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Nummer 26 | Ausgabe 1.2016 Im Fokus Inklusion: wie sie bei uns funktioniert Magazin Alles neu: Tag der Begegnung am 22. Mai Das Hausmagazin der lewe aktuell

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Nummer 26 | Ausgabe 1.2016

Im FokusInklusion: wie siebei uns funktioniert

MagazinAlles neu: Tag derBegegnung am 22. Mai

Das Hausmagazin der

lewe aktuell

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Lesen Sie . . .

Impressum

Herausgeber:Ledder Werkstätten des Diakonischen Werkesim Kirchenkreis Tecklenburggemeinnützige GmbH

Ledder Dorfstraße 6549545 Tecklenburg

Telefon 05482 72-0Fax 05482 [email protected] www.ledderwerkstaetten.de

Verantwortlich für den Inhalt:Ralf HagemeierGeschäftsführung

Redaktion und Fotos:Jörg BirgoleitTelefon 05482 [email protected]

Mitarbeit:Peter Bosse, Jürgen Becke-meyer, Heinrich Robertus.

Gestaltung:Melanie KotherTelefon 05482 [email protected]

Erscheinungsweise:vier Ausgaben pro Jahr

Auflage:3.500 Exemplare

Konto:Kreissparkasse SteinfurtKonto 31 000 599BLZ 403 510 60IBAN:DE47403510600031000599BIC: WELADED1STF

Unsere Titelfotos zeigendie Beschäftigten Hubertus Milskemper, Dirk Löckener und Ralf Bernsjann (v. l.) im Samocca Ibbenbüren; Erntefest-Stand 2014.

Das Editorialfoto zeigtWerkstattrat/Ralf Hagemeier.

Im Fokus

Inklusion anders gedacht:Wie wir Menschen, die auseinem langen Berufslebenkommen, helfen können.

ab Seite 6

Magazin

Starker Auftritt: DieBauchtanzgruppe warauf der LengericherSportschau erfolgreich.

Seite 20

Magazin

Service: UnserWachsteambekommt seineAufträge längstaus ganzDeutschland.

Seite 14

Magazin

Es war ein weiter Weg:Zwölf Beschäftigtehaben im Februarihre Fischerprüfungbestanden.

Seite 21

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Menschen, die seit Jahrzehnten bei uns sind, Werk-statt für sich erleben, schildert Hans-Dieter Janke.

Hochsaison für unser Wachs-Team: Imkerinnen und Imker aus ganz Deutschland schicken uns

ihr Rohmaterial. Was hat sich in fast fünf Jahren Praxis getan? Wir haben dem Team mal wieder über die Schulter geschaut. Künstlerisch unterwegs waren wir in Ibbenbüren, wo die „Kunstgruppe LeWe“ eine schöne Ausstellung gestaltet hat. Zum mittlerweile dritten Mal konnten wir bei der Lenge-richer Sportschau auftreten. 800 Zuschauerinnen und Zuschauer – eine richtig große Nummer für unsere Bauchtanzgruppe, die sie mit Bravour ge-meistert hat.

Der neue „Tag der Begegnung“ rückt näher. Am Sonntag, 22. Mai, laden wir Sie in Ledde ein,

unser Kernthema „Teilhabe durch Arbeit“ facetten-reich zu erleben. Ein kleines, feines Stück Inklusion können wir auch noch präsentieren: Zwölf Men-schen mit Behinderung haben die Fischerprüfung bestanden. Das war ganz viel Netzwerk-Arbeit im Hintergrund, das waren vor allem tolle Glücksmo-mente bei der Übergabe des offiziellen Dokumen-tes.

Herzlichst,Ihr

Ralf HagemeierGeschäftsführung

In unserer Frühjahrs-Ausgabe haben wir Inklusion mal anders herum gedacht: nicht in die politisch

angesagte Richtung erster Arbeitsmarkt, sondern in Richtung Werkstatt. Inklusion ist gar keine Ein-bahnstraße? Natürlich nicht. Der erste Arbeitsmarkt ändert sich rasant und sondert nicht wenige Men-schen aus. Dort geht es um Profit. Funktionierende Mitarbeiter, das „Kapital“ der Firma, mehren Pro-duktivität – Sinn und Zweck jeder Unternehmung.Wir haben mit Menschen gesprochen, die hoch spe-zialisierte Berufe haben und viele Jahre „draußen“ ihren Lebensunterhalt verdienten. Dann kamen die unverschuldete Arbeitslosigkeit und irgendwann die Gewissheit, nicht mehr dazuzugehören. Keine Aus-sicht auf eine gute Arbeit zu haben, die Hoffnung zu verlieren, das geht ans Selbstwertgefühl und kann dauerhaft krank machen.Weil Inklusion eben keine Einbahnstraße ist, bieten wir Menschen einen neuen Platz an. Aufgaben, die sie dauerhaft leisten können. Vor allem ein gutes so-ziales Umfeld und eine verlässliche Struktur. Ganz profan gesagt: einen guten Grund, morgens wieder aufzustehen. Drei Facharbeiter erzählen, was sie erlebt haben auf dem ersten Arbeitsmarkt und wel-che Konsequenzen der Verlust ihrer Arbeitsplätze für sie hatte. Heute sind alle drei in den LeWe be-schäftigt und haben den Wert der Werkstatt für sich entdeckt. Inklusion kennt viele Richtungen.

Welchen Wert Werkstatt für Menschen mit psychischen Behinderungen hat, erklärt Dr.

Oliver Hole im Interview. Der Facharzt für Psychia-trie und Psychotherapie leitet die LWL-Tagesklinik Ibbenbüren und therapiert viele Beschäftigte. Wie

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Lesen Sie . . . Editorial

Inklusion ist sicherkeine Einbahnstraße

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Aktuelles

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Superintendent Ost beim Neujahrsempfang der MAVTecklenburg-Ledde. „Die Ledder Werkstätten sind eine sehr dynamische diakonische Einrichtung“, sagte André Ost, auch mit Blick auf unsere aktuellen Baustellen in Hörstel-Riesenbeck (Neubau einer kom-pletten Betriebsstätte), Saerbeck (Ambulant betreutes Wohnen für 14 Personen) und zukünftige Projekte. Am 3. Februar war der Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises zum Neujahrsempfang der Mit-

arbeitervertretung eingeladen. 17 Kir-chengemeinden – und damit 79.000 Gemeindemitglieder – gehören zum Kirchenkreis. Außerdem Einrichtungen der Diakonie wie Seniorenheime, Pfle-gedienste, Beratungsstellen und die LeWe.Als Vorsitzender unseres Aufsichts-rates begleitet Ost die Entwicklung dieser Einrichtung eng und regelmä-ßig. Man habe „großes Vertrauen in die Geschäftsführung“, sagte er vor der Belegschaft und berichtete von den Aufgaben des Kontrollgremiums.Beeindruckt gewesen sei der Auf-sichtsrat von der 2015 vorgestellten SROI-Studie (Social Return on In-vest). Dass Inklusion viel zu teuer sei und Werkstätten Übergänge auf den Arbeitsmarkt verhinderten, dass der Anteil der Sozialausgaben an den

Haushalten zu hoch sei, gehöre zu den landläufigen Vorurteilen. Diese Studie belege, wie viel auf ganz unterschiedlichen Wegen, direkt und indirekt, zurückfließe in die Region.André Ost: „Unser gemeinsamer Auftrag ist es, die Teilhabe durch Arbeit und die Entwicklung jedes Einzel-nen zu ermöglichen und zu fördern.“ Die Identifikation mit ihrem Arbeitgeber sei hoch, lobte er die LeWe-Mannschaft und bedankte sich im Namen des Aufsichtsrates.

Projekt „Trinx Firmenfit“: sechster Wasserspenderfür Saerbecker Betriebsstätte Hegemann

Saerbeck. Maybachstraße, Zwenger und Gausepohl in Ibbenbüren, Ledde, Bioenergiepark und He-gemann in Saerbeck: In sechs Betriebsstätten stehen jetzt „leitungsgebundene Trinkwasseranlagen“, so ihr offizieller Titel. Hunderte Beschäftigte versorgen sich an diesen Wasserspendern täglich mit stillem oder kohlensäurehaltigem Wasser. Dahinter steckt ursprünglich das Projekt „Trinx“ des Was-serversorgungsverbandes Tecklenburger Land (WTL), seit 2006 an Schulen im WTL-Versorgungsge-biet realisiert. Inzwischen nennt es sich „Trinx Firmenfit“ und wendet sich an Unternehmen. Weil der WTL als Versorger in Saerbeck nicht zuständig ist, sprang dort der Verein „Wasser für Menschen“ mit einer Spende über 300 Euro ein, die Dr. Reinhold Hemker (Zweiter Vorsitzender) und Martin Rute- möller (TRINX-Projektleiter beim Verein) bei Hegemann am 28. Januar an Werkstattleiter Franz-Josef Gude übergaben. 45 (von 58) Beschäftigten haben eine Trinkflasche bestellt, die sie etikettieren und täglich nutzen können.

