Multiple Chronische Gelenkerkrankung und Rheumatische Infektion im Kindesalter

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708 KLINISCHE WOCHENSCH wfirde eine Durcharbeitung der Arzneimittelwirkungen yon diesen Gesichtspunkten aus nichts anderes als eine dynamische oder energetische Arzneimittellehre bedeuten. Damit wfirden sich aber zweifellos neue Erkl~rungsm6glichkeiten ffir zahl- reiche Widersprfiche, haupts~tchlich auch in der Lehre vom Synergismus und Antagonismus der Arzneimittel bieten, zu denen die Angriffspunktanalyse geffihrt hat. Hierfiir zum Schlusse nur ein Beispiel. Es ist bekannt, dab Atropin l~hmend auf die Nerven- endigungen des Parasympathicus wirkt, und dab nach Atro- pinisierung die Reizung des Parasympathicus, sei es auf elektrischem, sei es auf chemischem Wege, z. t3. dutch Acetyl- cholin, unwirksam bleibt. u Standpunkt der Angriffs- nktlehre aus greift Atropin darnach an den ~uBersten Nervenendigungen des Parasympathicus an und blockiert jeden Reiz, der weniger peripher angreift. Im Laufe der weiteren Forschung hat sich aber immer mehr die Kenntnis B ahn ger ochen, daB, wenn man nur die Acetylcholindosen genfigend steigert, die Atropinwirkung doch ,,durchbrochen" werden kann, eine Tatsache, die sehr schwer mit den Ergeb- nissen der qualitativen Angriffspunktanalyse vereinbar war. CLARK 17 h a t nun gezeigt, dab der antagonistische Effekt yon Atropin und Acetylcholin sich in eine Gleichung bringen l~Bt, die vollst/indig mit der seinerzeit yon Hf3FNER ffir die Reaktion yon Sauerstoff, Kohlenoxyd und HXmoglobin auf- gestellten is fibereinstimmt. Wie im Wettstreit yon Sauer- stoff und Kohlenoxyd um das H~moglobin des Blutes Partial- drucke und Affinit~tskonstanten dieser Gase den Effekt in quantitativ genau definierter Weise bestimmen, so mfiBte bei physikalisch-chemischer Deutung der yon CLARK 17 auf- RIFT. II. JAHRGANG. Nr. 17 23. APRIL i93~ gestellten Gleichung auch der antagonistische Effekt :yon Atropin und Acetylcholin lediglich yon den Konzentrations- verh~ltnissen und Affinit~tskonstanten beider Stoffe ab- h~ngen. Es w~re hiermit zum ersten MMe eine physikalisch- chemische Erkl~rung ffir ein Problem des Giftantagonismus gegeben, wenn nicht CLARK auf Grund anderer Befunde sich gezwungen sXhe anzunehmen, dab Atropin und Acetylcholin mit nicht-identischen Substraten reagieren, wodurch freilich zun~chst die wesentlichste Voraussetzung ffir eine einfache l~lbertragung auf physikalisch-chemische Vorstellungen fehlt. Literatur: 1 MEYtgR-GOTTLIEB, Die experimentelle Pharma- kologie. Berlin u. Wien: Urban & Schwarzenberg 1925. -- ~ H. WINTERSTEIN, Die Narkose. Berlin: Julius Springer 1926. -- O. WARBURG, Jber. Physiol. I, 136 (1923) -- R. H6BER, Physikalische Chemie der Zelte und der Gewebe. Leipzig u. Berlin: W. Engelmann 1914 . _ 3 A. V. HILL, J. of Physiol. 39, 361 (19O9/lO). -- ~ A. I. CLARK, J. of Physiol. 61,530 (1926). -- 5 D. WlLKIE, J. of Pharmacol. 34, I (1928), -- s I. It. GADDUM, J. of Physiol. 61, 141 (1926). -- 7 W. lXTERNST, Theoretische Chemie. Stuttgart: F. Enke 1926. -- s VAN 'T HOFF, Vorlesungen fiber theoretische und physikalische Chemic. Braunschweig: Vieweg & Sohn 19Ol. -- 9 ARRHENIUS, Immunochemie. Leipzig 1907. -- 10 ElCHWALD 11. FODOR, Die physikalisch-chemischen Grundlagen der Biologie. Berlin: Julius Springer 1919. -- 11 H. FREUNDLICH, Capillarchemie. Leipzig: Akademische Verlagsgesellschaft I922. -- le LANGLEY, J. of Physiol. 39, 235 (19o9). -- 18 I. BARCROFT, Die Atmungsfunktion des Blutes II. Berlin: Julius Springer 1929. -- 14 H. FISCHER, Arch. f. exper. Path. 135, 39 (I928). -- 15 W. LIPSCHITZ U. W. HSlNG, Pflfigers Arch. 229, 672 (1932). -- 1~ BAYLISS, GrundriB der allgemeinen Physiologic. Berlin: Julius Springer 1926. -- 1~ A. I. CLARK, J. of Physiol. 61, 547 (1926). -- xs s. G. BARKA~r in Handb. d. norm. u. path. Physiol. 6 I. Berlin: Julius Springer 1928. ORIGINALIEN. MULTIPLE CHRONISCHE GELENKERKRANKUNG UND RHEUMATISCHE INFEKTION : IM KINDESALTER. Von TH. FAHR und und H. KLEINSCHMIDT. Aus der Kinderklinik und dem PathologischenInstitut der Universit~t Hamburg. I. Klinischer Tell. Yon P r o f . H . I4~LEINSCI-IMIDT. Von keiner Seite wird heute mehr daran gezweifelt, dab chronische Arthritiden im I4indesalter hSchst selten aus einer akuten Po]yarthritis rheumatica hervorgehen. Immer wieder vermissen wir eine entsprechende Anamnese, und auch das regelmS.13ige Fehlen endokardialer Yer/~nderungen w/~re nicht zu verstehen. Die ,,primXren" chronischen Arthritiden be- herrschen das Feld. Die Studien fiber ihre Genese sind jedoch bisher h6chst unbefriedigend geblieben. ]?;s kann infolge- dessen nicht wundernehmen, dab nach wie vor ein Zusammen- hang dieser Erkrankungen mit der ,,rheumatischen Infektion" gesucht und bald mit diesen, bald mit jenen Argumenten be- grfindet wird. So weist WIELAND auf das bei der chronischen Arthritis nicht seltene Fieber, die pr0fusen SchweiBe und die wenigstens schmerzlindernde Wirkung des Salicyls hin, die an die ,,M6glichkeit eines echt rheumatischen, vielleicht in einer bestimmten Richtung modifizierten Infektes als ~tio- logischen Faktor dieser eigenartigen I~rankheiten" denken lassen. LEICI~TE~TRITT stfitzt sieh auf bakteriologische Unter- suchungen und glaubt in dem yon ihm geffihrten Nachweis des Viridansstreptococcus bei der Stillschen Krankheit, einer Form der prim~r-chronischen Arthritis des Kindesalters, ,,ZusammenhXnge mit dem Gesamtkomplex der rheuma- tischen Erkrankungen" aufgedeckt zu haben. Dement- sprechend hat er auch die ,,Stillsche 14rankheit" als Infek- tionskrankheit im unmittelbaren AnschluB an den akuten Gelenkrheumatismus in der neuen (IV.) Auflage des Pfaundler-Schlossmannschen Handbuchs der Kinderheilkunde abgehandelt, w~thrend sie noch 1924 won HUSLER unter den Erkrankungen des Bewegungsapparates aufgeffihrt wurde. Die Auffassung LEICtITENTRITTS gewinnt an Bedeutung, wenn wir h6ren, dab er den ]Begriff der Stillschen Krankheit wesentlich erweitern will. Krankheitsbilder, die bisher Ms Arthritis deiormans juvenilis (RHONHEIMER) oder prim/~re chronische Arthritis (PRIBRAM) bezeichnet wurden, werden yon ihm als atypische .F~lle in die Stillsche Krankheit ein- gereiht. Freilich kann er sich hier noch nicht auf entsprechende bakteriologische ]3efunde stfitzen -- er hat fiberhaupt erst bet einem typischen Fall yon Stillscher Krankheit den Strepto- coccus viridans intra vitam aus dem 131ut gezfichtet --, aber es ist zuzugeben, dab die Abgrenzung der Stillschen Krank- heir yon anderen Formen chronischer Arthritis klinisch auf groBe Schwierigkeiten st613t. Die Gelenkver~nderungen zeigen bei keiner Form der multip]en chronischen Gelenkerkrankung des I(indesalters irgendwelche bemerkenswerten Unterschiede bezfiglich Auf- treten, Lokalisation, Aussehen der Gelenke und Bewegungs- beschr~nkung. Wir finden neben unbetrXchtlichen Gelenk- ergfissen vor allem periartikul~re Prozesse, Verdickungen nnd Wucherungen der Gelenkkapsel, in sp~terer Zeit Kapsel- schrumpfungen und Kontrakturstellungen. Sehr erhebliche I)ifferenzen weisen dahingegen die Allgemeinerscheinungen auf. Ffir die typischen F~lle yon Stillscher Krankheit gilt als charakteristisch langdauerndes oder periodisch auftreten- des hohes Fieber, Milztumor und allgemeine Drfisenschwel- lungen; bei den fibrigen F~llen besteht dagegen meist Fieber- losigkeit, auch wild Milz- und Drfisenschwellung vermiBt. Immerhin gibt es nicht wenige t)bergangs]alle mit Schwel- hngen einzelner Drfisen, mit kleinem cder vorfibergehend ifihlbarem Milztumor, mit zeitweise bestehendem Fieber oder wenigstens subfebrilen Temperaturen. Und diese Krankheits- bilder sind es, deren Abgrenzung bislang die gr613ten Schwierig- keiten bereitet. So hat denn auch schon frfiher STRAUSS er- kl~rt: ,,Ich lasse es dahingestellt, ob die h~ufigen F~lle yon gemeiner chronischer Polyarthritis febrilis mit supraartiku-

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708 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

wfirde eine D u r c h a r b e i t u n g de r A r z n e i m i t t e l w i r k u n g e n y o n d iesen G e s i c h t s p u n k t e n aus n i ch t s anderes als eine d y n a m i s c h e oder energe t i sche A r z n e i m i t t e l l e h r e bedeu t en . D a m i t wf i rden s ich abe r zweifellos neue E r k l ~ r u n g s m 6 g l i c h k e i t e n ffir zahl- re iche Widerspr f iche , haupts~tchl ich a u c h in der Leh re v o m Syne rg i smus u n d A n t a g o n i s m u s de r A r z n e i m i t t e l b ie ten , zu d e n e n die A n g r i f f s p u n k t a n a l y s e geff ihr t h a t . Hierf i i r z u m Schlusse n u r e in Beispiel .

