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Im Hörbiotop des homo audiophiliensis regiert be- kanntermaßen seit Jahr und Tag das Prinzip der Ar- beitsteilung. Mittels raumgreifender Klang-Repro- duktions-Straßen („Ketten“) vollzieht hier jedes Gerät oder Kabel unter Zugriff auf seine je eigene Kernkompetenz (D/A-Wandlung, Verstärkung, Sig- naltransport etc.) idealerweise exakt einen Arbeits- schritt am Gesamtklang, um diesen dann zum nach- gelagerten Spezialisten weiterzureichen. Sofern die Familien- und Wohnsituation es zulässt, sind die einzelnen Gerätschaften dabei dergestalt im Raum verteilt, dass gegenseitige Beeinflussung tunlichst ausgeschlossen wird. Zugegeben: Solch eine „Sig- nalstraße“ benötigt nicht nur Platz, sondern kostet auch Zeit und Geld und trägt nur in ausgesuchten Einzelfällen zur Stabilisierung von Partnerschaften bei. Das bei Audiophilen beliebte Geräte-Tetris bie- tet jedoch die Möglichkeit, über Jahre zielgerichtet am persönlichen Lieblingsklang zu feilen und ist für überzeugte HiFi-Puristen die Methode der Wahl, den heimischen Lautsprechern bestmöglichen Klang zu entlocken. So weit, so reine Lehre. Und jetzt das. Ein Musikser- ver mit eigener Festplatte. Ein Netzwerkstreamer, kompatibel mit externen Multiroom-Lösungen wie Sonos usw. Ein CD-Spieler inklusive Ripper. Ein In- ternetradio. Ein D/A-Wandler. Ein Kopfhörerverstär- ker. Ein Vollverstärker – mit 64-Bit-Digitalboard in der Vorstufe und Dual-Mono-Aufbau in der End- stufe. Dazwischen auftrennbar, versteht sich. So viel Technik auf so wenig Raum – kann das klingen? Nun, schauen wir zunächst, welche signalverarbei- tenden Aufgaben Musical Fidelitys Encore im Einzel- nen übernehmen kann. Und dann hören wir, mit welchem klanglichen Ergebnis er das tut. Technik und Praxis Dass hinter dem M6 Encore 225 ein hoher Anspruch steckt, macht schon das panzerschrankstabil verar- beitete Gehäuse klar. Ein- und ausgangstechnisch lässt der Encore dabei, vielleicht mit Ausnahme ei- nes MM/MC-Phonoeingangs, praktisch nichts ver- missen. Dessen Fehlen wiederum ist bloß konse- quent, versteht sich der 225er doch – trotz dreier analoger Hochpegeleingänge – primär als Digitalge- Test: Musical Fidelity M6 Encore 225 | All-in-one-Receiver inklusive CD, Streaming und Festplatte Preis: 5.299 Euro November 2016 /Benjamin Baum Geräte wie den Musical Fidelity M6 Encore 225 ( Web: www.reichmann-audiosysteme.de ) dürfte es im Grunde gar nicht geben. Bereits die Bezeichnung „All in one“ klingt in den Ohren des ambitionierten Highenders in etwa so standesgemäß wie „Pauschaltrip“ für den kulturinteressierten Bildungsreisenden. Beim Durchforsten des stattlichen Funktionsum- fangs des neuen Encore 225 schlagen die au- diophilen Bedenken Purzelbäume. Störfelder! Resonanzen! Undundund! Sicher: Das Rundum-sorglos-Paket aus dem Hause Musical Fidelity kann so ziemlich alles, was man sich von einer Stereoanlage wünschen kann. Doch beherrscht der highfidele Hausdiener auch die Königsdisziplin? Kann er als Verfechter des All-in- one-Prinzips auch traditionelle „HiFi-Separatisten“ klanglich überzeugen? Vertrieb: Reichmann AudioSysteme www.reichmann-audiosysteme.de Telefon: 077 28-10 64 Testbericht aus 11/16 1/8 Stürmischer Brite www.fairaudio.de