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Aktuelles

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Julian Gehrke hat eigeneGraffiti-Arbeiten ausgestellt

Ibbenbüren. „Meine Bilder, die hier zur Schau ste-hen, die habe ich alle in Ledde gemacht. Im Zeit-raum von zwei Jahren habe ich nicht nur Bilder gemacht, sondern auch einen Stuhl und eine Gitar-re. Wer noch Fragen hat zu den Sachen, der kann mich gerne fragen!“ Sein Aushang erklärte kurz und knapp, was es mit den Kunstwerken im Flur der Be-triebsstätte Maybachstraße auf sich hatte. Julian Gehrke stellte dort 20 aktuelle Arbeiten aus. Der 28-jährige Grevener ist vielfältig unterwegs, nicht nur als Hobbykünstler: Als Alltagshelfer unterstützt der Beschäftigte unsere Teams im Arbeitsbereich für schwerst- und mehrfachbehinderte Menschen in Ibbenbüren, reicht Essen an, kümmert sich ein-fach liebevoll um die ihm gut vertrauten Menschen. Damit ihn sein Aufgabenkatalog nicht überfordert, hat unser Team mit ihm einen festen Wochenplan entwickelt. Das klappt; Julian ist sehr zufrieden mit seiner Situation.In der Freizeit engagiert er sich bei den Pfadfindern, ist Mitglied der DLRG, geht gerne auf Konzerte – und mag bestimmte, moderne Kunst. Vor bald drei Jahren, bei unseren Kulturtagen 2013, haben wir mit der Jugendkunst-schule (JKS) Ibbenbüren kooperiert und einen Graffiti-Workshop angeboten. Julian machte mit und ist seitdem dabei, weil wir die Kooperation mit der JKS im Rahmen einer Arbeitsbegleitenden Maßnahme fortsetzen.Julian ist regelmäßig an seinen Themen, hat mit der Gruppe auf der offiziellen Sprayerwand der Stadt Ibben-büren am Aasee gearbeitet und eine Menge neuer Kontakte geknüpft. Privat zu sprayen sei nicht so einfach. Zuhause, im Zimmer oder so, gehe das ja nicht. Und eine Dose koste locker zehn Euro, erklärt er.„Der Regenbogen“, „Zoo“, „Getarnter Mann“ oder „Herzenssache“ hatte er seine ausgestellten Bilder genannt und dabei Schablonen-Vorlagen benutzt, aber auch frei Hand gearbeitet.

SV Seeste 68 unterstützt wiederden Wohnbereich Westerkappeln

Westerkappeln. Freude im Wohnbereich Westerkap-peln: Eine Spende über 1463,80 Euro haben Bereichs-leiter Rainer Polkehn, Mitarbeiter Michael Blom und vier der Bewohner der Steinkampstraße am 14. Februar ent-gegengenommen. Zum mittlerweile 36. Mal, also seit 1981, hatte der SV Seeste 68 sein Benefiz-Fußballtur-nier durchgeführt. Jahr für Jahr spenden die Freizeitfuß-baller den Reinerlös ihres Benefiz-Turniers, sodass bis heute stolze 37.619,80 Euro zusammengekommen sind. Das Geld verwenden wir für kreative Freizeitgestaltung in Westerkappeln. Zum Beispiel für den Musikkeller, wo Bewohner und Mitarbeiter ein inklusives Musikprojekt machen. Melanie Iborg von der Diakoniestation Westerkappeln (220 Patienten, 36 Mitarbeiter) nahm 1530,22 Euro als Spende entgegen, die aus der Tannenbaumsammelaktion des Vereins im Januar stammen.

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Im Fokus

Inklusion mal andersherum gedacht:neue Lebensqualität durch die Werkstatt

Ist Inklusion nur eine Einbahnstraße und meint aus-schließlich den Weg aus der Werkstatt in den er-sten Arbeitsmarkt? Menschen mit Behinderung aus der Werkstatt in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis in ein normales Unternehmen zu vermitteln. Mit den sich daraus ergebenden Anforderungen an die Leistungsfähigkeit, das bleibt der Ausnahmefall. Es geht eben nicht um „normale“, um funktionierende Mitarbeiter.Und wenn man – angesichts dieser Tatsache – den viel strapazierten Begriff Inklusion einmal andershe-rum aufzäumt? Wenn also die Werkstatt Menschen inkludiert, die über eine lange Zeit ein erhebliches Maß an Ausgrenzung aufgrund ihrer Erkrankung erfahren haben. Dann geht Inklusion über „Broter-werb“ hinaus und bedeutet viel mehr: Verlässlich-keit zu gewähren, ein gutes soziales Umfeld anzu-bieten, dem durcheinander geratenen Leben einen neuen Sinn, eine neue Struktur zu geben, einen neuen Platz für sich zu finden.lewe aktuell hat sich mit drei Männern getroffen, die

– so sagt man leicht im Bewusstsein der eige-nen gesicherten Exi-stenz – an Herausfor-derungen des Lebens gescheitert sind. Drei Menschen mit psy-chischer Behinderung, die ihre Lebensge-schichte mitgebracht haben und heute offen darüber reden können, was mit ihnen gesche-hen ist. Und darüber, was das „neue Leben“ als Beschäftigte in und mit der Werkstatt ihnen bedeutet.Ralf Bernsjann, Dirk Löckener und Huber-tus Milskemper sit-zen im Café Samocca Ibbenbüren, das an diesem Nachmittag mal wieder bestens besucht ist. Ange-nehmer Kaffeeduft, leises Stimmengewirr, behagliche Wärme.

Gerade kommt die Bedienung mit dem Tablett. Eine Atmosphäre, die zum Erzählen animiert, sodass die drei Grevener einfach loslegen: „Wir haben da inter-national gearbeitet. Bis zu 300 Leute waren wir in Spitzenzeiten. Das war eigentlich ganz gute Arbeit. Gut bezahlt. Da hat keiner was gesagt, wenn man eine rauchen ging.“Man muss wissen: Das Trio kennt sich aus seinem früheren Arbeitsleben beim Grevener Heimtextili-enhersteller Cordima und ist gleich alt, nämlich 47 Jahre. Bernsjann (17 Jahre Cordima), Löckener (16 Jahre) und Milskemper (15 Jahre) waren seit ihrer Jugend in diesem alteingesessenen Betrieb. Sie wa-ren Weber oder Wirker, machten Schichtarbeit, ver-dienten gutes Geld und bauten sich eine Existenz auf. Der normale Lauf der Dinge.„2003 war das vorbei, da gingen die in die Insol-venz“, erinnert sich Bernsjann. Im Sommer 2003 begann das Insolvenzverfahren. Auch die kurz zu-vor noch erworbenen Lizenzen für Heimtextilien des

Hubertus Milskemper, Dirk Löckener und Ralf Bernsjann (von links) beim Gespräch im Samocca Ibbenbüren. Alle drei waren Facharbeiter in der Textilindustrie und über viele

Jahre in der gleichen Firma tätig. MIt der Insolvenz kam die Arbeitslosigkeit.

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Im Fokus

Labels Joop! brachten keine Rettung. Noch im gleichen Jahr stand die Produktion an der Saer-becker Straße still. Eine Katastrophe für die Re-gion; eine persönliche Katastrophe für die drei Männer, die davon zu diesem Zeitpunkt noch nichts ahnen sollten.Bernsjann weiter: Mit Depressionen habe er schon in den 80ern zu tun gehabt, aber Arbeit sei immer gegangen. Doch dann seien die Dauerar-beitslosigkeit und damit die dauerhafte Erkran-kung gekommen. Auf-enthalte in Fachkliniken, die Trennung von seiner Frau, schließlich die at-testierte psychische Be-hinderung und 2012 die unbefristete Erwerbsmin-derungsrente. Da sei das Gefühl der Wertlosigkeit

ja geradezu „amtlich“ bescheinigt worden. Im Juli 2014 kam er in unseren Berufsbil-dungsbereich. Verpa-ckungs- und Montage-arbeiten sowie interne Fahrdienste. Heute ist er glücklich, wieder Aufgaben wie diese zu haben. Werkstatt ist in dieser noch kurzen Zeit sein Ding gewor-den.Eine Psychose habe er wohl schon zu Cordi-ma-Zeiten entwickelt, erinnert sich Dirk Lö-ckener. Der Single ging nach der Pleite in eine Weberei in die Rhön, was auch drei Jahre

Die Kaldewei-Packstraße der Betriebsstätte Zwenger in Ibbenbüren: DirkLöckener kennt sich gut aus mit den Bauteilen und stellt sie für die

Duschwannenrahmen des Ahlener Unternehmens routiniert zusammen.

ZUM THEMA

Krisensituationen zusammen meistern

Immer wieder zuhören, miteinander im Gespräch bleiben, entlastende Ver-einbarungen und Absprachen treffen, bewusst Prozesse auch einfach mal

laufen lassen“, bringt Peter Bosse die pädagogische Arbeit der Fachkräfte auf den Punkt. Als Bereichsleitung und Organisator der Beruflichen Bildung un-serer Betriebsstätte Gausepohl weiß er um die Wichtigkeit der engen Beglei-tung. Fachkräfte, die über Jahre mit denselben Personen arbeiten, erkennen aufziehende Krisen frühzeitig und können mit Gesprächen, befristeter Redu-zierung der Arbeitsbelastung, Veränderung der Tätigkeiten oder Arbeitspro-zesse gegensteuern. Bosse weiß aus 30 Jahren Gausepohl-Praxis: „Druck aufzubauen ist der falsche Weg. Genau dadurch sind ja einige wirklich krank geworden. Wir fragen die Person: Was brauchst du? Was können wir für dich tun?“ Oft könnten Krisenphasen dadurch überwunden werden. Im Falle unseres Trios sind längere krankheitsbedingte Abwesenheitszeiten oder sta-tionäre Aufenthalte in den vergangenen Jahren nicht vorgekommen.

