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Musik in Bayern

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Musik in Bayern

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Musik in BayernJahrbuch der Gesellschaft für Bayerische Musikgeschichte e. V.

Redaktion: Rebecca Wolf und Stefan Gasch (Aufsätze), Stephan Hörner (Auf-sätze, Mitteilungen und Rezensionen) und Bernhold Schmid (Rezensionen)Hohenzollernstr. 8, 80801 München, Tel. und Fax: 089/349906E-Mail: [email protected]: www.gfbm.mwn.de

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Musik in BayernJahrbuchder Gesellschaft für Bayerische Musikgeschichte e. V.

Band 78Jahrgang 2013

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Informationen über den Verlag und sein Programm unter:

www.allitera.de

Oktober 2015Allitera VerlagEin Verlag der Buch&media GmbH, München© 2015 Buch&media GmbH, München© 2015 aller Einzelbeiträge bei den AutorInnenHerstellung: Kay Fretwurst, FreienbrinkPrinted in Europe ISSN 0937-538XISBN 978-3-86906-776-6

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Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7

Bernhold Schmid

Lassos O Decus celsi und seine Kontrafakta. Ein Nachtrag . . . . . . . . . . 11

Josef Focht, Klaus Martius, Thomas Riedmiller

Jonas Heringer und der frühe Streichinstrumentenbau in Füssen . . . 20

Daniela v. Aretin

Mit freundlichen Grüßen aus München. Andrea Bernasconis Briefwechsel mit Padre Martini . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

Sebastian Kirsch, Klaus Martius

Ein Geigenbauer im „Irrthum“. Leopold Widhalms Niederlassungsgesuch in Wien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

Helmut Lauterwasser

Die Musikhandschriften in den Kunstsammlungen der Veste Coburg – Ein Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

Hanns-Helmut Schnebel

Griechenlands Militärmusik zur Zeit König Ottos I. (1832–1862) – Ein Einstieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .85

Benedikt Brilmayer

Das Trautonium und Oskar Sala . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

Robert Münster

Carl Orff und die Bayerische Staatsbibliothek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .120

Rezensionen: Bücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130Rezensionen: Tonträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157Eingegangene Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165Neue Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .166Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174Neue Orgeln in Bayern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

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Vorwort

Aktuell jährt sich die Begründung der zunächst als Halbjahresschrift und ab 2008 als Jahrbuch erschienenen Hefte Musik in Bayern zum 40. Mal. Da sich dieses Jubiläum mit manchen Neuerungen verbindet, soll die Gelegen-heit ergriffen werden, sich in einem etwas ausführlicheren Vorwort an die Leserinnen und Leser zu wenden.

1975 erschien das erste Heft als eigenständige Zeitschrift unter der Redak-tion von Horst Leuchtmann und mit großzügiger Unterstützung des Verle-gers Hans Schneider (Tutzing). Wer die Nummerierung der Hefte vor Augen hat, dem wird auffallen, dass dieser Band bereits mit der Nummer 10 verse-hen war. Schon 1964 war das erste „Mitteilungsblatt“ an die Mitglieder der Gesellschaft für Bayerische Musikgeschichte e. V. ausgegeben worden, das sich noch keineswegs als eigenständige Fachzeitschrift verstand (siehe hierzu ausführlicher das Vorwort von Fred Büttner zu Heft 56 aus dem Jahr 1998). Dennoch: Die Hefte können bereits über eine Geschichte von einem halben Jahrhundert zurückblicken – ein Ergebnis, das nur durch das große Engage-ment Einzelner, vor allem aber durch die vielen Beiträge der Autorinnen und Autoren erreicht werden konnte.

Die gravierendste Änderung betrifft den Wechsel des Verlages. Zu unserem großen Bedauern stellte der Verlag Hans Schneider in Tutzing seine Tätigkeit mit Beginn des Jahres 2015 ein. Nicht nur die Gesellschaft für Bayerische Mu-sikgeschichte e. V., sondern auch viele Institute und Forschungseinrichtungen sehen sich zu neuen Kooperationen gezwungen. Dem Verlag und unserer Set-zerin Cordula Roleff, die uns in den vergangenen Jahrzehnten stets zuverlässig und engagiert unterstützt haben, sei an dieser Stelle noch einmal ein herzlicher Dank ausgesprochen. Die Veränderungen sind nun aber mit Blick in die Zu-kunft auch als Chance der Neuerung zu sehen und mit dem Allitera Verlag ist ein mehr als kompetenter Partner für Musik in Bayern gefunden worden. So sehen wir der Zusammenarbeit äußerst positiv und erwartungsvoll entgegen.