E s i s t b e k a n n t , d a b A t r o p i n l ~ h m e n d auf die N e r v e n - e n d i g u n g e n des P a r a s y m p a t h i c u s wirk t , u n d d a b n a c h At ro - p in i s i e rung die R e i zung des P a r a s y m p a t h i c u s , sei es auf e lek t r i schem, sei es au f c h e m i s c h e m Wege, z. t3. d u t c h Acety l - chol in, u n w i r k s a m ble ib t . u S t a n d p u n k t der Angr i f fs -

n k t l e h r e aus gre i f t A t r o p i n d a r n a c h a n den ~uBers ten N e r v e n e n d i g u n g e n des P a r a s y m p a t h i c u s a n u n d b lock ie r t j e d e n Reiz, der weniger pe r iphe r angre i f t . I m Laufe der we i t e r en F o r s c h u n g h a t s ich abe r i m m e r m e h r die K e n n t n i s B a h n ger ochen, daB, w e n n m a n n u r die Ace ty l cho l indosen genfigend s te iger t , die A t r o p i n w i r k u n g doch , , d u r c h b r o c h e n " w e r d e n k a n n , eine Ta t s ache , die sehr schwer m i t d e n Ergeb - n i s sen de r q u a l i t a t i v e n A n g r i f f s p u n k t a n a l y s e v e r e i n b a r war . CLARK 17 h a t n u n gezeigt, d a b der an t agon i s t i s che E f f e k t y o n A t r o p i n u n d Ace ty l cho l in s ich in eine Gle i chung b r i n g e n l~Bt, die vo l l s t / ind ig m i t de r se inerze i t y o n Hf3FNER ffir die R e a k t i o n y o n Sauers toff , K o h l e n o x y d u n d HXmoglob in auf- ges te l l t en is f i be re in s t immt . Wie im W e t t s t r e i t y o n Sauer- s toff und K o h l e n o x y d u m das H ~ m o g l o b i n des B lu tes P a r t i a l - d r u c k e u n d A f f i n i t ~ t s k o n s t a n t e n dieser Gase d e n E f f e k t in q u a n t i t a t i v genau def in ie r t e r Weise b e s t i m m e n , so mfiBte bei p h y s i k a l i s c h - c h e m i s c h e r D e u t u n g der y o n CLARK 17 auf-

R I F T . I I . J A H R G A N G . N r . 17 23. APRIL i93~

ges te l l t en Gle i chung a u c h de r a n t a g o n i s t i s c h e E f f e k t :yon A t r o p i n u n d Ace ty l cho l in ledigl ich y o n d e n K o n z e n t r a t i o n s - v e r h ~ l t n i s s e n u n d A f f i n i t ~ t s k o n s t a n t e n be ider Stoffe ab- h~ngen . Es w~re h i e r m i t z u m e r s t en MMe eine phys ika l i s ch - chemische E r k l ~ r u n g ffir e in P r o b l e m des G i f t a n t a g o n i s m u s gegeben, w e n n n i c h t CLARK auf G r u n d ande re r Be funde s ich gezwungen sXhe a n z u n e h m e n , d a b A t r o p i n und Ace ty l cho l in m i t n i c h t - i d e n t i s c h e n S u b s t r a t e n reagieren , w o d u r c h frei l ich z u n ~ c h s t die wesen t l i chs t e V o r a u s s e t z u n g ffir eine e in fache l~lber t ragung au f phys ika l i s ch -chemische V o r s t e l l u n g e n fehl t .

L i t e r a t u r : 1 MEYtgR-GOTTLIEB, Die experimentelle Pharma- kologie. Berlin u. Wien: Urban & Schwarzenberg 1925. -- ~ H. WINTERSTEIN, Die Narkose. Berlin: Julius Springer 1926. -- O. WARBURG, Jber. Physiol. I, 136 (1923) -- R. H6BER, Physikalische Chemie der Zelte und der Gewebe. Leipzig u. Berlin: W. Engelmann 1914 . _ 3 A. V. HILL, J. of Physiol. 39, 361 (19O9/lO). - - ~ A. I. CLARK, J. of Physiol. 61,530 (1926). - - 5 D. WlLKIE, J. of Pharmacol. 34, I (1928), - - s I. I t . GADDUM, J. of Physiol. 61, 141 (1926). - - 7 W. lXTERNST, Theoretische Chemie. S tu t tgar t : F. Enke 1926. -- s VAN 'T HOFF, Vorlesungen fiber theoretische und physikalische Chemic. Braunschweig: Vieweg & Sohn 19Ol. - - 9 ARRHENIUS, Immunochemie. Leipzig 1907. - - 10 ElCHWALD 11. FODOR, Die physikalisch-chemischen Grundlagen der Biologie. Berlin: Julius Springer 1919. - - 11 H. FREUNDLICH, Capillarchemie. Leipzig: Akademische Verlagsgesellschaft I922. - - le LANGLEY, J. of Physiol. 39, 235 (19o9). - - 18 I. BARCROFT, Die Atmungsfunkt ion des Blutes II . Berlin: Julius Springer 1929. -- 14 H. FISCHER, Arch. f. exper. Path . 135, 39 (I928). - - 15 W. LIPSCHITZ U. W. HSlNG, Pflfigers Arch. 229, 672 (1932). - - 1~ BAYLISS, GrundriB der allgemeinen Physiologic. Berlin: Julius Springer 1926. -- 1~ A. I. CLARK, J. of Physiol. 61, 547 (1926). - - xs s. G. BARKA~r in Handb. d. norm. u. path. Physiol. 6 I. Berlin: Julius Springer 1928.

ORIGINALIEN.

M U L T I P L E CHRONISCHE G E L E N K E R K R A N K U N G U N D R H E U M A T I S C H E I N F E K T I O N

: IM K I N D E S A L T E R .

Von

TH. FAHR und und H. KLEINSCHMIDT. Aus der Kinderklinik und dem Pathologischen Institut der Universit~t Hamburg.

I. Klinischer Tell.

Yon

Prof . H. I4~LEINSCI-IMIDT.

Von ke ine r Sei te wi rd h e u t e m e h r d a r a n gezweifelt , d a b ch ron i sche A r t h r i t i d e n i m I4 indesa l te r hSchst selten aus e iner a k u t e n P o ] y a r t h r i t i s r h e u m a t i c a he r vo r gehen . I m m e r wieder v e r m i s s e n wir eine e n t s p r e c h e n d e A n a m n e s e , u n d a u c h das regelmS.13ige F e h l e n e n d o k a r d i a l e r Yer /~nderungen w/~re n i c h t zu v e r s t e h e n . Die , ,p r imXren" c h r o n i s c h e n A r t h r i t i d e n be- h e r r s c h e n das Feld. Die S t u d i e n fiber ih re Genese s ind j edoch b i s h e r h 6 c h s t unbe f r i ed igend gebl ieben. ]?;s k a n n infolge- dessen n i c h t w u n d e r n e h m e n , d a b n a c h wie vo r ein Z u s a m m e n - h a n g dieser E r k r a n k u n g e n m i t der , , r h e u m a t i s c h e n I n f e k t i o n " ge such t und ba ld m i t diesen, ba ld m i t j enen A r g u m e n t e n be- g r f inde t wird. So weis t WIELAND auf das bei de r c h r o n i s c h e n A r t h r i t i s n i c h t se l tene Fieber , die p r0 fusen SchweiBe u n d die wen igs t ens s c h m e r z l i n d e r n d e W i r k u n g des Salicyls hin, die a n die , ,M6gl ichkei t eines ech t r h e u m a t i s c h e n , v ie l le ich t in e iner b e s t i m m t e n R i c h t u n g mod i f i z i e r t en I n f e k t e s als ~tio- log i schen F a k t o r d ieser e igena r t i gen I ~ r a n k h e i t e n " d e n k e n lassen. LEICI~TE~TRITT s t f i t z t s ieh au f bak te r io log i sche U n t e r - s u c h u n g e n u n d g l a u b t in d e m y o n i h m gef f ihr ten Nachwe i s des V i r i d a n s s t r e p t o c o c c u s bei der S t i l l schen K r a n k h e i t , e iner F o r m der p r i m ~ r - c h r o n i s c h e n A r t h r i t i s des Kindesa l t e r s , , , Z u s a m m e n h X n g e m i t d e m G e s a m t k o m p l e x de r r h e u m a - t i s c h e n E r k r a n k u n g e n " au fgedeck t zu h a b e n . D e m e n t - s p r e c h e n d h a t er a u c h die , ,St i l lsche 14 rankhe i t " als In fek- t i o n s k r a n k h e i t i m u n m i t t e l b a r e n Ansch luB a n den a k u t e n G e l e n k r h e u m a t i s m u s in der n e u e n (IV.) Auf lage des

P f a u n d l e r - S c h l o s s m a n n s c h e n H a n d b u c h s de r K i n d e r h e i l k u n d e a b g e h a n d e l t , w~thrend sie noch 1924 won HUSLER u n t e r den E r k r a n k u n g e n des B e w e g u n g s a p p a r a t e s aufgeff ihr t wurde .

Die A u f f a s s u n g LEICtITENTRITTS g e w i n n t a n B e d e u t u n g , w e n n wir h6ren , d a b er d e n ]Begriff de r S t i l l schen K r a n k h e i t wesen t l i ch e rwe i t e rn will. K r a n k h e i t s b i l d e r , die b i she r Ms A r t h r i t i s d e i o r m a n s juveni l i s (RHONHEIMER) oder prim/~re ch ron i sche A r t h r i t i s (PRIBRAM) b e z e i c h n e t wurden , werden y o n i h m als atypische .F~lle in die St i l l sche K r a n k h e i t ein- gere iht . Fre i l i ch k a n n er s ich h ier n o c h n i c h t au f e n t s p r e c h e n d e bak te r io log i sche ]3efunde s t f i tzen - - er h a t f i b e r h a u p t e r s t bet einem t y p i s c h e n Fa l l yon St i l l scher K r a n k h e i t d e n S t rep to - coccus v i r i dans i n t r a v i t a m aus d e m 131ut gezf ich te t - - , abe r es i s t zuzugeben, d a b die A b g r e n z u n g der S t i l l schen K r a n k - he i r y o n a n d e r e n F o r m e n ch ron i sche r A r t h r i t i s k l in i sch au f groBe Schwie r igke i t en st613t.