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Im Hörbiotop des homo audiophiliensis regiert be-kanntermaßen seit Jahr und Tag das Prinzip der Ar-beitsteilung. Mittels raumgreifender Klang-Repro-duktions-Straßen („Ketten“) vollzieht hier jedesGerät oder Kabel unter Zugriff auf seine je eigeneKernkompetenz (D/A-Wandlung, Verstärkung, Sig-naltransport etc.) idealerweise exakt einen Arbeits-schritt am Gesamtklang, um diesen dann zum nach-gelagerten Spezialisten weiterzureichen. Sofern dieFamilien- und Wohnsituation es zulässt, sind dieeinzelnen Gerätschaften dabei dergestalt im Raumverteilt, dass gegenseitige Beeinflussung tunlichstausgeschlossen wird. Zugegeben: Solch eine „Sig-nalstraße“ benötigt nicht nur Platz, sondern kostetauch Zeit und Geld und trägt nur in ausgesuchtenEinzelfällen zur Stabilisierung von Partnerschaftenbei. Das bei Audiophilen beliebte Geräte-Tetris bie-tet jedoch die Möglichkeit, über Jahre zielgerichtetam persönlichen Lieblingsklang zu feilen und ist fürüberzeugte HiFi-Puristen die Methode der Wahl, denheimischen Lautsprechern bestmöglichen Klang zuentlocken.

So weit, so reine Lehre. Und jetzt das. Ein Musikser-ver mit eigener Festplatte. Ein Netzwerkstreamer,kompatibel mit externen Multiroom-Lösungen wieSonos usw. Ein CD-Spieler inklusive Ripper. Ein In-ternetradio. Ein D/A-Wandler. Ein Kopfhörerverstär-ker. Ein Vollverstärker – mit 64-Bit-Digitalboard inder Vorstufe und Dual-Mono-Aufbau in der End-stufe. Dazwischen auftrennbar, versteht sich. So vielTechnik auf so wenig Raum – kann das klingen?Nun, schauen wir zunächst, welche signalverarbei-tenden Aufgaben Musical Fidelitys Encore im Einzel-nen übernehmen kann. Und dann hören wir, mitwelchem klanglichen Ergebnis er das tut.

Technik und Praxis

Dass hinter dem M6 Encore 225 ein hoher Anspruchsteckt, macht schon das panzerschrankstabil verar-beitete Gehäuse klar. Ein- und ausgangstechnischlässt der Encore dabei, vielleicht mit Ausnahme ei-nes MM/MC-Phonoeingangs, praktisch nichts ver-missen. Dessen Fehlen wiederum ist bloß konse-quent, versteht sich der 225er doch – trotz dreieranaloger Hochpegeleingänge – primär als Digitalge-

Test: Musical Fidelity M6 Encore 225 | All-in-one-Receiver inklusive CD, Streaming und FestplattePreis: 5.299 Euro

November 2016/Benjamin Baum

Geräte wie den Musical Fidelity M6 Encore225 (Web: www.reichmann-audiosysteme.de)dürfte es im Grunde gar nicht geben. Bereitsdie Bezeichnung „All in one“ klingt in denOhren des ambitionierten Highenders in etwaso standesgemäß wie „Pauschaltrip“ für denkulturinteressierten Bildungsreisenden. BeimDurchforsten des stattlichen Funktionsum-fangs des neuen Encore 225 schlagen die au-diophilen Bedenken Purzelbäume. Störfelder!Resonanzen! Undundund!

Sicher: Das Rundum-sorglos-Paket aus dem HauseMusical Fidelity kann so ziemlich alles, was mansich von einer Stereoanlage wünschen kann. Dochbeherrscht der highfidele Hausdiener auch dieKönigsdisziplin? Kann er als Verfechter des All-in-one-Prinzips auch traditionelle „HiFi-Separatisten“klanglich überzeugen?

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Stürmischer Brite

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rät, dessen zentraler Input die LAN-Schnittstelle ist.So komisch es anmuten mag, aber der Musical Fide-lity muss via Ethernetkabel tatsächlich permanentmit dem Netzwerk verbunden sein. Kein Netz: keineMusik – und kein Zweifel daran, dass es die Leutebei Musical Fidelity ziemlich ernst meinen mit die-sem HiFi 2.0. Hintergrund des Always-On-Prinzips:Jede Nacht um 3 Uhr verbindet sich der Encore insInternet und schaut sich dort nach Updates um.