Die zweite Neuerung betrifft den in Heft 77 angekündigten und mit dem ak-tuellen Heft vollzogenen Wechsel der Redaktion für den Aufsatzteil. Dem langjährigen Redaktor der Beiträge, Christian Leitmeir, sei an dieser Stelle nochmals herzlich gedankt. Für seine Zukunft, die ihn ab Oktober 2015 als Associate Professor und Tutorial Fellow des Magdalen College an die Univer-sity of Oxford führen wird, wünschen wir ihm alles Gute.

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Die neue Redaktion der Aufsätze hat für dieses Heft erstmals ein Team übernommen: Stefan Gasch und Rebecca Wolf. Beide sind mit der Gesell-schaft seit vielen Jahren eng verbunden, was auf ihre Mitarbeit im Redakti-onsbereich der Gesellschaft während der Studienjahre am Münchener musik-wissenschaftlichen Institut zurückgeht. Aufgrund ihrer aktiven Forschungen decken sie gemeinsam eine große Bandbreite an musikwissenschaftlichen Feldern ab: Stefan Gasch ist seit 1. Januar 2015 Universitäts-Assistent am musikwissenschaftlichen Institut der Universität Wien, wo er sich mit musi-kalischer Lyrik in der Zeit des Fin de siècle auseinandersetzt, das Projekt einer Neuausgabe der Werke Ludwig Senfls (ca. 1490–1543) leitet und sowohl an der Universität Wien als auch der Universität für Musik und Darstellende Kunst unterrichtet. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich der kirch-lichen Musik des 15. bis 18. Jahrhunderts sowie der Musikphilologie. Rebecca Wolf beschäftigt sich mit kultur-, wissenschafts- und technikgeschichtlichen Themen der Organologie sowie mit dem Komplex Musik, Politik und Reprä-sentation. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Musik des 19. und 20. Jahrhunderts. Seit März 2015 ist sie nach Stationen in Berlin, Wien, an der Harvard Univer-sity und in München mit einem Projekt zur Materialität der Musikinstru-mente Fellow am Berliner Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Kooperation mit dem Deutschen Museum München, zudem lehrte sie an der FU Berlin, der Universität Wien sowie der LMU München.

Ziel von Musik in Bayern war es von Anfang an, die Musikgeschichte Bayerns zu erforschen. Somit wurde bereits zu Beginn eine Ausrichtung formuliert, die nur im ersten Moment einen einschränkenden Charakter vermitteln mag. Vielmehr verstehen wir es als Aufgabe, den regionalen Fokus als Aus-gangspunkt in vielerlei Hinsicht immer wieder zu weiten, sei es durch die engagierte Autorschaft internationaler Autorinnen und Autoren oder durch die inhaltliche Verknüpfung der Artikel mit dem Musikgeschehen weltweit.

Dieser thematische Schwerpunkt soll hiermit nochmals bestärkt werden. Er soll aber auch ergänzt werden durch die Ermunterung an disziplinär vielfältig ausgerichtete Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie an Nachwuchskräfte, Beiträge aus möglichst vielen Blickwinkeln einzureichen.

Für Rezensionen, Konferenz- und Festivalberichte sowie weitere Ankündi-gungen sind in bewährter Weise Stephan Hörner und Bernhold Schmid zu-ständig.

Vorwort

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Vorwort

Schließlich betrifft eine dritte Neuerung die redaktionellen Richtlinien, de-ren bisherige Verweisstruktur sorgfältig ergänzt und überarbeitet wurde. Die Angaben können folgender Seite entnommen werden: www.gfbm.mwn.de/Richtlinien-Musik-in-Bayern.pdf

In diesem Sinn freuen wir uns sehr auf die Zusammenarbeit mit dem neu-en Verlagspartner sowie mit den zahlreichen Autorinnen und Autoren und sehen einer hoffentlich langen Zukunft des Publikationsorgans der Gesell-schaft für Bayerische Musikgeschichte e. V. entgegen.