Die G e l e n k v e r ~ n d e r u n g e n zeigen bei ke iner F o r m der m u l t i p ] e n c h r o n i s c h e n G e l e n k e r k r a n k u n g des I ( i ndesa l t e r s i rgendwelche b e m e r k e n s w e r t e n U n t e r s c h i e d e bezfiglich Auf- t r e t en , Loka l i sa t ion , A u s s e h e n de r Gelenke und Bewegungs- be sch r~nkung . W i r f inden n e b e n u n b e t r X c h t l i c h e n Gelenk- ergfissen vo r a l l em per ia r t iku l~re Prozesse, V e r d i c k u n g e n n n d W u c h e r u n g e n de r Gelenkkapse l , in sp~te re r Ze i t Kapse l - s c h r u m p f u n g e n u n d K o n t r a k t u r s t e l l u n g e n . Sehr e rheb l i che I ) i f fe renzen weisen d a h i n g e g e n die A l lgeme ine r sche inungen auf. Ff i r die t y p i s c h e n F~lle y o n St i l l scher K r a n k h e i t gi l t als c h a r a k t e r i s t i s c h l a n g d a u e r n d e s oder per iodisch a u f t r e t e n - des hohes Fieber , M i l z t u m o r u n d a l lgemeine Drf isenschwel- l ungen ; bei den f ibr igen F~l len b e s t e h t dagegen m e i s t F ieber - losigkei t , auch w i ld Milz- u n d Drf i senschwel lung vermiBt . I m m e r h i n g ib t es n i c h t wenige t)bergangs]alle m i t Schwel- h n g e n e inzelner Drfisen, m i t k l e inem cde r vo r f ibe rgehend i f i h lba rem Mi lz tumor , m i t zei tweise b e s t e h e n d e m F iebe r oder wen igs t ens subfebr i l en T e m p e r a t u r e n . U n d diese K r a n k h e i t s - b i lde r s ind es, d e r e n A b g r e n z u n g b i s l ang die gr613ten Schwierig- ke i t en bere i te t . So h a t d e n n a u c h s c h o n frfiher STRAUSS er- kl~rt: ,,Ich lasse es dah inges te l l t , ob die h~uf igen F~lle y o n gemeine r ch ron i sche r P o l y a r t h r i t i s febri l is m i t s u p r a a r t i k u -

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~3. APRIL I932 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . II. J A H R G A N G . Nr . 17 709

1Aren Drfisenschwellungen nur eine ,F0rme fruste' desjenigen Zustandes darstellen, den wir in den dutch den Stillschen Symptomenkomplex gekennzeichneten FAllen als ausgeprAgten Typus kennengelernt haben."

Man k6nnte daran denken, zur Differentialdiagnose heranzuziehen:

1. das R6ntgenbild. Die bislang vorliegenden autoptischen Befunde bei der

typischen Stillschen Krankheit haben nAmlich keinerlei de- generative VerAnderungen an den GelenkflXchen aufgedeckt. Wo solche also im R6ntgebilde sichtbar werden, wfirde dies gegen die Diagnose ,,Stillsche Krankhei t" sprechen. Es hat sich jedoch herausgestellt, dab auch bei den gew6hnliehen Formen der primAr-chronischen Arthritis zum mindesten lange Zeit r6ntgenologische VerAnderungen (RHONHEIMER) fehlen. Es besteht Iediglich eine Atrophie des Knochens, aber keine UnregelmAl3igkeit der GelenkflAchen. W e n n sie aber auch nach langem Krankheitsverlauf gefunden wird, so ist nicht auszuschlieBen, dab infolge der Verschiebung der t3elastungsverhAltnisse sekundAr Arrosionen des Knorpels zustande gekommen sind.

2. Die Untersuchung des Gelenkpunktates. BESSAU rand Bei der Stillschen Krankheit ein l)berwiegen

yon polymorphkernigen Leukocyten im Punktat , bei den FAllen dagegen, die nur gelegentlich mit hohen Tieber- perioden auch wohl Drfisenschwellungen, aber weniger mit Milzschwellung einhergehen, fiberwiegend Lymphocyten und Reisk6rper/als Zeichen frfihzeitiger Destruktion des Kn0rpel- und Bindegewebsapparates. Diese an wenigen F~llen er- hobenen Befunde bedfirfen noch zweifellos der ErgAnzung.

I~EIMOLD und STOEBER, auch KUHN an meiner Klinik, fanden in je einem Fail yon typischer Stillscher Krankheit nur Detritus im Gelenkpunktat , in einem zweiten Fall berichtet KUHN sogar umgekehrt yon Lymphocyten. Von atypischen STILL-TAllen verffigt LEICHTENTRITT und JOHANNSEN fiber je einen Tall. Es wurden in einem dureh Punktion des Knie- gelenks gewonnenen Gerinnsel reichlich polynucleAre Leuko- cyten festgestellt. Wir selbst verffigen fiber zwei entspre- chende, fast fleberlose FAlle. D a s eine Mal wurden fiber- wiegend polynucleAre Leukocyten, das andere Mal fiber- wiegend Lymphocyten gefunden. Die Angaben auf diesem Gebiete wechseln also so, dab sie einen klaren Einblick in die vortiegenden VerhAltnisse nicht gestatten.

3. Das Vorhandenseir~ von Herzver~nderungen. Wenn auch bereits oben erwAhnt wurde, dab endo-

karditische Prozesse, im Gegensatz zur Polyarthrit is rheuma- tica, n ich t zum Bilde der Stillschen Krankheit gehSren, so wird andererseits auffatlend ,oft yon perikarditischen Ver- Anderungen berichtet. Es handelt sich dabei jedoch meist um eine sictl unbemerkt entwickelnde Pericarditis adhaesiva, die erst durch die Sektion aufgedeckt wurde. Vor allen Dingen aber hat uns die Autopsie eines Falles yon ,,atypi- schem S t i l l " neuerdings gezeigt, dab auch hierbei Peri- cardi t is adhaesiva vorkommt. Die Einzelheiten des Sektions- befundes, auch das gleiehzeitige Vorhandensein einer Myo- karditis sollen sparer er6rtert werden. Hier ist nur darauf hinzuweisen, dab die Kombination mit Perikarditis keinerlei differentialdiagnostische M6glichkeiten in der Krankheits- gruppe der prim~r-chronischen Arthritis bietet.

4. Das Vorkommen von Exanthemen. Morbilliforme, rubeoliforme, urtikarielle und Ery thema

exsudat ivum-~hnliche Exantheme sind bei der Stillschen Krallkheit ein hAufiges Vorkommnis, ja sie spielen bei dieser Krankheit insofern eine besondere Rolle, als sie neben hohem Fieber lgngere Zeit das einzige Symptom darstellen k6nnen. Gclenk- und Drfisenschwellungen folgen erst nach einiger Zeit nach. Wir beobachteten kfirzlich ein Kind, das mit I1/2 Jahren an Angina catarrhalis und rubeoliformem Ex- anthem erkrankte. Das Exanthem wechselte bei hohem remittierendem Fieber sehr in StArke und Ausdehnung, dann erst t raten multiple Gelenkschwellungen auf. Nach 1/~ Jahr

kam es zu vollstAndiger Rfickbildung aller Krankheits- erscheinungen, das Kind war ungehindert in allen seinen Be- wegungen. 3/4 Jahr spArer setzte abermals hohes Fieber mi t Exanthem ein, das ohne Kenntnis der vorangegangenen Er- krankung wieder groBe diagnostische Schwierigkeiten mit sich gebracht hAtte. Man erkennt also die Wichtigkeit gerade dieses S y m p t o m s . Wir haben null unser Augenmerk darauf gerichtet, ob auch ohne nennenswertes Fieber, Drfisen- schwellungen usw. derartige toxische Exantheme vorkommen. TatsAchlich verffigen wir fiber zwei einschliigige Tiille. Der erste Fall ist mit dem obellerw~ihllten Kinde identisch, das an Pericarditis adhaesiva und Myokarditis litt. Es erkrankte mit 5 Jahrell angeblictl pl6tzlich mit geringen Temperatur- steigerungen und rotem Ausschlag auf der Brust, so dab der Arzt, wenn auch keine Halsentzfindung bestand, zunAchst an Scharlach dachte. Nach Abblassen des Exanthems konnte das Kind nicht mehr aufstehen und lag wie gel~ihmt zu ]3ett: Man dachte nunmehr an KinderlAhmung, aber allmAhlicti t raten Schmerzen und SchwellungeI1 der Gelenke auf. Auch im spAteren Werlauf der Erkrankung kamen noch dreimal Exantheme vor. Das zweite Kind mit analogen Erscheinungen der multiplen chrollischen Gelenkerkrankung bei h6chstens subfebrilen Temperaturen, allerdings auch zeitweise ftihl- barer Milz und einigen geringffigigen Drtisenschwellungen zeigte ein kleinfleckiges Exan them hauptsAchlich an den Streckseiten der Arme, als es mit eillem neuen Krankheits- schub die Klinik zum zweiten Male aufsuchte. Es muB also zugegeben werden, dab diese HautverAnderungen kein Vor-

r ech t der typischell Still-F~ille sind. Auf der anderen Seite .muB ich hervorhebell, dal3 die beobachteten Exantheme keinerlei Ji_hlllichkeit mit dem Erythem a annulare haben, das wir ebenso wie LEINER und LEHNDORFF lediglich bei und nach Polyarthritis rheumatica acuta beobachtet haben und daher als eine spezifisch rheumatische Erkrankung an- sprechen.

