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Musikstunde: Alles Runde!

Nino Rota

Am 3.Dezember 1911 wird er geboren, Nino Rota, der jüngste und wohl auch

bekannteste in unserer Runde mit den etwas abseitigen Jubilaren, bekannt zumindest für

alle diejenigen, die ab und zu mal ein Kino von innen sehen. Auch wenn sein Name oder

auch seine unspektakuläre Biographie nicht unbedingt jedem vertraut sind, seine Musik

ist es umso mehr. Ich nenne nur „La Strada“, „La dolce vita“ und natürlich „Der Pate“.

20 Musik 1: Rota: Liebesthema aus „Der Pate“ M0012983 005 2’50 In den 70er Jahren ein sensationeller Erfolg, das Mafiaepos „Der Pate“, Hauptdarsteller

Marlon Brando und Al Pacino, Rregie Francis Ford Coppola und Musik Nino Rota. Hier

ein Ausschnitt mit der Philharmonie der Mailänder Scala unter Riccardo Muti.

Drei Oscars heimst „Der Pate“ ein, für die Kategorien bester Film, bestes Drehbuch,

bester Darsteller. Eigentlich soll es auch einen Oscar für die Musik geben, aber der wird

aber im letzten Moment wieder aberkannt. Nino Rota hat geklaut, bei sich selbst.

Die Leitmelodie zum Paten stammt, zumindest ansatzweise aus seiner Musik zum Film

„Fortunella“, und das geht bei einem Oscar gar nicht.

Dabei hat Nino Rota nur das praktiziert, was er häufig und gerne tut, sich selbst zitieren

und hin und wieder auch schon mal andere. Nino Rota ist ein hoffnungsloser Eklektiker

und macht daraus kein Geheimnis. Er liebt U- wie E-Musik gleichermaßen und imitiert,

paraphrasiert und selektiert hemmungslos. Aus der gesamten Musikgeschichte greift er

das für sich Beste heraus und formt es zu seinem speziellen Produkt, zu typischem Nino

Rota. „Ich bin absolut überzeugt, es gibt keine Plagiate in der Musik“, bekennt er einmal

gegenüber einem Kritiker. „Das musikalische Material ist gemeinsamer Besitz. Wenn es

jemand nimmt und sich zu Eigen macht, ist er seinem Vorgänger nichts weiter schuldig

als Dank.“

So wie in dem opulenten Kostümschinken, „Krieg und Frieden“ nach dem Roman von

Leo Tolstoi, ein bisschen Prokofjew, ein bisschen russische Folklore, und eben Nino

Rota- seine typische Melodik mit einer speziellen Mischung aus Melancholie und Ironie.

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1’40

Musik 2: Rota: la Rosa di Novgorod aus „Krieg und Frieden“ M0025441 002 2’04

Das Philharmonische Orchester Monte Carlo unter Gianluigi Gelmetti mit „la Rosa di

Novgorod“ aus Nino Rotas Filmmusik zu „Krieg und Frieden“.

Von Filmmusik ist zunächst mal im Leben des Giovanni Rota Rinaldi nicht die Rede, im

Gegenteil, er stammt aus einer richtig seriösen Mailänder Musikerfamilie. Sein Großvater

ist der bedeutende Pianist und Komponist Giovanni Rinaldi, genannt „Der italienische

Chopin“, seine Mutter Ernesta ebenfalls eine hervorragende Pianistin. Klavier und

Komposition lernt auch der kleine Nino und wird bald gefeiert als Wunderkind. Mit 12

Jahren dirigiert er ein eigenes Oratorium, ein etwas älteres Werk des frühreifen Zöglings,

geschrieben hat er es nämlich schon vier Jahre vorher. Zu seinen größten Bewunderern

und Förderern zählt Arturo Toscanini.

Als Nino ein Musikstudium beginnt, zuerst in Mailand, später in Rom fürchtet Toscanini

um das seelische und künstlerische Wohl seines Schützlings. Rotas Lehrer ist nämlich

Alfredo Casella und der ist Toscanini eindeutig zu modern. „Toscanini war besorgt“,

erzählt Ninos Mutter Ernesta „dass eine vom Intellekt beherrschte, trockene Ausbildung

Nino beeinflussen könnte. Darin irrte er sich, denn Nino war störrisch wie nur irgendeiner

und hatte eine natürliche Neigung, seinen Lehrern eine lange Nase zu machen.