Stefan Gasch Stephan HörnerRebecca Wolf Bernhold Schmid

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Bernhold Schmid

Lassos O Decus celsi und seine Kontrafakta. Ein Nachtrag

Im zuletzt erschienenen Band 76 / 77 des Jahrbuchs Musik in Bayern habe ich einen Aufsatz über die mir zu diesem Zeitpunkt bekannten zwölf Kon-trafakta zu Lassos Satz O Decus celsi publiziert.1 Es liegt auf der Hand, dass diese Anzahl an Umtextierungen für eine in einem Motettendruck publizier-te Komposition des 16. Jahrhunderts als Ausnahmefall anzusehen ist. Lasso hat sich allerdings bei der Komposition nicht vom motettischen Satz lenken lassen, stattdessen hat er sich an anderen Vorbildern orientiert, nämlich mit einiger Sicherheit an Modellkompositionen für Texte in antiken Versmaßen: Zu denken ist dabei sowohl an Chöre aus zeitgenössischen Theaterstücken (der vertonte Text entstammt mutmaßlich einem Schauspiel um den Esther-Stoff2), als auch an Oden antiker Autoren; zu nennen ist insbesondere Ho-raz, für den Modellsätze etwa von Petrus Tritonius3 oder aus Franciscus Ni-gers Grammatica4 existieren. Hierin dürften die Gründe für die zahlreichen Kontrafakta zu sehen sein. Und gerade das Versmaß des O Decus celsi, das Sapphicum, hat in der Art, wie Lasso es skandiert, etwas denkbar stereotyp Formelhaftes.5 Text und Musik werden schließlich auch deshalb austausch-bar, weil die Kompositionsweise keinerlei Eingehen auf den Text im Sinn von dessen Ausdeutung zulässt; umgesetzt wird ausschließlich das Versmaß, jede sapphische Strophe lässt sich somit unterlegen.

Meinen Beitrag hatte ich mit folgendem Satz abgeschlossen: „Vor diesem Hintergrund wäre es nicht weiter erstaunlich, wenn noch weitere Kontrafak-

1 Bernhold Schmid, „Lassos O Decus celsi und seine Kontrafakta. Von Theaterchören, Humanistenoden, Psalmparaphrasen, Hymnen und Kirchenliedern“, Musik in Bayern 76 / 77 (2011 / 2012), S. 15–57.

2 Schmid, „Lassos O Decus celsi“, S. 18 und 39–41; dort weitere Literatur. Die Verbindung von Lassos Komposition zum Theater zeigt sich schon beim Vergleich mit Modellsät-zen für Theaterchöre, vgl. etwa denjenigen zu Quisquis eternum in Jacob Lochers His-toria de rege francie, abgedruckt im genannten Aufsatz S. 27.

3 Vgl. Schmid, „Lassos O Decus celsi“, S. 23f.; dort weitere Literatur.4 Vgl. ebd., S. 28f.5 Zum Sapphicum und Lassos vom antiken Vorbild abweichender Umsetzung des Met-

rums vgl. ebd., S. 23–27.

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Bernhold Schmid

ta zu O Decus celsi aufgefunden würden.“6 Hier gilt es, von drei weiteren Fun-den zu berichten und die Liste der Kontrafakta a) bis l-1) und l-2) um die Buchstaben m), n) und o) zu erweitern:

m) S-Uu, Vok.mus.hs 89, fol. 48v Tabulatur für Tasteninstrumente mit „liturgical music, motets and chan-

sons by Orlando di Lasso, Palestrina, Dominique Phinot, Jacob Arcadelt, Clemens non Papa and others without text.“ Zudem enthält die Tabulatur Sätze, die wohl nicht auf Vokalmusik beruhen. Die Tabulatur trägt auf fol. 47v die Jahreszahl 1585 und stammt aus Braniewo (Polen), ehemals Braunsberg in Ostpreussen.7

Text: „O decus caeli moderator orbis.“ (Nur Textincipit zu Beginn des Stücks angegeben.)

Provenienz: Der Text ist derzeit nirgendwo sonst nachgewiesen.

n) S-Uu, Vok.mus.hs 132, fol. 33v–34r Tabulatur für Tasteninstrumente „containing, inter alia, intabulated

chansons, madrigals, motets, intradas by V. Haussmann, O. di Lasso, A. Utendal, H.L. Hassler, J. Regnart, G.B. Pinello, J. Meiland, J. Eccard, J. Hendel, L. Marenzio and others, as well as instrumental music.“8 Auf-grund des Repertoires lässt sich „eine Entstehung des Manuskripts frü-

6 Schmid, „Lassos O Decus celsi“, S. 39.7 Vgl. Jan Olof Rudén, Music in Tablature: A Thematic Index with Source Descriptions

of Music in Tablature Notation in Sweden, Stockholm 1981, S. 80; dort auch das wörtli-che Zitat. Die Tabulatur kam in den 1630er Jahren als Beute im Dreißigjährigen Krieg nach Schweden, vgl. Rudén, Music in Tablature, S. 7 mit Fußn. 4. Er listet nur die in der Quelle enthaltene Instrumentalmusik auf (S. 80). Vgl. auch RISM-Opac ID no.: 190026193. Für die Übersendung von Faksimiles dieses und des zweiten hier abgehan-delten Kontrafakts sowie diverser Informationen sei Kia Hedell (Handskrifts- och musikenheten, Uppsala universitetsbibliotek) ganz herzlich gedankt.