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Im Fokus

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ZUM THEMA

Für ein zufriedenes und langfristig stabiles Berufsleben

Die Beschäftigungsperspektive für Menschen mit einer psychischen Erkrankung, erst recht

einer psychischen Behinderung, sieht nicht gut aus auf dem Arbeitsmarkt. Unternehmen haben teils nachvollziehbare Gründe, unterliegen aber sicherlich auch mancher Fehleinschätzung. Im-mer noch sind Menschen mit erkennbaren psy-chischen Problemen stigmatisiert, gelten als kaum kalkulierbar und eingeschränkt in ihrer Leistungsfähigkeit. Firmen fürchten Fehlzeiten, Störungen fester Betriebsabläufe und nur ein-geschränkte Nutzung spezieller Kenntnisse der („teuren“) Mitarbeiter.Welche Bedeutung hat Arbeit eigentlich, ganz un-abhängig von Behinderung? Sie fordert heraus, verlangt gezielt erlernte Fertigkeiten und erwor-benes Wissen ab, vermittelt Selbstwertgefühl. Ar-beit inkludiert in ein beständiges soziales Gefüge („die Firma“). Sie bestimmt über Jahrzehnte ganz maßgeblich den Tagesablauf, ja den Lebens-rhythmus (zum Beispiel bei der Familien- und Urlaubsplanung, der Lebensarbeitszeit oder bei arbeitsplatzbedingten Wohnortwechseln). Und sie sichert natürlich die Existenzgrundlage.Für Betroffene öffnet sich die Schere weit: einer-seits erhebliche Einstellungshindernisse auf dem Arbeitsmarkt, andererseits die hohe persönliche Bedeutung der eigenen Tätigkeit, die aber so nicht mehr funktioniert. Genau an dieser Stelle macht Werkstatt ein Angebot, bei dem Betroffene keine Wertminderung, sondern das Gegenteil erleben: Organisation und Zuschnitt der Tätigkeit auf ihre Bedarfe durch Wahlmöglichkeiten. Zum Beispiel

bei der Berechenbarkeit der Aufgabe, beim Maß an Leistungsdruck, an persönlicher Betreuung, bei der Wahl zwischen Team- und Einzelarbeit. Das kann – und muss – kein Unternehmen „drau-ßen“ leisten.Wie geht das praktisch, im Werkstatt-Alltag? Be-schäftigte sind beteiligt an Entscheidungen: Wel-cher Raum tut mir heute gut? Wie viel Kollegen-Dichte halte ich heute aus? Wie viel Abwechslung benötige ich für meine Aufgabe? Tut mir ein ein-zelner Arbeitsplatz gut? Brauche ich eine flexible Arbeitszeit? Will ich begleitende Personen meines Vertrauens?All das justiert das Fachpersonal individuell und sorgt für langfristige Stabilisierung, im optimalen Fall für ein zufriedenes Berufsleben in der Werk-statt über Jahrzehnte. Dynamische Verläufe und mögliche Krisenphasen komplexer Behinderungen erkennt so eine Struktur viel früher und kann sie professionell auffangen. Interessanter Nebenef-fekt aus gesellschaftlicher Sicht: Deutlich weniger (teure) stationäre Aufenthalte in Fachkliniken sind das Ergebnis. Eigentlicher, persönlicher Erfolg: Langjährig Beschäftigte sehen ihre Aufgabe nicht mehr als zweitklassigen Arbeitsplatz, sondern als ein vollwertiges Arbeitsangebot unter vielen.Der Schritt in die Werkstatt ist für viele ganz sicher eine hohe Hürde. An dieser sensiblen Stelle geht es vorrangig darum, Akzeptanz für die eigene Be-hinderung zu erreichen. Und darum, Vertrauen zum neuen Umfeld zu schaffen. Dabei können un-ter anderem stabile Bezüge zu unseren Fachkräf-ten eine wichtige Rolle spielen.

lang klappte. Dann wollte er zurück nach Greven, wo seine Mutter lebt. „Als Textiler findest du hier nichts mehr.“ Also Zeitarbeitsfirmen und damit „viel Arbeit und wenig Geld“, wie er sagt. Irgendwann machten Körper und Seele nicht mehr mit. 2008 ging Lö-ckener für drei Monate in die LWL-Klinik Lengerich,

2009 lebte er für ein halbes Jahr im Haus St. Antoni-us in Bevergern, einer Rehabilitationseinrichtung für psychisch erkrankte Menschen. Von dort begann er ein Praktikum in unserer Betriebsstätte Gausepohl, entschied sich 2010 endgültig für die Werkstatt und ist heute bei Zwenger. Mit der Kaldewei-Packstraße

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Im Fokus

kennt er sich bestens aus und macht auch andere Verpackungs- und Montagearbeiten. Und er empfin-det nicht mehr diesen für ihn unerträglichen Druck, das hält ihn seit Jahren stabil.Hubertus Milskemper fand nach der Firmenpleite Arbeit in Gescher, aber ihn warf ein Bandscheiben-vorfall Ende 2004 aus der Bahn. Dann brach seine Psychose aus und die Aufenthalte in psychiatrischen Kliniken begannen: St. Rochus-Hospital Telgte, Ta-gesklinik Lengerich, Haus St. Antonius. Das Prak-tikum bei Zwenger gefiel dem geschiedenen Vater, sodass er sich im November 2008 für die LeWe entschied. Heute leistet er Fahrdienste, hat vor zwei Jahren den Flurförderschein für Stapler und die

Unterweisung für weitere Flurförderfahrzeuge ab-solviert, wodurch er Aufgaben im Lager und beim Laden, beispielsweise der Kaldewei-Fertigwaren bei Zwenger, übernehmen kann. Hinzugekommen ist gerade der Personenbeförderungsschein. Eine Entwicklung, die er selbst noch vor Jahren kaum für möglich gehalten hätte.Drei ehemals hoch spezialisierte, langjährige Fach-arbeiter, die der erste Arbeitsmarkt ausgesondert hat, sitzen da im Samocca. Damals alle Anfang 30. Der so sicher geglaubte Job weg, ohne Aussicht auf eine neue, echte Chance. Das hat ihre Vorerkran-kungen mindestens erheblich befördert.Ihre nachdenklichen Mienen hellen sich sofort auf,

Im Zwenger-Lager kennt er sich aus: Hubertus Milskemper hat den Flurförderschein für Stapler. Hinzugekommen ist gerade erst der Personenbeförderungsschein. Die Arbeit in der Werkstatt

macht ihm Spaß, gibt ihm Sicherheit und hat über die Jahre neue soziale Kontakte entstehen lassen.

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Im Fokus

wenn sie vom neuen Leben erzählen. Dem Leben mit der akzeptierten Behinderung, in dieser Werk-statt. „Ich habe hier einen vernünftigen Arbeits-platz“, sagt Ralf Bernsjann. Wobei seine Betonung auf Arbeitsplatz liegt, denn Arbeit hat nach wie vor Priorität für ihn. „Die Kollegen stimmen, die Chefs stimmen. Das ist hier alles viel sozialer. Wir duzen uns ja auch alle.“ Dirk Löckener nickt.Die beiden kennen sich seit Kindertagen, sind in einer Siedlung groß geworden. Sie trafen sich zu-fällig, als Bernsjann auf Posttour bei Zwenger stopp-te. „Was? Du auch hier?“ Löckener hat schlechte Erinnerungen an mies bezahlte Nachschichten als Leiharbeiter und sagt zu seinem neuen Leben: „Man fährt nicht mehr gegen seinen Willen zur Ar-

beit.“ Was für ihn im Rahmen seiner persönlichen Möglichkeiten zum Beispiel bedeutet, regelmäßig zu kommen.Ralf Bernsjann lebt bei seinen Eltern und unterstützt sie nach Kräften. Sein Hobby als Sportschütze pflegt er regelmäßig. Hubertus Milskemper hat geregelten Kontakt zu seinem Sohn, Dirk Löckener besucht oft seine Mutter. Das Leben der drei Männer verläuft wieder in ge-regelten Bahnen, mit einem lange nicht mehr ge-kannten Maß an Zufriedenheit. Mit seinem Status als LeWe-Beschäftigte geht das Trio offen um. Ver-gangenes Jahr sind die drei seit langer Zeit mal wie-der auf Reisen gewesen. Nach Kreta, mit den Led-der Werkstätten. Es hat ihnen gut gefallen.

Auf Posttour: Ralf Bernsjann ist noch nicht so lange dabei und durchläuft den Berufsbildungsbereichder Betriebsstätte Gausepohl. Täglich unterwegs zu sein für die Werkstatt, neue Aufgaben zu bekommen,

der Umgang mit den Kollegen - der Grevener hat seinen neuen Platz im Leben gefunden.

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Im Fokus

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Inge Lambers und Ludger Bringemeier:spannende Jahrzehnte im „pB“-TeamBeide haben den Aufbau des Bereiches für psychisch behinderte Menschen über Jahrzehnte begleitet. Beide könnten Stunden erzählen über die Entwicklung, die Menschen, die vielen Veränderungen. Beide habe ihre 45 Versicherungsjahre voll: Inge Lambers (62) und Ludger Brin-gemeier (63) gehen im Oktober bezie-hungsweise im April in den Ruhestand. lewe aktuell hat die „pB“-Urgesteine auf einen Kaffee getroffen.Zentrale, Treffpunkt, Mittag, Kaffeepau-se: Wie in jedem Haushalt ist die Küche auch bei Gausepohl so eine Art Epizen-trum. „Hier läuft vieles zusammen“, sagt Inge Lambers. Die heutige Ibbenbürene-rin kommt 1986 als Hauswirtschafterin (mit gestrenger Ausbildung im Mettinger Hause Brenninkmeijer im Gepäck) und ABM-Kraft und bleibt 30 Jahre in der Hauswirtschaft der soeben eröffneten Ibbenbürener Betriebsstätte. Nähen, Flechten, Gestecke basteln, später das Ladengeschäft. „Damals haben wir das warme Materialien genannt“, sagt Ludger Bringemeier. Menschen mit psychischen Behinderungen „normale“ Arbeiten anzubieten ist 1986 noch verpönt. Kreativ soll alles sein und auf keinen Fall monoton oder industrienah.Inge Lambers sorgt fürs leibliche Wohl. „Wir hatten eine Kaffeemaschine, viel mehr nicht.“ Sie beginnt, mit den Leuten morgens Brötchen zu schmieren, den Frühstückstisch einzudecken. „Für viele war und ist das hier bis heute ein Stück Zuhause.“ Über die Jahre wächst ihr Küchenteam. Bis zu fünf Frauen arbeiten heute stundenweise mit, helfen bei der Es-sensausgabe, bereiten mit „Inge“, wie alle hier sie nennen, Nachtische zu, backen, führen später an-gehende Samocca-Kräfte an ihre Aufgaben heran, waschen die Wäsche für die Cafés. Mit Menschen mit Behinderung zu arbeiten ist 1986 neu für die jun-ge Frau. 30 Jahre später sagt sie: „Ich habe eine enge Beziehung zu den Leuten, ich mag sie. Und wir sind hier ein gutes Team!“ Was die effektive, eng verzahnte Zusammenarbeit der Fachkräfte im überschaubaren Mikrokosmos Gausepohl auf eine griffige Formel bringt.Im Oktober 1984 kommt Tischler Ludger Bringemei-er. Damals sei ein Fachmann für Möbelrestaurierung