So schrieb er im Stil von Casella, während er bei Pizzetti studierte und im Stil von

Malipiero, während er bei Casella studierte. Einen persönlichen Stil entwickelte er erst

später.“

1’40

Musik 3: Rota: Juliet M0285623 003 2’08

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1968 verfilmte Franco Zeffirelli das Drama von Romeo und Julia, Nino Rota schrieb die

Musik dazu, hier Julias Thema mit dem Philharmonischen Orchester Prag unter Nic

Raine.

Toscaninis Sorge um den jungen Nino Rota und sein musisches Seelenheil nimmt bald

konkrete Formen an. Er verschafft ihm ein Stipendium für Philadelphia in den USA,

avantgardistische Exzesse sind da schon mal nicht zu befürchten.

Philadelphia ist zwar noch nicht Hollywood, aber Nino Rota ist begeistert von der

amerikanischen Musikkultur, vor allem von den jungen Komponisten Gershwin, Thomson

und Copland. Aber er liebt auch die romantischen Kollegen wie Dvorak und die

moderneren wie Strawinsky und Bartok. Dann, 1933 entsteht seine erste Filmmusik zu

„Treno populare“, kennt kein Mensch mehr heute, aber für Nino Rota der Einstieg ins

Leinwandmetier. Doch noch ist die Filmmusik für ihn eine Beschäftigung unter vielen,

gleichzeitig schreibt er Kammermusik, Bühnenmusik und zwei Sinfonien.

Und Nino Rota unterrichtet, anscheinend sehr gerne. 1939 wird er Dozent am

Konservatorium von Bari und leitet später sein „Laboratorium“ wie er es nennt sogar,

bis kurz vor seinem Tod im Jahr 1979.

Da hat ihn die italienische Musikkritik aber schon zu ihrem Intimfeind erklärt.

Für sie verkörpert Nino Rota einen hoffnungslos veralteten Stil, das reaktionäre

Paradigma eines abgelegten, uninspirierten Traditionalismus.

1’30

Musik 4: Rota: Terra lontana aus „Rocco und seine Brüder“ M0012983 020 1’56

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Auch mit dem Regisseur Lucchino Visconti arbeitet Nino Rota zusammen arbeitet.

Die Philharmonie der Mailänder Scala unter Riccardo Muti mit Terra Lontana aus seiner

Filmmusik „Rocco und seine Brüder“.

Unzeitgemäß, das Stichwort lastet über Nino Rotas Leben, selbst posthum wird es zur

gängigen Formel und verhindert letzten Endes seine Karriere als seriöser Komponist.

Aber Nino Rota geht seinen Weg ganz unbeirrt, äußert sich nicht zu Angriffen und ändert

schon gar nicht sein Konzept. Er lebt eindeutig zur falschen Zeit am falschen Ort.

Musikalisch herrscht ab den 50er Jahre in halb Europa eine Diktatur der Moderne,

entweder man macht mit als Komponist oder man wird hoffnungslos aussortiert.

Avantgarde oder gar nichts, lautet die Devise zumindest im Bereich der E, der ernsten

Musik. Nino Rota mit seiner tonalen, traditionsorientierten und eindeutig melodisch

geprägten Musik hat keine Chance. Für die offizielle Musikwelt, das heißt für Kritiker,

Musikwissenschaft und Interpreten ist Nino Rota als seriöser Komponist nicht existent.

Er sitzt in der musikalischen Schmuddelecke, der U-Musik. Nino Rota selbst hält sich

raus, beteiligt sich erst gar an den Diskussionen. Für ihn zählt nur seine Arbeit, er

komponiert eine Filmmusik nach der anderen. Insgesamt schätzt man an die 140 Werke.

1’20

Musik 5: Rota: I love my baby M0087113 007 2’28

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Eindeutig ganz tief im U, also Unterhaltungskeller ist Nino Rota mit seiner Filmmusik zu

„Tod auf dem Nil, hier daraus „I love my baby“.

Kommen wir zurück zu Nino Rotas Biographie. 1952, da ist er 41 Jahre alt. Er

komponiert, unter anderem Musik für die italienische Filmgesellschaft Lux Film und leitet

in Bari das Konservatorium.

Eigentlich hat er genug zu tun und eigentlich möchte er auch allmählich mit der

Filmmusik wieder aufhören. Da hält das Schicksal noch eine Überraschung für ihn bereit.