Frontseitig fällt neben den beiden herstellertypischmassiven Drehrädern ein angenehm hochauflösen-des Display ins Auge, das von meinem knapp dreiMeter entfernten Hörplatz prima erkennbar bleibtund als Fenster zur IT-Welt fungiert. Eine Fernbedie-nung wird zwar mitgeliefert, aber realiter sicherkaum zum Einsatz kommen. Denn mit der funktionaldurchdachten und optisch ansprechenden App „En-core Remote“, wahlweise für Android oder iOS, lässt

sich das Gerät über’s Heimnetzwerk bequem und in-tuitiv per Smartphone oder Tablet steuern.

Was damit gesteuert wird? Zunächst einmal ein Au-diostreamer. Extra für den deutschen Markt stattetMusical Fidelity den Encore serienmäßig mit einer2 TB großen SATA-II-Festplatte aus, die auf Wunschauch gegen eine SSD-Platte getauscht werden kann.Akzeptiert werden ferner nahezu alle denkbaren Di-gitalquellen wie externe USB-Festplatten oder insNetzwerk eingebundene Smart-phones. Sollte derSpeicher dennoch einmal knapp werden, können viaNetzwerk beispielsweise auch auf einem NAS-Ser-ver gespeicherte Musikdaten abgerufen werden.Praktischerweise erkennt und übernimmt der En-core in diesem Fall recht zuverlässig die Ordner-struktur der angeschlossenen Datenbank. Das Über-nehmen und sinnvolle Arrangieren von Tags warenzum Testzeitpunkt noch ausbaufähige Aufgabenbe-reiche, automatische Updates hierzu allerdings auchschon angekündigt.

Sind streamingfähige Lautsprecher anderer Herstel-ler bereits im Haushalt vorhanden, kann der Netz-werkplayer im M6 Encore unter Umgehung der Voll-verstärker-Sektion auch als reiner Lieferant vonMusikdaten für Multiroom-Lösungen wie Sonos,Bluesound oder Denon Heos eingesetzt werden.

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Blick auf die Festplatte des Musical Fidelity Encore 225

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Was zum Testzeitpunkt noch fehlte, war der Zugriffauf verlustfrei arbeitende Streamingdienste. Tidalsteht jedoch bereits in den Startlöchern. Übrigens:Dass der Musical Fidelity bei aller Jonglage mit Ein-sen und Nullen nie aus der Puste kommt, garantierteine 64-Bit-CPU im Innern des Multitalents.

Wer seine platzraubende CD-Sammlung veräußernoder einkellern möchte, der kann die Encore-Fest-platte auch höchst bequem über das eingebaute CD-Laufwerk mit Musikdaten füttern: CD in den Slotschieben, etwa zwei bis drei Minuten warten, fertig.Gerippt wird im verlustfreien FLAC-Format. Natür-lich lassen sich CDs auch direkt abspielen, ohne siedabei zu rippen.

Nachgeschaltet ist dem Streamer natürlich ein D/A-Wandler. Über Datails zur Schaltung schweigt sichMusical Fidelity zwar aus, allerdings hat der Herstel-ler seine „Wandlungsfähigkeit“ bereits mit zahlrei-chen gelungenen Geräten wie dem V90 oder demKlassenkameraden M6 DAC unter Beweis gestellt.Digital füttern lässt sich der DAC auch über Toslinkund den koaxialen Digitaleingang. Für digitale Quel-len stehen außerdem jeweils ein USB-3.0-ConnectorTyp A und Typ B sowie drei USB-2.0-Ports an Vorder-und Rückseite zur Verfügung. Hier kann beispiels-weise ein PC oder Mac angeschlossen werden. Ver-arbeiten kann der Encore über die optischen undelektrischen S/PDIF-Eingänge alle gängigen HiRes-Formate bis 24 Bit/192 kHz. Via USB wandelt der En-core-DAC sogar Files bis 32 Bit/384 kHz.

Am Ausgang des Panzerschränkchens schließlichscharrt ein wahres Biest von einem Verstärker mitden Hufen. Dessen Dual-Mono-Endstufen sind demKlassenkameraden M6si entliehen und liefern pro

Kanal satte 225 Watt an 8 Ohm. Sollten Ihre Boxen inder Impedanz nicht höllisch schwanken, wird der En-core 225 wohl wenig Mühe haben, sich zum unum-schränkten Herrn über die Chassis aufzuschwingen.Wer 225 Watt Verstärkerleistung hingegen gar nichtbraucht oder bereits gute Endstufen besitzt, derkann das Signal über Pre-Out nach der Vorstufe ab-passen und sich für rund 1.000 Euro weniger dieendstufenlose Version des Encore „ohne 225“ an-schaffen.