5. Blutver4nderungen. Schwere An~mien (bis zu 2o %) sind bei Stillscher Krank-

heir selten, An~mien mittleren Grades k6nnen dagegen als ihr regelmAl3iges At t r ibut bezeichnet werden, t3ei dem hAufigen Auftreten yon AnAmie i m Anschlul3 an hochfieber- hafte Krankheiten wird das nicht wundernehnlen, aufs anderen Seite 1/tBt gerade aus diesem Grunde das Vorhanden- seill einer An~mie keine besonderen Schlfisse zu. Entspre- chende AnXmien werdell z. B. des 6fteren auch nach Poly- arthritis acuta mit 1Anger dauerndem Tieber beobachtet. Andererseits habell wir Verminderung des HXmoglobins auf 50%, der roten Blutk6rperchen auf 3,6 Millionen auch bei ehronischer Arthritis gesehen, wenn nur subfebrile Tempera- turen vorhanden waren. LEICHTENTRITT legt auf alas weiBe Blutbild einen gewissen Wert. Es f iel ihm auf, dab bei der Stillschen Krankheit trotz d e r hohen Temperaturen keine stArkere Vermehrung der Leukocyten eintrat, er sieht hierin eine ParalleIe zu dem Verhalten bei der Endocarditis lenta, die er ebenfalls dem rheumatischen Kreise zurechnen m6chte. Wie JELGES aus meiner Klinik berichtet hat, haben wir zwar bei der Endocarditis lenta ha"ufiger hohe als niedrige Leuko- cytenwerte gefunden, was mit der Ausbildung yon Infarkten in Zusammenhang gebracht werden mag, bezfiglich der Still- schen Krankheit abet kann ich im allgemeinen die Angaben yon LEICHTENTRITT bestAtigen; nur vereinzelt haben wir Erh6hung der Leukocytenzahlen auf 15 ooo--18 ooo beob- achtet. Ffir die Differentialdiagnose gegenfiber sonstigen Formen chroniseher Arthritis wird jedoch mit diesen Test- stellungen wiederum leider nichts gewonnen. Wit zAhlten in einem Falle Werte yon 13 200, 9800, IO 800, in einem zweiten 15 ooo und I I ooo.

Aus alledem ersehen wir, dal3 unsere bisherigen Hilfs- mittel nicht ausreichen, um eine prAzise Differentialdiagnose zu stellen. Wir k6nnen es nicht verhindern, dab der eine Autor ein Krankheitsbild zur Arthritis deformans juvenilis rechnet, das der andere als Stillsche Krankheit bezeichnet und um- gekehrt. LEICHT~;NTRITT spricht die Hoffnung aus, dab wir in dieser schwierigell Situation auf bakteriologischen~ Wege weiterkommen, und regt dazu an, in entsprechenden FAllen

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7~o K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 11. J A H R G A N G . , N r . : i 7 :23: APRIL I~32

i m m e r wieder nach dem Er reger zu fahnden , dell er, wie oben erw~hnt , in d e m St rep tococcus v i r idans sieht . , ,Wir h a b e n die P f l i ch t " , sag t er, , ,viel zahlre icher Ku l tu r en anzulegen, als m a n es b i sher ta t , und mfissen neue Anre iche rungsver fah- t e n ers innen, die die Dars te l lung des Keimes er le ich tern ." lZnsere Bemfihungen, den Er regernachweis zu ffihren, s ind j edoch leider b i sher ergebnisloa geblieben. In 6 F~llen mi t und ohne F ieber w u r d e n ]31utkulturen angelegt , und zwar wiederho l t und in tier mann ig fa l t i g s t en Form, auch den Vor- schl~gen LEICHTENTRITTS en t sp rechend , das R e s u l t a t war nega t iv . Dasse lbe be r i ch t en JANZEN und v o x DEN STEINEN.

Dazu k o m m t n u n noch, dab auch der Krankheitsverlau] in d iesen F~llen nieht prinzipiell versehieden zu sein scheint . MONRAD be r i ch t e t neuerd ings fiber 5 Falle, bei d e n e n teil- weise nacll mehr j ah r ige r B e h a n d l u n g eine volle Res t i tu t io ad i n t e g r u m e in t ra t . Bemerkenswer t e rwe i se h an d e l t es sich h ierbei nun 2real u m typ i sche Still-Falle, 3real u m fieberlos ver laufende F~lle ohne Milz- und Drf isenschwellung. I n m e i n e m Mater ia l s ind we i tgehende Besserungen und Todes- i~lle auf be iden Sei ten zu verze ichnen.

Wi r me inen n a c h al ledem, dab n u t noch der pathologische Anatom i m s t a n d e ist, zur I~larung der bier aufgeworfenen F r a g e n be izu t ragen . Viel le icht waren wir auf d iesem Gebiete s c h o n wesen t l i ch welter , w e n n eine geniigende Zahl yon F~llen n a c h allen l~ ichtungen h in gut d u r c h u n t e r s u c h t worden ware. Solche chron i schen I~rankheitsf~lle k o m m e n aber n ich t of t zur Autopsie . Wi t mfissen uns besche iden und j eden Einzel- fall e n t s p r e c h e n d berf icksicht igen. Von d iesem Ges i ch t spunk t aus br inge ich n u n m e h r die Krankengesehiehte eines Sekt ions- falles und fiberlasse im fibrigen d e m Obduzen ten das Wor t .

Elsa E., geb. 1922. Schwester des Vaters litt lange Jahre an ,,Gelenkrheumatismus" und soll in Entwieklung und I{6rpergr6Be zurfickgeblieben sein. Eltern und Geschwister gesund. 4- Kind der Familie, normal und rechtzeitig geboren, wurde i/~ Jahr gestillt, ring mit I Jahr an zu sprechen, lief mit I1/~ Jahren, tiberstand mit 3 Jahren Masern, hat te mit 4 Jahren Blasenkatarrh, der ~/~ Jahr lang dauerte. Die jetzige Erkrankung begann Ende November 1927 pl6tzlich mit nicht sehr hohem b'ieber und totem Ausschlag auf der ~Brust. Kein Erbreehen, keine Halsentztindung. Der Arzt ver- mutete anfangs Scharlach. Nach Abblassen des Ausschlags konnte alas Kind nicht mehr aufstehen und lag wie gelhhmt im Bett. Zwei andere ~_rzte erkl~rten angeblich, es sei Kinderl~hmung. Allm~hlich t ra t Besserung eln, aber das Gehverm6gen blieb beschr~nkt. Pfingsten I928 t ra ten Schmerzen auf, anfangs nur beim Hinlegen. dann auch spontan in Htiften. Knien und Ffil3en. Das Gehen am Stock wurde lmmer schwieriger. Darauf M~rz 1929 Aufnahme in das Yereinshospita] in Hamburg. Dort Behandlung mit Pyramidon, Natrium salicylicum, Sufrogelinjektionen, die yon hohem Fieber gefolgt waren, Lichtbiigel, Solb~dern, Gipsverb~nden zur Streckung der Beine. 2 Blutkulturen blieben steril Fortschreitende AnAmie yon 67--54% Hb. Leukocvten schwanken zwischen 9600 und iz4oo, bei Angina 23400. Langdauernde Nephritis. Zeitweise starke Schmerzen in allen Gelenken, Imal rotfleckiges Exanthem, besonders im Gesichz und an den Armen weniger auf der Brust. Temperaturen normal bis subfebril, vorfibergehend intermittieren- des Fieber.

Wegen Keuchhustenverdacht Januar i93 o Aufnahme in die Universit~t s-Kinderklinik.

Status: Kleines (lO8 cm), untergewichtiges (15,8 kg) M~dchen mit blal3-gelblicher Hautfarbe (60% Hb.), leidlichem Fettpolster und sehr dflrftiger Muskulatur. Hypertrichose an den Unter- schenkeln und am Mons veneris. Kann weder sitzen noch stehen Kopf naeh links gebeugr, test fixiert, links konkave I~yphoskoliose. Schnltergelenke ~rei beweglich. Ellenbogen beiderseits verdickt Unterarm nicht xr611ig zu strecken. H~nde ulnarwArts abduziert. in dieser Stellung versteift. Handgelenke und I. Interphalangeal- gelenk an beiden I-I~nden gleichmAgig verdickt. Abduktion und Rotat ion im Hflftgelenk kaum m6glich, Adduktion in besehr~nktem MaBe. Kniegelenke geschwollen Oberschenkel naeh innen, Unter- schenket nach aul3en rotiert Fnl3gelenke verdickt. Ffil3e nach augen rotiert. Spitzful3stellnng. Bewegungen im FuBgelenk kaum ausffihrbar. Der Mund kann nicht vollstiindig ge6ffnet werden (Erkrankung der Kiefergelenke). Links bohnengroBe Cubitaldrflse sonst Iinsen-erbsengroBe Drflsen am Hals und in inguine. Milz nieht palpabel. Kein Herzbefund. Refiexe o. B. Starke Zahncaries. Percutanprobe p0sitiv. Senkungsgesehwindigkeit 22--23 mm. Urin enth~lt etwas EiweiB, miiBig viele Leukocyten und vereinzelte Erythrocyten. E i n e R6ntgenaufnahme ergibt keinen deutlichen Lungenbefund, an den Knochen f~llt eine erhebliche Atrophie

auf, doch ist irgendeine Zerst6rung der Struktur nicht zu erkennen. (Aufnahme der Hand-, I~nie- und Fingergelenke sowie der Ha]s- wirbels~ule.)

Der Pertussisverdacht besti~tigt sich nicht. Von erg~nzenden !dntersuchungen, die im Laufe der Zeit gemacht wurden, ist zu erwAhnen: I. Eine Punktion des linken Handgelenks. Das Punkta t enthielt vorwiegend Lymphocyten. Kultur blieb steril. 2. Urin- und Blutkultur steril.