Inge Lambers und Ludger Bringemeier in der Betriebsstätte Gause-pohl. Dort hat vor 30 Jahren vieles für unsere beiden Mitarbeiterbegonnen. Beide werden dieses Jahr in den Ruhestand gehen.

gesucht worden, erinnert sich der Ibbenbürener. Keimzelle des Bereiches für psychisch behinderte Menschen ist 1982 das Ledder Fachwerkhaus, wo man spinnt, Kräuter zieht und Ton verarbeitet. Seit 1986 bei Gausepohl, ab 1990 bei Zwenger, ab 2000 bei Schnieders und heute bei Dierkes erlebt er die Professionalisierung der Werkstatt. Vom Basteln mit Holz zu Umsatzlisten und stückzahlorientierter Bezahlung, von der „verlängerten Werkbank“ der Industrie zu Stichworten wie persönlicher Bedarf und Personenzentrierung. Ein breites Angebot an Arbeiten (wo es passt auch vermeintlich „monotone“ Tätigkeiten) und ein ganz anderer Stellenwert der persönlichen Betreuung: Diesen weiten Weg erlebt und prägt Ludger Bringemeier, seit 1989 Meister im Tischlerhandwerk, mit. Dazu gehört auch, dass die Großaufträge aus der Möbelindustrie verschwinden, dass er die Kaldewei-Produktion aus den Anfängen kennt und heute viele älter werdende Beschäftigte begleitet.Zwei Mitarbeiter, die bald gehen, aber doch nicht so ganz: In kleinem Rahmen möchten sie weiter arbei-ten. „Wir wollen das mal so langsam ausschleichen lassen“, schmunzelt Inge Lambers.

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Fünf Fragen an ...

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. . . Dr. Oliver Hole

Herr Dr. Hole, welche Leistungen bietet die LWL-Ta-gesklinik in Ibbenbüren an? Wo haben Sie als Fach-arzt oder Ihre Einrichtung Schnittstellen mit uns?Die Tagesklinik bietet teilstationäre Krankenhausbe-handlung für Patientinnen und Patienten von 18 bis 65 Jahren an, die akut psychisch erkrankt sind. Die Behandlung umfasst ärztliche und psychologische Einzel- und Gruppentherapie, Ergotherapie, Sozi-otherapie, Sport- und Bewegungstherapie. Neben der Besserung akuter Beschwerden und Probleme legen wir großen Wert darauf, die Zeit nach der Be-handlung hier gut vorzubereiten, etwa im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder weiter er-forderliche ambulante Hilfen.Angeschlossen ist eine Ambulanz, in der War-tezeiten vor der tagesklinischen Behandlung mit Gesprächen oder auch Medikamenten überbrückt werden können. Auch begleiten wir bei Bedarf Pati-enten nach der Entlassung in der Ambulanz so lan-ge, bis andere ambulante Behandler und Betreuer die weitere Begleitung übernehmen können. Im Rahmen der Ambulanztätigkeit betreue ich seit Jahren zahlreiche LeWe-Beschäftigte, vor allem in den Betriebsstätten Zwenger, Gausepohl, Dierkes und Schnieders, aber auch aus Ladbergen, Settel, Saerbeck und der Maybachstraße. Dabei arbeite ich eng mit dem Begleitenden Dienst vor Ort zu-sammen. Außerdem leben in Ihren Wohnbereichen an der Nordstraße, Poststraße und Bäumerstraße einige von mir ärztlich betreute Patienten. Andere meiner Patienten werden von Ihrem Ambulant Betreuten Wohnen begleitet, so dass es auch hier eine Zu-sammenarbeit gibt.

Etwa ein Drittel unserer fast 1300 Beschäftigten sind Menschen mit psychischen Behinderungen. Welchen Wert hat Werkstatt eigentlich für diesen Personenkreis?Dazu fallen mir zwei Stichworte ein. Erstens Tages-struktur: Gerade für Menschen mit lang dauernden psychischen Erkrankungen ist ein geregelter, ver-lässlicher Tagesablauf wichtig, in dem sich Pha-sen von Arbeit und Konzentration abwechseln mit Phasen von Pause und Entspannung. Diese Tages-struktur kann in der Werkstatt in einer Weise ange-boten werden, die den Bedürfnissen des Einzelnen gut angepasst ist. Das ist an anderen Arbeitsplätzen oft nicht möglich. Zweitens Teilhabe: Arbeit ist wich-

tig für uns alle. Sie gibt Sinn und macht zufrieden. Das ist mindestens so wichtig wie Geld zu verdie-nen. Die Werkstatt ermöglicht Beschäftigten genau diese Erfahrung. Zur Arbeit gehören auch der Aus-tausch mit Kollegen, das gemeinsame Verbringen der Pausen, gemeinsames Essen, das Feiern von Festen, Gestaltung der arbeitsfreien Zeit. Und nur, wer arbeitet, kann sich so richtig auf Wochenende und Urlaub freuen!

Viele Beschäftigte sind über einen langen Zeitraum bei uns. Was erfordert deren Jahrzehnte lange Begleitung, aus Ihrer medizinischen und psychiat-rischen Sicht, an Fachlichkeit bei unserem Perso-nal?Wichtig ist erst einmal Kontinuität in der Betreuung. Das heißt, man arbeitet langfristig miteinander. Stän-

Dr. Oliver Hole (50) ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und leitet die Tagesklinik Ibben-büren. Die Einrichtung des LWL bietet 13 Behandlungsplätze für Menschen mit akuten psychischen Störungen aus dem Großraum Ibbenbüren und umliegenden Orten. Die Tagesklinik an der Rudolf-

Diesel-Straße hat im Februar 2015 ihren Betrieb aufgenommen und therapiert ambulant.

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Fünf Fragen an ...

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diger Wechsel des Personals wäre ungünstig, weil es wichtig ist, dass man sich lange und gut kennt, um in schwierigen Si-tuationen und Krisen rasch und gut helfen und unterstützen zu können. Auch sind Kennt-nisse über Symptome und Verlauf der psy-chischen Erkran-kungen notwen-dig. Nicht selten beeinflusst die Erkrankung das Empfinden und Erleben der Men-schen, was sich auf die Arbeit und den Umgang mit Kollegen auswir-ken kann. Manch-mal wirken auch Erfahrungen und Erlebnisse am Arbeitsplatz auf das Befinden

ein. Oft positiv, manchmal aber auch so, dass sich Beschwerden und Symptome der Grunderkran-kung verstärken. Um da den Überblick zu behalten, braucht man ein gutes Grundwissen und viel Erfah-rung.

Laut Gesetzgebung (Sozialgesetzbuch IX) können Beschäftigte aus Werkstätten nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt tätig sein. Wie schätzen Sie als Facharzt die Chancen psychisch behinderter Menschen ein, dort über-haupt wieder eingegliedert zu werden?Das ist pauschal nicht zu sagen und wird in jedem Einzelfall sorgfältig geprüft. Genau dazu dient ja der Berufsbildungsbereich, den jeder Beschäftigte

zu Beginn seiner Zeit in der Werkstatt durchläuft. An dessen Ende kann man in der Regel eine gut fundierte Aussage über die berufliche Belastbarkeit in oder auch jenseits der Werkstatt machen. Zu be-rücksichtigen ist auch, dass der erste Arbeitsmarkt an die Menschen immer höhere Anforderungen stellt. Das macht es für Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen natürlich nicht leichter, dort Fuß zu fassen, zumal dort die Unterstützung keinesfalls vergleichbar ist mit dem Angebot und den Möglichkeiten des Begleitenden Dienstes in der Werkstatt.

Aus Ihrer beruflichen Erfahrung: Hat sich das Klien-tel, das zu Ihnen oder zu uns in die Werkstatt kommt, verändert? Gibt es heute andere oder gehäufter auf-tretende Behinderungsbilder?Menschen mit chronischen Psychosen oder mit hirn-organischen Erkrankungen sind früher wie heute in der Werkstatt anzutreffen. Diese Erkrankungen tre-ten mit konstanter Häufigkeit auf. Die psychosozialen und medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten haben sich in den vergangenen Jahrzehnten weiter entwickelt. Aber der Belastbarkeit psychosekranker Menschen sind immer noch Grenzen gesetzt, auf die in der Werkstatt besonders gut geachtet werden kann. Nach meiner Erfahrung ist der Prozentsatz der Be-schäftigten, die an anderen Erkrankungen leiden, in den vergangenen Jahren gewachsen. Ich denke an Menschen mit schweren Depressionen, mit Persön-lichkeitsstörungen oder psychischen Folgen sehr schwerer Lebensereignisse und Erfahrungen. Viel-leicht kamen diese Menschen früher eher in Nischen auf dem ersten Arbeitsmarkt unter, die mittlerweile weitgehend verschwunden sind. Oder sie blieben zuhause und nutzten ihr Recht auf berufliche Teil-habe nicht. In meinem ärztlichen Alltag sehe ich, dass Psychi-atrie ein Spiegel der Gesellschaft ist. Ändert sich Gesellschaft, zum Beispiel durch sich wandelnde wirtschaftliche oder politische Rahmenbedingungen oder einen veränderten Wertekanon, ändert sich auch die psychische Reaktion der Menschen auf Stress und Überforderung. Das betrifft auftretende Störungsbilder ebenso wie Inhalte, mit denen sich die Menschen in der Krankheit auseinandersetzen. Natürlich bildet sich das dann auch in der Werkstatt als Teil dieser Gesellschaft ab.

