise sollen Einschwemmungen vonNährstoffen reduziert werden.

Die Abflachung dieses steilen Teichdammesführte dazu, dass seit Jahrzehnten in demDamm begrabenes Sporenmaterial desPillenfarns wieder auflebte.

Der unscheinbar wie Gras aussehendePillenfarn wächst am Gewässergrund vonTeichflachmooren, ist aber eine echteFarnpflanze.

Auch der Moorfrosch reagierte in den Folgejahren derMaßnahme mit einer Vervielfachung des Restbestandes voneinigen Dutzend auf mehrere hundert Tiere. Eine Folgemahdder Dämme und Verlandungsbereiche per Hand sowie exten-sive Beweidung stellen die ökologischste Form der Damm-pflege dar und unterstützen diese positive Entwicklung.

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Moorfrosch beginnende Blaufärbung Moorfrosch

Moorfroschpaar im Amplexus

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Blaue Frösche...Zur Laichzeit sind Moorfroschmännchen für wenige Tage imJahr himmelblau gefärbt. Die auffällige Färbung hängt vonder Wassertemperatur ab. So kommt es in kalten Jahren vor,dass die Männchen nicht blau werden. Dann sind sie leichtmit dem häufigeren Grasfrosch zu verwechseln.

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Im Aischgrund kommen 11 verschiedeneAmphibienarten vor. Die stark gefährdeteKnoblauchkröte kann sich bei Gefahr durcheinen Fressfeind, wie z.B. die Ringelnatteraufblähen, um größer zu erscheinen als sieist – eine gekonnte Täuschung.

Bergmolch

Kamm- u. Bergmolche als LaichräuberLaubfrosch

Ringelnattern13

...und aufgeblasene Kröten

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Moorfroschknäuel mit Grasfroschweibchen in der Mitte Teichflachmoor in einer ehemaligen Sandgrube14

Liebe macht blindLiebestolle Moorfroschmännchen nehmen es nicht sogenau mit der Partnerwahl.

Im Getümmel der Moorfroschlaichgruppen befinden sichoft auch einzelne Grasfrösche, die größer sind alsMoorfrösche. Durch die „himmelblaue Brille“ sehenMoorfroschmännchen dann ein „Superweibchen“ und nichtselten versuchen gleich mehrere Moorfroschmännchenzugleich dieses Weibchen für sich zu gewinnen.

Fehlpaarung Moorfrosch Laubfrosch

Moor- und Grasfroschknäuel

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Saurer Himmelsweiher Landgang eines Laubfrosch-Hüpferlings15

Auf über 70 Teiche in 30 Teichketten verteilen sich dieVorkommen des Moorfrosches im Aischgrund. Dies ist derzweitgrößte Bestand in Bayern.

Der Moorfrosch ist extrem anfällig gegenüber Veränderungenseiner Lebensräume. Er benötigt als Laichgewässer sehr flacheUfer saurer, nährstoffarmer Teiche mit Verlandungszonen.Feuchte nährstoffarme Wiesen und Wälder mit hohemGrundwasserstand braucht er als Jahreslebensraum. GeringerFischbesatz ohne Raubfische in seinen Laichgewässern wirdtoleriert, intensiv genutzte Teichanlagen mit hohemKarpfenbesatz und Nährstoffanreicherung meidet er jedoch.

SpezielleLebensräume

Erdkrötenpaarung

Feuchter Bruchwald

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Kleine Moosjungfer Kleine Moosjungfer, Paarungsrad

Zierliche Moosjungfer – sie hat in Bayern mittlerweile weniger als 10 aktuell bestätigte Fundorte

Nordische Moosjungfer 16

Teufelsnadeln und WeißnasenDie Bezeichnungen „Teufelsnadeln“, „Augenstecher“,„Augenbohrer“ oder „Pferdetod“ wurden in früheren Zeitenfür Libellen benutzt. Libellen können nicht stechen, sindaber gute Flugkünstler und in der Lage, mit ihremSchwirrflug wie ein Hubschrauber an einer Stelle in der Luftzu verharren, um dabei Gegenstände genau zu betrachten.Es kann dabei recht bedrohlich wirken, wenn sich eineGroßlibelle wie z.B. die Mosaikjungfer aus nächster Nähe dasGesicht eines Menschen betrachtet.

Mehrere Dutzend Libellenarten gibt es im gewässerreichenAischgrund. In moorähnlichen Gewässern kommen die sehrseltenen Moosjungfern vor, die den wissenschaftlichenNamen „Leucorrhinia“ tragen, was übersetzt „Weißnasen“bedeutet. Alle 5 in Deutschland vorkommendenMoosjungfernarten wurden im Aischgrund nachgewiesen.