Die Vollverstärker-Sektion des Encore 225 kann überdie Line-Eingänge natürlich auch analog gefüttertwerden, etwa um eine Phonostufe anzuschließen.Hierzu sei allerdings gesagt, dass der Encore „voll-analog“ im Grunde überhaupt nicht im Programmhat. Im Gegensatz zur analogen Vorstufe des M6si-Vollverstärkers werden sämtliche Signale im Encore225 – also auch die der analogen Eingänge – vomDigitalboard in der Vorstufe gesteuert, das dersignalverarbeitenden 64-Bit-CPU unterstellt ist.Sprich: Analoge Signale werden direkt hinter demEingang erst einmal digitalisiert.

Musical Fidelity Encore 225: Klangeindruck

Eines vorab: Etwas Geduld sollte der Hörer mitbrin-gen, denn Musical Fidelitys Encore 225 gönnt sicheine nachgerade epische Einspielzeit. Selbst nachvier durchaus intensiven Testwochen war der Alles-könner ohrenscheinlich noch immer nicht komplettam Limit. Nach jeder „durchgemachten“ Nacht wa-ren tags darauf noch subtile Verbesserungen imKlangbild festzustellen.

Doch wie sieht’s denn nun aus, das Klangbild? Be-ginnen wir mit der digitalen Zufütterung des Encore

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und spannen zum Vergleich einmal zwei unter-schiedliche Digitalquellen an. Konkret: einmal meinebewährte Auralic Aries Streaming-Bridge überS/PDIF-Koax und einmal mein Tablet via USB. AlsStreaming-Plattform dient jeweils der aus meinerSicht bestklingende Anbieter Qobuz. Das Ergebnis:Beide Quellen unterscheiden sich klanglich nicht we-sentlich. Zwar spielt der Aries untenrum etwas kon-turierter und im Hochton etwas feiner auf als meinTablet, über klangliche Welten allerdings reden wirhier keineswegs. Nämliches gilt auch für den inte-grierten CD-Spieler beziehungsweise für sämtlichedigitale Zuspielmöglichkeiten: Weder zwischen CD-Laufwerk und gerippten CD-Dateien von der Fest-platte noch zwischen Festplattenstreaming und derWiedergabe extern zugespielter Dateien lässt sichein nennenswerter Klangunterschied feststellen.

Interessanterweise bieten verschiedene Quellen anden Analoginputs des Encore – obwohl ja direkt di-gitalisiert wird – größere klangliche Unterschiede.Ich habe meine beiden DACs, den highendigen Ja-dis-JS2-Röhren-Wandler und den kultigen ChordHugo, jeweils über den Analogeingang mit dem En-core verbunden. Beide D/A-Wandler empfangen dieMusikdaten in dieser Konstellation von besagter Au-ralic Aries Streaming-Bridge. Das Ergebnis: überra-schend gut und erfreulich verschieden. Obwohl dieeingehenden Analogsignale in der Encore-Vorstufeerneut digitalisiert und abermals gewandelt werdenund sich damit im Grunde lediglich der Signalweg(man sollte meinen: unnötig) verlängert, bleiben dieklanglichen Signaturen der beiden angeschlossenenD/A-Wandler deutlich zu hören. Der Jadis agiert imVergleich vor allem konturenschärfer, „macht“ et-was mehr Auflösung und Bühnentiefe und wirkt da-

bei wärmer, sämiger und geschmeidiger als derChord – der wiederum in Sachen Dynamik, Agilitätund Basskontur dezent die Nase vorn behält. Diegute Nachricht lautet also: Das Digitalboard desMusical Fidelity löst sauber auf, klingt transparent,tonal weitgehend neutral und hält sich somit ausGesamtklang der vorgeschalteten Kette wohltuendheraus. Diese britisch-vornehme Zurückhaltungmacht das erfolgreiche Experimentieren mit analo-gen Quellen möglich.