Dr. Oliver Hole (50) ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und leitet die Tagesklinik Ibben-büren. Die Einrichtung des LWL bietet 13 Behandlungsplätze für Menschen mit akuten psychischen Störungen aus dem Großraum Ibbenbüren und umliegenden Orten. Die Tagesklinik an der Rudolf-

Diesel-Straße hat im Februar 2015 ihren Betrieb aufgenommen und therapiert ambulant.

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Mittelwände für Imker: zwei Tonnen Wachs,zehn Arbeitsplätze, wachsende NachfrageFast zwei Tonnen sind im vergangenen Jahr ver-arbeitet worden; im Februar lag schon wieder eine dreiviertel Tonne Rohmaterial im Lager. Hochsaison für unser Mittelwände-Team, das ganz offensichtlich hervorragende Arbeit leistet. Längst schicken uns

Imkerinnen und Imker von Flensburg bis München ihr Wachs, damit wir es zu neuen Mittelwänden ver-arbeiten. Täglich laufen auch jetzt noch, unmittelbar vor der neuen Imkersaison, Bestellungen ein. Ver-ständlich: Das Team bittet um Verständnis, dass es zu längeren Wartezeiten kommt. Mittelwände nennt der Imker die Holzrähmchen, die er hochkant in seine Bienenkörbe, die Beuten, steckt. Aus ihnen wird später der Honig geschleu-dert. Ist die Saison vorüber und die wabenartige Mittelwand ausgeschleudert, schmilzt man sie ein, filtert die Schmelze und gießt daraus eine neue Mit-telwand.Das Lebensmittel Honig wird vollkommen naturbe- lassen abgefüllt, weshalb Imkerinnen und Imker möglichst nur Wachs ihrer Völker im eigenen Kreis-lauf verwenden, um größtmögliche Reinheit zu ge-währleisten. Weil die Herstellung von Mittelwänden teure Geräte und viel Aufwand erfordert, bieten wir

das Gießen des angelieferten (vom Kunden mög-lichst vorgereinigten) Wachsmaterials an zentraler Stelle an. Wir garantieren, dass jeder Imker aus-schließlich Mittelwände aus seinem Wachs zurück-erhält, denn alle Arbeitsgeräte werden nach jedem

Auftrag penibel gereinigt. Diesen Service bieten wir seit fünf Jahren an, was sich bundesweit, auch über die Fachpresse, herumgesprochen hat.Für unser Kernthema „Teilhabe durch Arbeit“ entscheidend: Die Mittelwand-Produktion generiert heute etwa zehn Vollzeit-Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung. Auftragsannahme, Einga-be in die Kundenkartei und deren Pflege, Wachsreinigung, Gießvorgang, Zuschnitt aufs Wunschmaß, Reinigung, Verpa-ckung in die neuen, bruchsicheren Kar-tons – ein Bündel von Aufgaben leisten Beschäftigte wechselnd in dem gesam-ten Prozess. Und nehmen bei der Her-stellung des Lebensmittels Honig eine von Imkern hoch geschätzte Rolle ein.Seit Jahren arbeiten wir zusammen mit Dr. Pia Aumeier von der Ruhr-Universität Bochum. Die Bienenexpertin schult un-ter anderem Jungimkerinnen und -imker, deren Kleinmengen wir ebenfalls verar-beiten.

Inzwischen zehn Beschäftigte erfüllen permanent verschiedeneAufgaben in der Herstellung. Hier wird gerade gegossen.

Die neue Verpackung garantiert den bruchsicherenTransport zum Imker. Jede Wachs-Charge wird

einzeln von den Beschäftigten abgearbeitet.

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Laden für Leeden: viele positiveStimmen zum „Lebens-Mittelpunkt“Die regionale Presse berichtete zum Jahreswech-sel, das Lokalradio wenig später. Beim Neujahrs- empfang der Interessengemeinschaft Leeden am 17. Januar stieß das Laden-Projekt der Ledder Werkstätten bei rund 80 Vertretern aus Politik, Kir-che, Vereinen und Gewerbe auf ein durchweg po-sitives Echo. Im Dorf war die Nachricht da schon längst „rund“: Voraussichtlich Ende des Jahres wer-den wir in Leeden einen Dorfladen eröffnen. Acht Menschen mit Behinderung, begleitet von zwei Fachkräften mit Einzelhandelserfahrung, sorgen dann wieder für Milch, Brot und Gemüse im Dorf. Denn eine Grundversorgung gibt es im Stiftsort seit 2011 nicht mehr. Hagen oder Lengerich – wer Le-bensmittel braucht, muss zum Supermarkt in eine der Nachbarkommunen fahren.Die ehemalige Geschäftsstelle der Kreissparkasse Steinfurt an der Elbinger Straße 2A, in Sichtweite der Stiftskirche, haben wir im Herbst kaufen kön-nen. Die Kreissparkasse hatte ihre Filiale im Sep-tember 2015 geschlossen, sodass sich zeitnah eine schöne Folgelösung für die leerstehende Immobilie ergibt: Aus dem 40 Jahre alten Gebäude wird ein Laden der besonderen Art. „Als Arbeitstitel haben wir uns Lebens-Mittelpunkt

überlegt“, erklärt unser Geschäftsführer Ralf Hage-meier. Das Wortspiel meint: Menschen mit Behin-derung bringen an zentraler Stelle Leben ins Dorf. In Form von Lebensmitteln, die man dann endlich wieder vor Ort kaufen kann. Und in Form eines

kleinen Café-Bereiches, wo man einen guten Kaffee bekommt und vielleicht den Nachbarn trifft.Ein Supermarkt wird der „Lebens-Mittelpunkt“ ganz sicher nicht werden, denn das Sortiment zielt auf den Grundbedarf ab: Grundnahrungsmittel also wie

Brot und Butter, außerdem Hygienear-tikel. Das alles auch in Klein-Gebinden für Ein- oder Zweipersonenhaushalte. Rund 120 Quadratmeter Fläche ste-hen dafür in der Parterre des Gebäu-des mit der markanten Fensterfront zur Verfügung. Einiges muss unsere Haustechnik jetzt umbauen, beispiels-weise eine Kühltheke installieren und natürlich für Barrierefreiheit sorgen. Denn neben den acht neuen Arbeits-plätzen hat unsere Geschäftsführung als Kunden vor allem die LeWe-Wohn-bereiche im Blick, die sich dort versor-gen können. Natürlich hofft man auch auf entsprechende Kaufkraft aus dem 2600-Einwohner-Ortsteil.Unterm Strich eine schöne Win Win-Situation: Menschen mit Behinderung

finden neue, interessante Arbeitsplätze an einer wichtigen Schnittstelle zur Öffentlichkeit. Und sie sorgen dafür, dass zum Beispiel Senioren mit ein-geschränkter Mobilität ihre Lebensmittel wieder im Dorf kaufen können.

Wilfried Brönstrup (LeWe-Aufsichtsrat), Horst Dölling(Kaufmännischer Leiter) und Ralf Hagemeier (Geschäfts-

führer) vor der 2015 erworbenen Immobilie.

Die ehemalige Filiale Leeden der Kreissparkasse Steinfurt:Dort richten wir bald einen Lebensmittelladen ein.

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LeWe-Kunst im Finanzamtund im Café Samocca LengerichKunst als barrierefreies Medium: Wenn Werner Cüp-pers de fuchs unsere beiden Gruppen in seinem Atelier begrüßt, hat Behinderung vielleicht bei der Anfahrt eine Rolle gespielt. Nicht alle haben einen Führerschein, um ins abgelegene Brochterbecker Niederdorf zu gelangen. In den schön gestalteten Räumen, die sich „Kunstgenuss“ nennen, geht´s dann um Kreativität, das gemeinsame Entwickeln von Ideen, das Erlernen neuer Techniken und am Ende um tolle Ergebnisse.Einige davon konnte man jetzt im Finanzamt Ibben-büren sehen. „DU + ICH und die Anderen“ – schon der Titel der Ausstellung machte neugierig. 14 Men-schen mit Behinderung zeigten 52 stilvoll gerahmte Drucke. Inklusion im öffentlichen Raum also, ein dafür geeignetes Medium wie Kunst, hoch moti-vierte Kunstschaffende, die – professionell begleitet – verblüffende Resultate erzielen: Da kommt vieles zusammen.Vor drei Jahren hatte sich die Kunstgruppe LeWe, so ihr Name, erstmals mit 20 mittel- bis großforma-tigen Bildern (Acryl auf Leinwand) im Café Samoc-ca in Lengerich präsentiert. Schon damals arbeitete Werner Cüppers de fuchs, pensionierter Sonderpä-dagoge, ehemaliger Leiter einer Behinderten-Wohn-einrichtung in Essen und passionierter Kunstschaf-

fender, regelmäßig mit der Gruppe in seinem Atelier.„Kunstgenuss“ ist für viele Kunst-freunde der Region Treffpunkt; die Kunstgruppe LeWe arbeitet dort – wie andere auch – einfach an ihren Werken. Unser Förderverein „Wohnen-Arbeiten-Leben“ unter-stützt die monatlichen Workshops, sodass sich das Projekt stetig wei-terentwickeln konnte. Eine zwei-te Gruppe wurde installiert, viel Technik erprobt, der Output wuchs. Mit der Ausstellung im Finanzamt haben die 14 Künstlerinnen und Künstler erstmals komplett den Werkstatt-Rahmen verlassen.Den Gruppen stehen außerdem Nicola Reinisch (Kommunikations-Designerin, freie Illustratorin und in der Ausbildung zur Heilerziehungs-pflegerin) und die Lehramtsstuden-tin der Kunst Hendrikje Polkehn

Dienststellenleiter Michael Spielmann (Mitte) mit Werner Cüppers de fuchs, Mitarbeiterin Nicola Reinisch (von links) und den Künstlerinnen und Künstlern der seit drei Jahren bestehenden „Kunstgruppe LeWe“.