Moosjungfern benötigen als Lebensraum sehr saureGewässer mit Torfmoosen, Seggen und Binsen alsVersteckmöglichkeiten für ihre Larven. Die Larven derMoosjungfern benötigen 3 Jahre für ihre Entwicklung zurLibelle und werden gerne von Fischen gefressen. Deshalbmüssen ihre Gewässer zwar dauerhaft wasserführend sein,dürfen aber keinen Fischbesatz aufweisen. Das sind sehrspezielle Anforderungen, die nur wenige Teiche erfüllen.

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Feuerlibelle

Feuerlibelle Schlupf

Kleines Granatauge

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KlimatischeVeränderungenSeit einigen Jahren können im Aischgrund verstärkt Libel-lenarten beobachtet werden, die ihren Verbreitungsschwer-punkt südlich der Alpen im Mittelmeerraum haben. Einflügesolcher Arten nach Mitteleuropa hat es bei günstigen Wind-strömungen wahrscheinlich schon immer gegeben, nördlichder Alpen überlebten diese Arten den Winter jedoch nicht.

Mittlerweile sind mehrere wärmeliebende Libellenarten wiez.B. die Feuerlibelle, die Südliche Heidelibelle, die KleineKönigslibelle, die Schabrackenlibelle oder das Kleine Granat-auge jedoch seit einigen Jahren auch im Aischgrundheimisch und breiten sich aus.

Der Aischgund ist eine der trockensten und wärmsten Regio-nen Bayerns. Wen wundert es da, dass Habitatverschiebun-gen und klimatische Anpassungen in der Tierwelt hier ent-sprechend deutlich zu beobachten sind.

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Moorfrosch Große Moosjungfer 18

Erfolge auf der ganzen LinieÜber Erfolgskontrollen wurde die Populationsentwicklungder besonderen und seltenen Arten Moorfrosch und GroßeMoosjungfer dokumentiert. Seit Projektbeginn hat sich derMoorfroschbestand im Aischgrund verfünffacht.

Der insgesamt positive Trend bei der Moorfroschpopulationist weitestgehend auf die verbesserten Laichplatz- und Le-bensraumbedingungen als Ergebnis des Moorweiherprojek-tes zurückzuführen.

Ein Anstieg ab 2002 ist ein deutlich verzögertes Ergebnis derMaßnahmen, die in den 1990er Jahren durchgeführt wur-den. Das veranschaulicht, dass oft nur langfristig angesetzteProjekte im Naturschutz zum Erfolg führen. Das Ziel mancherMaßnahmen wird oft erst nach Jahren erreicht.

Auch Rückschläge gehören dazu

Der starke Einbruch der Moorfroschpopulation im Jahr

2000 stellte Erfolge des damals 5 Jahre alten Projektes

„Lebensraumnetz Moorweiher und Niedermoore“ erst

einmal in Frage und wurde im Facharbeitskreis 2000 kon-

trovers diskutiert.

10 Jahre nach Projektbeginn war im Jahr 2005 ein noch

nie da gewesener Tiefststand erreicht. Die damaligen

Populationsrückgänge waren an zahlreichen Teichen des

„Weihergebietes“ zeitgleich zu beobachten und sind nicht

auf Biotopverschlechterung, sondern auf klimatische

Einflüsse zurückzuführen, die Amphibienbestände

ebenfalls beeinflussen.

In beiden Fällen sind diese Einbrüche auf Austrocknung

oder starke Wasserstandsrückgänge zahlreicher Moor-

froschlaichgewässer zwei Jahre davor, also 1998,

zurückzuführen (Wassermangel im zeitigen Frühjahr) und

2003 (heißer, trockener Sommer).

Außerdem wurde das Laichgeschehen 1998 durch zahlrei-

che Kälteeinbrüche mit Überfrieren der Laichballen unter-

brochen. Der Moorfrosch wird mit 2 Jahren geschlechts-

reif, weshalb in den Jahren 2000 und 2005 die frisch

geschlechtsreifen Nachkommen der Folgegeneration

weitestgehend fehlten. Dies hatte einen drastischen

Populationseinbruch zur Folge.

Die Große Moosjungfer war in den 1990er Jahren nur noch aneiner Hand voll Teichen mit einzelnen Individuen nachweis-bar. Mittlerweile gibt es im Vergleich zum Beginn des Projekts1996 mindestens doppelt so viele Teiche im Aischgrund, dieein stabiles Vorkommen dieser Libellenart aufweisen – Erfolgauf der gesamten Linie! Aufgrund dieser erzielten Erfolge beiMoorfrosch und Moorlibellenarten kann das Moorweiherpro-jekt mittlerweile als Pilotprojekt mit Vorbildfunktion gelten.

Ein langer Atem ist beiNaturschutzprojektenGrundvoraussetzung für Erfolge.

BestandsentwicklungMoorfrosch im Aischgrund

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4000

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Purpurreiher

Wespenbussard19

Naturbeobachtung und Fotografie

Für Ornithologen, Naturliebhaber und Fotografen ist derAischgrund ein Eldorado.

