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Inhalt Vorwort Gisela Rothe ..............................................................................10 Frederick G. Morgan 1940–1999 Walter van Hauwe, Niederlande...........................................14 Kees Boeke, Niederlande/Italien ..........................................18 Rodney Waterman, Australien ..............................................22 Alte Blockflöten: unser Erbe Frederick G. Morgan ...............................................................28 Die Werkstatt – Daylesford/Australien Alexandra Williams, Australien............................................36 Natasha Anderson, Australien ..............................................38 Joanne Saunders, Australien ..................................................40 Dieter Mücke, Australien .......................................................42 Elwyn Dennis, Australien ......................................................46 Pavel Sraj, Slowenien/Australien ..........................................47 Barbara Williams, Australien ................................................48 Gwen Rathjens, Australien ....................................................50 Blockflötenbau nach historischen Vorbildern Frederick G. Morgan ...............................................................56 Lehrer und Kollege Ricardo Kanji, Brasilien ..........................................................74 Jean-François Beaudin, Kanada.............................................77 Adriana Breukink, Niederlande............................................78 Shigeharu Hirao-Yamaoka, Japan.........................................81 Peter van der Poel, Niederlande ...........................................82 Philippe Bolton, Frankreich ..................................................83 Jacqueline Sorel, Niederlande ..............................................84 David Coomber, Neuseeland ................................................86 Interview Frederick G. Morgan – Geoffrey Burgess...........................90 Spieler und Instrument Nikolaj Ronimus, Dänemark ................................................96 Hans-Dieter Michatz, Deutschland/Australien ...............99 Michala Petri, Dänemark .....................................................101 Maurice Steger, Schweiz .......................................................103 Masami Kataoka, Japan ........................................................104 René Clemencic, Österreich ...............................................105 Helmut Schaller, Österreich ...............................................105 Bolette Roed, Dänemark .....................................................105 Ros Bandt, Australien ...........................................................106 Ulrike Volkhardt, Deutschland ..........................................107 Sigiswald Kuijken, Belgien ..................................................108 Gerd Lünenbürger, Deutschland .......................................109 Lorenzo Cavasanti, Italien ...................................................110 Dale Higbee, USA.................................................................111 Neville Fletcher, Australien .................................................112 John Martin, Australien .......................................................114 Bruce Haynes, Kanada..........................................................119 Kleine Einführung in die Welt der Blockflöte Frederick G. Morgan.............................................................130 Die Antipodische Blockflöte Robert Baines, Australien ....................................................148 Eine Blockflöte für die Musik von J. J. van Eyck Frederick G. Morgan.............................................................154 Erinnerungen Eva Legène, USA ...................................................................162 Dan Laurin, Schweden .........................................................167 Conrad Steinmann, Schweiz ...............................................170 Anneke Boeke, Niederlande ................................................173 Pamela Thorby, Großbritannien ........................................174 Susanna Laurin, Schweden ..................................................175 Karina Agerbo, Dänemark ..................................................176 Ruth Wilkinson, Australien ................................................177 Vicki Boeckman, USA/Dänemark ....................................179 Evelyn Nallen, Großbritannien ..........................................180 Marion Verbruggen, Niederlande ......................................182 Paul Whinray, Neuseeland ..................................................182 Lynton Rivers, Australien ....................................................183 Barthold Kuijken, Belgien ...................................................184 Hans Maria Kneihs, Österreich .........................................185 Alte und neue Blockflöten Frederick G. Morgan.............................................................190 Gedicht Frans Brüggen, Niederlande ................................................199 Anhang Flötenbauer des Barock ........................................................200 Blockflötenbegriffe................................................................202 Bild- und Quellennachweise ...............................................204 Übersetzer ...............................................................................205

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Page 1: Morgan-Book 05:Layout 1 - Mollenhauer · dem 17. Jahrhundert zu vermessen, die von der dänischen Blockflötistin Eva Legène im Schloss Rosen-borg/Kopenhagen entdeckt worden waren.