Die Behandl~ng bestand in Massage, Bewegungsiibungen, die nur mit starken Scbmerzen ausffihrbar waren, Schwefelb~dern, die des 6fteren yon Temperatursteigerungen gefolgt waren, Injektions- kuren mit Yatren-Casein (ohne Reaktion) und Apicosan (Lokal- reaktion). Aul3erdem wurden eine ganze Reihe yon cari6sen Z~hnen extrahiert. Nachdem anfangs noch vielfach Gelenkschmerzen bestanden batten, t ra t allm~hlich Besserung ein, der Allgemein- zustand hob sich sichtlich (6 kg Zunahme in 314 Jahr), das Kind war nun imstande, sich allein im Bett aufzurichten, am ]3ettrand zu stehen und zu gehen, schlieBlich (nach I Jahr) konnte sie allein aus dem Bert aufstehen, sich zum Tell selbst anziehen, etwas schreiben und zeichnen, Handarbeiten machen und auf Krflcken gehen, d. h. die Beine durch Drehen des Beckens vorw~Lrts schieben, ohne Be- wegungen in den Gelenken anszufiihren. Die Gelenkschwellungen bildeten sich gleichzeitig weitgehend zurfick; dafiir t ra t aber eine verst~rkte Abdnktion des linken Unterschenkels ein. Won weiteren Behandlungsversuehen, die dutch erneutes Auftreten yon Gelenk- schmerzen besonders angeregt wurden, ist zu nennen eine Ponndorf- Impfbehandlungskur, die mit Rflcksicht ant die nachweisbare Tuberkuloseinfektion, jedoch ohne einen Zusammenhang der Er- krankung mit dieser anzuerkennen, unternomrnen wurde, ferner die Verabreichung yon Thyr,eoidin, die mit Rficksicht auf die starke Gewichtszunahme yon 15,8 auf 22, 4 kg innerhalb i1/~ Jahren, das gedunsene Aussehen des Gesichtes und eine gewisse Makroglossie aussichtsvoll ersehien. Auf 0,3 Thyreoidin erfolgte in 7 Tagen keine Gewiehtsabnahme oder sonstige Ver~nderung, bei allmi~hlicher Steigerung auf 0,6 g nach 2 Tagen hochgradige Tachykardie, sehr beschleunigte Atmung, wiederholtes Erbreehen, groger Durst. Am folgenden Tage, ohne dab ein weiterer Befund am Herzen auBer Leiserwerden der T6ne zutage getreten w~re, Temperatur- steigerung auf 39 ~ weitere Pulsbeschleunigung, Yerfall, Exitus am 23. IV. 1931. ,

Klinische Diagnose: primi~re chronische Arthritis (atypische Stillsche Krankheit), okkulte Tuberkulose, Thyreoi.dinsch~dignng, bei nicht gerade fiberm~Biger Dosierung.

II. Pathologisch-anatomischer Tell. Von

Prof . TH. FAHR.

Wie aus den v o r s t e h e n d e n Ausff ihrungen KLEINSCItMIDTS hervorgeh t , is t das Bild der St i l lschen K r a n k h e i t pa tho - genet i sch und at iologisch b is lang noch unklar . Da die klini- schen U n t e r s u c h u n g e n e ins twei len noch n ich t zu emer v611ig e inhei t l ichen Auf fassung des Krankhe i t sb i ldes geffihrt haben , e rwachs t uns ganz besonders die Pf l icht , die spar l ichen zur Sekt ion k o m m e n d e n F~lle n i ch t nur yon typischer , sondern auch yon a typ i s che r St i l lscher K r a n k h e i t m6gl ichs t grfind- lich zu analys ieren Auch LEICHTENTRITT, ffir den die F rage der Atiologie in der H a u p t s a c h e gel6st scheint , e rwar te t y o n der Hilfe des Pa tho logen wei tere F6rderung. Nachdem ISECKE und STOYE pos t m o r t e m im Blute bei St i l lscher K r a n k h e i t S t r ep tokokken nachgew~esen b a t t e n (IS~CKE den St rep tococcus v i r idans , STOY~ einen anh~moly t i schen S t rep to- coccus), gelang es LEICHTENTRITT be im Lebenden, den S t rep to - coccus v i r idans zu zfichten. E r g laubt d a m i t den Nachweis geffihrt zu haben , dab es sich bei der St i l lschen K r a n k h e i t n ich t n u t um elne sicbere In fek t ion hande l t , sondern dab ihr auch eine ges icher te Sonders te l lung un te r den chron i schen Ge lenke rk rankunaen e lnzur~umen sei. ]~r ha l t es ffir m6glich, daf3 wir auch bei den a typ i schen F~llen auf bakter io logischem Wege w e i t e r k o m m e n und, wenn der ]3akteriologe versagt , me in t er, k6nne vie l le icht der Pa tho loge wei te rhe l fen , ,und mi t d e m Nachweis yon rh eu ma t i s ch en K n 6 t c h e n die Atiologie aufdecken" . LEICHTENTRITT br ing t d a m i t die St i l lsche K r a n k h e i t in Bez iehung zur Po lya r th r i t i s rheumat ica , zur rheumatischen Granulomatose. K 6 n n t e n sich die ]~rwar tungen L]~ICHTENTRITTS erffillen, so w~re e inmal eine sichere Klass i - f ikat ion der St i l l schen K r a n k h e i t als besondere Fo rm der r h e u m a t i s c h e n Granu lomatose gegeben, und darf iber h inaus wfirfen die L e i c h t e n t r i t t s c h e n Befunde neues Lichr auf das

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23. APRIL x932 KLINISCHE W O C H E N S C H

~tiologische P rob lem be im Ge lenkrheumat i smus , bei d e m ja sei t l angem (s. REYx, CLAWSON und BELL LISW.) die Frage d i sku t i e r t wird, inwiewei t der S t rep tococcus v i r idans als E r rege r in F rage k o m m t .

B e t r a c h t e n wir zun~chs t ganz ob jek t iv das pa tho log isch- ana tomische Bild des yon I~LEINSCHMIDT und mir beob- a c h t e t e n Falles :

Sektionsbelund de; Elsa E.: 124 cm lange, 22,7kg schwere Leiche eines 9 jiihr. Mi~dchens in gutem E.Z. mit blaBgrauer Haut- farbe und lividen Totenflecken an den abhangigen K6rperpartien. Kopfhaar dunkelblond, kurz. Pupillen mittelweit, rund. SMeren trtibe. Nase und Ohren o. 13. Sichtbare SchleimhXute lipide ver- I~rbt. t tals krMtig. Thorax symmetrisch. Abdomen in Thorax- h6he. Auffallend relativ starke ]3ehaarung der Genitalgegend. Das linke t3eiil ist im Kiliegelenk abduziert (X-Beine). Relativ starke ]3ehaarung der unteren Extremit~teu uild beider Unterarme. Die Interphalangealgelenke an beideil H~nden zeigen eigentfimliche, etwas spiildelfLrmige Auftreibuilg. Sonstige Gelenkschwelluilgen sind Ilicht festzustellen.

Bauchsitus: Gut entwickelte rotbraune Muskel- und etwa 2 cm dicke gelbe Fettschicht der Bauchdecken. Peritoneum glatt und gl~nzend. Kein fremder Inhalt der Bauchh6hle. Die Leber fiberragt wenig den rechten 1;tippeilbogen. Netz fettarm. Darm- schlingen kollabiert:

Zwerehfellstand bds. 4. I.C.R. Brustsitu~: Fet t - uild Muskelschicht wie am Abdomen. Rippen-

knorpel gut schneidbar. Nach Abnahme des Sternums sinken die Lungeil in die f la t ten uild gl~tnzendeI1 Pleurah6hlen zurfick. I(ein fremder Inhalt in den Pleurah6hlen. Die Perikardbl~tter sind in ganzer Ausdehnung miteinailder verwachsen und lassen sich Ilur ziemlich schwer /6sell.

Herz: i2o g schwer, etwas fiber leichenfaustgrol3. Herzmuskel m~Big kontrahiert, etwas trfibfleckig, graurotbraun. Das Endokard ist fiberall zart. Die Herzh6hleil haben entsprechende Gr6Be uild enthal ten Cruor und Speckhautgerinilsel. Der Klappeilapparat ist i n t a k t . Die Ostien siild gut durchgXngig. KranzgefXBe zart, elastisch, ebenso die Aorta,

JLungen: OberflAche schiefergrau, glatt. Weiche KonMstenz. Auf dem Schnitt sieht man eine graurote, herdfreie, glatte Fl~ehe mit m~Bigem FlfissigkeitsabfluB. In den LungengefABen kein fremder Inhalt.

Halsorgane: Kehlkopf, Trachea sowie die 13ronchien haben gelblichweil3e Schleimhaut. Schilddrfise und Thymus haben ent- sprechende Konsisteilz, Gr6Be und Aussehen. Keine Ilenilenswerte Schwellung der Lymphknoten im LungenabfluBgebiet. Die axillaren Lymphknoten bds. sind gut bohnengroB, ziemlich lest, dunkelgrau- rot.

Milz: Nicht vergr6Bert, yon etwas weicher Konsistenz, Trabekel und Follikel deutlich erkennbar. Pulpa wenig abstreichbar.

Nieren: Je 60 g schwer, 9 • 3 • 2 cm groB. FibrSse Kapsel yon den normal groBen, aber etwas weichen Nieren gut abziehbar. Oberfl~che etwas trfibe, dunkelgraurot. Das Mark hebt sich dunkel gegen die l~inde ab. Nierenbecken und Ureteren o. B.

Nebennieren, Pankreas, Vena cava und Pfortader o. ]3. Magen Ilnd 19arm haben eine glatte graue Serosa und fiberall

eine intakte Schleimhaut. Geringe Schwellung des lymphatischen Apparates im Darm. Die Lymphknoten im Mesenterium sind bis auf Bohnengr613e geschwollen, zum Tell ziemlich fest, mit grauroter Schnittfl~che. Zwei Lymphknoten ffihlen sich sehr lest an, haben gut Erbsengr613e, auf dem Schnitt sieht man eine kalkige grau- gelbliche Masse sich entleeren.

Leber: 53 ~ g schwer, I9 • 12• cm grol3. Normale Gr6ge, weiche I(onsistenz. Kanten ziemlich scharf. Ober- und Schnitt- fl~che dunkelgraurot, etwas trfibe. L~ppchenzeichnung m~Big gut erkenilbar. M~Biger BlutabfluB. Galleilblase und Gallenwege O.]~.

Beckenorgane o. 13. Die Ovarien haben ffir das Alter entspre- chende Gr6Be und normales Aussehen.