Was aber den interne DAC des Encore betrifft, darfgesagt werden, dass vor allem in Sachen Basskon-trolle, Breitbandigkeit, Auflösungsvermögen undRaumausleuchtung der Vergleich mit dem M6 DACaus dem gleichen Hause nicht gescheut zu werdenbraucht. Der Encore bietet somit eine qualitativhochwertige und tonal ausbalancierte Grundlage,den Klang über markenfremde oder wahlweise ei-gene, interne Endstufen in eine bestimmte Ge-schmacksrichtung zu lenken.

Wohin diese Reise gehen kann? Ehrlich gesagt: soziemlich überall hin. Im Test speiste die DAC-Vor-stufe des Musical Fidelity Encore sowohl eine maxi-mal neutrale Abacus-Dolifet-60-120-Stereoendstufemit satten 110 Watt sowie ein Pärchen warm, analogund „musikalisch“ klingender, allerdings mit 50 Wattauch etwas schüchtern daherkommender Graham-Slee-Proprius-Monos mit höchst unterschiedlichen,aber gleich zufriedenstellenden Ergebnissen.

Steven Wilsons auskomponierter Tourette-Anfall„Luminol“ (Album: The Raven That Refused to Sing)kommt mit dem Abacus an der Lautsprecherstrippeherrlich straff, zeitrichtig und transparent, dafürohne jeden Zuckerguss und fast ein bisschen kühlaus den Lautsprechern, während die GrahamsSlees, die derlei Akkuratesse schon mangels Leis-

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tung nicht bieten, vor allem die natürlichen Instru-mente wie jene manisch flirrende Querflöte zu An-fang mit wohltemperierten Klangfarben, sauberemEin- und Ausschwingen und sahnigen Mitten servie-ren. Fazit: Der Musical Fidelity Encore kann nicht nurdie unterschiedlichsten funktionalen Bedürfnisse,sondern auch konträre klangliche Geschmäcker sou-verän befriedigen, da er das Signal breitbandig,transparent und neutral durchreicht und das „Soun-ding“ den nachgelagerten Teilen der Anlage über-lässt.

Apropos Geschmack: So richtig markant und charak-terhaft wird’s im Hörraum, wenn wir die zuvor ge-nannten externen Endstufen abklemmen und statt-dessen Michaelsons internen 2 x 225-Watt-Amp vonder Leine lassen. Sagen wir so: Hätte ich als Händlerneue Lautsprecher vorzuführen, würde ich beden-kenlos zum Musical Fidelity Encore 225 greifen.Denn was die Endstufen an tonalem Schwerge-

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wicht, schimmerndem Hochton und räumlichem Vo-lumen in den Hörraum wuchten, ist wahrhaft kolos-sal. Es gibt ja bekanntermaßen HiFi-Geräte, derenStärken sich erst im täglichen Gebrauch so richtigzeigen, die einem Stunde um Stunde mehr ans Herzwachsen. Genau so ein Gerät ist der Encore mit sei-nen 225er-Endstufen an der Kette – nicht. Das Kom-plettpaket macht vielmehr vom ersten Takt an klar,dass es Charakter hat und maximale Kontrolle überdie angeschlossenen Lautsprecher auszuüben ge-denkt. Ein bescheidener Chronist des musikalischenGeschehens ist dieser Encore 225 ebensowenig.Das Komplettpaket beantwortet die highfidele Gret-chenfrage, ob Gerätschaften nun „richtig geil“ odernicht vielmehr „geil richtig“ zu klingen haben, konzi-liant mit: weitgehend neutral und korrekt gerne,aber bitte nicht charakterlos.

Wozu die zweimal 225 Watt gut sein sollen? Ganzeinfach: Um zum Beispiel bei der Grammy-prämier-ten „Cherokee“-Improvisation des amerikanischenChristian McBride Trios dessen massiv resonierendeKontrabässe nicht nur tiefreichend, saftig und satt,sondern zugleich federnd, schlackenlos und textu-riert wiederzugeben. Wenn sich Bassvolumen und-kontrolle auf derart hohem (oder besser: tiefem)Niveau begegnen, lässt sich mit einem Schlagzeug-intro wie, sagen wir, Kendrick Scotts „Mantra“ (Al-bum: We Are The Drum) derart gepflegt die Magen-grube ausheben, dass akute Suchtgefahr besteht.

