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Doppeltes Selbstkonzept © IPP 2004 - Prof. Dr. Rainer Sachse Seite 1 / 23 Personen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung (NAR) weisen ein doppeltes Selbstkonzept (SK) auf. Ein negatives SK, das aus der Biographie stammt und Annahmen enthält wie: Ich bin ein Versager. Ich bin unfähig. Ich kann nichts. Ich bin nicht liebenswert. Dieses SK ist dabei mehr oder weniger negativ.

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Doppeltes Selbstkonzept

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• Personen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung

(NAR) weisen ein doppeltes Selbstkonzept (SK) auf.

• Ein negatives SK, das aus der Biographie stammt

und Annahmen enthält wie:

– Ich bin ein Versager.

– Ich bin unfähig.

– Ich kann nichts.

– Ich bin nicht liebenswert.

• Dieses SK ist dabei mehr oder weniger negativ.

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Doppeltes Selbstkonzept

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• Daneben weisen die NAR ein positives SK auf, das

vor allem durch das kompensatorische

Leistungsverhalten zustande gekommen ist.

• Dieses Konzept kann positiv bis stark übertrieben

positiv sein.

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Doppeltes Selbstkonzept

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negativer „state of

mind“:

• negative Stimmung• Vermeidungs-

tendenzen• Aktivierung

negativerGedächtnisbestände

• Klienten reagierenaversiv aufAktivierung: Kritik-Empfindlichkeit

SK - SK +Hemmung

S ` S ``

positiver „state of

mind“:

• positive Stimmung• Annäherungs-

tendenzen• Aktivierung positiver

Gedächtnisbestände• Klienten reagieren

positiv aufAktivierung

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Doppeltes Selbstkonzept

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• Das negative SK streut immer wieder Zweifel: „Bin

ich wirklich ok?“, „Ist es wirklich genug?“, „Bin ich

wirklich leistungsfähig?“ usw.

• „Mogelpackungs-Syndrom“

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Beziehungsschemata

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• Personen mit NAR weisen darüber hinaus

charakteristische Beziehungsschemata auf.

– In Beziehungen wird man abgewertet, kritisiert.

– Man kann sich nur auf sich selbst verlassen.

– Man darf keine Schwäche zeigen.

– Anderen kann man nur nach gründlicher Prüfung

vertrauen.

– Es ist wichtig, eigene Autonomie nicht

aufzugeben.

– Vermeide Kritik und Abwertung!

– Vermeide es, kontrolliert zu werden!

– Vermeide es, abhängig zu sein!

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Beziehungsschemata

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• Diese Schemata haben charakteristische

Handlungskonsequenzen, z.B.:

– Kleiner Freundeskreis gut getesteter Personen

– Vorsicht mit der Preisgabe „vertraulicher“

Informationen

– Starkes Autonimie-Streben

– Vorbehalte in Beziehungen

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Interaktionelle Ziele

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• Die NAR verfolgen insbesondere Ziele wie:

– Leistung

– Anerkennung für Leistung

– Karriere, Erfolg

– Symbolische Selbstergänzung

– Vermeidung von Scheitern

– Vermeidung von Abwertung und Kritik

– Vermeidung von Kontrolle und Abhängigkeit

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Strategien: Images

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• Ich bin toll!

• Ich habe außergewöhnliche Fähigkeiten!

• Ich bin leistungsfähig!

• Ich bin etwas Besonderes!

• Ich bin besser als andere!

• Ich habe alles unter Kontrolle / im Griff!

• Ich habe keine Probleme!

• Meine Probleme liegen an anderen!

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Strategien: Appelle

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• Gib mir Anerkennung!

• Finde mich toll!

• Bewundere mich!

• Bestätige mich!

• Nimm meine Ressourcen, Fähigkeiten, Erfolge usw.

wahr und erkenne sie an!

• Solidarisiere Dich mit mir!

• Kritisiere mich nicht!

• Werte mich nicht ab!

• Definiere mich niemals defizitär!

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VIP-Status

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• Personen mit NAR gehen davon aus, dass sie etwas

Besonderes geleistet haben und zwar gegen große

Widerstände.

• Deshalb gehen Sie davon aus, dass ihnen etwas

Besonderes zusteht:

– besonders respektvolle Behandlung

– VIP-Status

– Sonderrechte: Vom „Alltäglichen“ befreit

werden u.a.

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Regel-Setzer

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• Die konsequente Fortsetzung des VIP-Status ist das

„Regel-Setzen“.

• Klienten setzen Regeln im Hinblick darauf, wie sie

von anderen behandelt werden wollen.

• Sie glauben, Anspruch darauf zu haben, solche

Regeln aufzustellen und darauf, sie durchzusetzen.

• Sie glauben, andere strafen zu dürfen, wenn sie sich

nicht an diese Regeln halten.