Er trifft den Menschen, der bis zu seinem Tod für ihn bestimmend bleibt, mit dem er eine

Art künstlerische Ehe eingehen wird und der ihn dann letzten Endes auch weltberühmt

macht. Federico Fellini.

Fellini und Nino Rota, die beiden Namen gehören zusammen wie Herz und Schmerz, wie

Pasta und Italien. Zum ersten Mal treffen sie in Rom aufeinander, zufällig auf der Straße

vor dem Gelände der Lux Film. Rota steht an einer Bushaltestelle, Fellini fragt ihn auf

welchen Bus er warte. Rota nennt die Nummer eines Busses, der aber auf dieser Strecke

gar nicht fährt. Fellini setzt gerade an ihm das zu erklären, da kommt der Bus mit eben

dieser Nummer angefahren“.

Die Geschichte könnte aus einem Fellini-Film stammen, so absurd ist sie. Aber angeblich

wahr und auch bezeichnend für die Beziehung zwischen den Beiden. Ein Fellini Biograph

beschreibt sie als emphatisch, irrational und magisch.

Die Beiden verstehen sich auf Anhieb. Zwischen ihnen herrscht vollkommenes

Einvernehmen. Sie ticken gleich, verstehen sich blind. Nie diskutieren oder streiten sie.

Allerdings muss man ehrlicherweise zugeben, liegt das wohl hauptsächlich an Nino

Rotas nachgiebigem Charakter. „Engelhaft“ findet ihn ein Freund, Rota sei „frei von

menschlichen Leidenschaften und erleuchtet von Inspiration“.

1’40

Musik 6: Rota: La tromba di Polydor M0012983 010 1’48

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Bittersüß die Musik zum süßen Leben, „La Tromba di Polydor“ aus der Filmmusik zu

Fellinis “La dolce vita” mit dem Trompeter Giuseppe Bodanza und Massimo Colombo am

Klavier.

Federico Fellini und Nino Rota haben sich anscheinend gesucht und gefunden, bis zu

Rotas Tod im Jahre 1979 bleibt Fellini ihm treu. Von „Lo sceicco bianco“, „Die bittere

Liebe“, ihrem ersten gemeinsamen Projekt bis zu ihrem letzten, „Orchesterprobe“ werden

alle Fellini-Filme von Rota musikalisch untermalt. Fellini bezeichnet sich als nicht

besonders musikalisch. Er spürt nur intuitiv, welche Musik zu welcher Szene passen

würde und verlässt sich dann auf Rota. Der erfüllt ihm alle seine Wünsche. Manchmal

sitzen die beiden zusammen lachend am Klavier und tüfteln herum. Es gibt ein Foto aus

den späten 50ern, Fellini hat den Kopf in die Hand gestützt und pfeift seinem

Komponisten etwas vor, der greift beherzt in die Tasten. Manchmal beschreibt Fellini

auch eine Szene und Rota fingert ein Thema zusammen, „das Ganze“ wie Rota gesteht

„in schandbar kurzer Zeit“. „Natürlich diktiere ich ihm nicht die Themen, ich kann ihn nur

anleiten und ihm genau erklären, was ich mir wünsche“, sagt Fellini. „Unter allen

Filmkomponisten, die ich kenne ist er meiner Meinung nach der bescheidenste, denn für

mein Gefühl macht er eine äußerst funktionelle Musik. Er hat nicht die Anmaßung des

Komponisten, der seine Musik zu Gehör bringen will. Er weiß, dass bei einem Film die

Musik eine Randerscheinung, etwas Sekundäres ist, etwas, was nur in seltenen

Augenblicken in den Vordergrund treten kann, sich im Allgemeinen aber begnügen muss,

das übrige auszumalen.“

Aber unterschätzen sollte Fellini seinen Komponisten auch nicht. Rotas Musik kann mehr

als nur untermalen. Sie setzt Akzente, zeichnet Charaktere aus, zaubert Stimmungen,

schafft Atmosphäre, ist gerade bei Dialogen, wie Aaron Copland sagt „die kleine

wärmende Flamme unter der Leinwand“.

Gelsomina, die naiv- verträumte Gelsomina aus "La Strada", zerbrechlich, tragisch und

fröhlich zugleich vertont Rota in einer Mischung aus Melancholie und Komik.

Wie die Figur strahlt seine Musik vor Seele, Wärme, Urvertrauen.