SchO~delsektlon: Dach gut gew61bt, dreischichtig. Dura m~Big gepsanilt. Weiche Hirnh~ute zart. Auf den Scbnitten durch das Gehirn kann makroskopisch ein pathologiseher 13efund Ilicht erhobeil werden. Stammgailglieil o. 13. Normaler Blur- und Liquor- abfluB. Sinus- und 13asisgef~Be zartwandig. It irngewicht 13oo g.

Hi~]tgelenk: Nach Herausnahme des Oberschenkels sieht man zahlreiche graubl~ulich scbimmernde Defekte in dem Knorpel- fiberzug der Oberschenkelpfanne und aueh des OberschenkelkopIes. Die gleichen VerXnderungen sieht man im knorpeligen l~berzug der Patella sowie der Tibia und dem linken Humeruskopf. t~ntzi~nd- liche VerXnderungeil an der Gelenkkapsel sind makroskopisch nicht Iestzustelleil. In den Gelenken ist Flfissigkeit nicht nachzuweiseil.

2~athologisch-anatomische Diagnose: Chronische Arthropathie im linken Haft- und Kniegelenk. Spindelf6rmige Auftreibung der

R I F T . I i , J A H R G A N G , N r . 17 7 i 1

Interphalangealgelenke beider H~nde. Fibr6se Perikarditis. Trfib- Ileckiges Myokard. Trfibe Nieren. Verkalkter tuberkul6ser Lymphknoten im Mesenterium. Blutkultur steril.

Histologisch uiltersucht wurdeil Herz, Itfift- und Kniegelenk, Lymphdriisen an den verschiedenen Stellen, einschliel31ich der Tonsillen, sowie Leber, Niere, Milz uild s~mtliche endokrine Drfisen.

Positive Befunde wurden erhoben am Herzeil, den Gelenken und ihrer Umgebung, an Niere und Leber uild an einzelilen Lymph- drftsen. Negativ war der 13efund an den eildokriilen Drtisen, der Milz, an zahlreichen Lymphdrfiseil, speziell auch an den Tonsillen. Icb lasse die positiven Befunde ganz kar l folgeil:

Herz: Perikard bindegewebig verdickt, ohne frisehe entzi]nd- liche Ver/iilderungen. Myokard zeigt ganz leichte Verfettuilg und starke Capillarfflllung. StelIenweise sieht man ziemlich diffuse, aus kleinen Rundzelleil bestehende Infiltrate; an manchen Stellen liegen die IIIfiltrate etwas dichter; rheumatische Granulome werden trotz genauer Durchsicht zahlreicher aus den verschiedeilsten Herz- abschilitten entilommener Stiickchen vermiBt.

An den Gekenkfiberzfigen t r i t t die makroskopisch schon be- obachtete Usurierung mikroskopisch Ilatiirlieh erst reeht in ]Er- scheinung, vielfaeh ist der Knorpel zerkliiftet, in den ober- fllkchlichen Part ien sind bier die Knorpelzelleil verwaschen, vielfach ganz zugrunde gegangeil, die Knorpelsubstanz homo- genisiert his zur v611igen Nekrose, an andereil Stellen sieht man die OberflXche flberzogeil yon einem bindegewebigen Pannus wechselnder Breite. Das Bindegewebe ist streifig, stellenweise sehr kernarm, an manchen Stellen sieht man neugebildete Gef~Be. Frische entzfindliche VerXilderungeil fehlen durehweg, dagegeil finden sich in dem verdickten periartikulAren Gewebe ganz spi~r- liche :Rundzelleninfiltrate; Veritnderuilgen, die fiir die Diagnose rheumatische Granulomatose zu verwerten w~ren, fehlen auch bier durchaus.

Leber zeigt diffuse feintropfige Verfettung. L~ppcheilzeichnung gut erhalten.

Niere l~Bt eine ganz diffuse, basal angeordnete Fettspeicherung an den tlauptstflcken, Ahnlich wie beim Diabetes oder Morbus Basedow, erkenilen. Die Kerne sind allenthalben gut erhalten. Glomeruli v611ig intakt. Eiltztindliche YerAnderuilgeil feMen.

JLvmphdri~sen zeigen bier und da kleinste Blutungen. Gelegent- lich bemerkt man ein sti~rkeres Hervortreten retikulArer Zellen in Form yon kleinen Anh~ufuilgen protoplasmareicher Elemente, wie ich sie im lymphatischeil Portalring besoilders gefunden und beschrieben babe. Sonst kein nenilenswerter Befuild, abgesehen yon der bereits im makroskopischen Bericht erw~hnten vLllig obsoleten Tuberkulose in eiiligen MesenterialdrQsen, die mailgels Irischerer tuberku16ser Ver~nderungen eine :Bedeutung im Krank- heitsgeschehen sicher nicht beanspruchen kann,

Ver suchen wir eine D e u t u n g der Befunde, so I ragt es sich zun~chst , ob wir sie im Formenkre i s eines der bekann ten , durch einen speziJischen Befund cha rak te r i s i e r t en K r a n k h e i t s - bilder, wie Tuberkulose , Lues, r h e u m a t i s c h e Granulomatose , e twa u n t e r b r i n g e n kSnnen. Diese Frage muff verneint werden.

Eine Zugeh6r igkei t zur Tuberkulose, Gicht , Lues ist auch y o n al len se i ther igen U n t e r s u c h e r n in ihrer fibergroBen Mehrzah l abge l ehn t worden. Dagegen is t neuerdings , wie schon erwXhnt, die Frage aufge tauch t , ob viel le icht Be- z iehungen zur r h e u m a t i s c h e n Granu lomatose bes tehen . Auch das m6 ch t e ich ablehnen.

W e n n es sich um eine r h e u m a t i s c h e Granu lomatose ge- h a n d e l t h~t te , d a n n hAtte es unbed ing t gel ingen mfissen, die Aschof f schen K n 6 t c h e n im Herzen und im s t ra f fen Binde- gewebe in der U m g e b u n g der Gelenke nachzuweisen ; das is t aber n i ch t der Tall gewesen. Auch in den spArlichen Sekt ions- be~unden, die aul3er d e m unsr igen bis j e t z t vorl iegen (3 F~lle yon STILL, einer yon KoEPpE, einer von PISI~E), is t n ich ts yon r h e u m a t i s c h e n K n 6 t c h e n erw~hnt . Bei den 3 F~Lllen STILLS h a t das al lerdings n ich ts zu bedeuten , da STILL seine ers te Arbe i t vor d e m ]3ekanntwerden der Aschof fschen K n 6 t c h e n ver6f fen t l i ch t h a t ; die FMle yon KOEPPE und PISKE sind aber sparer beobach te t . Man k6nn te ja e inwenden, dab in diesen FXllen viel le icht n ich t speziell auf das Vor- handense in yon Aschof fschen K n 6 t c h e n geach te t worden sei. I ch g laube aber nicht , dab in diesen F~tllen die K n 6 t c h e n so le icht f ibersehen werden k6nnen. Gerade bei K i n d e r n l inden sich nach me inen auf d iesem speziellen Gebiet sehr ausgedehn- t en E r i a h r u n g e n die r h e u m a t i s c h e n Granu lome, besonder s im Herzen, aber auch im s t ra f fen ]3indegewebe in so groBer

: Zahl, dab sie sehr le icht zu f inden sind. Spezietl im Herzen

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712 K L I N I S C H E W O C l i E N S C H

habe ich sie bis j e t z t be im Kinde noch in ke inem einzigell einschlXgigen Fal l vermif3t, und ich bin deshalb geneigt, dem negativen BeJund in unserem Falle eine prinzipielle Bedeutung zuzuschreiben. Ich k o m m e also zu dem ]?:rgebllis, dab die Stil lsche Krankhei t , oder sagen w i t prXgnanter, FXlle, wie der vorl iegende, der rheumat i sche l l Granulomatose e b e n s o - wenig zugerechnet werdel l dfirfen wie der Tuberkulose.

N a c h d e m wir das P rob lem yon der nega t iven Seite be- t r a c h t e t haben, f ragt es sich weiterhin, ob wir auf Grund der ana tomischen u bei den bis j e tz t zur Sekt ion gekommenen F~llen, bei e inem Vergleich dieser ana tomischen Befunde un te r sich und bei e inem Vergleich der ana tomischen Befunde m i t den kl inischen und bakter io logischen Fes ts te l - lungen, berecht ig t sind, die Stil lsche K r a n k h e i t als I~rank- hei tsbi ld sui generis wei terhin fes tzuhal ten.

Manche Auto ren ve rha l t en sich bier ja skeptisch, so schreibt lc{HONHt~IMER in e inem Aufsa tz , ,Zur Kenntn i s der Ar thr i t i s chronica deformans juveni l i s" fiber die Stil lsche t i r a n k h e i t : , ,Wenll ich hier auf dieses Krankhei t sb i ld e twas nXher eingehe, so geschieht es nicht , u m die Einff ihrung dieses Namens in die deutsche P~diat r ie zu beffirworten, sondern im Gegenteil , l lm r o l l seiner Anwendung abzu- r a t en . " Soweit m6chte ich keinesfalls gehen. Es liegen doch gewisse Eigel l t f iml ichkei ten vor, die der Sti l lschen Krankhe i t ein besonderes Gepr~ge geben und sie aus anderel l ~hnlichen Krankhe i t sb i ldern herausheben. Es sind hier zu nennen: die Ver~nderungen an den Gelenken, a m Herzen, a m lym- pha t i schen Appara t , zu denen wei te rh in viel le icht noch St6rungen im Fet t s tof fwechse l zu rechnen w~ren, wie ich sie ill unserem Fal l feststel len konnte .

Ffir die GelenkverAnderung is t charakter is t isch, dab der Prozel3 offenbar zunAchst in der Gelenkumgebun9, nicht im Gelenk selbst, s i tz t und im paraar t ikulAren Gewebe zu einer unspezi]isehen Ell tzf indung Ifihrt. E r s t sekund~r ulld often- bar ill der Regel erst nach langer Zeit wird das Gelenk selbst ill Mit le idenschaf t gezogen. Ich bin dabei durchaus wie LI~ICItTI~NTRITT der Meinung, dab diese GelenkverXnderungen abnormen s ta t i schen Bedingungen ihre I~ntstehung ver- danken, dab es durch Verschiebung der Belas tungsverh~l tnisse zu Arrosionen des Knorpels m i t en tsprechenden Folge- erscheinungen k o m m t (s auch tZI~OI~IEIMER). Vide , wie LEICHTENTRITT wohl m i t Rech t meint , gerade die schwer inf izier ten Kinder erleben dieses S t ad ium nicht, bei lange sich hinziehender Krankhe i t aber, wie ein Befund STILLS und unser fiber 3~/~ Jah re sich hinziehender Tal l beweist, k6nnen die erw~thnten Folgeerscheinungen a m Gelenk auf t re ten.