Inhalt

Vorwort

Gisela Rothe..............................................................................10

Frederick G. Morgan 1940–1999

Walter van Hauwe, Niederlande...........................................14

Kees Boeke, Niederlande/Italien..........................................18

Rodney Waterman, Australien..............................................22

Alte Blockflöten: unser Erbe

Frederick G. Morgan...............................................................28

Die Werkstatt – Daylesford/Australien

Alexandra Williams, Australien............................................36

Natasha Anderson, Australien ..............................................38

Joanne Saunders, Australien ..................................................40

Dieter Mücke, Australien.......................................................42

Elwyn Dennis, Australien ......................................................46

Pavel Sraj, Slowenien/Australien ..........................................47

Barbara Williams, Australien ................................................48

Gwen Rathjens, Australien ....................................................50

Blockflötenbau nach historischen Vorbildern

Frederick G. Morgan...............................................................56

Lehrer und Kollege

Ricardo Kanji, Brasilien..........................................................74

Jean-François Beaudin, Kanada.............................................77

Adriana Breukink, Niederlande............................................78

Shigeharu Hirao-Yamaoka, Japan.........................................81

Peter van der Poel, Niederlande ...........................................82

Philippe Bolton, Frankreich ..................................................83

Jacqueline Sorel, Niederlande ..............................................84

David Coomber, Neuseeland ................................................86

Interview

Frederick G. Morgan – Geoffrey Burgess...........................90

Spieler und Instrument

Nikolaj Ronimus, Dänemark ................................................96

Hans-Dieter Michatz, Deutschland/Australien ...............99

Michala Petri, Dänemark.....................................................101

Maurice Steger, Schweiz.......................................................103

Masami Kataoka, Japan........................................................104

René Clemencic, Österreich ...............................................105

Helmut Schaller, Österreich ...............................................105

Bolette Roed, Dänemark .....................................................105

Ros Bandt, Australien...........................................................106

Ulrike Volkhardt, Deutschland ..........................................107

Sigiswald Kuijken, Belgien ..................................................108

Gerd Lünenbürger, Deutschland .......................................109

Lorenzo Cavasanti, Italien ...................................................110

Dale Higbee, USA.................................................................111

Neville Fletcher, Australien .................................................112

John Martin, Australien .......................................................114

Bruce Haynes, Kanada..........................................................119

Kleine Einführung in die Welt der Blockflöte

Frederick G. Morgan.............................................................130

Die Antipodische Blockflöte

Robert Baines, Australien ....................................................148

Eine Blockflöte für die Musik von J. J. van Eyck

Frederick G. Morgan.............................................................154

Erinnerungen

Eva Legène, USA ...................................................................162

Dan Laurin, Schweden .........................................................167

Conrad Steinmann, Schweiz ...............................................170

Anneke Boeke, Niederlande................................................173

Pamela Thorby, Großbritannien........................................174

Susanna Laurin, Schweden ..................................................175

Karina Agerbo, Dänemark ..................................................176

Ruth Wilkinson, Australien................................................177

Vicki Boeckman, USA/Dänemark....................................179

Evelyn Nallen, Großbritannien ..........................................180

Marion Verbruggen, Niederlande ......................................182

Paul Whinray, Neuseeland ..................................................182

Lynton Rivers, Australien ....................................................183

Barthold Kuijken, Belgien ...................................................184

Hans Maria Kneihs, Österreich .........................................185

Alte und neue Blockflöten

Frederick G. Morgan.............................................................190

Gedicht

Frans Brüggen, Niederlande................................................199

Anhang

Flötenbauer des Barock ........................................................200

Blockflötenbegriffe................................................................202

Bild- und Quellennachweise ...............................................204

Übersetzer ...............................................................................205

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Fred Morgan to Frans Brueggen: 16.3. 1978 Frans - I am looking forward more than Ican tell you to living and working in Hol-land - close to the old instruments, close tothe musicians and to the teachers, to goingto hear some concerts for a change, and toall the life thought of Europe. Probably Iwill not want to leave.

26.4. 1978I have your letter of the 17th. That's won-derful news about the work-space. The sizeis excellent. Thank you very much. I am writ-ing my thanks to Henk de Wit too. On acanal sounds just too good. I will bringwith me some soprano recorders all readyfor block-fitting, voicing , tuning, so thatI don't need a machine for a month or two.They can come by sea. Time is getting shortnow, with still a few instruments to finish,and lots of packing.