Bärbel Denter und Werner Cüppers de fuchs eröffnetendie Ausstellung im Ibbenbürener Finanzamt. Die toll

gerahmten Arbeiten stießen auf viel Resonanz.

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zur Seite. Einmal im Monat für drei Stunden, immer samstags, wird zusammen gestaltet. Vergangenes Jahr wurde gemalt und mit Ytongstein plastisch ge-arbeitet. Die aktuelle Ausstellung zeigte verschie-dene Drucktechniken.In gemütlicher Runde bespricht die Gruppe zu-nächst den Tag. Durch Arbeits-beispiele lassen sich die Teilneh-mer dann inspi-rieren, um selbst Entwürfe zu Papier zu brin-gen. Sind alle mit ihren Skiz-zen zufrieden, werden sie auf den Druckstock übertragen (aus Styrodurplatten, M o o s g u m m i oder Porenbe-ton) und schließ-lich manuell gedruckt. Ein spannender Mo-ment: Die Druck-platten werden angehoben, die fertigen Kunst-werke kommen zum Vorschein. Für die Aus-stellung „Du + Ich und die An-deren“ wurden Gesichter und Köpfe entwor-fen, haben sich die Teilnehmer selbst darge-stellt, von Kopf bis Fuß.Schon weiter auf seinem kreativen Weg ist Frank Schneiders, der 1997 sein Studium an der Kunsta-kademie Münster erfolgreich abschloss. Eigentlich sind ja die richtigen Großformate sein Ding. Zwei,

drei, vier Quadratmeter Leinwand, surreal, modern, in Acrylfarben. Doch hat das Lengericher Café Samocca nicht ganz so viel Platz, weshalb er dort bis Ende April 23 kleinformatige Bleistiftzeichnungen und wenige Farbbilder zeigt. Der heute 46-jährige

Lengericher ist seit zehn Jahren bei uns beschäftigt und montiert in der Betriebsstät-te Kipp massive Stahlschaniere, sogenannte Band-taschen, für die Emsdettener Fir-ma BOS.Frank Schneiders hatte schon eine Menge Ausstel-lungen und war zuletzt im August 2015 in der Galerie Schneeberger in Münsters Zentrum mit einigen Arbei-ten zu sehen. Zur Ausstellung „Klas-sentreffen“ hatte sein ehemaliger Professor Udo Scheel der Kunst-akademie Münster 13 Meisterschüler eingeladen, darun-ter auch ihn. Im Samocca zeigt er zum Beispiel Bäume und Blu-men und beobach-tet beim Zeichnen die Natur von der Terrasse an der Schillerstraße aus. Dort, in unserem

Ambulant Betreuten Wohnen in Lengerich, hat er seit 2009 sein Zimmer. „Das ist ein gutes Gefühl, mit seinen Bildern mal wieder woanders hinzugehen“, sagte er beim Gespräch mit lewe aktuell im Café Samocca.

Frank Schneiders zeigt klein- und mittelformatige Arbeitenwie diese bis Ende April im Lengericher Samocca.

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Werkstattrat stellt sich mit neuerVertrauensperson Christoph Witte vorErstmals hat sich unser Werkstattrat für Menschen mit geistiger Behinderung am 10. Februar den neu-en Teilnehmern der Beruflichen Bildung im Ladber-ger Bildungszentrum vorgestellt. Ebenfalls am Ruthemeiers Esch 2 dabei: Christoph Witte als neue Vertrauensperson. Im Gespräch mit lewe aktuell sagte der 35-jährige Heilerziehungs-pfleger: „Ich habe mir das gut überlegt und ange-schaut. Ich bin offen für Neues. Jetzt freue ich mich einfach auf die neue Aufgabe!“ Der Brochterbecker kennt unsere Einrichtung gut und hat im Herbst auf zehn LeWe-Jahre geblickt; davon drei im Wohnbe-reich Waldfrieden und die übrige Zeit im Arbeitsbe-reich für schwerst- und mehrfachbehinderte Men-schen (AB SMB) zunächst in Ibbenbüren und seit vergangenem Jahr in Ledde.Der Werkstattrat genießt einigen Stellenwert. Es geht um Selbstbestimmung bei vielen Dingen des (Arbeits-) Alltags, um Kontakt zur Geschäftsführung und -leitung, auch um ganz konkrete Mitwirkung. Zum Beispiel hat das Gremium, das über 800 Be-schäftigte alle vier Jahre wählen können, das Modell

der Mitarbeitergespräche entwickelt: Neue Fach-kräfte im Gruppendienst (neuerdings auch solche, die innerhalb der Einrichtung wechseln) werden seit vier Jahren von zwei Teams mittels standardisierter Fragenbögen befragt, warum sie sich beispielswei-se für diese Aufgabe entschieden haben.Christoph Witte hat seinen Zivildienst bei der Heilpä-dagogischen Hilfe in Osnabrück geleistet und auch dort schon mit Schwerstbehinderten gearbeitet. Ein-blick in die Arbeit der Vertrauensperson bekam er über Jahre durch seine Vorgänger im Amt, Joke Ko-nermann und Ilka Steinigeweg, die ebenfalls im AB SMB tätig sind.Der Termin am 10. Februar war für ihn der erste of-fizielle Termin und für den Werkstattrat eine Premi-ere: Aktuell 49 Personen aus dem Grundkursus des Berufsbildungsbereiches, wo vielfältige Grundquali-fikationen für das spätere Werkstattleben erworben werden, bekamen einen Eindruck von der Arbeit der gewählten Vertreterinnen und Vertreter.Die Vertrauensperson ist aus den Reihen des eige-nen Fachpersonals zu wählen; so schreibt es die Dia-

konie-Werkstättenmit-wirkungsverordnung in ihrem Paragraphen 47 vor („Die Werkstatt hat dem Werkstattrat auf dessen Wunsch aus dem Fachpersonal eine Person dessen Vertrauens zur Verfü-gung zu stellen, die ihn bei seiner Tätigkeit un-terstützt“). Das richtige Maß an Hilfe zu geben, wenn sie tatsächlich gebraucht wird, ist si-cherlich ein zentrales Element der Unterstüt-zung. Plakativ formu-liert: Die Vertrauens-person darf man bei ihrer Arbeit an der Seite des Werkstattrates gar nicht bemerken. „Nach Bedarf“ wird sie für ihre Aufgabe von der Arbeit im Gruppendienst frei-gestellt.

Vertrauensperson Christoph Witte (links) mit dem Werkstattrat für Menschen mit gei-stiger Behinderung, der sich im Ladberger Bildungszentrum vorgestellt hat.

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Unser neuer „Tag der Begegnung“:Am 22. Mai gibt´s viel zu entdecken „Mensch … wir zeigen´s euch!“ Ganz wörtlich gilt das Motto am Sonntag, 22. Mai: Von 11 bis 18 Uhr laden wir zum neuen „Tag der Begegnung“ ein. Der wird anders daherkommen, als das Publikum es aus 32 Jahren November-Historie mit viel vorweihnacht-lichem Basar-Charakter kennt. Frischer, fokussier-ter und viel nä-her am Thema macht der Tag neugierig auf unsere Arbeit. „Wir“ – das sind B e s c h ä f t i g t e . Menschen mit Behinderungen, die ihrem Publi-kum zeigen, was sie täglich in den Ledder Werkstät-ten tun, denn das Schwerpunktthe-ma 2016 lautet „Teilhabe durch Arbeit“.Mit dem Ter-min sind wir ins Frühjahr gegan-gen und können endlich vieles draußen anbie-ten. Beschäftigte präsentieren ihre Arbeit, ihre Teilhabe am wertschöpfenden Prozess der Gesellschaft „zum Anfassen“. Jeder Mensch, ob mit oder ohne Handicap, besitzt Fähigkeiten, jede Arbeit beinhaltet spezielle Anforderungen. Der neue Frühjahrs-Event zeigt mehr Beispiele, wie wir mit fachlicher „Maßarbeit“ Anforderungen einer Aufgabe mit besonderen Fähigkeiten behinderter Menschen verbinden. Maßgeschneiderte Arbeit, die durch pro-fessionelle Organisation zu Ergebnissen von hoher Qualität führt. Werkstatt heute also – das kann das Publikum an diesem Tag live sehen und dabei mit Beschäftigten und Mitarbeitern ins Gespräch kom-men.Kleine und große Firmen aus allen möglichen Bran-chen, aus der Region und ganz Deutschland nut-zen Werkstatt-Know how und geben uns Aufträge. Da liegt eine weitere Besonderheit, weil Vielfalt bei Auftraggebern vielfältige Aufgaben für Beschäftigte

möglich macht: Am 22. Mai sieht man, wie moderne Montage und Verpackung mit kundenspezifischen Modifikationen und in großen Stückzahlen geht. Was millimetergenaue Metallbearbeitung mit CNC-gesteu-erten Maschinen für große Auftraggeber ausmacht. Warum die Textilabteilung individuelle Kundenwün-

sche und zu-gleich Großauf-träge aus der Industrie be-arbeiten kann. Welche Dienst-leistungen für Endverbraucher (etwa Land-schaftspf lege, Kistenbau nach I P P C - S t a n -dard als Trans-p o r t s c h u t z , Eigenprodukte Kerzen und k-lumets, Wachs-plattenherstel-lung für Imker, Kaf fee-Röste-rei) Beschäftigte anbieten.Eine Menge „Stoff“ zum Zu-schauen, Ver-stehen und Dis-

kutieren. So viel Live-Atmosphäre macht hungrig und durstig, und da darf sich das Publikum auf die gewohnt gute Bewirtung zum „Tag der Begegnung“ freuen: Unterm riesigen Fallschirm-Baldachin auf dem Außengelände hinter der Werkstatt bereiten wir kulinarische Angebote für jeden Geschmack vor. Menschen mit Behinderung laden in den Ledder Biergarten mit Isendorfer Craft-Bieren (Emsdetten) ein und zeigen ein kleines Kultur-Programm auf der Bühne.Im Wechsel stellen wir dort stündlich mittels Kurzin-terviews und Präsentationen die Leistungsfähigkeit von Menschen mit Behinderung vor. Der Tombola-Erlös fließt ins neue Demenz-Projekt der Wohnbe-reiche. Schon am Vortag (Samstag, 21. Mai) findet ab 17 Uhr eine Andacht mit Superintendent André Ost in Ledde statt.