Warum der Musical Fidelity dabei ganz anders wirktals vermeintlich vergleichbare englisch-erdige Ver-stärker á la Rega oder Naim? Weil der tonaleSchwerpunkt beim Encore tiefer liegt als bei diesen,

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Dass der Encore 225 grobdynamisch nichts anbren-nen lässt, versteht sich angesichts der athletischenAgilität seiner Endstufen quasi von selbst. Trommel-attacken springen einen mit Kraft und Körper förm-lich an. Vor diesem (übrigens vorbildlich „schwar-zen“) Hintergrund überrascht es fast ein bisschen,dass der Encore 225 auch feinmotorisch keineswegsmit Wurstfingern agiert. Die hinreißende Solopas-sage „Mattmar“ (Album: Layers Of Light) des leiderfrüh verstorbenen Jazz-Poppers Esbjörn Svenssonetwa perlt mit überraschend gewissenhaft ausdiffe-renzierter Anschlagsdynamik aus den Lautspre-chern.

Auflösung? Auch hier ist der komplette Encore: ja,komplett. Nie kommt das Gefühl auf, dass einem ir-gendein musikalisch relevantes Detail vorenthaltenwürde. So lässt sich insbesondere bei atmosphäri-schen Liveaufnahmen wie Alin Coens „Wolken“ (Al-bum: Alles Was Ich Hab – Live) auf dem heimischenSofa in wunderbar unanalytisch vermittelten Detailsgeradezu baden.

Zum Gesamtbild des Encore 225 tragen auch des-sen preisklassebezogen überdurchschnittliche räum-liche Fähigkeiten bei: seitlich weit über die Lautspre-cher hinausgehend und nach oben weit offen. DieAbbildung der Gesamtbühne wie auch einzelner In-strumente gerät dabei bisweilen größer als üblich;zulasten von Lokalisation und Randschärfe einzelnerSchallereignisse geht dieser dezente Zoomeffekt je-doch zu keiner Zeit. Ein präzis gerahmtes Fenster al-lerdings gehört nicht zum Lieferumfang des Encore225. Der Musical Fidelity lässt Musik nicht „erbli-cken“, sondern füllt den Raum mit Klang. Die Tiefen-dimension des Raums gerät dabei etwas wenigerimposant als dessen Panorama, allerdings tretenEinzelinstrumente und insbesondere Sänger je nachAufnahme im Vergleich zur Konkurrenz durchaus

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eben nicht im Grundtonbereich, sondern tief imBass. Boomy oder behäbig kommt der Encore nierüber. Gleichwohl beschleicht mich bisweilen dasGefühl, der Encore 225 hätte einen unsichtbarenSubwoofer im Gehäuse verbaut, so lässig lotenmeine zu solch amtlichem Tiefton ja gar nicht befug-ten Harbeth SHL5plus den Frequenzkeller aus. Ja,der Musical Fidelity kann kompakte Boxen tatsäch-lich eine Spur größer und runder klingen lassen undunterkühlten Neutralisten zu mehr Fundament undSubstanz verhelfen. Im Grundton indes, wo Bassgi-tarren und tiefere Klavierlagen impulsfordernd aufsTempo drücken, geht’s dann wieder schlanker undgefühlt schneller zu.

Diese tonale Signatur findet sich im Hochton ziem-lich exakt wieder. Nur spiegelverkehrt. Sprich: ImPräsenzbereich und leicht darüber, wo viele gnaden-los auf Direktheit und Brillanz getrimmte Verstärkerempfindliche Hörnerven malträtieren, gibt sich derEncore 225 angenehm zurückhaltend. Erst RichtungSuperhochton geben die Endstufen wieder Gas undsorgen mit feiner Auflösung für schimmernde Pia-nopassagen und funkelnde Höreraugen. Ein weite-rer Vorteil der tonalen Offenheit: Über die Gegeben-heiten des Record-Studios, die Klangfarbentexturvon Instrumenten und ja: auch über die mangelndeQualität so mancher Aufnahme fühlt man sich vomMusical Fidelity Encore 225 immer bestens infor-miert – allerdings durch die charmante Dezenz imPräsenzbereich auf stets milde, nachgiebige undlangzeittaugliche Art.

Musical Fidelity Encore 225 – Blick ins Innere

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auch hier und da einen halben Schritt nach vorne,was angenehm involviert und, eben weil es stets inMaßen geschieht, zu keiner Zeit frontal gerät.