Frans Brueggen to Fred Morgan, 17.2. 1 976Where the hell is Daylesford 3460? - I cannotfind it on the map - and more importantly -are you happy there?

Fred Morgan to Frans Brueggen, 24.2. 1 976Daylesford 3560 is a very small town, about2700 people, and some dogs and cows, about 70miles from Melbourne. The building I have isan old Hotel, with 20 bedrooms, and two largeworkrooms. My work is coming so much fasterhere, away from the pointless speed of Mel-bourne. I am pretty happy, but also (still) feelingthat I will come to Europe again soon. Can you give me an idea of some things inAmsterdam, or maybe The Hague? These are mythoughts - I miss being close to the oldinstruments, and think I will do much betterwith building if I am on the spot in Europe.However, I do not want to leave Australia forgood.

1978 bezog Fred in Amsterdam eine Werkstatt, um in grö-ßerer Nähe zu den bedeutenden europäischen Blockflötis-ten und besonders den Originalinstrumenten zu sein, diefür ihn so inspirierend waren. Während dieser Zeit unter-richtete er Blockflötenbau am Königlichen Konservatori-um in Den Haag und vermaß und fertigte Zeichnungenaller historischen Instrumente in der privaten Blockflöten-sammlung von Frans Brüggen an. Eine prachtvolle Ausga-be dieser Zeichnungen wurde 1981 bei Zen-On veröffent-licht. Letztendlich war Amsterdams Hektik jedoch keinErsatz für die Abgeschiedenheit des ländlichen Victoriasin Australien. Freds Herz schlug eher für die Landschaft,die sich rund um den Wombat Hill in Daylesford erstreckt.Im Sommer1980 kehrten Fred und Ann dorthin zurück.

1982 besuchte er Dänemark, um zwei Blockflöten ausdem 17. Jahrhundert zu vermessen, die von der dänischenBlockflötistin Eva Legène im Schloss Rosen-borg/Kopenhagen entdeckt worden waren. Sie waren ausdem Stoßzahn eines Narwals ursprünglich für König Chri-stian IV. gefertigt worden. Fred baute daraufhin einige

Frederick G. Morgan 1940 –1999Rodney Waterman

exquisite Blockflöten aus Ahorn, die von diesen Origina-len abgeleitet waren und einige Jahre später sogar ein Paaraus Narwal-Elfenbein, das Eva Legène ihm besorgt hatte.

1986 verlegte Fred seine Werkstatt von der GemeindeDaylesford zum Snake Hill, Coomoora (nordöstlich vonDaylesford), nur einen Steinwurf vom Haus seiner Fami-lie entfernt. In dieser idyllischen Umgebung fuhr er fort,seine blockflötenbauerischen Fähigkeiten zu verfeinernund zu erweitern. Er war ein ungemein genauer Hand-werker und außergewöhnlich geschickt im „Voicing“ –der endgültigen und empfindlichen Ausgestaltung desWindkanals, die maßgeblich über die Klangqualität einerBlockflöte entscheidet. Fred beschrieb einmal die vierwichtigsten Aspekte des Charakters und der Spieleigen-schaften einer Blockflöte: „Ansprache, Intonation, einschöner Klang und ein schönes Erscheinungsbild.“ Erhatte Freude daran, ungewöhnliche Blockflöten auf einerVielzahl von Stimmtonhöhen zu bauen. Pionier war erbei der Entwicklung einer modernen Blockflöte imGanassi-Stil, die heute weithin für Solorepertoire von

Mittelalter, Renaissance und Frühbarock verwendetwird. Bis unmittelbar vor seinem frühen Tod experimen-tierte er noch mit neuen Blockflötenmodellen. Seine Lei-denschaft für Innovationen ließ nie nach und niemalsverfiel er in Selbstzufriedenheit.

Fred teilte großzügig und geduldig seine Fertigkeitenund sein Wissen mit allen Musikern und Instrumenten-bauern, die die Pilgerreise zu seiner Werkstatt unternah-men. Auf Musikfreizeiten und Festivals war er als Lehrerund Referent sehr beliebt und er schrieb mehrere Artikel,die in australischen und internationalen Zeitschriftenerschienen. Von 1985 bis 1995 war er Mitherausgeber derZeitschrift der Victorian Recorder Guild; 1996 wurde erSchirmherr der „Gilde”.

