Nach Der Lese

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Nach der Lese Komm in den totgesagten park und schau: Der schimmer ferner lächelnder gestade · Der reinen wolken unverhofftes blau Erhellt die weiher und die bunten pfade. Dort nimm das tiefe gelb · das weiche grau Von birken und von buchs · der wind ist lau · Die späten rosen welkten noch nicht ganz · Erlese küsse sie und flicht den kranz · Vergiss auch diese lezten astern nicht · Den purpur um die ranken wilder reben · Und auch was übrig blieb von grünem leben Verwinde leicht im herbstlichen gesicht. Ihr rufe junger jahre die befahlen Nach IHR zu suchen unter diesen zweigen: Ich muss vor euch die stirn verneinend neigen Denn meine liebe schläft im land der strahlen. Doch schickt ihr SIE mir wieder die im brennen Des sommers und im flattern der Eroten Sich als geleit mir schüchtern dargeboten Ich will sie diesmal freudig anerkennen. Die reifen trauben gären in den bütten · Doch will ich alles was an edlen trieben Und schöner saat vom sommer mir geblieben Aus vollen händen vor ihr niederschütten. Ja heil und dank dir die den segen brachte! Du schläfertest das immer laute pochen

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Nach der Lese

Komm in den totgesagten park und schau:Der schimmer ferner lächelnder gestade ·Der reinen wolken unverhofftes blauErhellt die weiher und die bunten pfade.

Dort nimm das tiefe gelb · das weiche grauVon birken und von buchs · der wind ist lau ·Die späten rosen welkten noch nicht ganz ·Erlese küsse sie und flicht den kranz ·

Vergiss auch diese lezten astern nicht ·Den purpur um die ranken wilder reben ·Und auch was übrig blieb von grünem lebenVerwinde leicht im herbstlichen gesicht.

Ihr rufe junger jahre die befahlenNach IHR zu suchen unter diesen zweigen:Ich muss vor euch die stirn verneinend neigenDenn meine liebe schläft im land der strahlen.

Doch schickt ihr SIE mir wieder die im brennenDes sommers und im flattern der ErotenSich als geleit mir schüchtern dargebotenIch will sie diesmal freudig anerkennen.

Die reifen trauben gären in den bütten ·Doch will ich alles was an edlen triebenUnd schöner saat vom sommer mir gebliebenAus vollen händen vor ihr niederschütten.

Ja heil und dank dir die den segen brachte!Du schläfertest das immer laute pochenMit der erwartung deiner - Teure - sachteIn diesen glanzerfüllten sterbewochen.

Du kamest und wir halten uns umschlungen ·Ich werde sanfte worte für dich lernen

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Und ganz als glichest du der Einen FernenDich loben auf den sonnen-wanderungen.

Wir schreiten auf und ab im reichen flitterDes buchenganges beinah bis zum toreUnd sehen aussen in dem feld vom gitterDen mandelbaum zum zweitenmal im flore.

Wir suchen nach den schattenfreien bänkenDort wo uns niemals fremde stimmen scheuchten ·In träumen unsre arme sich verschränken ·Wir laben uns am langen milden leuchten

Wir fühlen dankbar wie zu leisem brausenVon wipfeln strahlenspuren auf uns tropfenUnd blicken nur und horchen wenn in pausenDie reifen früchte an den boden klopfen.

Umkreisen wir den stillen teichIn den die wasserwege münden!Du suchst mich heiter zu ergründen ·Ein wind umweht uns frühlings-weich.

Die blätter die den boden gilbenVerbreiten neuen wolgeruch ·Du sprichst mir nach in klugen silbenWas mich erfreut im bunten buch.

Doch weisst du auch vom tiefen glückeUnd schätzest du die stumme träne?Das auge schattend auf der brückeVerfolgest du den zug der schwäne.

Wir stehen an der hecken gradem wallIn reihen kommen kinder mit der nonne.Sie singen lieder von der himmelswonneIn dieser erde sichrem klarem hall.

Die wir uns in der abendneige sonntenUns schreckten deine worte und du meinst:

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Wir waren glücklich bloss solang wir einstNicht diese hecken überschauen konnten.

Du willst am mauerbrunnen wasser schöpfenUnd spielend in die kühlen strahlen langen ·Doch scheint es mir du wendest mit befangenDie hände von den beiden löwenköpfen.

Den ring mit dem erblindeten juweleIch suchte dir vom finger ihn zu drehen ·Dein feuchtes auge küsste meine seeleAls antwort auf mein unverhülltes flehen.

Nun säume nicht die gaben zu erhaschenDes scheidenden gepränges vor der wende ·Die grauen wolken sammeln sich behende ·Die nebel können bald uns überraschen.

Ein schwaches flöten von zerpflücktem asteVerkündet dir dass lezte güte weiseDas land (eh es im nahen sturm vereise)Noch hülle mit beglänzendem damaste.

Die wespen mit den goldengrünen schuppenSind von verschlossnen kelchen fortgeflogen ·Wir fahren mit dem kahn in weitem bogenUm bronzebraunen laubes inselgruppen.

Wir werden heute nicht zum garten gehen ·Denn wie uns manchmal rasch und unerklärtDies leichte duften oder leise wehenMit lang vergessner freude wieder nährt:

So bringt uns jenes mahnende gespensterUnd leiden das uns bang und müde macht.Sieh unterm baume draussen vor dem fensterDie vielen leichen nach der winde schlacht!