B e i m Herzen ist charakter is t isch, dab die unspezifische, in der Ge lenkumgebung sich abspielende t~ntzfindung elne weitere Vorliebe ffir die Lokal isa t ion im Perikard h a t (unter 6 obduzier ten F~l len 5 real, 3real bei STILL, I mal bei KOEPPE, I real bei unserem Tall). Die yon mi r beobachte te unspezi- ]isehe Mvokarditis is t bei den anderen zur Sekt ion gekom- menen FXllen nicht erw~hnt, viel leicht war sie dor t nur gering, und m a n wfirde be i ' en t sp rechendem Suchen doch myokard i - t ische Herde, wenn auch in geringffigiger Ausdehnung, ge- funden haben. I n kfinft igen F~llen wird m a n auch auf diesen P u n k t besonders achtel l mtissen. Im vorl iegenden Fal l erscheinen mi r die gefundenen Myokardver~nderungen be- sonders deshalb sehr beachtenswerr , weil sie e inwandfrei die kl inisch becbach te te Herzschw~che erkl~trell.

Bemerkenswer r ist bei der St i l lschen Krankhe i t ferner die Drgsenschwellung, wobei es sich u m eine einfache Hyper - plasie ohne spezifische Ver~nderungen handel t . Der t3efund bei PISKE, WO Ver~nderungen gefullden wurden, die den Unte r sucher all Lymphogra l lu lomatose denken liel3en, is t v611ig vere inzel t geblieben, und LEICHTENTRITT bezweifel t t iberhaupt , ob es sich bei dem Piskeschen Fall, bei dem ja auch die Per ikardi t i s tehl te und wo eine Mil iar tuberkulose vorlag, wirMich u m einen Befund yon echter Sti l lscher Krank- hei t gehandel t hat .

Schliel31ich m6chte ich in diesem Zusammenhang noch auI die r o l l mi r beobachte te sehr erhebliche, offenbar ex t ra - cellular bedingte Fe t t spe iche rung in Leber und Niere hin- weisen, die doch wohl aus einer S t6rung des Fet ts toffwechsels

R I F T . I1. J A H R G A N G . N r . 17 23. APRIL 1932

r e su l t i e r t . . ] 3e i dell anderel l bis j e tz t ver6 i fen t l ich ten Sek- t ionsbefunden habe ich diesbezfigliche Angaben nicht f inden k6nnen, ich habe aber Grund zu der Annahme, dab ellt- sprechende Un te r suchungen nicht v o r g e n o m m e n worden sind. I ch wfirde empfehlen, in kfinftigell Ftkllen auch auf diesen P u n k t zu achten.

H a b e n wir also bei der Sti l lschen K r a n k h e i t auch nicht, wie bei der Tuberkulcse , der Syphilis, der L y m p h o g r a n u l c m a - tose oder rheumat i schen Gral lulomatose, pa thologisch-ana- tomisch b z w . histologisch einen t3efund, der als spezifisch anzusehell ist und der UllS ges ta t te t , m i t Sicherhei t die frag- liche Diagnose zu stellen, so hal te ich es immerh in ffir erlaul~t, die Sti l lsche Krankhe i t auf Grund der auigez~ihltell S y m p t o m e als hinl~nglich umschr iebenes eigenes Krankhei t sb i ld auch wei te rh in festzuhal ten.

DaB es sich dabei u m eine chronische In fek t ionskrankhe i t handel t , davon bill auch ich auf Grund der kl inischen wie der ana tomischen Befunde i iberzeugt.

l )be r die A r t des Erregers k6nnen erst wei tere Unte r - suchungen endgfil t igen AufschluB geben. Ich b in weir davon entfernt , die Befunde yon IS~CKE und STOLE und vor a l lem die yon LEICHTENTRITT ZU untersch~tzen, und bei den nega- t iven Befunden, die wir selbst, wie andere, zu verzeichnen haben, will ich den E inwand gelten lassen, dab gerade be im Streptococcus vir idans der Nachweis auf Schwier igkei ten stol3en kann. Ich unters t re iche deshalb die Mahung LEICH- TENTRITTS, die fragl ichen F~lle immer wieder mi t allen m6g- l ichen Methoden bakter io logisch zu ul l tersuchen. Ob dann der Vir idans hXufiger, ob - - wie bei STOLE - - auch andere S t rep tokokkenar t en gefundell werden, eder ob -- was ja auch m6glich ist und was die nega t iven ]3efunde erkl~ren wfirde - - die Infekt iol l m i t S t reptokokkel l eine sekund~re ist, in Analogie zur rheumat i schen Granulomatose , wo meiner l~berzeugung nach das Auf t r e t en des Streptococcus vi r idans ein s61ches sekund~res Ereignis darstell t , das mfissen wei tere Un te r suchungen lehren. Wicht iger aber , als die Ar t des Erregers, is t viel teieht die Beschaffenhei t des Ind iv iduums , die Reaktionslage. Gerade bei der St i l lschen Krankhe i t scheint mir der Gedanke ungemein naheliegend; dab es sich hier u m ein ]3eispiel al lergischer 1Reaktion auf einen viel le icht banalen Erreger handel t . (Auch die , , a typischen" FAlle wfirden sich dann wohl mfihelos e inordnen lassen.) Hier bin ich m i t Lt~ICtITENTRITT durchaus ei l lverstanden, wenn er die Stil lsche Krankhe i t als chronisch ver laufende Infekt ion ,,bei e lnem kons t i tu t ione l l gekennzeichneten I n d i v i d u u m mi t einer besonders differenzier ten lokalen Gewebsverfassung" anspricht .

Gerade der 1Viangel 8peziJiseher histologischer Befunde, dagegen die Neigung der an sich unspezif ischen Entz f indung zu be s t immre r Lokalisation, scheint mir in diesem Sinne zu sprechen, und ich m6chte die Befunde bei der Sti l lschen Kral lkhei t in Analogie se tzen zu den eigentf imlichen entzfind- l ichen Lokal i sa t ionen a m E n d o k a r d und an der Gef~gint ima, die wir unter dem EinftuB der S t rep tokokkeninfek t ion be- sonders beim Scharlach auf t re ten sehell und die ich ebenfalls als allergische 1Reaktion (s. auch SIEGMUN~) eines besonders abges t immten Organismus auf eine an sich unspezifische In- fekt ion auigefaBt habe.

Zusammen/assung der klinisehen und pathologisch-ana- tomischen Beobachtungen. Es wird neben anderen kl inischen ]3eobachtungell ausft ihrl ich fiber ein Kind ber ichtet , das im Al ter yon fas t 9 Jahre l l nach 3~/2j~hriger mul t ip le r chroni- scher Gelenkerkrankung zur Sekt ion gelangte. Obwohl die typ ischen Ersche inungen der Sti l lschen Krankhe i t (hohes Fieber, Milz- und Lymphdrf isenschwellung) fehlten, war die tfir diese ]~rkrankung bisher als charakter is t i sch angesprochene Per icardi t i s adhaes iva vorhanden, auch waren wiederhol t die so h~ufig bei der Sti l lschell Krankhe i t zu beobach tenden Exa l l t heme aufgetre ten. Aul3erdem bes tand eine Myokardi t is , deren V o r k o m m e n in ~hnl ichen Krankhei t s fMlen noch nicht bekann tgeworden ist. W~hrend die al lerdings l~ngere Zeit vor d e m Tode au fgenommenen R6ntgenbi lder der Knochen lediglich eine Atrophie , aber keine Ver~tnderungen an den Gelenkfl~chen zeigten, deckte die Sekt ion deut l iche Usur ie rung

Page 6: Multiple Chronische Gelenkerkrankung und Rheumatische Infektion im Kindesalter

~3. APRIL x932 K L I N I S C H E W O C H E N S C H I Z I F T . I I . J A t t R G A N G . N r . 17 713

a n d e n G e l e n k f i b e r z f i g e n au f . N a c h L a g e d e r D i n g e i s t es w o h l b e r e c h t i g t , d a s K r a n k h e i t s b i l d a l s atypische S t i l l s c h e K r a n k h e i t z u b e z e i c h n e n . N u n f a n d e n s i c h i n d e m v e r d i c k t e n p e r i a r t i k u l ~ t r e n G e w e b e z w a r s p ~ r l i c h e R u n d z e l l e n i n f i l t r a t e , r h e u m a t i s c h e G r a n u l o m e w u r d e n d a g e g e n s o w o h l b i e r wie i m H e r z e n v611ig v e r m i B t . U n t e r d i e s e n U m s t / ~ n d e n w e r d e n Beziehungen zur rheumatischen Granulomatose i m G e g e n s a t z v o r a l l e m z u LEICHTENTRITT abgelehnt. K l i n i s c h e u n d a n a - t o m i s c h e 13efunde s p r e c h e n ffir e i ne c h r o n i s c h e I n f e k t i o n s - k r a n k h e i t . D e r M a n g e l s p e z i f i s c h e r h i s t o l o g i s c h e r 13efunde, d a g e g e n d ie N e i g u n g d e r a n s i c h u n s p e z i f i s c h e n E n t z f i n d u n g z u b e s t i m m t e r L o k a l i s a t i o n l a s s e n d e n P a t h o l o g e n a n a l l - e r g i s c h e R e a k t i o n a u f e i n e n v i e l l e i c h t b a n a l e n E r r e g e r d e n k e n . ]Der v o n LEICHTENTRITT i n e i n e m t y p i s c h e n F a l l e y o n S t i l l - s c h e r K r a n k h e i t g e z f i c h t e t e S t r e p t o c o c c u s v i r i d a n s k o n n t e n i c h t n a c h g e w i e s e n w e r d e n .