Fred war freundlich und schüchtern, ein liebenswürdi-ger Riese von Mann und es ist bemerkenswert, dass seinegroßen Hände zu solcher Finesse fähig waren. Seine Stim-me wird durch seine Instrumente weiter singen und dieWelt wird durch die Magie seiner Handwerkskunstberührt werden.

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Praxis BlockflötenbauUm zu den mehr praktischen Dingen zurückzu kehren, sollte etwas zu Werkzeugen, Metho-den und zu Buchsbaum gesagt werden. UmBuchsbaum für die Bearbeitung vorzuberei-ten, finde ich es am besten, ihn so bald wiemöglich zum Trocknen zuzuschneiden. WennStücke etwas größer geschnitten und dannrund gedrechselt werden, können sie vermes-sen und mit dem Datum des Zuschneidensversehen werden. Buchsbaum neigt dazu, sichüber seine ganze Länge zu verziehen, und mansollte ihm vor dem Bohren hierfür freien Lauflassen. Wenn dies nach dem ersten Drechselnauftritt, muss das Stück nochmals geradegedrechselt werden. Das macht man in Inter-vallen von einigen Wochen jedes Mal, wenneine Verformung auftritt – und irgendwannwird das Verziehen vorbei sein. Erst dann soll-te eine Bohrung durch die Mitte angebrachtwerden, denn wenn sich ein Stück danach ver-zieht, wird sich auch der Bohrungsverlauf ver-ziehen und wir müssen das Stück wegwerfen.Ich habe Buchsbaum, der als Stamm seit über40 Jahren trocknet und doch verformen sicheinige Teile immer noch etwas in den erstenWochen, nachdem sie zugeschnitten undgedrechselt wurden. Abgesehen von diesemnicht unwichtigen Nachteil der Verformung,ist Buchsbaum ein wunderbares Arbeitsmate-

rial und erlaubt dem Flötenbauer große Freiheiten beimSchnitzen des Windkanals, weil er sauber geschnitten wer-den kann, selbst wenn er vom Spielen feucht ist.

Um Prototypen zu bauen oder mit Bohrungen zu expe-rimentieren sind einstellbare Reibahlen mit sechs Schnei-den sehr nützlich, genauso wie Wachs und Knete, umZusammenhänge zwischen bestimmten Bohrungsberei-chen und einzelnen Tönen und Obertönen herauszufin-den. Sobald das Bohrungsprofil feststeht, können guteRäumer aus weichem Stahl hergestellt werden, indem maneinen glatten Stab zum exakten Profil jedes einzelnen Boh-rungsbereiches dreht und dann eine Schneidekante fräst.Dieses Werkzeug wird allgemein Reiber/Räumer genannt.Einige Experimente mit Ansatz- und Schneidewinkelsind nötig, um den besten Schnitt zu erhalten, aber solchein Räumer aus Stahl kann an einem Tag hergestellt wer-den. Er wird eine lange Zeit halten, bis er durch wieder-

Blockflötenbau auf Basis historischer Modellevon Frederick G. Morgan

holtes Schärfen ungenau wird. Durch Härten wird er nochlänger halten, doch besteht das Risiko, dass er sich ver-formt.

Windkanäle können auf viele verschiedene Weise gear-beitet werden. Ich selbst benutze eine kleine Handmaschi-ne, die ein Schneidemesser mit der gewünschten Krüm-mung auf einem Schlitten trägt. Dieses schneidet denWindkanal parallel zur Kopfbohrung; die Verjüngungwird dann mit Handwerkzeugen gestaltet. Die Windka-naloberbahn wird ebenfalls von Hand geschnitzt und bear-beitet, indem ich ein gezahntes Stecheisen (hergestellt auseinem alten Vierkant oder einer dreikantigen Feile) ver-wende, um Holz schnell zu entfernen. Zudem verwendeich für die Feinbearbeitung einen gebogenen Stechbeitel,der zu einem Schabwerkzeug, nicht zu einem Schneide-werkzeug, geschliffen wurde. Dieses Schabwerkzeug hateine geringfügig kleinere Kurvenkrümmung als der Wind-kanal und erlaubt somit, Holz von jeder beliebigen Stelledes Windkanals zu entfernen. Der Windkanal kann eben-

falls entsprechend der gewünschten Krümmungslinie kor-rigiert werden, sollte er seine Krümmung während des Ein-spielens und des letzten Voicing verändern. Das auf demSchlitten geführte Messer schneidet auch das Unterlabiumsehr gut aus; dieser Bereich kann auf Wunsch zusätzlichmit Handwerkzeugen weiter angepasst werden.