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Manipulation

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• Personen mit NAR sind meist hochgradig

manipulativ.

• Sie setzen andere zur Erreichung ihrer Ziele ein.

• Spiele sind z.B.:

– Mords-Molly

– „Blöd-Spiel“

– „Immer ich“

– Regel-Setzen

– Opfer der Umstände

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NAR und Sucht

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• Solange Personen mit NAR erfolgreich sind und

konsequent ihre Ziele verfolgen, ist dies ein

protektiver Faktor gegen Sucht.

• NAR

– tun möglichst nichts, was die Erreichung von

Zielen beeinträchtigt;

– geben nicht gerne Kontrolle ab (auch nicht an ein

Suchtmittel);

– geben auch (in zentralen Aspekten) nicht gerne

Verantwortung ab.

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NAR und Sucht

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• Erfolgreiche NAR kommen meist über Stimulation

des Belohnungssystems zur Sucht:

– Trinken mit Kollegen

– Feiern

– Auf erfolgreiche Abschlüsse anstoßen.

– siehe „Dallas“

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NAR und Sucht

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• Erfolgreiche NAR setzen jedoch auch Alkohol ein

– um Anspannung zu reduzieren;

– um aus dem Zustand des „Überdreht seins“

rauszukommen;

– um nach getaner Arbeit abzuschalten;

– um ganz allgemein Stress zu reduzieren.

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NAR und Sucht

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• Ganz allmählich können sich durch diese Anlässe

die Trinkmengen erhöhen.

• Fatal wirkt hier ein Faktor der NAR: Die Illusion

von Kontrolle.

• NAR halten anderen und sich selbst gegenüber

konsequent das Image aufrecht,

– keine Probleme zu haben;

– „alles im Griff zu haben“;

– „alles unter Kontrolle zu haben“.

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NAR und Sucht

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• Dadurch erkennen die NAR erst sehr spät, dass sie

bereits ein Alkoholproblem haben.

• D.h., die Verleugnung ist bei NAR noch massiver

als allgemein schon bei Alkoholabhängigen.

• Eine Konsequenz davon ist, dass NAR erst sehr spät

in Therapie kommen, erst dann, wenn das Problem

bereits sehr ausgeprägt ist.

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NAR und Sucht

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• Ein wesentlicher Grund von NAR, mit dem Trinken

von Alkohol zu beginnen, liegt im Scheitern:

– Die Person bemerkt, dass sie nicht mehr so

erfolgreich und leistungsfähig ist.

– Andere werden bevorzugt oder machen schneller

Karriere.

– Es gibt negative Rückmeldungen oder Kritik.

– Ziele werden nicht mehr erreicht u.ä.

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NAR und Sucht

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• Die NAR, die mit Leistung ihr negatives SK

kompensiert haben, besitzen sehr wenige psychische

Strategien, um nun mit Misserfolgen angemessen

umgehen zu können.

• Sie können negative Emotionen kaum selbst

angemessen regulieren.

• Versagen dann ihre üblichen Strategien, „mehr

desselben“ zu machen, sitzen sie in massiven

emotionalen Schwierigkeiten.

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NAR und Sucht

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• In dieser Situation liegt Alkohol als Lösung

besonders nahe.

• Alkohol reguliert die negativen Emotionen und

„schaltet das negative SK ab“.

• Dazu kommt wieder die Selbsttäuschung im

Hinblick auf eigene Probleme und Kontrolle.

• Die Personen rutschen in die Alkoholabhängigkeit

ab.

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NAR und Sucht

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• Faktoren, die eine Suchtentwicklung der NAR

begünstigen, sind:

– Stark negatives SK, das ständig Selbstzweifel

produziert.

– Eine starke Neigung zum sozialen Vergleich und

zur Konkurrenz.

– Eine starke Neigung, zentrale Motive wie

Bindung, Anerkennung als Person u.ä. zu

ignorieren.

– Ständiges Gefühl von Unzufriedenheit mit dem

eigenen Leben.

– Stark extrinsische Leistungsmotivation mit

starker Norm-Orientierung.

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NAR und Sucht

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• Besonders suchtgefährdet sind allerdings sog.

erfolglose Narzissten.

Personen, die ebenfalls ein ausgeprägtes negatives

Selbstkonzept aufweisen, die aber nicht durch reale

Leistungen kompensieren, sondern durch

Phantasien, Ankündigungen großer Taten u.a.

• Diese erfolglosen NAR scheitern regelmäßig und

ihre Fassade lässt sich oft nicht lange

aufrechterhalten.

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NAR und Sucht

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• Die „Flucht“ in den Alkohol ist oft der einzige

Ausweg.

• Diese Klienten sind dann in aller Regel extrem

schwierig zu behandeln.