8 Vgl. ebd., S. 81; dort auch das wörtliche Zitat; die Unterstreichung entspricht der Vorla-ge. Vgl. auch RISM-Opac ID no.: 190026192. Eine detaillierte Beschreibung der Quelle, ihres Aufbaus, Inhalts und ihrer Funktion sowie Informationen über die diversen, nur zum Teil identifizierbaren Schreiber bei Nicole Schwindt, „Ein studentisches Vademe-cum um 1600: Die wenig bekannte Wittenberger Claviertabulatur S-Uu, Vok. mus. hs. 132“, in: Im Dienst der Quellen zur Musik. Festschrift Gertraut Haberkamp zum 65. Geburtstag, hrsg. von der Bischöflichen Zentralbibliothek Regensburg durch Paul Mai, Tutzing 2002, S. 229–247, passim; dort S. 237–247 ein ausführliches, vollständiges Dépouillement (Rudén, Music in Tablature, S. 81–82 listet, wie auch bei Vok.mus.hs 89, nur die in der Quelle enthaltene Instrumentalmusik auf).

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Lassos O Decus celsi und seine Kontrafakta. Ein Nachtrag

hestens seit der Mitte 1590er-Jahre kalkulieren“.9 Mutmaßlich fand später ein Wechsel des Eigentümers statt; der neue Besitzer trug auf fol. 4 ein: „Geschrieben In Wittenbergk den / 10 Julij Anno 1602.“10 Bei der Quelle handelt es sich um ein Vademecum aus dem Studentenmilieu.11

Text: „O decus celsi genus atque proli.“ (Nur Textincipit zu Beginn des Stücks angegeben; die einzige Abweichung vom Original ist proli anstatt celsi.)

Provenienz: Der Text ist derzeit woanders nicht nachgewiesen. Schon in meinem Beitrag in Musik in Bayern 76 / 77 konnte ich vier

Orgeltabulaturen auflisten: D-Rp, C 119 mit Kontrafakt f), CH-Bu, Ms. F. IX. 44 mit Kontrafakt g), schließlich D-SCHM, Tabulatur-Bücher 2 und 3 jeweils mit Kontrafakt h).

Mittlerweile liegen sechs Tabulaturen mit insgesamt fünf Kontrafaktu-ren vor – eine Anzahl, die letztlich nur die Bekanntheit und Beliebtheit von Lassos Satz bestätigt. Die Tabulaturen aus Schmölln haben mit bei-den hier aufgeführten die Eigenschaft gemeinsam, dass jeweils nur Text-incipits angegeben werden.

o) handschriftliche Änderungen im Londoner Exemplar des Erstdrucks von Lassos Satz Mottetta, sex vocum, typis nondvm vspiam excvsa (München: Adam Berg, 1582),12 Signatur A.334.l.13

9 Schwindt, „Vademecum“, S. 233.10 Zur Datierung und dem mutmaßlichen Besitzerwechsel ausführlich ebd., S. 233, dort

auch das Zitat mit der Datierung; Rudén, Music in Tablature, der den datierenden Satz ebenfalls wörtlich zitiert (S. 81), gibt die Fundstelle fol. 4 an. Das Manuskript enthält nachgetragen drei Gedichte in schwedischer Sprache (fol. 36, 37 und 41); Schwindt, „Vademecum“, S. 236 mit Fußn. 18 (dort Literatur) vermutet, dass die Handschrift an einen schwedischen Studenten in Wittenberg weitergegeben wurde – in den Jahren zwischen 1596 und 1605 waren 84 Schweden in Wittenberg immatrikuliert – der sie dann nach Schweden brachte.

11 Schwindt, „Vademecum“, S. 229–230.12 Eine Beschreibung und Auflistung des Inhalts des Druckes anhand des Exemplars

der Bayerischen Staatsbibliothek München (D-Mbs, 4 Mus.pr. 137, Beiband 1) in Horst Leuchtmann, Bernhold Schmid, Orlando di Lasso: Seine Werke in zeitgenössischen Drucken 1555–1687 (Orlando di Lasso, Sämtliche Werke: Supplement), 3 Bde., Kassel u. a. 2001, Bd. 2, S. 66–68 unter der Sigle 1582-7. Moritz Kelber hat mich auf das Kon-trafakt im Londoner Exemplar der Mottetta, sex vocum aufmerksam gemacht, dem ich dafür herzlich danke.

13 Hinzuweisen ist auf die fehlerhafte Bindung des Exemplars: Der C4-geschlüsselte Tenor steht im Quinta vox-Stimmbuch, und umgekehrt die C1-geschlüsselte Quinta vox im Tenor-Stimmbuch.