L i t e r a t u r : BESSAVl Kl in . W sch r . x925, 119o. - - FAHR, Beitr . p a th . Ana t . 85 - - Kl in . W sch r . x93I, Nr I. - - I s E c I ~ , Z. Kinderhe i lk . 35. - - JANSEN, Jb. Kinderhe i lk . 90, - - J o n a ~ s E N , A c t a paed ia t r . (Stockh.) 2. - - KOEP~E, Jb. Kinderhe i lk . 76. - - KUHN, 13eitr~ge z u m P r o b l e m der St i l l schen K r a n k h e i t . I uaug . - Diss. H a m b u r g 1928. - - LEICUTEI~TRITT, Erg . inn . Med. 37. - - LEINER n: LEItNDORFF, Z. Kinderhe i lk . 32. - - MONRAD, Zb l .Kinder - heilk. 25, 191. - - PIsK~, Med. Kl in . x913, Nr 48. - - REIMOLD U. S~OEB~R, Mschr. Kinderhe i lk . 3 I. - - RI~ONHEI~ER, Jb. ]Kinder- heilk. 85 (I917). - - SIEaMUND, Verh. d t sch , pa tho l . Ges. z931. - -

v o N D. STEINEN, Mianch. med. W sch r . I9~8, 756. - - STILL, Med. Chir. T rans . 80 (1897). - - S~o,zE, Z. Kinderhe i lk . 41. - - STRAUSS, Med. Kl in . I9I 5, Nr 21. - - WIELA~D, Schweiz. med . W s c h r . x929,

, 39o .

ZUR ENTSTEHUNG DER ROSTBRAUNEN FARBUNG DES SPUTUMS BEI DER PNEUMONIE.

Von

H. SCIIADE und H. yon PEIN. Aus dem Institut ffir physikochemische Medizin an der Universit~it Kiel

(Direktor: Professor Dr. H. SCHADE).

D i e U r s a c h e d e r r o s t b r a u n e n F / i r b u n g d e s S p u t u m s be i d e r c r o u p 6 s e n P n e u m o n i e w a r b i s h e r n i c h t b e k a n n t . V o n HOSSLIN 1 h a t i l l s e i n e m 13uch , , D a s S p u t u m " d ie v e r - s c h i e d e n e n T h e o r i e n z u s a m m e n g e s t e l l t . TRAUBE h a t a n - g e n o l i l m e n , d a b d ie r o s t b r a u n e F a r b e e n t s t e h e d u r c h U m - w a n d l u n g d e s 131u t fa rbs to f f s d u r c h d e n S a u e r s t o f f d e r L u f t . FR~NKEL d a g e g e n g l a u b t , d a b d ie U m w a n d l u n g e ine spez i f i - s c h e W i r k u n g d e r P n e u m o k o k k e n sei . PANSlNI s c h r e i b t a u c h a n d e r e n 13ak te r i en d i e se F / i h i g k e i t zu . E x p e r i m e n t e l l w a r es i n d e s s e n n i c h t g e l u n g e n , d ie r o s t b r a u n e F a r b e zu e r z e u g e n .

D ie U n t e r s u c h u n g e n y o n H . SCHADE2 u n d M i t a r b e i t e r n h a b e n a l s e i n r e ge l m/ i B i ges S y m p t o m bei d e r E n t z f i n d u n g er - w i e s e n , d a b a m E n t z i i n d u n g s h e r d d ie W a s s e r s t o f f i o n e n -

k o n z e n t r a t i o n d e s G e w e b e s z u m S a u r e n b i n v e r s c h o b e n i s t . E s l i eg t n a h e , a n z u n e h m e n , d a b a u c h be i d e r c r o u p 6 s e n P n e u m o n i e a l s e i n e r a k u t e n E n t z t i n d n n g i n d e m b e t r o f f e n e n G e b i e t d e r L u n g e e ine m e h r o d e r m i n d e r s a u r e R e a k t i o n v o r - h a n d e n i s t .

A l l b e k a n n t is t , d a b e r b r o c h e n e s 131ut e i ne s c h w a r z e F a r b e b e s i t z t , u n d d a b d i e se V e r f ~ r b u n g a u f d e r U m w a n d l u n g d e s H / t m o g l o b i n s i n H ~ m a t i n d u r c h d ie Sa l z s / i u r e d e s M a g e n s b e r u h t . V e r s e t z t m a n 131ut m i t Sa l z s / i u r e y o n g e n f i g e n d s t a r k e r K o n z e n t r a t i o n , so d a b d ie P u f f e r u n g s k r a f t d e s B l u t e s f i b e r w u n d e n w i rd , z. 13. I c c m 1/1-n HC1 a u f I c c m 131ut, so e r h ~ l t m a n a u c h i m R e a g e n s g l a s a l s b a l d e in e t i e f s c h w a r z e Ver f /~ rbung . W e n n m a n d i e s e F l f i s s i g k e i t m e h r u n d m e h r v e r d f i n n t , so h e l l t s i ch d ie F a r b e au f , w o b e i a l s ~ b e r g a n g s - s t u f e e i n R o s t b r a u n , /~hnl ich d e r S p u t u m f a r b e d e s P n e u m o n i - ke r s , a u f t r i t t .

So lche r o s t b r a u n e F / i r b u n g k a n n m a n n u n m i t e n t s p r e c h e n d v e r d f i n n t e m 131ut b i s h e r a b zu k l e i n s t e n S ~ t u r e w e r t e n e r h a l t e n .

Wi r s te l l ten u n s IO P h o s p h a t p u f f e r l 6 s u n g e n he r m i t e inem PH- t3ereich yon 5 ,7- -7 ,2 . Diese L 6 s u n g e n w u r d e n zu g le ichen Tei len in ie 2 ReagensglXser geb rach t u n d dazu soviel T rop fen mensct f i iches /31ut gegeben, dab eine Ve rd f innung I : ioo e n t s t a n d . Die e ine Ver- suchs re ihe b e w a h r t e n wir bei 37 ~ die andere bei Z i m m e r t e m p e r a t u r auf. Alle 24 S t u n d e n w u r d e n die F a r b v e r X n d e r u n g e n beobach te t . Tabel le I g ib t da s Ergebn i s e ines solchen Versuches wieder.

I n be iden Ve r suchs r e ihen t r i t t d a n a c h v611ige ' U m w a n d l u n g der ro t en in eine r o s t b r a u n e Fa rbe e in in den G1/~sern I - - I I I , als0 bei p f t -Wer ten u n t e r h a l b 6, 4 ; e ine tei lweise U m w a n d l u n g k o m m t bei 20 ~ noch bis p1~6,6, bei 37 o bis pi~6, 5 zus t ande . E in gr6gerer Un te r sch i ed in den be iden Ver suchs re ihen b e s t e h t abe r bezfiglieh des Ze i tpunk- tes, a n d e m die Verf / i rbung z u s t a n d e k o m m t . ]3ei 37 ~ is t bere i t s n a c h 24 S t u n d e n eine v611ige ]3 raunf~rbung in den e r s t en 3 Gliisern e inge t re ten , wXhrend bei 20 ~ in dieser Zei t n u t eine tei lweise U m - w a n d l u n g zu b e o b a c h t e n ist . E r s t a m n/~chsten Tage is t die 13raun- f / i rbung a u c h bier deu t l i ch geworden . Gegenf lbe r 2o ~ is t bei I~26rper- t e m p e r a t u r also eine s t a rke lBesehleunigung in der B i l d u n g der ros t - b r a u n e n Verf/~rbung zu beobaci~ten. Dies wird a b e t n i c h t b ed in g t d u r c h die st/~rkere Ion isa t ion d ' ~ SXure bei 37 ~ die, ";vie in E x t r a - kont ro l len fes tges te l l t wurde, n u r ger ing ist, sonde rn is t der Aus - d r u c k der a l lgemeinen R e a k t i o n s b e s c h l e u n i g u n g bei Te rn p e ra tu r - e r h 6 h u n g .

A u c h w e n n w i t s t a t t der Phospho r s~u re Milchs~ure zur Her - s te l lung der a b g e s t u f t e n T e s t l 6 s u n g e n a n w a n d t e n , lag i der U m - s c h ! a g s p u n k t bei der Mehrzah l unse re r Versuche in der Gegend y o n Pu 6, 3. Al lerdings k o m m e n a n s c h e i n e n d b lu t ind iv idue l le S c b w a n k u n g e n vor . Als E x t r e m e unse re r 13eobachtungen bei d e m ]31utverd t innungsgrade I : ioo se ien angef f lh r t : I n e iner Versuchs - re ihe t r a t die B r a u n f ~ r b u n g his PH 6,0, in e iner an d e ren bis P~I 6,5 ein.

E ine groBe Rolle spiel t a u c h die K o n z e n t r a t i o n des 131utes, die m a n anwende t . Tabel le 2 zeigt de ren EinfluB. I n IO Reagensgl / i ser w u r d e n je 20 ccm einer m/ i s -Ph0spha tpuf fe r lOsung nach SORENSEN yore p~ 5,6 gegeben u n d dazu s t e igend i - - l O T rop fen m en sch l i eh e s Blur ge tan . Dabe i erwies sich der S~uregrad sogar bei d iesen sehr e x t r e m e n Verh~l tn i s sen noch d u r c h a u s merk l ich vermindert:~ se lbs t

Tabel le I. Abh~ngigkeit der Umwandlung der roten Farbe einer verdi~nnten Blutl6sung in eine rostbraune yon der Reaktion und der Tempe- ratur der J56sung.

Glas Nr.

I II J i l l I IV i V [ VI VII VIlI IX X Konzentraticn I : Ioo

PH

5,7 6,0 6,3 6,6 6,7 6,9 7,0 7,2

19. X. 20. X.

200 21. X.

22. X. 23. X. 2 4 - X .

19. X. 20. X.

37 ~ 21. X. 22. X. 23. X. 24. X.

rot ros t -

b r a u n b r a u n

rot b r a u n

~J

ro t ros t -

b r a u n b r a u n

rot b r a u n

rot ros t -

b r a u n b r a u n

rot b r a u n

6,4 6,5

ro t ~ ro t ros t - ros t -

b r a u n b r a u n

J ,

ro t rot ros t -

braun ,, i rostbraun

,J

ro t ro t

ros t - ,, b r a u n

ro t ro t

rot

rot

ro t

l o t

ro t

ro t