Das Fenster und die Labiumkante kann man mit einemscharfen Stechbeitel und kleinen Messern sehr genau aus-schneiden. Auch ein Schabeisen ist hier nützlich und ist beider Bearbeitung des empfindlichen Labiums weniger riskantals der Meißel.

Einstellbare Reibahle mit sechs Schneiden, um mit Bohrungen zu experimentieren

Fred Morgans Windkanalmaschine – Verschiedene Windkanalwerkzeuge (Abb. rechts)

Moderner Räumer zum Bearbeiten

der Innenbohrung

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Freds Geduld und methodische Fähigkeiten waren äußersterfolgreich und wir alle lernten eine Menge. Ihm nur dabeizuzusehen, wie er ein Stück Holz drechselte, war eine wich-tige Erfahrung. Aber er war auch in der Lage, die Arbeits-techniken an seine Studenten weiterzugeben, indem er oftganz grundlegende Regeln verwendete: „So muss derStechbeitel gehalten werden.“ – oder: „Behalte das Profil,das du gerade bearbeitest, im Auge“.

Wir lernten von ihm auch, wie das Werkzeug zu schär-fen und in Ordnung zu halten ist, wie Werkzeuge für spe-

zielle Aufgaben herzustellen sind, zum Beispiel Wind-kanalfeilen und -schabmesser, Schnitzmesser und Schaberfür das Labium, Messer zum Unterschneiden der Tonlö-cher usw. Bis heute erinnere ich mich an eine seiner grund-legenden Maximen, insbesondere in Bezug auf das Voicing,die Arbeit an Klang und Ansprache: „Verändere niemalszwei Dinge zur selben Zeit“, pflegte er mir zu sagen, einemeifrigen jungen Mann, der zum Beispiel die Blockflächeabfeilen und zugleich die Fase (Blockkante) anbringenwollte, um Zeit zu sparen.

ch war 25 Jahre alt, als ich 1973 als Nachfolger vonFrans Brüggen zum Professor für Blockflöte am König-

lichen Konservatorium in Den Haag ernannt wurde.Damals wusste ich noch sehr wenig über Blockflötenbauund hatte große Probleme, meine Instrumente so zumSpielen zu bringen, wie ich es wünschte. Mein Freund undKollege Bruce Haynes hatte damit bereits mehr Erfahrun-gen und so beschlossen wir, zusammen einen Workshopüber Blockflötenpflege am Konservatorium zu veranstal-ten. Auch Guido Klemisch war für einige Zeit an diesemKurs beteiligt.

Wir korrigierten Klang und Ansprache, arbeiteten ander Stimmung und lernten, neue Blöcke für Instrumente zubauen, die in schlechtem Zustand waren. Das war eineziemlich wichtige Erfahrung für mich und die Studentenam Konservatorium, denn zu dieser Zeit bauten nur sehrwenige Handwerker Blockflöten, die gut genug für Kon-zerte waren.

Mit dem Namen Fred Morgan verband ich einen her-ausragenden Blockflötenbauer, weit weg in Australien. Erwar dafür bekannt, eine sehr lange Warteliste zu haben.Aber vielleicht bedingt durch meine Position als Professorbekam ich zwei wunderbare Instrumente von ihm in einerdurchaus angemessenen Zeit, mit denen ich sehr glücklichwar (eine von ihm selbst entwickelte Stanesby Sopran undeine schöne Debey-Alt, beide aus gebeiztem Buchsbaum).Beide verwendete ich lange Zeit in Konzerten und Auf-nahmen. Wir schrieben uns gelegentlich Briefe und stan-den bereits damals in sehr freundschaftlichem Kontakt.