Lassos O Decus celsi und seine Kontrafakta. Ein Nachtrag

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Bernhold Schmid

Text:14

I.Cor mihi rectum scelerisque pu

rum,O potens rerum genitor, refinge;Spiritum firmum renoua novata Cordis in aula.

I.Gib mir wieder ein aufrechtes, von Schuld freies Herz, Du allmächtiger Schöpfer aller Dinge; erneuere einen starken Geist in der erneuerten Halle meines Herzens.

II.Neu mihi auertas faciem tuoqueArceas vultu procul, auferasqueSpiritum sanctum, calida incitatus Rursus ab ira.

II.Und wende Dein Angesicht nicht ab von mir, und halte Deinen Blick nicht fern von mir, und ziehe den Heiligen Geist nicht ab von mir, wenn Du aufgebracht bist wiederum vor Zorn.

III.Redde, speratae solido ut salutisGaudio per te fruar; inquietiSpiritu motus animi rebelles Principe firma.

III.Gib, dass ich die wahre Freude des erhofften Heiles durch Dich genieße; durch die Autorität Deines Geistes gebiete den aufrührerischen Bewe-gungen der unruhigen Seele Einhalt.

IV.Tum meo exemplo moniti scelesti,Quos via flexit malesuadus error,Denuo legum duce me tuarum Jussa capessent.

IV.Dann, ermahnt durch mein ver-brecherisches Beispiel, folgen die-jenigen, deren Weg verführerischer Irrtum gebrochen hat, von neuem durch meine Führung den Befehlen Deiner Gesetze.

--------------II, 2 vultu] voltu in Discantus, Altus und Bassus.IV, 2 malesuadus] malosuadus im Altus. IV, 2 error] amor im Bassus.

14 Der Abdruck erfolgt nach dem Altus, der als einzige Stimme den vollständigen Text vorträgt. Satzzeichen und notwendige Korrekturen nach folgender Edition: Roger P. H. Green, George Buchanan (1506–1582), Poetic Paraphrase of the Psalms of David (Psalmo-rum Davidis paraphrasis poetica), Genf 2011, S. 254.

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Lassos O Decus celsi und seine Kontrafakta. Ein Nachtrag

Provenienz: Strophen 11–1415 aus George Buchanans insgesamt 20 Strophen umfassender Paraphrase zu Psalm 51.16 Die Psalmnachdichtungen des schot-tischen Humanisten Buchanan (1506–1582) orientieren sich an den Vers-maßen der Oden von Horaz; erstmals sind sie unter dem Titel Psalmorum Davidicis paraphrasis poetica erschienen (Genf 1566) und waren in einer großen Anzahl von Auflagen verbreitet. Verschiedentlich ersetzten sie die Horaz’schen Oden im Schulunterricht.17 Auch das in meinem Aufsatz im vo-rangegangenen Jahrbuch beschriebene Kontrafakt k) Sit parens rerum (D-Dl, Mus. Gri 7,7, Nr. 4) basiert auf Buchanan: Es sind die Strophen 1, 16, 18 und 2 der Paraphrase auf Psalm 103. Dass nun zwei Umtextierungen zu O Decus celsi auf der Basis von Buchanans Psalmdichtungen vorliegen, unterstreicht die Bedeutung dieses Autors und seine offenkundige Wichtigkeit im Unter-richt an Gymnasien und Lateinschulen.

Das aus Grimma stammende Sit parens rerum ist dem Kontext einer pro-testantischen Schule zuzuordnen. Nicht zuletzt deshalb wüsste man gerne, wo das Londoner Exemplar der Mottetta, sex vocum mit Buchanans Psalm-version unterlegt wurde. Mit größter Sicherheit handelt es sich um zwei unterschiedliche Schreiber, von denen der eine die Stimmbücher für den Dis-cantus, den Altus, den Tenor und den Bassus umtextiert hat, der andere die Quinta vox und die Sexta vox. Ein Versuch, die Herkunft zu eruieren, brach-