Einige wichtige Beobachtungen und Beiträge über dasVorkommen seltener Arten, die oft für Naturschützer undWissenschaftler eine wichtige Grundlage darstellen, gehenauf Hobbybeobachter zurück.

Die erzielten Erfolge sind kein konstanter Zustand.Die Pflege der Teichflachmoore und Himmelswei-her ist eine Daueraufgabe, die auch weiterhin ge-währleistet bleiben muss. Nur so kann der erreich-te gute Zustand der Kulturlandschaft imAischgrund für moorbewohnende Tier- und Pflan-zenarten erhalten bleiben.

Die Attraktivität dieser Kulturlandschaft mussauch für den Menschen bewahrt werden, daherwird auch die Besucherlenkung weiterhin einwichtiges Thema bleiben. Die oft relativ kleinen,moorigen Standorte sind trittempfindlich undkönnen keine größeren Besucherzahlen vertragen.

Auch seltene Vogelarten und laichende Moorfrö-sche gilt es zu schützen. Ziel und Auftrag ist es, ne-ben dem Schutz der Arten eine verantwortungs-bewusste Naturbeobachtung möglich zu machen,die Wertschätzung für diesen Lebensraum zu stei-gern und dadurch dauerhaft unsere „blauenFrösche“ auch für die folgenden Generationen zuerhalten.

Ausblick

Der Schutz der heimischen Tiereund Pflanzen geht immer vor.

Neben Infotafeln an zahlreichen Moorweihern werden sai-sonal zur Moorfroschlaichzeit auch einzelne Teichdämmegesperrt. Beobachten und fotografieren ist nur vom Gewäs-serrand aus erlaubt, Störungen laichender Amphibien undbrütender Vögel vom Wasser aus sind nicht gestattet!

Die Hinweisschilder müssen beachtet werden.

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Dankden Projektbeteiligten:

Amt für Ernährung, Landwirt-schaft und Forsten Fürth

Außenstelle für Karpfenteich-wirtschaft Höchstadt/ Aisch

Bayerischer Naturschutzfonds

Bayerisches Landesamtfür Umwelt

Bezirk Mittelfranken

Beteiligte Gemeinden

Biologikum Erlangen der Fried-rich-Alexander-Universität

Bund Naturschutz

Facharbeitskreisder ABSP Projektgruppe

Forstbetrieb Forchheim

Institut für Vegetationskunde undLandschaftsökologie (IVL),Hemhofen

Landesbund für Vogelschutz

Maschinenring und Landwirte

Teichwirte, Privatwaldbesitzerund Privatpersonen

Danke auch an alle, die nochzum Gelingen des Projekts bei-getragen haben.

Quellenangeben:

Portrait Spix (S. 3) aus Schönitzer,K. 2011 "Ein Leben für dieZoologie", mit freundlicher Geneh-migung des Allitera-Verlags

Portrait Jäckel (S. 3) aus "Syste-matische Übersicht der VögelBayerns", von Andreas JohannesJäckel, herausgegeben von Prof.Dr. Rudolf Blasius, erschienen1891 im Kommissionsverlag vonR. Oldenbourg, München undLeipzig

Kartengrundlagen S. 10 aus FIS-Natur, mit freundlicher Geneh-migung der GUC, Gesellschaftfür Umweltplanung und Com-putergrafik mbH, München

Weiterführende Informationenzum Gemeinschaftsprojekt„Lebensraumnetz Moorweiherund Niedermoore“:www.erlangen-hoechstadt.de

Herausgeber:

Regierung von MittelfrankenPromenade 2791522 AnsbachTelefon: 0981/ 530Fax: 0981/531206 oder -1456poststelle@reg-mfr.bayern.deregierung.mittelfranken.bayern.de

ImpressumAnsprechpartner:

Landratsamt Erlangen- HöchstadtSchlossberg 1091315 Höchstadt a.d. AischTelefon: 09193 / 20 - 0Fax: 09193 / 20 - [email protected]

LandschaftspflegeverbandMittelfrankenFeuchtwanger Straße 3891522 AnsbachTelefon: 0981 / 4653 3520Fax: 0981 / 4653 [email protected]

Text:

Udo PankratiusDr. Stefan BögerDr. Gabriele Kluxen

Titelfotos:

Hajo Dietz Nürnberg Luftbild(rechtes Titelbild)Udo Pankratius (Moorfrosch)

Bildnachweis:

Udo Pankratiusalle Fotos außer:

Johannes Marabini(Foto S. 9 rechts oben,Foto S. 11 links oben)

Dr. Stefan Böger(Foto Seite 5 rechts unten)

Harald Schott(Foto S. 11 rechts unten)

Gestaltung:

Horst Lößlwww.horstloessl.de

Satz:TypoService Schurkus

Druck:COS Druck und Verlag,Hersbruck

Diese Broschüre wurde mit Unterstützung desBayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit,sowie aus Mitteln der Europäischen Union gefördert.