„Rotas Musik erlöst Fellinis Filme aus einer gewissen Abstraktheit“, bemerkt ein Kritiker

treffend „ und verhilft ihnen zu einer anschaulichen Sinnlichkeit“.

2’20

Musik 7: Rota: Gelsomina M0283202 001 5’17

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Zirkusfanfare und trauriger Walzer, Getöse und schluchzende Geige, in La Strada fährt

Nino Rota die ganze Bandbreite seiner Filmmusik-Palette auf, sicher das gelungenste

Projekt des Erfolgsduos Fellini-Rota, daraus Gelsomina, von und mit Quadro Nuevo.

Fellini ist der Magier, er zieht bei den Dreharbeiten alle Strippen, kontrolliert die Arbeit bis

zuletzt. Deena Boyer, eine amerikanische Schriftstellerin arbeitet mit am Drehbuch von

Ottomezzo, 8 ½ und notiert in einem Buch den Werdegang des Films. „Vor dem

endgültigen Mischen der Tonbänder wird die Musik aufgenommen“, so Boyer „auch das

sind wieder endlose Arbeitstage. Der Eintritt in den Kontrollraum, der von dem großen

Aufnahmestudio durch eine Glassscheibe getrennt ist, ist stets ein Ereignis. Denn hier

tönt die Musik aus drei Lautsprechern, die jede Tonnuance deutlich machen.

In dem Raum jenseits der Glasscheibe sitzt das Orchester vor der Leinwand. Hier laufen

nacheinander die Filmstreifen, die einer musikalischen Unermalung bedürfen. Nino Rota

muss nötigenfalls in Blitzesschnelle gelegentlich einen Takt einfügen oder streichen.

Fellini sitzt auf einem Stuhl vor der Scheibe, direkt neben dem Schalttisch. Man probiert

wieder und wieder eine Musik. „Diese Geige setzt zu stark ein.“ „Der Regler ist zu weit

aufgezogen.“ Hin und wieder legt sich Fellini auf die Couch, ohne jedoch das Orchester

jenseits der Scheibe aus den Augen zu lassen“.

8 ½, der Film ist ein autobiographisches Bekenntnis des Regisseurs, handelt vom Mangel

an Inspiration, von einer Schaffenskrise, ist tragisch, verzweifelt und zugleich komisch.

Für Nino Rota eine enorme Herausforderung, aber er trifft den Ton perfekt.

1’30

Musik 8: Rota: 1.Satz aus 8 ½ M0024251 001 2’22

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Eckart Runge und Jacques Ammon mit dem 1.Satz aus der Suite zu 8 ½ von Nino Rota,

bearbeitet für Cello und Klavier.

In den 60er Jahren hat Rota eine Zeit lang genug von hektischer Zelluloidbeschallung. Er

will mal wieder, kann man sagen seine Arbeit für den Film reduzieren. Stattdessen

wendet er sich seiner anderen großen Leidenschaft zu: alter italienischer Musik.

Immerhin hat er als junger Mann über Gioseffo Zarlino promoviert, Theoretiker und

Komponist des frühen 16. Jahrhunderts.

So schreibt Rota ein Konzert für Streicher, ganz im Stile des traditionellen

Orchesterkonzerts und lässt sich dabei von allem möglichen inspirieren, von Menuett

Walzer, festlicher Tafelmusik und zartem Belcantoschmelz.

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Musik 9: Rota: 1.Satz aus dem Konzert für Streicher M0106343 006 3’41

Jenseits von Fellini und Co, der klassische Nino Rota, hier der 1. Satz aus seinem

Konzert für Streicher mit dem Ensemble I Musici.

Es gibt nicht viele veröffentlichte Fotos von Nino Rota.

Auf den wenigen, die man sehen kann lächelt er fast immer. Eine hohe Stirn, die Haare

zurückgekämmt, ein schmaler Körper. Er wirkt zart und freundlich, auf jeden Fall

einfühlsam und ein bisschen defensiv. Charakterzüge, der ihm beim Umgang mit

kapriziösen Regisseuren sicher nicht schaden.

Außer mit Fellini arbeitet Rota noch mit zwei anderen Regie-Diven zusammen, Lucchino

Visconti und Franco Zeffirelli. Sie nutzen Rotas Musik anders als Fellini. Bei Fellini ist er

der geniale Arrangeur diffuser musikalischer Vorstellungen, Zeffirelli reklamiert für sich

den sinfonischen Rota und Visconti lässt ihn schwelgen in opulenten Kantilenen. Fast

opernhaft schmachten die Streicher, zieht das Orchester alle romantischen Klangregister.