15 Es existiert eine weitere Vertonung von drei der Lasso unterlegten Strophen in Daniel Fridericis Viridarium Musicum Sacrum. Sive cantiones sacræ, qvaternis et quinis voci-bus ita compositæ, et adornatæ, ut non solum voce humana, et omnis Generis Instru-mentis Musicis ad Harmoniam aptè & suaviter decantari poßint, sed et textuum, lem-matumque insuper germanicè adjectorum, suavitate haud injucundè afficiant, Rostock 1625. Die Strophen 11 (Cor mihi rectum), 12 (Neu mihi avertas) und 13 (Redde speratae) bilden zusammen ein aus drei partes bestehendes Stück zu vier Stimmen (im Druck gezählt als Nr. 26–28). Wie im Titel des Drucks angedeutet, besteht die Möglichkeit, anstatt der Strophen Buchanans die vor Beginn der drei Teile jeweils gedruckten deutschen Texte zu unterlegen („et textuum, lemmatumque insuper germanicè adjec-torum […] afficiant“). Es handelt sich dabei um deutsche Psalmparaphrasen in Ver-sen, die den Psalmversen entsprechen, die auch Buchanan paraphrasiert. Vor Teil 1 (Nr. 26) steht: „Ach schaff mir Gott ein Hertze rein / Ein newen Geist mir pflantze ein. Psalm: 51. V.[ersus] 12.“; Teil 2 (Nr. 27) ist überschrieben: „Von deinem Gsicht / verstoß mich nicht / Dein Heilgen Geist nicht von mir richt. V.[ersus] 13.“ Über der tertia pars schließlich lesen wir: „Mit deiner Hülff mich widr erfrew / Der freudig Geist mich widr ernew.“

16 Vgl. die Ausgabe Green, Poetic Paraphrase, S. 254; die Übersetzung ins Deutsche ori-entiert sich am lateinischen Original wie an der englischen Übersetzung durch ebd., S. 255.

17 Zu Buchanan und seinen Psalmparaphrasen, auch zu Ausgaben mit Modellkompositi-onen für jedes Versmaß, vgl. Schmid, „Lassos O Decus celsi“, S. 34–37 und 50.

Lassos O Decus celsi und seine Kontrafakta. Ein Nachtrag

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Bernhold Schmid

te immerhin das Ergebnis, dass sich das Exemplar mit Sicherheit im Besitz von Johann Nikolaus Forkel befunden hat. Woher er den Druck erhalten hat, konnte nicht ermittelt werden.18

18 Dies war folgendermaßen zu eruieren: Eine Nachfrage in der British Library (Korre-spondenz per email 30.6. / 4.7. / 9.7.2014) ergab, dass die British Library den Druck am 21.6.1865 vom Berliner Antiquariat Asher & Co erworben hat. In der Tat tragen alle Stimmbücher auf der letzten Seite, dem Index, einen Stempelaufdruck „21 JU 65“. Eine Korrespondenz mit Asher & Co (heute Amsterdam; per E-Mail 9. / 10.7.2014) brachte keinen weiteren Aufschluss. Der Ankauf des Exemplars aus Berlin ließ aber den Ver-dacht aufkommen, dass es im Besitz der damaligen Königlichen Bibliothek Berlin war und als Doublette verkauft wurde; auf dem Titelblatt des Discantus findet sich nämlich der handschriftliche Vermerk „Doubl.“ Diese Vermutung hat sich bestätigt: Aus der Musikabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin (E-Mail-Korrespondenz vom 10. /22.7.2014) erhielt ich die Auskunft, dass der Druck tatsächlich im Besitz der Berliner Bibliothek war und als Doublette abgegeben wurde. Er war im Jahr 1846 mit weiteren Musikalien vom Königlichen Institut für Kirchenmusik Berlin an die Königliche Biblio-thek gekommen und hatte dort die (auf allen Titelblättern handschriftlich eingetragene) Akkzessionsnummer 874 erhalten. Da aber schon 1841 ein Exemplar der Mottetta, sex vocum in die Bibliothek gelangt war (heutige Signatur: Mus.ant.pract. L 485, erworben mit der Sammlung Poelchau), wurde das heute in London befindliche Exemplar abge-geben. Für weitere Informationen wurde ich an das Archiv der Universität der Künste verwiesen, in der das ehemalige Institut für Kirchenmusik aufgegangen ist. Von dort erhielt ich die Information (E-Mail-Korrespondenz 23. /25.7.2014), dass Erwerbungen aus dem 1819 versteigerten Nachlass von Johann Nikolaus Forkel den Grundstock der Bibliothek des Königlichen Instituts für Kirchenmusik bildeten. Dies geschah noch vor der offiziellen Gründung des Kirchenmusikinstituts 1822; aus der Königlichen Biblio-thek kamen ebenfalls Musikalien in das Kirchenmusikinstitut, die später zurückge-geben werden mussten. (Mein Korresponsdenzpartner Dietmar Schenk berief sich in seiner E-Mail vom 25.7.2014 auf einen Artikel von Max Schipke, „Die Bibliothek des Akademischen Instituts für Kirchenmusik in Berlin-Charlottenburg“, in: Festschrift zur Feier des hundertjährigen Bestehens des staatlichen Akademischen Instituts für Kirchen-musik in Berlin, 1822–1922, hrsg. von der Anstaltsleitung, Berlin-Charlottenburg 1922, S. 45–64, S. 45: „Die Versteigerung begann am 10.5.1819, das Königliche Institut erwarb 214 gedruckte[n] und 184 geschriebene[n] Werke[n]“.) Mit der nun aufgekommenen Vermutung, dass das Londoner Exemplar im Besitz Forkels gewesen sein könnte, wand-te ich mich an Oliver Wiener (E-Mail-Korrespondenz vom 25.7.2014), der sich intensiv mit Forkel beschäftigt hat (vgl. sein Buch Apolls musikalische Reisen. Zum Verhältnis von System, Text und Narration in Johann Nicolaus Forkels Allgemeiner Geschichte der Musik (1788–1801) (structura & experientia musicæ, 1) Mainz 2009; dort S. 386–388 eine Liste der Drucke vor 1600, die in Forkels Besitz waren. Wiener konnte bestätigen, dass Forkel ein Exemplar der Mottetta, sex vocum besessen hat; beim Londoner Exemplar dieses Drucks muss es sich also um Forkels Exemplar handeln. Mein herzlicher Dank für ihre Hilfe gilt Claire Wotherspoon und Michael Woods (British Library), Justin Verbree (Asher & Co), Clemens Brenneis (Musikabteilung der Staatsbibliothek zu Ber-lin), Friederike Kramer (Bibliothek der Universität der Künste) und Dietmar Schenk (Archiv der Universität der Künste), sowie Oliver Wiener (Universität Würzburg).