Als Fred sich entschloss, einige Zeit in Europa zu ver-bringen, wählte er Amsterdam als Wohnsitz. Er wollte vorallem in der Nähe der vielen Museen sein, um weiter dieoriginalen Instrumente zu untersuchen. Dies war im Jahr1978.

Sobald er dort ankam, fragte ich ihn, ob er Blockflötenbauin einer Klasse des Königlichen Konservatoriums lehrenwürde, und zu unserer großen Freude akzeptierte er dieseEinladung.

Fred plante den gesamten Kurs sehr sorgfältig und stellteeine genaue und ausführliche Liste der benötigten Maschi-nen und Werkzeuge auf: eine beeindruckende Liste vonmehreren Seiten in seiner wunderbaren Handschrift! Wirbekamen vom Konservatorium alles, was wir brauchten.Ich war sein Assistent im Kurs, der jeden Freitagnachmit-tag von 14–18 Uhr stattfand. Dort versammelten sich dieinteressierten Studenten, um dieses Mal vom großen Meisterpersönlich zu lernen.

Fred hatte die Kopie einer Ganassi Blockflöte in a’=466Hz entwickelt und lehrte uns auch, wie man ein solchesInstrument in C nach seinen Zeichnungen des Instrumen-tes in G bauen konnte.

Das Schöne an diesem Kurs war die unglaubliche Frei-heit, in der wir arbeiten konnten. Wir hatten auch mehre-re Studenten von außerhalb des Konservatoriums, die vondem großen Meister angezogen wurden und kamen, umvon ihm zu lernen und mit ihm zu arbeiten. Ich war stetsdabei, um Fred und den Studenten zu helfen, wie ich nurkonnte. Es war eine Zeit von Wohlstand und Fruchtbarkeitfür das Konservatorium und der Direktor, mein geliebter,kürzlich verstorbener Freund, Jan van Vlijmen, war sehrhilfreich und unterstützte die Idee eines Blockflötenbau-seminars, was es in einem Konservatorium noch nie gege-ben hatte. Als Ergebnis wurden viele Studenten dieses Kur-ses professionelle Flötenbauer, wie Jacqueline Sorel, Adria-na Breukink, Ardal Powel, Shige Hirao, Peter van der Poel,Paul van der Linden und andere. Das war Freds Groß-zügigkeit, Engagement und Hingabe als Lehrer zu ver-danken.

Lehrer und KollegeRicardo Kanji

»Ich fragte ihn, ob er einen Blockflötenbau-Kurs leiten würde, und

zu unserer großen Freude akzeptierte er.«

Ricardo Kanji, Brasilien

I

Fred Morgan, Ricardo Kanji, Hans Linnartz

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Interview Frederick G. Morgan – Geoffrey Burgess

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Während des 17. Jahrhunderts bis in die Barockzeit hineinwurde die Blockflöte über den Typus des van Eyck-Instru-mentes (dieser konnte zwei Oktaven mit Griffen spielen,die wir als „barocke“ oder „englische“ kennen) zumbekannten barocken Typ weiter entwickelt. Dieser bestehtaus drei Teilen mit gedrechselten Zierringen. In England,dessen Blockflötenbauer wegen der Qualität ihrer Instru-mente anscheinend in hohem Ansehen standen, trat dieBlockflöte zunächst als Alt in f ’, als Concert Flute auf. Eini-ge der anderen Größen, insbesondere die kleineren, wur-den nach dem Abstand ihrer Stimmlage zur Concert Flutebenannt. So war unsere Sopranblockflöte in c’’ als FifthFlute bekannt (eine Quinte höher als der Alt) und vieleKonzerte wurden in London für eine oder zwei Sixth Flu-tes (Sopran in d’’) mit Streichorchester und Basso continuogeschrieben. Unsere Sopraninoblockflöte war die OctaveFlute. Die Voice Flute (Tenor in d’) wurde manchmal auchThird Flute (eine Terz unter der Altblockflöte) genanntwie auch (auf Kosten der Begriffsgenauigkeit!) eine kleineAltblockflöte in a’ (eine Terz über der Alt). Dieselbe Ver-wirrung zeigt sich bei zwei überlieferten Instrumenten:einem Tenor in b von Stanesby Junior – mit einer „4“gestempelt, um sie als 4th Flute zu kennzeichnen – und beieiner Sopranblockflöte in b’, die ebenso mit einer „4“ gestem-pelt ist. Die Sopranflöte steht eine Quarte über und diesergroße Tenor eine Quinte unter der Altblockflöte. Soscheint es, dass die Bezeichnung „4“ eine Blockflöte in Bkennzeichnet, ganz gleich, ob über oder unter der Alt-blockflöte. Das heißt, dass wir nicht wirklich sicher seinkönnen, ob Dieupart seine Suiten für Fourth Flute (alsAlternative zur Violine) für einen Sopran oder einen Tenor