Vom tore dessen eisen-lilien rostenEntfliegen vögel zum verdeckten rasen

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Und andre trinken frierend auf den pfostenVom regen aus den hohlen blumen-vasen.

Ich schrieb es auf: nicht länger sei verhehltWas als gedanken ich nicht mehr verbanne ·Was ich nicht sage · du nicht fühlst: uns fehltBis an das glück noch eine weite spanne.

An einer hohen blume welkem stielEntfaltest du's · ich stehe fern und ahne . .Es war das weisse blatt das dir entfielDie grellste farbe auf dem fahlen plane.

Im freien viereck mit den gelben steinenIn dessen mitte sich die brunnen regenWillst du noch flüchtig späte rede pflegenDa heut dir hell wie nie die sterne scheinen.

Doch tritt von dem basaltenen behälter!Er winkt die toten zweige zu bestatten ·Im vollen mondenlichte weht es kälterAls drüben unter jener föhren schatten . .

Ich lasse meine grosse traurigkeitDich falsch erraten um dich zu verschonen ·Ich fühle hat die zeit uns kaum entzweitSo wirst du meinen traum nicht mehr bewohnen.

Doch wenn erst unterm schnee der park entschliefSo glaub ich dass noch leiser trost entquilleAus manchen schönen resten - strauss und brief -In tiefer kalter winterlicher stille.

Das Jahr der Seele, 1897

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After the harvest

Come to the park and watch declared dead: The shimmer also smiling shores · The pure clouds unexpected blue Brightens the weiher and the colorful trails.

There, take that deep yellow · the soft gray of birches and the wind is warm buchs · · The late roses withered not quite · Erlese kiss them and weaves the garland ·

Forget these lezten asters not · The purple around the vines have grown wild · And also what was left of green living Verwinde easily in autumnal face.

Call your young years who ordered to look after YOUR among these branches: I must bow down to you, the end-negative Cause my love is sleeping in the country of radiation.

But you send me back the YOU in burn In summer and in the cupids flutter yourself as escort me presented shy I want to acknowledge this time joyously.

The ripe grapes ferment in the punch tape paper · But I want everything exaggerated to noble and beautiful sowing of summer stayed with me from full hands before her pour.

Yes healing and thanks to you who brought the blessing! sleeper you test the always loud thump With the anticipation of your - Expensive - gently in these glamorous fulfilled dying weeks.

You kamest and we keep entwined · I will gentle words for you to learn 

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and quite as you were like the A Far praise you to the sun-hikes.

We walk on and baubles from the rich Des book ganges almost up to the gates and see the outside in the field from the grid the almond tree for the second time in flore.

We are looking for the shadow-free benches there where we never strange agree shooed · In dream our arms intertwine · We feast on long mild shine

We feel grateful to as silent roar of tops shine marks on us drop by drop And only look and listen when in breaks knock the ripe fruit on the ground.

We Circling the quiet pond in the open, the water routes! Looking for me to fathom cheerful · A wind blows around us, spring-soft.

The leaves turn yellow to the ground spreading new wolgeruch · You speak after me, unto wise syllables What pleased me in the colorful book.

But you know also from the deep dent or schätzest And you the silent tears? overshadowing the eye on the bridge are persecuting you to train the swans.

We are on the hedges lineal wall in rows are children with the nun. sing songs from the sky of bliss in this earth sichrem clear hall.

The we in the evening tend basked Us frightened your words and you say: 

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We were happy as long as we merely once not able to oversee these hedges.

You want to draw on the wall well water and playing in the cool shine long · But it seems to me you turn biased with lions heads, the hands of the two.

The ring with the blind jewels I searched you to turn him from the finger · Your eye moist kissed my soul As answer to my undisguised plead.

Well do not delay gave to catch outgoing Des pageantry before the turn · The gray clouds gather nimbly · The fog may soon surprise us.

A faint whistle of zerpflücktem aste as Delivered to you that lezte goodness the country (there anyway in the near storm vereise) yet case with beglänzendem damasks.

The wasps with the gold-green scale- Are flare nuts from behind locked flown · We take the barge in a wide arc in order bronze brown foliage island groups.

Today we will not go to the garden · For as we sometimes surprising and unexplained smell this light or softly blow with long vergessner joy nourishes again:

So that brings us admonishing ghost and suffering that makes us anxious and tired. Look under baume outside his window The many equalize after the battle thread!

From the gates whose iron-rust lilies birds flying away turf for concealed 

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And other drink shivering on the post from the rain out of the hollow flower vases.

I wrote it down: no longer be concealed What I thought no more banish · What I do not tell · you do not feel: we lack up to the happiness still a wide margin.

At a high withered flower stalk unfold you's · I am away and teeth. . It was the white sheet that you accounted for planning the most garish color on the pale.

Outdoor square with yellow stones in the middle of the fountain rain Want even talking about fleeting late cultivate Since you today bright as the stars never appear.

But passes from the basalt container! He waves to bury the dead branches · In the full moon bright it blows colder as over there under those pines shadow. .

I let my great sadness you guess wrong to spare around you · I feel the time has little divides us so you will not be my dream inhabit.

But if only under the snow park slept So I think that even more quietly comforting entquille from some beautiful remnants strauss - and brief - In deep cold wintry silence.

The Year of the Soul, 1897

STEFAN GEORGE   (1868-1933)