„Mensch ... wir zeigen´s euch!“: Menschen mit Behinderungstellen am 22. Mai ihre Arbeit vor. Wir entwickeln den so

traditionsreichen „Tag der Begegnung“ konsequent weiter.

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Bauchtanzgruppe begeistertbei der Lengericher Sportschau

Alles für diesen einen Moment: Genau 8:11 Minuten hatte unsere Bauchtanzgruppe die riesige „Bühne“ am 5. März, bei der Lengericher Sportschau, ganz für sich. Zwei Tänze, ein tolles Publikum und später, in der Umkleide, eine überglückliche Truppe. Zehn Frauen mit Behinderung und zwei Mitarbeiterinnen haben die LeWe bei der 26. Auflage des beliebten Lengericher Sport-Events vertreten.Zum mittlerweile dritten Mal hatte uns das Orga-nisationsteam eingeladen. Nach „Rolli & Feet“ und der „Blech Drum Band“ war dieses Mal die Bauch-tanzgruppe an der Reihe. Mitarbeiterin Katja Jür-kenbeck, Physiotherapeutin unserer hauseigenen Krankengymnastik-Praxis vita plus, leitet das Ensemble, das erstmals bei den Kulturtagen 2013 auftrat. Für ihre Choreografie wählte die Gruppe zwei Songs des türkischen Popstars Takan aus und bereitete sich über Monate akribisch vor. Zur wö-chentlichen Probe kamen zuletzt tägliche Übungs-einheiten hinzu. Das Weihnachtsfest hatten einige Frauen genutzt und sich weiteres exotisches Zube-hör schenken lassen, sodass sich die Gruppe auch optisch sehr schön präsentieren konnte.Eine Menge Lampenfieber war in der Kabine in der Stunde vor dem Auftritt zu spüren. Exakt um 19.20 Uhr zog das Ensemble durch das Modell des Rö-mers, Wahrzeichen der Stadt Lengerich, ein, wäh-rend 860 Zuschauer bereits auf den Rängen der Dreifachsporthalle Platz genommen hatten.Sichtlich begeistert verfolgte das Publikum den Auf-tritt und ganz besonders den zweiten Tanz. Denn der „Star“ war Emina Petrovic mit ihrem E-Rolli, um-tanzt von Natalie Grass und Jenny Bierwirth mit ih-ren goldglänzenden Isisflügeln. Sportschau-Mode-ratorin Edwina de Pooter nahm sich anschließend etwas Zeit für Kurzinterviews mit Emina und Katja und überließ den donnernden Schlussapplaus un-serer Gruppe.Später, in der Umkleide, waren zwölf Frauen dann total happy, und selbst das größte Lampenfieber war da längst vergessen. Ein schöner Lohn für Mo-nate der Vorbereitung und ein intensives Erlebnis für alle bei einer in jeder Hinsicht barrierefreien Großveranstaltung. Dabei waren Carina Bödecker, Kerstin Ballmann, Natalia Hofmann, Natalie Grass, Edda Nauendorf, Emina Petrovic, Jenitha Gunaran-jan, Majka Ibrahimi, Kristina Kolenda, Liza Stresler, Jenny Bierwirth und Katja Jürkenbeck.

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Herzlichen Glückwunsch: ZwölfBeschäftigte absolvieren ihre FischerprüfungEngagierte Mitarbeiter, die ihr Hobby gerne teilen, unser Freizeit-, Sport- und Kulturverein als Organi-sationsplattform, ein ehrenamtlicher Ausbilder, der Geduld und didaktisches Geschick mitbringt, die freundliche Fischereibehörde des Kreises – dass zwölf Menschen mit Behinderung am 22. Februar erfolgreich ihre Fischerprüfung abgelegt haben, ist auch Verdienst eines gut funktionierenden Netz-werkes in der Region.Für die Prüflinge selbst war es eine echte Energie-leistung: Mehr als vier Monate, über 16 Einheiten und immer samstags, haben sie in unserem Blauen Haus der Betriebsstätte Settel gebüffelt und in der Schlussphase sogar noch einige (selbst organisier-te) Sondertermine in Lengerich eingelegt. Mit guten Prüfungsergebnissen: „Die waren fast alle hoch in den 50ern“, berichtete Andreas Winter, einer der beiden ehrenamtlichen Prüfer am 22. Februar.Maximal 60 Punkte kann man in der theoretischen Prüfung erreichen, 45 müssen es mindestens sein. Unsere Beschäftigten waren prima vorbereitet wor-den von Michael Holtmann. Der Grevener, erfah-rener Angler und routinierter Ausbilder, hatte die Gruppe mit viel Geduld und immer wieder simu-lierten Prüfungsaufgaben bestens präpariert. Das bestätigten auch die eh-renamtlichen Prüfer An-dreas Winter und Herbert Thape.Die Fischerprüfung war nicht nur für uns eine Pre-miere, sondern auch für Joachim Ternes (Unte-re Fischereibehörde des Kreises Steinfurt) und sein Prüferteam: Ternes hat im Jahr zwischen 550 und 600 angehende Petri-jünger vor sich; eine Grup-pe geistig und psychisch behinderter Menschen war nie zuvor darunter. Zur üblichen Prüfung gab es allerdings nur einen formellen Unterschied: Sechs Prüflinge, die über

eine eingeschränkte Lesefähigkeit verfügen, beka-men die Fragen im theoretischen Teil von ihren Prü-fern vorgelesen. Das lässt das Prüfungsrecht aus-drücklich zu.Freude und Erleichterung bei unseren Beschäftigten: Seit dem Herbst hatten sie sich mit Ruten und Rollen befasst, Fischkunde anhand von Schaubildern be-trieben, die Schonzeiten der Arten gelernt und vieles über Naturschutz erfahren. Voller Stolz konnten sie jetzt ihr Prüfungszeugnis entgegennehmen. Der samstägliche Lernstress war damit vorbei, was alle sehr schade fanden. Denn nebenbei ist auch eine gute Gemeinschaft entstanden, in der Stärkere als Lernpaten Schwächeren halfen, die sich organisiert und zum Beispiel gemeinsam zum Osnabrücker Sportfischerzentrum fährt, um die Ausrüstung zu komplettieren.Mit ihrem Prüfungszeugnis können unsere Beschäf-tigten den Fischereischein bei ihrer Heimatgemeinde beantragen. Ein Starterkit (Rute mit Rolle) haben alle zur erfolgreichen Prüfung vom Freizeitverein bekom-men. Im Juni geht´s gemeinsam ins Angelcamp nach Wiesmoor, an den Jade-Weser-Kanal.

Strahlende Gesichter: Die erfolgreichen Prüflinge, der Prüfungsausschuss undunsere Mitarbeiter freuen sich gemeinsam über den tollen Erfolg. VomFreizeitverein gab es zum Abschluss Angelruten für alle Teilnehmer.

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Franz-Josef Gude: Ruhestandnach 38,5 LeWe-Jahren

TBM: Wie geht es mit unserem Demenz-Projekt voran?

Die „Tecklenburger Biografiemethode“ (TBM) stößt auf Echo: Nach der Berliner Fachtagung der Bundesakademie für Kirche und Diakonie im Oktober, wo wir unser Projekt vorgestellt hatten,

fragte das Institut für Sonderpädagogik (Abteilung Allgemeine Behinderten-Pädagogik und -Soziolo-gie) der Leibniz-Universität Hannover an. In der Januar-Ausgabe der „Orientierung“, Fachzeitschrift des Bundesverbandes der evangelischen Behindertenhilfe (BeB), erschien der Fachaufsatz unseres Projektleiters Jörn Winter. Interesse bekundet haben inzwischen das Institut für Sonderpädagogik der Universität Koblenz, die LAFIM gemeinnützige AG-Fliedners in Brandenburg und das Diakoniewerk Kloster Dobbertin (Mecklenburg-Vorpommern). TBM ist eine Methodik zum Umgang mit Demenz: Ak-tuell geht man von etwa 1,6 Millionen dement werdenden Menschen in Deutschland aus; in 30 Jahren werden es bereits doppelt so viele sein. Eine Thematik, die auch und insbesondere Menschen mit Be-hinderung betrifft. Im Januar haben wir das Thema dem Rotary Club Tecklenburger Land vorgestellt. Auch beim Tag der Begegnung am 22. Mai werden wir TBM präsentieren. Den Tombola-Erlös dieses Tages werden wir fürs Projekt verwenden. Aktuell schulen wir unsere TBM-Multiplikatoren, die dann die Teams in den Wohnbereichen ausbilden werden. Beworben haben wir uns für die bundesweit aus-geschriebenen Wettbewerbe „mitMenschPreis“ des BeB für Projekte in der Behindertenhilfe und „Gute Praxis“ – „ Herausforderung Demenz“ für Menschen mit Lernschwierigkeiten der Demenz Support Stuttgart gGmbH in Verbindung mit der Lebenshilfe Baden-Württemberg.