Ein im besten Sinne neutrales Mittenband, charak-tervoll gerahmt von ebenso substanziellen wie kon-trollierten Bässen und einem ebenso hochauflösen-den wie bekömmlichen Hochton ergeben im Ganzenein Klangbild, das sicher keinen Anhänger klassi-scher 300B-Röhren ins Schwärmen, aber so man-chen Gegner von All-in-one-Geräten in Erklärungs-nöte bringen dürfte.

Und was gibt’s zu meckern? Wenig. Vermisse ich beialler Kraft, Kontrolle und Transparenz nicht doch einbisschen jenes „tänzerische Talent“, das aus sepa-raten Schallereignissen das ominöse „tönend be-wegte Ganze“ macht? Vielleicht. Trauere ich trotz derüberdurchschnittlichen Farbenpracht des Encoredem zuckersüß-geschmeidigen Mitten-Schmelz mei-ner (gut dreimal so kostspieligen) Jadis-Kette hinter-her? Ein bisschen. Allerdings nur solange, bis ichJames Blakes „Limit To Your Love“ (Album: JamesBlake) durch die Encore-Endstufen jage. Wo ver-gleichbare Verstärker aufgrund akuter Stromnotobenrum verfärben oder im Untergeschoss nurnoch Klangsuppe servieren, präsentiert der MusicalFidelity die verstörend düsteren Bassgewitter diesesTracks nicht als wabbligen Bassteppich, sondern ver-sieht jeden einzelnen der maschinengewehrartigenPunches mit Druck und Definition.

Wer nach diesem „Erlebnis“ noch weiter meckernmöchte, der könnte dem Musical Fidelity vorhalten,er interpretiere Klang zu stark „vertikal“. Frequenz-umfang, Auflösung, Raum, Kraft, Kontrolle, Farbig-keit – könnte man den Sound des Encore kurz anhal-ten und per Querschnitt all diese Einzelparameter

bewerten, so hätte man ihm fairerweise überhauptnichts vorzuwerfen. Der Preis, den der Musical Fide-lity dafür zahlt, dass er in nahezu allen klangrelevan-ten Einzeldisziplinen derart streberhaft über jedesStöckchen springt, liegt nunmehr in einer leichtenVernachlässigung der „horizontalen“ Struktur vonMusik. Den melodischen Fluss und die rhythmischeLässigkeit beispielsweise des kürzlich getestetenCreek–Evolution-Verstärkerdoppel erreicht der Mu-sical Fidelity nicht ganz. Ob Sie jedoch bereit sind,Tugenden wie Bühnengröße, Konturenschärfe,Basskontrolle, Grob- wie Feindynamik oder Hoch-tondetails für dieses Mehr an tänzerischem Talent zuopfern, müssen Sie selbst entscheiden.

Wie auch immer: Das klangliche Angebot des En-core bleibt mit und ohne „225“-Endstufen fair undverlockend: Die Streamer-DAC-Vorstufe zimmertdem Käufer mit ihrer balancierten Tonalität eineebenso klanglich hochwertige wie funktional flexibleBasis. Und wem die unten wuchtige und oben sei-dige klangliche Duftmarke der Endstufen aus demHause Michaelson nicht recht behagt, der errichtehierauf durch Verwendung externer Endstufen ganzeinfach seinen persönlichen Wunschklang. Es sei al-lerdings angemerkt: Endstufen, die die charmanteLockerheit eines Creek Evolution mit den genanntenMeriten des Encore 225 vereinen, müssen für die1.000 Euro, die Käufer des Komplett-Encore extrazahlen, erst einmal gefunden werden.

Test-Fazit: Musical Fidelity Encore 225

Komplett im Funktionsumfang, barrierefrei in derBedienung, genügsam in der Aufstellung und sattwie seidig im Klang. Zum Pauschalpreis von knapp5.300 Euro garantiert der Encore 225 die klanglicheKomplettversorgung für „audiophile Realos“, die be-reit sind, für eine Stereoanlage genau zwei Mal Geldin die Hand zu nehmen – nämlich zum ersten undzum letzten Mal –, um sodann lange Zeit entspanntdie Füße hochzulegen.