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Lassos O Decus celsi und seine Kontrafakta. Ein Nachtrag

Mit Forkel schließlich lässt sich der Bogen zurück zu Modellkompositi-onen für Horaz’sche Oden, Humanistenoden, Theaterchöre etc. schlagen, zu Sätzen also, die als Vorlage für Lassos O Decus celsi in Frage kommen.19 Dass Gedichte antiker Autoren wie Horaz, Catull, Vergil etc. zur Zeit der Römer „nach Melodien von griechischer Art gesungen worden sind, ist nicht zu bezweifeln“, schreibt Forkel in seiner Allgemeinen Geschichte der Musik; er beruft sich dabei auf Jean-Benjamin de La Bordes Essai sur la musique ancienne et moderne.20 Dieser Autor hält es – Forkel zufolge – „für gewiß, daß sogar Horaz verschiedene Gedichte auf alte schon vorhandene griechi-sche Melodien gemacht habe, […] Eine solche alte griechische Melodie aus den Zeiten der Sappho soll Horaz zu verschiedenen seiner Oden gebraucht haben, und vorzüglich zur zwoten Ode des ersten Buchs an den Kaiser August.21 Diese Gewohnheit, alte schon bekannte Melodien auf verschiedene Gedichte von ähnlichem Versmaaß überzutragen, hat auch veranlaßt, daß dieselbe Melodie, von welcher hier die Rede ist, in den ersten Jahrhunderten der christlichen Kirche, auf einen Hymnus an den heil. Johannes: ut queant laxis resonare fibris etc. angewendet, und so bis auf unsere Zeiten gebracht worden ist. Ich füge diese Melodie hier bey.“22

Forkel selbst schreibt meines Wissens nirgends, dass er diesen Druck besessen hat: In seinem kurzen Artikel über Lasso („Nachrichten von einigen berühmten Tonsetzern. 2, Orlandus Lassus“, in: Johann Nikolaus Forkel, Musikalischer Almanach für Deutsch-land auf das Jahr 1784, Leipzig 1783, S. 161–165) erwähnt er lediglich, er habe die Selec-tissimae cantiones in der Auflage Nürnberg 1587 gesehen (S. 163). Und seine Allgemeine Geschichte der Musik, 2 Bde., Leipzig 1788 und 1801, reicht nur bis Gaffurius (das 3. Kapitel des Bandes 2 ist überschrieben „Von Guido bis auf den Franchinus Gafor“); die Zeit Lassos wird also nicht abgehandelt. Allerdings hat er im Kapitel „Geschichte der Musik bey den Römern“ (Bd. 1, S. 492–495) Überlegungen angestellt, wie die Oden des Horaz, sowie Gedichte von Autoren wie Catull, Vergil, Ovid etc. gesungen worden sein könnten; vgl. oben.

19 Die folgende Zusammenfassung nach Forkel sowie die wörtlichen Zitate und das Notenbeispiel aus Allgemeine Geschichte der Musik, Bd. 1, S. 492–495. Fettdruck ent-spricht der Vorlage, kursive Type ersetzt die als Auszeichnungsschrift (gegenüber der ansonsten verwendeten gotischen Fraktur) benutzte gerade Type.