„Ich habe mich immer gefreut, mit euch zusammen zu arbeiten. Als ich hier anfing, waren ja viele von euch noch gar nicht geboren. Heute bin ich ganz überwältigt!“ Franz-Josef Gude konnte seine Rüh-rung kaum verber-gen, als ihm am 26. Februar hun-derte Beschäftigte und Mitarbeiter noch einmal per-sönlich die Hand schütteln wollten: Ein Werkstatt-Ur-gestein ist in den Ruhestand ge-gangen, nach 38,5 LeWe-Jahren. So viele Dienstjahre „auf dem Buckel“ haben nicht viele Kollegen.Der soeben 65 Jah-re alt gewordene Sozialpädagoge aus Ibbenbüren hatte zuletzt die Werkstattleitung für Betriebsstätten in Ibbenbüren, Lengerich und Saerbeck, war zuvor über Jahrzehnte im Begleitenden Dienst tätig und

parallel zuständig für die Aufnahmeverfahren im Be-rufsbildungsbereich sowie die Organisation der Fahr-linien, fungierte außerdem über Jahre als Vertrau-ensperson des Werkstattrates. Jetzt, zum offiziellen

Abschied in der Betriebsstätte May-bachstraße, hatten Beschäftigte der Hauswir tschaf ts-Teams das Cate-ring vorbereitet und ein tolles Geschenk mitgebracht: eine selbst gegossene dreiteilige Kerze für die drei großen Be-reiche der Betriebs-stätte. Im Namen der Ge-schäftsführung und -leitung dankten ihm Horst Dölling (Kauf-männischer Leiter) und Rudolf Schön-rock (Geschäftslei-

tung Werkstatt für geistig behinderte Menschen) für sein Jahrzehnte langes Engagement.

Eine dreiteilige Kerze (für die drei Bereiche der Maybach-straße) habe die Beschäftigen Franz-Josef Gude (4.

von rechts) zur Verabschiedung Ende Februar geschenkt.

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Menschen in den Ledder Werkstätten

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Hans-Dieter Janke: „Allessoll so bleiben, wie es ist!“„Alles soll so bleiben, wie es ist!“ Hans-Dieter Jan-ke ist die Ruhe selbst. 28 Werkstatt-Jahre, die mei-ste Zeit davon in unserer Betriebsstätte Gausepohl. Das hier, die Große Straße 94 in Ibbenbüren, ist sein Revier. Hier kennt er sich aus. Wiederkehren-de Aufgaben („ich mache ja auch gerne mal kniffe-lige Arbeiten“), der feste Wochentakt, ein seit vielen Jahren stabiles privates Umfeld – dem 56-jährigen Ibbenbürener geht es gut.Früher wollte er Schreiner werden und begann auch eine Lehre. Da lebte er schon in einem Jugenddorf, weil die Familie mit fünf weiteren Geschwi-stern nicht funktio-nierte. Er berichtet von häuslicher Ge-walt. Gelegentlich sei auch mal die Polizei da gewesen und habe den Va-ter mitgenommen. Heute erinnert sich Hans-Dieter Janke noch genau daran, dass die ernst-haften psychischen Probleme mit 18 Jahren begannen. Damals hatte sein Jugenddorf eine Spanienreise ge-macht, wo er erst-mals erkrankte.Hochs und Tiefs wechseln sich in den Folgejahren ab. Die Lehre bricht er ab. Dann ein Berufsförderlehrgang in Olpe, zwei Jahre Psychiatrie in Münster, immer wieder kurze Gelegenheitsjobs.Er entwickelt eine Spielsucht, sitzt vor dem Auto-maten, sobald er ein paar Mark hat. „Ich habe alles vertickt damals.“ Der gebürtige Gronauer kommt ins Haus St. Antonius in Bevergern, eine Rehabilitati-onseinrichtung für psychisch erkrankte Menschen. Von dort ist der Weg zu uns nicht sehr weit; im Juni 1988 beginnt Hans-Dieter Janke im damals noch

neuen Bereich für Menschen mit psychischer Behin-derung und wohnt über Jahre im Wohnbereich Wald-frieden.„Man muss ja auch was fertig kriegen. Nur rumlun-gern, das wäre nichts für mich.“ Die regelmäßige Arbeit ist ihm wichtig. Morgens im Supermarkt fürs Kollegenfrühstück einzukaufen, Toilettendienst, das Reinigen der Essensbehälter, Montage-Aufträge. Früher montierte er Lattenroste. Elf Jahre lang half er mit beim Essen holen aus Ledde, lud die Behälter

ein und aus. „Ich war der Beifah-rer, Führerschein habe ich nicht.“ Das ging schließ-lich wegen sei-ner Rückenbe-schwerden nicht mehr. Seine Be-lastbarkeit hat klare Grenzen, was Hans-Dieter Janke durchaus e inzuschätzen weiß: „Ich bin ja froh, wenn ich hier die Woche schaffe und ins woh lve rd ien te Wochenende ge-hen kann!“Das vertraute Gausepohl-Ge-rüst, seine „knif-feligen Arbeiten“, gute Kollegen, die man auch mal privat besucht, seine langjährige

Partnerin Marita in der kleinen Ibbenbürener WG – Hans-Dieter Janke ist das, was sein Psychiater aus der Tagesklinik Ibbenbüren als „stabil“ bezeich-net. Die Klinik-Aufenthalte liegen Jahrzehnte zurück. Richtig stolz ist er darauf, die Spielsucht vor vier Jah-ren besiegt zu haben. „Das interessiert mich einfach nicht mehr.“ Höhepunkte für ihn sind die Auswärts-Turniere mit unserer Tischtennismannschaft. „Das macht echt Spaß! Da trifft man neue Leute und da gibt´s immer was Leckeres zu essen.“

Hans-Dieter Janke: Unsere Betriebsstätte Gausepohl in Ibbenbüren, die Arbeit und die Menschen dort sind ein sehr

wichtiger Teil seines Lebens - seit Jahrzehnten.

Page 24: Musterdokument LeWe Aktuell - Ledder Werkstätten...möller (TRINX-Projektleiter beim Verein) bei Hegemann am 28. Januar an Werkstattleiter Franz-Josef Gude übergaben. 45 (von 58)

lewe aktuell 1.2016

Reha-Verein lädt zur „Fashion-Show“ einLengerich. Am Sonntag, 10. April, lädt der Se-cond-Hand-Laden „Unikat“ des Reha-Vereins Lengerich ab 14 Uhr zur inklusiven Fashion-Show in die Gempt-Halle ein. 16 Models prä-sentieren ihre Mischung aus Second-Hand-Kleidung, Mode und Accessoires aus eigener Kollektion, hergestellt in der Unikat-Näherei und -Werkstatt. Tanzvorführungen und Poster zum Thema Nachhaltigkeit in der Modewelt flankieren die Show.Das Unikat gibt es seit sieben Jahren; wir ha-ben dort acht Außenarbeitsplätze für psychisch behinderte Menschen. Die Mitarbeiterinnen wollen mit der Fashion-Show zeigen, dass die Kombi von Second-Hand und handwerklich aufgewerteten Produkten eine tolle Möglichkeit ist, sich modisch zu kleiden und gleichzeitig nachhaltig und sozial verantwortlich zu konsu-mieren. Mit tragbarer, zeitlos und geschmack-voll kombinierter Mode wollen die Unikat-Mitar-beiterinnen ihr Publikum überzeugen.Weitere Höhepunkte am 10. April: das Turnier-paar Peter und Uschi Kemker aus Tecklenburg mit einer Tangovorführung und unsere Break-

dancer mit Trainer Daniele Spaziani. Das Tanzcentrum „Ihr Team“ (Thomas Derner wird moderieren) zeigt einen Elfentanz in Unikat-gefertigten Kostümen. Eine kleine Posterserie „Nach St(r)ich und Faden“ der Christlichen Initiative Romero möchte über Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie informieren. Nach der Show kann man in der Second-Hand-Kollektion stöbern und mit den Models sprechen.

Diese Models freuen sich schon auf die „Fashion-Show“in der Lengericher Gempt-Halle am 10. April. Im Unikat

haben wir acht Außenarbeitsplätze für Beschäftigte.

Frauen Union imSamocca IbbenbürenIbbenbüren. „Die Ibbenbürener scheinen uns zu lieben“, sagt Ma-rianne Büscher. Als Geschäftsleitung der Werkstatt für psychisch behinderte Menschen ist sie auch für die Leitung unserer drei Samoccas zuständig. Nach Lengerich und Saerbeck haben wir Ende November ein weiteres Café in Ibbenbüren (Bahnhofstraße 18) eröffnet. Es erfreut sich auch bei größeren Gästegruppen gro-ßer Beliebtheit: Am 14. Februar war die Ernst-Klee-Schule (Mettin-gen) mit 30 Schülern, Eltern und Lehrern zum Brunch da. Am 16. Februar kam Ibbenbürens Frauen Union mit fast 20 Damen, denen Marianne Büscher das Café mit seinem besonderen Hintergrund erklärte. Was der Gast nicht mitbekommt: Der Service gelingt nur dank der permanenten, engen Begleitung unserer Fachleute. Des-halb geht unsere Geschäftsleitung vorsichtig mit der – vielfach gewünschten – Erweiterung der Öffnungszeiten um. Die Arbeits-gemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) kam am 6. März zum Frühstück.

Karneval mitdem FreizeitvereinTecklenburg-Ledde. Rosenmontag in der Großraum-Disco – das ist vor-bei, seit der Ibbenbürener Partytem-pel vergangenes Jahr schloss. Un-ser Freizeit-, Sport- und Kulturverein sorgte am 30. Januar für Ersatz: Rund 150 witzig verkleidete Karnevalfans feierten und tanzten in Ledde. Wer wollte, konnte dann am Rosenmon-tag in den Gruppen der Betriebsstät-ten die fünfte Jahreszeit feiern. Beim vierten „Ibb goes Karneval“ am 6. Februar hatten unsere Beschäftigten dieses Mal – natürlich auch verkleidet – als Zuschauer närrischen Spaß in Ibbenbürens Innenstadt.