Für seinen Film „Der Leopard“ plant Visconti eine lange, fast 45minütige Ballszene. Alle

Handlungsstränge sollen hier zusammen laufen. Visconti weiß nur, dass die Musik nach

Mitte des 19.Jahrhunderts klingen soll. Ein kleiner Walzer von Verdi ist der

Ausgangspunkt, Visconti hat ihn von einem Mitarbeiter bekommen. Rota instrumentiert

und komponiert noch einige Tänze dazu, in ähnlichem Stil und fertig ist die Szene.

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1’20

Musik 10: Rota: Mazurka aus der Tanzmusik zu „Der Leopard“ M0039892 014 1’46 Geliebt, gelitten, gestritten und getanzt wird in Lucchino Viscontis legendärem Film „Der

Leopard“, Nino Rotas Mazurka mit dem Orchester der Stadt Granada unter Joep Pons.

Auch ohne Drehbücher, ohne hysterische Regisseure komponiert Nino Rota im Sinne

einer verständlichen und einfachen Musik. „Einfachheit ist mein Ausgangs- und

Zielpunkt“, bekennt er in einem Interview, und es freut ihn wenn Leute das Gefühl haben,

seine Musik schon immer gekannt zu haben.

Der italienische Pianist Guido Agosti beschreibt Nino Rotas Musik als „rein wie

Quellwasser. Sie hat viele wunderbare Eigenschaften“, so Agosti, „Spontaneität,

kristallklare Durchsichtigkeit, ein unfehlbares Gleichgewicht aller Elemente der

Komposition: Gewalt, Schwere, Undurchsichtigkeit kommen hier nie vor, sondern man

kann die klar umrissene Deutlichkeit eines jeden Details bewundern. Nino Rota besaß ein

angeborenes, hellenistisches Feingefühl für die Form und das Geheimnis von Stil. Er hat

es sich nicht mühevoll erarbeitet, es wurde ihm geschenkt.“

1’10

Musik 11: Rota: 1.Satz aus dem Klarinettentrio M0012369 003 6’04

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Ein Spätwerk von Nino Rota , sein Klarinettentrio, hier der 1. Satz mit dem Ensemble

Nino Rota.

Nino Rotas Leben verläuft nicht besonders spektakulär, zumindest ist nichts bekannt.

Eine umfassende Biographie steht noch aus und aus seinem Privatleben ist so gut wie

nichts bekannt. Eine uneheliche Tochter hat er, Nina Rota. Sie erfährt erst spät, wer ihr

leiblicher Vater ist. Aber ihre Mutter geht mit der kleinen Nina ins Kino, wenn Filme mit

seiner Musik laufen und will so eine Verbindung herstellen zwischen ihr und ihrem Vater.

Es funktioniert, Nina liebt Ninos Musik und geht völlig darin auf.

Nach seinem frühen Tod mit 68 Jahren hat Rota engagierte Freunde und Anhänger, die

sich für seine Werke einsetzen. Darunter auch der italienische Dirigent Riccardo Muti.

Er spielt Rotas Klavierkonzerte ein und zeigt uns, wie komplex und vielschichtig Rotas

Musik sein kann. „In seinem E-Dur Konzert begegnet uns eine Klangwelt, die an

Rachmaninow erinnert“, so Muti und fährt fort. „Bei genauerem Hinhören, aber offenbart

sie dem Zuhörer die Kultur des 20. Jahrhunderts. Rota zeigt uns, dass er Komponisten

wie Bartok, Strawinsky, Skrjabin und Schönberg kennt, dass er ihr Schaffen studiert, sich

anverwandelt und schätzen gelernt hat. Der Komponist überträgt uns sein eigenes

Bewusstsein für die Kultur des 20. Jahrhunderts in eine Lebensweise voller Ironie, die ein

wesentlicher Teil seiner Persönlichkeit war. Zugleich ist aber auch eine Sehnsucht nach

seiner über die Maßen geliebten Vergangenheit zu spüren.“

1’30 Musik 12: Rota: 3.Satz aus dem Klavierkonzert E-Dur M0011060 006 8’33

Absage SvD:

Der 3. Satz aus dem Klavierkonzert von Nino Rota mit Giorgia Tomassi und der

Philharmonie der Mailänder Scala unter Riccardo Muti.

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