20 4 Bde., Paris 1780; Forkel, Allgemeine Geschichte der Musik, Bd. 1, S. 492, nennt als her-angezogene Stellen aus La Bordes Essai Bd. 1, S. 43 und Bd. 2, S. 129.

21 Bei Horaz’ Iam satis terris handelt es sich, wie Forkel, Allgemeine Geschichte der Musik, Bd. 1, S. 493 richtig angibt, um dessen carmen 1, 2, das auch Petrus Tritonius in sei-ner Melopoiae Sive Harmoniae Tetracenticae super XXII genera carminum Heroicorum Elegiacorum Lyricorum & ecclesiasticorum hymnorum, Augsburg 1507, mit einer Ver-tonung versieht; vgl. dazu Schmid, „Lassos O Decus celsi“, S. 23f.

22 Das folgende Notensbeispiel wie Forkel, Allgemeine Geschichte der Musik, Bd. 1, S. 493. Die von Forkel abgedruckte Melodie entspricht zumindest nicht der gängigen Weise

Lassos O Decus celsi und seine Kontrafakta. Ein Nachtrag

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Bernhold Schmid

Im Folgenden erwähnt Forkel einen (von ihm nicht abgedruckten) vierstim-migen Satz von La Borde über die Melodie,23 die „ihm aber so schlecht gerat-hen“ sei, „daß ich sie meinen Lesern nicht mit Ehren vorlegen kann, sondern eine andere an ihre Stelle setzen muß“, was er anschließend mit einem eben-falls vierstimmigen Satz auch tut. Schließlich gibt er noch an, dass es keiner-lei Beweise für „die Vermuthung, daß Horaz seine zweyte Ode wirklich auf diese Melodie gemacht habe,“ gebe; sie „erhält blos durch die alte, wirklich griechische Art der Melodie einen gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit.“

Unabhängig von allen Spekulationen Forkels hinsichtlich der Art und Weise, wie Horaz’sche und andere Gedichte in der Antike gesungen wurden, zeigt sich letztlich nur, auf welches Interesse noch zu seiner Zeit – die ja auch diejenige La Bordes war, auf den er sich beruft – die im 16. Jahrhundert aktu-elle Frage nach einer angemessenen musikalischen Form für antike Gedichte stieß. Wo Forkel vermeintlich über antike Musik schreibt, schreibt er letzt-lich über die Frage nach Melodiemodellen oder Modellsätzen für Oden etc., somit auch über die Austauschbarkeit von Texten. Und damit stecken wir mitten im Fragenkreis um Lassos O Decus celsi.

zum Ut queant laxis. Roman Hankeln, Kompositionsproblem Klassik: Antikeorientier-te Versmetren im Liedschaffen J. F. Reichardts und einiger Zeitgenossen, Köln 2011, S. 49, Fußn. 120, der Forkel und die Hymnen-Melodie erwähnt, identifiziert diese nicht näher. Übrigens hat schon La Borde, Essai, Bd. 1, S. 43 die Melodie mit dem Johannes-Hymnus in Verbindung gebracht.

23 Abgedruckt bei La Borde, Essai, Bd. 1, vor S. 43.

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Lassos O Decus celsi und seine Kontrafakta. Ein Nachtrag

Abstract:

Lassos O Decus celsi, ein Theaterchor mutmaßlich zu einem Stück über den Esther-Stoff, wurde außerordentlich häufig kontrafaziert. Mein Beitrag im letzten Band von Musik in Bayern (MiB 76 / 77) listet insgesamt zwölf Kon-trafakta auf; es handelt sich dabei teils um geringfügige Abänderungen der Vorlage, teils um vom Original unabhängige Texte verschiedenen Inhalts und unterschiedlicher Funktion (Hymnus, Psalmparaphrase, Kirchenlied etc.); einige der Texte sind zudem auch mit anderer Musik nachweisbar. Dis-kutiert werden die Gründe für die zahlreichen Kontrafakta: Alle Texte stehen im sapphischen Versmaß und Lassos Stück orientiert sich an Modellsätzen für das Sapphicum wie Humanistenoden oder Theaterchören. Nimmt man das Fehlen von Textausdeutung in Lassos Komposition dazu, dann wird klar, dass sich die Austauschbarkeit von Texten ganz selbstverständlich ergibt, dass somit aus textlich wie musikalisch formalen Gründen enge Zusammen-hänge zwischen ihrer Herkunft nach denkbar unterschiedlichen Bereichen möglich werden. Im vorliegenden Band werden drei weitere Kontrafakta zu O Decus celsi vorgestellt.

Lassos O Decus celsi und seine Kontrafakta. Ein Nachtrag

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