in B vorgesehen hatte. Oder: Ob Bigaglias Sonate in a-Moll – geschrieben für Fourth Flute – alles andere als gutfür einen Sopran in b’ passt, wenn sie nicht nach g-Molltransponiert wird. Vielleicht wurde der Tenor in c’ auch alsFourth Flute (unter dem Alt) verstanden, wie dies der Her-ausgeber dieses Stücks im Moeck-Verlag vorgeschlägt.

Wenn wir nun eine Liste von Größen der Barockblock-flöten zusammenstellen, finden wir mehrere, die unserbekanntes Blockflötenquartett ergänzen:• Sopranino in f ’’ oder Octave Flute (8ve Flute) – Abb. 1• Sopran in d’’(Sixth Flute/6th Flute) – Abb. 2• Sopran in c’’ (Sammartinis Fifth Flute/5th Flute)– Abb. 3• Sopran in b’ (Fourth Flute/4th Flute) – Abb. 4• Sopran/Alt in a’ (Third Flute/3rd Flute) – Abb. 5• Alt in g’ – dies ist eine schwer einzuordnende Größe, die

vielleicht mit der Frage von Kirchen- oder Kammertonzusammenhängt. – Abb. 6

• Alt in f ’ (Concert Flute) – Abb. 7• Alt in es’ – sehr ungebräuchlich, aber eines der Instru-

mente des Bressan-Blockflötensatzes aus Chester steht in Es.• Voice Flute in d’ – Abb. 8 – in England sehr beliebt, ob-

wohl wir nicht wirklich wissen, wofür sie verwendet wurde. Es ist nicht sicher, ob die deutschen Instrumenten-bauer Voice Flutes gebaut haben, aber es scheint, dassRottenburgh dies tat. Auch das ist eine Frage von Kirchen-und Kammerton.

• Tenor in c’ – Abb. 9• Tenor in b – offensichtlich auch als 4th Flute (Fourth

Flute) bekannt – Abb. 10• Bass in f

Kleine Einführung in die Welt der BlockflöteKleine Einführung in die Welt der Blockflötevon Frederick G. Morgan

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

1 Sopranino in f’‘, Octave Flute, von Benjamin Hallett

(ca. 1713– ca. 1753, England)

2 Sopran in d’‘, Sixth Flute, von Thomas Stanesby Junior

(1692–1754, London)

3 Sopran in c’‘, Fifth Flute, von Richard Haka

(vor 1646–1705, Amsterdam)

4 Sopran in b‘, Fourth Flute, nach Thomas Stanesby Junior

von Frederick G. Morgan

5 Sopran in a’ , Third Flute, nach Peter I. Bressan

von Frederick G. Morgan

Nr. 1–3: Sammlung Frans Brüggen, Amsterdam

Nr. 4: im Besitz von Frans Brüggen, Amsterdam

6 Alt in g’ von Johann Benedikt Gahn

(1674 –1711, Nürnberg)

7 Alt in f’ von Jan Steenbergen

(1676 –1733, Amsterdam)

8 Tenor in d’, Voice Flute, von Peter I. Bressan

(1663–1731, London)

9 Tenor in c’ von Hotteterre

(17./18. Jahrhundert, Paris?)

10 Tenor in b, Fourth Flute, von Thomas Stanesby Junior

(1692–1754, London)

Nr. 5: im Besitz von Daniël Brüggen, Bussum/Niederlande

Nr. 6–10: Sammlung Frans Brüggen, Amsterdam

Blockflötengrößen der Barockzeit