Sie sehen HiFi nicht als obsessives Hobby, sondernals häusliche Dienstleistung zur Entspannung amFeierabend? Möchten abschließen mit Kabel-Ver-gleichen und Kettenglied-Roulette? Bitteschön. DerMusical Fidelity Encore 225 bringt alles mit, was Sieüber Jahre brauchen. Wenn Sie dazu noch die cha-raktervolle Klangsignatur der 225er-Endstufen mö-gen: Jackpot. Dann bekommen Sie an harten HiFi-

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Skills so ziemlich alles, was Sie sich fürs Geld wün-schen können: wuchtigen Bass, beeindruckendeKontrolle, eine großformatige Bühne sowie Raum-und Klangdetails auf der vollen Breite des Frequenz-spektrums.

Sollten Sie zart schmelzende Mitten einer extrembreitbandigen Wiedergabe vorziehen, sparen Siesich die 225er-Endstufen – und betreiben die 1.000Euro günstigere Connect-Version des Encore an ex-ternen Poweramps oder Aktivboxen. CD-Spieler,Netzwerkplayer, Festplatte, DAC und Vorstufe bietendank guter Auflösung und tonal ausgewogenerBalance eine solide Grundlage, den Sound des En-core mit fast jedem Klanggeschmack „auf Linie“ zubringen.

Der Musical Fidelity M6 Encore Connect ...

bündelt die Features eines ganzen Geräteparksin einem Gehäuse und geht hierfür klanglichkaum Kompromisse ein.gehört auflösungstechnisch zu den Klassenbes-ten. bietet dank überzeugender Bühne und tonalerBalance eine funktional flexible und klanglichhochwertige, neutrale Grundlage für den Be-trieb von Endstufen „nach Gusto“.braucht keine aufwendige Aufstellung oder Ver-kabelung, um sein klangliches Maximum zu er-reichen. ist dank automatischer Updates zukunftssicher.

Der Musical Fidelity M6 Encore 225 (mit End-stufen) ...

macht mit seiner charaktervollen Abstimmungvor allem an den Frequenzgangenden Eindruck,ohne zum Effektgerät zu mutieren.imponiert mit einem wuchtig-saftigen Bassbe-reich, der trotz aller Kraft maximal kontrolliertund tiefreichend daherkommt.präsentiert auch den Grundton mit Substanz,ohne dass der Gesamtklang hiervon allzu stark„aufgewärmt“ würde.reicht die Mitten weitgehend neutral-kommen-tarlos weiter.glänzt im Hochton mit seidiger Detailarbeit undbleibt dabei dank zurückhaltender Abstimmungim Präsenzbereich zuverlässig diesseits derNervgrenze.

baut eine vor allem in Breite und Höhe großzü-gige Bühne auf, die Instrumente großformatigund substanziell in den Raum stellt.bietet mächtig beeindruckende Grobdynamik,ohne es an feinmotorischem Differenzierungs-vermögen vermissen zu lassen.

Fakten:

Modell: Musical Fidelity Encore 225Konzept: All-in-one-Receiver mit CD-Laufwerk,Netzwerkstreamer und interner FestplattePreis: 5.299 Euro mit Endstufe (225-Version),4.299 Euro ohne Endstufe (Connect-Version)Farbe: Silber, SchwarzAbmessungen & Gewicht: 440 x 125 x 400 mm(BxHxT), 16,6 kgEingänge: analog: 3 x Hochpegel (Cinch), digital: 2 x optisch S/PDIF bis zu 24 Bit 192kHz,2 x Koax-S/PDIF bis zu 24 Bit 192kHz, 1 x USB3.0 Typ A, 1 x USB 3.0 Typ B, 3 x USB 2.0 Typ A,1 x Ethernet-AnschlussAusgänge: 1 x Line (variabler Ausgang), 1 Line(fixed), 1 x Kopfhörer-Ausgang (6,5 mm), 1 PaarLautsprecherausgänge, 1 x Digitalausgang op-tisch S/PDIF, 1 x Digitalausgang Koax-S/PDIFSonstiges: Fernbedienung, interne Festplatte(optional SSD), Encore-Versionen mit/ohneEndstufe, kompatibel mit Multiroomlösungenvon Sonos, Bluesound, Denon Heos etc.Garantie: 2 Jahre

Vertrieb:

Reichmann AudioSystemeGraneggstrasse 478078 Niedereschach im Schwarzwald Telefon: 077 28 -10 64eMail: [email protected]: www.reichmann-audiosysteme.de

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